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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

BGI/GUV-I 8607 / DGUV Information 208-034 - Handverzug von Flurförderzeugen - Physische Belastungen und Beanspruchungen
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI/GUV-I)

(Ausgabe 06/2013)



Vorbemerkung

Diese Information richtet sich als Handlungshilfe vorrangig an Führungskräfte und unterstützt Sie bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben und Pflichten. Sie erhalten damit eine Möglichkeit, die Arbeit für Ihre Mitarbeiter verantwortungsvoll zu gestalten.

Als Führungskraft sind Sie für die Sicherheit und den Erhalt der Gesundheit ihrer Mitarbeiter bei der Arbeit verantwortlich.

Bei Beachtung der in der Information enthaltenen Empfehlungen, insbesondere den beispielhaften Lösungsmöglichkeiten, kann davon ausgegangen werden, dass damit geeignete Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren getroffen wurden. Sind zur Konkretisierung staatlicher Arbeitsschutzvorschriften von den dafür eingerichteten Ausschüssen technische Regeln ermittelt worden, sind diese vorrangig zu beachten.

Anwendungsbereich

Diese Information bezieht sich auf Transportarbeiten, die mit manuell bewegten Flurförderzeugen durchgeführt werden.

Die hier betrachteten Transportarbeiten, insbesondere das Ziehen und Schieben von Flurförderzeugen, sind häufig als schwere körperliche Arbeit einzustufen.

Diese Information unterstützt Sie, die Arbeitsbedingungen zu beurteilen, die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln und erforderliche Maßnahmen zu treffen.

Transportsystem - Wichtige Merkmale

Der manuelle Umgang mit Flurförderzeugen kann mit erheblichen Belastungen der Beschäftigten verbunden sein. Eine Gesundheitsgefährdung durch körperliche Überbeanspruchung ist möglich.

Folgende Merkmale der Transportsituation sind zu betrachten:

Mit Hilfe der folgenden Informationen sind Sie in der Lage, die Arbeitsbedingungen zu bewerten:

Sie können daraus die Notwendigkeit von Gestaltungsmaßnahmen erkennen.

Ziel ist es, die Belastungen Ihrer Mitarbeiter möglichst gering zu halten.

Ziehen und Schieben von Lasten fallen in den Anwendungsbereich der Lastenhandhabungsverordnung.

Hinweise auf mögliche Belastungsmerkmale befinden sich z.B. im Anhang der Lastenhandhabungsverordnung.

Mensch - Belastung und individuelle Beanspruchung

Das wissen Sie:

Was dem einen leicht fällt, ist für den anderen schwer oder nicht ausführbar.

Beim Ziehen und Schieben wird der Hand-Arm-Schulter-Bereich besonders belastet. Abhängig vom konkreten Kraftaufwand und von der Körperhaltung können auch die Lendenwirbelsäule sowie die Hüft- und Kniegelenke stärker belastet werden.

Körperliche Eignung kann durch einen Gesundheits-Check vom Betriebsarzt beurteilt werden.

Gleiche Belastung führt zu individuell unterschiedlicher Beanspruchung der Menschen.

Frauen sind bei gleicher körperlicher Belastung im Durchschnitt höher beansprucht als Männer.

Betriebliche Schulung, Übung und körperliche Fitness erleichtern den Umgang mit Flurförderzeugen.

Die Zuordnung in vier Risikobereiche erfolgt nach der Handlungsanleitung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen.

RisikobereichBelastung
Risikobereich 1Geringe Belastung
Risikobereich 2Erhöhte Belastung
Risikobereich 3Wesentlich erhöhte Belastung
Risikobereich 4Hohe Belastung

(Ausführliche Darstellung finden Sie im Anhang 1)

Flurförderzeuge ohne motorischen Antrieb

Ihre Mitarbeiter transportieren Paletten, Pakete, Behälter sowie andere Lasten und setzen dafür geeignete Flurförderzeuge ein, z.B.

