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Regelwerk; Bau- & Planungsrecht
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VV-ROG/NROG-Untersagung - Verwaltungsvorschriften zum ROG und zum NROG für die Untersagung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen
- Niedersachsen -

Vom 25. Juni 2024
(Nds. MBl. Nr. 283 vom 25.06.2024)
Gl.-Nr.: 23100



Archiv: 2017

RdErl. d. ML v. 25.06.2024 - 302-20002-610/2024-5045/2024 -
- VORIS 23100 -

Bezug: RdErl. v. 05.04.2017 (Nds. MBl. S. 552), geändert durch RdErl. v. 02.05.2018 (Nds. MBl. S. 454)
- VORIS 23100 -

Zur Ausführung des § 12 ROG vom 22.12.2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22.03.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 88), i. V. m.

§ 19 Abs. 3 NROG i. d. F. vom 06.12.2017 (Nds. GVBl. S. 456), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17.04.2024 (Nds. GVBl. 2024 Nr. 31), werden folgende VV erlassen:

1. Zweck und Wirkung der Untersagung

Im Rahmen der gesetzlichen Bindungswirkungen von Zielen der Raumordnung (§ 4 ROG) sind raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen (Vorhaben) unzulässig, die gegen Ziele der Raumordnung verstoßen. Die Untersagung nach § 12 ROG dient der Durchsetzbarkeit der Raumordnungsplanung gegenüber anderen raumbedeutsamen Vorhaben.

Die unbefristete Untersagung nach § 12 Abs. 1 ROG ordnet ein dauerhaftes Planungs- oder Genehmigungsverbot an für eine konkrete raumbedeutsame Planung oder Maßnahme, die mit einem oder mehreren bestehenden Zielen der Raumordnung unvereinbar ist.

Die befristete Untersagung nach § 12 Abs. 2 ROG sichert künftige Ziele der Raumordnung während eines Verfahrens zur Aufstellung oder Änderung eines Raumordnungsplans. Die befristete Untersagung bewirkt ein vorübergehendes Ruhenlassen einer konkurrierenden Planung, einer Planfeststellung oder eines anderen Zulassungs- oder Genehmigungsverfahrens bis zum Abschluss der Raumordnungsplanung.

§ 12 ROG ist nur auf bestehende oder in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, nicht aber - auch nicht entsprechend - auf bestehende oder in Aufstellung befindliche Grundsätze der Raumordnung anzuwenden.

2. Gegenstand der Untersagung und deren Bindung an die Ziele der Raumordnung

Die Untersagungsmöglichkeit besteht nur, wenn die betroffene Planung, Maßnahme oder Entscheidung raumbedeutsam i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG ist und bei ihr Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 bis 3 ROG zu beachten sind.

Als Gegenstand von Untersagungen kommen in Betracht:

  1. raumbedeutsame Planungen (z.B. Bauleitplanung, Abfallwirtschaftsplanung) und Maßnahmen (z.B. Straßenbaumaßnahme, Erlass einer Förderrichtlinie in Bezug auf raumbedeutsame Projekte) öffentlicher Stellen,
  2. Genehmigungen, Planfeststellungen und sonstige behördliche Entscheidungen (z.B. Erlaubnisse, Bewilligungen) über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
  3. behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Maßnahmen von Personen des Privatrechts, sofern diese durch Planfeststellung beschieden werden (z.B. nach § 68 Abs. 1 WHG bei Gewässerausbau im Rahmen eines raumbedeutsamen Kiesabbauvorhabens) oder durch eine Genehmigung mit gleicher Rechtswirkung, bei der eine Abwägung stattfindet (z.B. Plangenehmigung nach § 68 Abs. 2 WHG für Gewässerausbau, wenn keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung besteht),
  4. raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen von (juristischen) Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (z.B. Vorhaben von Energieversorgungsunternehmen) und behördliche Entscheidungen über deren Zulässigkeit, wenn an diesen Personen des Privatrechts entweder mehrheitlich öffentliche Stellen beteiligt sind (z.B. in Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung) oder wenn die raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden,
  5. Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des BImSchG,
  6. behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, sofern nach den Bestimmungen des maßgeblichen Fachrechts die Ziele der Raumordnung bei der Erteilung der Genehmigung zu beachten sind (z.B. Bauvorhaben im Außenbereich, auf die § 35 Abs. 3 BauGB Anwendung findet); einer solchen ausdrücklichen Raumordnungsklausel steht eine allgemeine Gemeinwohlklausel gleich, d. h., dass nach den fachrechtlichen Vorschriften bei der Genehmigung des Vorhabens "öffentliche Belange", "öffentliche Interessen" oder "das Wohl der Allgemeinheit/Gemeinwohl" zu prüfen sind und nicht beeinträchtigt werden oder nicht entgegenstehen dürfen.

