![]() Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an. ▢ Regelwerk; BGI / DGUV-I | ![]() |
DGUV Information 209-072 - Wasserstoffsicherheit in Werkstätten
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information
(Ausgabe 10/2009; 0/2021)
Archiv 10/2009
bisher:
BGI 5108
Änderungen zur letzten Ausgabe
Die vorhandene Schrift wurde redaktionell überarbeitet und an den aktuellen Stand der Technik angepasst:
Diese DGUV Information wurde ursprünglich als BGI 5108 vom damaligen Fachausschuss "Metall und Oberflächenbehandlung" der Berufsgenossenschaft Metall und der Berufsgenossenschaft der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen (BG BAHNEN) unter Beteiligung der führenden deutschen Pkw- und Nutzfahrzeughersteller erarbeitet und wird aktuell vom Sachgebiet Fahrzeugbau, -antriebssysteme und Instandhaltung des Fachbereichs Holz und Metall der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) herausgegeben. Die hier vorliegende DGUV Information 209-072 ist eine redaktionelle Überarbeitung der BGI 5108.
Unternehmer und Unternehmerinnen müssen für die Instandsetzung von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen in Werkstätten nach § 2 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe treffen. Die Maßnahmen sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) zu ermitteln. Dabei sind besonders die sich aus der Benutzung von Arbeitsmitteln nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sowie die sich durch die Verwendung von Arbeitsstoffen unter Berücksichtigung der Arbeitsumgebung ergebenden Gefährdungen zu berücksichtigen.
Diese DGUV Information enthält ausschließlich Sicherheitsanforderungen, die das Verhalten der Versicherten betreffen. Hinweise, Erläuterungen und beispielhafte Lösungsansätze sollen die verantwortlichen Unternehmer und Unternehmerinnen bei der Erfüllung ihrer Pflichten unterstützen.
Die in dieser DGUV Information enthaltenen technischen Lösungen schließen andere, mindestens ebenso sichere Lösungen nicht aus, die auch in technischen Regeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der Türkei oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ihren Niederschlag gefunden haben können.
Diese DGUV Information enthält die wesentlichen Gefährdungen und Sicherheitsmaßnahmen, zu denen die Versicherten nach § 4 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" zu unterweisen sind. Eine Auswahl der zu berücksichtigenden Vorschriften und Regeln enthält der Anhang. Anforderungen an bauliche Anlagen, technische Einrichtungen und Arbeitsmittel sowie Sicherheitsmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsstoffen sind grundsätzlich in staatlichen Arbeitsschutzvorschriften vorhanden. Auch dazu sind die wichtigsten Vorschriften und Regeln im Anhang aufgeführt.
In dieser DGUV Information werden Serienfahrzeuge behandelt. Für Fahrzeuge in Versuchsbetrieben (vor dem "SOP" [Start of Production]) gelten abweichende Regelungen. Hier sind die Gefährdungen zu ermitteln und daraus entsprechende Sicherheitsmaßnahmen abzuleiten. Grundsätzliche Anforderungen sind in Kapitel 6 beschrieben.
Im Kraftfahrzeugbereich werden Spannungen oberhalb von 30 Volt AC beziehungsweise 60 Volt DC mit dem Begriff Hochvolt bezeichnet.
In der DGUV Information 209-093 "Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen" werden Anforderungen an die Qualifizierung der Personen für Arbeiten an Kraftfahrzeugen mit HV-Systemen beschrieben. Auf diese Anforderungen sowie weitere gültige Regelungen und Normen wird im Anhang verwiesen.
Neben den Erfahrungen, die bei den Mitgliedsunternehmen der Unfallversicherungsträger, den Unfallversicherungsträgern selbst und den Fahrzeugherstellern vorliegen, wurde zur Erstellung dieser DGUV Information eine Literaturstudie durchgeführt, die das Unfallgeschehen im Zusammenhang mit Wasserstoffsystemen darstellt. Weiter wurden zur Ermittlung der Gefahr drohenden Menge in Werkstätten umfangreiche Zündversuche durchgeführt. Die Ergebnisse der Literaturstudie und der Versuche wurden in diese DGUV Information eingearbeitet.
1 Grundlagen der Wasserstofftechnik
Um die spezifischen Gefährdungen beim Umgang mit Wasserstofffahrzeugen im Betrieb und bei der Instandhaltung beurteilen zu können, ist es erforderlich, die Grundlagen der Wasserstofftechnik zu kennen. Aus den Grundlagen ist auch die Erkenntnis abzuleiten, dass man unter Beachtung der entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen mit Wasserstofffahrzeugen einen mit anderen gasbetriebenen Fahrzeugen vergleichbar sicheren Betrieb gewährleisten kann.
Eine wichtige Voraussetzung ist die sichere Instandsetzung. Häufig wird in der Wasserstofftechnologie der Vergleich zum Erdgas herangezogen, dennoch gibt es in der Anwendung beider Technologien wesentliche Unterschiede, die auch eine unterschiedliche Werkstattausstattung erforderlich machen.
Abb. 1 Die Wasserstofftechnologie wird auch bei Nutzfahrzeugen erprobt.
Abb. 2 Fahrzeuge verschiedener Hersteller werden inzwischen in größerer Stückzahl zugelassen.