Die zulässige Nutzlast eines Flurförderzeuges kann ein Vielfaches des Leergewichts betragen.

Das Gesamtgewicht eines Flurförderzeuges kann eine Belastung darstellen, bei der eine körperliche Überbeanspruchung beim Ziehen und Schieben möglich ist.

Leergewicht + Nutzlast = Gesamtgewicht

Der Hersteller gibt an, für welche Nutzlast sein Produkt technisch sicher gestaltet ist.

Die Belastung Ihrer Mitarbeiter durch den Umgang mit dem Flurförderzeug hängt von der Gestaltung und Organisation Ihres Betriebes ab. Im Rahmen Ihrer Gefährdungsbeurteilung ist festzustellen, ob weitere Maßnahmen, wie z.B. eine Betriebsbremse am Flurförderzeug, erforderlich sind. Verantwortung hierfür tragen Sie!


Ist das nicht der Fall, dann folgen Sie unserem Vorschlag: Ermitteln Sie die Gewichte!

Ziehen
Rollbehälter

Leergewicht: 150 kg

Max. zulässige Nutzlast: 650 kg

Maxi. zulässiges Gesamtgewicht: 800 kg

Hand-Gabelhubwagen

Leergewicht: 72 kg

Max. zulässige Nutzlast: 2300 kg

Max. zulässiges Gesamtgewicht: 2372 kg

Schieben
Rollbehälter

Leergewicht: 150 kg

Max. zulässige Nutzlast: 650 kg

Max. zulässiges Gesamtgewicht: 800 kg


Vor dem Einsatz von Flurförderzeugen

Wählen Sie geeignete Flurförderzeuge entsprechend den Betriebsabläufen aus. Kriterien für die Auswahl sind z.B. Breite und Länge der Verkehrswege sowie Art und Gewicht der Transportgüter.

Sorgen Sie für regelmäßige Prüfungen der Flurförderzeuge entsprechend der Gefährdungsbeurteilung.

Jedes Flurförderzeug ist auf Grund seiner Bauart für eine maximale Nutzlast ausgelegt. An allen Flurförderzeugen werden Angaben zur Identifizierung (z.B. Hersteller, Typ) dauerhaft und gut sichtbar angebracht. Dem Typenschild ist auch das Leergewicht und die maximale Nutzlast zu entnehmen.

Angaben zum Umgang mit dem Flurförderzeug erhalten Sie vom Hersteller in einer Betriebs- oder Bedienungsanleitung.

Bei der Erstellung einer Betriebsanweisung, die neben gerätespezifischen Anforderungen auch die betrieblichen und örtlichen Bedingungen berücksichtigt, können Sie sich von der Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen. (Beispiel siehe )

Vor dem Einsatz: Flurförderzeuge auf sicheren Zustand prüfen

Ihre Mitarbeiter werden von Ihnen oder einem Beauftragten im Umgang mit dem Flurförderzeug eingewiesen.

Vor Benutzung ist jedes Flurförderzeug vom Benutzer durch Sichtkontrolle auf sicheren Zustand zu prüfen.

Bei Schäden: Nicht benutzen! Kennzeichnen! Instandsetzen lassen!

Bauteile, wie z.B. Bremsen, Feststellvorrichtungen oder Einrichtungen zur Ladungssicherung, müssen einwandfrei funktionieren.

Belastungsfaktoren beim Transport

Transportvorgänge sind dynamische Abläufe, bei denen die Intensität der Belastungen variabel ist.

Körperhaltung: stärker vorgeneigt in Bewegungsrichtung = zusätzliche Belastung

Zu Beginn des Bewegungsablaufs, insbesondere beim Losreißen aus ungünstiger Startposition, sowie beim Abbremsen der Flurförderzeuge erreichen die Belastungen der Mitarbeiter Spitzenwerte.

Einflussfaktoren für die Belastung der Mitarbeiter sind insbesondere:

Körperhaltung: leicht verdreht = zusätzliche Belastung

Beschaffenheit des Fußbodens

Ebene, feste, trockene sowie nicht geneigte Verkehrswege sind eine Voraussetzung dafür, die Belastung der Beschäftigten beim Handverzug von Flurförderzeugen gering zu halten.

