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BGI/GUV-I 504-27 / DGUV Information 240-270 - Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 27 "Isocyanate"
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)
(bisher ZH 1/600.27; DGUV-I 250-429)
(Ausgabe 1998; 06/2009)
DGUV-Newsletter 10/2022:
"Folgende Publikationen des Ausschusses Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung wurden zurückgezogen:
DGUV Informationen 240-011 bis 240-460 "Handlungsanleitungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge"Die "Handlungsanleitungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge" datierten im Wesentlichen aus den Jahren 2009 bis 2010, gaben eine Hilfestellung für die Bestimmung von Tätigkeiten, bei denen Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen sind, und lieferten Informationen zu den Fristen der Vorsorge. Sie enthielten außerdem Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung.
Die Vorsorgeanlässe sind inzwischen durch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) mit den konkretisierenden arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) geregelt.
Im Rahmen der Überarbeitung der "DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen" zur Neuauflage mit dem Titel "DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen" sind die zusätzlichen Inhalte der Handlungsanleitungen direkt in die jeweiligen DGUV Empfehlungen integriert worden, so dass der Bedarf für separate Handlungsanleitungen mit Veröffentlichung der "DGUV Empfehlungen" entfällt.
Die Fristen für die arbeitsmedizinische Vorsorge werden in der AMR Nr. 2.1 "Fristen für die Veranlassung / das Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge (Bek. d. BMAS v. 10.05.2016 - IIIb1-36628-15/7) konkretisiert."
Vorbemerkungen
Diese Handlungsanleitung basiert auf den rechtlichen Vorgaben der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und enthält für den Unternehmer ergänzende Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung und die Auswahl des zu untersuchenden Personenkreises.
1 Rechtsvorschriften
Isocyanate werden im Anhang Teil 1 (1) der ArbMedVV aufgeführt. Die Veranlassung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen durch den Arbeitgeber regelt § 4 Abs. 1 ArbMedVV.
2 Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
Erstuntersuchungen sind vor Aufnahme der Tätigkeit durchzuführen. Für Nachuntersuchungen gelten in der Regel die nachstehend genannten Fristen:
Untersuchungsarten, Fristen
Erstuntersuchung | Vor Aufnahme einer Tätigkeit |
Erste Nachuntersuchung | Nach 3-12 Monaten |
Weitere Nachuntersuchungen | Nach 12-24 Monaten und bei Beendigung der Tätigkeit * |
Vorzeitige Nachuntersuchung |
|
* Nachuntersuchungen bei Beendigung der Tätigkeit sind anzubieten, wenn während der Tätigkeit Pflichtuntersuchungen erforderlich waren bzw. Untersuchungen angeboten werden mussten. |
Die Vorsorgeuntersuchungen sind von einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung "Arbeitsmedizin" oder Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" entsprechend dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 27 "Isocyanate" durchzuführen.
3 Untersuchungsanlässe
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind zu veranlassen bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Isocyanaten, bei denen eine Luftkonzentration von 0,05 mg/m3 (siehe auch Abschnitt 3.1) überschritten wird oder eine Gesundheitsgefährdung durch direkten Hautkontakt zu Isocyanaten besteht, ferner für Beschäftigte, bei denen der Bewertungsindex für die Isocyanat-Gesamtkonzentration über 1 ermittelt wurde (siehe TRGS 430) oder ein regelmäßiger Hautkontakt nicht vermieden werden kann.
Die ArbMedVV sieht für Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Isocyanaten keine Angebotsuntersuchungen vor.
Bei den in Abschnitt 4.1 beispielhaft aufgeführten "Arbeitsverfahren/-bereichen und Tätigkeiten mit höherer Exposition" sind in der Regel arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (Pflichtuntersuchungen) zu veranlassen.
Bei den in Abschnitten 4.2 und 4.3 beispielhaft aufgeführten Arbeitsverfahren/-bereichen müssen in der Regel arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen weder veranlasst noch angeboten werden.
3.1 Grenzwerte
Wegen der Vielzahl der in der Stoffgruppe der Isocyanate enthaltenen Stoffe kann die hier sonst übliche Einzelaufzählung unter Angabe der Stoffeigenschaften und des Arbeitsplatzgrenzwertes nicht erfolgen. Auf die diesbezügliche Literatur wird verwiesen. Die jeweils aktuellen Fassungen der TRGS 430, 900, 905, und EG-Richtlinie 67/548/EWG sind zu beachten.
Über das Gefahrstoffinformationssystem GESTIS (www.dguv.de #Webcode: d11892) und z.B. die Grenzwertliste 2008 (BGIA-Report 6/2008, DGUV) sind die Einstufungen und Bewertungen sowie weitere stoffspezifische Informationen verfügbar.
