umwelt-online: Großflächige Einzelhandelsvorhaben im Bau- und Landesplanungsrecht (3)

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6.5 Darstellung und Festsetzung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben in Bauleitplänen

6.5.1 Darstellung im Flächennutzungsplan

Da großflächige Einzelhandelsvorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur in Kerngebieten oder in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind, sollten bereits im Flächennutzungsplan geeignete Flächen mit einer entsprechenden Darstellung versehen werden, aus der diese Baugebiete entwickelt werden können.

Die Festsetzung "Kerngebiet" kann regelmäßig aus der Darstellung eines Kerngebietes, einer gemischten Baufläche oder unter Umständen einer gewerblichen Baufläche entwickelt werden. Sollen im Flächennutzungsplan Kerngebiete außerhalb der eigentlichen Ortskerne mit zentralen Funktionen dargestellt werden, so sind wegen der in dieser Gebietsart zulässigen großflächigen Einzelhandelsvorhaben deren Auswirkungen zu bedenken. Zur Vermeidung negativer Auswirkungen für vorhandene Zentren kann im Falle der Darstellung eines Kerngebietes schon im Erläuterungsbericht des Flächennutzungsplans aufgenommen werden, dass ein hieraus zu entwickelnder Bebauungsplan großflächige Einzelhandelsvorhaben gegebenenfalls bestimmter Größe auszuschließen hat. Insoweit ist dann der Entwicklungsspielraum für den nachfolgenden Bebauungsplan erkennbar eingeschränkt. Mit der Darstellung eines Kerngebietes werden regelmäßig Standorte bestimmt, in denen neben dem großflächigen Einzelhandelsbetrieb auch andere für ein Zentrum typische Nutzungen untergebracht werden sollen.

Schon im Flächennutzungsplan ist bei Darstellung eines Sondergebietes nach § 11 Abs. 3 BauNVO die konkrete Zweckbestimmung (zum Beispiel "Sondergebiet - großflächige Einzelhandelsvorhaben") erforderlich.

Die Ermittlung geeigneter Flächen sollte auf dem Ergebnis des kommunalen Einzelhandelskonzeptes basieren. In dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan ist auch auf das Einzelhandelskonzept und die dort getroffenen Entscheidungen zu den zulässigen oder auszuschließenden Sortimenten hinzuweisen.

6.5.2 Festsetzung im Bebauungsplan

  1. Festsetzung "Kerngebiet"
    Die Festsetzung eines Kerngebietes ist regelmäßig nur für ein Gebiet vertretbar, das zum Zentrum mit vielfältigen Nutzungen im Sinne des § 7 BauNVO werden soll. Außerhalb vorhandener oder geplanter städtebaulicher Zentren ist die Festsetzung eines Kerngebietes in der Regel unzulässig, da dies der Zweckbestimmung des Gebietes nicht entsprechen würde. Für die Ansiedlung ausschließlich großflächiger Einzelhandelsbetriebe ist das "Sondergebiet" die geeignete Festsetzung.
  2. Festsetzung "Sondergebiet"
    Während die BauNVO bei den übrigen Baugebieten (§§ 2 bis 9 BauNVO) die Zweckbestimmung des Gebietes und die Art der zulässigen Nutzung selbst festlegt, müssen diese Regelungen bei Sondergebieten im Bebauungsplan getroffen werden. Für ein Sondergebiet sind daher die Zweckbestimmungen und die (allgemein oder ausnahmsweise) zulässigen Nutzungen ausdrücklich festzusetzen (das heißt die Angaben der einzelnen im Gebiet zulässigen Anlagen). Gegebenenfalls kann eine Einschränkung, zum Beispiel durch Festsetzung der höchstzulässigen Geschossfläche oder Verkaufsfläche, erforderlich sein. Darüber hinaus ist zulässig, im Textteil eines Bebauungsplanes auf der Grundlage des § 1 Abs. 9 BauNVO für ein Sondergebiet aus städtebaulichen Gründen, wie Zentrenverträglichkeit und zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der großflächigen Einzelhandelsvorhaben (§ 1 Abs. 5 BauGB, § 11 Abs. 3 BauNVO), einzelne Sortimente festzusetzen bzw. auszuschließen, sofern die Differenzierung marktüblichen Gegebenheiten entspricht (BVerwG 4 BN 45.01, Beschluss vom 4. Oktober 2001). Eine solche Differenzierung enthält Anlage 1. Es ist auch zulässig, Flächengrößen für einzelne Sortimente festzusetzen.
  3. Festsetzung anderer Gebiete
    Soweit Einzelhandelsbetriebe, die nicht unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallen, weil es ihnen an der "Großflächigkeit" mangelt, insbesondere in Gewerbegebieten und Industriegebieten planungsrechtlich zulässig sind, hat die Gemeinde als Planungsträger die Möglichkeit, im Bebauungsplan

