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Regelwerk; Arbeits- und Sozialrecht
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ThürGIGAVO - Verordnung zur Ausführung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen
- Thüringen -

Vom 4. Mai 2007
(GVBl. Nr. 4 vom 31.05.2007 S. 69; 15.05.2012 S. 139; 30.07.2019 S. 312 19; 01.12.2022 S. 494 aufgehoben)




Zur aktuellen Fassung

Erster Abschnitt
Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren und in der
Kommunikation mit der Schule

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieser Abschnitt gilt für alle natürlichen Personen, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens wegen einer Hör- oder

Sprachbehinderung nach Maßgabe des § 3 ThürGlG zur Wahrnehmung eigener Rechte für die mündliche Kommunikation im Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Bereitstellung eines Dolmetschers für die Deutsche Gebärdensprache oder für lautsprachbegleitende Gebärden (Gebärdendolmetscher) oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen haben, sowie für hör- oder sprachbehinderte Eltern nicht hör- oder sprachbehinderter Kinder hei der Kommunikation mit Schulen (Berechtigte).

(2) Die Berechtigten können ihren Anspruch nach § 11 Abs. 3 Satz 1 ThürGlG gegen die in § 6 Abs. 1 ThürGlG genannten Träger der öffentlichen Verwaltung geltend machen. Der Anspruch der Berechtigten auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen nach § 11 Abs. 5 ThürGlG besteht gegenüber dem jeweils zuständigen Schulamt.

§ 2 Voraussetzung und Umfang des Anspruchs

(1) Der Anspruch auf Bereitstellung eines Gebärdensprachdolmetschers oder einer anderen geeigneten Kommunikationshilfe besteht, soweit eine solche Kommunikationshilfe zur Wahrnehmung eigener Rechte in einem Verwaltungsverfahren oder zur Kommunikation der Berechtigten mit der Schule erforderlich ist, in dem dafür notwendigen Umfang. Der notwendige Umfang bestimmt sich insbesondere nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten.

(2) Berechtigte haben nach Maßgabe des Absatzes 1 ein Wahlrecht hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe. Dieses umfasst auch das Recht, einen Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe selbst bereitzustellen. Die Berechtigten haben dem Träger der öffentlichen Verwaltung rechtzeitig mitzuteilen, inwieweit sie von ihrem Wahlrecht nach den Sätzen 1 und 2 Gebrauch machen. Der Träger der öffentlichen Verwaltung kann den ausgewählten Gebärdensprachdolmetscher oder die ausgewählte andere Kommunikationshilfe zurückweisen, wenn sie ungeeignet ist oder in sonstiger Weise den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entspricht. Die Hör- oder Sprachbehinderung sowie die Wahlentscheidung nach den Sätzen 1 und 2 sind aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.

(3) Erhält der Träger der öffentlichen Verwaltung Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung eines Berechtigten im Verwaltungsverfahren, hat er diesen auf sein Recht auf barrierefreie Kommunikation und auf das Wahlrecht nach Absatz 2 Satz 1 und 2 hinzuweisen.

(4) Von der Hinzuziehung von Kommunikationshilfen nach Absatz 2 Satz 1 und 2 kann abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint oder wenn durch die Hinzuziehung von Kommunikationshilfen die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde.

§ 3 Kommunikationshilfen

(1) Die Kommunikation mittels eines Gebärdensprachdolmetschers, eines Gebärdensprachkursleiters oder einer anderen Kommunikationshilfe ist als geeignete Kommunikationsform anzusehen, wenn sie im konkreten Fall eine für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren oder eine für die Kommunikation mit der Schule erforderliche Verständigung sicherstellt.

(2) Als andere Kommunikationshilfen kommen

  1. Kommunikationshelfer, insbesondere
    1. Schriftmittler,
    2. Simultanschriftdolmetscher,
    3. Oraldolmetscher oder
    4. Kommunikationsassistenten;
  2. Kommunikationsmethoden, insbesondere
    1. Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden oder
    2. gestützte Kommunikation für Menschen mit zusätzlicher autistischer Störung;
    3. relaisgestützte Kommunikation;
  3. Kommunikationsmittel, insbesondere
    1. akustischtechnische Hilfen oder
    2. grafische Symbolsysteme

in Betracht.

§ 4 Art und Weise der Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen

Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen werden vom Träger der öffentlichen Verwaltung bereitgestellt, es sei denn, die Berechtigten machen von ihrem Wahlrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Gebrauch.

