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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I
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DGUV Information 201-023 / BGI 807 - Einsatz von Seitenschutz und Seitenschutzsystemen sowie Randsicherungen als Schutzvorrichtungen bei Bauarbeiten
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 10/2002; 09/2018)



Archiv: 10/2002


Vorbemerkung

Diese DGUV Information 201-023 aktualisiert und ergänzt die bisherige Information "Sicherheit von Seitenschutz, Randsicherungen und Dachschutzwänden als Absturzsicherungen bei Bauarbeiten". Die Inhalte der DGUV Information wurden entsprechend den Neuerungen im staatlichen Regelwerk und im Regelwerk der Unfallversicherungsträger aktualisiert.

Diese DGUV Information gibt erläuternde Hinweise zu den Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV), der Baustellenverordnung (BaustellV), der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und deren technischen Regeln (RAB, TRBS und ASR), den Regelungen der Unfallversicherungsträger und zu einschlägigen Normen, die bei der Ausführung der Arbeiten sowie im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind.

DGUV Informationen richten sich in erster Linie an Unternehmerinnen und Unternehmer. Sie sollen Hilfestellungen bei der Umsetzung von Pflichten aus staatlichen Arbeitsschutzvorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften geben sowie Wege aufzeigen, wie Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren vermieden werden können.

1 Anwendung

1.1 Zielgruppe

Diese Information wendet sich hauptsächlich an Unternehmer und Unternehmerinnen, die Seitenschutz, Seitenschutzsysteme oder Randsicherungen montieren oder als Schutzvorrichtungen benutzen.

Der Umgang mit Seitenschutz, Seitenschutzsystemen und Randsicherungen schließt die Montage und Demontage sowie deren sachgemäße Lagerung, Transport und Benutzung ein.

1.2 Anwendungsbereich

Diese DGUV Information findet Anwendung auf den Einsatz von Seitenschutz und Seitenschutzsystemen sowie Randsicherungen als kollektive Schutzvorrichtungen und als Sicherung zum Auffangen abrutschender Personen auf geneigten Flächen bei Bauarbeiten.

Sie gilt für Einsätze, bei denen die Absturzkante nicht mehr als 40 m über dem Gelände liegt.

Diese DGUV Information findet keine Anwendung auf Seitenschutz in Arbeits- und Schutzgerüsten und Schutzwände in Dachfanggerüsten nach Normen der Reihen

und auf Einrichtungen zum Schutz gegen herabfallende Gegenstände.

Schutzwände in Dachfanggerüsten siehe auch DGUV Information 201-011 "Handlungsanleitung für den Umgang mit Arbeits- und Schutzgerüsten".

2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser DGUV Information werden folgende Begriffe bestimmt:

2.1 Seitenschutz

Konstruktion aus individuell handwerklich gefertigten Bauteilen, die dazu vorgesehen ist, den Absturz von Personen zu verhindern oder Gegenstände zurückzuhalten (z.B. Seitenschutz aus Holz, siehe Anhang A1).

2.2 Seitenschutzsystem

Konstruktion wie 2.1 jedoch aus vorgefertigten Bauteilen bestehend, z.B. Seitenschutzsystem mit Zwingen zur Befestigung am Deckenrand (siehe Abbildungen 6 und 7).

2.3 Pfosten

Vertikales Haupttragteil für das Seitenschutzsystem, an dem Holme und Bordbretter befestigt werden.

2.4 Geländerholm

Holm oder durchgehendes Element, das die obere Begrenzung des Seitenschutzsystems bildet.

2.5 Zwischenholm

Holm oder durchgehendes Element zwischen Geländerholm und Arbeitsfläche.

2.6 Zwischenseitenschutz

Zwischen Geländerholm und Arbeitsfläche angeordnete Schutzwand
(z.B. durch ein Schutzgitter oder ein Schutznetz ausgebildet, siehe Abb. 4).

2.7 Bordbrett

Unmittelbar über der Arbeitsfläche, entlang der Absturzkante aufrecht angeordnetes Element, das dazu bestimmt ist, das Herabfallen oder Abrutschen von Gegenständen oder Personen von dieser Fläche zu verhindern.