2 Eigenschaften von Wasserstoff
Tabelle 1: Wasserstoff im Vergleich mit anderen Energieträgern
Eigenschaft | Wasserstoff | Erdgas (CH4) | Benzin | Diesel |
Aussehen | farblos | farblos | farblos bis leicht bernsteinfarben | leicht bernsteinfarben |
Geruch | geruchslos | odoriert | charakteristisch/unangenehm | charakteristisch/unangenehm |
Molmasse | 2,02 g/mol | 16,04 g/mol | ~ 107 g/mol | ~ 120 - 320 g/mol |
Zustand bei 20 °C | gasförmig | gasförmig | flüssig | flüssig |
Dichte (20 °C, 1 bar) | 0,08 kg/m3 | 0,718 g/m3 | 0,7-0,78 kg/l | 0,84 - 0,88 kg/l |
Relative Dichte, gasf. (Luft = 1) | 0,070 | 0,55 | Flüssigkeit | Flüssigkeit |
Siedepunkt | 20,3 K = -252,7 °C | -161,5 °C | 30 °C - 215 °C | 170 °C - 390 °C |
Kritische Temperatur/kritischer Druck | -239,3 °C /13 bar | -82,5 °C /45 bar | 267 - 296 °C /24 - 27 bar | **617,7 °C /21,1 bar |
Dampfdruck bei 20 °C | entfällt | entfällt | 0,78 bar | ** 0,001 bar |
Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar) | 1,6 mg/l | 26 mg/l | Nicht löslich | Nicht löslich |
Flammenfarbe | unsichtbar (ultravioletter Bereich) | sichtbar | sichtbar | sichtbar |
Flammpunkt | entfällt | entfällt | -20 °C | > 55 °C |
Zündtemperatur | 560 °C | 595 °C | 220 °C | 250 °C |
Zündgrenzen (in Luft): UEG/OEG | 4/77 Vol.-% | 5/15 Vol.-% | 0,6/8 Vol.-% | 0,6/6,5 Vol.-% |
Detonationsgrenze | (11) 18 % - 59 % | 6,3 % - 13,5 % | 1,1 % - 3,3 % | |
Verbrennungsgeschwindigkeit | 102 - 346 cm/s | 43 cm/s | 40 cm/s | |
Mindestzündenergie | 0,02 mJ | 0,28 mJ | 0,24 mJ | |
Verdampfungswärme | 445,4 kJ/kg | 509,9 kJ/kg | 309 kJ/kg | 544 - 785 kJ/kg |
Wärmeleitfähigkeit Gas* | 1,897 mW/cm K | 0,33 mW/cm K | 0,12 mW/cm K | |
Wärmeleitfähigkeit Flüssigkeit | 1 mW/cm k | 1,86 mW/cm K | 1,31 mW/cm K | 1,5 mW/cm K |
Unterer Heizwert | 2,995 kWh/Nm3 | 9,968 KWh/Nm3 | 42,5 MJ/kg | 43 MJ/kg |
Oberer Heizwert | 39,4 kWh/kg | 13,9 kWh/kg | 46,7 MJ/kg | 45,9 MJ/kg |
* Normbedingungen, ** n-Decan |
Wasserstoff (H2 ) ist ein unter Normalbedingungen farbloses, geruchloses und ungiftiges Gas. Bei -252,7 °C und Normaldruck kondensiert Wasserstoff zu einer farblosen Flüssigkeit, bei -259,2 °C kristallisiert er zu einem weißen Feststoff. Flüssiger Wasserstoff ist farb- und geruchlos. Ein Liter flüssiger Wasserstoff ergibt bei Normaldruck und Normaltemperatur ca. 850 l gasförmigen Wasserstoff.
Wasserstoffgas hat eine Dichte von 0,09 kg/cm3 und ist das leichteste Gas im Periodensystem. Wasserstoff ist etwa 14-mal leichter als Luft und somit leicht flüchtig. Wird Wasserstoff freigesetzt, steigt er sehr schnell nach oben, verteilt sich beim Aufstieg sehr schnell und diffundiert stark. In Hallen kann er sich unter ungünstigen architektonischen Gegebenheiten und Lüftungsbedingungen unter der Hallendecke sammeln und muss zügig abgeführt werden, da sonst sehr schnell die untere Explosionsgrenze erreicht ist. Der Wasserstoff muss dabei ohne wirksame Zündquellen abgeführt werden. Aufgrund der schnellen Diffusion des Wasserstoffs ist das nur erforderlich, wenn erhebliche Mengen H2 schlagartig austreten.
Bei geringen Wasserstoffmengen ist eine sehr schnelle Diffusion zu erwarten. Die konkrete Bedeutung dieser Eigenschaften wird im Abschnitt 5 "Anforderungen an und Maßnahmen in Werkstätten" beschrieben.
Im Unterschied zu Erdgas wird bei Wasserstoffgas keine Odorierung (Zusatz von Geruchsstoffen) vorgenommen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die zugesetzten Geruchsstoffe unerwünschte Nebeneffekte haben. Undichtigkeiten können daher nur mit Gassensoren oder Lecksuchspray aufgespürt werden.