Beachten Sie bitte, dass

die Belastungen der Mitarbeiter erhöhen und die Standsicherheit nachteilig beeinflussen.

Unter solchen Umständen kann es zu plötzlicher Überlastung des Muskel-Skelett-Systems, zum Beispiel mit der Folge von Muskel- und Bänderzerrungen, sowie zu erhöhter Unfallgefährdung kommen.

Allgemeine Anforderungen

an Verkehrswege, wie zum Beispiel deren Breite oder seitliche Sicherheitsabstände und an Fußböden, wie zum Beispiel deren Oberflächenbeschaffenheit, finden Sie insbesondere in den Punkten 1.5 und 1.8 des Anhanges der Arbeitsstättenverordnung und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten "Fußböden" (ASR A1.5/1,2) und "Verkehrswege" (ASR A1.8).

Neigung des Verkehrsweges

Beim Ziehen oder Schieben über geneigte Verkehrswege, wie Schrägrampen, Ladebrücken oder Hubladebühnen ist die Belastung erhöht.

Auch die Ladeflächen von Lkw, Anhängern und Wechselbehältern können geneigt sein. Ursachen hierfür sind zum Beispiel:

Durch die Neigung der Verkehrswege quer zur Fahrtrichtung des Flurförderzeuges, z.B. auf Hubladebühnen und Ladeblechen, entstehen zusätzliche Belastungen.

Außerdem besteht durch die Querneigung eine erhöhte Gefahr des Absturzes von Transportmitteln und Mitarbeitern.

Bei der Neuanlage von Verkehrswegen für den manuellen Lastentransport darf die maximale Neigung von 6 % nicht überschritten werden (ASR A1.8 "Verkehrswege").

Organisation

Rahmenbedingungen für sichere und belastungsarme Transportvorgänge sind:

Verbotszeichen:

P023 Abstellen oder Lagern verboten

Kennzeichnung

Sicherheitskennzeichen und Bodenmarkierungen dienen dem reibungslosen Betriebsablauf sowie der Sicherheit Ihrer Mitarbeiter.

Verkehrswege, Abstellflächen und Bearbeitungsbereiche sollen deutlich erkennbar sein. Die Kennzeichnung hat entsprechend der Technischen Regel für Arbeitsstätten "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" (ASR A1.3) zu erfolgen.

Abstellflächen

Warnzeichen:

W014 Warnung vor Flurförderzeugen

Ausreichend große Abstellflächen sollten in nächster Nähe zu den Bedarfsstellen bereitgestellt und gekennzeichnet sein.

Verkehrswege sind nicht als Abstellfläche für Transportmittel und andere Gegenständen zu verwenden.

Instandhaltung/ Prüfung

An Transportmitteln, Verkehrswegen, Laderampen, Ladebrücken usw. treten immer wieder Schäden auf. Diese können zu außergewöhnlichen Belastungen und höherem Risiko für die Gesundheit der Mitarbeiter führen sowie Störungen der Betriebsabläufe verursachen. Schäden sind umgehend und fachgerecht zu beseitigen.

Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

Gebotszeichen:

M008 Fußschutz benutzen

Bei Transportarbeiten mit Flurförderzeugen ist die Gefahr von Verletzungen nicht auszuschließen. Auf Grund der Gefährdungsbeurteilung ist geeignete PSA auszuwählen.

Dabei kann die Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstützen.

Betriebsanweisungen

Ist beim Einsatz von Flurförderzeugen mit Gefährdungen zu rechnen, wird es notwendig, eine Betriebsanweisung zu erstellen. Darin sollen die Hinweise des Geräteherstellers und die betriebliche Situation berücksichtigt werden. Damit wird den Mitarbeitern die für sicheren und belastungsarmen Betrieb erforderliche Hilfestellung gegeben. Ein Beispiel: .