und damit die Ansiedlung solcher Einzelhandelsbetriebe zu steuern (BVerwG - 4 C 36.87, BVerwG -4 BN 31.98). Da bei ca. 700 m2 Verkaufsfläche eine Untergrenze für den großflächigen Einzelhandel zu ziehen ist, erlangen die Möglichkeiten des § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO verstärkt Bedeutung. Vor allem, wenn Vorhaben unter 700 m2 Verkaufsfläche unerwünschte städtebauliche Auswirkungen erwarten lassen, kann es geboten sein, von diesem Instrumentarium Gebrauch zu machen. Dabei gestattet § 1 Abs. 9 BauNVO über § 1 Abs. 5 BauNVO hinausgehend, einzelne Unterarten von Nutzungen mit planerischen Festsetzungen zu erfassen. Festsetzungen, die auf die Größe von Anlagen abstellen (zum Beispiel Verkaufsfläche von Handelsbetrieben), sind danach jedoch nur zulässig, wenn dadurch bestimmte Arten von baulichen oder sonstigen Anlagen (Anlagetypen) zutreffend gekennzeichnet werden. Ein nach § 1 Abs. 9 BauNVO ausschließbarer Anlagetyp ist auch der großflächige Einzelhandelsbetrieb, der die Vermutungsgrenze (1.500/1.200 qm Geschossfläche) überschreitet oder die Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO hat.

Mit den in § 1 Abs. 9 BauNVO geforderten "besonderen städtebaulichen Gründen" sind einschränkende Festsetzungen allerdings nicht notwendig erschwert. Vielmehr ist erforderlich - aber auch ausreichend -, dass es spezielle städtebauliche Gründe gerade für die gegenüber § 1 Abs. 5 BauNVO noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzung gibt.

6.6 Auswirkungen auf die Städtebauförderung

Die Gemeinde ist verpflichtet, ihre für städtebauliche Erneuerungs- und Entwicklungsgebiete aufgestellten Ziele auch in ihrer Gesamtplanung zu beachten und zu unterstützen. Großflächige Einzelhandelsprojekte sind durch geeignete bauleitplanerische Aktivitäten und Festsetzungen auszuschließen, soweit sie sich als Hindernis für die zügige Entwicklung der geförderten Gemeindeteile oder benachbarter geförderter Gemeinden auswirken können. Dies gilt auch insoweit, wie der Erfolg bereits abgeschlossener Fördermaßnahmen durch großflächige Einzelhandelsprojekte in Frage gestellt werden kann.

6.7 Entschädigung

Die Änderung von Bebauungsplänen kann zu Entschädigungsansprüchen nach den §§ 39 ff. BauGB führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die Änderung ausgeschlossene Nutzung bisher zulässig, insbesondere die Erschließung gesichert war und durch die Änderung der zulässigen Nutzung als Vermögensnachteil (§ 44 Abs. 3 Satz 1 BauGB) eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt. Von einer nicht nur unwesentlichen Wertminderung ist nur dann auszugehen, wenn für bestimmte Flächen dieses Gebietes im Hinblick auf die Zulässigkeit solcher Handelsbetriebe bei vorhandener Erschließung bereits ein Verkehrswert entstanden ist, der erheblich über dem Verkaufswert vergleichbarer Gebiete liegt, in denen die Ansiedlung eines Handelsbetriebes im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nicht möglich ist.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass ein Entschädigungsanspruch nach § 42 Abs. 2 und 3 BauGB untergegangen sein kann, wenn die zulässige Nutzung eines Grundstücks nach Ablauf von sieben Jahren aufgehoben oder geändert wird.

