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BauGBÄndG 2013 - Mustererlass
Muster-Einführungserlass zum Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts
Vom 20. September 2013
ARGEBAU
vgl. BR-DS.: 474/12
Paragrafenangaben ohne Gesetzesbezeichnung sind solche des Baugesetzbuchs.
1 Allgemeines
1.1 Einführung
Das Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548) ist im Wesentlichen am 20. September 2013 in Kraft getreten. Abweichend davon sind die Änderungen der §§ 11, 124 und 242 sowie § 245a Absatz 2 am 21. Juni 2013 in Kraft getreten. Die Änderungen der §§ 192, 198 werden am 20. Dezember 2013 in Kraft treten.
Das Gesetz sieht im Anschluss an das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) weitere Möglichkeiten zur Stärkung der Innenentwicklung vor. Ein besonderer Stellenwert kommt hier der Begrenzung der Flächenneuinanspruchnahme zu. Für die Bauleitplanung sind insoweit insbesondere die Einführung eines Vorrangs der Innenentwicklung (§ 1 Absatz 5 Satz 3), die erweiterten Begründungsanforderungen bei der Umwandlung von landwirtschaftlich und als Wald genutzten Flächen (§ 1a Absatz 2 Satz 4) und die Flexibilisierung bei Überschreitung der Obergrenzen des § 17 BauNVO hervorzuheben. Für Bauvorhaben im Außenbereich nach § 35 wird der Bodenschutz, einschließlich des Aspekts der Bodenversiegelung, bereits nach bisherigem Recht durch § 35 Absatz 3 Nummer 5 und Absatz 5 Satz 1 berücksichtigt.
Die Änderungen der Baunutzungsverordnung ergänzen auch die Regelungen des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden vom 22. Juli 2011 (BGBl. I S. 1509) zur Nutzung erneuerbarer Energien.
Mit den Änderungen der Regelungen zur Wertermittlung sollen die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte verbessert werden.
1.2 Überblick über die Neuregelungen
Wesentliche Änderungen im Baugesetzbuch sind:
Wesentliche Änderungen der Baunutzungsverordnung sind:
2 Bauleitplanung
2.1 Vorrangige Ausrichtung der Bauleitplanung auf die Innenentwicklung (§ 1 Absatz 5 Satz 3)
§ 1 Absatz 5 bestimmt allgemein die Aufgaben und Ziele der Bauleitplanung. Satz 1 benennt dazu die Gewährleistung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und einer sozialgerechten Bodennutzung und Satz 2 den Beitrag der Bauleitplanung zu "menschenwürdiger Umwelt", "natürlichen Lebensgrundlagen", "Klimaschutz und Klimaanpassung", "Baukultur". In dem neuen Satz 3 ist bestimmt, dass hierzu, d. h. zur Verwirklichung der in den Sätzen 1 und 2 bestimmten Aufgaben und Ziele, die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen soll.
Das verdeutlicht, dass die wesentlichen Steuerungs- und Gestaltungsaufgaben der Bauleitplanung hauptsächlich auf den Siedlungsbestand ausgerichtet werden sollen, um eine ökonomisch, ökologisch und baukulturell belastende Siedlungsexpansion durch Flächenneuinanspruchnahme zu vermeiden und stattdessen die Attraktivität und Lebensqualität in den Innenstädten, Ortskernen und Bestandsgebieten zu stärken.
Die neue Bestimmung steht im Zusammenhang mit der Ergänzung der Bodenschutzklausel durch die erweiterten Begründungsanforderungen bei der (Neu-) Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Siedlungszwecke (§ 1a Absatz 2 Satz 4) und
ist wie diese vor dem Hintergrund der Zielstellung des Bundes zu sehen, die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke bis zum Jahr 2020 auf 30 ha/Tag zurückzuführen.
Hinweise zu den Merkmalen der Innenentwicklung ergeben sich aus § 1a Absatz 2 Satz 1 und § 13a Absatz 1 Satz 1 sowie aus den Begründungsanforderungen des § 1a Absatz 2 Satz 4 (siehe Nr. 2.3). Unabhängig davon können Bauleitpläne auch dann dem § 1 Absatz 5 Satz 3 entsprechen, wenn die Planung der Entlastung und Aufwertung der Innenstadt dient, wie etwa eine Umgehungsstraße oder die Verlagerung eines störenden Betriebs.
Unberührt von § 1 Absatz 5 Satz 3 bleibt der unverändert beibehaltene, konkretere Planungsgrundsatz zur Innenentwicklung in der Bodenschutzklausel des § 1a Absatz 2 Satz 1.
Der in § 1 Absatz 5 Satz 3 formulierte Vorrang von Maßnahmen der Innenentwicklung bei der städtebaulichen Entwicklung schließt andere Maßnahmen nicht aus; er ist also nicht im Sinne einer "Baulandsperre" oder eines "Versiegelungsverbotes" zu verstehen. Vielmehr ist die vorrangige Ausrichtung der Bauleitplanung auf die Innenentwicklung bei der Festlegung der jeweiligen Zielen der Bauleitplanung (§ 1 Absatz 3 Satz 1) angemessen zu berücksichtigen. Im Übrigen unterliegen die davon berührten Belange der Abwägung nach § 1 Absatz 7.
2.2 Versorgungssicherheit (§ 1 Absatz 6 Nummer 8 Buchstabe e)
Infolge der im Sommer 2011 beschlossenen beschleunigten Energiewende gewinnt der Aspekt der Versorgungssicherheit als notwendiger Bestandteil der Energieversorgung zunehmend an Bedeutung. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf den notwendigen Zubau konventioneller Kraftwerke, die zum Ausgleich der fluktuierenden Einspeisung erneuerbarer Energien und zur Systemstabilität benötigt werden. Eine gesicherte Versorgung mit Elektrizität wird dabei i.d.R. überörtlich gewährleistet.
Mit der ausdrücklichen Betonung des Aspekts der Versorgungssicherheit im so genannten Belangekatalog (§ 1 Absatz 6) soll herausgestellt werden, dass die Kommunen diesen Aspekt bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen zu berücksichtigen haben.
2.3 Begründungsanforderungen bei der Umwandlung von landwirtschaftlich oder als Wald genutzten Flächen (§ 1a Absatz 2 Satz 4)
Nach dem neuen Satz 4 des § 1a Absatz 2 soll die Inanspruchnahme von landwirtschaftlich oder als Wald genutzten Flächen begründet werden. Diese Regelung steht im inhaltlichen Zusammenhang mit der sog. Umwidmungssperrklausel des § 1a Absatz 2 Satz 2, nach der landwirtschaftlich (vgl. § 201) und als Wald (vgl. § 2 Absatz 2 BWaldG) genutzte Flächen nur im notwendigen Umfang umgenutzt, also vor allem für bauliche Zweck in Anspruch genommen werden sollen.
§ 1a Absatz 2 Satz 4 1. Halbsatz bezieht sich auf die Pflicht zur Begründung der Bauleitpläne nach § 2a und ergänzt sie um eine besondere Begründungsanforderung bei Inanspruchnahme von bislang landwirtschaftlich oder als Wald genutzten Flächen, die im Wesentlichen den von Bebauung freizuhaltenden Außenbereich bilden.
Mit dem neuen Satz 4 soll erreicht werden, dass die Innenentwicklungspotenziale ermittelt und deren Nutzung als planerische Alternativen gegenüber Flächenneuinanspruchnahmen landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen für die Erreichung der Planungsziele geprüft werden. Die Begründungspflicht des Satzes 4 unterstützt insofern auch die Ausrichtung der Bauleitplanung auf die Innenentwicklung (§ 1 Absatz 5 Satz 3; s. oben 2.1) und die Bodenschutzklausel des § 1a Absatz 2 Satz 2.
Die Begründungsanforderungen dienen dem Zweck, die Entscheidung über die Flächenneuinanspruchnahme auch im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Planung i. S. d. § 1 Absatz 3 nachvollziehbar zu machen. Daneben soll sich die Gemeinde mögliche Alternativen zu einer Flächenneuinanspruchnahme bewusst machen und die Gründe einer Entscheidung gegen die Einbeziehung dieser in die Planung darlegen. Ein Nachweis eines unabweislichen Flächenbedarfs wird damit aber nicht verlangt.
Die Begründung soll sich nicht nur auf die Erläuterung beschränken, warum das Planungsziel nicht auch ohne Neuinanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich nutzbaren Flächen erreicht werden kann. Vielmehr geht es auch um die Frage, ob auch eine Neuinanspruchnahme in geringerem Umfang dadurch möglich ist, dass z.B. kleinere Grundstücksgrößen, platzsparendere Bauweisen oder einfachere Erschließungssysteme vorgesehen werden. Dabei ist es eine Frage ordnungsgemäßer Abwägung unter Berücksichtigung der Entwicklungsbedürfnisse und Entwicklungsziele einer Gemeinde, sich für eine sachgerechte Lösung zu entscheiden.
Angesichts der auch durch das Änderungsgesetz unterstrichenen Bedeutung des Flächensparziels werden in vielen Fällen Ausführungen zur Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts zu den i. S. d. § 2a Satz 2 Nummer 1 wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans gehören.
Bei Flächenneuinanspruchnahmen sollen im Rahmen der Begründung Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zu Grunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Innenentwicklungspotenziale zählen können.
Zu berücksichtigen sind auch durch Bebauungsplan ausgewiesene, bisher aber nicht genutzte Flächen sowie in Flächennutzungsplänen dargestellte, aber nicht entwickelte Bauflächen.
Die angeführten Grundlagen der Begründung des Bedarfs der Flächenneuinanspruchnahme sind weder abschließend ("insbesondere") noch verbindlich. Die Gemeinde entscheidet grundsätzlich selbst, welche Daten für eine plausible und nachvollziehbare Begründung der Flächenneuinanspruchnahme im konkreten Planungsfall angemessen und hinreichend erscheinen. Allerdings muss die Begründung wie auch sonst hinreichend substantiiert und schlüssig nachvollziehbar sein.
Zur Ermittlung von Flächenpotenzialen im Innenbereich bieten sich insbesondere bei größeren Gemeinden Brachflächenkataster an. Vielfach führen Gemeinden auch ein Flächenmonitoring durch. In kleineren ländlichen Gemeinden kann ggf. auch die Darstellung der allgemein auf Ortskenntnis beruhenden Sachlage ausreichend sein. Möglich sein kann auch der Rückgriff auf vorausgehende Planungen und die diesen Planungen zugrunde liegenden Erhebungen (z.B. Flächennutzungsplanung oder informelle Stadtentwicklungskonzepte) soweit diese hinreichend aktuell sind. Zur Sicherstellung der Aktualität der zur Erläuterung herangezogenen Daten sollte auf Erfassungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden, bei denen eine regelmäßige Aktualisierung mit vertretbarem Aufwand möglich ist.
Ein aktuelles Baulücken- und Brachflächenkataster kann nicht nur für die nach § 1a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Begründung genutzt werden, sondern vor allem auch der Beratung von Grundstücksinteressenten dienen. Auf die Möglichkeiten eines Baulandkatasters nach § 200 Absatz 3 wird insoweit hingewiesen.
Die Ermittlung der Innenentwicklungspotentiale muss nicht alle denkbaren Flächen erfassen, sondern kann sich auf die Flächen beschränken, die für die konkreten Entwicklungsbedürfnisse geeignet sind. So gibt es in verschiedenen Regionen aufgrund des demografischen Wandels kleinere Grundstücke, die aufgrund ihrer Größe und Lage nur für Wohnnutzungen oder kleinere nichtstörende Gewerbebetriebe geeignet sind. Eine Erfassung dieser Flächen wäre entbehrlich, wenn durch Bauleitplanung größere zusammenhängende Flächen für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben mit großem Flächenbedarf entwickelt werden sollen. Eine Ermittlung kann weiter entbehrlich sein, wenn ein vorhandener Betrieb erweitert werden soll, da dann regelmäßig nur Flächen im Anschluss an den Bestand in Betracht kommen.