Die Bauteile 2.3 bis 2.7 können als Ganzes oder als zusammenzubauende Einzelteile eines Seitenschutzsystems gefertigt sein

2.8 Absturzkante

Kante an einer baulichen Anlage, über die eine Person abstürzen kann; Absturzkante ist auch der Übergang von einer tragfähigen zu einer nicht tragfähigen Fläche.

Siehe auch ASR A2.1, Abschnitt 3 "Begriffsbestimmungen"

2.9 Höhe des Seitenschutzsystems

Abstand zwischen dem obersten Punkt des Geländerholms und der Arbeitsfläche, senkrecht zur Arbeitsfläche gemessen.

2.10 Gegengewicht

Bauteil, das (durch seine Eigenlast) dazu dient, ein Abgleiten oder Abkippen des Seitenschutzsystems zu verhindern.

2.11 Randsicherungen

Einrichtungen, die den tieferen Absturz von Personen an Decken- und Dachkanten von Flächen mit einem Neigungswinkel < 22,5° verhindern; sie bestehen aus Randsicherungspfosten, Schutznetzen und Seilen oder Zurrgurten.

2.12 Randsicherungspfosten

Einrichtungen zur Befestigung der Seile und Schutznetze bei Randsicherungssystemen.

2.13 Fußpunkt des Randsicherungssystems

Unteres Konstruktionsteil zur Aufnahme des Randsicherungspfostens und zur Weiterleitung der auftretenden Lasten in die Tragkonstruktion, z.B. Zwingen-, Klemm- und Hülsenkonstruktionen.

2.14 Arbeitsfläche

Nutzbare Fläche, die einen sicheren Arbeitsplatz oder Verkehrsweg bietet.

3 Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit durch die Arbeitsschutzorganisation

3.1 Maßnahmen und Einrichtungen zur Montage von Seitenschutz, Seitenschutzsystemen und Randsicherungen

3.1.1 Unternehmer und Unternehmerinnen haben in Abhängigkeit von den ausgewählten Arbeitsverfahren die vom Bauherrn oder der Bauherrin planerisch und organisatorisch vorgesehenen Vorgaben und Maßnahmen zu berücksichtigen.

Vorgesehene Maßnahmen und Vorgaben können z.B. sein:

3.1.2 Unternehmer und Unternehmerinnen haben gegebenenfalls in Absprache mit dem Bauherrn oder der Bauherrin die für die sichere Durchführung der Arbeiten erforderlichen Voraussetzungen zu planen.

Voraussetzungen können z.B. sein:

Siehe DGUV Regeln und Informationen:

DGUV Regel 112-198 "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz"

DGUV Regel 112-199 "Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen"

DGUV Information 201-056 "Planungsgrundlagen von Anschlageinrichtungen auf Dächern"

Siehe DIN 4426 "Einrichtungen zur Instandhaltung baulicher Anlagen Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege - Planung und Ausführung"

3.1.3 Unternehmer und Unternehmerinnen haben vor und während der Ausführung der Montage und Verwendung von Seitenschutz, Seitenschutzsystemen und Randsicherungen Hinweise des Koordinators oder der Koordinatorin nach der Baustellenverordnung und des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes zu berücksichtigen.

Siehe § 5 der Baustellenverordnung in Verbindung mit den Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen

3.1.4 Haben der Unternehmer oder die Unternehmerin Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, insbesondere hinsichtlich der Sicherung gegen Unfallgefahren, so haben sie diese dem Auftraggeber oder der Auftraggeberin unverzüglich, möglichst schon vor Beginn der Arbeiten, schriftlich mitzuteilen.

Diese Verpflichtung ergibt sich z.B. aus § 4 Abs. 3 DIN 1961 "VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen; Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen".

3.1.5 Übernehmen der Unternehmer oder die Unternehmerin einen Auftrag, dessen Durchführung zeitlich und örtlich mit Aufträgen anderer Unternehmer oder Unternehmerinnen zusammenfällt, sind sie verpflichtet, sich untereinander abzustimmen, soweit dies zur Vermeidung gegenseitiger Gefährdungen erforderlich ist. Gegebenenfalls ist ein Koordinator bzw. eine Koordinatorin einzuschalten.

Siehe § 8 des Arbeitsschutzgesetzes

Siehe § 6 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

Siehe § 5 der Baustellenverordnung

3.1.6 Unternehmer und Unternehmerinnen haben die für die Erste Hilfe und für die Rettung erforderlichen Einrichtungen, Sachmittel und Personal zur Verfügung zu stellen.