Die Untersagung kann sowohl in Bezug auf die Planung oder die Maßnahme in ihrer Gesamtheit ausgesprochen werden als auch in Bezug auf einzelne, noch nicht durchgeführte Verfahrensschritte (z.B. die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens, die Beschlussfassung, die Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde, die Bekanntmachung). Auch die Untersagung eines räumlichen Teils einer Planung oder Maßnahme ist möglich, sofern eine Planung oder Maßnahme nur in einem räumlichen Teilbereich gegen ein Ziel der Raumordnung verstößt; im Rahmen des Ermessens ist zu berücksichtigen, ob und welche Auswirkungen die Untersagung eines Teilbereichs auf die Realisierbarkeit des Gesamtvorhabens haben kann.

Vorhaben und Entscheidungen, bei denen die Ziele der Raumordnung nicht beachtet werden müssen, können nicht untersagt werden. Bei Vorhaben von Personen des Privatrechts ist eine Untersagung nicht möglich, wenn keine der anzuwendenden Genehmigungsvorschriften die Ziele der Raumordnung als Genehmigungsvoraussetzung normiert (so beispielsweise bei Bauvorhaben im Geltungsbereich eines wirksamen Bebauungsplans nach § 30 BauGB oder im Innenbereich nach § 34 BauGB; hingegen sind Ziele der Raumordnung bei Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 3 BauGB oder bei Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB als "öffentlicher Belang" zu beachten).

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen des Bundes und bundesunmittelbarer Planungsträger i. S. des § 5 Abs. 1 ROG ist die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung nicht gegeben, wenn die zuständige Behörde oder der Planungsträger dem Ziel zulässigerweise widersprochen hat (§ 5 Abs. 1 und 2 oder § 5 Abs. 3 ROG) oder fachgesetzliche Sonderregelungen eine Bindung an Ziele der Raumordnung unter bestimmten Voraussetzungen ausschließen (z.B. § 5 Abs. 2, § 18 Abs. 3b NABEG oder § 43 Abs. 3 EnWG).

Eine raumordnerische Untersagung kann nur für einen konkreten Einzelfall erlassen werden. Sie kann sich nicht pauschal auf alle Planungen oder Maßnahmen eines Typs im Planungsraum erstrecken.

Eine Sonderregelung, die nur in Bezug auf die Windenergienutzung gilt, enthält § 249 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BauGB: Solange nach Ablauf des maßgeblichen Stichtages das regionale Teilflächenziel nach der Anlage zum NWindG nicht erreicht wird, sind Untersagungen von Planungen für Windenergiegebiete sowie Untersagungen von BImSchG-Genehmigungen nicht zulässig.

3. Voraussetzungen für die Untersagung

Eine Untersagung setzt voraus, dass alle Tatbestandsmerkmale des § 12 ROG kumulativ erfüllt sind.

Eine unbefristete Untersagung ist nur möglich, wenn

Eine befristete Untersagung ist nur möglich, wenn

Sowohl die unbefristete als auch die befristete Untersagung setzen ferner voraus, dass die zuständige Behörde bei ihrer Entscheidung das Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat (siehe Nummer 4).

Soll die Untersagung auf die Verletzung mehrerer Ziele gestützt werden, müssen die Voraussetzungen einer Untersagung (Tatbestandsvoraussetzungen und Ermessensausübung) in Bezug auf jedes dieser Ziele geprüft und dargelegt sein.

3.1 Hinreichender sachlicher und räumlicher Konkretisierungsgrad der beabsichtigten raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme

In Bezug auf die zu untersagende Planung oder Maßnahme ist ein ausreichender Konkretisierungsgrad notwendig, um feststellen zu können, ob sie einem Ziel der Raumordnung entgegensteht oder die Verwirklichung eines in Aufstellung befindlichen Zieles unmöglich machen oder wesentlich erschweren könnte.

In Bezug auf Planungen gilt:

Bei bloßen Planungsideen und allgemeinen vorbereitenden Arbeiten ist noch nicht von einer Untersagungsfähigkeit auszugehen. Werden Landesplanungsbehörden an Abstimmungsprozessen beteiligt, sollen sie vielmehr frühzeitig auf Konflikte mit bestehenden oder in Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung hinweisen und auf eine raumordnungskonforme Ausgestaltung von Planung und Maßnahmen hinwirken. Bei raumbedeutsamen Planungen ist mindestens der Beginn des Beteiligungsverfahrens erforderlich, um die Voraussetzungen für eine Untersagung beurteilen zu können. Eine abschließende Abwägungsentscheidung des Planungsträgers muss andererseits noch nicht vorliegen.