§ 5 Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder Erstattung

(1) Die Träger der öffentlichen Verwaltung vergüten Gebärdensprachdolmetscher und Kommunikationshelfer unter inhaltlicher Zugrundelegung der von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen, dem Deutschen Gehörlosenhund und dem Bundesverband der Gebärdensprachdolmetscher Deutschlands herausgegebenen Empfehlungen zur Bezuschussung von Kosten für Gebärdensprachdolmetscher - Leistungen (Anlage - Bezuschussung von Kosten für Gebärdensprachdolmetscher - Leistungen im Rahmen des ThürG1G). Für den Einsatz sonstiger Kommunikationshilfen tragen die Träger der öffentlichen Verwaltung die entstandenen Aufwendungen.

(2) Die Träger der öffentlichen Verwaltung vergüten die Leistungen unmittelbar denjenigen, die sie erbracht haben. Stellen Berechtigte den Gebärdensprachdolmetscher oder die sonstige Kommunikationshilfe selbst bereit, tragen die Träger der öffentlichen Verwaltung die Kosten nach Absatz 1 nur, soweit sie nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 erforderlich sind; Satz 1 gilt entsprechend; die Berechtigten dürfen nicht auf eine Erstattung verwiesen werden, es sei denn, sie wünschen dies oder es liegt ein sonstiger besonderer Grund vor.

Zweiter Abschnitt
Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und
sehbehinderte Menschen im Verwaltungsverfahren

§ 6 Geltung

(1) Dieser Abschnitt gilt für alle natürlichen Personen, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens wegen Blindheit oder einer anderen Sehbehinderung nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 Satz 2 ThürGlG zur Wahrnehmung eigener Rechte einen Anspruch darauf haben, dass ihnen Dokumente in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden (Berechtigte).

(2) Die Berechtigten können ihren Anspruch aus § 13 Abs. 1 Satz 2 ThürG1G gegenüber den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 6 Abs. 1 ThürGlG geltend machen.

§ 7 Gegenstand der Zugänglichmachung

Der Anspruch nach § 13 Abs. 1 Satz 2 ThürGlG umfasst Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke (Dokumente) einschließlich der Anlagen, auf die in den Dokumenten Bezug genommen wird.

§ 8 Formen der Zugänglichmachung

(1) Die Dokumente können den Berechtigten schriftlich, elektronisch, akustisch, mündlich oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht werden.

(2) Werden Dokumente in schriftlicher Form zugänglich gemacht, erfolgt dies in Blindenschrift oder in Großdruck. Bei Großdruck sind ein Schriftbild, eine Kontrastlesung und eine Papierqualität zu wählen, die die individuelle Wahrnehmungsfähigkeit der Berechtigten ausreichend berücksichtigt.

§ 9 Bekanntgabe

Dokumente sollen dem Berechtigten gleichzeitig mit der Bekanntgabe auch in der für ihn wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden. Vorschriften über die im Verwaltungsverfahren maßgeblichen Regelungen zu Fristen, Terminen, Form, Bekanntgabe und Zustellung von Dokumenten bleiben von dieser Verordnung unberührt.

§ 10 Umfang des Anspruchs

(1) Die Entscheidung, in welcher der in § 8 Abs. 1 genannten Formen die Dokumente zugänglich gemacht werden sollen, trifft der Träger der öffentlichen Verwaltung in Abstimmung mit dem Berechtigten. Der Berechtigte teilt hierzu dem Träger der öffentlichen Verwaltung rechtzeitig die Art der Behinderung und die aus seiner Sicht geeignete Form der Zugänglichmachung mit. Wünschen von Berechtigten, die sich auf die Form der Zugänglichmachung beziehen, soll entsprochen werden, soweit sie nicht unverhältnismäßige Mehrkosten verursachen, nur mit erheblichem technischem oder verwaltungsorganisatorischem Mehraufwand realisierbar sind oder die Zugänglichmachung dadurch unangemessen verzögert wird.

(2) Erhält der Träger der öffentlichen Verwaltung Kenntnis von der Blindheit oder einer anderen Sehbehinderung eines Berechtigten im Verwaltungsverfahren, hat er ihn auf seinen Anspruch nach § 6 Abs. 1 hinzuweisen.

§ 11 Kostententragung

(1) Die Dokumente können den) Berechtigten durch den 'Frager der öffentlichen Verwaltung selbst, durch andere Träger der Willentlichen Verwaltung oder durch beauftragte Dritte in der für ihn wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden.

