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Vollzugshinweise zur BayBO 2013
- Bayern -
Vom 1. Juli 2013
mit Ergänzungen vom 24.07.2017; 29.08.2018
(Bayrisches Staatsministerium des Innern)
0. Vorbemerkungen
0.1 Neubekanntmachung vom 01.07.2013
Die am 07.12.2012 bekanntgemachten Vollzugshinweise zur BayBO 2013 werden neu bekannt gemacht, weil ein Konkretisierungsbedarf in Bezug auf die Ausführungen unter Tz. 37.3.2 besteht. Der letzte Satz unter Tz. 37.3.2 wird daher geändert. Weitere inhaltliche Änderungen der Vollzugshinweise in der Fassung ihrer Bekanntmachung vom 07.12.2012 sind nicht erfolgt.
0.2 Allgemeines
Der Bayerische Landtag hat am 29.11.2012 das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Baukammerngesetzes beschlossen (LT-Drs. 16/13683 sowie 16/13736, 16/13931, 16/14664 und 16/14776, Gesetzesbeschluss LT-Drs. 16/14948). Das Gesetz tritt am 01.01.2013 in Kraft mit Ausnahme der Änderungen von Art. 15, Art. 17 Abs. 2, Art. 18, 23, 37, 48 und 80 Abs. 5 Nr. 2 BayBO, die am 01.07.2013 in Kraft treten werden. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen im Bauproduktenrecht, die der Anpassung an die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.03.2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates (Bauproduktenverordnung) dienen, werden wegen des Inkrafttretens der wesentlichen Teile der Bauproduktenverordnung (vgl. deren Art. 68) und der entsprechenden Änderungen des BauPG zum 01.07.2013 (vgl. Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes zur Anpassung des Bauproduktengesetzes und weiterer Rechtsvorschriften an die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten vom 05.12.2012, BGBl. I S. 2449) ebenfalls auf den 01.07.2013 hinausgeschoben. Für die Änderungen des Art. 37 und Art. 48 BayBO, die der Anpassung an die Einführung der DIN 18040-1 und DIN 18040-2 als Technische Baubestimmungen dienen, wird ebenfalls ein Inkrafttreten zum 01.07.2013 vorgesehen, um der Praxis einen ausreichenden Zeitraum zu gewähren, sich mit den neuen Anforderungen der Barrierefreiheit auseinanderzusetzen.
Das Gesetz zur Änderung der BayBO enthält keine Übergangsvorschrift. Daher ist nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen dasjenige Recht anzuwenden, das im Zeitpunkt der bauaufsichtlichen Entscheidung gilt. Etwaige Härten im Übergang zwischen unterschiedlichen materiellrechtlichen Anforderungen können durch Zulassung von Abweichungen (Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO) ausgeglichen werden.
0.3 Rechtsverordnungen
Die auf der BayBO beruhenden Rechtsverordnungen werden an die Neufassung der BayBO angepasst. Die Änderungen der Bauvorlagenverordnung, der Feuerungsverordnung, der Versammlungsstättenverordnung, der Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständigen im Bauwesen und der Zuständigkeitsverordnung im Bauwesen werden im Dezember im GVBl veröffentlicht werden und am 01.01.2013 in Kraft treten. Diese Verordnungsänderungen enthalten im Wesentlichen redaktionelle Anpassungen an die Änderungen der BayBO.
0.4 Technische Baubestimmungen
Der einzufordernde Standard des barrierefreien Bauens wird künftig durch die als Technische Baubestimmungen einzuführenden technischen Regeln festgelegt. "DIN 18040 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen, Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude" und "DIN 18040 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen, Teil 2: Wohnungen" werden unter der lfd. Nr. 7.3 mit den zugehörigen Anlagen 7.3/01 und 7.3/02 in der Liste der Technischen Baubestimmungen veröffentlicht werden. Auch die Änderungen und Ergänzungen durch die Anlagen gehören zum Inhalt der Technischen Baubestimmungen. Mit der Bekanntmachung vom 30.11.2012 wird die Verbindlichkeit dieser Technischen Baubestimmungen zum 01.07.2013 geregelt; maßgeblich für die Anwendung ist, wie für die Änderungen in Art. 37 und Art. 48 BayBO, bei Sonderbauten das Datum der Baugenehmigung, bei Bauvorhaben im vereinfachten Genehmigungsverfahren, bei Bauvorhaben, die von der Genehmigung freigestellt sind, und bei verfahrensfreien Bauvorhaben der Baubeginn.
0.5 Vordrucke
Die der BayBO 2013 angepassten Vordrucke werden im AllMBl Nr. 14 vom 12.12.2012 veröffentlicht werden und treten am 01.01.2013 in Kraft. Die mit Bekanntmachung vom 14.04.2011 verbindlich eingeführt Vordrucke dürfen daneben - mit Ausnahme der Anlagen 4 und 7 - noch bis zum 30.06.2013 weiter verwendet werden; maßgeblich ist der Tag der Einleitung des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens (Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO).
0.6 Aufbau der Vollzugshinweise
Der Aufbau der nachfolgenden Vollzugshinweise folgt dem des Gesetzes. Die Teilziffern (Tz.) orientieren sich an der gesetzlichen Systematik (Artikel, Absatz, Satz, Nr., Buchstabe), so dass z.B. 62.3.1.2.1 Hinweise zu Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a enthält. Artikel ohne Gesetzesangabe sind solche der BayBO 2013.
1. Anwendungsbereich
1.2.7 18 Einrichtungsgegenstände sind keine baulichen Anlagen und fallen nicht in den Anwendungsbereich der BayBO. Bisher waren hier Messestände in Messe- und Ausstellungsgebäuden beispielhaft genannt. Nunmehr wird der Grundsatz klargestellt und durch Beispiele - Regale und Messestände - erläutert. Für Einrichtungsgegenstände gelten die Regelungen des Arbeitsschutzes. Das schließt nicht aus, dass auch Regale und Messestände im Einzelfall bauliche Anlagen sein können: Regale, die Teil der Gebäudekonstruktion sind, als Rettungsweg dienen oder z.B. auf Freiflächen von Einzelhandelsbetrieben errichtet werden, sind bauliche Anlagen. Gleiches gilt für Messestände, wenn sie nicht als Einrichtungsgegenstände, sondern im Freien aufgestellt werden; sie werden dann im Regelfall fliegende Bauten und somit ausführungsgenehmigungspflichtig sein.
2.4 Sonderbautatbestände
2.4.7.2 Die vom Sonderbautatbestand erfassten Versammlungsstätten im Freien sind von Veranstaltungen im Freien abzugrenzen. Unter Art. 2 Abs. 4 Nr. 7 Buchst. b fallen ortsfeste, auf Dauer angelegte Anlagen mit tribünenartiger Anordnung der Besucherbereiche, wie z.B. Freilichttheater, Anlagen für den Rennsport sowie Sportstadien. Temporäre Veranstaltungen, wie Musikfestivals auf Freiflächen, werden von diesem Tatbestand nicht erfasst. Werden bei solchen Veranstaltungen Tribünen und Bühnen aufgestellt, handelt es sich in der Regel um fliegende Bauten, die ggf. eine Ausführungsgenehmigung nach Art. 72 benötigen.
2.4.9 Nutzungseinheiten zum Zweck der Pflege oder Betreuung müssen dieser Nutzung ausdrücklich gewidmet sein. Die Tatbestandsmerkmale Pflegebedürftigkeit oder Behinderung setzen voraus, dass die Personen auf mindestens ambulante Pflege- oder Betreuungsdienstleistungen angewiesen sind. Maßgeblich für den Sonderbautatbestand der neuen Nr. 9 ist ferner, dass die Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist. Damit werden beispielsweise betreute Wohngruppen für Menschen mit seelischer Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit unterstellt werden kann, vom Anwendungsbereich der Nr. 9 nicht erfasst.
Die Sonderbaueigenschaft nach Buchst. a entsteht nur, wenn die Nutzungseinheiten einzeln den Schwellenwert erreichen, wobei hinsichtlich des Merkmals "einzeln" auf die bauliche und organisatorische Eigenständigkeit abzustellen ist.
