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Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" - Fokale Dystonie -
Berufskrankheiten-Verordnung

Vom 1. Juli 2016
(GMBl Nr. 33/34 vom 26.08.2016 S. 666)



- Bek. d. BMAS v. 1.7.2016 - IVa 4-45222 - Fokale Dystonie -

Der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in seiner Sitzung am 1. Dezember 2015 empfohlen, in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung folgende neue Berufskrankheit aufzunehmen:

"Fokale Dystonie als Erkrankung des zentralen Nervensystems bei Instrumentalmusikern durch feinmotorische Tätigkeit hoher Intensität"

Die hierzu vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat erarbeitete wissenschaftliche Begründung lautet wie folgt:

1. Quellen des aktuellen Kenntnisstands

Der aktuelle Kenntnisstand basiert vorrangig auf einem systematischen Review der medizinischwissenschaftlichen Literatur zur Frage, ob intensives Musizieren zur Entstehung der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie bei Berufsmusikern wesentlich beiträgt (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015).

Vorab wurden hierbei die für einen systematischen Review erforderlichen PICOS-Kriterien (= Participants, Intervention, Comparison, Outcome, Study Design) (Stroup et al., 2000, Liberati et al., 2009) wie folgt festgelegt:

Da bislang keine Querschnittsuntersuchungen an großen Musikerkollektiven bekannt sind, die die Prävalenz aufgabenspezifischer fokaler Dystonien untersucht haben, und da ein hoher Prozentsatz betroffener Musiker aus diesem Beruf ausscheidet, ist die epidemiologische Recherche zu diesem Krankheitsbild erschwert, da sie auf klinische Fallserien und Einzelfallberichte zurückgreifen muss. Insbesondere gibt es keine Studien, in denen die Bedeutung von Risikofaktoren in der Pathogenese aufgabenspezifischer fokaler Dystonien im
Vergleich zu nicht erkrankten Exponierten untersucht wurde.

Die Datenlage zu diesem Krankheitsbild erforderte daher eine breitgefächerte Suchstrategie, um möglichst viele Informationen zu diesem Krankheitsbild zu erhalten. Da die Trainingsintensität als externer Risikofaktor für die Krankheitsentstehung bisher noch nicht systematisch untersucht wurde, wurden auch Parameter zu dessen Abschätzung definiert und aus den gegebenen Fallserien extrahiert. Als Grundlage des systematischen Reviews wurden alle verfügbaren Studien, die klinische und nach Möglichkeit epidemiologische Daten zum Krankheitsbild der Musikerdystonie enthalten, herangezogen.

Die Auswahlkriterien für Publikationen, die für den systematischen Review (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015) verwendet wurden, waren folgendermaßen entsprechend weit definiert:

Einschluss-Kriterien:

Ausschluss-Kriterien:

Reviews wurden nur zur Sichtung der Literaturangaben (handsearch) herangezogen. Einzelfallberichte, die meist einen ungewöhnlichen Aspekt der Erkrankung beleuchten, wurden verwendet, um differentialdiagnostische Ursachen der Erkrankung zu berücksichtigen. Sie flossen jedoch nicht in die statistische Auswertung ein, da sie möglicherweise aufgrund der sehr selektiven Fragestellung zu einem stärkeren Selektionsbias geführt hätten.

Aus Gründen der Praktikabilität wurden weiterhin folgende Festlegungen getroffen:

Insgesamt wurden 22 internationale und nationale medizinische sowie musikwissenschaftliche Datenbanken herangezogen. Eine detaillierte Beschreibung der Suchstrategie, der Studienauswahl, der Datenauswertung und der Qualitätsbewertung findet sich bei (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015). Letztlich erfüllten aus 678 identifizierten Artikeln 16 Studien und sieben Fallberichte die Validitätskriterien für den systematischen Review und konnten in diesen eingeschlossen werden, wobei die vier umfassendsten Studien klinische Daten zu 930 Musikern beinhalteten. Insgesamt wurden die Daten zu 1144 Musikern mit fokaler, aufgabenspezifischer Dystonie erfasst.

Ergänzend zu diesem systematischen Review zur Frage der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie des professionellen Musikers wurde die Frage geprüft, für welche anderen Tätigkeiten belastbare kasuistische oder epidemiologisch verwertbare Aussagen über das Auftreten aufgabenspezifischer fokaler Dystonien vorliegen. Ausführungen hierzu finden sich im Abschnitt "Abgrenzung der bestimmten Personengruppe" unter "Abgrenzung der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie des professionellen Instrumentalmusikers von anderen tätigkeitsbezogenen Dystonien".

2 Gefahrenquellen

Unter einer Tätigkeit im Sinne dieser Berufskrankheit wird in der Regel langjähriges Musizieren hoher Intensität auf Musikinstrumenten verstanden, welches mit repetitiven stereotypen feinmotorischen Bewegungen einhergeht. Unter Musizieren "hoher Intensität" wird in der Regel professionelles Instrumentalmusizieren unter besonderer Konzentration und Anspannung im Solo- oder Konzertbetrieb verstanden. Anhaltspunkt hierfür ist, dass den größeren Teil des Jahres ein solches Instrument in der Regel mehrstündig arbeitstäglich gespielt wird.

Betroffen sind Spieler von

Diese Auflistung ist nicht abschließend.

3 Fallserien, klinische/experimentelle Studien und ungewöhnliche Kasuistiken aufgabenspezifischer fokaler Dystonien bei professionellen Musikern

3.1 Fallserien

Wie bereits im Abschnitt 1 ausgeführt, liegen keine Querschnittsstudien zur Frage der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie bei professionellen Musikern vor, wobei die Aussagekraft von Querschnittsstudien angesichts des Ausscheidens Erkrankter aus dem Beruf ohnehin sehr limitiert wäre. Auch existieren keine Längsschnittdaten, die Inzidenzen errechnen ließen.

Die vier umfassendsten Studien, die die Manifestation fokaler, aufgabenspezifischer Dystonien bei professionellen Musikern untersuchten, wurden als retrospektive Datenanalysen an musikmedizinischen Zentren in Deutschland (Altenmüller et al., 2012), Frankreich (Tubiana, 2003), Spanien (Rosset-Llobet et al., 2007) und den USA (Brandfonbrener et al., 2004) erhoben. Insgesamt beinhalten sie klinische Informationen zu 930 Instrumentalmusikern, die an einer fokalen Dystonie erkrankt sind.

In der umfassendsten Fallserie von Altenmüller et al. (2012) wurden 591 Musiker mit fokaler Dystonie erfasst, die sich zwischen 1994 und 2007 am Institut für Musikphysiologie und Musikermedizin der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover vorgestellt hatten. In die Studie aufgenommen wurden ausschließlich Patienten mit einer eindeutigen Diagnose, die von einem erfahrenen Neurologen und Musikwissenschaftler (E. Altenmüller) bestätigt worden war. In dieser Studie wurden die Manifestationen der Dystonie in Bezug auf Instrumentengattung im Vergleich zu einem Kollektiv aus 2651 gesunden professionellen Musikern untersucht. Dabei waren eine deutliche, statistisch signifikante männliche Dominanz unter den Patienten (Männeranteil 77,8 %) im Vergleich zu den gesunden Musikern (Männeranteil 44,5 %) aufgefallen. Einschränkend sei hierzu angemerkt, dass die Kollektive (Patienten vs. Studierende) nicht der gleichen Grundgesamtheit entstammten. Weiterhin zeigte sich eine Instrumentenspezifische Häufigkeit des Auftretens der Musikerdystonie. Einem besonders hohen Risiko für Dystonien ausgesetzt sind demnach Spieler von Zupfinstrumenten sowie Blech- und Holzbläser. Aus dieser Datenlage ziehen die Autoren die Schlussfolgerung, dass die hohen Anforderungen an feinmotorische Präzision und Komplexität der beim Musizieren erforderten Bewegungen Risikofaktoren für die Entwicklung der Musikerdystonie darstellen. Auf Anfrage wurden die anonymisierten Originaldaten der Patienten mit Informationen zu Geschlecht, Manifestationsalter, Instrumentengattung und klinischer Manifestation der Dystonie zur Verfügung gestellt. Diese wurden entsprechend dem Datenextraktionsformular (siehe Rozanski et al., 2014) ausgewertet.

In der Fallserie von Rosset-Llobet et al. (2007) wurden Instrumentalmusiker mit fokaler Dystonie hinsichtlich des Auftretens weiterer Bewegungsstörungen untersucht. Dabei wurden 101 Musiker mit fokaler Dystonie aus einem Gesamtkollektiv von 771 Musikern, die sich zwischen 2002 und 2007 am Institute de Fisiologia i Medicina de l'Art in Terrassa, Spanien, vorgestellt hatten, untersucht. Die Diagnose wurde von erfahrenen Neurologen gestellt und durch Beobachtung des Musizierens bestätigt. Von 94 Fällen liegt eine detaillierte klinische Beschreibung vor mit Angaben zu Manifestationsalter, Geschlecht, Phänotyp der Dystonie und Instrumentengattung. Die hier erfassten Dystonien bezogen sich alle auf das Erstinstrument. Darüber hinaus gaben 54 Patienten (53 %) auch Bewegungsbeschwerden an, die in anderen Situationen auftraten, z.B. beim Spielen eines Zweitinstrumentes. Bei 34 dieser 54 Patienten umfasste die Dystonie mit einer gewissen Verzögerung von bis zu zwei Jahren auch alltägliche Aktivitäten, insbesondere solche, die in ihren Bewegungsabläufen dem Musizieren nahekamen. Aus ihren Daten leiten die Autoren eine Korrelation zwischen der klinischen Manifestationsform der Dystonie und dem am stärksten beanspruchten Körperteil ab.

In der Arbeit von Brandfonbrener et al. (2004) wurden 113 Instrumentalmusiker mit fokaler Dystonie beschrieben, die im Zeitraum zwischen 1985 und 2002 an einem Institut für Rehabilitation in Chicago gesehen worden waren. Die Diagnose wurde von erfahrenen Neurologen gestellt und nur Patienten, bei denen die Diagnose einer fokalen Dystonie eindeutig gesichert wurde, wurden in die Analyse eingeschlossen. Von 105 Musikern sind Daten zu klinischem Phänotyp der Dystonie, Alter, Geschlecht und Instrumentengattung dokumentiert.

In der Arbeit von Tubiana (2003) liegen klinische Informationen zu 140 Instrumentalmusikern mit fokaler Dystonie vor, die im Zeitraum von 1992 bis 1999 an einem spezialisierten Zentrum (Institut de la Main) in Paris gesehen worden waren. Die Studie wurde im Rahmen eines mehrmonatigen Rehabilitationsprogrammes durchgeführt, dessen Erfolg anhand einer großen retrospektiven Datenerhebung geprüft werden sollte. Der Phänotyp der Dystonie ist für alle Instrumentengattungen dokumentiert. 110 Musiker beendeten das Rehabilitationsprogramm. Während 85 über eine Verbesserung ihrer Dystonie unter der Behandlung berichten, kehrten nur 39 wieder in ihren Beruf zurück. Von diesen Daten ausgehend, betonen die Autoren die Notwendigkeit eines langen, interdisziplinären Rehabilitationsprogrammes als Therapie der Musikerdystonie.

3.2 Klinische/experimentelle Studien zur Pathophysiologie aufgabenspezifischer fokaler Dystonien bei professionellen Musikern

Klinische und experimentelle Studien zur fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie wurden meist unter Berücksichtigung einer speziellen wissenschaftlichen pathophysiologischen Fragestellung erstellt. Die Auswahl der Patienten orientiert sich daher an der Geeignetheit in Bezug auf die Fragestellung sowie der Bereitschaft zur freiwilligen Teilnahme an der Studie. Diese Vorauswahl kann bereits eine Filterung des Patientenkollektives bedingen (selection bias).

Das Phänomen der orofazialen Ansatzdystonie (embouchure) wurde in drei Studien analysiert. Frucht et al. (2001) untersuchten das klinische Erscheinungsbild bei 14 Holzbläsern und zwölf Blechbläsern und entdeckten eine Beteiligung des Kiefers, der Zunge wie auch der Lippen an den dystonen Symptomen. Therapieversuche mit Botulinumtoxin waren nicht erfolgreich gewesen und bei einigen Patienten hatten sich die Symptome auch auf andere orofaziale Tätigkeiten ausgebreitet.

Der Fragestellung, ob bei der Ansatzdystonie auch kortikale Veränderungen im Mundbereich des Homunculus (Repräsentation des Mundes auf der Hirnrinde) zu beobachten sind, widmen sich Hirata et al. (2004). Acht männliche Patienten mit Ansatzdystonie (vier Blechbläser und vier Holzbläser) wurden mittels Magnetencephalographie untersucht. Im Vergleich zur Kontrollgruppe fiel eine deutliche Vergröberung des Mundareals auf dem somatosensorischen Cortex auf. In dieser Studie sind umfassende klinische Angaben zu den Musikern enthalten, insbesondere ist auch die noch vorhandene Spielleistung dokumentiert, die bei den meisten Musikern deutlich reduziert war.

Lederman (2001) liefert eine detaillierte retrospektive Analyse über 43 Blechbläser, die zwischen 1985 und 2000 an einem Musikinstitut gesehen worden waren (Medical Centre for Performing Arts, Cleveland, USA). Neben einer umfangreichen Schilderung der klinischen Manifestationen erfolgte in dieser Arbeit auch eine Abgrenzung der Dystonie gegenüber muskuloskelettalen Erkrankungen (overuse-Syndrom), die meist mit Schmerz und lokalen Gewebe- und Weichteilirritationen einhergehen.

Von einer veränderten sensomotorischen Integration (zentrale Verrechnung von motorischen Impulsen des Gehirns und sensorischen Informationen der Extremitäten) als bedeutsames pathophysiologisches Phänomen geht vor allem die Arbeitsgruppe um Rosenkranz et al. (2008) aus. In dieser Arbeit wird an sechs Musikern aus unterschiedlichen Instrumentengattungen untersucht, ob eine Veränderung der sensomotorischen Integration eine Verbesserung der motorischen Leistung bewirkt. Nach Durchführung eines propriozeptiven Trainings von 15 Minuten zeigten sich die sensomotorische Integration wie auch die motorische Leistung deutlich gebessert.