Erdgas hat im Vergleich mit Wasserstoff einen recht geringen Explosionsbereich. Ein Wasserstoff/Luft-Gemisch lässt sich theoretisch bereits ab einem Anteil von 4 Vol.-% Wasserstoff entzünden (UEG = 4 Vol.-%), in der Praxis sind jedoch mehr als 6 % Wasserstoff erforderlich, um eine nennenswerte Reaktion zu erhalten. Die obere Explosionsgrenze von 77 Vol.-% ermöglicht noch die Zündung eines sehr fetten Gemischs mit Luft. Die Bandbreite der Explosionsgrenzen von Wasserstoff ist somit sehr viel problematischer als die von Erdgas.
Ein Wasserstoff/Luft-Gemisch innerhalb der Explosionsgrenzen kann mit einer sehr geringen Mindestzündenergie ab 0,02 mJ zur Zündung gebracht werden. Erdgas hingegen benötigt 0,28 mJ als Mindestzündenergie. In der Praxis liegen jedoch ohnehin die meisten potenziellen Zündquellen, zum Beispiel statische Entladung, über dem Mindestwert von Erdgas oder Benzin-Luft-Gemischen, sodass der Unterschied nicht wesentlich ist.
3 Stand der Speichertechnik
Für den mobilen Einsatz werden derzeit fast ausschließlich zwei Speicherlösungen eingesetzt.
3.1 Art der Speicherung flüssig/gasförmig
Die Speicherung von komprimiertem Wasserstoff (CGH2 ) in faserverstärkten Druckbehältern erfolgt bei 350 bzw. 700 bar bei 15 °C. Flüssiger Wasserstoff (LH2 ) wird in vakuumisolierten Speicherbehältern bei -253 °C gespeichert. Die eingesetzten Speichersysteme umfassen bei CGH2 einen oder mehrere Druckbehälter, bei LH2 wird meist nur ein Speicherbehälter eingesetzt.
3.2 Speichermengen Personenkraftwagen/Nutzfahrzeug
Die Speicherdichten betragen für CGH2 24 kg/m3 bei 350 bar bzw. 40,2 kg/m3 bei 700 bar sowie ca. 70 kg/m3 für LH2.
Typische Speichermengen im Pkw liegen aktuell im Bereich von 1,5 kg bis 11 kg (CGH2 bis 700 bar und LH2). In Linienbussen betragen die Speichermengen bis zu ca. 50 kg (CGH2 bis 350 bar).
Beim Betanken von Fahrzeugen mit CGH2-Tanks können in den Speicherbehältern des Tanksystems Temperaturen im Bereich der maximal erlaubten Arbeitstemperatur der Komponenten von 85 °C auftreten. Aufgrund von Temperaturerhöhungen kommt es zu Druckerhöhungen im Behälter, die den Nennbetriebsdruck von 350 bar auf 438 bar beziehungsweise von 700 bar auf 875 bar ansteigen lassen. Das entspricht dem höchstzulässigen Betriebsdruck der Behälter.
Abb. 3 Ein Tanksystem kann wie hier aus mehreren gekoppelten Speichern am Fahrzeug verbaut werden.
3.3 Gasführende Komponenten
Als "wasserstoffführende Komponenten" werden der Wasserstoffbehälter und alle anderen Teile des Fahrzeugs bezeichnet, die in direktem Kontakt mit Wasserstoff stehen oder die Bestandteile eines Systems sind, das aufgrund der Verwendung von Wasserstoff in das Fahrzeug eingebaut ist.
Abb. 4 Vereinfachter Aufbau eines CGH2-Systems (Prinzipdarstellung)
Abb. 5 Vereinfachter Aufbau eines LH2-Systems (Prinzipdarstellung)
3.4 Sicherheitseinrichtungen der Fahrzeuge
Die erforderlichen Sicherheitseinrichtungen sowie die technischen Anforderungen und Bedingungen, denen sie unterliegen, sind ausführlich in den im Anhang aufgeführten Normen und Regeln für die Zulassung von Fahrzeugen und von spezifischen Komponenten für Fahrzeuge, die Wasserstoff als Kraftstoff verwenden, beschrieben. Diese Normen und Regeln sind derzeit für die Erteilung der allgemeinen Betriebserlaubnis nach § 20 StVZO für Fahrzeuge mit Druckgasanlagen und Speichersystemen mit Wasserstoff in Deutschland relevant.
Die wesentlichen Sicherheitseinrichtungen der beiden Speichertechniken werden im Folgenden kurz beschrieben.
CGH2-Anlagen
Abb. 6 Die CGH2-Druckbehälter sind hier am Fahrgestell eines Nutzfahrzeugs angebracht. Für Arbeiten an Tanksystemen auf dem Dach, z.B. bei Bussen, sind besondere Maßnahmen zur Absturzsicherung zu treffen.
LH2-Anlagen
3.5 Spannungsführende Teile
Hochvolt-Leitungen (HV) werden in der Farbe Orange ausgeführt, Hochvolt-Komponenten werden oft mit einem Aufkleber als Hinweis auf die Hochvolttechnik versehen. Das gewährleistet im Havariefall Rettungs- und Bergungskräften zusätzliche Sicherheit. Die Thematik Hochvolt-Systeme in Kraftfahrzeugen wird in diesem Leitfaden nicht näher behandelt, dazu verweisen wir auf die DGUV Information 209-093 "Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen".