M009 Handschutz benutzen

Unterweisung und Einarbeitung

Die Beschäftigten sind im Umgang mit den vorhandenen Flurförderzeugen zu unterweisen und einzuarbeiten, der Erfolg dieser Maßnahmen ist zu kontrollieren.

Betriebsanweisungen können als Bestandteil der Unterweisung verwendet werden.

Rettungszeichen:

E003 Erste Hilfe

Beispiel für eine orientierende Beurteilung der Belastung
(Leitmerkmalmethode)

Hinweis: Der folgende Modellfall zeigt eine Möglichkeit, mit Hilfe einer Beurteilungsmethode die Belastung beim Ziehen und Schieben orientierend zu bewerten. Die Zuordnung der Merkmale, Gruppen und die Bewertung mit Punkten erfolgt nach der Handlungsanleitung, die in Anhang 1 umfassend beschrieben ist.

Modellfall: Lkw werden zum Entladen an Toren einer Lagerhalle mit Ladebrücke angedockt. Die Ladefläche der Lkw steht tiefer als der Hallenboden, deshalb hat die Ladebrücke eine Neigung von 3°.

1. und 2. Schritt: Merkmale werden ausgewählt und mit Hilfe von Punkttabellen gewichtet; der Punktwert wird berechnet

 MerkmalGruppePunkte
 Gewicht des Flurförderzeugs300-400 kg3
+PositionsgenauigkeitGering 
 BewegungsgeschwindigkeitSchnell2
+Körperhaltungleicht geneigt2
+Ausführungsbedingungen: geneigter VerkehrswegSchwierig4
=Summe11
xGesamtweg am Arbeitstag (Zeitwichtung)1500 m4
=Punktewert für männliche Beschäftigte44
xFaktor für weibliche Beschäftigte1,3 
=Punktewert für weibliche Beschäftigte57


3. Schritt: Bewertung

Für Männer: Risikobereich 3Wesentlich erhöhte BelastungGestaltungsmaßnahmen sind angezeigt
Für Frauen: Risikobereich 4Hohe BelastungGestaltungsmaßnahmen sind erforderlich


Als wesentliche Ursachen für nicht akzeptable Belastungen erkennen Sie die Merkmale mit höherer Punktzahl (größer 2):

Bei der Auswahl geeigneter Maßnahmen müssen die im Arbeitsschutzgesetz genannten "Allgemeinen Grundsätze" berücksichtigt werden. Hierbei haben technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen und individuellen Schutzmaßnahmen.

Lösungsansätze:

Neigung der Ladebrücke
Lösungsmöglichkeit:
  • Einsatz von Fahrzeugen mit hinreichender oder verstellbarer Höhe der Ladefläche
Gesamtgewicht des Flurförderzeugs
Lösungsmöglichkeit:
  • Geringere Zuladung
  • Verwendung von Flurförderzeugen mit geringerem Leergewicht
Neigung eines Verkehrsweges
Lösungsmöglichkeit:
  • Flurförderzeuge mit motorischen Antrieb einsetzen
  • Einsatz von mehreren Mitarbeitern
Häufigkeit der Transporte bzw. Gesamtweg eines Mitarbeiters im Verlauf einer Arbeitsschicht
Lösungsmöglichkeit:
  • Wechselnder Einsatz der Mitarbeiter zwischen Tätigkeiten mit hoher und geringerer körperlicher Belastung


Betriebsanweisung

Betriebsanweisung
Firma:

Nr.:

Anwendungsbereich
Betrieb von Hand-Gabelhubwagen für den Transport von Europaletten in der Lagerhalle ... ...
Gefahren für Mensch und Umwelt
  • Schwere körperliche Arbeit
  • Anfahren von Personen, Quetschen von Körperteilen
  • Herabfallen von Gegenständen
  • Absturz von Laderampen oder Ladebrücken
  • Unbeabsichtigtes In-Bewegung-Setzen
Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln
  • Benutzung nur durch geeignete, eingewiesene Mitarbeiter
  • Vor Arbeitsbeginn betriebssicheren Zustand prüfen:
    • Funktion der Brems- und Feststelleinrichtung
    • Funktion der Hebe- und Senkeinrichtung
  • Leichtgängigkeit der Lenkung und der Rollen
  • Nur auf den Verkehrswegen für Fahrzeuge verwenden
  • Nur auf Abstellflächen abstellen
  • Nach dem Abstellen gegen Wegrollen sichern
  • Lasten sicher aufnehmen
  • Ladung gegen Herabfallen sichern
  • Keine Personen transportieren
  • Hand- und Fußschutz gegen Quetschgefahren verwenden
  • Nicht auf Schrägrampen mit Neigungen über 6 % verwenden
Verhalten bei Unfall und Störungen
Bei Unfall:
Erste Hilfe leisten, Betriebsleiter benachrichtigen

Bei Störungen:
Schäden am Gerät melden und Gerät der Instandsetzung zuführen

Instandhaltung
Überprüfung:

Halbjährlich zum 1. Februar und 1. August.

Betriebsleitung Lagerhalle Transport AG: Berlin 12.12.2002 B. Leiter


.

Handlungsanleitung für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen gemäß ArbSchG und LasthandhabV mit der Leitmerkmalmethode - Teil Ziehen und SchiebenAnhang 1


(Auszug aus LASI-Veröffentlichung LV 29, Ausgabe 2002)

Dieses Verfahren dient der orientierenden Beurteilung der Arbeitsbedingungen beim Ziehen und Schieben von Lasten. Trotzdem ist bei der Bestimmung der Zeitwichtung, der Wichtung für Masse, Positioniergenauigkeit, Geschwindigkeit, Körperhaltung und Ausführungsbedingungen eine gute Kenntnis der zu beurteilenden Teiltätigkeit unbedingte Voraussetzung. Ist diese nicht vorhanden, darf keine Beurteilung vorgenommen werden. Grobe Schätzungen oder Vermutungen führen zu falschen Ergebnissen.

Die Beurteilung erfolgt grundsätzlich für Teiltätigkeiten und ist auf einen Arbeitstag zu beziehen. Wechseln innerhalb einer Teiltätigkeit Lastgewichte und/oder Körperhaltungen, so sind Mittelwerte zu bilden. Treten innerhalb einer Gesamttätigkeit mehrere Teiltätigkeiten mit deutlich unterschiedlichen Lastenhandhabungen auf, sind diese getrennt einzuschätzen und zu dokumentieren.

Zur Beurteilung sind 3 Schritte erforderlich: 1. Bestimmung der Zeitwichtung, 2. Bestimmung der Wichtung der Leitmerkmale und 3. Bewertung. Bei der Bestimmung der Wichtungen ist grundsätzlich die Bildung von Zwischenstufen (Interpolation) erlaubt. Eine Häufigkeit von 40 ergibt z.B. die Zeitwichtung 3.

1. Schritt: Bestimmung der Zeitwichtung

Die Bestimmung der Zeitwichtung erfolgt anhand der Tabelle getrennt für Ziehen und Schieben über kurze Distanzen mit häufigem Anhalten und Ziehen und Schieben über längere Distanzen.

Der Grenzwert des Einzelweges von 5 m ist hierbei als grobe Hilfestellung anzusehen. Im Zweifelsfall sollte danach entschieden werden, welches Kriterium häufiger vorkommt: Anfahren und Abbremsen oder länger anhaltendes Ziehen.

2. Schritt: Bestimmung der Wichtung von Masse, Positioniergenauigkeit, Geschwindigkeit, Körperhaltung und Ausführungsbedingungen

2.1 Zu bewegende Massen

Die Bestimmung erfolgt anhand der Tabelle unter Berücksichtigung der zu bewegenden Masse (Gewicht von Fördermittel plus Ladung) und der Art des Transportes (Flurförderzeug, Hilfsmittel). Sehr häufig werden deichsellose Wagen mit Rollen verwendet. Hierbei ist zwischen (lenkbaren) Lenkrollen und (nicht lenkbaren) Bockrollen zu unterscheiden.