Von einer Veränderung der sensomotorischen Integration gehen auch Nowak et al. (2005) aus, die eine Kraftmessung an neun Patienten mit aufgabenspezifischen Dystonien durchführten. Dabei untersuchten sie sowohl fünf Patienten mit Musikerdystonie als auch vier mit Schreibkrampf und fanden eine erhöhte Greifkraft während einer motorischen Aufgabe bei den Patienten im Vergleich zu zehn gesunden Kontrollen. Weiterhin war die Latenzreaktion auf eine Veränderung des Bewegungsmusters bei den Patienten verkürzt.

Eine Korrelation zwischen pathophysiologischem Befund und motorischer Leistung ist auch in der Bildgebungs-Studie von Granert et al. (2011) enthalten. An elf Pianisten mit fokaler Handdystonie wurden die musikalische Spielpräzision wie auch mittels MRT das putaminale Volumen (Putamen = motorisches Hirnareal) erhoben. Während ein kleineres putaminales Volumen mit einer erhöhten motorischen Leistungsfähigkeit korrelierte, zeigte sich bei den Patienten mit Dystonie eine Vergrößerung des Putamens. Dies bedeutet, dass bei den dystonen Musikern morphologische Veränderungen der cerebralen Bewegungszentren nachweisbar sind.

Musiker mit fokaler Handdystonie weisen während motorischer Aufgaben ein anderes cerebrales Aktivitätsmuster auf als gesunde Musiker. Zu diesem Ergebnis kam eine funktionelle MRT-Studie an sieben Musikern verschiedener Instrumentengattungen mit Handdystonie aus Japan (Kadota et al., 2010). Ein ähnliches Ergebnis erzielte auch eine funktionelle MRT-Studie aus Barcelona von Pujol et al. (2000), die das Aktivierungsmuster von fünf an Dystonie erkrankten Gitarristen während des Spiels untersuchten. Im Vergleich zu gesunden Musikern wiesen Patienten mit fokaler Handdystonie eine größere Aktivierung des kontralateralen sensomotorischen Cortex auf, während die prämotorischen Areale beidseits unteraktiviert waren.

Ferrarin et al. (2008) untersuchten, ob die objektivierte Erfassung der Dystonie durch Bewegungssensoren im Vergleich zur klinischen Untersuchung die Diagnosestellung beeinflusst. 18 erkrankte Musiker, deren klinische Daten vorhanden waren, wurden in dieser Studie untersucht und ihre Bewegungsmuster dokumentiert. Die apparative Bewegungsmessung ermöglichte im Vergleich zur klinischen Untersuchung eine genauere Erfassung der betroffenen Muskelgruppen und damit eine objektivere Quantifizierung der Erkrankung.

Therapieerfolge und Krankheitsverläufe von Musikern mit Dystonie wurden in drei Studien berichtet. In der ersten von Hayes et al. (1996) sind nur drei Musiker mit fokaler Dystonie beschrieben, die sich zur Applikation von Botulinumtoxin vorstellten. Zwei von ihnen profitierten von der Injektion, während ein Musiker keinen Therapieerfolg aufwies. Einer der Therapie-Responder konnte sogar seinen Beruf wieder aufnehmen. Über welchen Zeitraum hinweg der positive Effekt anhielt, wurde in dieser Studie nicht berichtet.

Über den Langzeitverlauf und die Berufsfähigkeit von Streichern berichten Schuele et al. (2004) in ihrer retrospektiven Datenerhebung. Bei 21 Streichern wurde der Krankheitsverlauf nach 14 Jahren retrospektiv untersucht. Trotz unterschiedlicher Therapieversuche mit Nervendekompression, Physiotherapie und Umstellung der Übungspraktiken waren nur 3 8 % der Patienten in der Lage, ihren Beruf als professionelle Musiker wieder aufzunehmen.

In einer Therapie- und Verlaufsstudie aus der Gruppe um E. Altenmüller wurde berichtet, dass bei 54 betroffenen Pianisten durch verschiedene Therapiestrategien über einen Zeitraum von im Mittel vier Jahren nur bei 5,6 % eine vollständige Remission erreicht wurde, während jedoch 81,5 % eine Besserung berichteten (van Vugt et al., 2014).

Conti et al. (2008) lieferten einen Review über alle bis 2008 veröffentlichten Fälle sowie klinische Daten zu 61 bislang nicht publizierten Patienten. Während der (nichtsystematische) Teil dieses Reviews auf geeignete Literaturangaben hin überprüft wurde, wurden die Primärdaten zu den noch nicht publizierten Fällen eingeschlossen. Hier liefern die Autoren eine detaillierte Übersicht über den klinischen Phänotyp der Dystonie, die Instrumentengattung sowie Manifestationsalter und Geschlechtsverteilung. Die Fragestellung dieser Arbeit widmete sich der Erfassung der fokalen Handdystonie bei Musikern, so dass Musiker mit Ansatzdystonie und Fußdystonien nicht betrachtet wurden. Ziel der Autoren war es, spezifische klinische Dystonieformen in Abhängigkeit der Instrumentengattungen zu erfassen. Die Datenauswertung anhand von 899 Musikern zeigt ein instrumentenspezifisches Manifestationsmuster der Dystonie: Spieler von Tasteninstrumenten und Zupfinstrumenten weisen zu 77 % eine besondere Betroffenheit der rechten Hand auf, bei Streichern war die linke Hand zu 68 % betroffen. Überwiegend lag eine Flexion der Finger D 3-5 vor. Daraus schlussfolgern die Autoren eine gewisse pathophysiologische Bedeutung des Trainings in der Genese der Musikerdystonie.

3.3 Kasuistische Berichte über ungewöhnliche Formen der Musikerdystonie

In Einzelfallberichten werden ungewöhnliche Formen der Musikerdystonie berichtet. Da sie im Vergleich zu den großen Studien nur einen minimalen Datenzuwachs bedeuten, gleichzeitig jedoch aufgrund der ungewöhnlichen Form und Fragestellung einen hohen outcome reporting bias in sich tragen, sollen sie nicht in die Gesamtstatistik einfließen. Vielmehr sollen diese Schilderungen bei der Diskussion möglicher Differentialdiagnosen oder der Abgrenzung der geeigneten Personengruppe für die neue Berufskrankheit Berücksichtigung finden.

Über einen Gitarristen mit einer Flexion der rechten Hand, vor allem der Finger D 3-5, berichten Vecchio et al. (2012). Unter einer Therapie mit Botulinumtoxin zeigte sich der Krankheitsverlauf über 18 Monate hinweg gut kontrolliert.

Ebenfalls über einen Gitarristen mit einer fokalen Dystonie der rechten Hand berichten Leijnse und Hallett (2007). Dieser Patient bemerkte eine unvollständige Extension des rechten Zeigefingers sowie eine Daumenflexion beim Spielen. Die dystonen Symptome waren nur bei langsamem, nicht bei schnellem Spiel vorhanden. Zwei Jahre vor Manifestation der Dystonie hatte er ein Perforationstrauma der rechten Hand erlitten. Die Autoren schlussfolgern aus diesem Fall, dass eine aufgabenspezifische Dystonie durch Überkompensation einer peripheren muskuloskelettalen Schwäche entstehen kann.

Über die Ansatzdystonie eines Tubaspielers berichten Kim et al. (2007). Bemerkenswert an diesem Bericht ist die detaillierte Schilderung der bisherigen Spielzeit (zwölf Jahre, tägliche Übungszeit fünf Stunden) sowie die Tatsache, dass der Patient in dem Zeitraum vor der Erstmanifestation eine deutliche Intensivierung seines Musizierens vorgenommen hatte. Nach Kühlung der perioralen Region mit Eis verbesserte sich die klinische Symptomatik, was sich elektromyographisch durch eine Reduktion der Spontanaktivität dokumentieren ließ.

Eine Besserung der dystonen Symptome konnten auch Jabusch et al. (2004 b) an einem Pianisten nach kontrollierter Einnahme von THC (Tetrahydrocannabinol) beobachten. Bei dem Pianisten, der unter einer fokalen Dystonie der rechten Hand litt, waren zuvor Therapieversuche mit Trihexiphenidyl und Botulinumtoxin fehlgeschlagen.

Ebenfalls über eine Ansatzdystonie berichten Marchini et al. (2001), die einen Hornspieler fast vier Jahrzehnte nach der Erstmanifestation untersuchten. Der Patient hatte im Alter von 32 Jahren eine Ansatzdystonie entwickelt, die sich nach einigen Jahren auch auf das Schlucken ausgebreitet hatte.

Über die ungewöhnliche Kombination aus fokaler, aufgabenspezfischer Dystonie beim Musizieren und dem Vorliegen eines essentiellen Tremors berichten Gatto et al. (2001). Im Alter von 44 Jahren hatte eine Harfenspielerin eine Verkrampfung der rechten Hand und eine Koordinationsstörung der linken Hand bemerkt. In der Familie der Patientin waren die Mutter, zwei Tanten und zwei Onkel von einem essentiellen Tremor betroffen. Eine Tante, ebenfalls Harfenspielerin, litt ebenfalls unter einer aufgabenspezifischen Dystonie. Eine medikamentöse Therapie mit Propranolol und Primidon besserte beide Symptome bei der Indexpatientin deutlich.

Rosset-Llobet et al. 2012a, berichten über zwei ungewöhnliche Fälle von aufgabenspezifischen Dystonien der unteren Extremität bei zwei Perkussionisten. Der erste Patient hatte sein Instrument seit sieben Jahren gespielt und seine Spieltechnik vor der Erstmanifestation verändert. Auch bei dem zweiten Musiker war eine Intensivierung und Veränderung der Spieltechnik der Manifestation vorausgegangen. Die Symptome waren drei Jahre nach Beginn des Instrumentenspiels aufgetreten, wobei er auch in seinem Beruf als Kraftfahrer auf einen repetitiven Einsatz seiner Füße angewiesen war. Beide Musiker profitierten von physiotherapeutischen Maßnahmen und Veränderung ihrer Spieltechnik.

4 Aktuelle Hypothesen zur Pathogenese der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie bei professionellen Musikern

Unter Berücksichtigung aller Erkenntnisse und Daten zur fokalen Dystonie der Musiker ist die Pathogenese als multifaktoriell zu betrachten. Das familiär gehäufte Auftreten, die höhere Prävalenz an Bewegungsstörungen in den Familien von betroffenen Musikern (Schmidt et al., 2006) sowie das häufig beobachtete Phänomen der Ausbreitung auf andere Tätigkeitsbereiche (Rosset-Llobet et al., 2009) mögen auf eine gewisse anlagebedingte Prädisposition hinweisen. Diese vermutete Prädisposition wird bildgebend und neurophysiologisch im Sinne einer reduzierten zentralen Inhibition, erhöhten Plastizität und veränderten sensomotorischen Verarbeitung beschrieben (Haslinger et al., 2010; Rosenkranz et al., 2005; Kadota et al., 2010). Dies bedeutet, dass die Hemmschwelle für die Entwicklung einer fokalen Dystonie bei diesen Patienten reduziert ist. Allerdings sind diese Studien zur Bildgebung nur bedingt stichhaltig im Sinne einer echten Prädisposition zu interpretieren, da keine systematischen Befunde vorliegen, bei denen die Dystonie-Patienten vor Erstmanifestation der Erkrankung untersucht worden sind, und die "Prädisposition" regelhaft erst ex post interpretiert wurde. Eine monogenetische Mutation ließ sich nur in wenigen Einzelfällen nachweisen (Schmidt et al., 2006).

Zu dieser ggfs. vorhandenen Prädisposition treten externe Faktoren hinzu, deren Kombination höchstwahrscheinlich zur Manifestation der Erkrankung führt. Wesentlicher und dominierender externer Faktor ist das intensive Musizieren. Besonders beeindruckend in diesem Zusammenhang ist die sehr starke Korrelation zwischen der Lokalisation und der fokalen Dystonie und dem gespielten Instrument sowie die

Stärke der Assoziation zwischen Exposition und Erkrankung, die im Vergleich zu einem nichtexponierten Kollektiv um den Faktor 100 anstieg (s. Abschnitt 5.1). Dabei ist das Körperteil, welches die Hauptlast an feinmotorischer Anforderung und Präzision trägt, am häufigsten von dystonen Symptomen betroffen. Weitere Einflussfaktoren, wie innere Anspannung und Nervosität, können möglicherweise die Symptomatik verstärken, wie bei allen Erkrankungen der Basalganglien, sind aber nicht als Auslöser oder Reaktion der Erkrankung zu verstehen, sondern als Bestandteil der Erkrankung, da in den Basalganglien motorische und limbische Anteile nahe beieinander liegen.

Altenmüller und Kollegen präsentieren ein multifaktorielles, heuristisches Modell für die Ätiologie der Musikerdystonie, in dem sie eine Prädisposition von intrinsischen und extrinsischen Triggerfaktoren abgrenzen. Zu den intrinsischen Triggerfaktoren zählen sie die vom Musiker selbst ausgehenden Faktoren wie Perfektionismus, Kontrollzwang und anatomische Besonderheiten wie z.B. Sehnenverkürzungen. Unter die extrinsischen Faktoren werden feinmotorische Belastungen und Anforderungen sowie Erwartungsdruck durch Kollegen oder Publikum gerechnet (Altenmüller et al., 2010). Ähnliche multifaktorielle Ansätze über die Pathogenese der Musikerdystonie werden auch von Conti und Frucht vertreten (Conti et al., 2008; Frucht, 2009), die ebenfalls das Zusammentreffen einer genetisch bedingten Prädisposition sowie externen Umweltfaktoren betonen.