Bei Buchst. b kommt es auf die Personenzahl in der Nutzungseinheit nicht an. Personen mit Intensivpflegebedarf sind z.B. Menschen mit apallischem Syndrom oder mit Beatmungsbedarf.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Sonderbautatbestand des Buchst. c erfüllt ist, sind lediglich diejenigen Nutzungseinheiten zu betrachten, die besonderen Wohnformen dienen und auf einen gemeinsamen Rettungsweg angewiesen sind. Erdgeschosswohnungen, die über einen eigenen Ausgang unmittelbar ins Freie verfügen, können deshalb unberücksichtigt bleiben.
Das Staatsministerium des Innern wird durch Bekanntmachung eine Richtlinie als ermessenssteuernde Verwaltungsvorschrift für Anforderungen und Erleichterungen gemäß Art. 54 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 erlassen. Die Bekanntmachung wird erfolgen, sobald das Notifizierungsverfahren für die von der Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz beschlossene Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Wohnformen für Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder mit Behinderung (Muster-Wohnformen-Richtlinie - MWR) abgeschlossen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt das Rundschreiben vom 05.04.2012 (IIB7-4112.91-003/12), wonach der bauaufsichtlichen Ermessensausübung nach Art. 54 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 der Entwurf der Muster-Wohnformen-Richtlinie zugrunde zu legen ist. Bei der Ermessensausübung nach Art. 54 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 ist u.a. zu beachten, dass weitergehende Anforderungen nur für die Nutzungseinheiten nach Nr. 9 und deren Rettungswege, nicht aber für andere Gebäudeteile ohne Sonderbaunutzung gestellt werden können.
2.4.10 Krankenhäuser sind künftig eine eigenständige Sonderbau-Kategorie.
2.4.11 Sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Personen, die nicht in den Anwendungsbereich von Nr. 9 fallen, werden eine eigene Sonderbaukategorie. Wohnheime werden als eigenständiger Typus beibehalten, da sie in der Regel nicht unter Beachtung der Standardanforderungen an Wohngebäude zum Brandschutz (feuerwiderstandsfähige Abtrennung der einzelnen Wohneinheiten) und zur Barrierefreiheit (Anteil barrierefreier Wohneinheiten) geplant werden. Die Einordnung als Sonderbautatbestand ermöglicht die Prüfung der Bauvorlagen auch im Hinblick auf diese Anforderungen (Art. 60 Satz 1 Nr. 2) und das Stellen einzelfallbezogener Anforderungen nach Art. 54 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1.
2.4.12 Tageseinrichtungen für mehr als zehn Kinder sind wegen des mit ihnen verbundenen Gefahrenpotentials als Sonderbauten einzustufen. Unterhalb dieser Schwelle sind die Tageseinrichtungen noch als "wohnartig" anzusehen und daher keine Sonderbauten.
2.4.12 17 Der in Art. 2 Abs. 4 Nr. 12 BayBO geregelte Schwellenwert von mehr als 10 Personen bezog sich bisher ausschließlich auf Tageseinrichtungen für Kinder. Tageseinrichtungen für Menschen mit Behinderung und alte Menschen galten bislang ohne Schwellenwert stets als Sonderbau. Mit der Gesetzesänderung wird dieser Schwellenwert auch auf Tageseinrichtungen für Menschen mit Behinderung und alte Menschen erweitert. Das Vorliegen eines besonderen Gefährdungspotenzials ist bei Tageseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen und alten Menschen nicht anders zu sehen als bei Tageseinrichtungen für Kinder, so dass kein Bedürfnis für eine Unterscheidung besteht.
2.4.20 Die Ergänzung in der bisherigen Nr. 18 und neuen Nr. 20 stellt klar, dass Wohngebäude keine Sonderbauten sind, auch wenn dort Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung wohnen, und dass bei Wohngebäuden, in denen die Bewohner mit der Zeit älter und ggfs. pflegebedürftig werden, keine Nutzungsänderung vorliegt. Die Klarstellung war erforderlich, da dies neuerdings in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (BayVGH, Beschluss vom 29.08.2012 Az. 2 CS 12.1265) in Zweifel gezogen worden ist. Der verfahrenssteuernden Wirkung des Sonderbaus bedarf es jedoch für Wohngebäude unabhängig davon, ob dort Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung wohnen, und unabhängig von deren Zahl nicht, da bei Wohngebäuden die einzelnen Wohnungen bereits feuerwiderstandsfähig gegeneinander ausgebildet sind.
2.10 Der neue Abs. 10 enthält eine einheitliche Definition der Barrierefreiheit für das Bauordnungsrecht. Die Definition schließt an § 4 BGG und Art. 4 BayBGG an. In der Folge wird in den Einzelvorschriften anstelle der bisherigen Umschreibungen wie "mit dem Rollstuhl zugänglich" (Art. 48 Abs. 1 Satz 3 a. F.) nur noch der Begriff "barrierefrei" verwendet. Die Definition "in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe" knüpft an die bereits aus Art. 48 Abs. 2 Satz 1 a. F. bekannte Formulierung an. Wie bisher steht dahinter der Gedanke einer wenn immer möglichen Vermeidung von Sonderlösungen. Beispielsweise ermöglicht eine Zugänglichkeit nur über Hinter- oder Nebeneingänge oder längere Umwege nicht die Nutzung in der üblichen Weise und stellt eine besondere Erschwernis dar. Die Einschränkung "grundsätzlich ohne fremde Hilfe" ist für die Auslegung der Anforderungen für Fälle hilfreich, in denen auf fremde Hilfe nicht ganz verzichtet werden kann.
3. Allgemeine Anforderungen - Art. 3 BayBO 17
Der neugefasste Art. 3 ist gegenüber der Vorgängerfassung gestrafft. Die Regelung über die technischen Baubestimmungen (bisher: Art. 3 Abs. 2) findet sich nunmehr in Art. 81a. Der bisherige Absatz 3 wird ohne inhaltliche Änderung in den neugefassten Art. 3 Satz 1 integriert. Der bisherige Absatz 4 wird in den neuen Art 16 Abs. 2 Satz 2 verschoben.
6. Abstandsflächenrecht - Art. 6 BayBO 17
Der neu in das Gesetz eingefügte Art. 6 Abs. 1 Satz 4 stellt klar, dass es auch für die Entscheidung über Abweichungen vom Abstandsflächenrecht ausschließlich auf die in Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 genannten Voraussetzungen ankommt: Die Abweichung muss unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Satz 1, vereinbar sein. Auf das von der Rechtsprechung zusätzlich aufgestellte Erfordernis der "Atypik" kommt es demnach nicht mehr an.
Mit der Verkürzung des Maßes der Tiefe der Abstandsfläche im Urbanen Gebiet (§ 6a Baunutzungsverordnung) setzt der Gesetzgeber ein Signal, dass er ein verdichtetes Bauen mit verkürzten Abstandsflächen in diesen Gebieten für sinnvoll hält; gleichzeitig behalten die Gemeinden, die Urbane Gebiete durch Bebauungsplan ausweisen müssen, dadurch Gestaltungsmöglichkeiten, dass sie aufgrund von Art. 6 Abs. 7 oder durch Satzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 ein abweichendes Maß der Tiefe der Abstandfläche festlegen können. Die Änderungen in Art. 6 Abs. 8 tragen klarstellend der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshof Rechnung, wonach untergeordnete Vorbauten wie Balkone und eingeschossige Erker - innerhalb einer Summenbegrenzung von einem Drittel der Breite einer Außenwand - bis zu "jeweils" 5 m Breite bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht bleiben.
15. Bauproduktenrecht - Art. 15 bis 23 BayBO 17
Abschnitt III des dritten Teils ("Bauarten und Bauprodukte") wurde vollständig neu gefasst. Zusammen mit Art. 81a (Technische Baubestimmungen) bildet er das Kernstück der europarechtlich erforderlichen und mit der Europäischen Kommission abgestimmten Änderungen im Bauproduktenrecht, die die Schlussfolgerungen aus den im Urteil des EuGH vom 16. Oktober 2014 enthaltenen und für die Bauproduktenverordnung - VO (EU) 305/2011 (BauPVO) übertragbaren Grundaussagen ins geltende Recht überführen.