Biomonitoring ist, soweit anerkannte Verfahren dafür zur Verfügung stehen und Werte zur Beurteilung, insbesondere biologische Grenzwerte, vorhanden sind, Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen.
3.2 Spezifische Empfehlungen
TRGS 903 "Biologische Grenzwerte" (BGW) 1)
Arbeitsstoff (CAS-Nr.) | Parameter | BGW | Untersuchungsmaterial | Probennahmezeitpunkt |
Diphenylmethan- 4,4`-diisocyanat (101-68-8) | 4,4`-Diaminodiphenylmethan | 10 µg/g Kreatinin | Urin | Expositionsende bzw. Schichtende |
1) die jeweils aktuelle Fassung der TRGS 903 ist zu beachten. |
Biologische Leitwerte (BLW) der MAK- und BAT-Werte-Liste 2)
Arbeitsstoff (CAS-Nr.) | Parameter | BLW | Untersuchungsmaterial | Probennahmezeitpunkt |
Diphenylmethan- 4,4`-diisocyanat (101-68-8) | 4,4`-Diaminodiphenylmethan | 10 µg/l | Urin | Expositionsende bzw. Schichtende |
1,5-Naphthylendiisocyanat (3173-72-6) | 1,5-Diaminonaphthalin | nicht festgelegt 2) | Urin | Expositionsende bzw. Schichtende |
2) Die jeweils aktuelle Fassung der MAK- und BAT-Werte-Liste ist zu beachten. |
Gegebenenfalls ist auch eine Beurteilung der biologischen Grenzwerte (Biomonitoring) hilfreich bei der Entscheidung, ob weitere arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen erforderlich sind (TRGS 903; G 27).
3.3 Aufnahmewege
Isocyanate können am Arbeitsplatz vorwiegend über die Atemwege, aber auch über die Haut in den Körper gelangen.
Isocyanate werden in monomerer und prepolymerer Form verwendet. Die arbeitsmedizinische Relevanz von präpolymeren Isocyanaten auf Basis monomerer Diisocyanate hängt entscheidend von dem Gehalt und der Flüchtigkeit der monomeren Diisocyanate, Verarbeitungstechnik, Temperatur und Raumverhältnissen sowie auch von der Disposition zu Erkrankungen der Atemwege ab.
Die Aufnahme der auf dem Lack- und Klebstoffsektor zur Anwendung gelangenden tri- und höherfunktionellen Isocyanate ist geringer, wenn
Bei den zuletzt genannten Anwendungstechniken können sich gesundheitsgefährdende Konzentrationen dieser Stoffe, z.B. in Aerosolform, neben überhöhten Lösemittelkonzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz einstellen.
4 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten
Die unter 4.1 beispielhaft aufgelisteten Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten sind keine verbindliche und abschließende Auswahl von Arbeitsbereichen im Hinblick auf die Notwendigkeit arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen. Vielmehr wird mit der dortigen beispielhaften Aufzählung eine Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung gegeben, bei welchen Arbeitsverfahren/-bereichen oder Tätigkeiten eine Gefährdung aufgrund des höheren Expositionsniveaus gegeben sein kann. Die Entscheidung, ob eine Vorsorgeuntersuchung zu veranlassen bzw. anzubieten ist, kann nur in Abhängigkeit von der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung vor Ort und somit bezogen auf den Einzelfall getroffen werden.
4.1 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten mit höherer Exposition
4.2 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten mit Exposition
Die ArbMedVV sieht für Isocyanate keine Angebotsuntersuchungen vor. Der Arbeitgeber hat aber den Beschäftigten auf deren Wunsch (entsprechend § 11 ArbSchG) arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu ermöglichen.
4.3 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten ohne Exposition
Soweit Betriebsarten, Arbeitsplätze oder Tätigkeiten nicht in den Abschnitten 4.1 bis 4.3 genannt sind, sind arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen, bis nachgewiesen ist, dass der Arbeitsplatzgrenzwert oder der biologische Grenzwert eingehalten wird sowie Hautkontakt ausgeschlossen ist.
Der Verzicht auf arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen muss in Fällen, in denen Tätigkeiten vorliegen, die nicht in den Abschnitten 4.2 und 4.3 genannt sind, im Einzelnen durch die Gefährdungsbeurteilung begründet werden.
5 Bemerkungen
Zusätzliche Aussagen über die Stoffeigenschaften, Vorkommen, Gesundheitsgefahren und Sicherheitshinweise enthält auch das Gefahrstoffinformationssystem GESTIS (www.dguv.de #Webcode: d11892) sowie das branchenspezifische Gefahrstoffinformationssystem GisChem (http://www.gischem.de).
Weitere Hilfen zur Gefährdungsbeurteilung:
Berufskrankheit: § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)
Nr. 1315 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) "Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".
Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) "Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".
ArbMedVV: Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge
GefStoffV: Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen - Gefahrstoffverordnung
ENDE |