In Bezug auf Maßnahmen gilt:

Die Konzeption der Maßnahme muss insoweit feststehen, wie es für deren raumordnerische Beurteilung erforderlich ist (je nach Vorhaben z.B. Standort, Größe, Höhe, Sortimente). Faktoren, die für die raumordnerische Beurteilung unerheblich sind, müssen nicht bekannt oder erkennbar sein (z.B. Standsicherheit, Brandschutz, Betriebsweise). In laufenden Zulassungsverfahren sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Untersagungsfähigkeit daher auch schon dann erfüllt, wenn noch nicht alle weiteren fachgesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Entscheidungsreife im Zulassungsverfahren ist kein tatbestandliches Erfordernis einer Untersagung. Es ist allein eine Frage des Ermessens, ob zunächst Entscheidungsreife abgewartet werden soll (Näheres siehe Nummer 4).

3.2 Raumbedeutsame Planung, Maßnahme oder Zulassungsentscheidung noch nicht abgeschlossen

Die Untersagung kann nur eine noch nicht abgeschlossene Planung oder Maßnahme betreffen. Sind alle für die Planung oder Maßnahme nötigen Tätigkeiten einer öffentlichen Stelle beendet, gibt es keinen geeigneten Adressaten mehr für eine etwaige Untersagung (siehe Nummer 5.1).

Eine raumbedeutsame Planung kann dann nicht mehr untersagt werden, wenn sämtliche Verfahrensschritte, die für das Wirksamwerden oder Inkrafttreten des Plans erforderlich sind, bereits durchgeführt worden sind (z.B. Bekanntmachung eines Bebauungsplans nach § 10 Abs. 3 BauGB). Der Planungsträger kann aufgrund des § 12 ROG nicht zu einer "Rückgängigmachung" der Planung oder einem sonstigen aktiven Tätigwerden - wie beispielsweise der Anpassung bereits in Kraft getretener Pläne - verpflichtet werden. Eine solche Verpflichtung kann sich aus Fachgesetzen ergeben (z.B. für Bauleitpläne aus dem Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB oder einer Anpassungsverfügung nach § 17 NROG), aber nicht mittels Untersagung durchgesetzt werden. Stellt sich nach Bekanntmachung eines Plans heraus, dass er mit einem Fehler behaftet ist, der durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden kann, ist während der Dauer des ergänzenden Verfahrens eine Untersagung wieder möglich.

Eine raumbedeutsame Maßnahme ist in aller Regel dann abgeschlossen und kann nicht mehr untersagt werden, wenn hierfür bereits eine Zulassungsentscheidung ergangen ist (verfahrensrechtlich abgeschlossen).

Die Untersagungsfähigkeit bezüglich einer Genehmigung oder Planfeststellung für eine Maßnahme endet mit dem Zeitpunkt, in dem die Zulassungsentscheidung den "Machtbereich" der Genehmigungs- oder Planfeststellungsbehörde verlässt. Ist die Genehmigung erteilt, kann die Landesplanungsbehörde lediglich gegenüber der Genehmigungs- oder Planfeststellungsbehörde darauf hinweisen, dass die getroffene Entscheidung wegen Verstoßes gegen § 4 ROG rechtswidrig war, sodass diese in eigener Zuständigkeit eine etwaige Rücknahme des Verwaltungsakts nach § 48 VwVfG prüfen kann.

Der Zeitpunkt der "Abgeschlossenheit" einer raumbedeutsamen Maßnahme ist nur dann anders zu bewerten, wenn der Träger eine öffentliche Stelle ist und ein bestehendes Ziel der Raumordnung entgegensteht. In diesem Fall kann eine raumbedeutsame Maßnahme auch noch nach ihrer Zulassung untersagt werden, solange die Maßnahme tatsächlich noch nicht abgeschlossen (z.B. noch im Bau) ist. Die gesetzliche Zielbeachtungspflicht einer öffentlichen Stelle erstreckt sich gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 ROG auf ihr gesamtes Tätigwerden bei raumbedeutsamen Maßnahmen bis zu deren Abschluss. Insoweit könnten auch ihre baulichen Tätigkeiten oder andere Umsetzungsarbeiten für eine nicht zielkonforme Maßnahme noch Gegenstand einer Untersagung sein.