Mit Urteil vom 16. Oktober 2014 (Rs. C-100/13) hatte der EuGH festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen Europarecht verstößt, dass an Bauprodukte, die auf harmonisierten europäischen Normen beruhen und ein "CE-Zeichen" tragen, national zusätzliche Anforderungen gestellt werden, deren Einhaltung mit einem "Ü-Zeichen" dokumentiert wird. Mit Schreiben des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 14.10.2016 (Az.: IIB4-4170-004/16) und vom 31.07.2017 (Az.: IIB9-4170-004/16) wurden zur Gewährleistung des Unionsrechts bis zum Inkrafttreten der notwendigen Novellierung übergangweise Vollzugshinweise herausgegeben, die mit Inkrafttreten der geänderten Bayer. Bauordnung zum 01.09.2018 durch diese Vollzugshinweise ersetzt werden. Weiterhin gelten die in den Schreiben vom 14.10.2016 und vom 31.07.2017 enthaltenen Ausführungen zur Darlegung des bauaufsichtlichen Anforderungsniveaus, insbesondere zu freiwilligen Herstellerangaben sowie zur Verwendung von Bauprodukten nach DIN EN 13162.
Zukünftig wird zwischen nationalen und europäischen Bauprodukten (zum Begriff des Bauprodukts siehe Art. 2 Abs. 11 BayBO) einerseits und Bauprodukten und Bauarten (zum Begriff der Bauart siehe Art. 2 Abs. 12 BayBO) unterschieden; die eingeführten Technischen Baubestimmungen sowie die bislang vom Deutschen Institut für Bautechnik bekannt gemachten (öffentlich-rechtlich verbindlichen) technischen Regeln werden in einem angepassten neuen technischen Regelwerk zusammen geführt.
Es ergibt sich folgende systematische Struktur: Art. 15 regelt Bauarten, Art. 16 regelt typenbezogen Bauprodukte. Die unterschiedlichen Fallgestaltungen, die einen Verwendbarkeitsnachweis erforderlich machen, regelt Art. 17. Artikel 18 bis 20 enthalten Bestimmungen für die unterschiedlichen Verwendbarkeitsnachweise (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis und Zustimmung im Einzelfall). Art. 21 regelt die Übereinstimmungserklärung und Zertifizierung. Art. 22 sieht zudem die Möglichkeit vor, in bestimmten Verwendungsfällen besondere Sachkunde- und Sorgfaltsanforderungen vorzuschreiben. Art. 23 schließlich enthält die Zuständigkeitsregelungen.
Ein inhaltlich einheitliches Regelungsregime besteht nach wie vor für Bauarten (Art. 15). Hierbei handelt es sich um Regelungen für die Planung, Ausführung und Bemessung für die Tätigkeit des Zusammenfügens von Bauprodukten (Art. 2 Abs. 12). Bauarten sind infolge keine Produkte, die in den Verkehr gebracht werden, so dass die sekundärrechtlichen Bestimmungen der BauPVO grundsätzlich keine Anwendung finden. Dies gilt ausnahmsweise nicht, soweit eine Bauart zugleich die Begriffsdefinition des Bausatzes im Sinne von Art. 2 Ziff. 2 BauPVO erfüllt und europarechtlich als Bauprodukt gilt; hier finden die für Bauprodukte geltenden Regelungen Anwendung.
Für Bauarten, die von Technischen Baubestimmungen wesentlich abweichen, oder für ungeregelte, im Sinne von Art. 3 aber relevante Bauarten ist nach Abs. 2 eine Bauartgenehmigung erforderlich. Der Begriff "Genehmigung" verdeutlicht den Sachzusammenhang mit der baulichen Anlage. Die Bauartgenehmigung nach Absatz 1 gibt es regelmäßig in der Form einer allgemeinen (Ziff. 1) sowie einer vorhabenbezogenen (Ziff. 2) Genehmigung. Soweit allgemein anerkannte Prüfverfahren bestehen, genügt gemäß Absatz 3 anstelle einer allgemeinen Bauartgenehmigung ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (für Bauarten). Hinsichtlich des Verfahrens zur Erteilung wird auf Art. 18 (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung) verwiesen, der entsprechend anzuwenden ist. Absatz 5 sieht zudem vor, dass Bauarten einer Übereinstimmungsbestätigung bedürfen, Art. 21 Abs. 3 findet entsprechend Anwendung.
Art. 16 Abs. 1 regelt die Voraussetzungen für die Verwendung von europäisch harmonisierten Bauprodukten, enthält in Satz 2 die zentrale Bestimmung der von der Europäischen Kommission geforderten Umsetzung und differenziert zudem zwischen nach BauPVO und anderen Harmonisierungsrechtsvorschriften CE-gekennzeichneten Bauprodukten.
Abs. 1 Satz 1 lehnt sich an die Formulierung des Art. 8 Abs. 4 BauPVO an. Allgemein gilt: Ein CE-gekennzeichnetes Bauprodukt kann verwendet werden, wenn die erklärten Leistungen den in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes festgelegten Bauwerksanforderungen, bspw. aus den Sonderbauvorschriften sowie den Technischen Baubestimmungen, für diese Verwendung entsprechen.
In Absatz 1 Satz 2 wird klargestellt, dass auf Bauprodukte, die die CE-Kennzeichnung aufgrund der VO (EU) 305/2011 tragen, die Anforderungen nach Art 17 ff. (Verwendbarkeitsnachweise, Konformitätsnachweis- und Zertifizierungsverfahren) keine Anwendung finden. Ausgenommen sind unter bestimmten Voraussetzungen Vorgaben zur Überwachung von Einbau, Transport sowie von Instandhaltung oder Reinigung von Bauprodukten, die wegen ihrer besonderen Eigenschaften oder ihres besonderen Verwendungszwecks einer außergewöhnlichen Sorgfalt bedürfen (Art. 22 Ziff. 2). Klargestellt wird dabei, dass dies nicht der Fall ist, soweit diese Tätigkeiten bereits durch die BauPVO erfasst sind. Gemäß Art. 14 Abs. 3 BauPVO haben Händler, solange sich das Bauprodukt in ihrem Verantwortungsbereich befindet, hierfür entsprechende Sorge zu tragen.
Von den am Bau Beteiligten (Bauherr, Entwurfsverfasser und Unternehmer) ist infolge dessen sicherzustellen, dass die für ein Bauprodukt erklärten Leistungen hierzu ausreichend sind. Sind nicht alle bauaufsichtlich erforderlichen Produktleistungen in der Leistungserklärung enthalten, kann das Produkt nicht aufgrund von Art. 16 Abs. 1 verwendet werden; es kommt aber eine Verwendung nach Maßgabe von Absatz 2 Satz 1 in Betracht.
Die Anforderungen an nicht harmonisierte (nationale) Bauprodukte bleiben inhaltlich unangetastet. Absatz 2 Satz 1 regelt die allgemeinen Anforderungen für die Verwendung von Bauprodukten. Bauprodukte - die nicht in den Anwendungsbereich von Art. 16 Abs. 1 fallen - bedürfen einer Übereinstimmungserklärung und ggf. einer Zertifizierung (Art. 21) sowie ggf. eines Verwendbarkeitsnachweises (Art. 17). Die Verwendbarkeit ist nachzuweisen, wenn es keine Technische Baubestimmung oder allgemein anerkannte Regel der Technik gibt, das Bauprodukt von einer Technischen Baubestimmung wesentlich abweicht oder eine Rechtsverordnung des Bayer. Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr dies vorsieht. Die (auch wesentliche) Abweichung eines Bauprodukts von allgemein anerkannten Regeln der Technik begründet hingegen keine Nachweispflicht, es gelten die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen. Der Begriff des sogenannten sonstigen Bauprodukts ist nicht mehr erforderlich. Von vornherein ausgenommen von der Verwendbarkeitsnachweisverpflichtung sind - wie schon bisher - außerdem Bauprodukte, die für die Anforderungen des Bauordnungsrechts eine nur untergeordnete Rolle spielen.
Nach Absatz 2 Satz 2 können auch nicht harmonisierte ausländische Bauprodukte verwendet werden, die den Vorschriften anderer Mitgliedsstaaten des EWR entsprechen und gemäß der dort geltenden Bestimmungen in den Verkehr gebracht werden (bislang Art. 3 Abs. 4), soweit sie das geforderte Schutzniveau gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 1 gleichermaßen dauerhaft erfüllen.
