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DGUV Information 205-032 - Rettungswesten und Atemschutz bei Einsätzen auf Binnenschiffen
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 06/2019)



1 Vorbemerkung

Wenn die Gefahr besteht, dass Feuerwehrangehörige ertrinken können, müssen gemäß DGUV Vorschrift 49 "Feuerwehren" (§ 22) Auftriebsmittel getragen werden. Ist dies aus betriebstechnischen Gründen nicht möglich, ist die Sicherheit auf eine andere Weise herzustellen.

Diese DGUV Information erläutert diese betriebstechnischen Gründe für den Fall einer Brandbekämpfung auf Binnenschiffen und der Kombination von Rettungswesten und Atemschutzgeräten bei der Feuerwehr.

2 Die Rettungsweste

Für die Verwendung bei der Feuerwehr sind grundsätzlich Rettungswesten nach DIN EN ISO 12402 mit einem Auftrieb von 275 Newton (Leistungsstufe 275) einzusetzen. Genauere Hinweise gibt die DGUV Information 205-014 "Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr" basierend auf einer Gefährdungsbeurteilung.

Aber auch geeignete Rettungswesten können sich im Detail unterscheiden.

2.1 Gestaltung der Begurtung

Der Rückengurt kann einteilig oder zweiteilig (kombinierbar mit Atemschutzgerät) ausgeführt sein. In Verwendung mit einem Atemschutzgerät, z.B. einem Pressluftatmer, muss eine Weste mit einteiligem Rückengurt vor dem Atemschutzgerät angelegt werden. Ansonsten wird der Rückengurt auf der Flasche verrutschen und die Weste kann ihre Auftriebswirkung im Aktivierungsfall nicht entfalten. Westen mit zweiteiligem Rückengurt können vor oder auch nach dem Atemschutzgerät angelegt werden, da die Gurte so ausgeführt sind, dass sie um die Flasche herumgeführt werden können (Abbildungen 1 und 2).

Abb. 1 Rettungsweste mit einteiligem Rückengurt (links) und zweiteiligem Rückengurt (rechts)

Abb. 2 Rettungswesten in Kombination mit einem Atemschutzgerät. Die linke Tragweise ist nicht zulässig

2.2 Gestaltung des Auftriebskörpers

Einige Hersteller bieten Rettungswesten mit Auftriebskörpern an, die an die Kombination mit Feuerwehrhelmen und Atemanschlüssen angepasst sind. Die Auftriebskörper sind an kritischen Stellen so geformt, dass auf Helm und Lungenautomat möglichst wenig Kraft ausgeübt wird, siehe Abbildung 3. Nach Erfahrung der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Rheinland-Pfalz besteht üblicherweise auch bei Helmen mit tiefgezogener Helmschale (z.B. gemäß EN 443, Typ B) nicht die Gefahr, dass der Anwender über den Kinnriemen des Helms, der durch einen ausgelösten Auftriebskörper angehoben wird, stranguliert wird. Die konkrete Kombination aus Auftriebskörper, Feuerwehrhelm, Atemanschluss und Lungenautomat muss bei der Beschaffung im Zusammenhang mit einer Gefährdungsbeurteilung, die eine Kompatibilitätsbetrachtung der eingesetzten persönlichen Schutzausrüstung (PSA) beinhaltet, betrachtet werden.

Abb. 3 Rettungswesten mit Standardauftriebskörper (links) und angepasstem Auftriebskörper (rechts) in ausgelöstem Zustand

Abb. 4 Rettungsweste mit Standardauftriebskörper in Kombination mit Helm mit tiefgezogener Helmschale nach EN 443 Typ B

Unabhängig von der Gestaltung des Auftriebskörpers muss die Mitteldruckleitung des Atemschutzgerätes unter dem Auftriebskörper durchgeführt werden. Wird die Leitung über den Auftriebskörper geführt, besteht die Gefahr, dass bei Auslösung der Rettungsweste der Auftriebskörper die Mitteldruckleitung und somit den Lungenautomaten bzw. den Atemanschluss anhebt und Wasser in den Atemanschluss gelangt. Außerdem muss der Auftriebskörper immer über den Schultergurten des Atemschutzgerätes liegen (Abbildungen 5 - 6a - c).