5 Diskussion eines Kausalzusammenhangs zwischen professio nellem Musizieren und der fokalen Dystonie anhand der Bradford-Hill-Kriterien

Da, wie bereits im Kapitel 1 erwähnt, Fall-Kontroll-Studien mit Erkrankten im Vergleich zu ebenfalls exponierten Gesunden für diese Fragestellung nicht vorhanden sind, ist auch eine zusammenfassende statistische Auswertung von Odds Ratios im Sinne einer Metaanalyse nicht möglich. Um einen möglichen Kausalzusammenhang zwischen Exposition (professionellem Instrumentalmusizieren) und Outcome (fokale, aufgabenspezifische Dystonie) herauszuarbeiten, sollen daher die in der Epidemiologie gebräuchlichen Bradford-Hill-Kriterien herangezogen werden, die insbesondere bei multifaktoriellen Ereignissen Anwendung finden (Lucas und McMichael, 2005). Zu den Bradford-Hill-Kriterien zählen die Stärke der Assoziation, Konsistenz, Spezifität, zeitliche Abfolge, biologischer Gradient, Plausibilität, Kohärenz, Experiment und Analogie. Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Kriterien gezielt auf die eingangs erwähnte Fragestellung angewandt.

5.1 Stärke der Assoziation

Um die Stärke der Assoziation darzustellen, muss die Bedeutung der Exposition, also des Musizierens für das Eintreten des Outcomes, also der fokalen Dystonie erfasst werden. Hierzu eignet sich der Vergleich von Prävalenzdaten zu fokalen Dystonien im exponierten Kollektiv, also bei Musikern, im Vergleich zur nichtexponierten Normalbevölkerung.

Gemäß den umfassendsten Daten zur fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie bei professionellen Musikern in Deutschland liegt die Prävalenz der Erkrankung bei näherungsweise etwa 1 % (Spahn et al., 2011, S. 208). Diese Daten ergeben sich überschlägig aus den Statistiken des Deutschen Musikrates, wo 2010 etwa 80.000 professionelle Instrumentalmusiker registriert waren, sowie der Anzahl der Instrumentalmusiker mit aufgabenspezifischer Dystonie, die im Zeitraum 1994-2007 vor allem am Institut für Musikphysiologie und Musikermedizin in Hannover, aber auch weiteren, auf Musiker spezialisierten Hochschulambulanzen betreut wurden.

Allerdings ist diese Prävalenzschätzung mit viel Unsicherheit behaftet. Die Anzahl der medizinisch behandelten Instrumentalmusiker mit aufgabenspezifischer Dystonie ist nur begrenzt für Deutschland repräsentativ, da nicht alle erkrankten Berufsmusiker an Zentren für Musikermedizin vorstellig werden; außerdem ist anzunehmen, dass die verbreitete Stigmatisierung der Erkrankung (Conti et al., 2008) sowie falsche Diagnosen (Rosset-Llobet et al., 2009) für eine Dunkelziffer verantwortlich sind. Beide Faktoren tragen zu einer Unterschätzung der Prävalenz bei. Demgegenüber muss festgehalten werden, dass Spahn et al. (2011) die Anzahl der an fokalen Dystonien erkrankten Musiker kumulativ über einen Zeitraum von 14 Jahren ermittelt haben, was - im Falle einer deutlichen Symptomlinderung oder Heilung der Betroffenen - zu einer Überschätzung der Prävalenz führen würde. Außerdem musizieren einzelne der in Hannover behandelten Patienten nicht beruflich oder leben im Ausland und sind somit nicht beim Deutschen Musikrat registriert. Auch gilt es zu bedenken, dass die Zahl der in Deutschland registrierten Berufsmusiker für einen späteren Zeitpunkt, nämlich das Jahr 2010, vorliegt und Fluktuationen aufgrund von Migration, beruflicher Veränderung, Krankheit oder Tod unterliegt.

Zusammenfassend kann man aber davon ausgehen, dass die Faktoren, die zu einer Unterschätzung der Prävalenz führen (insbesondere die hohe Dunkelziffer und die Tatsache, dass nicht alle erkrankten Berufsmusiker in Spezialambulanzen vorstellig werden) eine wohl wichtigere Rolle spielen, als die Faktoren, die zu einer Überschätzung der Prävalenz führen. Eine Ermittlung aller in Deutschland tätigen Berufsmusiker einschließlich ehemaliger Berufsmusiker wäre für eine genauere Prävalenzschätzung essentiell.

Die Prävalenzangaben zu fokalen Dystonien in der Normalbevölkerung wurden detailliert in einer Querschnittsstudie in acht europäischen Ländern erfasst (ESDE: Epidemiological Study of Dystonia in Europe Collaborative Group, 2000). Die Prävalenzdaten wurden dabei nach dem Subtyp der Dystonie klassifiziert. Diese Daten wurden mit den Angaben aus bisherigen Studien verglichen. Insgesamt wurde eine Bevölkerungsgruppe von annähernd sechs Millionen Menschen erfasst, in der sich eine durchschnittliche Prävalenz von 117 pro Million für die fokale Dystonie des Erwachsenenalters ergab (ESDE, 2000). Weiterhin liefert die Übersichtsarbeit von Defazio (Defazio, 2004) einen Überblick über dokumentierte Studien zur Prävalenz fokaler Dystonien. Da die dort eingeschlossene Arbeit von Müller et al. (2002) eine Altersbeschränkung beinhaltet, wurde diese in die hier angestellten Betrachtungen nicht mit eingeschlossen. Da die ESDE die größte und systematischste Erfassung darstellt, kann für die weiteren Betrachtungen der dort ermittelte Prävalenzwert von 117 pro Million (bzw. 0,1 pro Tausend) angenommen werden (Tabelle 1).

Tabelle 1: Prävalenzangaben zu idiopathischen fokalen Dystonien

Autor, JahrLandPrävalenzdaten pro MillionDatengenerierung
Epidemiological Study of Dystonia in Europe Collaborative Group (ESDS), 20008 europäische LänderFokale Dystonie: 117 Blepharospasmus: 208 Zervikale Dystonie: 330 Schreibkrampf: 81 Laryngeale Dystonie: 39Querschnittsstudie
Defazio, 2004weltweit30-430 (unter Ausschluss einer nicht plausiblen Studie)Review über Prävalenzstudien

Dies bedeutet, dass für den Prävalenzvergleich der Exponierten, also der professionellen Musiker, versus Nicht-Exponierten ein Verhältnis von etwa zehn pro Tausend im Vergleich zu 0,1 pro Tausend vorliegt. Das heißt, dass fokale Dystonien unter Berufsinstrumentalmusikern grob um den Faktor 100 häufiger auftreten als in der Normalbevölkerung und somit die Stärke der Assoziation erheblich ist.

Bei den angeführten Daten zur Prävalenz der Musikerdystonie handelt es sich um eine kumulative Inzidenz. Aufgrund der nicht ausreichenden Therapierbarkeit der Erkrankung sowie der in Anbetracht des jungen Patientenalters berechtigten Annahme einer niedrigen Anzahl an Todesfällen unter den Erkrankten ist in diesem Fall die kumulative Inzidenz mit der Prävalenz näherungsweise gleichzusetzen. Damit wurde bei der vorstehend vorgenommenen Betrachtung in beiden Kollektiven, d. h. bei Erkrankten wie bei der Normalbevölkerung, das gleiche Häufigkeitsmaß angewandt.

Weiterhin muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass das Vorkommen der Ansatzdystonie in der Normalbevölkerung in der Literatur nicht beschrieben ist. Dies bedeutet, dass die Prävalenz in der Normalbevölkerung gegen Null geht und ein hypothetisch zu berechnendes relatives Risiko gegen unendlich zielen würde.

5.2 Konsistenz

Das Kriterium der Konsistenz ist definiert durch die Ähnlichkeit der Ergebnisse in unterschiedlichen Populationen und durch Anwendung unterschiedlicher Methoden (Lucas und McMichael, 2005). Die hier erhobenen Daten wurden großenteils aus vier Fallserien zusammengefasst, ergänzt durch Einzelfallberichte. Prospektive Studien an exponierten Kollektiven existieren nicht. Die dokumentierten Daten hinsichtlich Geschlecht und Manifestationsalter der betroffenen Musiker und der Korrelation zwischen Instrument und klinischem Phänotyp sind über alle europäischen und nordamerikanischen Kohorten hinweg vergleichbar. Insbesondere die vier großen Kollektive (Altenmüller et al., 2012; Tubiana, 2003; Rosset-Llobet et al., 2009; Brandfonbrener, 2004) liefern ähnliche Daten aus drei europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich, Spanien) sowie aus den USA. In nichteuropäischen Ländern wurden nur wenige Daten erhoben (Hayes et al., 1996: Australien, drei Musiker; Kadota et al., 2010: Japan, sieben Musiker; Sakai et al., 2006: Japan, 20 Musiker), die sich jedoch mit den europäischen Daten decken. Ebenso stehen die Daten aus nordamerikanischen Studien (Frucht et al., 2001: 26 Blasinstrumentalisten; Schuele et al., 2004: 21 Streicher; Lederman, 2001: 43 Blechbläser; Conti et al., 2008: 61 Musiker unterschiedlicher Instrumentengattungen) in Einklang mit den in Europa erhobenen. So ergibt sich insgesamt ein über unterschiedliche Länder und

Kulturkreise hinweg einheitliches Bild hinsichtlich der in dieser Arbeit betrachteten Fragestellung.

5.3 Spezifität

Die Spezifität ist ein Kriterium für die Selektivität des beobachteten Phänomens unter bestimmten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen. Je stärker dieser Zusammenhang ausfällt, umso wahrscheinlicher ist es, dass diese Rahmenbedingungen das Phänomen auch verursachen. Die Spezifität der Exposition, also des Musizierens, ist eindeutig, da intensives Musizieren ausschließlich von (semi)professionellen Musikern ausgeübt wird, nicht von anderen Berufsgruppen. Um die Spezifität der Zielgröße, also der fokalen Dystonie des Musikers, zu beurteilen, ist eine Literaturrecherche ohne Angabe der Exposition, also des Musizierens, erforderlich. Die für den systematischen Review erfassten Fälle an Musikerdystonien lassen sich im Wesentlichen einteilen in die fokale Handdystonie und die Ansatzdystonie. Würden diese Erkrankungen auch in Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten beschrieben worden sein, so wären sie als nicht spezifisch für Musiker zu werten und können möglicherweise auch durch andere äußere Einwirkungen verursacht werden oder ohne Einwirkungen äußerer Faktoren (= idiopathisch) entstehen.

Die Suchbegriffe "focal handdystonia" und "embouchure dystonia" wurden in der Datenbank PUBMED eingegeben. Die Suche nach "focal hand dystonia" ergab 117 Treffer (Listen 3 und 4 des Anhangs bei Rozanski et al., 2014). In 88 Artikeln wurde die fokale Handdystonie als Schreibkrampf oder Musikerdystonie beschrieben, in 29 Fällen waren keine Angaben zur klinischen Manifestation dokumentiert. In keinem der Artikel wurde eine idiopathische, aufgabenunabhängige Handdystonie beschrieben oder eine fokale Dystonie, die mit anderen Tätigkeiten assoziiert ist.

Für die Suche nach dem Stichwort "embouchure dystonia" wurden bei PUBMED zehn Treffer erzielt. Alle diese Artikel beschreiben eine orofaciale Dystonie bei professionellen Blasinstrumentalisten. Dies bedeutet, dass das Auftreten einer fokalen Hand- und Ansatzdystonie sehr spezifisch für das professionelle Musizieren ist. Während die Handdystonie auch beim Schreiben auftreten kann, ist die Ansatzdystonie ausschließlich bei Spielern von Blasinstrumenten beschrieben. Beiden Formen ist gemeinsam, dass sie nur in Zusammenhang mit repetitiven motorischen Tätigkeiten auftreten. Eine Manifestation der fokalen Handdystonie oder der orofacialen Dystonie ohne vorangegangene Exposition, also ein idiopathisches Auftreten, ist nicht beschrieben.

Weiterhin fällt auf, dass sich die fokale Dystonie der Musiker bevorzugt an der feinmotorisch am stärksten beanspruchten Extremität manifestiert und sich für jede Instrumentengattung deutlich, möglicherweise spezifisch, unterscheidet. Bei Spielern von Tasteninstrumenten ist die rechte

Hand am häufigsten beeinträchtigt, die die Hauptmelodie spielt, ebenso bei den Spielern von Zupfinstrumenten. Streichinstrumentalisten, deren feinmotorische Hauptlast hinsichtlich Koordination und Muskelkraft von der linken Hand getragen wird, leiden dort am häufigsten unter der aufgabenspezifischen Dystonie. Am deutlichsten fällt hierbei die Ansatzdystonie auf, die ausschließlich bei Spielern von Blasinstrumenten beschrieben ist, nicht aber bei anderen Musikern.

5.4 Zeitliche Abfolge

Die Beachtung der zeitlichen Abfolge zwischen Exposition und Outcome ist für die Argumentation im Hinblick auf Kausalität erforderlich, da das Eintreten der Erkrankung vor Einwirken der Exposition einen kausalen Zusammenhang ausschließen würde. Für die Fragestellung, ob intensives Musizieren an der Entstehung der fokalen Dystonie bei Berufsmusikern wesentlich teilursächlich beteiligt ist, lässt sich die Frage nach der zeitlichen Abfolge klar beantworten. Der Terminus des Instrumentalmusikers im Sinne dieser Berufskrankheit impliziert die Fähigkeit zur Handhabung eines Instrumentes auf einem Niveau, das sich ausschließlich durch intensives Musizieren erreichen lässt. Auch wenn Begabung und andere Faktoren hierbei eine gewisse Rolle spielen, ist der Zeitfaktor, d. h. die kumulative Übungsdauer, die entscheidende Variable (Ericsson et al., 1993). Die Autoren dieses Artikels berichten, dass erst nach zehn Jahren, entsprechend ca. 10.000 Übungsstunden, "Exzellenz" erreicht werden kann. Der potentiell denkbare Fall, dass ein professioneller Musiker ohne intensives Training zu diesen Fähigkeiten gelangt und über diese Fähigkeiten von Geburt an verfügt, ist in der in diesem Review erfassten Literatur nicht beschrieben und kann als höchst unwahrscheinlich betrachtet und damit verworfen werden. Damit beinhaltet der Begriff des Instrumentalmusikers im Sinne dieser Berufskrankheit bereits das notwendige Vorhandensein der Exposition, nämlich des Musizierens. In einigen Publikationen wurde erwähnt, dass die Erstmanifestation häufig im Anschluss an eine Intensivierung des Trainings oder eine Veränderung der Spieltechnik erfolgte (Altenmüller, 2010; Schuele et al., 2004; Rosset-Llobet et al., 2009; Kim et al., 2007). Diese Angaben verdeutlichen erneut das zeitlich gestaffelte Auftreten von Exposition und Erkrankung.