Das Zertifikat ist nun in den im Art. 21 Abs. 3 genannten Fällen Voraussetzung für die Abgabe der Übereinstimmungserklärung des Herstellers. Das Übereinstimmungszertifikat als eigenständige Form einer Übereinstimmungsbestätigung ist entfallen.
Die Zuständigkeiten der Zulassung-, Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen (Art. 23) entsprechen inhaltlich, nun aber in sprachlich gestraffter Fassung den einzelnen Vorgängerregelungen. Nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 bleibt Art. 6 Abs. 3 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG) zudem unberührt: Die Zustimmung im Einzelfall für denkmaltypische Bauprodukte, wie Putze, Mörtel und Stucke, in Baudenkmälern erteilt die untere Bauaufsichtsbehörde (bislang Art. 18 Abs. 2 BayBO). Ist keine Baugenehmigung, jedoch eine durch die Denkmaleigenschaft bedingte Abweichung erforderlich, schließt die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis auch die Zustimmung im Einzelfall mit ein.
26. Außenwände
26.2.2 Die bisherige Ausnahmeregelung wird erweitert und erfasst nun Fenster und Türen im Ganzen, nicht mehr nur die Profile. Sie bezieht sich auf Fenster und Türen als einzelne (öffenbare) Elemente einer Wand (z.B. in einer Lochfassade), nicht jedoch auf feste Verglasungen oder Glasfassaden.
26.3 Werden Solaranlagen in größerem Ausmaß an der Außenwand errichtet, müssen sie dieselbe Anforderung erfüllen, die an die Oberfläche der Wand oder eine Außenwandbekleidung gestellt wird. Der neue Satz 3 soll bewirken, dass das allgemeine Schutzziel des Abs. 1 (ausreichend lange Begrenzung einer Brandausbreitung), nicht durch brennend abfallende oder abtropfende Teile unterlaufen wird.
28. Brandwände
28.2.1 Die Forderung nach einer Gebäudeabschlusswand als Brandwand greift erst dann, wenn der Abstand zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden weniger als 5 m beträgt. Daraus ergibt sich, dass dieselbe Forderung nicht bereits bei einem Abstand von (exakt) 2,50 m zur Grundstücksgrenze zu stellen ist, sondern erst dann, wenn dieser Abstand unterschritten wird.
28.3 Durch die Änderung wird klargestellt, dass es sich bei dem bisherigen Abs. 3 Nr. 4 um eine Spezialregelung handelt, die nur in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 (also bei land- oder forstwirtschaftlich genutzten Gebäuden mit angebautem oder integriertem Wohnteil) zum Tragen kommt, und dass in diesen Fällen ausschließlich diese Spezialregelung zum Tragen kommen kann, nicht jedoch eine der (allgemeineren) Ausnahmeregelungen des Abs. 3 Nrn. 1 bis 3. Beträgt also in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 der Brutto-Rauminhalt des land- oder forstwirtschaftlich genutzten Gebäudeteils nicht mehr als 2.000 m3, ist anstelle einer Brandwand eine feuerbeständige Wand zulässig, beträgt er dagegen mehr als 2.000 m3, ist eine Brandwand nach Abs. 3 Satz 1 erforderlich.
28.6 Die Ergänzung trägt dem Umstand Rechnung, dass nach Abs. 3 Satz 2 bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 4 hochfeuerhemmende Wände anstelle von Brandwänden zulässig sind.
28.7 Satz 2 wird redaktionell an die entsprechende Regelung für Außenwände (Art. 26 Abs. 4) angepasst. Der neue Satz 3 verleiht dem auch bisher schon der Brandwandregelung zu Grunde liegenden Schutzziel Ausdruck, dass dieses Bauteil dazu dienen soll, einen Brand zunächst auch ohne Eingreifen der Feuerwehr zu stoppen und dass sich ein Brand daher nicht selbsttätig an ihm ausbreiten darf. Dabei können reine Oberflächenbeschichtungen wie Anstrich oder Putz schwerentflammbar (Art 26 Abs. 3 Satz 1), abgesehen davon müssen jedoch Außenwandbekleidungen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen nichtbrennbar sein.
30. Dächer
30.3.3 Korrespondierend zu Art. 26 Abs. 2 Satz 2 wird auch hier der Ausnahmetatbestand auf Fenster als einzelne, offenbare Elemente der Bedachung erweitert.
30.5 Die Ergänzung um Dachflächenfenster korrespondiert mit Abs. 3 Nr. 3. Die Ergänzung um Solaranlagen trägt der verbreiteten Errichtung dieser Anlagen Rechnung und stellt klar, dass das Schutzziel (Vermeidung einer Übertragung von Feuer) dabei genauso zu beachten ist, wie etwa bei der Errichtung von Dachaufbauten. Da nun Dachflächenfenster und Solaranlagen in der Schutzzielbeschreibung des Abs. 5 Satz 1 ausdrücklich genannt werden, ist ihre Nennung auch in den darauf fußenden Anforderungen des Satz 2 Nr. 1 (Dachflächenfenster) und Nr. 2 (Solaranlagen) erforderlich.
33. Notwendige Treppenräume, Ausgänge
33.7.2 Durch die Neufassung der Regelung kommt besser als bisher zum Ausdruck, dass der Grund für die Forderung nach einer Sicherheitsbeleuchtung in notwendigen Treppenräumen mit einer Höhe von mehr als 13 m die fehlenden Fenster sind. Sie erfasst also auch fensterlose Treppenräume an einer Außenwand.
33.8 Die Neufassung nennt nun das der Rauchableitung zu Grunde liegende Schutzziel, die Unterstützung wirksamer Löscharbeiten. Durch die redaktionelle Umstellung kommt klarer zum Ausdruck, dass zur Erfüllung diese Schutzziels zunächst alternativ Fenster in der Außenwand oder eine Öffnung an oberster Stelle vorzusehen sind, dass jedoch ab einer Höhe (des Gebäudes) von mehr als 13 m eine Öffnung zur Rauchableitung an oberster Stelle immer erforderlich ist, auch bei Treppenräumen mit Fenstern.
34. Notwendige Flure, offene Gänge
34.1.2.3 Durch die Änderung der Reihenfolge in Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 wird klargestellt, dass sich die Begrenzung der Fläche - auf nicht mehr als 200 m2 - nur auf die (sonstigen) Nutzungseinheiten bezieht, nicht auf die Wohnungen.
37. Aufzüge
37.3.2 In Fahrschächten ist (bisher schon) eine Öffnung zur Rauchableitung erforderlich, um zu gewährleisten, dass die Fahrschachttüren eine Brandübertragung von Geschoss zu Geschoss über den Fahrschacht wirksam behindern. Diese Öffnungen sollen jedoch aus Gründen der Energieeinsparung zunehmend mit Abschlüssen versehen werden. Der neue Satz 2 regelt, welche Anforderung ein Öffnungsabschluss an dieser Stelle erfüllen muss. Soweit nicht ausschließlich geregelte Komponenten verwendet werden, sind geeignete Verwendbarkeitsnachweise (in Form einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung oder eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses) erforderlich.
37.4 Für bauliche Anlagen, die nach Art. 48 barrierefrei sein müssen, sind künftig für die Bereiche außerhalb des Aufzugs und für den Aufzug selbst die Vorgaben der als Technische Baubestimmungen einzuführenden DIN 18040-1 und -2 zu beachten. Im Übrigen sind die in Art. 37 Abs. 4 und 5 weiterhin geregelten räumlichen Bedingungen außerhalb des Aufzugs (stufenlose Erreichbarkeit, ausreichende Bewegungsfläche vor dem Aufzug) unabhängig vom Erfordernis des barrierefreien Bauens nach Art. 48 zu erfüllen. Maßgebend sind andere Belange wie beispielsweise gesunde Wohnverhältnisse für alle Bewohner in höher gelegenen Geschossen oder insbesondere der Transport von Krankentragen.