4 Explosionsschutz in Werkstätten
4.1 Gefährdungsbeurteilung und abgeleitete Explosionsschutzmaßnahmen
Aufgrund der Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ist grundsätzlich eine Gefährdungsbeurteilung erforderlich. Sie schließt eine Beurteilung der explosionsgefährdeten Bereiche sowie der Fahrzeuge ein. Aus der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung, bei der Unternehmerinnen und Unternehmer einen großen Gestaltungsspielraum besitzen, werden angemessene Schutzmaßnahmen abgeleitet und anschließend im Explosionsschutzdokument festgehalten. Die Beschäftigten müssen regelmäßig zu den auftretenden Gefährdungen unterwiesen werden. Die Unterweisungen sind zu dokumentieren; für besonders kritische Bereiche sind auch schriftliche Betriebsanweisungen erforderlich.
Die Erstellung von Explosionsschutzdokumenten ist auch für alle anderen Bereiche mit Explosionsgefährdung erforderlich, zum Beispiel für Lackierkabinen. Das Explosionsschutzdokument ist stets auf dem aktuellen Stand zu halten.
Abb. 7 Für alle Werkstätten ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und zu dokumentieren.
Die Gefährdungsbeurteilung ist auch für Fahrzeuge durchzuführen.
Explosionsgefährdete Bereiche werden nach Häufigkeit und Dauer des Auftretens von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in die Zonen 0, 1 und 2 unterteilt. Für Wasserstofffahrzeuge ergibt sich damit folgende Einstufung:
Die Eigenschaften von Wasserstoff wurden eingangs beschrieben und unterscheiden sich von denen konventioneller Kraftstoffe. Bei der Einteilung der Zonen ist aufgrund der geringen Dichte, der hohen Diffusion von Wasserstoff und der damit verbundenen Eigenschaften mit Augenmaß vorzugehen.
In Kfz-Werkstätten, in denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass Wasserstoff aus den fahrzeugseitigen Systemen austritt, sind sinnvoller Weise primäre Schutzmaßnahmen wie H2-Sensoren zur Erkennung und eine Abluftanlage zur Vermeidung oder Einschränkung der Bildung explosionsfähiger Atmosphären vorzusehen.
Abb. 8 Beim Tanken und in der Werkstatt sollen die Fahrzeuge an einen Potenzialausgleich angeschlossen werden.
4.2 Potenzialausgleich
Aufgrund des Potenzialgefälles des Fahrzeugs zu seiner Umgebung besteht grundsätzlich die Gefahr einer elektrostatischen Entladung. Potenzialausgleich ist erforderlich, wenn die Gefährdung durch elektrostatische Entladung (Funkenbildung) nicht durch andere Schutzmaßnahmen am Fahrzeug oder Gebäude verhindert ist. Das einfache Wechseln von Komponenten, die nicht zur Gasanlage gehören, oder von Karosserieteilen ist jedoch ohne Erdung möglich. CGH2-Fahrzeuge sind im Normalbetrieb dicht, Wasserstoffemissionen also nicht zu erwarten.
5 Anforderungen an und Maßnahmen in Werkstätten
5.1 Einfahrt in Werkstätten mit Wasserstofffahrzeugen
Wie bereits beschrieben, sind Fahrzeuge mit komprimiertem Wasserstoff betriebsmäßig dicht. Fahrzeuge mit Flüssigwasserstoffspeicherung, die über ein sicheres "Boiloff-Management" verfügen, werden in dieser Hinsicht gleichbehandelt. Ein sicheres "Boiloff-Management" sorgt durch Verdünnung oder katalytische Umsetzung der betriebsbedingten Wasserstoffabgabe dafür, dass sie keinerlei Gefahr mehr für die Umgebung darstellt. Somit können grundsätzlich Fahrzeuge mit beiden Speichertypen ohne weitere Maßnahmen in Werkstätten eingefahren werden.
Es ist jedoch sicherzustellen, dass keine Schädigung von wasserstoffführenden Teilen (z.B. durch Unfall) vorliegt und/ oder das fahrzeugeigene H2-Überwachungssystem keine Warnhinweise auf eventuelle Leckagen gibt. Im Fall einer Schädigung von wasserstoffführenden Teilen, einschließlich des Tanksystems, oder einer diagnostizierten Wasserstoffleckage durch fahrzeugeigene oder externe H2-Gassensorik ist das Tanksystem außerhalb der Werkstatt zu entleeren. Im Fall einer Schädigung von wasserstoffführenden Teilen ist der Tank vom Leitungssystem zu trennen und das System zu entleeren. Die Entleerung ist an einem geeigneten Platz, bevorzugt im Freigelände, gemäß Herstellerangabe durchzuführen. Während der Entleerung sind Zündquellen fernzuhalten. Die Definition, ab wann der Tank als leer angesehen werden kann, ist den Herstellerinformationen zu entnehmen.