Abb. 5 Rettungsweste in Kombination mit Atemschutzgerät. Die Mitteldruckleitung liegt korrekt unter dem Auftriebskörper. Der Atemanschluss wird nicht vom Auftriebskörper angehoben

Abb. 6a Rettungsweste in falscher Kombination mit Atemschutzgerät: Führung der Mitteldruckleitung über dem Auftriebskörper. Gefahr: Der Atemanschluss kann vom Auftriebskörper angehoben werden

Abb. 6b Rettungsweste in falscher Kombination mit Atemschutzgerät: Der Auftriebskörper muss immer über den Schultergurten liegen

Abb. 6c Rettungsweste in falscher Kombination mit Atemschutzgerät. Gefahr: Wenn der Auftriebskörper unter dem Schultergurt liegt, kann er sich nicht vollständig entfalten. Entsprechend entwickelt diese Rettungsweste nicht den vollen Auftrieb

2.3 Schutzhüllen

Rettungswesten können nach DIN EN ISO 12402-8 mit einer Schutzhülle gegen metallische Spritzer, Wärmestrahlung und Flammen ausgestattet sein (Abbildung 7). Durch diese Hülle können Rettungswesten vor allem im Außenangriff eingesetzt werden und sind vor Beschädigung geschützt. Die in der DIN EN ISO 12402-8 definierten Anforderungen an die Schutzhülle beziehen sich nur auf die Brandeigenschaften der verwendeten Materialien. Es gibt normativ keine Prüfung der gesamten Rettungsweste unter Bedingungen ähnlich einem Innenangriff, wie sie für Atemschutzgeräte oder für Schutzkleidung zur Brandbekämpfung gefordert ist. Bestimmte Hersteller, die auch den Feuerwehrsektor bedienen, haben Gutachten über Materialprüfungen in Anlehnung an Zulassungsprüfungen für Pressluftatmer und Schutzkleidung für den Innenangriff erstellen lassen, um überhaupt eine Eignung der Rettungswesten für die Nutzung während des Innenangriffs darzustellen. Es ist folglich nicht gesichert, dass eine Rettungsweste nach einem Innengriff noch sicher funktioniert. Wurde eine Rettungsweste im Innenangriff getragen, ist sie anschließend außerordentlich durch eine befähigte Person zu prüfen (siehe hierzu § 11 (3) DGUV Vorschrift 49 "Feuerwehren").

Abb. 7 Rettungsweste mit metallisierter Schutzhülle

Beim Innenangriff auf einem Binnenschiff besteht im Innern des Schiffs üblicherweise nicht die Gefahr des Ertrinkens. Wird dennoch eine Rettungsweste getragen, kann die manuelle Auslösung versehentlich betätigt werden, beispielsweise durch Hängenbleiben. Zusätzlich behindert die Rettungsweste die Fortbewegung und Handlungen zur Menschenrettung und Brandbekämpfung. Aus diesen Gründen wird empfohlen, Rettungswesten - unabhängig von der Schutzhülle - vor einem Innenangriff abzulegen. Zur Sicherstellung des Schutzziels "vor Ertrinken schützen" wird ein Sicherungsboot in der Nähe des Havaristen (in Fließgewässern im Unterstrom) positioniert, um eine über Bord gegangene Einsatzkraft sofort retten zu können (Abbildung 14).

2.4 Weitere Ausstattung

Rettungswesten müssen über eine Signalpfeife und eine Bergeschlaufe verfügen.

Die Sichtbarkeit der Rettungsweste bei Tag ist durch die Farbgebung des Auftriebskörpers sehr gut. Bei Nacht, ohne Lichteinwirkung, kann zur visuellen Ortung die auffällige Auftriebskörperfarbe nicht beitragen. Solange keine Lichtquelle den Auftriebskörper anleuchtet, kommen auch die retroreflektierenden Streifen auf dem Auftriebskörper nicht zur Geltung. Daher empfiehlt es sich, die Rettungswesten mit einem vom Rettungswestenhersteller für die Nachrüstung zugelassenen Notlicht auszustatten, das bei Auslösung der Rettungsweste in Kombination mit Wasser selbständig das blinkende Leuchten beginnt. Gerade bei Wellengang und/oder erhöhter Fließgeschwindigkeit des Gewässers ist eine schnelle Ortung damit möglich.

3 Einsatzszenarien und Kombination von Rettungsweste mit Atemschutz

3.1 Außenangriff

Achtung Ertrinkungsgefahr:

Es ist daher beim Außenangriff auf eine sichere Trageweise von Atemschutzgerät und Rettungsweste zu achten. Der Lungenautomat ist angeschlossen (Abbildung 9).

Abb. 8a

Abb. 8b

Abb. 9

3.2 Innenangriff

Wie in Punkt 2.3 bereits dargelegt, wird für den Innenangriff die Rettungsweste abgelegt (Abbildung 10).