Werden im Verlauf der zu beurteilenden Teiltätigkeit unterschiedliche Lasten gehandhabt, so kann ein Mittelwert gebildet werden. Zum Vergleich können auch Spitzenlastwerte verwendet werden. Dann muss jedoch die geringere Häufigkeit dieser Spitzen zu Grunde gelegt werden, auf keinen Fall die Gesamthäufigkeit.

2.2 Positioniergenauigkeit und Bewegungsgeschwindigkeit

Die Bestimmung erfolgt anhand der Tabelle. Die Bewegungsgeschwindigkeit "schnell" entspricht dem normalen Gehen. Sollten in Sonderfällen deutlich schnellere Bewegungen vorliegen, kann die Tabelle sinngemäß erweitert und eine 4 bzw. 8 vergeben werden. Interpolationen sind zulässig.

2.3 Körperhaltung

Die Bestimmung der Körperhaltungswichtung erfolgt anhand der Piktogramme in der Tabelle. Es sind die für die Teiltätigkeit charakteristischen Körperhaltungen beim Handhaben der Lasten zu verwenden. Werden unterschiedliche Körperhaltungen eingenommen, so kann ein Mittelwert aus den Haltungswichtungen für die zu beurteilende Teiltätigkeit gebildet werden.

2.4 Ausführungsbedingungen

Zur Bestimmung der Ausführungsbedingungswichtung sind die zeitlich überwiegenden Ausführungsbedingungen zu verwenden. Gelegentlicher Diskomfort ohne sicherheitstechnische Bedeutung ist nicht zu berücksichtigen.

3. Schritt: Die Bewertung

Die Bewertung jeder Tätigkeit erfolgt anhand eines teiltätigkeitsbezogenen Punktwertes (Berechnung durch Addition der Wichtungen der Leitmerkmale und Multiplikation mit der Zeitwichtung). Wenn Frauen diese Tätigkeit ausführen, wird der Punktwert mit dem Faktor 1,3 multipliziert. Hierbei werden die geschlechtsbezogenen Unterschiede im Hinblick auf Körpermaße, physische Leistungsvoraussetzungen, biomechanische Belastbarkeit und arbeitstechnische Kompensationsmechanismen berücksichtigt.

Die Ausführungsbedingungen sollten immer "gut" sein.

Beurteilung von Ziehen und Schieben anhand von Leitmerkmalen
Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Postfach 1702 02, 44061 Dortmund Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASO, Franz Josef Roeder-Str. 23, 66119 Saarbrücken - Version September 2002

Die Gesamttätigkeit ist ggf. in Teiltätigkeiten zu gliedern. Jede Teiltätigkeit mit erheblichen körperlichen Belastungen ist getrennt zu beurteilen.

Arbeitsplatz/ Teiltätigkeit:

1. Schritt: Bestimmung der Zeitwichtung (Nur eine zutreffende Spalte auswählen)

Ziehen und Schieben über kurze Distanzen (Einzelweg < 5 m)oder häufiges AnhaltenZiehen und Schieben über längere Distanzen (Einzelweg ≥ 5 m) 
Anzahl am ArbeitstagZeitwichtungGesamtweg am ArbeitstagZeitwichtung
< 101< 300m1
10 bis < 402300 m bis < 1 km2
40 bis < 20041 km bis < 4 km4
200 bis < 50064 km bis < 8 km6
500 bis < 100088 km bis < 16 km8
≥ 100010≥ 16 km10
Beispiele: Bedienen von Manipulatoren, Bestücken von Maschinen, Essenverteilen im Krankenhaus.Beispiele: Müllabfuhr, Möbeltransport in Gebäuden auf Rollen, Aus- und Umladen von Containern.