Siehe § 24 - 28 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

3.1.7 Unternehmer und Unternehmerinnen haben entsprechend der Gefährdungsbeurteilung den Versicherten geeignete persönliche Schutzausrüstungen bereitzustellen; vor der Bereitstellung haben sie die Versicherten anzuhören.

Siehe § 29 - 31 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

3.2 Gefährdungsbeurteilung

Unternehmer und Unternehmerinnen haben durch eine Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes für die Beschäftigten erforderlich sind. Sie haben die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.

Im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind Maßnahmen zur Beseitigung der ermittelten Gefährdungen festzulegen, durchzuführen und deren Wirksamkeit zu überprüfen.

Siehe § 5 des Arbeitsschutzgesetzes

Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch:

Bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung sind folgende allgemeine Grundsätze zu berücksichtigen:

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung stellen die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen z.B. im Internet zur Verfügung.

Abb. 1 Systematik der Gefährdungsbeurteilung


3.3 Leitung, Aufsicht, Unterweisung

3.3.1 Die Montage von Seitenschutz, Seitenschutzsystemen und Randsicherungen muss von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet werden. Diese haben für die vorschriftsmäßige Durchführung der Arbeiten zu sorgen.

Siehe § 4 Abs. 1 der DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten"

Fachliche Eignung und Erfahrung haben Personen, die aufgrund ihrer Ausbildung und bisherigen Tätigkeiten umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der jeweils durchzuführenden Arbeiten haben und mit einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik vertraut sind.

Die schriftliche Beauftragung kann mit dem entsprechenden Muster-Formular aus der DGUV Regel 100-001 "Grundsätze der Prävention" durchgeführt werden.

Siehe § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz und § 13 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

3.3.2 Die Montage von Seitenschutz, Seitenschutzsystemen und Randsicherungen muss von einer hierfür fachkundigen Person beaufsichtigt werden.

Unternehmer und Unternehmerinnen wählen in Abhängigkeit von Art und Umfang der Montage von Seitenschutz, Seitenschutzsystemen und Randsicherungen

Nach Abschluss der Montage des Systems ist eine Prüfung durch eine fachkundige Person durchzuführen.

Siehe auch § 2 Abs. 5 BetrSichV

Vergleichbare Fachkenntnisse sind z.B. dann gegeben, wenn

Siehe § 4 Abs. 2 der DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten"

Aufsichtführende Person ist, wer die Durchführung der Montage von Seitenschutzsystemen und Randsicherungen zu überwachen und für die arbeitssichere Ausführung zu sorgen hat. Sie muss hierfür ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen sowie weisungsbefugt sein.

Zur Beaufsichtigung gehört z.B. auch das Überprüfen auf augenscheinliche Mängel an Gerüsten, Geräten oder anderen Einrichtungen, Schutzvorrichtungen usw., die von anderen errichtet bzw. zur Verfügung gestellt und für eigene Arbeiten genutzt werden.

3.3.3 Unternehmer und Unternehmerinnen informieren und unterweisen ihre Beschäftigten und ggf. das im Rahmen der im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erlaubten Zeitarbeit eingesetzte Personal über die Gefährdungen bei der Montage von Seitenschutz, Seitenschutzsystemen und Randsicherungen.

Die Unterweisung umfasst Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind.

Dazu gehören z.B.:

Die Unterweisung muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls situativ, regelmäßig, mindestens jedoch einmal jährlich wiederholt werden.

Die Unterweisung ist zu dokumentieren.

Bei der Benutzung von technischen Arbeitsmitteln, wie z.B. Maschinen und Geräten, sind den Beschäftigten soweit erforderlich Betriebsanweisungen zur Verfügung zu stellen.

Siehe § 12 Arbeitsschutzgesetz und § 4 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".

3.4 Mängelmeldung

Mängel an Arbeitsmitteln, Einrichtungen, Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufen durch die für die Beschäftigten Gefahren entstehen können, müssen dem bzw. der Aufsichtführenden unverzüglich gemeldet werden.

Mangelhafte Arbeitsmittel oder Einrichtungen sind nicht weiter zu benutzen, mangelhafte Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe sind bis zur Beseitigung des Mangels abzubrechen.