Stürzt eine Einsatzkraft ohne Rettungsweste, aber mit Pressluftatmer und angeschlossenem Lungenautomaten trotzdem ins Wasser, bleibt das Atemschutzgerät auch in geringen Wassertiefen funktionsfähig. Durch die Luft in der Überbekleidung treibt die Einsatzkraft eine gewisse Zeit an der Wasseroberfläche und kann durch das Sicherungsboot gerettet werden (Abbildung 11a).

Ist die Überbekleidung vollständig mit Wasser vollgesaugt, bietet sie jedoch keinen Auftrieb mehr und die Einsatzkraft geht unter (Abbildung 11b). Dies ist vor allem bei einem zweiten Sturz ins Wasser gefährlich.

Abb. 10

Abb. 11a

Abb. 11b

3.3 Bereitstellung als Sicherheitstrupp auf einem Binnenschiff

Wie bei jedem Atemschutzeinsatz müssen gemäß § 24 (3) DGUV Vorschrift 49 auch bei der Brandbekämpfung auf Binnenschiffen Sicherheitstrupps in ausreichender Anzahl zum sofortigen Einsatz bereitstehen. Auf die Rettungsweste kann in der Bereitstellung verzichtet werden, wenn der Sicherheitstrupp so auf dem Schiff positioniert wird, dass er nicht ins Wasser stürzen kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Sicherheitstrupp mittig auf dem Deck positioniert wird oder das Deck mit einer Reling mit mindestens 90 cm Höhe umwehrt ist. Nur in diesen Fällen ist es gerechtfertigt, dass der Atemanschluss angelegt, der Lungenautomat aber nicht angeschlossen ist (Abbildung 12).

Muss der Sicherheitstrupp aus einsatztaktischen Gründen in einem Bereich in Bereitstellung gehen, in dem er ins Wasser stürzen kann, muss er sich z.B. mit dem Feuerwehrhaltegurt rückhalten (Abbildung 13).

Abb. 12

Abb. 13

3.4 Bereitstellung des Sicherungsbootes für den Einsatz auf dem Havaristen

Für Einsatzkräfte, die auf einem Havaristen ohne Rettungsweste in den Innenangriff gehen, ist als Kompensationsmaßnahme zur Sicherheit gegen Ertrinken ein Sicherungsboot in der Nähe des Havaristen (bei Fließgewässern im Unterstrom des Havaristen) zu positionieren, um sie bei einem eventuellen über Bord gehen sofort retten zu können.

Abb. 14

3.5 Anfahrt des Binnenschiffs mit einem Boot der Feuerwehr und Angriffsentwicklung auf dem Binnenschiff

Während der Anfahrt mit einem Boot der Feuerwehr sind gemäß § 22 der DGUV Vorschrift 49 Rettungswesten zu tragen. Die Atemschutzgeräte werden zweckmäßigerweise auf dem Rücken getragen, der Atemanschluss ist nicht angelegt. Der Helm findet auf dem Kopf seinen Platz (Abbildung 15). Die Kinnriemen können geschlossen werden. Erfahrungsgemäß besteht bei geschlossenem Kinnriemen keine Gefahr der Strangulation im Moment des Wassersturzes durch den Auftrieb des Helmes. Wird der Helm mit geöffnetem Kinnriemen auf der Anfahrt oder beim Übersteigen auf das Binnenschiff verloren, ist die Einsatzkraft nicht mehr für Einsatztätigkeiten einsetzbar. Während dem Umladen der Ausrüstung auf das Binnenschiff und der Angriffsentwicklung an Deck stört das Atemschutzgerät unnötig und kann abgelegt werden. Deswegen ist es sinnvoll, auf der Anfahrt mit dem Mehrzweckboot, immer zuerst die Rettungsweste und danach das Atemschutzgerät anzulegen (auch wenn es sich um eine Weste mit zweiteiligem Rückengurt handelt, die nach dem Atemschutzgerät angezogen werden könnte). Denn so kann an Deck das Atemschutzgerät für die weiteren Tätigkeiten schnell abgelegt werden, ohne dass die Rettungsweste zuerst ab- und dann wieder angelegt werden muss (Abbildung 16).

Abb. 15 Eine Staffel mit dem Auftrag Brandbekämpfung ist auf dem Weg zu einem Binnenschiff.

Abb. 16

4 Weitere Informationen

DGUV Regelwerk für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Normen

Bezugsquelle: Beuth-Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin und VDE-Verlag, Bismarckstraße 33, 10625 Berlin


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