2. Schritt: Bestimmung der Wichtungen von Masse, Positioniergenauigkeit, Geschwindigkeit, Körperhaltung und Ausführungsbedingungen

Rote Zahlen: Kritisch, da die Kontrolle der Bewegung von Flurförderzeug/Laststark von der Geschicklichkeit und Körperkraft abhängt.

Rote Felder ohne Zahlen: Grundsätzlich zu vermeiden, da die erforderlichen Aktionskräfte leicht die maximalen Körperkräfte übersteigen können.

Zu bewegende Masse (Lastgewicht)Flurförderzeug, Hilfsmittel
 Ohne, Last wird gerolltKarrenWagen, Roller, Trolleys ohne Bockrollen (nur Lenkrollen)Gleiswagen, Handwagen, Handhubwagen, Rollenbahnen, Wagen mit BockrollenManipulatoren, Seilbalancer
Rollend
< 50 kg0,50,50,50,50,5
50 bis < 1001 kg11111
100 bis < 2001 kg1,5221,52
200 bis < 3001 kg24324
300 bis < 4001 kg343
400 bis < 6001 kg454
600 bis <1000 kg55
> 1000 kg


Fortsetzung 2. Schritt

Zu bewegende Masse
(Lastgewicht)
 
Gleitend
< 10 kg1
10 bis < 25 kg2
25 bis < 50 kg4
> 50 kg


PositioniergenauigkeitBewegungsgeschwindigkeit
 langsam (< 0,8 m/s)schnell (0,8 bis 1,3 m/s)
Gering
  • keine Vorgabe des Fahrweges
  • Last kann ausrollen oder wird an Anschlag gestoppt
12
Hoch
  • Last ist exakt zu positionieren und anzuhalten
  • Fahrweg ist exakt einzuhalten
  • häufig Richtungsänderungen
24
Anmerkung: Die mittlere Schrittgeschwindigkeit beträgt ca. 1 m/s

Fortsetzung 2. Schritt

Körperhaltung
Rumpf aufrecht, keine VerdrehungRumpf leicht vorgeneigt und oder leicht verdreht (einseitiges Ziehen)Stärkere Neigung des Körpers in Bewegungsrichtung Hocken, Knien, BückenKombination von Bücken und Verdrehen
1234
Es ist die typische Körperhaltung zu berücksichtigen. Die beim Anfahren, Abbremsen und Rangieren möglicherweise deutlichere Rumpfneigung ist zu vernachlässigen, wenn sie nur gelegentlich auftritt.

Ausführungsbedingungen

0Gut
  • Fußboden oder andere Fläche eben, fest, glatt, trocken,
  • ohne Neigung,
  • Keine Hindernisse im Bewegungsraum,
  • Rollen oder Räder leichtgängig, kein erkennbarer Verschleiß der Radlager
2Eingeschränkt
  • Fußboden verschmutzt, etwas uneben, weich,
  • geringe Neigung bis 2°,
  • Hindernisse im Bewegungsraum, die umfahren werden müssen,
  • Rollen oder Räderverschmutzt, nicht mehr ganz leichtgängig, Lager ausgeschlagen
4Schwierig
  • unbefestigter oder grob gepflasterter Fahrweg, Schlaglöcher, starke Verschmutzung,
  • Neigung 2° bis 5°,
  • Flurförderzeuge müssen beim Anfahren "losgerissen" werden,
  • Rollen oder Räderverschmutzt, schwergängig
8Kompliziert
  • Stufen, Treppen, Absätze,
  • Neigung > 5°,
  • Kombinationen der Merkmale von "Eingeschränkt" und "Schwierig"
In der Tabelle nicht genannte Merkmale sind sinngemäß zu ergänzen.

3. Schritt: Bewertung

Die für diese Tätigkeiten zutreffenden Wichtungen sind in das Schema einzutragen und auszurechnen.

 Masse/ Flurförderzeug 
+Positioniergenauigkeit/ Bewegungsgeschwindigkeit 
+Haltungswichtung 
+Ausführungsbedingungs-
wichtung
 
=Summe xZeitwichtung xFür weibliche Beschäftigte 1,3=Punktwert_


Anhand des errechneten Punktwertes und der folgenden Tabelle kann eine grobe Bewertung vorgenommen werden.