3.5 Bestehende Anlagen

3.5.1 Unternehmer und Unternehmerinnen haben vor Beginn der Arbeiten zu ermitteln, ob

Siehe § 16 Abs. 1 der DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten"

Mögliche Gefährdungen oder deren Folgen z.B. von:

3.5.2 Sind Anlagen nach Abschnitt 3.5.1 vorhanden, sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Einvernehmen mit deren Eigentümern, Betreibern und erforderlichenfalls den zuständigen Behörden festzulegen.

Siehe § 16 Abs. 2 der DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten"

3.5.3 Bei unvermutetem Antreffen von Anlagen nach Abschnitt 3.5.1 sind die Arbeiten sofort zu unterbrechen. Die aufsichtführende Person nach Abschnitt 3.3.2 ist zu verständigen.

Siehe § 16 Abs. 3 der DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten"

3.6 Aufbau- und Verwendungsanleitung

Das Seitenschutzsystem und die Randsicherungen sind entsprechend der Aufbau- und Verwendungsanleitung des Herstellers zu erstellen. Falls erforderlich, sollte sie um besondere Hinweise zur Benutzung ergänzt werden.

Die Aufbau- und Verwendungsanleitung des eingesetzten Systems muss am Verwendungsort verfügbar sein.

Auf die Aufbau- und Verwendungsanleitung des Herstellers kann verzichtet werden, wenn ein Seitenschutz entsprechend Anhang 1 erstellt worden ist.

3.7 Sichern und Kennzeichnen von Gefahrbereichen

3.7.1 Bereiche, in denen Personen durch herabfallende, umstürzende, abgleitende oder abrollende Gegenstände gefährdet werden können, dürfen nicht betreten werden. Unternehmer und Unternehmerinnen bzw. die Vorgesetzten (siehe Abschnitt 3.3.1) müssen diese Bereiche festlegen. Sie sind zu kennzeichnen und abzusperren oder durch Warnposten zu sichern.

Analog § 13 Abs. 2 der DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten"

Schutz gegen herabfallende, umstürzende, abgleitende oder abrollende Gegenstände und Massen ist gegeben, wenn über den darunterliegenden Arbeitsplätzen und Verkehrswegen ausreichend tragfähige Abdeckungen, Gerüstbeläge, Fangwände, Fanggitter, Fangnetze mit einer Maschenweite von höchstens 2 cm, Auffangnetze mit Planen oder Schutzdächer vorhanden sind.

Absperrungen können z.B. durch Geländer, Ketten und Seile erstellt werden, Trassierbänder sind dazu nicht geeignet.

3.8 Pflichten des Erstellers

Ist der Seitenschutz, das Seitenschutzsystem oder die Randsicherung fertig montiert, muss der Unternehmer und die Unternehmerin die ordnungsgemäße Montage und die sichere Funktion prüfen lassen. Die Prüfung darf nur von einer hierzu befähigten Person durchgeführt werden, dies kann auch die aufsichtführende Person nach Abschnitt 3.3 sein.

Die Ergebnisse der Prüfung sind zu dokumentieren.

Siehe BetrSichV § 14 Absatz 7

3.9 Pflichten des Benutzers/der Benutzerin

Jeder Unternehmer und jede Unternehmerin, die eigene Beschäftigte oder Leiharbeitnehmer bzw. -arbeitnehmerinnen durch Seitenschutz, Seitenschutzsysteme oder Randsicherungen gegen Absturz sichert, trägt Verantwortung dafür, dass sich diese in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden. Dieses kann z.B. durch fachkundiges Personal mittels einer Sichtprüfung erfolgen.

Seitenschutz, Seitenschutzsysteme oder Randsicherungen sind entsprechend der Regelausführung bzw. der Aufbau- und Verwendungsanleitung des Herstellers zu benutzen.

4 Allgemeine Anforderungen

4.1 Bauarten und ihre Beschaffenheit

Sind aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung Schutzvorrichtungen an Gebäudekanten erforderlich, können diese entsprechend den örtlichen und baulichen Gegebenheiten ausgeführt werden als

Schutzvorrichtungen einschließlich ihrer Befestigungen müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend beschaffen sein und verwendet werden. Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zulässig, wenn die gleiche Sicherheit auf andere Weise gewährleistet ist.

Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind z.B. die im Anhang aufgeführten Vorschriften und Regeln.

Beschädigte Teile dürfen nicht verwendet werden. Werden Seitenschutz, Seitenschutzsysteme oder Randsicherungen mit Einwirkungen belastet, die in der Größenordnung der Bemessungswerte liegen, dürfen sie nur mit Zustimmung einer fachkundigen Person wieder eingesetzt werden.

Schutzvorrichtungen dürfen nur an ausreichend tragfähigen Teilen baulicher Anlagen angebracht werden. Diese müssen in der Lage sein, die auftretenden Lasten aufzunehmen und weiterzuleiten.

4.2 Brauchbarkeit

Der Begriff "Brauchbarkeit" umfasst im Allgemeinen die "wesentlichen" Eigenschaften:

4.2.1 Seitenschutz

Für Seitenschutz, der nicht einer Regelausführung nach Anhang 1 dieser Information entspricht, und für Dachschutzwände einschließlich deren Halterungen ist ein Brauch barkeitsnachweis erforderlich. Er ist zu erbringen

4.2.2 Seitenschutzsysteme

Seitenschutzsysteme sollten unter der Nennung der Norm DIN EN 13374 und der entsprechenden Schutzklasse gekennzeichnet sein. Mittels dieser Angaben und mit einer mitzuliefernden Aufbau- und Verwendungsanleitung bestätigt der Hersteller (oder sein Bevollmächtigter) die Brauchbarkeit seines Produktes.

Sind Seitenschutzsysteme nicht entsprechend gekennzeichnet, sollte ein Brauch barkeitsnachweis, insbesondere der Nachweis der Stand- und der Nutzungssicherheit, im Einzelfall mit einer Zusammenstellung aller Anweisungen für die Nutzung vorliegen.

4.2.3 Randsicherungen

Randsicherungen sollten hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit die Anforderungen nach dem DGUV Grundsatz 301-002 "Grundsätze für die Prüfung von Randsicherungen" erfüllen.

4.3 Güteanforderungen und Bauteile

4.3.1 Güteanforderungen an Bauteile aus Holz

Bauteile aus Holz müssen mindestens der Sortierklasse S 10 oder MS 10 nach DIN 4074-1 "Sortierung von Nadelholz nach der Tragfähigkeit; Nadelschnittholz" mit der Festigkeitsklasse C24 nach DIN EN 338 "Bauholz für tragende Zwecke: Festigkeitsklassen" entsprechen.

Bretter oder Bohlen müssen vollkantig sein und dürfen an ihren Enden nicht aufgerissen sein.

Bretter oder Bohlen können z.B. durch Einschlagen von Wellen- Bandeisen an den Stirnseiten gegen Aufreißen geschützt werden.

4.3.2 Güteanforderungen an Rohre

Stahlrohre und Aluminiumrohre müssen den gleichen Anforderungen entsprechen, wie nach DIN EN 12811-1 und DIN EN 12811-2 erhoben.

4.3.3 Güteanforderungen an Netze

Netze und deren Zubehör müssen DIN EN 1263-1 "Schutznetze" entsprechen.

4.3.4 Güteanforderungen an Zurrgurte

Zurrgurte müssen DIN EN 12195-2 "Zurrgurte aus Chemiefasern" entsprechen.

4.3.5 Güteanforderungen an Stahlseile

Stahlseile und deren Zubehör müssen einer Norm entsprechen, in der die Kennwerte zur Beurteilung der Brauchbarkeit geregelt sind (z.B. DIN EN 12385-4 "Drahtseile aus Stahldraht - Sicherheit - Teil 4: Litzenseile für allgemeine Hebezwecke").

4.4 Seitenschutzsysteme Schutzklasse A

4.4.1 Allgemeines

Der Seitenschutz muss aus Geländerholm, Zwischenholm und Bordbrett (dreiteiliger Seitenschutz) bestehen. Abweichend davon darf ein Seitenschutzsystem als Ganzes oder als zusammenzubauende Einzelteile gefertigt sein, die den dreiteiligen Seitenschutz beinhalten.