37.4-18 17 Klarstellend wird auf Folgendes hingewiesen: Ist in ein Gebäude ein Aufzug mit Haltestellen in jedem Geschoss eingebaut und gemäß den Anforderungen von Art. 37 Abs. 4 Satz 2 Sätze 2 und 3 und Abs. 5 auch für die Aufnahme von Krankentragen geeignet, ist es nicht erforderlich, dass auch die notwendige Treppe, die dieselben Bereiche erschließt wie der Aufzug, die Anforderungen zum Krankentransport nach den Vorgaben aus Tabelle 1, Abschnitt 6.3.3 der als Technische Baubestimmung eingeführten DIN 18065 erfüllt; gleiches gilt bei einem Aufzug in niedrigeren Gebäuden, der die Anforderungen des Absatz 4 und 5 in Bezug auf den Krankentransport erfüllt.
38. Leitungsanlagen, Installationsschächte und -kanäle
38.1 Durch die Änderung wird klargestellt, dass die Erleichterung (Verzicht auf Vorkehrungen gegen die Brandausbreitung) für Leitungsführungen durch Wände und Decken innerhalb eines Gebäudes der Gebäudeklasse 1 oder 2 gilt, nicht jedoch für Leitungsführungen durch Wände zwischen aneinander gebauten Gebäuden (der Gebäudeklasse 2).
39. Lüftungsanlagen
39.5.1vgl. 38.1
48. Barrierefreies Bauen
48.0 Zum Inkrafttreten s. Tz. 0.1
48.1 Art. 48 Abs. 1 wird geändert, da sich künftig die Anforderungen an die barrierefreie Erreichbarkeit von Wohnungen nicht mehr aus Art. 48, sondern aus der als Technische Baubestimmung einzuführenden DIN 18040-2 ergeben, die ab 01.07.2013 zusammen mit der zugehörigen Anlage 7.3/02 verbindlich zu beachten ist. Daher entfällt auch die Regelung der Detailanforderungen im bisherigen Abs. 4. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Zugänglichkeit mit dem Rollstuhl und die barrierefreie Nutzbarkeit bestimmter Räume einer Wohnung, die im Übrigen unverändert benannt sind.
Klarstellend wird auf Folgendes hingewiesen: Damit die Anforderungen an das barrierefreie Bauen bei niedrigeren Wohngebäuden auch weiterhin ohne Aufzugsanlagen, begrenzt auf das Erdgeschoss, erfüllt werden können, ist die Regelung in Satz 1 nach wie vor nicht auf eine bestimmte Anzahl von barrierefreien Wohnungen, sondern auf eine barrierefreie Geschossebene bezogen. Satz 2 dagegen stellt für höhere Gebäude mit ohnehin erforderlichen Aufzügen nicht auf die Geschossebene, sondern auf die Anzahl der Wohnungen im Gebäude ab.
Soweit von der in Satz 1 Halbsatz 2 genannten Alternative Gebrauch gemacht wird und barrierefreie Wohnungen in mehreren Geschossen verteilt werden, ergibt sich daraus in der Regel auch das Erfordernis von barrierefreien Aufzügen, unabhängig vom Erfordernis nach Art. 37 Abs. 4 Satz 1. Bei Aufzügen, die der barrierefreien Erreichbarkeit von Wohnungen nach Satz 1 oder 2 dienen, sind die Vorgaben der als Technische Baubestimmung einzuführenden DIN 18040-2 zu beachten; die Anforderungen des Art. 37 Abs. 4 und 5 reichen dafür nicht aus.
48.2.1 Der bisher ausdrücklich in Art. 48 Abs. 2 Satz 1 genannte Personenkreis ist künftig auch ohne ausdrückliche Nennung durch die barrierefreie Beschaffenheit der baulichen Anlage in gleicher Weise begünstigt. Die Nennung ist daher verzichtbar. Die Erweiterung auf den Begriff "Besucher- und Benutzerverkehr" stellt übereinstimmend mit der bisherigen Auslegung der Vorschrift klar, dass sich die Barrierefreiheit bei baulichen Anlagen mit ständigen Benutzern, die nicht dort beschäftigt sind, auch auf die barrierefreie Benutzbarkeit für diesen Benutzerkreis erstreckt; dies sind z.B. die Patienten im Krankenhaus oder die Schüler in der Schule. Die Barrierefreiheit der Arbeitsplätze richtet sich nach Arbeitsstättenrecht.
48.2.3 Der neue Satz 3 setzt die bisherige Auslegung der zweckentsprechenden Nutzbarkeit um und reagiert auf die mit der bisherigen Fassung in der Anwendung aufgetretenen Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ob eine im Umfang auf das Erforderliche ausgelegte Barrierefreiheit genügt. Es wird daher klargestellt, dass die Anforderungen an die Barrierefreiheit auf den für die zweckentsprechende Nutzung tatsächlich - nämlich zur Herstellung einer diskriminierungsfreien Nutzbarkeit - erforderlichen Umfang beschränkt sein dürfen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn mehrere gleichartige Räume oder Anlagen, wie funktionsgleiche Klassenräume in einer Schule oder Besucherplätze in einem Versammlungsraum zur Verfügung stehen.
48.2.4 Der neue Satz 4 stellt heraus, dass die Anzahl der barrierefreien Toilettenräume und barrierefreien PKW-Stellplätze in Abhängigkeit von den insgesamt für den allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr vorgesehenen Toilettenräumen und Stellplätzen bauaufsichtlich geregelt ist. Die konkret erforderliche Anzahl dieser Anlagen ergibt sich aus der Einführung der Anlage 7.3/02 zur DIN 18040-1 als Technische Baubestimmung. Für in der VkV oder VStättV geregelte Sonderbauten gelten die weitergehenden Anforderungen dieser Verordnungen.
48.3 Die Änderung der Begrifflichkeiten in den von Abs. 3 unter Nr. 1 und 2 beispielhaft aufgezählten Anlagen beinhaltet keine inhaltliche Änderung. Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung aufgrund der neuen Sozialgesetzgebung: Im Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) wird anstelle des Begriffs "Heim" jetzt der Begriff "stationäre Einrichtung" verwendet.
Die weiteren Änderungen stellen gegenüber dem neuen Abs. 2 Satz 3 klar, dass für die in Abs. 3 genannten baulichen Anlagen die Anforderungen an die Barrierefreiheit - wie in der bisherigen Fassung des Abs. 3 - vollumfänglich für alle der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen gelten und nicht nur die Bereiche für Besucher und Benutzer, sondern insbesondere auch die der Bewohner umfassen. Im Übrigen regelt die Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) die Barrierefreiheit der Wohnplätze in stationären Einrichtungen.
Von Abs. 3 unberührt bleiben die in Abs. 2 genannten Tageseinrichtungen für Kinder, wie Kinderkrippen und Kindergärten, soweit sie nicht überwiegend von Kindern mit Behinderung genutzt werden.
57. Verfahrensfreie Bauvorhaben, Beseitigung von Anlagen
57.1.2.1 Mit der Einfügung des Wortes "frei" wird klargestellt, dass maßgebliches Kriterium für die Verfahrensfreiheit der Abgasanlage hinsichtlich der Höhe statischkonstruktive Erwägungen sind. Auch bei Anlagen auf Gebäuden sowie an Gebäuden, die das Gebäude überragen, ist zur Einordnung in die Verfahrensfreiheit die freie Höhe über Dach maßgeblich ist, sie sind insoweit freistehende Anlagen.
57.1.3.1.1 Die Flächenbegrenzung für aufgeständerte Anlagen wird aufgegeben. Solaranlagen in, auf und an Dach- und Außenwandflächen sind damit künftig unabhängig von ihrer Anordnung und der Art des Daches ohne Flächenbegrenzung verfahrensfrei. Auch wenn die Errichtung von Solaranlagen in, auf oder an bestehenden Anlagen zu einer Änderung der Nutzung (z.B. weil wegen der Einspeisung des Stroms ins öffentliche Netz bei einer nicht gewerblich genutzten Anlage künftig auch eine gewerbliche Nutzung vorliegt) oder der äußeren Gestalt der Anlage führt, liegt ein verfahrensfreier Tatbestand und keine (ggf. genehmigungspflichtige) Nutzungsänderung vor.