5.5 Biologischer Gradient

Als biologischen Gradienten bezeichnet man eine Korrelation zwischen dem Ausmaß der Exposition und dem Ausmaß der Zielgröße, die üblicherweise in Form einer Dosis-Wirkungs-Beziehung angegeben wird. Eine derartige Darstellung ist aufgrund der verfügbaren Literatur nicht möglich, da quantitativ detaillierte Angaben zur Trainingsintensität der Musiker nicht regelhaft systematisch erfragt und dokumentiert wurden.

Aus insgesamt sechs Arbeiten lässt sich eine kumulative Exposition ermitteln, es sind dies (in der Reihenfolge des Erscheinungsjahres) die Studien von Pujol et al. (2000), Furcht et al. (2001), Rosenkranz et al. (2009), Rosset-Llobet et al. (2007), Hirata et al. (2004) sowie Granert et al. (2011). Die Daten sind summarisch in Tabelle 2 zusammengefasst:

Tabelle 2: Quantitative Angaben zur Exposition der Erkrankten in den publizierten Fallserien(k.A.=keine Angabe).
Zahlen, die auf abgeleiteten Berechnungen auf der Basis von Annahmen entsprechend dem der Tabelle nachfolgenden Text beruhen, sind kursiv dargestellt.

ZitatMusiker
Nr
GeschlechtLokalisationBeginn
Musi-
zieren
Stun-
den/
Tag
Stun-
den/
Jahr
Erstmani-
fest-
ation
Spieljahre
bis Erstmani-
festation
Jahre professionellen
Spielens (nach 18. Lebensjahr) bis
Erstmanifestation
Kumulative Stundenzahl nach 18. Lebensjahr bis
Erstmanifestation
Mittelwert, Standardab-
weichung
Pujol et al., 20001mLinke Handk.A.k.A.k.A.10
2mRechte Hand22
3wRechte Hand12
4mRechte Hand40
5mLinke Hand22
Frucht et al., 20011k.A.Ansatz9k.A.k.A.167-2k.A.
2Ansatz12352317
3Ansatz9443526
4Ansatzk.A46k.A.28
5Ansatz13422924
6Ansatz9281910
7Ansatz10291911
8Ansatz10342416
9Ansatzk.A.24k.A.6
10Ansatz11291811
11Ansatz14594541
12Ansatz9281910
13Ansatz131961
14Ansatz15402522
15Ansatz1025157
16Ansatz21664548
17Ansatz15412623
18Ansatz15422724
19Ansatz9403122
20Ansatz926178
21Ansatz17614443
22Ansatz1025157
23Ansatz10493931
24Ansatz9504132
25Ansatz22442226
26Ansatz13433025
Hirata et al., 20041mAnsatz106 (Mittelw.)132020102264014025,0
2mAnsatz66 (Mittelw.)1320352917224409278,6
3mAnsatz96 (Mittelw.)13202617810560
4mAnsatz126 (Mittelw.)132037251925080
5mAnsatz86 (Mittelw.)1320231556600
6mAnsatz106 (Mittelw.)1320231356600
7mAnsatz166 (Mittelw.)1320279911880
8mAnsatz116(Mittelw.)132038272026400
Roset-Llobet et al., 2007G: n=101M: n=89Hand:n=98G: 12,2 (+/-5,2G: 5,1 (+/-2,1)G: 29,3 (+/-0,8G: 17,1G: 11,312679
Ansatz: n=3range:4-40range:1-11range: 18-56M: 17
W: n=12M: 12,6 (+/-5,3M: 5,1 (+/-2,2)M: 29,6 (+/-7,9W: 17,8M: 11,613015
range:?range:?range:?
W: 9,7 (+/-3,8W: 4,7 (+/-1,2)W: 27,5 (+/-10,1)W: 9,59823
range:?range:?range:?
Rosenkranzet al., 20091mRechte Hand6366030241279208401,3
2mRechte Hand53,5770312613100102193,7
3mRechte Hand636602923117260
4wRechte Hand6366035291711220
5wRechte Hand561320241967920
6wRechte Hand351100232055500
7mRechte Hand64880251976160
8mRechte Hand6366035291711220
Granert et al., 20111k.A.Hand7k.A.69027209621015861,9
2Hand7k.A.132927209119616530,9
3Hand9k.A.7383122139594
4Hand6k.A.81134281612976
5Hand11k.A.68040292214960
6Hand9k.A.41160514217262
7Hand4k.A.17222420610332
8Hand6k.A.89140342219602
9Hand7k.A.79950433225568
10Hand7k.A.161230231219344
11Hand5k.A.166734291626672


Pujol et al. (2000) beschrieben fünf Patienten mit Hand-Dystonien bei professionellen Gitarristen, gaben jedoch nur die Zahl der Jahre an, in denen das Gitarrenspielen bis zur Erkrankung praktiziert wurde, sie lag zwischen zehn und 40 Jahren. Dabei wird jedoch nicht erkennbar, welche Zeiträume auf Spielzeiten in der Kindheit/Adoleszenz (vor dem 18. Lebensjahr) entfallen. Eine kumulative Stundenzahl vor Erkrankungsbeginn kann aus dieser Studie nicht abgeleitet werden.

Furcht et al. (2001) beschrieben 26 Patienten (Bläser) mit Ansatzdystonie und machten großenteils Angaben zum Alter bei Beginn des Musizierens, jedoch nicht zur Anzahl der Stunden pro Tag oder pro Jahr. Das Alter der Erstmanifestation lag zwischen 16 und 66 Jahren. Bis zum Erkrankungsbeginn hatten die Bläser auf ihrem Instrument zwischen sechs und 45 Jahren gespielt. Nimmt man (fiktiv) das 18. Lebensjahr als Beginn beruflichen (potentiell versicherten) Musizierens, kommt man auf null (bzw. rechnerisch - 2 bei einem mit 16 Jahren Erkrankten) bis 48 Jahre Exposition nach dem 18. Lebensjahr. Da keine Stundenzahl pro Tag angegeben ist, die das Instrument eingesetzt wurde, kann eine kumulative Stundenzahl vor Erkrankungsbeginn aus dieser Studie nicht abgeleitet werden.

In der Fallserie von Hirata et al. (2004) über acht Musiker mit Ansatzdystonien sind umfangreichere Daten zur Einwirkung verfügbar: Die Erkrankten begannen zwischen dem sechsten und dem 16. Lebensjahr zu spielen, sie spielten im Mittel sechs Stunden pro Tag, d. h., umgerechnet auf (konservativ) 220 Arbeitstage, im Mittel 1.320 Stunden pro Jahr. Die Erstmanifestation war zwischen dem 20. und 38. Lebensjahr, also zwei bis 20 Jahre nach dem 18. Lebensjahr, welches (wiederum fiktiv) als Beginn professionellen (potentiell versicherten) Musizierens angesetzt werden kann. Bei Erkrankungsbeginn hatten die Patienten zwischen 2.640 und 26.400 Stunden kumulativ Blasinstrumente gespielt, die mittlere (± Standardabweichung) Stundenzahl betrug 14.025 ± 9.279 Stunden. Mit großem Abstand fällt hierin ein Patient mit nur zwei Jahren professionellen Spielens mit einer kumulativen Stundenzahl nach dem 18. Lebensjahr von 2.640 Stunden aus dem Rahmen der übrigen kumulativen Expositionen (6.600-26.400 Stunden nach dem 18. Lebensjahr bis Erstmanifestation).

Rosset-Llobet et al. (2007) präsentierten eine große Fallserie von 101 Berufsmusikern, von denen 98 eine Handdystonie (Gitarre, Klavier, Geige u. a.) und drei eine isolierte Ansatzdystonie (Bläser) aufwiesen. Die Erkrankten hatten zwischen dem vierten und dem 40. Lebensjahr mit dem Instrumentalmusizieren begonnen, im Mittel 5,1 ± 2,1 Stunden pro Tag gespielt, und zwar bis zur Erstmanifestation im Mittel 17,1 Jahre lang, davon 11,3 Jahre nach dem 18. Lebensjahr. Die kumulative Stundenzahl nach dem 18. Lebensjahr bis zur Erstmanifestation der Erkrankung lag im Mittel bei 12.679 Stunden, eine Standardabweichung ist nicht errechenbar.

Rosenkranz et al. (2009) publizierten eine Fallserie von acht Erkrankten mit Hand-Dystonie. Die Patienten hatten zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensjahr mit dem Klavierspielen begonnen. Sie spielten zwischen drei und sechs Stunden pro Tag, also bei einer (konservativen) Annahme von 220 Arbeits-/Spieltagen pro Jahr zwischen 660 und 1.320 Stunden pro Jahr. Die Erstmanifestation war zwischen dem 23. und 35. Lebensjahr, also nach 19 bis 26 Jahren Spielens, entsprechend fünf bis 17 Jahren professionellen (fiktiv nach dem 18. Lebensjahr angenommenen) Spielens.

Die kumulative Stundenzahl des Klavierspielens nach dem 18. Lebensjahr bis zum Erkrankungsbeginn streute zwischen 5.500 und 11.220 Stunden, im Mittel ± Standardabweichung betrug sie 8.401 ± 2.104 Stunden.

Granert et al. (2011) berichteten über elf Klavierspieler mit Hand-Dyskinesien, die zwischen dem vierten und elften Lebensjahr zu spielen begonnen hatten. Angaben zur täglichen Dauer der Tätigkeit liegen nicht vor, wohl aber die kumulative Stundenzahl des Klavierspielens pro Jahr, sie betrug zwischen 411 und 1.722 Stunden. Die Erstmanifestation war zwischen 27 und 60 Jahren, also nach 20 bis 51 Jahren des Spielens, entsprechend fünf bis 17 Jahren des Spielens nach dem 18. Lebensjahr. Die kumulative Stundenzahl des Klavierspielens nach dem 18. Lebensjahr bis zum Erkrankungsbeginn streute zwischen 6.210 und 26.672 Stunden, im Mittel ± Standardabweichung betrug sie 15.862 ± 6.531 Stunden.

Die früheste dokumentierte Manifestation einer fokalen Dystonie eines Drummers ist nach einer Gesamtspielzeit von drei Jahren in einem Einzelfallbericht beschrieben (Rosset-Llobet, 2012a), wobei der Patient auch an seinem Arbeitsplatz als Berufsfahrer einer motorischen Mehrbeanspruchung des Fußes durch repetitives Bedienen der Autopedale ausgesetzt war.

Sieht man von den beiden Patienten mit der kürzesten dokumentierten Expositionsdauer ab (drei Jahre Exposition, Rosset-Llobet, 2012a, sowie 2.640 Stunden Exposition, Hirata et al. 2004), bei denen nur spekuliert werden kann, ob weitere außerberufliche prädisponierende Faktoren zu einer Erstmanifestation nach vergleichsweise geringer Exposition nach dem 18. Lebensjahr beigetragen haben können, liegt die Mehrzahl der Erkrankten im Bereich einer fünfstelligen ( > 10.000 Stunden) kumulativen Exposition in Stunden nach dem 18. Lebensjahr, zumindest im Bereich einer höheren vierstelligen kumulativen Exposition in Stunden nach dem 18. Lebensjahr ( > ca. 5.000 Stunden). Diese Stundenzahl gilt als Annäherung an die erforderliche Dauer der versicherten Tätigkeit.

Diese abgeleitete Stundenzahl entspricht in der Regel als Orientierung dem Maß der kumulativen Stundenzahl unter versicherter Tätigkeit. Die Heranziehung des 18. Lebensjahres in Tabelle 2 bedeutet nicht, dass im Einzelfall versicherte Expositionszeiten, die bereits vor dem 18. Lebensjahr erworben wurden, nicht berücksichtigt werden können. Die Orientierung erfolgt im Einzelfall an der versicherten Tätigkeit, nicht am Alter.

5.6 Plausibilität

Das Kriterium der Plausibilität wirft die Frage auf, ob die beobachteten Ergebnisse nach neurophysiologischen Kriterien sinnvoll sind oder sogar zu erwarten gewesen wären.

Anhand der in diesem systematischen Review erhobenen Daten fällt auf, dass die Extremität, die die höchste feinmotorische Belastung aufweist, am häufigsten dystone Symptome entwickelt.

Diese Korrelation zwischen repetitiver feinmotorischer manueller Betätigung und der Entstehung der fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie konnte auch tierexperimentell gezeigt werden (Byl et al., 1996). Bei zwei Affen wurden täglich über mehrere Wochen repetitive stereotype Handbewegungen trainiert, bei denen sie die Hand schnell öffnen und schließen mussten. Als Anreiz für die Aufgabe wurde Futter an die zuvor auf Diät gesetzten Affen verteilt. Die beiden

Affen führten zwischen 1.100 und 3.000 dieser Bewegungen pro Tag aus und die motorische Leistung wurde mittels Videokamera überwacht. Nach zwölf bzw. 25 Wochen verschlechterte sich die feinmotorische Leistung der Affen dahingehend, dass ihre Koordinationsfähigkeit, Schnelligkeit wie auch Kraft abnahmen. Anschließend wurde mittels Mikroelektrodenableitung von der Hirnoberfläche die Größe des zur betroffenen Hand kontralateralen somatosensorischen Hirnareals bestimmt. Dabei zeigte sich im Vergleich zu gesunden Affen eine deutliche Vergrößerung des sensorischen Handareals, das der übertrainierten und von der Koordinationsstörung betroffenen Hand entsprach.