Nachverdichtungsmöglichkeiten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn tatsächlich die Möglichkeit einer zusätzlichen eigenständigen Bebauung besteht. Aus einer geringen Bebauungsdichte in einem Baugebiet allein, lässt sich noch nicht die Möglichkeit der Nachverdichtung ableiten, soweit die Bebauungs- und Grundstücksverhältnisse eine tatsächliche Nachverdichtung nicht zulassen.
Bestehende Innenentwicklungspotentiale können nur dann einer Flächenneuinanspruchnahme entgegengehalten werden, wenn ihre Aktivierung realistisch ist. Deshalb müssen im Zusammenhang mit der Ermittlung von Flächenpotenzialen gleichzeitig auch deren tatsächliche Nutzungsmöglichkeit und Aktivierbarkeit geprüft werden. Daran kann es u. a. fehlen, wenn
Es kann auch nicht verlangt werden, dass vor jeder Flächenneuinanspruchnahme zunächst sämtliche theoretisch zur Verfügung stehende Flächenpotenziale baulich genutzt werden, wenn dies den Zielen einer klimagerechten und stadtgestalterisch zufriedenstellenden städtebaulichen Entwicklung zuwiderlaufen würde. So kann es sinnvoll sein, zur Erhaltung oder Schaffung guter klimatischer Bedingungen und anderer stadtökologischer und stadtgestalterischer Ziele (vgl. § 1 Absatz 5) vorhandene Freiflächen unbebaut zu lassen.
Soweit theoretisch vorhandene Potentiale nicht genutzt werden können, sollten nicht nur die Gründe, sondern auch dargestellt werden, inwieweit sich die Gemeinde bemüht hat, Hinderungsgründe für deren Nutzung zur Erreichung des Planungsziels auszuräumen.
Zur Nachvollziehbarkeit der Begründung bietet sich ferner eine plausible Darstellung der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung bzw. der sonstigen Flächenbedarfe bezogen auf den Planungshorizont des Bauleitplans an. Diese Darstellung wird regelmäßig die bisherige Entwicklung berücksichtigen sowie Aussagen enthalten müssen, ob und aus welchen Gründen mit Veränderungen zu rechnen ist. Auch Angaben zur zentralörtlichen Funktion und den regionalen Entwicklungsaufgaben der Gemeinde können für eine nachvollziehbare Begründung erforderlich sein.
2.4 Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§ 1a Absatz 3 Satz 5)
Der neue § 1a Absatz 3 Satz 5 ordnet die entsprechende Anwendung des § 15 Absatz 3 BNatSchG an. § 15 Absatz 3 BNatSchG hat folgenden Wortlaut:
"Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden."
Agrarstrukturelle Belange sind etwa betroffen, wenn die Inanspruchnahme land- oder forstwirtschaftlich genutzter Flächen für Ausgleichsmaßnahmen Auswirkungen auf die Land- oder Forstwirtschaft hat.
Für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden sind die Böden, die eine besonders hohe Nutzbarkeit aufweisen. Das können sowohl Böden mit hoher Qualität als auch Flächen sein, die wirtschaftlich besonders gut nutzbar sind.
Eine strikte Verpflichtung zur Beachtung des § 15 Absatz 3 BNatSchG besteht in der Bauleitplanung anders als im Vorhabenzulassungsverfahren nicht, da die Regelung der Abwägung unterliegt. Angesichts der Bedeutung des Flächensparziels insbesondere für die Belange der Landwirtschaft muss sich die Gemeinde aber erkennbar mit dem Anliegen auseinandersetzen.
2.5 Überschreitung der Obergrenzen des § 17 BauNVO
§ 17 Absatz 1 BauNVO beschränkt das maximal in Bauleitplänen zulässige Maß der Nutzung differenziert nach der Art der Baugebiete.
In der Neufassung des 17 Absatz 2 Satz 1 BauNVO ist vorgesehen, dass die Obergrenzen "aus städtebaulichen Gründen" überschritten werden können. Es wird also nicht mehr wie im bisherigen Recht verlangt, dass "besondere Gründe die Überschreitung erfordern". Damit wird auch der bisher von der Rechtsprechung geforderte "atypische Sonderfall" entbehrlich.
Nach der neuen Rechtslage ist eine Überschreitung also schon dann - aber auch nur dann - zulässig, wenn städtebauliche Gründe die Überschreitung rechtfertigen. Städtebauliche Gründe ergeben sich aus den örtlichen Gegebenheiten und den städtebaulichen Zielen, die mit dem Bebauungsplan verfolgt werden. Private Investitionsinteressen, also die Interessen der Vorhabenträger etwa in Bezug auf eine hohe bauliche (Aus-) Nutzbarkeit ihrer Grundstücke, sind für sich allein keine städtebaulichen Gründe.
Die städtebaulichen Gründe für die Überschreitung werden regelmäßig in der Begründung des Bebauungsplans (§ 2a, § 9 Absatz 8) darzulegen sein.
Die Überschreitung muss durch (bereits vorhandene) Umstände ausgeglichen sein oder sie muss durch (zu treffende) Maßnahmen ausgeglichen werden, durch die sichergestellt ist, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden und keine nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt entstehen. Eine Überschreitung der nach der Art der baulichen Nutzung (Gebietstypus) gestaffelten Obergrenzen führt dabei - wie nach bisherigem Recht (BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - 4 CN 4.01) - nicht schematisch und zwangsläufig zur Beeinträchtigung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Umstände oder Maßnahmen können im Übrigen wie nach bisheriger Rechtslage grundsätzlich auch außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans gegeben sein bzw. vorgesehen werden.
Anders als nach früherer Rechtslage werden die Bedürfnisse des Verkehrs nicht mehr ausdrücklich erwähnt; denn die Belange des Verkehrs sind nach § 1 Absatz 6 Nummer 9 ohnehin bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen. Auch das Entgegenstehen öffentlicher Belange wird nicht mehr gesondert erwähnt, da öffentliche Belange nach § 1 Absatz 7 in der Abwägung zu berücksichtigen sind.
§ 17 Absatz 2 Satz 2 BauNVO, wonach die Überschreitungsmöglichkeiten nicht für Wochenendhaus- und Ferienhausgebiete gelten, ist unverändert geblieben.
Die Sonderregelungen für Bestandsgebiete im bisherigen § 17 Absatz 3 BauNVO und im bisherigen § 26a Absatz 1 BauNVO sind aufgehoben worden. Denn die in diesen Vorschriften enthaltenen erleichterten Überschreitungsmöglichkeiten sind in der neuen Regelung des § 17 Absatz 2 Satz 1 BauNVO aufgegangen.
2.6 Beteiligung der Öffentlichkeit
In die Vorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung sind klarstellende Regelungen aufgenommen worden:
§ 3 Absatz 1 Satz 3
In § 3 Absatz 1 Satz 3 wird ausdrücklich geregelt, dass Kinder und Jugendliche Teil der Öffentlichkeit sind. Bereits nach bisherigem Recht wurden Kinder und Jugendliche als Adressaten der Vorschrift verstanden (Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 107. EL 2013, § 3 Rn. 13a). Die ausdrückliche Nennung von Kindern und Jugendlichen betont die politische Zielsetzung, Rechte der Kinder zu stärken und ihre Partizipation zu fördern. Neue Verfahrenspflichten sind damit nicht verbunden.
§ 3 Absatz 2 Satz 2
Nach § 3 Absatz 2 Satz 2 ist auf die Möglichkeit der Präklusion nach § 47 Absatz 2a VwGO hinzuweisen. Mit der Änderung durch das BauGB-ÄndG 2013 wird der Wortlaut dieser Hinweispflicht an den Wortlaut des § 47 Absatz 2a VwGO angeglichen.
§ 4a Absatz 1
Mit der Ergänzung des § 4a Absatz 1 wird klarstellend betont, dass die Beteiligung auch der Information der Öffentlichkeit dient.
§ 4b Satz 2
Bereits bisher lässt sich die Einschaltung eines Mediators oder eines Vermittlers für die Durchführung eines anderen Verfahrens zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung auf § 4b stützen. Um die Nutzung dieser in vielen Bereichen bewährten oder sich neu entwickelnden Konfliktlösungsverfahren in der Praxis zu stärken, sollen sie durch ihre ausdrückliche Nennung besonders hervorgehoben werden.
Erfasst werden auch andere Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung. Dies können zum Beispiel Verfahren unter Einschaltung von Ombudsleuten oder Clearingstellen oder andere Verfahren sein, die sich erst neu oder fortentwickeln.
Die Einschaltung eines Dritten entbindet die Gemeinde nicht von der Verpflichtung, eine eigene Abwägungsentscheidung zu treffen. Eine Bindung an das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens besteht daher nicht. Zur Abstimmung der Gemeinde mit dem Dritten wird ergänzend auf Nr. 2.4.4 des Muster-Einführungserlasses zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 (BauROG) der Bauministerkonferenz verwiesen.
Die Einschaltung eines Mediators oder eines Vermittlers für die Durchführung eines anderen Verfahrens zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung kann grundsätzlich auch auf Grundlage eines städtebaulichen Vertrages nach § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 erfolgen.
2.7 Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten
2.7.1 Darstellung zentraler Versorgungsbereiche im Flächennutzungsplan
Bei den vorangegangenen Novellierungen des Baugesetzbuchs ist der "zentrale Versorgungsbereich" zu einem Schlüsselbegriff einer geordneten städtebaulichen Entwicklung geworden (vgl. § 1 Absatz 6 Nummer 4, § 2 Absatz 2 Satz 2, § 9 Absatz 2a und § 34 Absatz 3). Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ist von herausragender Bedeutung für die Stärkung der Innenentwicklung und Urbanität der Städte. Zentrale Versorgungsbereiche dienen insbesondere der Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung, auf die nicht zuletzt wegen der demographischen Entwicklung immer mehr Menschen angewiesen sind.
Die Erhaltung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche kann durch die ausdrücklich erwähnte Darstellungsmöglichkeit in § 5 Absatz 2 Nummer 2 weiter gestärkt werden. Die davon ausgehende Signalwirkung soll das Bewusstsein in den Gemeinden stärken, sich bereits bei der Flächennutzungsplanung frühzeitig mit der Festlegung zentraler Versorgungsbereiche auf der Basis entsprechender Konzepte zu befassen.
Die Darstellung zentraler Versorgungsbereiche, beispielsweise unterteilt nach Stadtteilzentren oder Nahversorgungsbereichen, war auch nach bisher geltendem Recht bereits möglich ("...im Flächennutzungsplan können insbesondere dargestellt werden..."). So gibt es bereits praktische Beispiele für entsprechende Darstellungen (vgl. z.B. Planspiel zur Novellierung des Bauplanungsrechts "Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts" - Endbericht, Berlin, November 2012, S. 33 ff.).
Die neue gesetzliche Ermächtigung stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass im Flächennutzungsplan auch die Ausstattung des Gemeindegebiets mit zentralen Versorgungsbereichen dargestellt werden kann. Damit soll insbesondere erreicht werden, dass Gemeinden ihren informellen Einzelhandels- und Zentrenkonzepten ein stärkeres rechtliches Gewicht geben und dabei zugleich die Koordinierungs- und Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans nutzen. Die Darstellung ist nicht auf bereits bestehende zentrale Versorgungsbereiche beschränkt, sondern kann entsprechend der Aufgabe des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan auch die noch zu entwickelnden Zentren erfassen.