Nach Einfahrt in eine Werkstatt sollen Fahrzeuge mit Flüssigwasserstoffspeicherung an einen Potenzialausgleich angeschlossen werden, sofern die Werkstatt über keinen ableitfähigen Boden verfügt. Für CGH2-betankte Fahrzeuge sind zum Abstellen in Werkstätten keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
Wenn Zweifel bestehen, zum Beispiel bei schlechtem Fahrzeugzustand, unbekannter Herkunft, mechanischer Schädigung unbekannten Ausmaßes, spannungsfreien Fahrzeugen, müssen die Hohlräume am Fahrzeug mit einem H2-Sensor auf Wasserstoffaustritt geprüft werden, wenn sie ohne Demontage erreichbar sind. Hohlräume sind zum Beispiel Motorraum, Innenraum, Radkästen, Kofferraum, Tankstutzen und Tankzuführung.
Abb. 9 Die Eingangsprüfung eines Fahrzeugs sollte mit einem H2-Handsensor durchgeführt werden.
5.2 Routinearbeiten (nach DGUV Regel 109-009 "Fahrzeug-Instandhaltung")
Wie dargestellt werden wasserstoffbetriebene Fahrzeuge als betriebsmäßig dicht angesehen, wenn die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden, die in der DGUV Regel 109-009 "Fahrzeug-Instandhaltung" angegeben sind. Danach ist auch für ausreichende Belüftung mit mindestens dreifachem Luftwechsel zu sorgen. Routinearbeiten, wie das Wechseln oder Nachfüllen von Betriebsstoffen oder das Austauschen nicht wasserstoffführender Teile, bedürfen keiner besonderen Maßnahmen.
Ausgenommen sind hiervon Arbeiten, die eine starke Funkenbildung und/oder einen starken Wärmeeintrag in der Nähe von gasführenden Teilen und Leitungen bewirken (z.B. Schweiß-, Schleif- und Trennarbeiten). Diese erfordern zwingend eine Inertisierung des Leitungs- und/oder Tanksystems.
Elektrische Gefährdungen von Wasserstofffahrzeugen, Hybrid-Fahrzeugen und Elektrofahrzeugen, die hochvoltführende Komponenten gemäß der Definition "Hochvolt-Systeme" enthalten, und deren Service und Handhabung werden in der DGUV Information 209-093 "Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen" behandelt.
5.3 Arbeiten an gasführenden Teilen und Leitungen
Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen und Leitungen sind bauteilspezifisch zu unterscheiden. Entscheidend für das mögliche Gefahrenpotenzial sind das im Bauteil vorhandene Gasvolumen, die vorliegende Druckstufe und der Aggregatzustand.
Wasserstoffführende Leitungen in Fahrzeugen können grundsätzlich in zwei Kategorien eingeteilt werden:
Vor Beginn der Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen und Leitungen sollte ein Hinweis über den Zustand der Befüllung (befüllt/entleert/inertisiert) gut sichtbar am oder im Fahrzeug angebracht werden. In jedem Fall ist den Anweisungen des Fahrzeugherstellers für Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen Folge zu leisten. Es ist sicherzustellen, dass vor Aufnahme der Arbeiten die Kenntnisnahme der fahrzeugspezifischen Eigenheiten und Anweisungen erfolgt ist. Da Wasserstoff sehr leicht entzündlich ist, sind Zündquellen zu vermeiden. Das wird unter anderem erreicht durch das Tragen ableitfähigen Schuhwerks (geeignete Sicherheitsschuhe). Als Kleidung wird langärmelige, nicht synthetische Kleidung empfohlen. Der Boden sollte ableitfähig sein; ist das nicht gewährleistet, sind Ersatzmaßnahmen umzusetzen.
5.3.1 Arbeiten an wasserstoffführenden Leitungen
Die vom Tanksystem wegführenden Niederdruckleitungen zur Versorgung des Antriebssystems führen nach Stand der Technik einen Wasserstoffdruck von < 30 bar. Im Niederdruckbereich wird zusätzlich noch zwischen den "class 1"(4,5 - 30 bar) und den "class 2"-Komponenten (< 4,5 bar) unterschieden.
Das Öffnen von wasserstoffführenden Leitungen sollte nach Möglichkeit nach Entleerung der Leitungen erfolgen. Sollte dies aus technischen Gründen im Einzelfall nicht möglich sein, kann langsam und vorsichtig das Öffnen von Rohrverbindungen auch ohne Entleerung oder Inertisierung erfolgen. Dabei ist für eine gute Belüftung zu sorgen. Auch sind zusätzlich Gehörschutz und Schutzbrille zu tragen. Im Nahfeld um das Fahrzeug (< 2 m Radius) sollen sich keine weiteren Personen aufhalten. Grundsätzlich ist bei der Freisetzung von Wasserstoff mit der Ausbildung explosionsfähiger Atmosphäre zu rechnen. Die Vorgaben aus den Technischen Richtlinien zum Explosionsschutz sind in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen (TRGS 721). Für das Öffnen von Leitungen sind die Vorgaben der Hersteller zu beachten. Die Hochdruckseite des Wasserstoffsystems darf grundsätzlich nur im Außenbereich mit Schutzmaßnahmen durchgeführt werden (Absperrung, Radius 10 m, Potentialausgleich, etc.).
Um einer Zündung von austretendem Wasserstoff durch statische Entladung entgegenzuwirken, muss der Boden im Arbeitsbereich leitfähig sein, oder es muss alternativ eine Erdungsleitung an die leitfähige Kraftstoffleitung angeschlossen werden, die in den Potenzialausgleich des Gebäudes eingebunden wird.