In einer Weiterführung dieses Experimentes wurden vier Affen auf ähnliche Weise trainiert (Topp und Byl, 1999). Zwei Affen durchliefen das oben beschriebene motorische Training mit repetitiven stereotypen Bewegungen, ein weiterer Affe führte repetitive, jedoch nichtstereotype Handbewegungen durch und ein weiterer Affe wurde zur Diskriminierung repetitiver sensorischer Reize angehalten. Nur die beiden Affen, die repetitive und stereotype Bewegungen durchführten, entwickelten eine fokale Dystonie der Hand, während dies bei Affen, die nichtstereotype Bewegungen ausführen oder Reize diskriminieren mussten, nicht der Fall war. Eine wie oben beschriebene Reorganisation des somatosensorischen Cortex war ebenfalls nur bei den beiden Affen mit den motorischen Defiziten vorhanden. Eine histologische Analyse des postmortalen Handdissekates der Affen zeigte keine Entzündung der peripheren Nerven oder Sehnen. Allerdings wies der Affe, der die dystonen Symptome als erster entwickelt hatte, eine anatomische Normvariante der Sehne des M. flexor profundus des vierten Fingers auf. Die Autoren schlussfolgern aus diesen Beobachtungen, dass fokale Dystonien durch repetitive und stereotype motorische Bewegungen induziert werden können und dass eine dystone Bewegungsstörung nicht mit einer peripheren Nervenentzündung/-kompression verbunden ist, sondern in ihrer Pathophysiologie zentralnervös gesteuert wird.

Diese tierexperimentellen Befunde lassen sich sehr gut auf das Modell des Musizierens übertragen, bei dem ebenfalls repetitive und stereotype feinmotorische Bewegungen einer Extremität wiederholt ausgeführt werden.

5.7 Kohärenz

Die im systematischen Review (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015) erhobenen Daten zur fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie des Berufsmusikers decken sich nicht nur nach dem Kriterium der biologischen Plausibilität, sondern sind auch kohärent in Bezug auf die zeitliche Abfolge zwischen Exposition und Manifestation. Wie bereits erwähnt, besteht eine deutliche zeitliche Differenz zwischen Exposition und Outcome. In Zusammenschau dieses zeitlichen Bezuges, der Korrelation zwischen höchster feinmotorischer Präzision und Manifestation der Dystonie sowie des ausschließlichen Auftretens dieser Dystonieform bei professionellen Musikern ist ein kausaler Zusammenhang zwischen intensivem Musizieren und dem Auftreten der aufgabenspezifischen Dystonie sehr wahrscheinlich.

5.8 Experiment

Unter dem Kriterium "Experiment" werden alle forschenden Ansätze subsumiert, bei denen die Exposition kontrolliert modifiziert werden soll. Idealerweise soll durch Reduktion der Exposition die Manifestation der Zielvariablen, also in diesem Fall der fokalen Dystonie, verringert werden.


Prospektive Ansätze zur graduellen Evaluation der Exposition existieren in der Literatur nicht. Jedoch gibt es einige präventive Ansätze, bei denen die Exposition modifiziert wird:

Sakai et al. (2006) forderten 20 japanische Pianisten mit Dystonie dazu auf, ein Musikstück auszuwählen, bei dem ihre dystonen Symptome regelmäßig auftraten. Durch ein gezieltes Training wurden sie mittels Metronom dazu angehalten, dieses Stück über zwei Wochen hinweg sehr langsam zu spielen, worunter die dystonen Symptome nicht auftraten. Das Spieltempo wurde anschließend im Intervall von zwei Wochen auf ca. 90 % der ursprünglichen Geschwindigkeit erhöht. Nach diesem Training wiesen die Musiker eine deutliche Verbesserung ihrer musikalischen Leistung auf, die dystonen Symptome waren fast vollständig verschwunden. Wie lange dieser Effekt anhielt und ob sich dieses Vorgehen auch auf Musiker anderer Instrumentengattungen übertragen lässt, geht aus dieser Studie jedoch nicht hervor.

Eine weitere Modifikation des Spiels erfolgte durch die sogenannte "constraintinduced therapy", die von Rehabilitationsverfahren bei Schlaganfall-Patienten abgeleitet wurde (Candia et al., 1999). Dabei werden benachbarte, nicht von der Dystonie betroffene Finger mit einer Schiene gezielt immobilisiert. Die Musiker sollten anschließend unter Tragen der Schiene üben und gezielte Koordinationsübungen mit den von der Dystonie betroffenen Fingern ausführen. Nach Beendigung des Trainings konnten die meisten Musiker ohne Schiene eine deutlich verbesserte Spielleistung erzielen. Zwei von fünf Musikern konnten anschließend ihre Konzerte wieder spielen. Auch hier sind keine Langzeitergebnisse berichtet.

5.9 Analogie

Die der Musikerdystonie am nahesten stehende Erkrankung ist der Schreibkrampf, der ebenfalls aufgabenspezifisch ausgelöst wird. Beim Schreibkrampf wird der Stift häufig übermäßig fest gehalten, die Hand verkrampft sich meist in Flexionsstellung und koordiniertes Schreiben ist nicht mehr möglich. Das Erstmanifestationsalter von im Mittel 38 Jahren ist ebenfalls wie bei der Musikerdystonie deutlich niedriger als bei Patienten mit idiopathischen fokalen Dystonien des Erwachsenenalters, und die Symptome können sich auf benachbarte Körperregionen, wie z.B. den Arm ausbreiten (Torres-Russotto und Perlmutter, 2008). Pathophysiologisch scheint beim Schreibkrampf eine lange Schreibzeit mit feinmotorischer Beanspruchung bedeutsam zu sein (Hallett, 2006). Da nicht alle Menschen, die viel schreiben, einen Schreibkrampf entwickeln, spielen wahrscheinlich auch genetische Faktoren eine Rolle in der Pathogenese (Hallett, 2006). Ebenso wie die Musikerdystonie ist auch der Schreibkrampf sehr aufgabenspezifisch und manifestiert sich nur beim Schreiben, nicht aber in anderen Situationen. Die Selektivität beim Auftreten der Dystonieformen kann so ausgeprägt sein, dass nur das Schreiben einzelner Buchstaben oder Ziffern beeinträchtigt sein kann (Shamim et al., 2011). Für den Schreibkrampf wurde eine Fall-Kontroll-Studie zur Erfassung der Risikofaktoren durchgeführt (Roze et al., 2009), in der häufiges Schreiben sowie eine Zunahme der Schreibintensität vor der Erstmanifestation als Risikofaktoren identifiziert wurden. Eine vorausgehende Verletzung, Schreiben in angespannten Situationen oder die Wahl des Stiftes erwiesen sich nicht als Risikofaktoren.

Neben dem Schreibkrampf gibt es weitere aufgabenspezifische Dystonien, die meist an die Ausübung spezialisierter und sehr repetitiver feinmotorischer Aufgaben gekoppelt sind. Bei Golfspielern ist ein Koordinationsverlust des Schwungarmes beschrieben, der sogenannte golfer's yip (Adler et al., 2011). Weiterhin liegen Einzelfallberichte zu ungewöhnlichen, aufgabenspezifischen Dystonien vor, wie bei Läufern (Wu und Jankovic, 2006), einem Pistolenschützen (Sitburana und Ondo, 2008) oder einem professionellen Tennisspieler (Mayer et al., 1999). All diesen Krankheitsbildern ist gemeinsam, dass sie nach intensiver Durchführung repetitiver Bewegungsmuster und -abläufe auftreten.

Aus Gründen, die weiter unten (Kapitel 7: Abgrenzung der bestimmten Personengruppe, speziell: Abschnitt 7.2 - Abgrenzung der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie des Instrumentalmusikers von anderen tätigkeitsbezogenen Dystonien) ausgeführt werden, sind die hier unter dem Kriterium der Analogie genannten Krankheitsbilder nicht Gegenstand der vorliegenden Berufskrankheit.

6. Zusammenfassung der systematischen Erhebung und Auswertung der verfügbaren Daten (Fallserien, klinischexperimentelle Befunde, Kasuistiken) zur tätigkeitsbezogenen fokalen Dystonie bei Instrumentalmusikern

Die Schlussfolgerungen des systematischen Review (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

(1) Die Prävalenz fokaler, aufgabenspezifischer dystoner Symptome liegt bei professionellen Instrumentalmusikern um ein Vielfaches - etwa den Faktor 100 - höher als die Prävalenz dystoner Symptome bei der nichtex-ponierten Normalbevölkerung.

(2) Das Manifestationsalter für die fokale Dystonie des professionellen Instrumentalmusikers liegt bei im Mittel etwa 38, für die idiopathischen Dystonien der Normalbevölkerung bei im Mittel etwa 55 Jahren. Es besteht somit eine Differenz von fast zwei Dekaden. Von der Dystonie des Musikers sind überwiegend Männer betroffen (75-88 % Männeranteil), während die idiopathischen Dystonien bei Frauen gehäuft auftreten (66 %).

(3) Es besteht eine deutliche Korrelation zwischen dem gespielten Instrument und dem Phänotyp der Dystonie. Dabei ist die Extremität, die die feinmotorische Hauptlast trägt, auch am häufigsten von dystonen Symptomen betroffen.

(4) Die Dystonie des professionellen Instrumentalmusikers manifestiert sich zumeist während oder nach einer Phase intensivierten Übens. In Einzelfällen ließen sich vorangegangene Traumata feststellen, z.B. ein Perforationstrauma der Hand oder eine Sehnenverletzung.

(5) Meist führt die Dystonie des professionellen Instrumentalmusikers zur Beendigung der Karriere als professioneller Musiker. Unter Fortführung der Exposition, also des Musizierens, verstärken sich die Beschwerden. Ob eine Übungskarenz zu einer Besserung führt, kann der aktuellen Datenlage nicht entnommen werden.

(6) Die fokale Dystonie des professionellen Instrumentalmusikers ist ein eigenständiges Krankheitsbild. Sie kann von anderen Bewegungsstörungen, z.B. Tremor, begleitet werden und kann auch familiär gehäuft auftreten. Die fokale Dystonie des Musikers ist jedoch nicht Teil eines übergeordneten Syndroms.

(7) Psychische Faktoren sind keine Auslösefaktoren der fokalen Dystonie des Musikers. Erkrankte Musiker können psychische Symptome wie Angst- oder Zwangsstörungen aufweisen, jedoch sind diese als Teil der Erkrankung zu werten, nicht als Auslöser (siehe weiter unten Abschnitt 8.5 "Differentialdiagnostische Überlegungen ...", und zwar 8.5.1 "Psychische Faktoren".

(8) Die Dystonie ist eine zentralnervöse Erkrankung, im Gegensatz zu rein peripheren Kompressionserkrankungen. Traumata können in Einzelfällen der Entwicklung dystoner Symptome vorangehen, sind aber meist nicht vorhanden.

(9) Einige betroffene Musiker wiesen im Vergleich zu gesunden auf Kernspinaufnahmen Veränderungen motorischer Hirnareale auf und unterschieden sich in elektrophysiologischen Experimenten von den gesunden Musikern. Diese Veränderungen können als Krankheitsindiz gewertet werden. Es fehlen jedoch detaillierte Kenntnisse und Informationen, wie häufig und wie regelmäßig diese Veränderungen vorhanden sind.

7 Abgrenzung der bestimmten Personengruppe

Für das Krankheitsbild der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie des Instrumentalmusikers ist anhand der im systematischen Review (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015) erhobenen Daten davon auszugehen, dass repetitives und stereotypes feinmotorisches Training in hoher Intensität eine pathogenetisch bedeutsame Exposition darstellt. Dieses Training üben Instrumentalmusiker in Form des intensiven Musizierens über mehrere Stunden und Jahre hinweg täglich aus. Zu der bestimmten Personengruppe, die - im Vergleich zur Normalbevölkerung - der Exposition in erhöhtem Maße bzw. überhaupt ausgesetzt sind, gehören daher professionelle Instrumentalmusiker. Diese Personengruppe umfasst alle intensiv und professionell Musizierenden, d. h. Musikstudenten, Solomusiker, Orchestermusiker und Musiklehrer.

7.1 Lateralität, Geschlechterverhältnis und Manifestationsalter der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie des professionellen Instrumentalmusikers

Bezüglich der höchsten instrumentenspezifischen feinmotorischen Belastung sei auf die entsprechenden musikphysiologischen Publikationen verwiesen (Conti et al., 2008; Altenmüller et al., 2012), in denen für Tasteninstrumente die höchste Belastung in der rechten Hand beschrieben wird. Da bei Streichinstrumentalisten die Bogenführung durch die rechte Hand nicht nur grob-, sondern auch feinmotorische Präzision erfordert, besteht hier kein Widerspruch zu der Dokumentation einer rechtsseitigen Handdystonie zu 30 %.

Die im systematischen Review (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015) erhobene Dominanz von Männern unter den an einer fokalen Dystonie erkrankten Musikern deckt sich mit den Ergebnissen der weiteren Literatur, in der ebenfalls ein deutlich erhöhter Männeranteil unter den betroffenen Musikern berichtet wird. Die angeführten Relationen variieren zwischen 2:1 und 6:1 (Lim und Altenmüller, 2003) und lassen sich nicht allein durch einen möglicherweise früher vorhandenen niedrigeren Frauenanteil in professionellen Orchestern erklären. So konnten Altenmüller et al. einen signifikant höheren Männeranteil unter erkrankten Musikern (78 %) im Vergleich zu einer gesunden Musikerkontrollgruppe (55 %) aufzeigen (Altenmüller et al., 2012).

Ebenso konnte eine Fall-Kontroll-Studie, in der an Dystonie erkrankte Musiker mit gesunden Berufsmusikern verglichen wurden, eine deutliche Männerdominanz unter den erkrankten Musikern (71 %), nicht aber den gesunden Kontrollen (50 %) aufzeigen.

Eine Arbeitsgruppe führt eine möglicherweise protektive Wirkung von Östrogenen als Argumentation an (Rosset-Llobet et al., 2012), jedoch liegen noch keine Daten vor, die diese Hypothese systematisch verifizieren.