Die Darstellung von zentralen Versorgungsbereichen im Flächennutzungsplan hat weitergehende Bedeutung als Einzelhandelskonzepte, die als städtebauliche Entwicklungskonzepte bei der Bauleitplanung nach § 1 Absatz 6 Nummer 11 zu berücksichtigen sind. Die Regelung unterstützt Bebauungspläne der Gemeinden, mit denen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für zentrale Versorgungsbereiche geschaffen werden, und Bebauungspläne, mit denen im Sinne der sog. planerischen Feinsteuerung zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche beigetragen wird. Auch kann die Darstellung zentraler Versorgungsbereiche im Flächennutzungsplan die Prüfung des Vorhandenseins und der Größe von zentralen Versorgungsbereichen unterstützen, vor allem auch bei der Anwendung des § 34 Absatz 3; allerdings sind für § 34 nicht die Darstellungen des Flächennutzungsplans, sondern die tatsächlichen Verhältnisse verbindlich.
2.7.2 Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten
2.7.2.1 Hintergrund
Dass Spielhallen und andere Vergnügungsstätten nachteilige städtebauliche Auswirkungen haben können, ist bereits in den 1980er Jahren mit einer schon damals als "Spielhallenflut" bezeichneten Entwicklung beschrieben worden. Solche Auswirkungen sind grundsätzlich unabhängig von gewerbe- und glücksspielrechtlichen Erwägungen. Es geht hier also nicht um die Abwendung der von Spielhallen ausgehenden Suchtgefahr, die die Länder dazu veranlasst hat, insbesondere in den §§ 24 bis 26 des Glücksspielstaatsvertrags spezielle Regelungen zur Zulässigkeit und zur äußeren Gestaltung von Spielhallen zu vereinbaren, die in Ländergesetzen auch hinsichtlich der Mindestabstände zwischen einzelnen Betrieben konkretisiert wurden. Erforderlich für eine bauleitplanerische Steuerung sind stets städtebauliche Gründe.
Städtebauliche Auswirkungen, die mit der Ansiedlung von Vergnügungsstätten verbunden sind, können vorrangig sogenannte "trading-down-Effekte" sein. Damit ist eine nachteilige Veränderung der Attraktivität von Standorten besonders für den Einzelhandel und kleinere Dienstleistungsbetriebe gemeint, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn Spielhallen oder andere Vergnügungsstätten nicht zu den sonst den Standort prägenden Angeboten passen und andere Nutzergruppen ansprechen. Zudem kann sich die Nutzungsstruktur eines Gebietes mit der Ansiedlung von Vergnügungsstätten nachhaltig zulasten der bestehenden Nutzungen mit der Folge verändern, dass es zu einer sukzessiven Verdrängung der ursprünglichen Einzelhandelsbetriebe und kleiner Dienstleistungsbetriebe kommen kann. Von einer Ansiedlung von Vergnügungsstätten in der Nachbarschaft können auch Einrichtungen mit besonderem Schutzbedürfnis nachteilig betroffen sein, wie etwa Kinderbetreuungseinrichtungen. Städtebaulich nachteilige Auswirkungen können auch entstehen, wenn - vorwiegend oder teilweise - dem Wohnen dienende Stadt- und Ortsteile betroffen sind.
Der Gesetzgeber hat bereits mit der BauNVO-Novelle 1990 auf den damals virulenten Steuerungsbedarf hinsichtlich der dynamischen Entwicklung bei Spielhallen reagiert und die Systematik der Zuordnung dieser Nutzungsart in der Gebietstypologie der Baunutzungsverordnung grundlegend umgestellt. Vergnügungsstätten sind danach ausschließlich dann zulässig oder ausnahmsweise zulässig, wenn die entsprechende Baugebietsvorschrift dies ausdrücklich vorsieht. Eine Zulassung als sonstiger Gewerbebetrieb ist auf der Grundlage der BauNVO 1990 nicht mehr möglich. Die Gemeinden können in Baugebieten, die nach der BauNVO 1990 festgesetzt sind, die Ansiedlung von Vergnügungsstätten durch Festsetzungen nach § 1 Absatz 5 ff. BauNVO entsprechend ihrer städtebaulichen Vorstellungen steuern.
2.7.2.2 Neues Steuerungsinstrumentarium im Baugesetzbuch
Der Gesetzgeber hat nun eine Regelung geschaffen, die eine solche auf die Steuerung von Vergnügungsstätten gerichtete Planung auch im nicht beplanten Innenbereich erleichtert. Nach dem Vorbild der Regelung zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in § 9 Absatz 2a (vgl. hierzu Muster-Einführungserlass zum Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte - BauGB-ÄndG 2007) ist nun in § 9 Absatz 2b eine Grundlage geschaffen worden, mit der die Ansiedlung von Vergnügungsstätten, insbesondere von Spielhallen, durch einen einfachen Bebauungsplan (§ 30 Absatz 3) ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann. Die neue Regelung ist dem früheren § 2a des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch in der Fassung vom 23. April 1993 (BGBl. I S. 622) nachgebildet.
Danach kann für im Zusammenhang bebaute Ortsteile im Sinne von § 34 Absatz 1 in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Diese Festsetzungen können auch differenziert für einzelne Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Unterstützend kann ein städtebauliches "Vergnügungsstättenkonzept" hilfreich sein. Zulässig sind entsprechende Festsetzungen allerdings nur, soweit damit mindestens einer der in der Vorschrift enumerativ aufgeführten öffentlichen Belange verfolgt wird. Der Zweck einer entsprechenden Festsetzung muss demnach darauf gerichtet sein,
zu verhindern. Andere öffentliche Belange, wie z.B. die Vermeidung von Beeinträchtigungen des Straßenbildes, sind demgegenüber alleine nicht tragfähig.
Unter dem städtebaurechtlichen Begriff "Vergnügungsstätte" sind als Sammelbegriff Gewerbebetriebe besonderer Art zusammengefasst. Unter Vergnügungsstätten - mit einer jeweils vorauszusetzenden standortgebundenen Betriebsstätte - sind gewerbliche Nutzungsarten zu verstehen, die sich in unterschiedlicher Ausprägung unter Ansprache (oder Ausnutzung) des Sexual-, Spiel- und/oder Geselligkeitstriebs einer bestimmten gewinnbringenden "Freizeit" - Unterhaltung widmen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 4a Rdnr. 22). Bedeutung gewinnt der Begriff erst durch seine städtebauliche Relevanz.
Der Begriffstypus "Vergnügungsstätte" bezeichnet im Wesentlichen fünf Unterarten, nämlich: Nachtlokale jeglicher Art und andere Räumlichkeiten, deren Zweck auf Darstellung mit sexuellem Charakter ausgerichtet ist, Diskotheken, Spiel- und Automatenhallen, Swinger-Clubs sowie entsprechend ausgestattete Wettbüros. Streitig ist vor allem die Ausübung von Prostitution in ihren verschiedenen städtebaulichen Formen als Bordelle, bordellartige Betriebe und Wohnungsprostitution in Abgrenzung zu einem Gewerbebetrieb und zu einer Vergnügungsstätte (vgl. hierzu ausführlich die Übersicht in Rechtsprechung und Literatur bei Stühler 1).
Bei der Bebauungsplanung ist zu berücksichtigen, dass nach den Landesgesetzen zur Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags 2012 bereits Beschränkungen der Zulässigkeit von Spielhallen erfolgt sind. Dies gilt insbesondere für Bestimmungen über Mindestabstände zwischen Spielhallen und ggf. auch über Abstände von Spielhallen zu bestimmten Einrichtungen wie Schulen, die bei der Bebauungsplanung zu berücksichtigen sind. Zur Klärung des Steuerungsbedarfs durch Bebauungsplanung empfiehlt sich eine frühzeitige Beteiligung der für das Spielhallenrecht zuständigen Behörden. Dies empfiehlt sich auch, wenn aus städtebaulichen Gründen eine Zusammenfassung von Spielhallen in einem Gebiet vorgesehen werden soll und hierfür nach dem jeweiligen Landesrecht eine Ausnahme vom Spielhallenrecht erforderlich ist.
Abweichend vom damaligen § 2a des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch kann ein Bebauungsplan nach § 9 Absatz 2b nicht nur für Gebiete nach § 34 Absatz 1, sondern auch für Gebiete nach § 34 Absatz 2 aufgestellt werden. Von der neuen Festsetzungsmöglichkeit kann in Gebieten mit qualifiziertem Bebauungsplan kein Gebrauch gemacht werden. Dies ist immer dann von Bedeutung, wenn sich das Erfordernis zur planerischen Steuerung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten nicht nur auf den im Zusammenhang bebauten Ortsteil, sondern auch auf Gebiete mit Bebauungsplan erstreckt, welche auch eingestreut in einem ansonsten ungeplanten Gebiet liegen können.
Bei in Bebauungsplänen festgesetzten Baugebieten ist eine Änderung der bestehenden Bebauungspläne auf der Grundlage von § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO erforderlich. In der Praxis können die rechtlich selbständigen Änderungsverfahren und Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen nach § 9 Absatz 2b allerdings parallel vorgenommen werden.
2.7.2.3 Vereinfachtes Verfahren (§ 13)
Eine entsprechende Ergänzung in § 13 Absatz 1 Satz 1 stellt klar, dass die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans zur Steuerung von Vergnügungsstätten auch im vereinfachten Verfahren möglich ist.
2.8 Unbeachtlichkeit von Fehlern im beschleunigten Verfahren
Mit Urteil vom 18. April 2013 (Rs. C 463/11) hat der Europäische Gerichtshof die vom Vorlagegericht vertretene Auslegung der Unbeachtlichkeitsregelung des § 214 Absatz 2a Nummer 1 für mit der Plan-UP-Richtlinie unvereinbar erklärt. In Reaktion auf dieses Urteil wurde die Vorschrift aufgehoben.
Damit sind Verstöße gegen die Voraussetzung des § 13a Absatz 1 Satz 1, dass der Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung aufgestellt wird, dauerhaft beachtlich. Auf Nummer 2.1.2.1 des Muster-Einführungserlasses zum Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte wird hingewiesen.
2.9 Erweiterung der Zurückstellungsmöglichkeit nach § 15 Absatz 3
Der an § 15 Absatz 3 angefügte Satz 4 ermöglicht, die Entscheidung über ein Baugesuch für ein Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 um ein weiteres Jahr auszusetzen, wenn hierfür besondere Umstände vorliegen. Als solche Umstände können insbesondere in Betracht kommen:
(1) Gutachten zu Umweltauswirkungen sind nicht abgeschlossen.Beispiel: Der für naturschutzfachliche Untersuchungen notwendige Zeitraum erfasst bestimmte oder sämtliche Monate eines Kalenderjahres zusammenhängend, etwa vom Februar bis November eines Kalenderjahres.
(2) Stellungnahmen beteiligter Behörden liegen wegen erforderlicher, insbesondere auch rechtlicher Maßnahmen noch nicht vor.
Beispiel: Die Ergebnisse der Ermittlung und Überprüfung der sogen. harten Tabuzonen durch die Gemeinde (§ 35 Absatz 3 Satz 3), die aus rechtlichen (fachgesetzlichen) Gründen für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen nicht in Betracht kommen, stehen noch aus; sie erfordern die Mitwirkung der beteiligten Behörden. Dabei kann bedeutsam sein, dass die zuständigen Behörden für die Erteilung von Ausnahmen und Befreiungen oder auch für die Änderung von Vorschriften des Fachrechts (z.B. Änderung der Rechtsverordnung über ein Landschaftsschutzgebiet) noch Zeit benötigen.