Abb. 10a und b Bei Arbeiten an wasserstoffführenden Komponenten sind besonders die herstellerspezifischen Anweisungen zu beachten.
5.3.2 Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen
Arbeiten an wasserstoffführenden Bauteilen (z.B. Ventilen) sind generell wie in Abschnitt 5.3.1 beschrieben durchzuführen. Besonderes Augenmerk ist auf die herstellerspezifischen Anweisungen zum Umgang mit diesen Komponenten und deren spezifischen Gefahrenpotenzialen zu richten. An bestimmten Komponenten darf nur nach erfolgter Inertisierung gearbeitet werden. Der Hersteller gibt hier genaue Anweisungen, wann welche Teilbereiche oder das Gesamtsystem zu inertisieren sind.
5.3.3 Arbeiten am Tanksystem
Unabhängig vom Medium dürfen generell unter hohem Druck stehende Leitungen keinesfalls geöffnet werden. Die frei werdende Druckenergie hat ein sehr hohes Gefährdungspotenzial, das lebensgefährlich ist. Das gilt jedoch für jedes Gas unter Druck, selbst für Druckluft, und ist nicht wasserstoffspezifisch.
Ein ebenso hohes Gefährdungspotenzial haben Leitungen, die unter flüssigem Wasserstoff stehen. In diesem Fall beruht es auf der tiefkalten Temperatur (-253 °C).
Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, wie wichtig es ist, die Bedienungsanleitung und die Arbeitsanweisungen des Fahrzeugherstellers sorgfältig zur Kenntnis zu nehmen. Eine unbeabsichtigte Öffnung von Leitungen unter Hochdruck oder flüssigem Wasserstoff ist unbedingt zu vermeiden. Unwissenheit kann zu erheblichen Unfällen führen.
Arbeiten am Tanksystem, an zugehörigen Füllstutzen und hochdruckführenden Leitungen bedürfen besonderer Sorgfalt. Sie sind generell nur bei entleertem oder inertisiertem Tanksystem oder bei teilentleerten oder teilinertisierten Gasanlagenteilen erlaubt.
Bestimmte Arbeiten an Leitungen und Komponenten können auch bei gefülltem Tank und lediglich entleerten Leitungen stattfinden. Wird an entleerten hochdruckführenden Leitungen gearbeitet, ohne dass der Tankbehälter vorher entleert wurde, muss dafür gesorgt werden, dass ein Öffnen des Tanksystems, und damit eine Beaufschlagung der Leitungen mit Hochdruck, nicht möglich ist (z.B. redundantes manuelles Absperren der Behälterventile). Arbeiten an Systembauteilen, die sich in Strömungsrichtung hinter dem redundant abschließbaren Zylinder befinden (z.B. Befüllnippel, Ventile oder Druckregler) können somit gefahrlos erfolgen.
Abb. 11 Einige Arbeiten an Tanksystemen können auch bei gefülltem Tank und lediglich entleerten Leitungen stattfinden.
Die Inertisierung kann beispielsweise im Fall von LH2 mit Helium, bei CGH2 mit Helium oder Stickstoff erfolgen.
Reparaturen sind wegen der bereits beschriebenen spezifischen Eigenschaften von Wasserstoff nur mit Teilen und Materialien zugelassen, die explizit durch den Hersteller der Fahrzeuge freigegeben sind, und nur nach dem von ihm vorgegebenen Verfahren. Vorsicht ist auch beim Einbau des Tanksystems geboten, da sich die CGH2-Tanks beim Befüllen auf bis zu 700 bar (bis 15 °C) um mehrere Millimeter ausdehnen können. Die Einbauvorschriften und die vorgegebenen Drehmomente sind besonders zu beachten.
Abb. 12 Nach Arbeiten an Tanksystemen werden Lecktester eingesetzt.
5.3.4 Wiederinbetriebnahme
Nach allen durchgeführten Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen und Leitungen einschließlich des Tanksystems ist grundsätzlich eine Dichtheitsprüfung nach Herstelleranweisung durchzuführen. Das bei Druckgas-Fahrzeugen erprobte und zugelassene Verfahren mit Schaum bildenden Mitteln ist unter Umständen nicht ausreichend.
Die gasführenden Leitungen und Teile sind nach Herstelleranweisung mit Inertgas zu prüfen. Anschließend ist das System nach Anweisung auf Wasserstoff umzuspülen. Unter Wasserstoff ist gemäß den Herstellerinstruktionen eine weitere Dichtheitsprüfung durchzuführen. Dabei werden mindestens alle gelösten Verbindungen mit einem H2-Leckprüfer oder einem geeigneten Lecksuchspray beim Betrieb der Anlage (geöffnete Tankventile) geprüft. Lecksuchspray wird in der Regel nur zur orientierenden Auffindung von Leckstellen eingesetzt. Für Leckageraten < 10-3 mbar l/s ist Lecksuchspray zur Auffindung von Leckagen ungeeignet.