Die Bauteile des Seitenschutzes müssen in eingebautem Zustand gegen unbeabsichtigtes Lösen gesichert sein. Gegen unbeabsichtigtes Lösen sind Seitenschutzteile z.B. gesichert, wenn

Abb. 2 Sicherungen gegen unbeabsichtigtes Lösen: l > 150 mm


Die Oberkante des Seitenschutzes muss mindestens 1 m über der jeweiligen Arbeitsfläche liegen. Der Abstand zwischen Geländer- und Zwischenholm bzw. Zwischenholm und Bordbrett darf nicht größer als 0,47 m sein (siehe Abb. 3).

Abb. 3 Maße des Seitenschutzes


Bordbretter müssen mindestens 3,0 cm dick sein. Die Oberkante muss 0,15 m über der Aufstellfläche liegen. Der Abstand vom Bordbrett zur Aufstellfläche und vom Bordbrett zu seitlich anschließenden Konstruktionsteilen muss kleiner als 20 mm sein.

Abweichend darf auf das Bordbrett im Seitenschutz verzichtet werden,

Abb. 4 Beispiel eines Zwischenseitenschutzes


4.4.2 Beispiele für Schutzklasse A

Zur Schutzklasse A (statische Lasteinwirkung) gehören z.B.:

Abb. 5 Seitenschutzsystem aus GitterelementenAbb. 6 Beispiel für Seitenschutz an der Dachkante mit Zwingen und Gerüstrohren


Abb. 7 Beispiel für Seitenschutz an der Dachkante mit Zwingen und GerüstbretternAbb. 8 Beispiel für Flachdachsicherungssystem

Abb. 9 Beispiel für Seitenschutz OrtgangAbb. 10 Beispiel für Seitenschutz am Ortgang in Verbindung mit einem Standgerüst


Abb. 11 Beispiel für Absturzsicherungen am Flachdach in Verbindung mit einem Standgerüst


4.5 Seitenschutzsysteme Schutzklasse B

4.5.1 Allgemeines

Die allgemeinen Anforderungen an Systeme der Schutzklasse B sind analog denen der Klasse A (siehe Abschnitt 4.4.1). Abweichend hierzu müssen Zwischenraumabstände mit maximal 250 mm bemessen sein. Wegen ihrer Verwendung an Arbeitsflächen mit einem größeren Neigungswinkel zur Horizontalen sieht DIN EN 13374 beim Prüfverfahren zusätzlich einen dynamischen Versuch vor.

4.5.2 Beispiele

Abb. 12 Seitenschutzsystem mit Klemmpfosten und Schutznetzen


Abb. 13 Seitenschutz Klasse B mit Winkelpfosten und Brettern


4.6 Seitenschutzsysteme Schutzklasse C (Dachschutzwände)

4.6.1 Allgemeines

Wegen ihrer Verwendung an Arbeitsflächen mit einem größeren Neigungswinkel zur Horizontalen sieht DIN EN 13374 beim Prüfverfahren einen dynamischen Versuch vor.

Die Oberkante der Dachschutzwand für geneigte Arbeitsflächen muss sich mindestens 1,00 m über und rechtwinklig zu dieser gemessen, befinden (siehe Bild 14).

Der Winkel zwischen Dachschutzwand und geneigter Fläche darf höchstens 90° betragen.

Dachschutzwände müssen in Längsrichtung ausgesteift werden.

Abb. 14 Dachschutzwand auf geneigter Dachfläche


4.6.2 Einsatz von Dachschutzwänden

Dachschutzwände dürfen nur auf Flächen mit bis zu 60° Neigung verwendet werden.

Dachschutzwände auf Flächen mit mehr als 22,5° Neigung sind so aufzubauen, dass die zu sichernden Arbeitsplätze keinen Höhenabstand größer als 5,00 m von der Aufstandskante der Dachschutzwand haben (siehe Abb. 15).

Dachschutzwände müssen die zu sichernden Arbeitsplätze seitlich um mindestens 1,0 m überragen (siehe Abb. 16).

Schutzwandhalter müssen in Sicherheitsdachhaken nach DIN EN 517 "Vorgefertigte Zubehörteile für Dacheindeckungen; Sicherheitsdachhaken" eingehängt werden. Diese sind entsprechend der Angaben des Herstellers auf die Dachkonstruktion zu montieren.

Bei Verwendung von anderen Befestigungseinrichtungen ist die Gleichwertigkeit nachzuweisen.

