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Regelwerk

Änderungstext

BlnVHMPG - Berliner Verhältnismäßigkeitsprüfungsgesetz
Gesetz zur Umsetzung der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie
(Richtlinie [EU] 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen) und weiterer europäischer Vorschriften im Bereich öffentlich-rechtlicher Körperschaften (Kammern)

- Berlin -

Vom 4. März 2021
(GVBl. Nr. 21 vom 18.03.2021 S. 258)



Fn. 1

Artikel 1
Änderung des Berliner Architekten und Baukammergesetzes

Das Berliner Architekten- und Baukammergesetz vom 6. Juli 2006 (GVBl. S. 720), das zuletzt durch Artikel 54 des Gesetzes vom 12. Oktober 2020 (GVBl. S. 807) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Der amtlichen Fußnote der Überschrift wird folgender Satz angefügt:

"Darüber hinaus dienen die §§ 12 und 44 sowie die Anlagen dieses Gesetzes der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 09.07.2018 S. 25). Dieses Gesetz dient außerdem der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.09.2005 S. 22; L 271 vom 16.10.2007 S. 18; L 93 vom 04.04.2008 S. 28; L 33 vom 03.02.2009 S. 49) in der Fassung der Richtlinie 2013/55/EU (ABl. L 354 vom 23.12.2013 S. 132; L 95 vom 09.04.2016 S. 20)."

2. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

Der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 65 die Angabe "Anlage (zu § 12 Absatz 4a)" angefügt.

3. § 12 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 4 werden folgende Absätze 4a und 4b eingefügt:

"(4a) Sowohl bei Erlass als auch bei der Änderung und der Aufhebung von Satzungen sind die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 09.07.2018 S. 25) in der jeweils geltenden Fassung zu beachten. Eine Vorschrift im Geltungsbereich dieser Richtlinie muss durch Ziele des Allgemeininteresses im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie gerechtfertigt sein und ist anhand der in der Anlage zu diesem Gesetz festgelegten Kriterien auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift stehen. Die Vorschrift ist so ausführlich zu erläutern, dass durch die Aufsichtsbehörde ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bewertet werden kann. Die Gründe, aus denen sich er gibt, dass sie gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substantiieren.

(4b) Bei einer Vorschrift im Sinne des Absatzes 4a Satz 1 ist die Öffentlichkeit nach Artikel 8 der Richtlinie (EU) 2018/958 zu beteiligen. Vor der Beschlussfassung der Vertreterversammlung über eine Vorschrift ist auf der Internetseite der Kammer und sofern möglich auf andere geeignete Weise ein Entwurf mit Begründung und Darlegung der Übereinstimmung mit den Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 für einen angemessenen Zeitraum, der zwei Wochen nicht unterschreiten darf, mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zu veröffentlichen. Näheres wird durch die Satzung bestimmt; insbesondere ist sicherzustellen, dass unter Berücksichtigung des Zeitpunktes und der sonstigen Umstände der Veröffentlichung fristgerecht abgegebene Stellungnahmen in den Entscheidungsprozess der Vertreterversammlung einfließen können. Soweit die Vorschrift nicht unerhebliche Auswirkungen auf Personen haben kann, die nicht der Kammer angehören, ist vor der Beschlussfassung eine öffentliche Konsultation durchzuführen, soweit dies unter Berücksichtigung des Aufwandes nicht unverhältnismäßig ist. Bei der Abwägung des Erfordernisses einer öffentlichen Konsultation sind die Größe des potenziell betroffenen Personenkreises und die Intensität der Auswirkungen auf denselben zu berücksichtigen."

b) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

altneu
(5) Beschlüsse der Vertreterversammlung zu Absatz 1 Nummer 1, 2, 3, 7, 8 und 9 bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde."(5) Alle Beschlüsse der Vertreterversammlung zu Absatz 1 Nummer 1, 2, 3, 7, 8 und 9 sowie alle Vorschriften im Geltungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/958 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Im Rahmen der Genehmigung hat sie auch zu prüfen, ob die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 in der jeweils geltenden Fassung eingehalten wurden. Zu diesem Zweck hat die Kammer der Aufsichtsbehörde die Unterlagen inklusive der im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen zuzuleiten, aus denen sich die Einhaltung der Vorgaben nach Absatz 4a Satz 2 und Absatz 4b ergibt. Insbesondere hat die Kammer die Gründe zu übermitteln auf Grund derer sie die jeweilige Vorschrift im Sinne des Absatzes 4a Satz 2 als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig beurteilt hat."

c) Es wird folgender Absatz 6 angefügt:

"(6) Die Kammer hat nach dem Erlass einer Vorschrift im Sinne des Absatzes 4a Satz 1 ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu überwachen und bei einer Änderung tatsächlicher Umstände oder rechtlicher Rahmenbedingungen zu prüfen, ob die Vorschrift anzupassen ist; dies ist durch die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Aufsicht zu prüfen. Hierzu hat die Kammer der Aufsichtsbehörde für jedes Kalenderjahr einen Prüfbericht bis spätestens zum 31. März des Folgejahres zu übermitteln. Diesem Prüfbericht sind als Anlage alle bei der Kammer eingegangenen Stellungnahmen zu übermitteln, bei denen eine Relevanz für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit nach der Richtlinie (EU) 2018/958 nicht ausgeschlossen werden kann. Die Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass die Gründe, nach denen Vorschriften als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig beurteilt wurden und die der Europäischen Kommission nach Artikel 59 Absatz 5 der Richtlinie 2005/36/EG mitzuteilen sind, in die in Artikel 59 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG genannte Datenbank für reglementierte Berufe eingegeben werden und nimmt die zu den Eintragungen vorgebrachten Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union und diesen gleichgestellten Staaten sowie interessierter Kreise entgegen."

4. § 35 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 wird wie folgt gefasst:

altneu
3. auf Grund des Ingenieurgesetzes die Berufsbezeichnung "Ingenieurin" oder "Ingenieur" führen darf oder eine Berufsausbildung für die in § 30 genannten Aufgaben seiner Fachrichtung an einer Universität, Hochschule oder Fachhochschule mit Erfolg abgeschlossen hat, die eine Mindestregelstudienzeit von vier Jahren oder acht Semestern umfasst,

4. eine einschlägige praktische Tätigkeit von zwei Jahren ausgeübt oder die Befähigung zum höheren bau- oder vermessungstechnischen Verwaltungsdienst erworben hat und

5. seinen Beruf freischaffend oder als gesetzliche Vertreterin oder gesetzlicher Vertreter einer Ingenieurgesellschaft ausübt.

"3. seinen Beruf freischaffend oder als gesetzliche Vertreterin oder gesetzlicher Vertreter einer Ingenieurgesellschaft ausübt,

4. auf Grund des Ingenieurgesetzes die Berufsbezeichnung "Ingenieurin" oder "Ingenieur" führen darf oder eine Berufsausbildung für die in § 30 genannten Aufgaben seiner Fachrichtung an einer Universität, Hochschule oder Fachhochschule mit Erfolg abgeschlossen hat, die eine Mindestregelstudienzeit von vier Jahren oder acht Semestern umfasst und

5. eine einschlägige praktische Tätigkeit von zwei Jahren ausgeübt oder die Befähigung zum höheren bau- oder vermessungstechnischen Verwaltungsdienst erworben hat; § 2a des Ingenieurgesetzes gilt entsprechend."

5. § 44 Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

altneu
(5) Beschlüsse der Vertreterversammlung zu Absatz 1 Nr. 1 bis 3 bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde."(5) Beschlüsse der Vertreterversammlung zu Absatz 1 Nummer 1 bis 3 sowie alle Vorschriften im Geltungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/958 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. § 12 Absatz 4a bis 6 gilt entsprechend."