Das mittlere Manifestationsalter der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie des professionellen Musikers variiert zwischen etwa 25 und 40 Jahren, wie sich aus der Zusammenstellung der aus den vier großen Fallserien (Altenmüller et al., 2012, Tubiana, 2003, Rosset-Llobet et al., 2007, Brandfonbrener et al., 2004) konkret extrahierbaren Daten ergibt (Rozanski et al., 2014), Tabelle 4:

Tabelle 4: Geschlechterverhältnis und mittleres Manifestationsalter der aufgabenspezifischen fokalen Dystonie in Abhängigkeit von der Instrumentengattung, extrahiert aus vier großen Fallserien (Altenmüller et al., 2012, Tubiana, 2003, Rosset-Llobet et al., 2007, Brandfonbrener et al., 2004, siehe Rozanski et al., 2014)

InstrumentengattungAnzahlGeschlechterverhältnisDurchschnittliches Manifestationsalter [ Jahre]
Streichinstrumente4584 % M33
Zupfinstrumente8790 % M36
Holzblasinstrumente3863 % M38
Blechblasinstrumente8987 % M36
Perkussion1292 % M26
Tasteninstrumente7877 % M39

7.2 Abgrenzung der aufgabenspezifischen Dystonie des professionellen Instrumentalmusikers von anderen tätigkeitsbezogenen Dystonien

Der Schreibkrampf ist eine der Musikerdystonie ähnliche fokale Dystonie der Hand. Er beginnt mit einer distal betonten Verkrampfung der Finger an der dominanten Hand (Rosset-Llobet et al., 2007) und kann sich im Verlauf auch auf die gesamte Hand und den Arm ausbreiten. Ebenso wie bei der Musikerdystonie liegt das Manifestationsalter mit 38 Jahren unter dem durchschnittlichen Manifestationsalter idiopathischer fokaler Dystonien (Rosset-Llobet et al., 2007). Weiterhin ist auch für den Schreibkrampf eine Ausweitung der Symptome, z.B. auf die Gegenseite, beschrieben und Spontanremissionen sind selten (Geyer und Bressman, 2006).

Ebenso wie bei der Musikerdystonie wird hier pathophysiologisch eine Kombination aus einer Prädisposition und extrinsischen Auslösefaktoren diskutiert (Roze et al., 2009). Eine Fall-Kontroll-Studie, in der systematisch nach Risiko- und Auslösefaktoren gesucht wurde, konnte einen hohen Ausbildungsgrad, eine hohe Anzahl an Schreibstunden sowie einen Anstieg der Schreibtätigkeit unmittelbar vor der Erstmanifestation von Symptomen als Risikofaktoren identifizieren (Roze et al., 2009).

Ähnlich wie bei der Musikerdystonie konnten auch beim Schreibkrampf typische pathophysiologische Merkmale von Dystonien nachgewiesen werden, so z.B. eine erhöhte Plastizität des Motorcortex (Quartarone et al., 2006) und eine reduzierte intrakortikale Inhibition. Ein pathophysiologischer Unterschied zwischen beiden Krankheitsbildern ist jedoch die höhere Beeinflussbarkeit der Symptome durch sensible Reize (Rosenkranz et al., 2005), was auf Unterschiede in der sensomotorischen Integration hinweist.

Zusammenfassend weisen die Musikerdystonie und der Schreibkrampf sehr viele ähnliche klinische wie auch pathophysiologische Merkmale von fokalen, tätigkeitsbezogenen Dystonien auf. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Krankheitsbildern ist, dass der Schreibkrampf zwar tätigkeitsbezogen, jedoch nicht mehr berufsbezogen oder berufsspezifisch auftritt. Die wissenschaftliche Evidenz des Schreibkrampfes war nicht Gegenstand der Prüfung der vorliegenden Berufskrankheit. Dasselbe gilt für die spastische Dysphonie.

Beim golfer's yip handelt es sich um eine Verkrampfung des Armes beim Putten, die eher eine grobmotorische Verzerrung denn eine Verkrampfung der Feinmotorik ist. Ob es sich dabei um eine klassische Form einer aufgabenspezifischen Dystonie handelt, ist nicht abschließend geklärt (Adler et al., 2011). Auch für einige andere Sportarten wurden spezifische Dystonien beschrieben, so für Tischtennisspieler und sogar Läufer (Torres-Russotto und Perlmutter, 2008; Wu et al., 2006).

Außer den Musikern scheinen andere Berufsgruppen somit nicht systematisch von aufgabenspezifischen Dystonien betroffen zu sein. Zwar sind eine "typist dystonia" und eine "telegraphist dystonia" beschrieben (Ferguson D., 1971), die bei Betätigung mechanischer Schreibmaschinen bzw. Morsetasten vorkamen (Torres-Russotto und Perlmutter, 2008). Eine Munddystonie wurde in einem Einzelfall bei einem Auktionator gefunden (Scolding et al., 1995). Oppenheim erwähnt in diesem Zusammenhang den "Melkerkrampf" und den "Näherinnen- und Schneiderkrampf" (Oppenheim, 1905), jedoch dürften diese heute aufgrund der veränderten Arbeitsbedingungen nicht mehr in reproduzierbar beobachtbarem Ausmaß diese Berufsgruppen befallen. Zu den Begriffen "Melkerdystonie", "Glasbläserdystonie" und "Zigarrendreherdystonie" finden sich derzeit weder in der deutschen noch englischen Literatur bei gründlicher Recherche Publikationen. Eine Umfrage unter sechs Neurologen im deutschen Sprachraum, die über jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit Dystonie-Patienten verfügen, ergab, dass weder eine "Melkerdystonie" noch eine "Glasbläserdystonie" von diesen jemals diagnostiziert worden war. Es gibt somit keine dokumentierten Hinweise darauf, dass aufgabenspezifische Dystonien in quantitativ relevantem Umfang

bei anderen Berufsgruppen als professionellen Instrumentalmusikern derzeit auftreten.

Es scheint daher sinnvoll, das anhand größerer Fallserien gut beschriebene und abgrenzbare Krankheitsbild der fokalen Dystonie als Erkrankung des zentralen Nervensystems durch feinmotorische Tätigkeit hoher Intensität bei Instrumentalmusikern im Sinne der hier vorgenommenen Berufskrankheiten-Definition auf diesen Personenkreis zu begrenzen und etwaige weitere, eher kasuistisch vorkommende, tätigkeitsbezogene Dystonien nicht unter diese Berufskrankheit zu subsumieren.

8 Krankheitsbild und Diagnose

8.1 Klassifikation von Dystonien

Der Terminus "Dystonie" bezeichnet eine Bewegungsstörung, die durch länger anhaltende unwillkürliche Kontraktionen der quergestreiften Muskulatur gekennzeichnet ist. Dystone Verkrampfungen treten häufig repetitiv auf und können zu Fehlstellungen der betroffenen Extremität bzw. des Rumpfes führen (Leitlinie Dystonie der DGN, 2013: http://www.dgn.org/leitlinienonline-2012/inhaltenachkapitel/2389-ll-11-2012-dystonie.html). Im Rahmen der Dystonie können auch bestimmte Tremorformen an den betroffenen Gliedmaßen beobachtet werden. Der Begriff der Dystonie kann sowohl für ein klinisches Symptom im Rahmen einer Grunderkrankung (z.B. dystone Armfehlstellung nach bestimmten Hirninfarkten) als auch für eine eigenständige Krankheitsentität verwendet werden (Ceballos-Baumann, 2005). Im Folgenden soll der Begriff "Dystonie" ausschließlich auf das eigenständige Krankheitsbild der Dystonie angewendet werden.

Die Klassifikation der Krankheitsentität "Dystonie" erfolgt nach klinischem Phänotyp, dem Manifestationsalter und der Ätiologie. Entsprechend ihrer Lokalisation werden Dystonien in generalisierte (den ganzen Körper betreffende), segmentale (zwei oder mehrere benachbarte Körperteile betreffende), in multifokale (zwei oder mehrere Extremitäten betreffende) und in fokale (einzelne Körperteile betreffende) Dystonien eingeteilt (de Carvalho et al., 2002). Nach dem Manifestationsalter werden die seltenen juvenilen Dystonien, deren Beginn vor dem 26. Lebensjahr liegt, von den deutlich häufigeren adulten Formen unterschieden. Juvenile Dystonien tendieren im Gegensatz zu den adulten vermehrt zu einer Ausbreitung der Symptome, so dass sich aus fokalen Dystonien multifokale bzw. generalisierte entwickeln (Schmidt et al., 2008). Eine Sonderform der fokalen Dystonien bilden die Dystonien, die hochselektiv bei bestimmten Tätigkeiten auftreten, wie z.B. der Schreibkrampf oder die Musikerdystonie.

Ätiologisch werden Dystonien klassifiziert in primäre bzw. idiopathische Dystonien, deren Ursache nicht bekannt ist oder genetisch bedingt sein kann, und sekundäre. Für primäre Dystonien wurden 21 Gene der DYT-Familie entdeckt, die meist autosomaldominant mit reduzierter Penetranz vererbt werden (Ozelius und Bressman, 2011). Bei den meisten primären Dystonien handelt es sich um fokale Dystonien (Klein, 2005).

Davon abzugrenzen sind die wesentlich selteneren sekundären Dystonien, bei denen dystone Symptome im Rahmen einer Grunderkrankung auftreten. Zu den Dystonie auslösenden Grunderkrankungen zählen neurodegenerative Erkrankungen und metabolische (M. Wilson, Neuro-Akanthozytose, Leukodystrophien), seltener vaskuläre oder traumatische Läsionen der Basalganglien (Schneider und Bhatia, 2010). Ebenso können dystone Symptome durch die Einnahme von Dopamin-Antagonisten (Neuroleptika) oder Calcium-Antagonisten (Schmidt et al., 2008) ausgelöst werden.

Bei den Dystonie-Plus-Syndromen treten dystone Symptome gemeinsam mit anderen neurologischen Symptomen oder Syndromen auf, wie z.B. einem hypokinetischrigiden Syndrom oder Myoklonien. Den Dystonie-Plus-Syndromen liegt häufig eine genetische Prädisposition zugrunde (Phukan et al., 2011).

Lange Zeit galten die aufgabenspezifischen Dystonien als "Beschäftigungsneurosen" (Gowers, 1886). So schrieb Oppenheim (Oppenheim, 1905) als Erklärung für den Schreibkrampf: "Es sind jedoch niemals Individuen mit intaktem Nervensystem, welche von solchem Uebel heimgesucht werden, es lässt sich vielmehr in der großen Mehrzahl der Fälle eine neuropathische Anlage nachweisen. Fast alle meine Patienten gehörten in die Kategorie der Neurastheniker, einige litten an Hemikranie, andere an Neuralgie, einer an Stottern, einer an hartnäckigem Schwindel, einer an Epilepsie."

Im Gegensatz zu historischen Konzepten, gemäß denen dystone Verkrampfungen einer psychischen Genese zugeordnet wurden, gilt die organische, d. h. zentralnervöse Pathogenese von Dystonien seit der Arbeit David Marsdens von 1976 als wissenschaftlich anerkannt (Munts und Koehler, 2010; Marsden, 1976; Sheehy und Marsden, 1982). Die langjährige Einordnung von Dystonien als psychogene Erkrankungen wurde vor allem auf ihr bizarres Aussehen, ihr teilweise selektives Auftreten und ihre Verstärkung durch emotionale Anspannung zurückgeführt (Marsden, 1976). Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft werden Dystonien jedoch auf bislang nicht exakt benennbare Fehlfunktionen verschiedener Regelkreise des Gehirns (pallidothalamo-kortikaler Bahnen) zurückgeführt (Poston und Eidelberg, 2012).

8.2 Diagnostik von Dystonien

Die Diagnose einer Dystonie erfolgt klinisch nach dem vorherrschenden Symptom, also einer länger andauernden Verkrampfung einer oder mehrerer Extremitäten, die mit Funktionsverlust oder -einschränkung einhergeht. Als Begleiterscheinung kann der sog. dystone Tremor beobachtet werden, ein feinschlägiger, niederfrequenter Aktionstremor, der sich vor allem bei Bewegung verstärkt (Ceballos-Baumann, Kapitel 9). Dystone Bewegungen sind meist irregulär und verstärken sich bei Bewegung und emotionalem Stress (Phukan et al., 2011). Initial sind sie vor allem bei Aktionen vorhanden, im weiteren Verlauf der Erkrankung können sie auch in Ruhe auftreten. Eine diagnostisch hilfreiche Besonderheit, die vor allem bei der zervikalen Dystonie zu beobachten ist, ist das Vorhandensein einer geste antagoniste, einer gezielt gesetzten Berührung meist des Gesichtes oder des Kinns, die zu einer kurzfristigen Linderung dystoner Symptome führt (Martino et al., 2010). Weitere typische Merkmale bei Dystonien sind das Phänomen des "overflow", bei dem sich dystone Kontraktionen von der initial betroffenen Extremität auf benachbarte Extremitäten ausbreiten, sowie das "Spiegelphänomen", bei dem dystone Symptome durch Bewegung der kontralateralen entsprechenden Extremität ausgelöst werden können (Phukan et al., 2011). Zur Bestätigung der klinischen Untersuchung kann

eine EMG (Elektromyographie)-Untersuchung veranlasst werden, die eine Kokontraktion von Agonist und Antagonist zeigt. Es gibt jedoch keinen pathognomonischen, die Dystonie beweisenden Befund oder Parameter, so dass die klinische Erfahrung des Untersuchers eine zentrale Rolle in der Diagnostik einnimmt.

Die Diagnose einer primären Dystonie muss in Frage gestellt werden, wenn sich in der klinischen Untersuchung weitere neurologische Symptome finden wie z.B. ein hypokinetischrigides Syndrom, prominente oromandibuläre Symptomatik oder eine Hemidystonie. Ebenso müssen ein ungewöhnlicher klinischer Verlauf (sehr rasche Progression, Beginn an der unteren Extremität im Erwachsenenalter) und anamnestische Hinweise auf Entwicklungsverzögerung, epileptische Anfälle und auffällige Begleiterkrankungen ergänzende diagnostische Maßnahmen zum Ausschluss einer sekundären Dystonie veranlassen (detaillierte Übersicht s. Schneider und Bathia, 2010).

8.3 Besonderheiten der fokalen Dystonie als Erkrankung des zentralen Nervensystems bei Instrumentalmusikern durch feinmotorische Tätigkeit hoher Intensität im Vergleich zu anderen adulten fokalen Dystonien

Die fokale, aufgabenspezifische Dystonie des Musikers weist im Vergleich zu anderen adulten fokalen Dystonien einige Besonderheiten auf. Als Vergleich sollen Daten aus einer Übersichtsarbeit herangezogen werden (Defazio et al., 2007). Von der Musikerdystonie sind überwiegend Männer betroffen, bei idiopathischen fokalen Dystonien hingegen überwiegend Frauen. Weiterhin fallen ein deutlich jüngeres durchschnittliches Manifestationsalter (38 Jahre vs. 55 Jahre) sowie eine deutlich höhere Prävalenz auf, die nach grober Schätzung etwa den Faktor 100 ausmacht. Damit sind die Prävalenzunterschiede zwischen den exponierten und nichtexponierten Patientenkollektiven so deutlich, dass ein kausaler Zusammenhang nahe liegt.