4.6.3 Montage der Bauteile

Schutznetze nach DIN EN 1263-1 und Schutzgitter nach DIN EN 13374 müssen allseitig Masche für Masche an Stahlrohren mit mindestens 3,2 mm Wanddicke oder Aluminiumrohren mit mindestens 4,0 mm Wanddicke und 48,3 mm Außendurchmesser befestigt werden. Schutznetze dürfen nur vom Hersteller in ihren Abmessungen verändert werden.

Abweichend darf auf die Befestigung, Masche für Masche, verzichtet werden, wenn das Netz in Abständen < 75 cm am Rand befestigt ist und die ausreichende Tragfähigkeit der Netzbefestigung im dynamischen Versuch nach DIN EN 1263-1, Abs. 7.11, nachgewiesen ist.

Abb. 15 Dachschutzwand


Abb. 16 Zulässiger Arbeitsbereich bei Dachschutzwänden


Unternehmer und Unternehmerinnen haben entsprechend § 3 Abs. 6 der Betriebssicherheitsverordnung die Prüffristen und den Prüfumfang für Schutznetze (Sicherheitsnetze) festzulegen. Mit einer Baumusterprüfung nach EN 1263-1 wird festgestellt, dass das betreffende Schutznetz (Sicherheitsnetz) bis 12 Monate nach Herstellung sicher verwendet werden darf. Sollen ältere Schutznetze (Sicherheitsnetze) eingesetzt werden, ist sicherzustellen, dass das Mindest-Energieaufnahmevermögen den vom Hersteller angegebenen Wert nicht unterschreitet. Hierzu ist ein Nachweis zu führen, indem eine Prüfmasche aus dem Schutznetz (Sicherheitsnetz) entnommen wird und durch eine geeignete Prüf- und Zertifizierungsstelle oder den Hersteller geprüft wird. Die Prüfung des Mindest- Energieaufnahmevermögens hat nach DIN EN 1263-1 zu erfolgen und darf nicht länger als 12 Monate zurückliegen.

Schutznetze (Sicherheitsnetze) haben vom Hersteller eingearbeitete Prüfmaschen, um die Festigkeitsminderung der Netzgarne infolge Alterung feststellen zu können.

Unternehmer und Unternehmerinnen sollen die Ergebnisse der Prüfung nachvollziehbar dokumentieren.

Der Zeitpunkt der letzten Alterungsprüfung bzw. das Datum der nächsten Prüfung soll aus den Angaben der Kennzeichnung am Schutznetz (Sicherheitsnetz) ersichtlich sein.

4.6.4 Beispiele

Abb. 17 Dachschutzwand


4.7 Randsicherungen

4.7.1 Allgemeines

Randsicherungen bestehen aus Randsicherungspfosten, Fußpunkten, Schutznetzen mit Randseilen analog System S, Verbindungsmitteln und gegebenenfalls weiteren Systemelementen.

Die Länge des Randsicherungspfostens ist so zu wählen, dass der Abstand des oberen Randseiles des Schutznetzes von der Absturzkante an seiner tiefsten Stelle das Maß von 1,5 m nicht unterschreitet (siehe Abb. 20b).

Randsicherungspfosten müssen in der Lage sein, die Lasten aufzunehmen und weiterzuleiten (siehe DGUV Grundsatz 301-002). Besonderheiten an Gebäudeecken oder beim Endfeld des Randsicherungssystems sind zu beachten (siehe Abb. 18 und 19).

Abb. 18 Eckausbildung


Abb. 19 Endpfostenausbildung


Der Randsicherungspfosten soll senkrecht aufgestellt werden.

Abweichend darf aus baulichen Gründen die Neigung bis zu 45° zur Senkrechten betragen. Bauliche Gründe sind z.B. Dachüberstände.

Abb. 20a Randsicherung unterhalb der Dachfläche (Systemskizze)


Der vertikale Abstand zwischen der Absturzkante, z.B. der Dach- oder Deckenkante, und dem darunter liegenden tiefsten Punkt des durchhängenden Schutznetzes muss < 1,0 m sein (siehe Abb. 20).

Schutznetze der Randsicherungen sind durch Kopplungsseile untereinander oder mit anderen Schutznetzen so zu verbinden, dass an der Naht keine Zwischenräume von mehr als 100 mm auftreten und die Schutznetze sich nicht mehr als 100 mm gegeneinander verschieben.