6. Dem Gesetz wird folgende Anlage angefügt:

"Anlage
(zu § 12 Absatz 4a)

Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit gemäß § 12 Absatz 4a und § 44 Absatz 5 ist anhand der folgenden Kriterien durchzuführen:

(1) Satzungsregelungen müssen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen. Zu diesem Zweck berücksichtigen die Kammern

  1. die Eigenart der mit den angestrebten Zielen des Allgemeininteresses verbundenen Risiken, insbesondere der Risiken für Dienstleistungsempfängerinnen und -empfänger, einschließlich Verbraucherinnen und Verbraucher, Berufsangehörige und Dritte;
  2. ob bestehende Regelungen spezifischer oder allgemeiner Art, etwa die Regelungen in Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Produktsicherheit oder des Verbraucherschutzes, nicht ausreichen, um das angestrebte Ziel zu erreichen;
  3. die Eignung der Vorschriften hinsichtlich ihrer Angemessenheit zur Erreichung des angestrebten Ziels, und ob sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gerecht werden und somit den Risiken entgegenwirken, die bei vergleichbaren Tätigkeiten in ähnlicher Weise identifiziert wurden;
  4. die Auswirkungen auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union, die Wahlmöglichkeiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Qualität der bereitgestellten Dienstleistungen;
  5. die Möglichkeit des Rückgriffs auf gelindere Mittel zur Erreichung des im Allgemeininteresse liegenden Ziels; für die Zwecke dieses Buchstabens, wenn die Vorschriften nur durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt sind und sich die identifizierten Risiken auf das Verhältnis zwischen der oder dem Berufsangehörigen und der Verbraucherin oder dem Verbraucher beschränken und sich deshalb nicht negativ auf Dritte auswirken, prüfen die Mitgliedstaaten insbesondere, ob das Ziel durch Maßnahmen erreicht werden kann, die gelinder sind, als die Tätigkeiten vorzubehalten;
  6. die Wirkung der neuen oder geänderten Vorschriften, wenn sie mit anderen Vorschriften, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, kombiniert werden, und insbesondere, wie die neuen oder geänderten Vorschriften kombiniert mit anderen Anforderungen zum Erreichen desselben im Allgemeininteresse liegenden Ziels beitragen und ob sie hierfür notwendig sind.

(2) Die Kammer berücksichtigt zudem die folgenden Elemente, wenn dies für die Art und den Inhalt der neu eingeführten oder geänderten Vorschrift relevant ist:

  1. den Zusammenhang zwischen dem Umfang der von einem Beruf erfassten oder einem Beruf vorbehaltenen Tätigkeiten und der erforderlichen Berufsqualifikation;
  2. den Zusammenhang zwischen der Komplexität der betreffenden Aufgaben und der Notwendigkeit, dass diejenigen, die sie wahrnehmen, im Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation sind, insbesondere in Bezug auf Niveau, Eigenart und Dauer der erforderlichen Ausbildung oder Erfahrung;
  3. die Möglichkeit zum Erlangen der beruflichen Qualifikation auf alternativen Wegen;
  4. ob und warum die bestimmten Berufen vorbehaltenen Tätigkeiten mit anderen Berufen geteilt oder nicht geteilt werden können;
  5. den Grad an Autonomie bei der Ausübung eines reglementierten Berufs und die Auswirkungen von Organisations- und Überwachungsmodalitäten auf die Erreichung des angestrebten Ziels, insbesondere wenn die mit einem reglementierten Beruf zusammenhängenden Tätigkeiten unter der Kontrolle und Verantwortung einer ordnungsgemäß qualifizierten Fachkraft stehen;
  6. die wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen,
    die die Informationsasymmetrie zwischen Berufsangehörigen und Verbrauchern tatsächlich abbauen oder verstärken können.