(3) Die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Absatz 2 und § 4a Absatz 3 (erneute öffentliche Auslegung) und deren Auswertung sind noch nicht abgeschlossen.
(4) Die interkommunale Zusammenarbeit nach § 2 Absatz 2 erfordert eine umfangreichere Abstimmung und damit einen erhöhten Zeitaufwand.
Beispiel: Bei der Aufstellung von interkommunalen Teilflächennutzungsplänen zur Steuerung der Errichtung von Windkraftanlagen müssen neben den Abstimmungen in den einzelnen Gemeinden auch noch zusätzliche Abstimmungen auf interkommunaler Ebene stattfinden. Schon auf Grund der unterschiedlichen Sitzungstermine der einzelnen Gemeinden kommt es zu zeitlichen Verzögerungen
Die Zurückstellung durch die Genehmigungsbehörde um ein weiteres Jahr setzt einen Antrag der Gemeinde voraus, da die Zurückstellung durch die Genehmigungsbehörde nicht automatisch geschieht. Die Gemeinde als für die Flächennutzungsplanung zuständige Stelle hat auch die Kenntnis über die besonderen Umstände, die die Zurückstellung über den zunächst bis zu einem Jahr bestimmten Zeitraum rechtfertigen.
Der Antrag nach Satz 4 sollte im Blick auf die anstehende Entscheidung über die Genehmigung der betreffenden Vorhaben so rechtzeitig gestellt werden, dass sich die Zurückstellung um einen weiteren Zeitraum unmittelbar an den Ablauf der ersten Zurückstellung anschließt. Die übliche Bearbeitungszeit bei der Genehmigungsbehörde ist dabei zu berücksichtigen. Die Gemeinde legt bei der Antragstellung die besonderen Umstände für die Verlängerung dar.
2.10 Städtebauliche Verträge
2.10.1 Neuregelung des Erschließungsvertrags
2.10.1.1 Allgemeines
Mit Urteil vom 1. Dezember 2010 (Az. 9 C 8.09) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass § 124 den Abschluss von Erschließungsverträgen mit Eigengesellschaften nicht gestattet. Darüber hinaus sind durch das Urteil Unsicherheiten im Hinblick auf das Verhältnis von § 124 zu § 11 und die Zulässigkeit des Abschlusses von Folgekostenverträgen bei Erschließungsmaßnahmen entstanden.
Mit dem BauGB-ÄndG 2013 werden Verträge über die Erschließung durch eine entsprechende Ergänzung des § 11 ausdrücklich den Regelungen über städtebauliche Verträge zugeordnet.
§ 124 enthält nur noch die bisher in § 124 Absatz 3 Satz 2 enthaltene Regelung zur Erschließungspflicht nach abgelehntem Vertragsangebot. Zudem ist die Überleitungsregelung des § 242 Absatz 8 angepasst worden.
Die Neuregelungen sind bereits am 21. Juni 2013 in Kraft getreten.
2.10.1.2 § 11
In § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 wird geregelt, dass zu den städtebaulichen Maßnahmen, über deren Vorbereitung und Durchführung städtebauliche Verträge geschlossen werden können, auch die Erschließung durch nach Bundes- oder Landesrecht beitragsfähige oder nicht beitragsfähige Erschließungsanlagen gehört (vgl. § 124 Absatz 2 Satz 1 a. F.). Wie bei sonstigen Verträgen über städtebauliche Maßnahmen (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB Stand 107. EL Jan 2013, § 11 Rn. 111) kann vereinbart werden, dass der Vertragspartner die Maßnahmen ganz oder teilweise auf eigene Kosten durchführt (vgl. § 124 Absatz 2 Satz 2 a. F.). Das sich bislang aus § 124 Absatz 4 für Erschließungsverträge ergebende Schriftformerfordernis folgt nunmehr aus dem für alle städtebaulichen Verträge geltenden § 11 Absatz 3.
Mit der ausdrücklichen Zuordnung von Erschließungsmaßnahmen zu den städtebaulichen Maßnahmen in § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 wird mittelbar zugleich geregelt, dass nach § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Folgekostenverträge über die Erschließung geschlossen werden können. Denn der Begriff der städtebaulichen Maßnahme ist in beiden Regelungen im gleichen Sinne zu verstehen.
In dem neuen § 11 Absatz 1 Satz 3 wird ausdrücklich geregelt, dass städtebauliche Verträge auch mit juristischen Personen geschlossen werden können, an denen die Gemeinde beteiligt ist. Damit ist insbesondere für Verträge über die Erschließung klargestellt, dass Gemeinden diese auch mit Eigengesellschaften abschließen können.
In § 11 Absatz 2 Satz 3 ist vorgesehen, dass eine Eigenbeteiligung der Gemeinde nicht erforderlich ist, wenn der Vertragspartner Kosten oder sonstige Aufwendungen trägt oder übernimmt (vgl. § 124 Absatz 2 Satz 3 a. F.). Bei Anwendung der Vorschrift ist das Angemessenheitsgebot des § 11 Absatz 2 Satz 1 zu beachten. Danach müssen die vereinbarten Leistungen "den gesamten Umständen nach" angemessen sein (vgl. § 124 Absatz 3 Satz 1 a.F.). Dies bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die vereinbarten Leistungen im Verhältnis zum Vertragszweck und im Verhältnis untereinander ausgewogen sein müssen, wobei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise des Gesamtvorgangs geboten ist (vgl. BVerwG, 10. August 2011 - 9 C 6.10). Aus § 56 Absatz 1 VwVfG folgt zudem, dass die Leistungen in sachlichem Zusammenhang stehen müssen (vgl. § 124 Absatz 3 Satz 1 a. F.).
2.10.1.3 § 124
Der neue § 124 übernimmt den Regelungsgehalt des § 124 Absatz 3 Satz 2 a. F. Danach ist die Gemeinde verpflichtet, die Erschließung durchzuführen, wenn die Gemeinde einen qualifizierten Bebauungsplan (§ 30 Absatz 1) aufgestellt hat und das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ablehnt.
Durch Änderung des § 242 Absatz 8 wird für Verträge, die vor dem 1. Mai 1993 abgeschlossen worden sind, angeordnet, dass § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden ist.
2.10.2 Baukulturelle Belange als Gegenstand städtebaulicher Verträge
In § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 wird ausdrücklich hervorgehoben, dass städtebauliche Verträge auch über die Berücksichtigung baukultureller Belange geschlossen werden können. Damit kann u. a. die Durchsetzung solcher städtebaulicher und stadtgestalterischer Anliegen erreicht werden, die durch den abschließenden Festsetzungskatalog des § 9 einschließlich der nach § 9 Absatz 4 auf Landesrecht beruhenden (Gestaltungs-) Festsetzungen nicht hinreichend verbindlich gemacht werden können.
2.11 Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten Dritter (§ 27a)
In § 27a ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sowie Absatz 3 Satz 2 geändert worden. Dabei ist in Absatz 1 Nummer 1 die bisher bestehende Einschränkung der Zweckbestimmung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zugunsten Dritter auf wohnungspolitische Zwecke entfallen, sodass grundsätzlich die Ausübung des Vorkaufsrechts in allen Fällen, in denen nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs ein Vorkaufsrecht der Gemeinde besteht, zugunsten eines Dritten erfolgen kann.
Ein verwaltungstechnisch und fiskalisch aufwendiger Durchgangserwerb der Gemeinde kann damit vermieden werden. Die Änderung in Absatz 3 Satz 2 trägt der Änderung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch einen weiter gefassten Anwendungsbereich Rechnung (Folgeänderung).
3 Zulässigkeit von Vorhaben
3.1 Abweichungen vom Erfordernis des Einfügens bei Wohnzwecken dienenden Anlagen (§ 34 Absatz 3a)
§ 34 Absatz 3a Satz 1 Nummer 1 erfasst nunmehr neben der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs und der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung einer zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden baulichen Anlage auch die Nutzungsänderung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs in ein Wohngebäude.
Damit wird der Anwendungsbereich der Vorschrift entsprechend erweitert und dem Gedanken der Stärkung der Innenentwicklung Rechnung getragen. Insbesondere soll die Nutzungsänderung eines Gewerbe- oder Handwerksbetriebs zu Wohnzwecken mit erfasst werden. Bereits im Praxistest zur BauGB-Novelle 2006 sind von beteiligten Gemeinden entsprechende Anregungen erfolgt. Lediglich der umgekehrte Fall einer Nutzungsänderung, also einer Änderung der Wohnnutzung in eine Gewerbe- bzw. Handwerksnutzung, soll auch weiter nicht von der Vorschrift des § 34 Absatz 3a erfasst sein.
Die Regelung ist ebenso wie die bisherige nur dann von Bedeutung, wenn das Einfügungsgebot des § 34 Absatz 1 nicht erfüllt ist, da anderenfalls das Vorhaben bereits nach § 34 Absatz 1 zulässig ist.
Um Konflikte in Gemengelagen zu lösen, gelten wie bislang auch alle weiteren Voraussetzungen des § 34 Absatz 3a Satz 1 Nummern 2 und 3, also die städtebauliche Vertretbarkeit und die Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Dabei ist die Bewertung der "städtebaulichen Vertretbarkeit" an den Vorschriften des § 1 Absatz 6 und 7 sowie am Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG zu messen. Bei der Würdigung nachbarlicher Interessen sind insbesondere die Interessen bereits bestehender Gewerbe- und Handwerksbetriebe zu beachten und zu prüfen, inwiefern unter dem Gesichtspunkt der Beachtung des Rücksichtnahmegebots Abwehrrechte gegen eine heranrückende Wohnbebauung entstehen könnten.
Rechtsfolge des § 34 Absatz 3a bleibt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Vorhaben im Einzelfall unter ordnungsgemäßer Ermessensausübung zugelassen werden kann.
3.2 Ausnahmen und Befreiungen bei Innenbereichssatzungen (§ 34 Absatz 5)
Aufgrund der Änderung des § 34 Absatz 5 Satz 3 ist auch § 31 auf Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 entsprechend anwendbar. Daher können auch von den Festsetzungen von so genannten Entwicklungs- sowie Einbeziehungs- oder Ergänzungssatzungen Ausnahmen oder Befreiungen nach § 31 zugelassen werden.
Soweit es sich um faktische Baugebiete nach § 34 Absatz 2 handelt, bei denen sich die Zulässigkeit eines Vorhabens nach seiner Art allein danach richtet, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem jeweiligen Baugebiet zulässig wäre, ergibt sich die Möglichkeit der Zulassung von Ausnahmen und Befreiungen unmittelbar aus § 34 Absatz 2 Halbsatz 2. Ein Rückgriff auf § 34 Absatz 5 Satz 3 ist nur möglich und erforderlich, wenn die Satzung ergänzende Festsetzungen zur Zulässigkeit enthält, von denen abgewichen werden soll.
Die Regelung ist auf Klarstellungssatzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar, da diese Satzungen nach § 34 Absatz 5 Satz 2 keine ergänzenden Festsetzungen enthalten dürfen.
3.3 Einschränkung der Privilegierung bei gewerblichen Tierhaltungsanlagen
3.3.1 Allgemeines
Die Änderung des § 35 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 enthält einschränkende Vorgaben für die Privilegierung gewerblicher Tierhaltungsanlagen.
Nicht privilegiert sind Vorhaben zur
"Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind".
Die bauplanungsrechtliche Prüfung hat sich auf das "Vorhaben" im Sinne von § 29 Satz 1 zu beziehen. Dabei kann es sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage handeln.