Risikobereiche 1)PunktwertBeschreibung
1< 10Geringe Belastung, Gesundheitsgefährdung durch körperliche Überbeanspruchung ist unwahrscheinlich.
210 bis < 25Erhöhte Belastung, eine körperliche Überbeanspruchung ist bei vermindert belastbaren Personen 2) möglich. Für diesen Personenkreis sind Gestaltungsmaßnahmen sinnvoll.
325 bis < 50Wesentlich erhöhte Belastung, körperliche Überbeanspruchung ist auch für normal belastbare Personen möglich. Gestaltungsmaßnahmen sind angezeigt.
4≥ 50Hohe Belastung, körperliche Überbeanspruchung ist wahrscheinlich. Gestaltungsmaßnahmen sind erforderlich.
1) Die Grenzen zwischen den Risikobereichen sind auf Grund der individuellen Arbeitstechniken und Leistungsvoraussetzungen fließend. Damit darf die Einstufung nur als Orientierungshilfe verstanden werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mit steigenden Punktwerten die Belastung des Muskel-Skelett-Systems zunimmt.

2) Vermindert belastbare Personen sind in diesem Zusammenhang Beschäftigte, die älter als 40 oder jünger als 21 Jahre alt, Neulinge im Beruf oder durch Erkrankungen leistungsgemindert sind.

Hinweise:
Im Allgemeinen ist beim Ziehen und Schieben das gesamte Muskel-Skelett-System belastet, besonders jedoch der Hand-Arm-Schulter-Bereich. In Abhängigkeit von den konkreten Kraftaufwendungen und Körperhaltungen können aber auch die Lendenwirbelsäule, die Hüft- oder Kniegelenke verstärkt belastet sein. Da die Körperkräfte im Vergleich zum Heben und Tragen deutlich geringer und vielseitiger sind, ist der Nachweis von chronischen Überlastungsschäden schwierig. Typisch ist beim Ziehen und Schieben eine Gefährdung des Muskel-Skelett-Systems durch plötzliche Überbelastungen als Folge von Anstoßen, Wegrutschen oder unerwarteten und hohen Kräften beim Richtungswechsel oder Anhalten.


.

Gesetze, Verordnungen, Vorschriften, Regeln und InformationenAnhang 2


Nachstehend sind die insbesondere zu beachtenden einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Vorschriften, Regeln und Informationen zusammengestellt.

1. Gesetze, Verordnungen

Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG)

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des Betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV)

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten bei der Arbeit (Lastenhandhabungsverordnung - LasthandhabV)

Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV) in Verbindung mit der Technischen Regel für Arbeitsstätten " Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" (ASR A1.3)

"Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV) in Verbindung mit der Technischen Regeln für Arbeitsstätten "Fußböden" (ASR A1.5/1,2)"

Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV) in Verbindung mit der Technischen Regel für Arbeitsstätten "Verkehrswege" (ASR A1.8)

2. Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Unfallverhütungsvorschriften

"Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1)

"Flurförderzeuge" (BGV/GUV-V D27)

Regeln

"Ladebrücken und fahrbare Rampen" (BGR 233)

Informationen

"Unterweisung - Bestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzes" (BGI 527)

"Sicherheit durch Betriebsanweisungen" (BGI 578)


Literaturverzeichnis

LASI-Veröffentlichungen

LASI-LV 29: Handlungsanleitung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen beim Ziehen und Schieben von Lasten

Untersuchung des Instituts für Arbeitswissenschaft, TU Darmstadt, im Auftrag der Unfallkasse Post und Telekom

Beurteilung der Belastungen und Beanspruchungen beim Bewegen von Handfahrzeugen auf geneigten Ebenen und beim Handhaben von Rollbehältern in Anlehnung an BK 2108 (Paul; 1998)


UWS Umweltmanagement GmbHENDE


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