(3) Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe f prüft die Kammer die Auswirkungen der neuen oder geänderten Vorschrift, wenn sie mit einer oder mehreren Anforderungen kombiniert wird, wobei die Tatsache zu berücksichtigen ist, dass diese Auswirkungen sowohl positiv als auch negativ sein können, und insbesondere die folgenden:

  1. Tätigkeitsvorbehalte, geschützte Berufsbezeichnung oder jede sonstige Form der Reglementierung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG;
  2. Verpflichtungen zur kontinuierlichen beruflichen Weiterbildung;
  3. Vorschriften in Bezug auf Berufsorganisation, Standesregeln und Überwachung;
  4. Pflichtmitgliedschaft in einer Berufsorganisation, Registrierungs- und Genehmigungsregelungen, insbesondere wenn diese Anforderungen den Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation implizieren;
  5. quantitative Beschränkungen, insbesondere Anforderungen, die die Zahl der Zulassungen zur Ausübung eines Berufs begrenzen oder eine Mindest- oder Höchstzahl der Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer oder Vertreterinnen oder Vertreter festsetzen, die bestimmte Berufsqualifikationen besitzen;
  6. Anforderungen an bestimmte Rechtsformen oder Anforderungen in Bezug auf die Beteiligungsstruktur oder Geschäftsleitung eines Unternehmens, soweit diese Anforderungen unmittelbar mit der Ausübung des reglementierten Berufs zusammenhängen;
  7. geografische Beschränkungen, einschließlich dann, wenn der Beruf in Teilen eines Mitgliedstaats in einer Weise reglementiert ist, die sich von der Reglementierung in anderen Teilen unterscheidet;
  8. Anforderungen, die die gemeinschaftliche oder partnerschaftliche Ausübung eines reglementierten Berufs beschränken, sowie Unvereinbarkeitsregeln;
  9. Anforderungen an den Versicherungsschutz oder andere Mittel des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht;
  10. Anforderungen an Sprachkenntnisse, soweit diese für die Ausübung des Berufs erforderlich sind;
  11. festgelegte Mindest- und/oder Höchstpreisanforderungen;
  12. Anforderungen für die Werbung.

(4) Vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Vorschriften stellt die Kammer zusätzlich sicher, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit spezifischer Anforderungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden oder gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen gemäß Titel II der Richtlinie 2005/36/EG eingehalten wird, einschließlich

  1. einer automatischen vorübergehenden Eintragung oder einer Proforma-Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG;
  2. einer vorherigen Meldung gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG, der gemäß Absatz 2 des genannten Artikels geforderten Dokumente oder einer sonstigen gleichwertigen Anforderung;
  3. der Zahlung einer Gebühr oder von Entgelten, die vom Dienstleistungserbringer für die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit dem Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung gefordert werden.

Dieser Absatz gilt nicht für Maßnahmen, durch die die Einhaltung geltender Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährleistet werden soll, die die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht anwenden."

Artikel 2
Änderung des Berliner Heilberufekammergesetzes

Das Berliner Heilberufekammergesetz vom 2. November 2018 (GVBl. S. 622) wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift erhält folgende amtliche Fußnote:

"Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 09.07.2018 S. 25)."

2. Der Inhaltsübersicht werden nach der Angabe zu § 94 folgende Angaben angefügt:

"Anlage 1
(zu § 15 Absatz 5 Satz 1)

Anlage 2
(zu § 15 Absatz 5 Satz 2)

Anlage 3
(zu § 15 Absatz 5 Satz 6)

Anlage 4
(zu § 15 Absatz 5 Satz 7)".

3. In § 3 Absatz 5 Nummer 3 werden die Wörter "die zuletzt durch Artikel 1 des Delegierten Beschlusses (EU) 2017/2113 (ABl. L 317 vom 01.12.2017 S. 119) geändert worden ist" durch die Wörter "die zuletzt durch den Delegierten Beschluss (EU) 2020/548 (ABl. L 131 vom 24.04.2020 S. 1) geändert worden ist" ersetzt.