Die Errichtung bedeutet die Herstellung einer Tierhaltungsanlage. Dazu gehört auch die Neuerrichtung einer Tierhaltungsanlage unter Beseitigung einer vorhandenen. Unter Änderung ist die Umgestaltung der baulichen Substanz einer baulichen Anlage zu sehen, unabhängig davon, ob die Umgestaltung die äußere oder innere Gestalt des Gebäudes betrifft. Erweiterungen sind bauliche Maßnahmen, die den vorhandenen Bestand ergänzen (insoweit kann man auch von quantitativer Änderung sprechen). Maßgeblich ist, dass die bauliche Anlage in städtebaulich relevanter Weise baulich umgestaltet wird.
Von der Neuregelung nicht erfasst ist eine (reine) Nutzungsänderung. Allgemein ist unter Nutzungsänderung eine Änderung der Nutzungsweise zu verstehen, durch die der Anlage eine von der bisherigen Nutzung abweichende Zweckbestimmung gegeben, d. h. die ihr bisher zugewiesene Funktion in rechtserheblicher Weise geändert wird. Wenn diese Nutzungsänderung von einer Änderung der Bausubstanz begleitet ist, handelt es sich zugleich um eine (bauliche) Änderung, die von der Beschränkung des Privilegierungstatbestandes erfasst wird. Nutzungsänderungen, die nicht mit einer baulichen Änderung verbunden sind, werden von der Beschränkung des Privilegierungstatbestandes jedoch nicht erfasst. Insbesondere wird ein bloßer Wechsel von der landwirtschaftlichen zur gewerblichen Tierhaltung, ohne dass bauliche Maßnahmen vorgenommen werden (z.B. aufgrund der Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzfläche), nicht von der Neuregelung in § 35 Absatz 1 Nummer 4 erfasst.
Wenn ein Wechsel der Tierart (z.B. Wechsel von Hennenhaltung auf Haltung von Mastschweinen) mit baulichen Änderungen der Anlage verbunden ist, handelt es sich um keine bloße Nutzungsänderung, sondern um eine bauliche Änderung, die von der Neuregelung erfasst ist. Dies kann auch der Fall sein, wenn ein Wechsel der Tierart mit einem anderen Emissionsverhalten verbunden ist.
Es ist davon auszugehen, dass Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten keine Änderung im Sinne des § 29 Absatz 1 und damit auch nicht im Sinne des § 35 Absatz 1 Nummer 4 sind, wenn sie nur die weitere Nutzung des Bestandes in der bisherigen Weise ermöglichen und vom Bestandsschutz gedeckt sind (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB Stand 107. EL Jan 2013, § 29 Rn. 39). Als Reparaturen werden Maßnahmen betrachtet, die den Bestand eines Gebäudes durch Beseitigung von Mängeln unter Wahrung seines bisherigen Nutzungszwecks unverändert erhalten. Sie umfassen Arbeiten, die dem Verfall einer Anlage entgegenwirken, ohne deren Identität zu verändern. Die Abgrenzung zur Änderung ergibt sich damit aus dem Zweck der baulichen Maßnahme im Einzelfall, aber (zusätzlich) auch aus dem Umfang der beabsichtigten Bauarbeiten. Bauliche Änderungen sind nur dann als unwesentlich anzusehen, wenn sie auf eine Erhaltung des Bestands des Gebäudes und auf die Wahrung seines bisherigen Nutzungszwecks gerichtet sind. Sie dürfen, um noch als unwesentlich zu gelten, nicht von solchem Umfang und solcher Qualität sein, dass sie die Genehmigungsfrage neu aufwerfen (vgl. BVerwG, 10.10.2005 - 4 B 60/05). Ob eine Maßnahme, die aufgrund von nachträglichen Anordnungen bzw. gesetzlichen Änderungen getroffen werden soll, entsprechend der zu Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten dargestellten Wertung zu beurteilen ist, bedarf der Prüfung des Einzelfalls.
Für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei der Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung um ein Vorhaben handelt, das einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, sind die Bestimmungen der §§ 3b ff. in Verbindung mit Anlage 1 und 2 des UVPG maßgeblich 2).
Anlagen zur Tierhaltung i. S. von § 35 Absatz 1 Nummer 4 sind Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht i. S. der Anlage 1 zum UVPG.
Gemäß §§ 3b ff. UVPG ist eine UVP-Pflicht bzw. eine Vorprüfung des Einzelfalls für unterschiedliche Fallgruppen vorgesehen. Zu unterscheiden sind
3.3.2 Neubau einer baulichen Anlage zur Tierhaltung (§ 3b Absatz 1 und § 3c Sätze 1 bis 4 UVPG)
Die Regelung greift immer dann, wenn durch die (erstmalige) Errichtung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung i. S. der Nummer 4 die Größenwerte für obligatorisch UVP-pflichtige Vorhaben (sog. "X-Vorhaben") oder die Prüfwerte für vorprüfungspflichtige Vorhaben (sog. "A- und S-Vorhaben") der Anlage 1 zum UVPG erreicht oder überschritten werden. Ein die Tierhaltung betreffender Auszug der Anlage 1 zum UVPG ist als Anlage beigefügt.
Beispiele:
Bei gemischten Beständen muss das Erreichen der Schwellenwerte rechnerisch ermittelt werden. Die vorhandenen bzw. die geplanten Tierplatzzahlen der jeweiligen Tierart werden durch die Schwellenwerte dividiert und in Prozentzahlen umgerechnet. Ist die Summe der Prozentzahlen mindestens 100 oder höher, wird die Grenze der UVP-Pflichtigkeit erreicht.
Beispiel:
(Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Tieren in gemischten Beständen, Ziffer 7.11.3)
3.3.3 Kumulierende Vorhaben
Die Verpflichtung zur Durchführung einer UVP bzw. einer UVP-Vorprüfung kann auch bei kumulierenden Vorhaben bestehen. Kumulierende Vorhaben sind Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (§ 3b Absatz 2 Satz 1 UVPG; bei Vorprüfungsvorhaben: in Verbindung mit § 3c Satz 5 UVPG).
Liegen die Kumulierungsvoraussetzungen vor, sind die Größen- oder Leistungswerte bzw. die Prüfwerte der kumulierenden Vorhaben zu addieren und festzustellen, ob die Größen- oder Leistungswerte bzw. Prüfwerte der Anlage 1 zum UVPG erreicht oder überschritten werden.
Für die Annahme eines engen Zusammenhangs sind bei kumulierenden Vorhaben diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind (§ 35 Absatz 1 Nummer 4 letzter Halbsatz, der den Regelungsgehalt des § 3b Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 UVPG aus Klarstellungsgründen wiederholt).
3.3.4 Änderungen oder Erweiterungen bisher nicht UVP-pflichtiger Vorhaben und UVP-vorprüfungspflichtiger Vorhaben
Änderungen oder Erweiterungen bestehender Vorhaben können gemäß § 3b Absatz 3 bzw. § 3e Absatz 1 UVPG UVP- bzw. UVP-vorprüfungspflichtig sein.
§ 3b Absatz 3 UVPG regelt dabei den Fall, dass die maßgebenden Größen- und Leistungswerte durch die Erweiterung eines bestehenden (nicht UVP-pflichtigen) Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten werden. Das Vorhaben wächst sozusagen in die UVP-Pf licht hinein.
Beispiel 1: Bislang wurden in einer nicht UVP-vorprüfungspflichtigen Anlage 12.000 Hennen gehalten. Künftig sollen durch bauliche Änderungen in der Anlage stattdessen mehr als 3.000 Mastschweine gehalten werden (zwingend UVP-pflichtiges Vorhaben nach § 3b Absatz 3 i.V.m. Anlage 1 Nummer 7.7.1 UVPG). Das Vorhaben ist vom Privilegierungstatbestand des § 35 Absatz 1 Nummer 4 BauGB nicht erfasst.
Nach § 3c Satz 5 in Verbindung mit § 3b Absatz 3 UVPG gilt Entsprechendes beim Erreichen der Prüfwerte für eine UVP-Vorprüfung.
Demgegenüber setzt § 3e Absatz 1 UVPG voraus, dass bereits ein UVP-pflichtiges Vorhaben vorliegt, das geändert oder erweitert werden soll. Nach § 3e Absatz 1 Nummer 2 UVPG sind alle Änderungen und Erweiterungen UVP-pflichtiger Vorhaben zumindest UVP-vorprüfungspflichtig (unabhängig vom Umfang der Änderung), so dass in diesen Fällen die Neuregelung des § 35 Absatz 1 Nummer 4 Halbsatz 2 greift.
Beispiel 2: Die bestehende Anlage zur Intensivhaltung von Hennen war bereits UVP-pflichtig, weil sie mehr als 60.000 Plätze umfasst (vgl. Anlage 1 Nummer 7.1.1 UVPG). Sollen nun durch eine Erweiterung 1.000 weitere Plätze für Hennen geschaffen werden, ist dieses Vorhaben nach § 3e Absatz 1 Nummer 2 UVPG UVP-vorprüfungspflichtig und somit nicht vom Privilegierungstatbestand des § 35 Absatz 1 Nummer 4 umfasst.
3.4 Biomasseanlagen (§ 35 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe d)
Die Neufassung des § 35 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe d regelt, dass die Stromerzeugung aus Biogas nicht mehr an die Beschränkung von 2 MW Feuerungswärmeleistung gebunden ist. Die für die bauliche Inanspruchnahme des Außenbereichs entscheidende Begrenzung der jährlichen Biogas-Erzeugungskapazität von 2,3 Mio. Normkubikmeter - über die sich maßgeblich die Kubatur der das Landschaftsbild prägenden baulichen Anlagen regelt - gilt jedoch fort. Die Änderung dient dazu, einen flexibleren Anlagenbetrieb für eine bedarfsorientiertere Stromerzeugung insbesondere zum Ausgleich stark schwankender (flukturierender) Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik zu ermöglichen. Es soll damit bei stromerzeugenden Biogasanlagen zeitweise eine höhere Stromerzeugung ermöglicht werden, indem die Gesamtfeuerungsleistung der Biogas nutzenden Energieerzeugungsanlagen, z.B. durch vollständige Ausnutzung des Leistungspotenzials des betriebenen Blockheizkraftwerkes oder durch den Einsatz eines weiteren Blockheizkraftwerks am Standort der Biogasanlage, erhöht wird, ohne dass die Anlage insgesamt mehr Biogas erzeugt. Es gibt somit keine Beschränkung der Feuerungswärmeleistung.
Hierzu sieht § 35 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe d vor, dass für alle Anlagen zur energetischen Nutzung von Biogas - sowohl solche, die Biogas zur Aufbereitung und Einspeisung in das Erdgasnetz, als auch solche, die Biogas direkt zur Stromerzeugung, z.B. in einem BHKW, erzeugen - ausschließlich der Grenzwert der Biogaserzeugungskapazität von 2,3 Mio. Normkubikmeter gilt.
Andere Anlagen im Sinne des § 35 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe d sind nur solche, die zur energetischen Verwertung von Biomasse kein Biogas erzeugen, sondern alle sonstigen mit
Biomasse beschickten Feuerungsanlagen (z.B. Holzverbrennungsanlagen). Für diese Anlagen gilt weiterhin die Grenze von 2 MW Feuerungswärmeleistung.
Unverändert bleiben die übrigen Anforderungen des § 35 Absatz 1 Nummer 6. Insbesondere darf pro Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Biomasseanlage betrieben werden (§ 35 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe c).
