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Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4106
"Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Aluminium und seine Verbindungen"
Stand 1963
(BArbBl. 11/1963 S. 283f)
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Aluminium (Al) kommt nur in Form seiner Verbindungen, wie Feldspat, Glimmer, Hornblende, deren Verwitterungsprodukte, wie Bauxit, Kaolin, Ton und als Oxyde, wie Korund oder Schmirgel, in der Natur vor.
Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen werden bei Personen beobachtet, die Aluminiumpulver, vor allem ungefetteten Aluminiumfeinstaub (sogenannten Pyroschliff), herstellen; insbesondere trifft dies für das Feinstampfen, Sieben und Mischen zu. Auch die Herstellung von Aluminiumpulver durch Schmelzzerstäubung, das Ausschmelzen von Aluminiumoxid aus Bauxit sowie die Herstellung von Aluminiumlegierungen können u. U. eine Gefahrenquelle sein.
Die Verwendung des Aluminium-Bronze-Pulvers, auch im Spritzverfahren, ist in der Regel nicht gesundheitsgefährdend.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Aluminium oder seine Verbindungen werden als Staub, Rauch oder Dampf über die Atemwege aufgenommen. In den tieferen Luftwegen und in der Lunge kommt es am Ort der Ablagerung des Al-Ions zu irreversiblen Eiweißveränderungen im Gewebe. Es bildet sich ein dichtes, zellarmes, kollagenfaseriges Bindegewebe, das frühzeitig hyalin degeneriert und eine hochgradige Schrumpfungstendenz zeigt. Lungenschrumpfung mit hyaliner Verdichtung der Alveolarsepten, teilweiser Verödung der Alveolarlichtungen und Atrophie des respiratorischen Epithels können die Folge sein. Hiluslymphknoten sind im Gegensatz zur Silikose an dieser diffusen Fibrose nicht beteiligt; spezifische Granulombildungen fehlen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Im Vordergrund stehen Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit, zunächst bei Anstrengung, dann auch bei Ruhe. Auskultatorisch finden sich oft Geräusche einer Bronchitis; ggf. ist eine Minderung der Atemfunktion nachweisbar.
Röntgenologisch ist in leichteren Fällen nur eine verstärkte Lungenzeichnung zu erkennen.
Später treten streifige, unscharf fleckige, teils flächenhaft wolkige Verschattungen, bevorzugt in den Mittel- und Oberfeldern, auf; Spitzenfelder und Hili sind frei, Verziehung der Luftröhre sowie spitz- oder breitzipflige, im medialen oder lateralen Drittel gelegene Zwerchfelladhäsionen sind typische Zeichen des fortgeschrittenen Krankheitsbildes.
Relativ häufig kann ein Spontanpneumothorax - auch rezidivierend und doppelseitig - auftreten.
Die schweren Lungenveränderungen führen frühzeitig zu chronischer Bronchitis und Emphysem mit Einschränkung der Atemfunktionen sowie schließlich zum Cor pulmonale. Blutbild, Blutsenkungsreaktion und Körpertemperatur sind uncharakteristisch.
IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung
Das Ergebnis einer eingehenden Arbeitsanamnese ist für die ärztliche Beurteilung besonders wichtig.
Atem- und Herz-Kreislauffunktionsstörungen können stärker sein, als nach dem Röntgenbild zu erwarten ist.
Die Latenzzeit zwischen der Exposition und dem Auftreten der Erkrankung ist unterschiedlich, sie schwankt zwischen 6 Monaten bis zu 15 Jahren und mehr.
Dabei ist weniger die Dauer als die Intensität der Einwirkung des Aluminiums oder seiner Verbindungen von Bedeutung.
Nach Wegfall der Exposition ist ein Fortschreiten dieser Erkrankung seltener als bei der Silikose.
ENDE