4. Dem § 15 werden folgende Absätze 4 bis 7 angefügt:

"(4) Die Berufsordnung, die Weiterbildungsordnung und sonstige Satzungen, die den Berufszugang oder die Berufsausübung beschränken, müssen im Einklang mit dem auf sie anzuwendenden europäischen Recht stehen. Insbesondere sind bei neuen oder zu ändernden Vorschriften, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG unterfallen, die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 09.07.2018 S. 25) in der jeweils geltenden Fassung einzuhalten. Bei Vorschriften, die Auswirkungen auf die Patientensicherheit haben, ist das Ziel der Sicherstellung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes zu berücksichtigen.

(5) Eine Vorschrift im Sinne des Absatzes 4 Satz 2 muss durch Ziele des Allgemeininteresses im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie (EU) 2018/958 gerechtfertigt sein und ist anhand der in der Anlage 1 festgelegten Kriterien auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Darüber hinaus sind bei der Prüfung die in Anlage 2 enthaltenen Anforderungen zu berücksichtigen, wenn sie für die Art und den Inhalt der neu eingeführten oder geänderten Vorschrift relevant sind. Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift stehen. Die Vorschrift ist so zu erläutern, dass ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bewertet werden kann. Die Gründe, aus denen sich ergibt, dass sie gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substantiieren. Wird die neue oder geänderte Vorschrift mit einer oder mehreren der in Anlage 3 enthaltenen Anforderungen kombiniert, so ist die Auswirkung der neuen oder geänderten Vorschrift zu prüfen, insbesondere, wie die neue oder geänderte Vorschrift kombiniert mit anderen Anforderungen zum Erreichen desselben legitimen Zwecks beiträgt und ob sie hierfür notwendig ist. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird, wenn spezifische Anforderungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden oder gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen gemäß Titel II der Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der in Anlage 4 enthaltenen Anforderungen, neu eingeführt oder geändert werden. Diese Verpflichtung gilt nicht für Maßnahmen, durch die die Einhaltung geltender Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährleistet werden soll, die im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union angewendet werden.

(6) Mindestens zwei Wochen vor der Beschlussfassung der Delegiertenversammlung über die Vorschrift ist auf der Internetseite der jeweiligen Kammer ein Entwurf mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zu veröffentlichen. Die Einstellung in das Internet ist im Hinblick auf den Zeitpunkt und die sonstigen Umstände der Veröffentlichung so auszugestalten, dass alle einschlägigen Interessenträger in geeigneter Weise einbezogen werden und Gelegenheit haben, ihren Standpunkt darzulegen. Soweit die Vorschrift nicht unerhebliche Auswirkungen auf Personen haben kann, die nicht der Kammer angehören, ist vor der Beschlussfassung eine öffentliche Konsultation durchzuführen, soweit dies unter Berücksichtigung des Aufwandes nicht unverhältnismäßig ist. Bei der Abwägung des Erfordernisses einer öffentlichen Konsultation sind die Größe des potenziell betroffenen Personenkreises und die Intensität der Auswirkungen auf denselben zu berücksichtigen. Nach dem Erlass der Vorschrift ist ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu überwachen und bei einer Änderung der Umstände zu prüfen, ob die Vorschrift anzupassen ist. Die Erfüllung dieser Pflicht ist der zuständigen Aufsichtsbehörde nachzuweisen. Die Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass die Gründe, nach denen Vorschriften als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig beurteilt wurden und die der Europäischen Kommission nach Artikel 59 Absatz 5 der Richtlinie 2005/36/EG mitzuteilen sind, in die in Artikel 59 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG genannte Datenbank für reglementierte Berufe eingegeben werden, und nimmt die zu den Eintragungen vorgebrachten Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union und diesen gleichgestellten Staaten sowie interessierter Kreise entgegen.