Es ist sicherzustellen, dass die Betriebsanweisung des Lecktesters bekannt ist und dass der Lecktester für das zu prüfende Gas (N2/He/H2 ) geeignet ist. Die Arbeiten und das Ergebnis der Leckprüfung sind von einer qualifizierten Person zu protokollieren. Sollte Wasserstoff unmittelbar an einer Verbindungsstelle detektiert werden, sind die tanknahen Ventile umgehend zu schließen (z.B. Zündschlüssel abziehen). Wenn mit einem mobilen H2-Lecktester im Anschluss bereits im Nahfeld des Fahrzeugs Wasserstoff festgestellt wird, ist der Gefahrenbereich zu räumen und gemäß Gefahrenabwehrplan zu agieren.
Abb. 13 Im Rahmen einer Ausgangsprüfung können auch mobile Lecktester bei der Prüfung wasserstoffführender Leitungen eingesetzt werden.
5.4 Qualifikationen
Der Einsatz von Wasserstoff in Kraftfahrzeugen ist eine relativ neue Technologie, die deutliche Unterschiede zu konventionellen Fahrzeugen aufweist.
Durch die Verschiedenartigkeit und Komplexität der Antriebskonzepte sind umfassende und systemspezifische Qualifizierungen zum Einsatz von Wasserstofftechnologie in Kraftfahrzeugen erforderlich. Anforderungen an die Qualifizierung in Abhängigkeit von den auszuführenden Tätigkeiten sind in der Informationsschrift Fachbereich AKTUELL FB HM 099 "Gasantriebssysteme in Fahrzeugen - Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Gasantrieb" beschrieben.
Beschäftigte müssen in das Bedienen von Wasserstofffahrzeugen eingewiesen und zu Arbeiten am Fahrzeug, die nicht das Gassystem betreffen, regelmäßig unterwiesen werden.
Für Arbeiten an der Gasanlage ist eine besondere Ausbildung der Beschäftigten zur fachkundigen Person erforderlich, die mit einem Zertifikat abschließt. Dazu gehören neben der fachlichen Ausbildung am Fahrzeug und der Fehlerdiagnostik mit modernen, computergestützten Diagnosewerkzeugen die Prüfung und Interpretation von Warn- und Fehlermeldungen des Fahrzeugs sowie das Erkennen und Suchen von Leckagen. Besonders wichtig sind auch Kenntnisse über Ventile, Druckminderer, defekte Gasleitungen sowie sichere Montage und Demontage von Fittings, Erkennen defekter Verschraubungen etc. Die Beschäftigten müssen in die Nutzung von mobilen Gasdetektoren eingewiesen werden und diese Detektoren sicher handhaben können.
Abb. 14 Für die Diagnose und die Reparatur von H2-Fahrzeugen sind besondere Zusatz-Qualifikationen notwendig.
Ein Sicherheitstraining, wie es beispielsweise Hersteller von Fahrzeugen oder Wasserstoff erzeugende Unternehmen anbieten, ist Grundlage für alle Routinearbeiten und weiterführenden Arbeiten an Tanksystemen und gasführenden Leitungen und Teilen.
Qualifizierungen nach früheren Vorgaben, die mindestens die Gasanlagenprüfung (GAP) mit einer Zusatzausbildung für Wasserstoff, produktspezifische Schulungen und die fachliche Ausbildung am Fahrzeug beinhalten mussten, behalten ihre Gültigkeit, wenn ein entsprechendes Zertifikat vorliegt und die geforderten Wiederholungsschulungen entsprechend durchgeführt werden.
5.5 Betriebsanweisungen
Im Betrieb sind den Beschäftigten die spezifischen Betriebs- und Gefahrstoffanweisungen zugänglich zu machen, damit sie vor Arbeitsbeginn gelesen werden können.
Außerdem ist ein Alarmplan zu erstellen und mit den Beschäftigten zu besprechen. Nur so ist die Grundlage für ein richtiges Verhalten im Notfall gegeben, zum Beispiel einem Gasaustritt an einem Fahrzeug in der Werkstatt.
5.6 Unterweisung
Es muss zu möglichen Gefährdungen unterwiesen werden. Als relevante Unterweisungspunkte sind denkbar:
Abb. 15 Eine spezielle Unterweisung der Beschäftigten am Fahrzeug - mit praktischen Inhalten - ist zwingend vor Aufnahme der Tätigkeit an H2-Fahrzeugen vorzunehmen.
Das Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) mindert wirksam die Folgen, wenn Probleme auftreten. Abhängig von der jeweiligen Werkstattsituation kann folgende PSA sinnvoll eingesetzt werden:
Auf die spezifischen Gefährdungen muss im Einzelnen eingegangen werden. So dürfen bei LH2-Fahrzeugen keine nicht isolierten Bauteile der Gasanlage ohne Handschuhe berührt werden. Weiter ist die Inertisierung der Gasanlagen sowie das sichere Abblasen im Freien ein wichtiger Punkt. Da erfahrungsgemäß viele Probleme durch Fahrlässigkeit im Umgang mit offenen Flammen entstehen (besonders Rauchen und Schweißen) ist hier eine besonders konsequente Personalführung notwendig.