Das deutlich jüngere Manifestationsalter bei der Musikerdystonie im Vergleich zu idiopathischen Dystonieformen stellt die Bedeutung externer Einflussfaktoren, also das Musizieren, in den Vordergrund. Nimmt man eine gemeinsame multifaktorielle Ätiologie der verschiedenen fokalen Dystonien an, wie dies von Defazio vorgeschlagen wurde (Defazio et al., 2007), so würde dies bedeuten, dass die dystonen Symptome aufgrund des intensiven und viel stärkeren Einwirkens der externen Einflussfaktoren deutlich früher auftreten als dies bei idiopathischen fokalen Dystonien der Fall ist.

Das deutlich häufigere Auftreten der Musikerdystonie bei Männern, das auch durch einen leicht erhöhten Männeranteil in Orchestern nicht suffizient zu erklären ist, gab Anlass zu einer Studie, die einen möglichen protektiven Einfluss von Östrogenen und Gestagenen in der Pathogenese der Musikerdystonie untersucht. In dieser Untersuchung an Patienten mit Musikerdystonie zeigte sich anhand von ausgewerteten Fragebögen keine Beeinflussung der dystonen Symptome durch Schwangerschaft oder Einnahme oraler Kontrazeptiva, jedoch fiel eine niedrigere Prävalenz an Menstruationsstörungen unter den Patientinnen mit fokaler Dystonie auf. Die Autoren interpretieren diese Datenlage als möglichen Zusammenhang zwischen Sexualhormonen und dem Auftreten der Musikerdystonie, auch wenn der pathophysiologische Mechanismus ungeklärt bleibt (Rosset-Llobet et al., 2012b).

Der eindrucksvollste epidemiologische Befund ist jedoch die instrumentencharakteristische, fast schon eindeutige Zuordnung zwischen dem gespielten Instrument bzw. der feinmotorischen Hauptlast und der Manifestation der fokalen Dystonie, wie es im systematischen Review von Rozanski et al. (2014), Rozanski et al. (2015) gezeigt werden konnte. Spieler von Tasteninstrumenten entwickeln überwiegend eine Dystonie der rechten Hand, ebenso Spieler von Zupfinstrumenten. Die linke Hand ist bei Streichinstrumentalisten bevorzugt betroffen, die Ansatzdystonie tritt ausschließlich bei Blasinstrumentalisten auf.

8.4 Fokale Dystonie als Erkrankung des zentralen Nervensystems bei Instrumentalmusikern durch feinmotorische Aktivität hoher Intensität im Sinne dieser Berufskrankheit

Bei der Musikerdystonie im Sinne der vorliegend beschriebenen Berufskrankheit handelt es sich um eine Sonderform der fokalen Dystonie des Erwachsenenalters, nämlich um eine aufgabenspezifische Dystonie. Diese äußert sich primär hoch selektiv ausschließlich bei der Ausübung des Instrumentenspiels. Die Symptome beginnen meist mit einer Ungeschicklichkeit der betroffenen Extremität, manifestieren sich dann beim Ausüben der bestimmten Tätigkeit und können sich im Verlauf auch auf andere Tätigkeiten ausweiten und sogar im Ruhezustand auftreten (Torres-Russotto und Perlmutter, 2008).

Auf der Grundlage der im systematischen Review (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015) erhobenen Daten wird deutlich, dass es sich bei der fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie des Instrumentalmusikers um eine eigenständige Erkrankung aus dem Formenkreis der fokalen adulten Dystonien handelt. Sie ist gekennzeichnet durch einen zunächst schmerzlosen Verlust der Koordinationsfähigkeit an einer Extremität und tritt initial nur beim Musizieren auf, kann sich jedoch im weiteren Verlauf auch ausbreiten und in Ruhe oder bei anderen Aktivitäten auftreten. Diese Erkrankung ist nur bei Instrumentalmusikern beschrieben, deren Alltag durch intensives und lang andauerndes Spielen ihres Instrumentes zum Erwerb hochspezialisierter feinmotorischer Fähigkeiten über viele Jahre hinweg gekennzeichnet ist. Dazu zählen vor allem aktive professionelle Orchester- und Solomusiker, aber auch ehemals aktive Musiker, die aufgrund ihrer Dystonie andere Tätigkeitsbereiche aufsuchen mussten. Für die Entstehung der Erkrankung relevant ist das langjährige, repetitive und intensive Musizieren auf professionellem Niveau.

Nach den Aussagen der bei Rozanski et al. (2014), Rozanski et al. (2015) erfassten Studien wiesen betroffene Musiker eine aufsummierte Übungszeit von in der Regel mindestens etwa 10.000 Stunden nach dem 18. Lebensjahr, zumindest im Bereich einer höheren vierstelligen kumulativen Exposition ( > ca. 5.000 Stunden) nach dem 18. Lebensjahr auf (siehe Ausführungen unter 5.5 und Tabelle 2). Aufgrund der heterogenen Erfassung der Übungszeit sind das Aufstellen einer quantitativ eindeutigen Dosis-Wirkungs-Beziehung und das Ableiten einer wissenschaftlich tragfähigen "Abschneideschwelle" nicht möglich.

Diese im Erkrankungsfalle zur Manifestation der Musikerdystonie führende Stundenzahl (in der Regel fünfstellig, zumindest hoch vierstellig, meist > ca. 5.000 Stunden nach dem 18. Lebensjahr) ist nicht in dem Sinne als kumulatives Dosismaß zu verstehen, welches sich gewissermaßen über ein Berufsleben "ansammeln" kann. Diese Feststellung ergibt sich zum einen schon allein aus dem mittleren Manifestationsalter zwischen 25 und 40 Jahren, zum anderen daraus, dass die Erstmanifestation oft zeitnah bei Karrieresprüngen mit intensiviertem Üben einsetzt. Ein nur gelegentliches Musizieren über viele Jahrzehnte hinweg verursacht das Krankheitsbild der fokalen Dystonie als Erkrankung des zentralen Nervensystems bei Instrumentalmusikern durch feinmotorische Tätigkeit hoher Intensität im Sinne dieser Berufskrankheit nicht.

Abbildung 1 und Tabelle 5 zeigen die prozentuale Verteilung des klinischen Phänotyps der fokalen Dystonie in Abhängigkeit der Instrumentengattung. Insgesamt wurden dabei 1.144 Musiker erfasst, dabei 930 aus vier großen Fallserien und 214 aus zwölf klinischen/experimentellen Studien (s. Abschnitt 3.1 und 3.2). Entlang der x-Achse sind die Instrumentengruppen aufgetragen, entlang der y-Achse die prozentuale Verteilung des klinischen Phänotyps der Dystonie.

Unter den erkrankten Spielern von Tasteninstrumenten war insbesondere die rechte Hand mit 78 % von einer Dystonie betroffen (linke Hand: 15 %, beide Hände: 6 %, Torticollis: 1 %). Bei den erkrankten Spielern von Streichinstrumenten dominierte die linke Hand mit 68 % (rechte Hand: 30 %, beide Hände: 1 %, Torticollis: 1 %). Erkrankte Spieler von Zupfinstrumenten wiesen mit 78 % am häufigsten eine Dystonie der rechten Hand auf (linke Hand: 19 %, beide Hände 3 %). Ausgewogener ist die Verteilung der dystonen Extremität bei den Spielern von Holzblasinstrumenten, bei denen in 39 % der Erkrankten die linke Hand betroffen ist, in 33 % die rechte (beide Hände: 2 %, Torticollis: 1 %). Bemerkenswert ist weiterhin das Auftreten der orofazialen Ansatzdystonie mit 26 %. Diese Form der fokalen Dystonie tritt ausschließlich bei Spielern von Blasinstrumenten auf. Blechbläser sind mit 96 % am häufigsten von der orofazialen Ansatzdystonie betroffen (linke Hand: 2 %, rechte Hand: 1 %, Torticollis: 1 %). Bei erkrankten Perkussionisten ist mit 49 % die rechte Hand, mit 41 % die linke Hand, zu 2 % beide Hände und zu 8 % der Fuß betroffen.

Abbildung 2 und Tabelle 6 zeigen die entsprechende Verteilung, wobei hier nur die Daten von 930 Musikern aus Fallserien aus den größten musikmedizinischen Zentren erfasst wurden.

Die Graphiken zeigen eine deutlich divergierende, für die Instrumentengattungen spezifische Verteilung der Manifestationsformen der fokalen Dystonie. Die am häufigsten berichtete fokale Dystonie war die Dystonie der Hand, die bei den erkrankten Spielern von Tasten- und Zupfinstrumenten überwiegend die rechte betraf, bei Spielern von Streichinstrumenten vornehmlich die linke. Bei Holzblasinstrumenten sind beide Hände gleichermaßen betroffen. Die Ansatzdystonie des Mundes wird ausschließlich bei erkrankten Spielern von Blasinstrumenten beobachtet, wobei hier die Blechbläser besonders betroffen sind.

Abbildung 1: Betroffene Organe in Abhängigkeit der Instrumentengattung, Datenbasis (n=1144)

Tabelle 5: Betroffene Organe in Abhängigkeit der Instrumentengattung, Datenbasis (n = 1144), Angabe der prozentualen Verteilung

InstrumentengattungLinke HandRechte HandBeide HändeAnsatzTorticollisFuß
Tasteninstrumente
90
15786010
Streichinstrumente68301010
Zupfinstrumente19783000
Holzblasinstrumente393322610
60
Blechblasinstrumente
2109610
Perkussion41492008

Tabelle 6: Betroffene Organe in Abhängigkeit der Instrumentengattung , Datenbasis(n=930), Angabe der prozentualen Verteilung

Instrumentengattung 20Linke HandRechte HandBeide HändeAnsatzTorticollisFuß
Tasteninstrumente16785010
Streichinstrumente78201010
Zupfinstrumente
1 2 3
19
3
7920 100
Tasten S-
Holzblasinstrumente 40
36221 Po10
Blechblasinstrumente2109700
Perkussion404730010

Abbildung 2: Betroffene Organe in Abhängigkeit der Instrumentengattung, Datenbasis (n=930)

Die Musikerdystonie manifestiert sich häufig erstmalig während oder nach einer Karrierephase, die geprägt ist von intensiviertem Üben aufgrund einer Aufstiegsmöglichkeit oder Konzertserie (Altenmüller, 2010). Meist beginnt die Erkrankung akut mit einem schmerzlosen Verlust der Koordination beim Spielen bestimmter Passagen (Altenmüller, 20 10) und breitet sich im weiteren Verlauf auf zahlreiche andere Spielsituationen aus. Im fortgeschrittenen Stadium kann die dystone Verkrampfung auch bei ähnlichen Bewegungsabläufen im Alltag auftreten, wie z.B. beim Halten des Bestecks. Sehr häufig sind die Hände und Finger betroffen, die sich beim Spielen entweder in Flexions- oder Extensionsstellung dyston verkrampfen. Bei Spielern von Blasinstrumenten ist oft die orofaciale Muskulatur von Verkrampfungen betroffen, was als Ansatzdystonie bezeichnet wird. Durch die fehlende Koordination der orofacialen Muskulatur kann die Luft nicht mehr adäquat durch das Mundstück des Instrumentes gepresst und damit der Ton nicht mehr richtig erzeugt werden (Jankovic, Ashoori, 1998). Aufgrund der dystonen Symptome sind diese Musiker meist nicht mehr in der Lage ihre professionelle Tätigkeit aufrecht zu erhalten, sondern müssen ihre Karriere in 50 % aller Fälle beenden (Schuele et al., 2004). Die Behandlung kann pharmakologisch erfolgen, durch Injektionen von Botulinumtoxin in die betroffenen Muskeln oder in letzter Zeit auch durch Umlernprogramme (Retraining), (van Vugt et al., 2014).

Ein bekanntes historisches Beispiel für die fokale Dystonie des professionellen Musikers ist Robert Schumann, der unter einem Verlust der Koordinationsfähigkeit der rechten Hand litt (Garcia de Yebenes, 1995). Nach einer Episode intensiven Musizierens beklagte Robert Schumann erstmals 1830, im Alter von 20 Jahren, eine fehlende Kontrolle über einen Finger der rechten Hand, die zunächst nur intermittierend vorhanden war, im weiteren Verlauf jedoch immer häufiger auftrat und dann die ganze rechte Hand betraf. Schumann versuchte sich an Änderungen seines Stils und benutzte zeitweise eine Schiene, was jedoch die Beschwerden nicht linderte. Bereits drei Jahre später, 1833, war er nicht mehr in der Lage, Konzerte zu geben (Garcia de Yebenes, 1995).

8.5 Differentialdiagnostische Überlegungen zur Fokalen Dystonie als Erkrankung des Zentralen Nervensystems bei Instrumentalmusikern durch feinmotorische Tätigkeiten hoher Intensität

8.5.1. Psychische Faktoren

In einem früheren Gutachten wurde die Vorstellung geäußert, die beim Musizieren beobachteten Verkrampfungen seien Ausdruck innerer Anspannung und im Sinne einer "Beschäftigungsneurose" zu werten (Zeller, arbeitsmedizinisches Gutachten, 2000). Diese Wahrnehmung mag in Anbetracht der ausgeprägten Aufgaben-Selektivität der Musikerdystonie sowie der hohen Anspannung und des Erfolgsdrucks, dem die Musiker ausgesetzt sind, vordergründig nachvollziehbar erscheinen. Dass es sich bei der fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie des Musikers jedoch um eine fokale Dystonie, nicht um eine psychogene Erkrankung handelt, zeigen die Nachweise pathophysiologischer Befunde an diesem Patientenkollektiv (Munts und Koehler, 2010). Dazu zählen die Dedifferenzierung somatosensorischer Kortexareale, eine erhöhte Neuroplastizität sowie eine veränderte sensomotorische Integration. Trotz dieser klaren Datenlage müssen psychologische Faktoren weiter berücksichtigt und diskutiert werden.