6.8 Umweltverträglichkeitsprüfung

Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unterliegen Vorhaben der Anlage 1 des UVPG der Umweltverträglichkeitsprüfung; zu diesen Vorhaben gehören gemäß Anlage 1 Nr. 18.6 die Errichtung von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 der BauNVO ab einer Geschossfläche von 5.000 qm, für die im bisherigen Außenbereich (§ 35 BauGB) Bebauungspläne aufgestellt werden.

Bei einer Geschossfläche von 1.200 qm bis weniger als 5.000 qm ist gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 des UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Dies gilt auch für alle Vorhaben ab einer Geschossfläche von 1.200 qm, die nicht im bisherigen Außenbereich liegen, für die ein Bebauungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt wird.

Die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung ist an die Aufstellung eines Bebauungsplans gebunden; sie begründet kein eigenständiges Erfordernis zur Aufstellung eines Bebauungsplans.

Soweit für das Vorhaben ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wird, kann eine Umweltverträglichkeitsprüfung erster Stufe - also im raumordnerischen Maßstab - im Raumordnungsverfahren mit erfolgen.

7. Baurechtliche Beurteilung von Vorhaben im Einzelfall

7.1 Zulässigkeit im Geltungsbereich eines Bebauungsplans

Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, der überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist (qualifizierter Bebauungsplan). Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der diese Voraussetzung nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens im Übrigen nach § 34 oder 35 BauGB (§ 30 Abs. 3 BauGB). Die Zulässigkeit der einzelnen baulichen Anlagen richtet sich nach der festgesetzten Art der Nutzung. Diese wird in den Bebauungsplänen in der Regel durch die Gebietstypen nach der Baunutzungsverordnung festgesetzt (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 BauNVO). Zu beachten ist, dass einzelne bauliche Anlagen auch zu einer Funktionseinheit verschmelzen können, so dass sich die Art der Nutzung und die Zulässigkeit im jeweiligen Baugebiet ändern (vgl. auch Nr. 2.2.2).

Entscheidend für die Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelsvorhaben ist die jeweils für den Bebauungsplan gültige Fassung der Baunutzungsverordnung (§§ 25 bis 27 BauNVO).

7.1.1 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1962

Die BauNVO enthielt noch keine Sonderregelung für großflächige Einzelhandelsvorhaben. Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, denen die BauNVO 1962 zugrunde hegt, sind daher Handelsbetriebe aller Art in Misch-, Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten zulässig, wenn sie der Eigenart des Gebietes und den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widersprechen. Voraussetzung ist ferner, dass die Betriebe zum Beispiel nach Umfang, voraussichtlicher Zahl der Besucher sowie nach dem zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehr nicht dem Zweck, dem das Baugebiet vorwiegend dient, widersprechen (§ 15 Abs. 1 BauNVO). Ist dies der Fall, so war auch schon nach der BauNVO 1962 für diese Betriebe ein Sondergebiet festzusetzen. Im Übrigen muss auch hier die Erschließung gesichert sein.