Siehe DIN EN 1263-2 "Schutznetze (Sicherheitsnetze); Teil 2: Sicherheitstechnische Anforderungen für die Errichtung von Schutznetzen".

Abb. 20b Randsicherung unterhalb der Dachfläche (mit horizontalem Netz)


Schutznetze der Randsicherungen sind im unteren Bereich, wenn sie nicht mit anderen waagerechten Schutznetzen verbunden werden, so an Bauteilen unterhalb der Absturzkante zu befestigen, dass Personen nicht zwischen Bauwerk und unterer Kante der Randsicherung durchstürzen können. Dieses kann z.B. erreicht werden, wenn der horizontale Abstand zwischen Netz und Bauwerk < 100 mm beträgt und das Schutznetz in Abständen von < 750 mm an Bauteilen befestigt wird.

Alternativ darf durch Einziehen von steifen Randelementen (z.B. vorgespannte Stahlseile oder Zurrgurte, eingelegte Aluminiumrohre) an die untere Kante des Randsicherungsnetzes ein Durchsturz von Personen verhindert werden. In diesem Fall darf die Befestigung des Schutznetzes der unteren Kante der Randsicherung nach Angabe des Herstellers mit größeren Abständen erfolgen.

Werden Randsicherungen auf die Dach- oder Deckenkonstruktion montiert, ist sicherzustellen, dass der Absturz einer Person über die Gebäudeaußenkante durch Auslenkungen entlang der unteren Netzkante des Randsicherungsnetzes vermieden wird. Dies kann z.B. durch den Einbau von vorgespannten Zurrgurten oder Seilen, zusätzlichen Befestigungspunkten oder anderen Maßnahmen im unteren Bereich der Randsicherung erreicht werden.

Dabei muss die maximale Auslenkung in der Arbeitsebene des unteren Randes des Randsicherungsnetzes so begrenzt werden, dass der Abstand höchstens 100 mm, bezogen auf die vertikale als auch die horizontale Ebene, über die Absturzkante beträgt. Bezogen auf die Feldmitte zwischen zwei Randsicherungspfosten darf das System am unteren Rand höchstens um bis zu 300 mm ausgelenkt werden.

Wenn ein Randsicherungssystem im Fußbereich Auslenkungen > 100 mm und < 300 mm ermöglicht, ist es soweit zurückversetzt zu montieren, dass nach Eintreten der Auslenkung das Maß über die Dachkante hinaus von 100 mm nicht überschritten wird (siehe Abb. 21).

Abb. 21 Randsicherung auf der Dachfläche


Die den Absturz einer Person repräsentierenden Lastannahmen sind dem DGUV Grundsatz 301-002 zu entnehmen.

Der Abstand der Randsicherungspfosten untereinander darf nicht mehr als 10,0 m betragen.

4.7.2 Beispiele für Randsicherungen

Abb. 22 Randsicherung auf der Dachfläche



.

Anhang


A.1 Regelausführungen

A.1.1 Regelausführung für Seitenschutzpfosten

Für Seitenschutzpfosten aus Holz, die Abb. 23 entsprechen, gilt der Brauchbarkeitsnachweis als erbracht.

Für Seitenschutzpfosten aus Stahlrohren mit mindestens 48,3 mm Durchmesser und 3,2 mm Wanddicke oder aus Aluminiumrohren mit mindestens 48,3 mm Durchmesser und 4,0 mm Wanddicke gilt der Brauchbarkeitsnachweis als erbracht, wenn

A.1.2 Regelausführung für Seitenschutz

Als Geländer- und Zwischenholm müssen verwendet werden:

A.1.3 Beispiele

Abb. 23 Seitenschutz aus Holz


Abb. 24 Beispiel für einen Seitenschutz vor einer Wandöffnung in der Regelausführung


A.2 Vorschriften und Regeln

A.2.1 Gesetze, Verordnungen

Bezugsquelle:
Buchhandel und Internet: z.B. www.gesetze-im-internet.de

A.2.2 DGUV Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Bezugsquelle:
Bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger und unter www.dguv.de/publikationen

Vorschriften

Regeln

Informationen

Grundsätze

A.2.3 Normen und Richtlinien

Bezugsquelle:
Beuth-Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin und VDE-Verlag, Bismarckstraße 33, 10625 Berlin


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