(7) Der Erlass und die Änderung von Satzungen, die den Berufszugang oder die Berufsausübung beschränken, bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Diese hat im Rahmen der Genehmigung der Satzungen nach Satz 1 und der Berufsordnungen und der Weiterbildungsordnungen nach Absatz 3 zu prüfen, ob die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 eingehalten wurden. Zu diesem Zweck haben die Kammern der Aufsichtsbehörde die Unterlagen zuzuleiten, aus denen sich die Einhaltung der Vorgaben ergibt. Insbesondere sind die Gründe zu übermitteln, auf Grund derer die Delegiertenversammlung die jeweilige Satzung oder deren Änderung als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig beurteilt hat."

5. Dem Gesetz werden die folgenden Anlagen 1, 2, 3 und 4 angefügt:

".

Anlage 1
(zu § 15 Absatz 5 Satz 1)

Nach § 15 Absatz 5 Satz 1 zu berücksichtigende Anforderungen:

  1. die Eigenart der mit den angestrebten Zielen des Allgemeininteresses verbundenen Risiken, insbesondere der Risiken für Dienstleistungsempfängerinnen und -empfänger, einschließlich Verbraucherinnen und Verbraucher, Berufsangehörige und Dritte;
  2. die Frage, ob bestehende Regelungen spezifischer oder allgemeiner Art, etwa die Regelungen in Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Produktsicherheit oder des Verbraucherschutzes, nicht ausreichen, um das angestrebte Ziel zu erreichen;
  3. die Eignung der Vorschriften hinsichtlich ihrer Angemessenheit zur Erreichung des angestrebten Ziels, und ob sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gerecht werden und somit den Risiken entgegenwirken, die bei vergleichbaren Tätigkeiten in ähnlicher Weise identifiziert wurden;
  4. die Auswirkungen auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union, die Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher und Verbraucherinnen und die Qualität der bereitgestellten Dienstleistungen;
  5. die Frage, ob zur Erreichung des im Allgemeininteresse liegenden Ziels auch auf mildere Mittel zurückgegriffen werden kann; wenn die Vorschrift nur durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt ist und sich die identifizierten Risiken auf das Verhältnis zwischen der oder dem Berufsangehörigen und der Verbraucherin oder dem Verbraucher beschränken und sich deshalb nicht negativ auf Dritte auswirken, ist im Sinne dieses Buchstabens insbesondere zu prüfen, ob das Ziel durch Maßnahmen erreicht werden kann, die milder sind als die Maßnahme, die Tätigkeiten zu reglementieren;
  6. die Wirkung der neuen und geänderten Vorschriften, wenn sie mit anderen Vorschriften, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, kombiniert werden, und insbesondere, wie die neuen oder geänderten Vorschriften kombiniert werden mit anderen Anforderungen zum Erreichen desselben im Allgemeininteresse liegenden Ziels und ob sie hierfür notwendig sind.

.

(zu § 15 Absatz 5 Satz 2)Anlage 2

Nach § 15 Absatz 5 Satz 2 zu berücksichtigende Anforderungen:

  1. den Zusammenhang zwischen dem Umfang der von einem Beruf erfassten oder einem Beruf vorbehaltenen Tätigkeiten und der erforderlichen Berufsqualifikation;
  2. den Zusammenhang zwischen der Komplexität der betreffenden Aufgaben und der Notwendigkeit, dass diejenigen, die sie wahrnehmen, im Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation sind, insbesondere in Bezug auf Niveau, Eigenart und Dauer der erforderlichen Ausbildung oder Erfahrung;
  3. die Möglichkeit, die beruflichen Qualifikationen auf alternativen Wegen zu erlangen;
  4. die Frage, ob und warum die bestimmten Berufen vorbehaltenen Tätigkeiten mit anderen Berufen geteilt oder nicht geteilt werden können;
  5. den Grad an Autonomie bei der Ausübung eines reglementierten Berufs und die Auswirkungen von Organisations- und Überwachungsmodalitäten auf die Erreichung des angestrebten Ziels, insbesondere wenn die mit einem reglementierten Beruf zusammenhängenden Tätigkeiten unter der Kontrolle und Verantwortung einer ordnungsgemäß qualifizierten Fachkraft stehen;
  6. die wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen, die die Informationsasymmetrie zwischen Berufsangehörigen und Verbraucherinnen und Verbrauchern tatsächlich abbauen oder verstärken können.