3.5 Begünstigung der Neuerrichtung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden
Der in § 35 Absatz 4 eingefügte Satz 2 begünstigt unter bestimmten Voraussetzungen die Neuerrichtung ehemals land- oder forstwirtschaftlich genutzter Gebäude (§ 35 Absatz 1 Nummer 1), denen eine neue Nutzung zugewiesen werden soll. Auch für diese Vorhaben gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1, wonach ihnen ein Widerspruch zu Darstellungen im Flächennutzungsplan, die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und/oder die Befürchtung der Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht entgegen gehalten werden kann. Der Anwendungsvorrang der Vorschriften in § 35 Absatz 1 Nummer 2 ff. bleibt indes bestehen.
Die Regelung zielt als Ausnahmevorschrift auf bestimmte Fallkonstellationen und kommt nur in begründeten Einzelfällen zur Anwendung. Vor diesem Hintergrund sind die einzelnen Tatbestandsmerkmale restriktiv zu interpretieren.
Die unter a bis f genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
3.6 Kinderbetreuungseinrichtungen in reinen Wohngebieten (§ 3 BauNVO)
3.6.1 Allgemein zulässige Kinderbetreuungseinrichtungen
Durch eine Ergänzung des § 3 Absatz 2 BauNVO werden "Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen", bei den in reinen Wohngebieten allgemein zulässigen Anlagen aufgeführt.
Der Begriff der Anlagen zur Kinderbetreuung ist umfassend zu verstehen. Darunter fallen z.B. Kindertagesstätten, Kinderkrippen, Kindergärten oder die Kinderbetreuung durch Tagesmütter/-väter. Wer Träger der Einrichtung ist, ist dabei ohne Bedeutung.
Allgemein zulässig sind nur solche Anlagen, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. Ziel dieser Beschränkung ist weniger, dass nur kleinere Einrichtungen zugelassen werden, bei denen durch spielende Kinder weniger Lärm erzeugt wird. Vielmehr geht es darum, einen die Qualität des reinen Wohngebiets störenden Fahrverkehr durch Bringen und Abholen der Kinder zu vermeiden. Maßstab der Zulässigkeit ist daher weniger die Größe der Einrichtung, sondern vielmehr ihr Einzugsgebiet. Daher kann in einem Baugebiet mit Geschosswohnungsbau auch eine größere Einrichtung unproblematisch sein, während eine deutlich kleinere Einrichtung in einem durch Einfamilienhausbebauung geprägten Gebiet unter Umständen nicht allgemein zulässig wäre.
Bei dem zu betrachtenden Gebiet ist nicht zwingend nur das in dem jeweiligen Bebauungsplan ausgewiesene Baugebiet zu betrachten. Sachgerecht ist es, auch angrenzende Wohngebiete einzubeziehen, die mit dem konkreten Baugebiet eine städtebauliche Einheit bilden (BT-Drs. 17/13272 S. 19; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, 28.07.2011 - 1 A 10058/11.OVG).
Die Formulierung "Bedürfnisse der Bewohner des Gebiets" wird auch in § 3 Absatz 3 BauNVO verwendet und ist vergleichbar mit der in § 4 Absatz 2 Nummer 2 BauNVO enthaltenen Beschränkung von Einrichtungen auf solche, die der Versorgung des Gebiets dienen. Der danach geforderte Gebietsbezug ist gegeben, wenn die Anlage eine Größe hat, die erwarten lässt, dass ihre Kapazität in einem erheblichen Umfang von Bewohnern aus dem umgebenden Gebiet ausgelastet werden wird (BVerwG, 29.10.1998 - 4 C 9/97).
Unabhängig von der Frage des Gebietsbezugs ist auch bei allgemein zulässigen Kinderbetreuungseinrichtungen § 15 BauNVO zu beachten.
3.6.2 Als Ausnahme zulässige Kinderbetreuungseinrichtungen
Größere Kinderbetreuungseinrichtungen, deren Einzugsbereich deutlich über das jeweilige Gebiet hinausgeht, können wie bisher als sonstige Anlagen für soziale Zwecke nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 BauNVO zugelassen werden.
Soweit sich abzeichnen sollte, dass der Bedarf für Kinderbetreuungseinrichtungen in dem Gebiet künftig entfallen wird (Folge: späterer Entfall der allgemeinen Zulässigkeit), kann es sich anbieten, den Vorhabenträger auf diese Problematik hinzuweisen oder ggf. zu prüfen, ob unter den künftigen Verhältnissen die Zulassung einer Ausnahme nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 BauNVO i. V. m. § 31 Absatz 1 möglich wäre.
Zur Zulässigkeit dieser Anlagen wird auf die Arbeitshilfe zur bauplanungsrechtlichen Zulassung von Kindertageseinrichtungen in reinen Wohngebieten der Fachkommission Städtebau vom 27. März 2009 (www.bauministerkonferenz.de) verwiesen.
3.6.3 Steuerungsmöglichkeiten
Als Folge der Aufnahme von Kindertageseinrichtungen in den Katalog der allgemein zulässigen Nutzungen wurde die Gliederungsmöglichkeit des § 1 Absatz 5 BauNVO (Beschränkung oder Ausschluss der allgemein zulässigen Nutzungen) auf reine Wohngebiete erweitert.
Zur Rechtslage bei am 20. September 2013 bereits in Kraft befindlichen Bebauungsplänen wird auf 6.1 und 6.2 verwiesen.
3.7 Zulässigkeit von Nebenanlagen
3.7.1 Anlagen der Kleintiererhaltungszucht als Nebenanlagen i. S. v. § 14 BauNVO
§ 14 Absatz 1 Satz 2 BauNVO wird dahingehend ergänzt, dass zu den Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung auch solche der Kleintiererhaltungszucht gehören.
Erhaltungszucht ist die Züchtung gefährdeter Tierarten oder Pflanzen mit dem Ziel, diese vor dem Aussterben zu bewahren (Quelle: Wikipedia). Das bedeutet, dass nicht jede Form der Kleintierzucht von der Ergänzung umfasst wird, sondern es sich um gefährdete Arten handeln muss, bei denen ohne eine Erhaltungszucht ein Aussterben droht. Weiter ergibt sich aus dem Begriff, dass es sich um eine Zucht von bestehenden anerkannten Arten/Rassen handeln muss.
Gefährdet sind jedenfalls solche Arten, die in der vom Bundesamt für Naturschutz herausgegebenen Roten Liste mit den Gefährdungsklassen 1 bis 4 oder in entsprechenden Listen der Länder aufgeführt sind. Für die Bewertung als Kleintiererhaltungszucht ist dabei gleichgültig, ob eine in Landeslisten in den o. g. Gefährdungsklassen aufgeführte Art bzw. Rasse auch in dem Land aufgeführt ist, in dem das Vorhaben durchgeführt werden soll.
Im Übrigen gelten die allgemeinen Voraussetzungen der Zulässigkeit von Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung unverändert auch für Anlagen der Kleintiererhaltungszucht. Das bedeutet insbesondere:
Eine Steuerung von Anlagen der Kleintiererhaltungszucht durch Bebauungsplan ist nach § 14 Absatz 1 Satz 3 BauNVO zwar grundsätzlich möglich. In der Regel wird es aber an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Absatz 3 fehlen, Anlagen der Kleintiererhaltungszucht anders zu behandeln als andere Anlagen der Kleintierhaltung.
3.7.2 Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen
§ 14 BauNVO wurde durch einen dritten Absatz ergänzt, nach dem baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden, die nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gelten, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. Damit sind insbesondere auch in reinen Wohngebieten als gewerbliche Vorhaben zu betrachtende Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen allgemein zulässig.
Im Einzelnen ist folgendes zu beachten:
Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie können sowohl Photovoltaik- als auch Solarthermieanlagen sein.
Die Anlagen müssen in, an oder auf Dach- oder Außenwandflächen angebracht sein. In Dach- und Außenwandflächen sind die Anlagen auch angebracht, wenn sie die Dachhaut oder die Wand bilden. An oder auf Dach- und Außenwandflächen sind die Anlagen angebracht, wenn sie an diesen Flächen befestigt und von ihnen getragen werden. Nicht ausreichend wäre, wenn die Solaranlage auf dem Erdboden errichtet und lediglich zur Stabilisierung am Gebäude befestigt wird. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Solaranlagen parallel zu den Dach- und Außenwandflächen angebracht oder "aufgeständert" sind.
Nicht erfasst wird die Anbringung der Anlagen an sonstigen baulichen Anlagen wie z.B. Aufschüttungen oder Einfriedungen. Für die Definition des Gebäudes kann auf § 2 Absatz 2 der Musterbauordnung (MBO) zurückgegriffen werden. Danach sind Gebäude selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.
Die Anlage muss dem Gebäude baulich untergeordnet sein. Das ist dann der Fall, wenn bei natürlicher Betrachtung das Gebäude und seine sonstige Nutzung die Hauptsache darstellt. Anders zu beurteilen wäre dagegen eine bauliche Anlage, die erkennbar vorrangig dem Zweck dient, Solaranlagen zu tragen, auch wenn sie wie ein Gebäude genutzt werden könnte.
Indizien für eine fehlende Unterordnung können z.B. sein:
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) sind nur dann von der Änderung umfasst, wenn sie innerhalb eines Gebäudes errichtet werden. Dabei spielt es nach dem Wortlaut der Regelung keine Rolle, ob das Gebäude auch anderen Zwecken als der Unterbringung der KWK-Anlage dient. Für die Definition des Gebäudes kann ebenfalls auf § 2 Absatz 2 MBO zurückgegriffen werden.
Für die Zulässigkeit von Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gilt Folgendes:
Wird die erzeugte Energie im Wesentlichen selbst genutzt, sind die Anlagen Teil der Hauptanlage und ebenso zulässig wie die Hauptanlage oder sie sind als Nebenanlagen im Sinne des § 14 Absatz 1 BauNVO allgemein zulässig, weil sie dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und seiner Eigenart nicht widersprechen.
Sind die Anlagen Hauptanlagen, handelt es sich in der Regel um (nicht störende) gewerbliche Anlagen, für die die allgemeinen Zulässigkeitstatbestände der §§ 2 bis 13 BauNVO gelten. Von einer Hauptanlage ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die Energieerzeugung die einzige Nutzung des Grundstücks darstellt oder es sich um eine baulich selbstständige Anlage handelt und die erzeugte Energie vollständig oder in wesentlichen Teilen in das öffentliche Netz eingespeist wird.
Wird der überwiegende Teil der erzeugten Energie in das öffentliche Netz eingespeist, handelt es sich nach dem neuen Absatz 3 um allgemein zulässige Nebenanlagen. Die Regelungen des § 15 werden davon nicht berührt mit der Folge, dass die Anlage im Einzelfall am konkreten Standort unzulässig sein kann.
Die Zulässigkeit von Anlagen, die als Haupt- oder Nebenanlagen zu betrachten sind, kann nach § 14 Absatz 1 Satz 3 durch Bebauungsplan eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (zum Verhältnis von § 14 Absatz 1 Satz 3 BauNVO zu § 1 Absatz 5 bis 9 vgl. BVerwG, Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 -). Bei der Abwägung sind aber die zu den Belangen des Umweltschutzes gehörende Nutzung erneuerbarer Energien (§ 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe f) und die Erfordernisse des Klimaschutzes (§ 1a Absatz 5) und deren gesteigerte Bedeutung zu berücksichtigen.
Wird die erzeugte Energie überwiegend selbst verbraucht, sind die Anlagen Teil der Hauptanlage (z.B. als Teil des Heizsystems). Eine gezielte Steuerung durch bauplanungsrechtliche Festsetzungen ist regelmäßig nicht möglich. Gestalterische Festsetzungen aufgrund der Landesbauordnungen sind zwar denkbar. Dabei sollte aber berücksichtigt werden, dass nach dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz eine Verpflichtung besteht, den Wärmeenergiebedarf von neu errichteten Gebäuden durch die anteilige Nutzung von Erneuerbaren Energien zu decken und bei vielen Gebäuden die Verpflichtung am wirtschaftlichsten durch die Nutzung solarer Strahlungsenergie erfüllt werden kann.