Dass sich die Symptome bei Erkrankungen der Basalganglien unter emotionaler Anspannung verstärken, zeigt die klinische Erfahrung im Umgang mit Parkinson-, Dystonie- und Tremorpatienten. Weiterhin gibt es einige Publikationen, die psychiatrische Symptome bei Patienten mit fokaler Dystonie berichten. Patienten mit primärer Dystonie wiesen im Vergleich zu Patienten mit ähnlichen motorischen Beeinträchtigungen (periphere Nervenkompressionen, Hemispasmus facialis) höhere Raten an Depressionen, Angststörungen, Zwangstörungen und sozialen Phobien auf (Barahona et al., 2011; Gündel et al., 2001). Insbesondere Zwangsstörungen wurden bei Patienten mit primärer Dystonie vermehrt registriert (Broocks et al., 1998). Diese Daten ließen sich auch an großen Patientenkollektiven mit 76 Patienten nachvollziehen (Cavallaro et al., 2002), was die Autoren als Hinweis auf eine gemeinsame pathophysiologische Grundlage für Dystonien und Zwangsstörungen werteten. Dies erscheint neurophysiologisch und anatomisch plausibel, da die bei Dystonien beeinträchtigten striatothalamokortikalen Funktionsschleifen auch pathophysiologisch bedeutsam bei Zwangsstörungen sind (Karch und Pogarell, 2011). Die gemeinsame pathophysiologische Grundlage beider Krankheitsbilder legt nahe, dass psychiatrische Symptome nicht als Reaktion auf die Erkrankung, sondern als Teil der Erkrankung im Sinne eines Endophänotyps zu werten sind. Dies bedeutet, dass sowohl die psychiatrischen Auffälligkeiten als auch die motorischen Symptome durch Fehlfunktionen der striatothalamokortikalen Schleifen hervorgerufen werden.

Auch bei Patienten mit Musikerdystonie wurden auf entsprechenden Skalen erhöhte Werte für Ängstlichkeit und Neurotizismus im Vergleich zu gesunden Musikern ermittelt (Enders et al., 2011). Weiterhin wurden bei Musikern mit fokaler Dystonie ebenso hohe Ängstlichkeitswerte gesehen wie bei Musikern mit chronischem Schmerzsyndrom, jedoch erhöhte Werte für Neurotizismus (Jabusch et al., 2004 a). Diese Befunde sollten ebenfalls als psychiatrische Begleiteffekte im Rahmen der Dystonie gewertet werden.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es sich bei der fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie des Musikers um eine neurologische Erkrankung handelt, die klare pathophysiologische Krankheitskorrelate im zentralen Nervensystem aufweist und daher nicht als psychogen zu werten ist. Da die Basalganglien sowohl motorische als auch limbische Anteile aufweisen, ist es naheliegend, dass die beobachteten psychischen Begleitsymptome Teil der Erkrankung im Sinne eines Endophänotyps sind und nicht als externe Triggerfaktoren für die Entstehung der motorischen Symptome.

8.5.2 Genetische Beiträge zur Musikerdystonie

Die Beobachtung, dass viele Musiker intensiv praktizieren, aber nur wenige eine fokale Dystonie entwickeln, lässt sich durch eine unterschiedliche Prädisposition für die Erkrankung erklären. Für die Annahme einer Prädisposition spricht der Nachweis kortikaler Veränderungen (Dedifferenzierung somatosensorischer Cortexareale), die nicht nur in dem für die dystone Extremität korrespondierenden Cortexareal nachweisbar waren, sondern als generelles Phänomen (Garraux et al., 2004). Dies würde bedeuten, dass die beobachteten kortikalen Veränderungen nicht reaktiv im Verlauf der Erkrankung vorhanden sind, sondern primär im Sinne einer Prädisposition. Da Prädispositionen meist hereditär sind, verdient die Datenlage zu genetisch bedingten Dystonien weitere Beachtung. Sensorische Veränderungen wurden auch bei asymptomatischen Verwandten ersten Grades von Dystonie-Patienten entdeckt (O'Dwyer et al., 2005).

Für die idiopathischen, also nichtaufgabenspezifischen Dystonien sind aktuell 21 Genloci beschrieben, DYT 1-21 (Paudel et al., 2012). Die meisten dieser Mutationen folgen einem autosomaldominanten Erbgang mit reduzierter Penetranz und führen zu einer generalisierten Dystonie. Für fokale Dystonien sind die Loci DYT6 und DYT7 beschrieben (Müller et al., 2010).

Eine ähnliche genetische Situation ist auch für die Musikerdystonie anzunehmen. Es fiel eine familiäre Häufung des Auftretens an Musikerdystonien auf (Schmidt et al., 2006). Weiterhin zeigt sich unter den Patienten mit Musikerdystonie auch eine Tendenz zur Entwicklung weiterer Bewegungsstörungen (Rosset-Llobet et al., 2009; Schmidt et al., 2006), was für eine erhöhte Prädisposition spricht. Pathophysiologisch kann die bei Patienten mit Dystonien nachgewiesene erhöhte Neuroplastizität (Quartarone et al., 2006) bei reduzierter zentraler Inhibition angenommen werden. Bei einer Studie wies die Hälfte der untersuchten Musiker mit Dystonien weitere Bewegungsstörungen auf, meist eine Ausweitung der dystonen Symptome auf andere Aktivitäten (Rosset-Llobet et al., 2009). Im Rahmen einer weiteren Studie zur Erfassung von Bewegungsstörungen bei Verwandten von Musikern mit Dystonie fiel bei einer genauen neurologischen Untersuchung bei 36 % der Verwandten ebenfalls eine Dystonie auf, die von diesen zum Teil nicht als solche wahrgenommen worden war (Schmidt et al., 2009).

In Einzelfällen gelang auch der Nachweis einer Genmutation bei Musikern mit fokaler Dystonie, so etwa der DYT-1-Mutation (Schmidt et al., 2012) und der DYT-6-Mutation (Lohmann et al., 2013). Dabei handelt es sich jedoch um Einzelfälle innerhalb großer Kollektive (Schmidt et al., 2012), so dass monogenetische Erbgänge bei der Musikerdystonie entweder als Ausnahmefall anzusehen sind oder aber auf bislang noch nicht entdeckten Genloci kodiert werden.

Das von Altenmüller vorgeschlagene Modell einer Konstellation aus intrinsischen und extrinsischen Faktoren bei der Pathogenese der fokalen, aufgabenspezifischen Dystonie bei Musikern konnte in einer Fall-Kontroll-Studie (Schmidt et al., 2013) noch erhärtet werden. In dieser Studie konnte zum einen die höhere familiäre Belastung bei erkrankten Musikern festgestellt werden, was für eine genetische, also intrinsische, Prädisposition spricht. Zum anderen stellte sich heraus, dass erkrankte Musiker - im Vergleich zu ihren gesunden Verwandten - feinmotorischen Belastungen gegenüber exponiert sind und daher extrinsische Triggerfaktoren einwirken.

Hinsichtlich konkurrierender Triggerfaktoren konnten den Studien, die in den systematischen Review (Rozanski et al., 2014, Rozanski et al., 2015) eingeschlossen wurden, nur spärliche Informationen entnommen werden, eine systematische Analyse dieser Faktoren ist in der Literatur nicht beschrieben.

8.5.3 Differentialdiagnostische Bedeutung mechanischer Belastungen

Die fokale, aufgabenspezifische Dystonie des Musikers ist eine Erkrankung der Basalganglien und damit des zentralen Nervensystems. Von den muskuloskelettalen und peripherneurologischen Erkrankungen bei Musikern, die durch mechanische Überbeanspruchung verursacht werden können,

ist die Dystonie des Musikers klar abzugrenzen. Das sogenannte "overuse syndrome" ist durch das frühzeitige Auftreten von Schmerzen gekennzeichnet, das bei den Dystonien gar nicht oder erst später durch die Fehlstellung der Extremität auftritt. Primäres Symptom bei Dystonien ist ein schmerzloser Verlust der Koordination an einer Extremität. Diese Abgrenzung ist daher von besonderer Bedeutung, da bei mangelnder Kenntnis diese Krankheitsbildes Dystonien oft als muskuloskelettale Probleme verkannt werden. So stellt Bird in seiner Übersichtsarbeit über Bewegungseinschränkungen bei Musikern den (klinisch wenig hilfreichen) Terminus "workrelated upper limb disorders (WRULD)" vor. Differentialdiagnostisch führt er zahlreiche muskuloskelettale und peripherneurologische Ursachen an, ohne jedoch die fokale Dystonie zu berücksichtigen (Bird, 2013). Über eine ähnliche Situation berichten Rosset-Llobet et al. (2009), die ein Musikerkollektiv mit Dystonien untersuchten. Bei der Hälfte der Patienten, die von Neurologen und Orthopäden gesehen worden waren, war nicht eine fokale Dystonie diagnostiziert worden, sondern Nervenkompressionen und diverse muskuloskelettale Probleme (Rosset-Llobet et al., 2009). Diese Daten belegen die Notwendigkeit einer exakten Kenntnis des Krankheitsbildes und der Differentialdiagnosen. In den letzten Jahren hat die Kenntnis darüber jedoch erheblich zugenommen (E. Altenmüller, pers. Mitteilung).

Auch wenn die fokale Dystonie des Musikers klar von peripheren Nervenerkrankungen oder muskuloskelettalen Erkrankungen abzugrenzen ist, bleibt zu diskutieren, inwiefern muskuloskelettale oder peripherneurologische Veränderungen zur Entstehung der fokalen Handdystonie beitragen können. Bei der tierexperimentellen Induktion fokaler Dystonien (Topp und Byl, 1999) wies der Affe, der als erster dystone Symptome entwickelte, an der dyston erkrankten Extremität eine Sehnenverkürzung auf. Auch Einzelfallberichte zeigen, dass dystone Symptome im Anschluss an ein Handtrauma (Leijnse und Hallett, 2007) oder ein thoracicoutlet-Syndrom entstanden (Quartarone et al., 1998). In diesem Zusammenhang ist die Bedeutung von Umweltfaktoren für die Pathogenese der fokalen Dystonie zu betrachten. In solchen Einzelfällen können offensichtlich solche mechanischen "Vorschäden" prädisponierend wirken.

Es ist beachtenswert, dass bei Patienten mit idiopathischen fokalen Dystonien eine vorangegangene vermehrte Exposition gegenüber lokalen Belastungen an der von der Dystonie betroffenen Extremität nachgewiesen werden konnte. Patienten mit cervikaler Dystonie wiesen eine doppelt so hohe Prävalenz an Skoliosen auf wie ein alters- und geschlechtsadaptiertes Kollektiv an gesunden Normalpersonen (Defazio et al., 2003). In einer Fall-Kontroll-Studie zeigten Patienten mit Blepharospasmus eine um den Faktor 7 höhere Neigung zu vorangegangenen lokalen Augenerkrankungen wie Keratokonjunktivitis oder trockenem Auge (Martino et al., 2005). Ebenso wiesen Patienten mit laryngealer Dystonie in einer Fall-Kontroll-Studie eine deutlich höhere vorangegangene Prävalenz für Hals- und Rachenbeschwerden auf (Schweinfurth et al., 2002). Diese Datenlage deutet auf einen Zusammenhang zwischen lokalen Beschwerden und einer späteren Entwicklung einer fokalen Dystonie an dieser Stelle hin.

8.6 Abgrenzung der Fokalen Dystonie als Erkrankung des zentralen Nervensystems bei Instrumentalmusikern zu bereits bestehenden Berufskrankheiten

Bestimmte Erkrankungen, die durch äußere mechanische Belastungen induziert werden, sind bereits im Berufskrankheiten-Recht verankert und müssen von der hier dargestellten aufgabenspezifischen fokalen Dystonie abgegrenzt werden:

Von diesen rein peripherneurologischen und mechanischen Erkrankungen ist die Musikerdystonie klar abzugrenzen, bei der es sich um eine zentralnervöse Erkrankung der Basalganglien handelt (Albanese et al., 2013; Poston und Eidelberg, 2012).

9. Präventive Maßnahmen

Zum Krankheitsbild der fokalen Dystonie als Erkrankung des zentralen Nervensystems bei Instrumentalmusikern durch feinmotorische Tätigkeit hoher Intensität liegen nur wenige systematisch erhobene Daten zur Epidemiologie der Erkrankung vor, insbesondere jedoch keine prospektiven Ansätze zu präventiven Maßnahmen. Überlegungen hierzu müssen sich daher an verschiedenen therapeutischen und rehabilitativen Konzepten orientieren, die in umschriebenen klinischen Studien erprobt wurden. Umfangreiche, systematisch erhobene Daten zu Präventionsmaßnahmen sind jedoch aktuell nicht in der Literatur beschrieben.

Ein wesentlicher pathophysiologischer Angriffspunkt therapeutischer Ansätze ist die veränderte sensomotorische Verarbeitung mit dem Ziel, die intrakortikale Hemmung zu erhöhen und dadurch Bewegungsmuster zu normalisieren.

Da eine Verbreiterung kortikaler sensorischer Areale bei erkrankten Musikern festgestellt worden war und diese auf einen exzessiven motorischen Gebrauch zurückgeführt wurde, zielt eine Therapie darauf ab, durch eine Immobilisation der betroffenen Extremität und damit eine Reduktion des motorischen Gebrauches zentrale Hemmmechanismen wiederherzustellen. Bei einer kleinen Anzahl an Probanden ließen sich hier Verbesserungen der Dystonie erzielen (Candia et al., 1999). Dieses Ziel wird auch durch eine andere Rehabilitationstechnik angestrebt, bei der die betroffenen Patienten mit fokaler Handdystonie zum Erlernen der Blindenschrift angeleitet werden. Durch das intensive sensorische Training soll ein Überschuss an zentraler sensorischer Information erzielt werden, um auf diese Weise die sensomotorische Integration zu normalisieren (Zeuner et al., 2003).

Eine Beeinflussung der zentralen sensomotorischen Integration mittels transkranieller Magnetstimulation erwies sich als nicht erfolgreich (Buttkus et al., 2010; Buttkus et al., 2011).

Umfassende und systematisch erhobene Daten zu den rehabilitativen Maßnahmen können daher nicht berichtet werden und bedürfen weiterer Forschung.

10. Kriterien für die Berufskrankheiten-Anzeige

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