7.1.2 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1968

Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, denen die BauNVO 1968 zugrunde liegt, sind nach § 11 Abs. 3 BauNVO Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die außerhalb von Kerngebieten errichtet werden sollen und die nach Lage, Umfang und Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen sollen, nur in für sie dargestellten und festgesetzten Sondergebieten zulässig. Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die nicht vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen, sind als Einzelhandels- oder Gewerbebetriebe auch in anderen Baugebieten und Industriegebieten zulässig. Allerdings ist auch hier § 15 BauNVO zu beachten (siehe Nr. 7.1.5). Charakteristisch für Verbrauchermärkte sind unter anderem der Verkauf an letzte Verbraucher, wenig Dienstleistungen, Selbstbedienung, breites Warensortiment (hauptsächlich auf Lebensmittel und verwandte Güter) und große Verkaufsflächen. Auch ein Möbelmarkt mit weiteren Warenangeboten wie Elektromarkt, Heimwerkermarkt, Heimtextilien, Lampen, Gardinen, Teppiche, Tapeten, Korb- und Glaswaren, Porzellan, Bilder und Restaurant kann, wenn er diese Waren nicht als untergeordnetes Nebensortiment, sondern in großem Umfang anbietet, ein Verbrauchermarkt sein. Allein der Verkauf größerer Mengen durch einen Fachmarkt, etwa von Lebensmitteln, charakterisiert noch nicht den Verbrauchermarkt, sondern erst die Vielfalt der angebotenen Waren auf großer Fläche (im Zweifel mehr als 1.200 m2 Geschossfläche).

Übergemeindlich ist die Versorgung, wenn der Einzugsbereich über die Gemeindegrenze hinausreicht. Vorwiegend übergemeindlich ist die Versorgung, wenn mehr als 50 Prozent seiner Waren ihre Abnehmer außerhalb des Gemeindegebiets finden. Das ist nach objektiven Kriterien und nicht nach den Planungen und Vorstellungen des Betriebs festzustellen und gegebenenfalls durch Gutachten zu klären es sei denn, der Betrieb ist wegen seiner Größe schon als übergemeindlicher Versorger zu erkennen (BVerwG, Urteil vom 1. September 1989, 4 B 99.89).

Im Übrigen muss auch in diesen Fällen die Erschließung gesichert sein.

Maßgebend für die Abgrenzung des Gemeindegebietes ist der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der BauNVO.

7.1.3 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1977

§ 11 Abs. 3 BauNVO findet Anwendung auf Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, deren Auslegung seit dem 1. Oktober 1977 durchgeführt wurde. Für sie gilt die Vermutungsgrenze von 1.500 m2 Geschossfläche. Die Regelgröße von 1.200 m2 Geschossfläche des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO 1986 gilt für alle Bebauungsplanentwürfe, die seit dem 1. Januar 1987 öffentlich ausgelegt worden sind. Demgegenüberfindet § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO 1986 auch auf Bebauungspläne auf der Grundlage des § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 entsprechende Anwendung (§§ 25a und 25b BauNVO).

7.1.4 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1986/1990

Großflächige Einzelhandelsvorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO sind außer in Kerngebieten nur in den für solche Vorhaben festgesetzten Sondergebieten zulässig. In anderen Baugebieten sind sie daher unzulässig.

Kleinere Betriebe, die im Einzelnen zwar keine, in der Ansammlung mit anderen kleinen Betrieben aber Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO hervorrufen, können im Einzelfall nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig sein (vgl. Nr. 7.1.5), wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Mischgebiet oder Gewerbegebiet zu einem Gebiet für großflächige Einzelhandelsvorhaben entwickeln würde.

7.1.5 Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 15 BauNVO

Die in den Baugebieten der BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Die durch § 15 BauNVO geschützte maßgebliche Umgebung auch außerhalb des Baugebiets reicht jedoch nur soweit, wie unmittelbare Wirkungen eines Vorhabens die Nutzung anderer Grundstücke in bebauungsrechtlicher Hinsicht beeinträchtigen können. Sie erfasst nicht die Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit der auf diesen Grundstücken ausgeübten Einzelhandelsnutzungen; dabei handelt es sich lediglich um eine mittelbare Auswirkung. Negative Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung in einem größeren Einzugsbereich gehören nicht zu den in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO angeführten Belästigungen und Störungen; so genannte "Fernwirkungen" finden daher im Rahmen des § 15 BauNVO keine Berücksichtigung. Unzumutbare Belästigungen oder Störungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können jedoch beispielsweise darin bestehen, dass ein hohes Verkehrsaufkommen der öffentlichen Straße in der maßgeblichen Umgebung ungewöhnlich belastet, so dass der Zu- und Auslieferungsverkehr anderer Grundstücke erheblich behindert wird oder Wohngrundstücke durch Immissionen stark beeinträchtigt werden.