5.7 Besonderheiten
Werden Kraftfahrzeuge zerlegt und Ersatzteile dem Verwertungskreislauf zugeführt, ist besonderes Augenmerk auf die Lagerung der Tanks zu richten. Sie sind an geeigneter Stelle, möglichst im Freien, sicher zu entleeren. Der Explosionsschutz ist dabei zu beachten. Nur entleerte und inertisierte Tanks dürfen innerhalb eines Gebäudes ohne weitere Schutzmaßnahmen gelagert werden.
6 Anforderungen an die Wasserstoffwerkstatt in Entwicklungsbereichen
Abb. 16 In Versuchswerkstätten sind die Bedingungen der Be- und Entlüftung besonders zu beachten.
>
Da Wasserstoff durch menschliche Sinne nicht wahrgenommen werden kann, sollte als primäre Schutzmaßnahme die Werkstatt mit Wasserstoffsensoren ausgestattet sein. Diese Sensoren sind im Deckenbereich der Werkstatt anzuordnen und sollen im Alarmierungsfall optisch und akustisch warnen.
Die Warnsysteme sind unter Berücksichtigung der Wochenenden mit entsprechender Redundanz auszulegen, um das Versagen des Alarmsystems durch einen internen Fehler der Anlage zu vermeiden. Darüber hinaus ist das Warnsystem mit einem vorhandenen Lüftungs- oder Entrauchungssystem so zu koppeln, dass im Alarmfall eine starke Lüftung eingeschaltet wird und/ oder zusätzliche Entlüftungsöffnungen freigegeben werden, wenn die Konstruktion des Hallendachs diese Möglichkeit bietet. Das Lüftungssystem und die Entlüftungsöffnungen müssen an den höchsten Punkten im Deckenbereich angeordnet sein.
Bei einer Alarmierung wird die gesamte elektrische Anlage mit Ausnahme der explosionsgeschützten Installationen abgeschaltet. Das betrifft auch die üblicherweise im Deckenbereich angebrachte Beleuchtung, die bis auf eine explosionsgeschützte Notbeleuchtung ebenfalls abzuschalten ist. Die Lüftung gehört zum ≫Notsystem≪ und darf nicht mit abgeschaltet werden. Die Sensorik an der Hallendecke kann nur größere austretende Gasmengen erfassen. Für Arbeiten am Fahrzeug wird zusätzlich ein mobiles Gerät empfohlen.
Die Lüftungsanlage ist für eine starke Entlüftung zu dimensionieren, damit im Alarmfall der Wasserstoff aus dem Deckenbereich schnell abgeführt werden kann.
Da diese Lüftung im Gefahrfall ein Wasserstoff/Luft-Gemisch absaugt, muss die Abluftanlage explosionsgeschützt ausgelegt sein. Allerdings besteht die Möglichkeit, den Lüfterantrieb auf dem Dach außerhalb der Lüftungskanäle anzuordnen, was die Kosten deutlich verringert. Bei kleinen Werkstätten ist auch die Frischluftzufuhr zu beachten: Bei starker Saugleistung des oder der Dachlüfter(s) muss im Fußbodenbereich für eine geeignete Frischluftnachströmung gesorgt werden. Wenn ortsfeste Systeme Alarm geben, sollte die Feuerwehr diese Bereiche nur mit einer ortskundigen Person betreten.
Nach den bereits vorliegenden Erfahrungen lassen sich für H2-Fahrzeuge einige allgemeingültige Sicherheitskonzepte ableiten. In allen Werkstätten wurden Wasserstoffsensoren installiert, die bei spätestens 0,8 % H2 (entspricht 20 % der UEG) einen Voralarm und beim zweifachen dieses Werts den Hauptalarm auslösen.
Kommt es zu einem Hauptalarm, werden folgende Maßnahmen eingeleitet:
Wird Voralarm ausgelöst, kann er selbsttätig wieder aufgehoben werden, sobald die Wasserstoffkonzentration wieder unter den festgelegten Wert fällt. Abhängig vom Sicherheitskonzept muss der Hauptalarm jedoch manuell quittiert und zurückgesetzt werden. Es muss sichergestellt werden, dass im Alarmfall nur die explosionsgeschützten Einrichtungen wie Lüftung, Gaswarnanlage und Notbeleuchtung am Netz bleiben.
Da bei LH2-Fahrzeugen ohne Boiloff-Management ständig Wasserstoffgas an die Umgebung abgegeben wird, sind diese Fahrzeuge als betriebsmäßig undicht zu betrachten. Dadurch sind besondere Sicherheitsmaßnahmen in Werkstätten, Wartungs- und Abstellhallen erforderlich. Da an den Austrittsöffnungen dieser Fahrzeuge immer ein zündfähiges Gemisch entstehen kann, ist eine ständige sichere Abführung des Wasserstoffs erforderlich und es sind besondere Explosionsschutzmaßnahmen zu treffen.
Literaturverzeichnis | Anhang |
1. Gesetze und Verordnungen
Bezugsquellen: Buchhandel und Internet: z.B. www.gesetze-im-internet.de
2. Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Bezugsquellen: Bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger und unter www.dguv.de/publikationen
Vorschriften
Regeln
Informationen
3. Normen/VDI- und VDE-Richtlinien
Bezugsquellen der aktuellen Ausgaben: Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, www.beuth.de bzw.
4. Sonstiges
![]() | ENDE | ![]() |
...
X
⍂
↑
↓