57.1.3.3 Blockheizkraftwerke sind nunmehr ausdrücklich verfahrensfrei. Damit ist auch klar gestellt, dass Blockheizkraftwerke in den Anwendungsbereich der BayBO fallen und keine Feuerstätten sind. Der sicheren Benutzbarkeit des Blockheizkraftwerks trägt Art. 78 Abs. 3 Halbsatz 2 Rechnung, wonach ortsfeste Verbrennungsmotore und Blockheizkraftwerke erst dann in Betrieb genommen werden dürfen, wenn der Bezirkskaminkehrermeister oder der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit der Leitungen zur Abführung von Verbrennungsgasen bescheinigt hat. Zu beachten ist, dass sich die Genehmigungspflicht der baulichen Hülle nach allgemeinen Regeln beurteilt und nicht von Nr. 3 erfasst ist. Blockheizkraftwerke, die die Schwellenwerte der 4. BImSchV erreichen (z.B. aufgrund eines Austauschs des Motors), bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
57.1.5.1 Die Regelung hinsichtlich der Verfahrensfreiheit von Antennen wird präzisiert, da der bisherige Wortlaut zu Missverständnissen geführt hat. Antennen sind nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut unabhängig von ihrer Größe und Höhe und unabhängig davon, wo oder woran sie angebracht sind, verfahrensfrei. Das IMS vom 19.03.2012 zum Urteil des BayVGH vom 30.01.2012 Az. 1 BV 11.62 ist durch die neue Gesetzeslage überholt.
Für die Höhenbegrenzung der Verfahrensfreiheit von Masten wird klargestellt, dass die Höhe über Dach bzw. über der baulichen Anlage, auf die der Mast errichtet wird, maßgeblich ist und nicht die Gesamthöhe der Anlage, da die Höhenbegrenzung statischkonstruktive Gründe hat. Die bauliche Anlage, auf die der Mast errichtet wird, darf jedoch nicht zur bloßen Umhüllung oder als bloßer Träger des Mastes zum Zweck der Umgehung der Genehmigungspflicht errichtet worden sein.
57.1.5.5 vgl. 57.1.5.1
57.1.7.1 Sichtschutzzäune und Terrassentrennwände werden ausdrücklich in den Verfahrensfreiheitstatbestand der Nr. 7 Buchst. a aufgenommen. Eine inhaltliche Änderung liegt nicht vor, da bereits bisher der Buchst. c durch die erweiterte Verfahrensfreiheit für Einfriedungen nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a leerlief.
57.1.11.6 Die Regelung stellt neu auch "Bedachungen" verfahrensfrei und ermöglicht damit auch die im Rahmen einer Sanierung oder nachträglichen Dämmung erforderlichen Maßnahmen an konstruktiven Teilen des Dachs (z.B. Aufdoppelung von Sparren), ohne dass allein deshalb ein Antrag auf Baugenehmigung erforderlich würde. Art. 57 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. c bleibt jedoch unberührt. So sind z.B. die konstruktiv/gestalterische Änderung des Dachs im Rahmen eines Dachgeschossausbaus oder die komplette (Neu-)errichtung eines Dachstuhls nach wie vor genehmigungspflichtig. Die Verfahrensfreiheit bezieht sich auch nicht auf konstruktive Teile raumhaltiger Bedachungen mit großen Spannweiten, die einen wesentlichen Beitrag zur Standsicherheit der gesamten Dachkonstruktion leisten.
57.1.12.7 vgl. 57.1.3.1.1
57.1.16 e) 17 Bislang war für die Errichtung transparenter Wetterschutzeinrichtungen, die Obstplantagen insbesondere vor Hagelschlag und Regen schützen, eine Baugenehmigung erforderlich. Eine präventive Kontrolle in einem Baugenehmigungsverfahren ist jedoch nicht erforderlich, da diese immer nur dann notwendig ist, wenn die Entstehung baurechtswidriger Zustände verhindert werden soll, die nur schwierig und mit unverhältnismäßigem Aufwand beseitigt werden können, oder wenn bei baulichen Anlagen statisch konstruktive Schwierigkeiten bestehen. Hiervon kann bei Wetterschutzeinrichtungen nicht ausgegangen werden. Aufgrund dessen werden transparente Wetterschutzeinrichtungen, die auf Masten mit einer Höhe bis zu 10 m befestigt werden und einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) dienen, verfahrensfrei gestellt. Der bisherige Buchstabe e) wird zu f).
57.2.6 vgl. 57.1.3.1.1
57.2.9 vgl. 57.1.3.1.1
57.4.1 Der Kreis der verfahrensfreien Nutzungsänderungen wird erweitert. Verfahrensfreiheit tritt künftig bereits ein, wenn durch die Nutzungsänderung nur möglicherweise Anforderungen berührt werden, die nicht einmal im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 geprüft würden. Kommen für die Nutzungsänderung nur andere öffentlich-rechtliche Anforderungen außerhalb des Bauordnungsrechts, des Bauplanungsrechts und des aufgedrängten Fachrechts und außerhalb bautechnischer Nachweise in Betracht, ist die Nutzungsänderung verfahrensfrei. Auf die Sonderbaueigenschaft der Nutzungsänderung kommt es für die Frage der Verfahrensfreiheit hingegen nicht an. Auch bei Nicht-Sonderbauten ist die Nutzungsänderung genehmigungspflichtig, wenn Anforderungen berührt werden, die in einem Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 geprüft würden, auch wenn sie im späteren Baugenehmigungsverfahren nicht in das Prüfprogramm fallen. Der Bezug auf die anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 ist damit unabhängig von der Art des Vorhabens nur für die Frage relevant, ob ein bauaufsichtliches Genehmigungsverfahren überhaupt durchzuführen ist. Unmaßgeblich ist, ob die andere öffentlich-rechtliche Anforderung, die zum Genehmigungsverfahren geführt hat, auch Prüfmaßstab im anzuwendenden Genehmigungsverfahren ist. Des Weiteren ist die Nutzungsänderung auch denn genehmigungspflichtig, wenn andere bautechnische Anforderungen an das Vorhaben in Betracht kommen, deren Einhaltung durch die bautechnischen Nachweise nach Art. 62 nachzuweisen ist.
57.5.3 Baubeseitigung
57.5.4 Die bisherige Unterscheidung nach Gebäudeklassen bei der Beurteilung der Standsicherheit des angebauten Gebäudes entfällt. Der Bauherr hat wie bisher der Bauaufsichtsbehörde die geplante Beseitigung anzuzeigen und nach der Neufassung einen qualifizierten Tragwerksplaner im Sinn des Art. 62 Abs. 2 zu benennen, der die Standsicherheit des angebauten Gebäudes beurteilt und den Beseitigungsvorgang, soweit dies nach seiner Einschätzung erforderlich ist, überwacht. Der qualifizierte Tragwerksplaner muss gegenüber der Bauaufsichtsbehörde bestätigen, dass die Standsicherheit im erforderlichen Umfang nachgewiesen und er mit der Überwachung des Beseitigungsvorgangs beauftragt ist. Die Vorlage von Berechnungen der
Standsicherheit oder eines ggf. erstellten Standsicherheitsnachweises können von der Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich nicht verlangt werden.
Die Anlage 4 (Beseitigungsanzeige) und die Anlage 7 (Baubeginnsanzeige) der Bauvordrucke wurden an Art. 57 Abs. 5 angepasst und sind ab 01.01.2013 verbindlich zu verwenden.
57.6 Instandhaltungsarbeiten - Art. 57 Abs. 6 BayBO 17 18
Unverändert regelt Art. 57 Abs. 6 die Verfahrensfreiheit von Instandhaltungsarbeiten. Der Inhalt des unbestimmten Rechtsbegriffs "Instandhaltungsabeiten" ist in Rechtsprechung und Kommentarliteratur geklärt: Umfasst sind alle Maßnahmen, die dazu dienen, Gebrauchsfähigkeit und Wert von Anlagen unter Belassung von Konstruktion und äußerer Gestalt zu erhalten. Wesentliche Eingriffe in Substanz von Anlagen, insbesondere in deren Tragkonstruktion, sind keine verfahrensfreien Instandhaltungsarbeiten mehr.
Andererseits verbietet es der Bestandsschutz, die Verfahrenspflichtigkeit über die von den Maßnahmen betroffenen Bauteile hinaus auszudehnen. So steht z.B. das Verlangen nach einem Stellplatznachweis bei einer statischen Sanierung einer Tiefgarage mit dem geltenden Recht nicht in Einklang; es kann vielmehr nur eine gesonderte bauaufsichtliche Maßnahme sein, die sich auf eine eigene Befugnisnorm stützen muss.