Die Eigenart eines Baugebietes lässt sich einmal unmittelbar anhand der Festsetzung des Bebauungsplans sowie aus der bereits vorhandenen und zugelassenen Bebauung feststellen. So bestimmen auch Festsetzungen von Verkehrsflächen in einem nach § 30 Abs. 1 BauGB qualifizierten Bebauungsplan die Eigenart eines Baugebiets; ein Vorhaben, dessen zu erwartendes Verkehrsaufkommen die Aufnahmefähigkeit der planmäßig ausgebauten Verkehrsfläche sprengen würde, kann deshalb nach Umfang und Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen.

Die Eigenart kann auch durch Auslegung der Festsetzungen festgestellt werden. Hierfür kann unter Umständen auch die Begründung zum Bebauungsplan herangezogen werden.

7.2 Zulässigkeit innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB)

  1. Soll ein Vorhaben im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO in einer Umgebung verwirklicht werden, die einem der Gebietstypen der BauNVO entspricht (§ 34 Abs. 2 BauGB), ist es nur zulässig, wenn die vorhandene Bebauung als Kerngebiet oder als Sondergebiet nach § 11 Abs. 3 BauNVO einzustufen ist. Die Verweisung auf die BauNVO in § 34 Abs. 2 BauGB ist "dynamisch", so dass stets die zum Zeitpunkt der baurechtlichen Entscheidung gültige Fassung der BauNVO anzuwenden ist.
    Nach § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Anwendung der BauNVO nur in Bezug auf die Art der Nutzung, nicht auch nach dem Maß der Nutzung nach der BauNVO. Das zulässige Maß der baulichen Nutzung richtet sich nach den konkreten Verhältnissen. Des Weiteren erfolgt wegen der Art der Nutzung neben der Prüfung der BauNVO nicht auch noch die Prüfung nach § 34 Abs. 1 BauGB.
  2. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung nicht einem der Baugebietstypen der BauNVO, so ist für die Zulässigkeit eines großflächigen Einzelhandelsvorhabens insbesondere erforderlich, dass es sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien "einfügt" (§ 34 Abs. 1 BauGB). Dies setzt voraus, dass eine entsprechende Nutzung in der näheren Umgebung bereits vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, so fügt es sich nur ein, wenn es im Verhältnis zu seiner näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Konflikte erzeugt oder vorhandene Konflikte nicht verstärkt. Unzulässig kann ein Vorhaben demnach schon dann sein, wenn es durch eine deutliche Verstärkung des Zu- und Abgangsverkehrs mit Kraftfahrzeugen zu einer erheblich höheren Belastung benachbarter Wohngebäude mit Verkehrsimmissionen führt oder das vorhandene Straßennetz insbesondere auch durch parkende Kundenfahrzeuge überlastet wird. In einer Umgebung, in der bisher ein großflächiges Einzelhandelsvorhaben nicht vorhanden ist, wird ein entsprechendes Vorhaben den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreiten. Wird der zu erwartende Kundenverkehr Anwohner mit höherem Verkehrslärm belasten, verursacht das Vorhaben Spannungen mit der Folge seiner Unzulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB, ohne dass es auf die Frage der Zumutbarkeit des erhöhten Verkehrslärms im Sinne des § 5 Nr. 1 BImSchG ankommt.

Der Beurteilungsrahmen in § 34 Abs. 1 BauGB ergibt sich aus der Eigenart der näheren Umgebung. Nachteilige Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO reichen aber meist weit über die nähere Umgebung hinaus. Derartige "Fernwirkungen" bleiben jedoch bei der Beurteilung des "Einfügens" außer Betracht.

Im Übrigen muss sich das großflächige Einzelhandelsvorhaben an das in dem Bereich gegebene Maß der Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, halten. Dabei ist auch auf die konkrete Grundstücksfläche des Vorhabens im Sinne einer absoluten Zahl und auf seine räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung abzustellen.

Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder die Darstellungen des Flächennutzungsplans sind für die Zulässigkeit des großflächigen Einzelhandelsvorhabens in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen nach § 34 BauGB ohne Bedeutung.

7.3 Zulässigkeit im Außenbereich (§ 35 BauGB)

Die Betriebe nach § 11 Abs. 3 BauNVO sind nicht etwa wegen ihrer Auswirkungen privilegiert im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Es sind sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB, die schon wegen ihres Umfangs und der durch sie erzeugten Verkehrsströme zahlreiche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigen. Sie sind damit dort grundsätzlich unzulässig. Das gilt auch für die Erweiterung eines Gewerbebetriebes hin zu einem großflächigen Einzelhandelsvorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO, weil das eine genehmigungsbedürftige Änderung in eine im Außenbereich unzulässige Nutzung ist. Die Erweiterung eines Gewerbebetriebes, die eine Nutzungsänderung darstellt" fällt nicht unter den Teilprivilegierungstatbestand des § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB.

Sollte ein einfacher Bebauungsplan (§ 30 Abs. 3 BauGB) für den Bereich vorliegen, kann ein großflächiges Einzelhandelsvorhaben zulässig sein, wenn die Erschließung gesichert ist. Er darf aber als raumbedeutsames Vorhaben im Außenbereich nicht den in den Regionalplänen konkretisierten Zielen der Raumordnung und Landesplanung widersprechen (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB).

8. Bauantrag und Baugenehmigung

Bauanträge auf großflächige Einzelhandelsvorhaben müssen insbesondere folgende Angaben enthalten: Art des Betriebs, Geschoss-, Verkaufsfläche, Wirtschaftszweig und die vorgesehenen Sortimente (mit Kernsortiment). Diese Angaben können in der Baugenehmigung festgeschrieben werden, wenn dies nach dem Bebauungsplan erforderlich ist oder sich aus § 11 Abs. 3 BauNVO ergibt.

 

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 Zentren-/innenstadtrelevante SortimenteAnlage 1

Bei der nachfolgenden Sortimentsliste handelt es sich um schematische beispielhafte Angaben. Die Zentrenrelevanz kann in Einzelfällen in Abhängigkeit von dem vorhandenen Angebotsbestand in den jeweiligen Zentren und in Abhängigkeit von der städtebaulichen Situation differieren (zum Beispiel Elektrogroßgeräte/ "weiße Ware", Teppiche, Campingartikel, Fahrräder, großteilige Sportgeräte, die in der Regel zentrenrelevant sind).

Als zentren-/innenstadtrelevante Sortimente gelten:

 

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 Arbeitshilfe/Checkliste für Gutachten betr. großflächige EinzelhandelsvorhabenAnlage 2

I. Projektbeschreibung

II. Derzeitige Kaufkraftdaten für Standort, Einzugsbereich und zentralörtlichen Verflechtungsbereich

III. Versorgungsgrad/Versorgungssituation der Bevölkerung im Einzugsbereich und im zentralörtlichen Verflechtungsbereich

Zahl und Art der Einzelhandelsbetriebe, Verkaufsflächen nach vorhabensbezogenen Sortimentsbereichen (Totalerhebung) nach Gemeinden, Stadt-/Ortsteilen und Standorten (Kern-, Sondergebieten) bzw. Standortlagen (integrierte, periphere Standorte)

IV. Angebotslücken nach Sortimenten nach Standorten im zentralörtlichen Verflechtungsbereich

V. Kennziffern der geplanten Projekte nach Sortimenten

VI. Auswirkungen im Einzugsbereich bzw. zentralörtlichenVerflechtungsbereich und in konkurrierenden Standorten

(1) Ökonomische Auswirkungen

(2) Raumordnungspolitische Auswirkungen

(3) Städtebauliche Auswirkungen

(4) Verkehrliche Auswirkungen

(5) Auswirkungen auf Umwelt, Naturhaushalt, Orts- und Landschaftsbild

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