.

(zu § 15 Absatz 5 Satz 6)Anlage 3

Nach § 15 Absatz 5 Satz 6 zu berücksichtigende Anforderungen:

  1. Tätigkeitsvorbehalte, geschützte Berufsbezeichnung oder jede sonstige Form der Reglementierung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG;
  2. Verpflichtungen zur kontinuierlichen beruflichen Weiterbildung;
  3. Vorschriften in Bezug auf Berufsorganisation, Standesregeln und Überwachung;
  4. Pflichtmitgliedschaft in einer Berufsorganisation, Registrierungs- und Genehmigungsregelungen, insbesondere wenn diese Anforderungen den Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation implizieren;
  5. quantitative Beschränkungen, insbesondere Anforderungen, die die Zahl der Zulassungen zur Ausübung eines Berufs begrenzen oder eine Mindest- oder Höchstzahl der Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer oder Vertreterinnen oder Vertreter festsetzen, die bestimmte Berufsqualifikationen besitzen;
  6. Anforderungen an bestimmte Rechtsformen oder Anforderungen in Bezug auf die Beteiligungsstruktur oder Geschäftsleitung eines Unternehmens, soweit diese Anforderungen unmittelbar mit der Ausübung des reglementierten Berufs zusammenhängen;
  7. geografische Beschränkungen, insbesondere dann, wenn der Beruf in Teilen eines Mitgliedstaates in einer Weise reglementiert ist, die sich von der Reglementierung in anderen Teilen unterscheidet;
  8. Anforderungen, die die gemeinschaftliche oder partnerschaftliche Ausübung eines reglementierten Berufs beschränken, sowie Unvereinbarkeitsregeln;
  9. Anforderungen an den Versicherungsschutz oder andere Mittel des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht;
  10. Anforderungen an Sprachkenntnisse, soweit diese für die Ausübung des Berufs erforderlich sind;
  11. festgelegte Mindest- und/oder Höchstpreisanforderungen;
  12. Anforderungen an die Werbung.

.

(zu § 15 Absatz 5 Satz 7)Anlage 4

Nach § 15 Absatz 5 Satz 7 zu berücksichtigende Anforderungen:

  1. eine automatische vorübergehende Eintragung oder eine Pro-Forma-Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG;
  2. eine vorherige Meldung gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG, die gemäß Absatz 2 des genannten Artikels erforderlichen Dokumente oder eine sonstige gleichwertige Anforderung;
  3. die Zahlung einer Gebühr oder von Entgelten, die vom Dienstleistungserbringer für die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit dem Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung gefordert werden."

Artikel 3
Änderung des Ingenieurgesetzes

In § 2a des Ingenieurgesetzes in der Fassung vom 1. November 2011 (GVBl. S. 690), das zuletzt durch Artikel 53 des Gesetzes vom 12. Oktober 2020 (GVBl. S. 807) geändert worden ist, wird nach Absatz 1 der folgende Absatz 1a eingefügt:

"(1a) Ist eine Eignungsprüfung erforderlich, ist sicherzustellen, dass diese spätestens sechs Monate nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Verpflichtung abgelegt werden kann."

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

1) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 09.07.2018 S. 25). Artikel 1 und 3 dieses Gesetzes dienen außerdem der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.09.2005 S. 22; L 271 vom 16.10.2007 S. 18; L 93 vom 04.04.2008 S. 28; L 33 vom 03.02.2009 S. 49) in der Fassung der Richtlinie 2013/55/EU (ABl. L 354 vom 23.12.2013 S. 132; L 95 vom 09.04.2016 S. 20).

ID 210528
ENDE