58. Genehmigungsfreistellung 17
Die Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (Seveso-III-Richtlinie) ist am 13. August 2012 in Kraft getreten. Die Seveso-III-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, u. a. dafür zu sorgen, dass zwischen Betrieben, in denen mit gefährlichen Stoffen umgegangen wird, und u.a. Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebieten und Erholungsgebieten angemessene Sicherheitsabstände gewahrt bleiben, wenn diese Ansiedlungen Ursache von schweren Unfällen sein oder das Risiko eines schweren Unfalls vergrößern oder die Folgen eines solchen Unfalls verschlimmern können. Art. 15 Abs. 1 Seveso-III-Richtlinie schreibt vor, dass in den Planungs- und Zulassungsverfahren über
immer dann, wenn dem Erfordernis eines angemessenen Sicherheitsabstandes aus Art. 13 Abs. 2 Seveso-III-Richtlinie (sogenanntes Abstandsgebot) Rechnung getragen werden muss, eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist. Darüber hinaus machen Art. 15 Abs. 2 bis 5 und 7 Seveso-III-Richtlinie detaillierte Vorgaben für die Information der Öffentlichkeit, zur Auslegung der Planunterlagen, zur Abgabe von Stellungnahmen und zur Bekanntmachung von Entscheidungen. Dies führt zu einem Umsetzungsbedarf auch auf Landesebene, da die entsprechenden Schutzobjekte in der Regel in einem bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zugelassen werden. In der BayBO ist aufgrund dessen zum einen sicherzustellen, dass diese Bauvorhaben im Genehmigungsverfahren genehmigungspflichtig sind, zum anderen ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung einzuführen.
Voraussetzung für die Herausnahme bestimmter Vorhaben aus dem Genehmigungsfreistellungsverfahren ist, dass diese innerhalb des sog. Achtungsabstandes eines Betriebsbereichs i.S.d. § 3 Abs. 5a Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) errichtet werden sollen. Der Begriff des Betriebsbereichs ist in § 3 Abs. 5a BImSchG abschließend definiert. Gem. § 3 Abs. 5c BImSchG ist ein angemessener Sicherheitsabstand der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Art. 3 Nr. 13 Seveso-III-Richtlinie hervorgerufen werden können, beiträgt. Bundeseinheitliche Maßstäbe für die Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands sollen künftig durch die sog. TA-Abstand vorgegeben werden; eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage wurde im BImSchG bereits geschaffen, mit einem Inkrafttreten der TA Abstand ist jedoch nicht vor 2019 zu rechnen. Für die Ermittlung des Achtungsabstandes kann man sich zwischenzeitlich weiterhin an Nr. 3.1 des Leitfadens "Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG" der Kommission für Anlagensicherheit, der Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfallverordnung und schutzbedürftigen Gebieten enthält, orientieren. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln. Es obliegt den zuständigen Genehmigungsbehörden, die angemessenen Sicherheitsabstände im jeweiligen Einzelfall anhand aller relevanten störfallspezifischen Faktoren festzulegen, soweit kein Bebauungsplan vorliegt oder aber zwar ein Bebauungsplan vorliegt, in diesem die Belange der Seveso-III-Richtlinie aber nicht abgearbeitet worden sind. Bei der Beurteilung, ob die in der Richtlinie genannten Risiken bestehen, kommt es nicht nur auf die von einem Betriebsbereich ausgehenden Gefahren (anlagenspezifische Faktoren) an, sondern auch vorhabenspezifische Faktoren sind zu berücksichtigen. Zur Ermittlung des angemessenen Abstands sind in der Regel Gutachten erforderlich, die vom Bauherrn vorzulegen sind. Da diese Gutachten häufig zu Zeitverlusten führen und erhebliche Kosten verursachen können, werden sie mitunter durch Gemeinden in Auftrag gegeben. Liegen derartige Gutachten vor, kann bei Einhaltung der sich daraus ergebenden angemessenen Abstände davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der Seveso-III-Richtlinie eingehalten sind. Eine Herausnahme der Bauvorhaben aus dem Anwendungsbereich der Genehmigungsfreistellung ist daher nicht erforderlich, wenn der angemessene Abstand eingehalten ist.
Die Seveso-III-Richtlinie führt als schutzbedürftige Nutzungen Wohngebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Erholungsgebiete und Hauptverkehrswege auf. Art. 58 Abs. 2 BayBO wird deshalb dahingehend geändert, dass das Genehmigungsfreistellungverfahren bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen, durch die dem Wohnen dienende Nutzungseinheiten mit einer Größe von insgesamt mehr als 5.000 m2 Bruttogrundfläche geschaffen werden oder die öffentlich zugänglich sind und der gleichzeitigen Nutzung durch mehr als 100 Personen dienen, nicht anzuwenden ist. Folge der Herausnahme der genannten Bauvorhaben ist, dass für diese Bauvorhaben ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchgeführt wird. Die im neuen Art. 66a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO genannten Sonderbauten werden in Art. 58 Abs. 2 BayBO nicht gesondert aufgeführt, da Sonderbauten generell aus dem Anwendungsbereich der Genehmigungsfreistellung ausgenommen sind.
62. Bautechnische Nachweise - Art. 62 bis 62b BayBO 18
Das Recht der bautechnischen Nachweise - bisher in Art. 62 enthalten - wird ohne wesentliche inhaltliche Änderung neu strukturiert. Art. 62 ist die allgemeine Vorschrift, die die Regelungen für alle bautechnischen Nachweise enthält.
Nachweisersteller für den Brandschutz- oder den Standsicherheitsnachweis,die in anderen Ländern in die Liste der Nachweisersteller eingetragen sind, dürfen in Bayern nur tätig werden, wenn die Voraussetzungen für die Listeneintragung in dem anderen Land mit denjenigen in Bayern vergleichbar sind und der Umfang der Vorhaben, für die die Nachweisberechtigung besteht, nicht hinter der in Bayern zurückbleibt. Die Entscheidung über die Vergleichbarkeit trifft im Zweifelsfall das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr.
Art. 62a enthält die Sonderregelungen für den Standsicherheitsnachweis ohne inhaltliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage, insbesondere müssen die nach Art 62a Abs. 1 Nr. 2 Nachweisberechtigten nicht in einer Liste geführt werden.
Die Befugnis zur Erstellung des Brandschutznachweises ist nunmehr allgemein und für alle Bauvorhaben einheitlich geregelt; deshalb entfällt eine besondere Liste für nachweisberechtigten Bauvorlageberechtigten für Gebäude der Gebäudeklasse 4.
66a Öffentlichkeitsbeteiligung (Art. 66a BayBO) 17
Art. 66a BayBO wird neu eingeführt und regelt die Beteiligung der Öffentlichkeit abschließend. Der verbleibende Art. 66 BayBO regelt nun nur noch die Nachbarbeteiligung.
Der bisherige Art. 66 Abs. 4 BayBO wird (bis auf redaktionelle Änderungen) inhaltsgleich zu Art. 66a Abs. 1 BayBO. Wir möchten darauf hinweisen, dass es den Bauaufsichtsbehörden selbstverständlich - wie bisher - frei steht, weitere Medien für die Öffentlichkeitsbeteiligung, wie z.B. eine Veröffentlichung im Internet, zu nutzen. Der neue Art. 66a Abs. 2 BayBO gilt ausschließlich für schutzbedürftige Bauvorhaben, für die nach Art. 15 Seveso-III-Richtlinie eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist. Gem. Art. 15 Seveso-III-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig Gelegenheit erhält, ihren Standpunkt zu spezifischen einzelnen Projekten darzulegen, die sich u.a. auf die Zulassung einer im Sinne des Art. 13 Seveso-III-Richtlinie schutzbedürftigen Nutzung beziehen. Nach Art. 13 Seveso-III-Richtlinie sind der Öffentlichkeit vor der Entscheidung über eine Ansiedlung verschiedene Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Öffentlichkeit ist Gelegenheit zu geben, sich vor der Entscheidung zu äußern. Nach der Entscheidung sind der Öffentlichkeit u.a. der Inhalt der Entscheidung und die Art der Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung zugänglich zu machen.