Zur Rechtslage bei am 20. September 2013 bereits in Kraft befindlichen Bebauungsplänen wird auf 6.1 und 6.2 verwiesen.
4 Besonderes Städtebaurecht
4.1 Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen (§ 136)
Durch Ergänzungen in § 136 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe h und Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 sollen die Gemeinden auch mit städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung leisten können, z.B. durch eine bessere Ausstattung des Gebiets mit nachhaltigen Versorgungseinrichtungen. Damit wird auf § 1a Absatz 5 Bezug genommen. Die Belange Klimaschutz und Klimaanpassung gewinnen für die Qualität eines Gebiets zunehmend an Bedeutung. Ob und wie die Gemeinden im Sinne einer "klimagerechten Stadterneuerung" aktiv werden, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Hierbei sind die gesetzlichen Voraussetzungen und die jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.
Die energetische Beschaffenheit, die Gesamtenergieeffizienz der vorhandenen Bebauung und der Versorgungseinrichtungen des Gebiets sind nun zusätzliche Kriterien für die Beurteilung, ob in einem Gebiet städtebauliche Missstände vorliegen. Diese beispielhaft aufgeführten Kriterien sind zusammen mit den anderen in Absatz 3 Nummer 1 genannten Belangen für die Beurteilung der Sanierungsbedürftigkeit zu gewichten. Durch den Bezug auf die "allgemeinen Anforderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung" in Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe h) und Absatz 4 Nummer 1 sind insoweit allgemein anerkannte oder mit den einschlägigen Vorschriften vereinbarte Standards zugrunde zu legen; das Verhältnismäßigkeitsgebot ist zu beachten.
Mit der Ergänzung in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 wird verdeutlicht, dass die städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen auch der Klimaanpassung dienen und dazu beitragen können, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Für die Ausweisung eines Sanierungsgebiets muss eine Vielzahl städtebaulicher Maßnahmen erforderlich sein, die insgesamt eine städtebauliche Aufwertung des Gebiets bewirken. Ein Bestandteil - von mehreren - der städtebaulichen Gesamtmaßnahme kann zum Beispiel die Versorgung des Gebiets durch Erneuerbare-Energie-Anlagen, Solaranlagen, Blockheizkraftwerke oder Fernheizung sein.
4.2 Erhaltungssatzung (§ 172 Absatz 4)
Die Genehmigungstatbestände nach § 172 Absatz 4 Satz 3 wurden um die neue Nummer 1a erweitert, um im Geltungsbereich einer sog. Milieuschutzsatzung i.S.d. § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch für Maßnahmen, die einer Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung dienen, einen Genehmigungsanspruch zu schaffen. Ein entsprechender Genehmigungsanspruch besteht bisher nur für Maßnahmen zur Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen. Davon wurden die Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung nicht erfasst. Diese Lücke sollte daher geschlossen werden.
4.3 Rückbau- und Entsiegelungsgebot (§ 179)
4.3.1 Erweiterung des Rückbau- und Entsiegelungsgebotes
Mit der Erweiterung des Rückbau- und Entsiegelungsgebotes in § 179 soll den Gemeinden der Umgang mit Problemimmobilien i.S.v. § 177 Absatz 2 und 3 Satz 1 vereinfacht werden. Im Hinblick auf einen denkmalgeschützten Baubestand treten aufgrund der Regelungen in § 175 Absatz 5 und § 177 Absatz 3 Satz 2 und 3 keine Änderungen ein.
4.3.2 Geltungsbereich
Bei Problemimmobilien i. S. v. § 177 Absatz 2 und 3 Satz 1 handelt es sich um heruntergekommene, verwahrloste Immobilien (sog. Schrottimmobilien), die an unterschiedlichen Standorten innerhalb des Gemeindegebiets gelegen sein können und eine städtebauliche und stadtentwicklungsplanerisch sinnvolle Nutzung des betroffenen Bereichs unmöglich machen oder wesentlich erschweren. Sie sind aufgrund ihrer negativen Ausstrahlung auf die Umgebung ein ernstes stadtentwicklungspolitisches Problem, das dem Ziel einer qualitätsvollen Innenstadtentwicklung widerspricht.
Bisher konnte das Rückbaugebot nur in Bebauungsplangebieten angewendet werden, nicht aber im unbeplanten Innenbereich, wo sich die Problematik ebenfalls häufig stellt. Mit dem Verzicht auf das formale Erfordernis der Aufstellung eines Bebauungsplanes ist das Rückbaugebot für den Anwendungsbereich des § 179 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zu einem Rechtsinstrument fortentwickelt worden, mit dem unabhängig von der planungsrechtlichen Lage gegen missstands- oder mängelbehaftete Gebäude vorgegangen werden kann. Mit den dort in Bezug genommenen nicht behebbaren Missständen oder Mängeln im Sinne des § 177 Absatz 2 und 3 Satz 1 sind bereits die geeigneten (bebauungsplanunabhängigen) Maßstäbe für die Erfassung der vernachlässigten Immobilien geregelt, wobei die Anordnung des Rückbaugebots im Übrigen insbesondere erfordert, dass eine alsbaldige Durchführung der Maßnahme aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist (§ 175 Absatz 2) und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt bleibt.
Aus vorstehenden Gründen sind im bisher geltenden § 179 Absatz 1 Satz 1 im Satzteil vor Nummer 1 die Worte jm Geltungsbereich eines Bebauungsplans" gestrichen worden, so dass nunmehr nicht nur in Bebauungsplangebieten, sondern auch im unbeplanten Innenbereich gegen sogenannte "Schrottimmobilien" vorgegangen werden kann.
Bei dem Rückbau- und Entsiegelungsgebot nach § 179 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 (sowie Satz 2) wurde allerdings an der Planakzessorietät festgehalten und lediglich die Worte "des Bebauungsplans" durch die Worte "eines Bebauungsplans" ersetzt.
4.3.3 Abschöpfung von Vermögensvorteilen, die aufgrund gemeindefinanzierten Rückbaus bei Eigentümern eingetreten sind
Auch mit dem angefügten § 179 Absatz 4 verbleibt es generell bei der Duldungspflicht der Eigentümer bezüglich der vollständig oder teilweise zu beseitigenden baulichen Anlage (keine eigene Rückbauverpflichtung). Allerdings sollen die Eigentümer - im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage - an den Kosten des Rückbaus von "Schrottimmobilien" bis zu der Höhe beteiligt werden, bis zu der ihnen Vermögensvorteile durch die Beseitigung der baulichen Anlage entstehen (Kostenerstattungsbetrag). Der Vermögensvorteil wird in der Regel darin bestehen, dass ein frei geräumtes Grundstück einen höheren Verkehrswert hat als ein noch von einer aufstehenden maroden baulichen Anlage zu befreiendes Grundstück. Die Vermögensvorteile können durch Wertermittlungsgutachten der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (§ 192) abschließend bestimmt werden. Zur Ermittlung des Verkehrswertes stehen den Gutachterausschüssen entsprechende Wertermittlungsverfahren zur Verfügung, bei denen der Verkehrswert des Grundstücks vor Beseitigung der baulichen Anlage mit dem Verkehrswert nach der Beseitigung der baulichen Anlage unter Berücksichtigung der Lage und der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks verglichen wird.
4.3.4 Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrages
Der Kostenerstattungsbetrag kann gemäß § 179 Absatz 4 Satz 2 nach der vollständigen oder teilweisen Beseitigung der baulichen Anlage durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden.
Für Klagen gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrages ist in § 217 Absatz 1 Satz 1 die Zuständigkeit der Baulandgerichte begründet worden, da diese nach § 217 Absatz 1 Satz 2 auch für Ansprüche des Eigentümers auf Entschädigung oder Übernahme nach § 179 Absatz 3 zuständig sind. Zwischen den Ansprüchen aus § 179 Absatz 3 und 4 besteht ein sachlicher Zusammenhang, der im Streitfall eine einheitliche Zuständigkeit erfordert.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bezüglich der durch Bescheid geltend gemachten Kostenerstattung hat nach § 224 Satz 1 keine aufschiebende Wirkung.
4.3.5 Öffentliche Last des Kostenerstattungsbetrages
Der Kostenerstattungsbetrag ruht gemäß § 179 Absatz 4 Satz 3 als öffentliche Last auf dem Grundstück. Entsprechende Vorschriften gibt es bereits für den Erschließungsbeitrag nach § 134 Absatz 2 und für den Kostenerstattungsbetrag nach § 135a Absatz 3 Satz 4.
Der Begriff "öffentliche Last" ist gesetzlich nicht definiert. Er wird in Bezug auf § 134 Absatz 2 dahingehend verstanden, dass ein auf öffentlich-rechtlicher Grundlage bestehendes dingliches Verwertungsrecht besteht. Er ist ein auf dem öffentlichen Recht beruhendes Grundpfandrecht am belasteten Grundstück, das dem Gläubiger ein Befriedigungsrecht an dem haftenden Grundstück gewährt (siehe u.a. die Darlegungen von Ernst in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 107. EL 2013, § 134, Rn. 15 - 24).
Nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Erschließungsbeitragsrecht (Urteil vom 15.11.1973 - IV 148.73) richtet sich im Übrigen das Schicksal der Forderung nach den landesrechtlichen Vorschriften über gemeindliche Abgaben. Diese ergeben sich zum Beispiel aus den Kommunalabgabengesetzen oder Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder mit eventuellen Verweisen auf die Abgabenordnung des Bundes.
Im Falle der Zwangsversteigerung hat die "öffentliche Last" das Vorrecht der dritten Rangklasse gemäß § 10 Absatz 1 Nummer 3 ZVG, wenn der Betrag im Zeitpunkt der Beschlagnahme des Grundstücks gemäß § 20 ZVG (= Anordnung der Zwangsversteigerung) nicht länger als vier Jahre im Rückstand ist, anderenfalls in der siebten Rangklasse, es sei denn, die Versteigerung wird wegen des Kostenerstattungsrückstandes betrieben - dann fünfte Rangklasse -. Der Anspruch muss allerdings spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet werden, wenn der Anspruch in das geringste Gebot aufgenommen werden soll. Bei der Versteigerung wird nur ein Gebot zugelassen, durch das die dem Anspruch des betreibenden Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die Verfahrenskosten gedeckt werden. Die rechtzeitige Anmeldung des Anspruches ist erforderlich, da die öffentliche Last nicht aus dem Grundbuch ersichtlich ist, weil sie dort gemäß § 54 GBO nicht eingetragen werden kann. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckt sich daher nicht auf die öffentliche Last. Sollen Forderungen gestundet werden, sollte man möglichst die Form der Verrentung wählen, da dann die einzelnen Rentenbeträge wiederkehrende Leistungen darstellen und daher den Vorrang aus der 3. Rangklasse genießen, soweit es sich um laufende Beiträge und Rückstände aus den letzten beiden Jahren handelt.