(2) Die Vorschriften über die Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit bleiben unberührt. Auslagen für besondere Aufwendungen, die dadurch entstehen, dass dem Berechtigten Dokumente in einer für ihn wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, werden nicht erhoben.

Dritter Abschnitt 19 19
Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 12 Gleichstellungsbestimmung 19 19

Status- und Funktionsbezeichnungen m dieser Verordnung gelten sowohl in männlicher als auch in weiblicher Form.

§ 13 Inkrafttreten 19 / 19

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft,

§ 14 (aufgehoben) 19

Vierter Abschnitt 19
(aufgehoben)

§ 15 (aufgehoben) 19

§ 16 (aufgehoben) 19

§ 17 (aufgehoben) 19

.

Bezuschussung von Kosten für Gebärdensprachdolmetscher-Leistungen im Rahmen des ThürGlG Anlage
(zu § 5 Abs. 1)

1. Geltungsbereich:

Die Regelung bezieht sich auf die Einsätze von Gebärdensprachdolmetschern im Rahmen der Leistungen des ThürGlG.

2. Einsatzzeiten (Dolmetsch-, Fahr- und Wartezeiten):

Einsatzzeiten sind sowohl Dolmetsch- als auch Fahr- und Wartezeiten. Diese werden in gleicher Höhe pro volle Zeitstunde pro Dolmetscher mit bis zu 42,50 Euro, je angefangene halbe Einsatzstunde mit bis zu 21,25 Euro bezuschusst.

Vor- und Nachbereitungszeiten werden nicht gesondert berechnet.

Die Vereinbarung von Pauschalsätzen für Dolmetsch-, Fahr- und Wartezeiten sowie Fahrkosten (s. Ziffer 3) ist - z.B. bei umfangreichen und/oder langfristigen Einsätzen - möglich.

3. Wegstreckenentschädigung:

Die Wegsteckenentschädigung erfolgt in entsprechender Anwendung des Landesreisekostenrechts.

4. Umsatzsteuer:

Sofern Umsatzsteuerpflicht besteht, ist die Umsatzsteuer zusätzlich erstattungsfähig.

5. Ausfallkosten:

Wird ein Einsatztermin innerhalb von drei Werktagen vor dem Einsatz abgesagt, können Ausfallkosten von 50 Prozent der Einsatzzeit erhoben werden. Wird der Termin einen Werktag vor dem Einsatz abgesagt, betragen die Ausfallkosten 100 Prozent. Ausfallkosten werden allerdings nur übernommen, wenn kurzfristig kein anderer Einsatz statt des ausgefallenen Termins wahrgenommen werden kann.

6. Doppeleinsatz:

6.1 Ein Fall für eine Doppelbesetzung mit zwei Dolmetschern liegt vor, wenn die Dolmetschzeit zusammenhängend länger als 60 Minuten dauert und keine Möglichkeit zur Steuerung von Pausen/Unterbrechungen durch den/die Dolmetscher besteht.

6.2 Die Angemessenheit einer Doppelbesetzung bestimmt sich im Übrigen insbesondere nach folgenden Kriterien:

Dabei ist eine Gesamtwürdigung der Kriterien unter besonderer Berücksichtigung der (voraussichtlichen) Dauer der Dolmetschzeit vorzunehmen.

6.3 Im Übrigen kann in besonders gelagerten Fällen in gemeinsamer Abstimmung zwischen hörbehinderten Menschen, Dolmetschern und dem Träger der öffentlichen Verwaltung eine Doppelbesetzung vereinbart werden.

7. Qualifikation

Gebärdensprachdolmetscher, die entsprechend dieser Empfehlungen honoriert werden können, sind:

  1. Dolmetscher, die folgende Berufsabschlüsse nachweisen können:
  2. Dolmetscher, die bis 31. Dezember 2006 eine der folgenden Ausbildungen erfolgreich absolviert haben:

Berufsbegleitende Ausbildung des Projektes SIGNaLE, Berlin

Im Sinne der Qualitätssicherung sollten die Gebärdensprachdolmetscher unter Punkt a bei der Vergabe von Dolmetschereinsätzen bevorzugt berücksichtigt werden.

8. Sonderregelung:

Sofern Gebärdensprachdolmetscher mit dem unter Punkt 7 geforderten Qualifikationen nicht verfügbar sind, können Gebärdensprachdolmetscher ohne anerkannten Abschluss vergütet werden. Die Vergütung beträgt in diesen Fällen 30 Euro je volle Zeitstunde und 15 Euro je angefangene halbe Zeitstunde.

Alle weiteren Regelungen gelten ohne Einschränkung.

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