Art. 66a Abs. 2 Satz 1 BayBO regelt, für welche Bauvorhaben die nach der Seveso-III-Richtlinie erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist. Art. 66a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBO entspricht dem neuen Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 BayBO. Auf die Hinweise unter Ziffer 3 wird verwiesen.
Art. 66a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO nennt bestimmte Sonderbauten, für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben wird. Art. 13 Seveso-III-Richtlinie beschreibt nicht abschließend, welche Nutzungen schutzbedürftig sein können bzw. was unter öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten sowie unter Erholungsgebieten zu verstehen ist. Die Konkretisierung hat daher unter Berücksichtigung des Schutzziels zu erfolgen, dass das Risiko eines schweren Unfalls nicht vergrößert oder die Folgen eines solchen Unfalls nicht verschlimmert werden sollen. Daher waren nicht nur Nutzungen mit einem umfangreichen Besucherverkehr mit aufzunehmen, sondern auch solche Nutzungen, bei denen die Nutzer z.B. aufgrund ihres Gesundheitszustands oder ihres Alters besonders gefährdet oder besonders schutzbedürftig sind. Auch können Vorhaben zu berücksichtigen sein, die zwar nicht öffentlich zugänglich, aber gleichwohl z.B. als Einrichtung der sozialen Infrastruktur öffentlich genutzt werden. Für die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung ist es gleichgültig, ob diese Sonderbauten durch Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung erstmals entstehen oder bestehende Sonderbauten geändert werden:
Auf Schwellenwerte wurde zum einen verzichtet, da die erfassten Nutzungen in der Regel ohnehin für mehr als 100 Personen vorgesehen sind und zum anderen nicht nachvollziehbar ist, warum die besondere Schutzbedürftigkeit bestimmter Personengruppen bei der Frage des Brandschutzes anders beurteilt wird als bei der Vorsorge vor Folgen von Störfällen.
Weitere Voraussetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 66a Abs. 2 BayBO ist, dass das jeweilige Vorhaben innerhalb des Achtungsabstands bzw. des angemessenen Abstands verwirklicht werden soll. Insoweit wird wiederum auf die Hinweise unter Ziffer 3 verwiesen.
Bei den unter Art. 66a Abs. 2 Satz 1 BayBO fallenden Vorhaben ist immer eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, bei der zusätzlich zu den Anforderungen des Abs. 1 weitere Anforderungen gelten. Das Verfahren ist in Art. 66a Abs. 2 Sätzen 2 und 3 BayBO geregelt. In Satz 2 ist aufgelistet, welche Angaben zwingend in der öffentlichen Bekanntmachung enthalten sein müssen. Ist für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung gem. § 5 * des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen oder ist eine grenzüberschreitende Beteiligung nach § 54ff * des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich, ist hierauf in der öffentlichen Bekanntmachung hinzuweisen. Zusätzlich muss die Bekanntmachung Angaben darüber enthalten, wo und wann die betroffene Öffentlichkeit Einwendungen vorbringen kann sowie welche grundsätzlichen Entscheidungsmöglichkeiten die Behörde hat. Als betroffene Öffentlichkeit wird in Art. 3 Nr. 18 Seveso-III-Richtlinie die von einer Entscheidung über einen der Sachverhalte gemäß Art. 15 Abs. 1 Seveso-III-Richtlinie betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran, bezeichnet; Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle einschlägigen, nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, haben ein Interesse. Zudem sind die grundsätzlichen Entscheidungsmöglichkeiten der Behörde anzugeben. Es steht den zuständigen Behörden frei, in die öffentliche Bekanntmachung gegebenenfalls Angaben zu weiteren Einzelheiten des Verfahrens zur Unterrichtung der Öffentlichkeit und der Anhörung der betroffenen Öffentlichkeit mit aufzunehmen.
*) red. Anm.: Bezüge gemäß Umstrukturierung vom 20. Juli 2017 angepaßt.
67. Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens
67.1.1 Aufgrund des Urteils des BGH vom 16.09.2010 - III ZR 29/10 besteht kein Ermessensspielraum der Bauaufsichtsbehörde bei der Frage, ob ein nach § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB rechtswidrig versagtes Einvernehmen ersetzt wird. Der neue Halbsatz 2 regelt daher eine Pflicht zur Ersetzung des Einvernehmens. Wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versagung bestehen, muss das gemeindliche Einvernehmen ersetzt werden. Ein Ermessensspielraum besteht jedoch bei den nun ausdrücklich aufgeführten sonstigen nach Städtebaurecht einvernehmenspflichtigen Fällen und bei einvernehmenspflichtigen Abweichungen von örtlichen Bauvorschriften nach Art. 63 Abs. 3 Satz 2.
67.1.2 Nach der Entscheidung des BGH vom 16.09.2010 - III ZR 29/10 steht dem Bauherrn im Anwendungsbereich des § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ein Rechtsanspruch auf Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens zu. Die bisherige Regelung des Art. 67 Abs. 1 Satz 2, die einen Rechtsanspruch verneinte, gilt daher nach der Neufassung nur noch für die Fälle der Einvernehmensersetzung außerhalb des Anwendungsbereichs von § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB. Der im IMS vom 03.11.2010 unter Ziffer 1 enthaltene Hinweis ist damit aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Neufassung insofern obsolet.
72. Fliegende Bauten
72.3.4 Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei betretbaren Verkaufsständen im Grunde kein wesentlich anderes Gefahrenpotential besteht als bei Zelten, und stellt daher eingeschossige, betretbare Verkaufsstände, die fliegende Bauten sind und deren Grundfläche nicht mehr als 75 m2 beträgt, ebenso vom Erfordernis einer Ausführungsgenehmigung frei wie Zelte gleicher Größenordnung.
72.3.5 Die neue Nr. 5 stellt aufblasbare Spielgeräte, die fliegende Bauten sind, vom Erfordernis einer Ausführungsgenehmigung frei, soweit aufgrund ihrer Abmessungen und ihrer Bauart Gefahren für die Sicherheit der Benutzer nicht zu befürchten sind. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die bisherigen Ausnahmetatbestände zugeschnitten sind auf die "klassischen", bereits seit langer Zeit existierenden Arten von fliegenden Bauten (Zelte, Fahrgeschäfte u. ä.), denen aber die erst in jüngerer Zeit hinzu gekommenen "aufblasbaren Spielgeräte" nicht sinnvoll zugeordnet werden konnten. Die Begrenzung betrifft zum einen die Höhe der für Besucher betretbaren Bereiche, zum zweiten, unabhängig davon, die Fluchtweglänge unter überdachten Bereichen.
73.1 Zustimmungsverfahren (Art. 73 BayBO) 17
Gem. Art. 73 Abs. 1 Satz 3 BayBO entfällt die Zustimmung der Regierung, wenn die Gemeinde nicht widerspricht und die Nachbarn dem Bauvorhaben zustimmen. Es ist demnach nicht sichergestellt, dass für alle Bauvorhaben, die in Art. 13 Seveso-III-Richtlinie als schutzbedürftig festgeschrieben sind, eine bauplanungsrechtliche Prüfung vorgenommen wird. Um dies sicherzustellen, wurde eine Anpassung des Art. 73 Abs. 1 Satz 3 BayBO vorgenommen.
73.4 Kenntnisgabeverfahren
73.4.1 Das Kenntnisgabeverfahren entfällt, wenn die Gemeinde der Errichtung der in Abs. 4 genannten Anlagen nicht widerspricht. Eine Nachbarbeteiligung findet beim Kenntnisgabeverfahren nicht statt, eine Zustimmung der Nachbarn zum Vorhaben als Voraussetzung für das Entfallen des Kenntnisgabeverfahrens ist daher im Gegensatz zum Zustimmungsverfahren nicht erforderlich.
78. Standsicherheitsbescheinigung II (Art. 78 BayBO) 17
In Fällen, in denen eine Nutzungsaufnahme ohne Vorliegen der Standsicherheitsbescheinigung II aufgenommen wird, stehen den unteren Bauaufsichtsbehörden die üblichen vom Gesetzgeber vorgegeben Möglichkeiten bauaufsichtlichen Einschreitens zu. Als ultimaratio ist eine Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO möglich. Dies liegt jedoch im Ermessen der unteren Bauaufsichtsbehörden.
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