5 Wertermittlung (§ 192 Absatz 3, § 195 Absatz 1, § 197 Absatz 2, § 198 Absatz 2, § 199 Absatz 2)
Mit den Änderungen sollen die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte verbessert werden. Dies betrifft zum einen die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit den Finanzbehörden. Hierzu soll der Bedienstete der zuständigen Finanzbehörde nicht nur wie bisher im Rahmen der Bodenrichtwertermittlung, sondern auch bei Ermittlung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten hinzugezogen werden (§ 192 Absatz 3 Satz 2). Ferner ist der Auskunftsanspruch der Gutachterausschüsse gegenüber den Finanzbehörden über Auskünfte über Grundstücke zum Zwecke der Ermittlung von Verkehrswerten und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten einschl. der Bodenrichtwerte erweitert worden (§ 197 Absatz 2). Weitere Änderungen sind vorgenommen worden, um von der Praxis aufgeworfene Einzelfragen zu regeln:
6 Überleitungsregelungen (§ 245a BauGB, § 25d BauNVO)
6.1 Allgemeine Überleitungsvorschriften (§ 233)
Neben den nachfolgend erläuterten besonderen Überleitungsregelungen gilt auch die allgemeine Überleitungsvorschrift des § 233 über den Abschluss von Bauleitplanverfahren, die vor Inkrafttreten einer Änderung des Baugesetzbuchs eingeleitet worden sind, über die Planerhaltung sowie über die Fortgeltung vorhandener Pläne, Satzungen und Entscheidungen.
6.2 Anwendung der geänderten Regelungen der Baunutzungsverordnung auf bestehende Bebauungspläne (§ 245a Absatz 1)
Änderungen der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung gelten grundsätzlich nur für künftige Bebauungspläne und gegebenenfalls unmittelbar dann, wenn es sich im Einzelfall um ein faktisches Baugebiet handelt (vgl. § 34 Absatz 2).
§ 245a Absatz 1 Satz 1 bestimmt, dass
auch auf Bebauungspläne Anwendung finden, die vor dem 20. September 2013 in Kraft getreten sind.
Die "Rückwirkung" auf einen bestehenden Bebauungsplan tritt nach § 245a Absatz 1 Satz 2 in Bezug auf Anlagen zur Kinderbetreuung nicht ein, wenn in diesem Bebauungsplan die bisherige ausnahmsweise Zulässigkeit dieser Anlagen (als Anlagen für soziale Zwecke; § 3 Absatz 3 Nummer 2 BauNVO) durch Festsetzungen nach § 1 Absatz 6 Nummer 1, Absatz 8 und 9 BauNVO noch vor dem 20. September 2013 ausgeschlossen worden ist. Denn in diesem Fall haben die Gemeinden mit einer entsprechenden Festsetzung einen anders lautenden planerischen Willen bekundet, der gesetzlich nicht ignoriert werden soll.
6.3 Bauleitplanerische Möglichkeiten der Gemeinden im Hinblick auf die Änderungen der Baunutzungsverordnung (§ 245a Absatz 2)
Bei Bebauungsplänen, die nach dem 20. September 2013 aufgestellt werden, kann die Zulässigkeit von Anlagen zur Kinderbetreuung (§ 3 Absatz 2 Nummer 2 BauNVO) sowie von Anlagen zur Nutzung von solarer Strahlungsenergie und von Kraft-Wärme-Kopplung (§ 14 Absatz 3 BauNVO) nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung (vgl. § 1 Absatz 5, 8 und 9 sowie § 14 Absatz 1 Satz 3 BauNVO) eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
§ 245a Absatz 2 Satz 1 stellt klar, dass dies auch in Fällen des § 245a Absatz 1 gilt, wenn also die Neuregelungen in § 3 Absatz 2 Nummer 2 und § 14 Absatz 3 BauNVO auf bestehende Bebauungspläne Anwendung finden. Für die Einschränkung oder den Ausschluss der Zulässigkeit sind die allgemeinen Regeln über die Änderung von Bebauungsplänen, einschließlich der Vorschriften über die Veränderungssperre und die Zurückstellung von Baugesuchen nach §§ 14 bis 18, anwendbar. In der Praxis dürfte im Regelfall ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 in Betracht kommen.
Nach § 245a Absatz 2 Satz 2 konnten entsprechende Änderungsverfahren bereits vor dem Eintritt der "Rückwirkung" nach § 245a Absatz 1 am 20. September 2013 eingeleitet werden. Insbesondere können auch entsprechende Veränderungssperren beschlossen werden. § 245a Absatz 2 ist zu diesem Zweck bereits am 21. Juni 2013 in Kraft getreten.
6.4 Bauleitplanerische Möglichkeiten der Gemeinden im Hinblick auf die geänderte Privilegierung von Anlagen der Intensivtierhaltung (§ 245a Absatz 3)
Entfalten Darstellungen zu Tierhaltungsanlagen im Sinne von § 35 Absatz 1 Nummer 4 in Flächennutzungsplänen, die vor dem 20. September 2013 in Kraft getreten sind, Rechtswirkungen nach § 35 Absatz 3 Satz 3, dürfte es im Regelfall dem planerischen Willen der Gemeinden entsprechen, dass diese Rechtswirkungen auch weiterhin für diejenigen Tierhaltungsanlagen gelten, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Außenbereich privilegiert bleiben. Dies soll in § 245a Absatz 3 Satz 1 daher ausdrücklich geregelt werden.
Im Einzelfall kann sich jedoch die Situation ergeben, dass unter Geltung des geänderten § 35 Absatz 1 Nummer 4 die Rechtsfolge des § 245a Absatz 3 Satz 1 im Widerspruch zum planerischen Willen der Gemeinde steht. Zur Wahrung der kommunalen Planungshoheit findet in diesen Fällen § 245a Absatz 3 Satz 1 keine Anwendung. Dies stellt die Gemeinde nach § 245a Absatz 3 Satz 2 in einem Beschluss fest, der ortsüblich bekannt zu machen ist. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung des Beschlusses gelten die entsprechenden Darstellungen des Flächennutzungsplans als aufgehoben; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen (§ 245a Absatz 3 Satz 3).
6.5 Intensivtierhaltung bei bereits eingeleiteten Zulassungsverfahren (§ 245a Absatz 4)
Nach § 245a Absatz 4 soll bei Genehmigungsverfahren für gewerbliche Tierhaltungsanlagen, die vor Ablauf des 4. Juli 2012, also dem Tag des Kabinettbeschlusses zum Regierungsentwurf, ordnungsgemäß eingeleitet worden sind, § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bisherigen Fassung Anwendung finden. Für die ordnungsgemäße Einleitung des Genehmigungsverfahrens enthält § 3 der 9. BImSchV entsprechende Vorgaben.
6.6 Eingeleitete Bebauungsplanverfahren (§ 25d BauNVO)
Ist der Entwurf eines Bauleitplans vor dem 20. September 2013 nach § 3 Absatz 2 öffentlich ausgelegt worden, ist auf ihn die Baunutzungsverordnung in der bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Die Gemeinde kann aber auch das Verfahren neu einleiten mit der Folge, dass die geänderten Regelungen uneingeschränkt anwendbar sind.
Eine Neueinleitung des Bebauungsplanverfahrens hat wegen § 245a Absatz 1 vor allem Bedeutung, wenn die Gemeinde beabsichtigt, die Erleichterungen bei der Überschreitung der Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Absatz 2 BauNVO zu nutzen. Bedeutung kann eine Neueinleitung auch für die Kleintiererhaltungszucht (§ 14 Absatz 1 Satz 3 BauNVO) haben.
Anlage |
7. | Anlage 1 zum UVPG
Liste "UVP-pflichtige Vorhaben" Nachstehende Vorhaben fallen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Soweit nachstehend eine allgemeine Vorprüfung oder eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, nimmt dies Bezug auf die Regelungen des § 3c Satz 1 und 2. | ||
Legende: | |||
Nummer = Nummer des Vorhabens
Vorhaben = Art des Vorhabens mit ggf. Größen- oder Leistungswerten nach § 3b Absatz 1 Satz 2 sowie Prüfwerten für Größe oder Leistung nach § 3c Satz 5 X in Spalte 1 = Vorhaben ist UVP-pflichtig A in Spalte 2 = allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls: siehe § 3c Satz 1 S in Spalte 2 = standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls: siehe § 3c Satz 2 | |||
Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse: | |||
7.1 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung von Hennen mit | ||
7.1.1 | 60.000 oder mehr Plätzen, | X | |
7.1.2 | 40.000 bis weniger als 60.000 Plätzen, | A | |
7.1.3 | 15.000 bis weniger als 40.000 Plätzen; | S | |
7.2 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Junghennen mit | ||
7.2.1 | 85.000 oder mehr Plätzen, | X | |
7.2.2 | 40.000 bis weniger als 85.000 Plätzen, | A | |
7.2.3 | 30.000 bis weniger als 40.000 Plätzen; | S | |
7.3 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Mastgeflügel mit | ||
7.3.1 | 85.000 oder mehr Plätzen, | X | |
7.3.2 | 40.000 bis weniger als 85.000 Plätzen, | A | |
7.3.3 | 30.000 bis weniger als 40.000 Plätzen; | S | |
7.4 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Truthühnern mit | ||
7.4.1 | 60.000 oder mehr Plätzen, | X | |
7.4.2 | 40.000 bis weniger als 60.000 Plätzen, | A | |
7.4.3 | 15.000 bis weniger als 40.000 Plätzen; | S | |
7.5 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Rindern mit | ||
7.5.1 | 800 oder mehr Plätzen, | A | |
7.5.2 | 600 bis weniger als 800 Plätzen; | S | |
7.6 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Kälbern mit | ||
7.6.1 | 1.000 oder mehr Plätzen, | A | |
7.6.2 | 500 bis weniger als 1.000 Plätzen; | S | |
7.7 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Mastschweinen (Schweine von 30 kg Lebendgewicht oder mehr) mit | ||
7.7.1 | 3.000 oder mehr Plätzen, | X | |
7.7.2 | 2.000 bis weniger als 3.000 Plätzen; | A | |
7.7.3 | 1.500 bis weniger als 2.000 Plätzen; | S | |
7.8 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehörender Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit | ||
7.8.1 | 900 oder mehr Plätzen, | X | |
7.8.2 | 750 bis weniger als 900 Plätzen; | A | |
7.8.3 | 560 bis weniger als 750 Plätzen; | S | |
7.9 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur getrennten Intensivaufzucht von Ferkeln (Ferkel von 10 bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit | ||
7.9.1 | 9.000 oder mehr Plätzen, | X | |
7.9.2 | 6.000 bis weniger als 9.000 Plätzen; | A | |
7.9.3 | 4.500 bis weniger als 6.000 Plätzen; | S | |
7.10 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Pelztieren mit | ||
7.10.1 | 1.000 oder mehr Plätzen, | A | |
7.10.2 | 750 bis weniger als 1.000 Plätzen; | S | |
7.11 | Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Tieren in gemischten Beständen, wenn | ||
7.11.1 | die jeweils unter den Nummern 7.1.1, 7.2.1, 7.3.1, 7.4.1, 7.7.1, 7.8.1, 7.9.1 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert 100 erreicht oder überschreitet, | X | |
7.11.2 | die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert 100 erreicht oder überschreitet, | A | |
7.11.3 | die jeweils unter den Nummern 7.1.3, 7.2.3, 7.3.3, 7.4.3, 7.5.2, 7.6.2, 7.7.3 und 7.8.3, 7.9.3, 7.10.2 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert 100 erreicht oder überschreitet; | S |
____
1) Prostitution und öffentliches Baurecht, BauR 2010, 1013 bis 1016, zuvor ders. Prostitution und öffentliches Recht, unter besonderer Berücksichtigung des Baurechts, NVwZ 1997, 861.
2) Ergänzend wird auf den "Leitfaden Anwendung und Auslegung der neuen UVP-Vorschriften" vom 14. August 2003 hingewiesen, der unter folgender Internetadresse heruntergeladen werden kann: http://www.bmu.de/N6379/.
ENDE |