3.3 Weitere materielle Voraussetzungen der unbefristeten Untersagung
(Unvereinbarkeit mit einem bestehenden Ziel der Raumordnung, § 12 Abs. 1 ROG)

Unbefristete Untersagungen erfordern, dass eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit einem Ziel der Raumordnung i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG unvereinbar ist. Es muss sich um ein bestehendes Ziel eines geltenden Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) oder des geltenden Landes-Raumordnungsprogramms Niedersachsen (LROP) handeln.

Die unbefristete Untersagung hat nur feststellenden Charakter, da dem raumbedeutsamen Vorhaben dauerhaft ein Ziel (oder mehrere Ziele) der Raumordnung entgegensteht, das aufgrund seiner Bindungswirkung gemäß § 4 ROG bereits von sich aus beachtlich ist.

Eine unbefristete Untersagung kann beispielsweise in Betracht kommen, wenn eine Gemeinde einen Bebauungsplan aufstellt, der aus einem Flächennutzungsplan entwickelt wird, welcher noch nicht an die Ziele der Raumordnung angepasst ist. Die unbefristete Untersagung ist ferner von Bedeutung, wenn bei einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme ein entgegenstehendes Ziel der Raumordnung nicht als solches anerkannt oder es fehlinterpretiert wurde, die Reichweite einer Ausnahme-Regelung nach § 6 Abs. 1 ROG überschätzt wurde oder fälschlicherweise davon ausgegangen wurde, das entgegenstehende Ziel in einer Abwägung mit anderen Belangen überwinden zu können. Ein Verstoß gegen Ziele der Raumordnung kann beispielsweise entstehen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans in Bezug auf Verkaufsflächen oder Sortimente von Einzelhandelsgroßprojekten

3.4 Weitere materielle Voraussetzungen der befristeten Untersagung
(Unvereinbarkeit mit einem in Aufstellung befindlichen Ziel der Raumordnung, § 12 Abs. 2 ROG)

Die befristete Untersagung schützt in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, die Gegenstand eines laufenden Aufstellungs- oder Änderungsverfahrens zu einem RROP oder zum LROP sind, und für die ein besonderes Sicherungsbedürfnis besteht. Eine befristete Untersagung richtet sich gegen solche raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die die Verwirklichung eines in Aufstellung oder Änderung befindlichen Zieles unmöglich machen oder wesentlich erschweren würden. Hierbei handelt es sich um ein von der Landesplanungsbehörde darzulegendes und gerichtlich vollumfänglich nachprüfbares Tatbestandsmerkmal. Die befristete Untersagung setzt im Einzelnen Folgendes voraus:

3.4.1 Betroffenheit eines in Aufstellung befindlichen Zieles der Raumordnung

Für die Annahme der Betroffenheit eines in Aufstellung befindlichen Zieles geht es nur um die Abgrenzung zu Grundsätzen oder anderen Inhalten von Raumordnungsplänen. Ausreichend ist die erkennbare Absicht des Planungsträgers, im Planentwurf eine Festlegung treffen zu wollen, die nach ihrem Inkrafttreten inhaltlich alle Anforderungen eines Zieles der Raumordnung erfüllt. Dies ist in Anlehnung an die Begriffsbestimmung für Ziele der Raumordnung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG dann anzunehmen, wenn ein Entwurf einer räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren Vorgabe zur Entwicklung, Ordnung oder Sicherung des Raums vorliegt, aus dem - auch für Dritte - der Charakter als Ziel der Raumordnung erkennbar ist. Dazu muss die vorgesehene Festlegung nebst Begründung sowie die Kennzeichnung der Festlegung nach § 7 Abs. 1 Satz ROG i. V. m. Ziffer 01 Satz 4 der Anlage 3 der LROP-VO den beabsichtigten Zielcharakter verdeutlichen.

Unter den Begriff "Aufstellung" fallen Verfahren zur (Neu-)Aufstellung sowie gemäß § 7 Abs. 7 ROG auch solche zur Änderung, Ergänzung sowie zur Aufhebung (z.B. die alleinige Aufhebung einer begünstigenden Ausnahme nach § 6 Abs. 1 ROG unter Beibehaltung der einschränkenden Regelung) eines Raumordnungsplans.

Um als "in Aufstellung befindliches Ziel" zu gelten, muss die vorgesehene Festlegung zudem einen hinreichend verfestigten Planungsstand in einem Verfahren nach § 9 ROG erreicht haben. Die Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 4a ROG zu "in Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung" legt fest, wann ein hinreichend verfestigter Planungsstand erreicht wurde:

Ist nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens i. S. von § 9 Abs. 2 ROG, d. h. des ersten Beteiligungsverfahrens, kein weiteres Beteiligungsverfahren (mehr) nötig, ist der Planentwurf bereits vor dem RROP-Satzungsbeschluss oder vor der Genehmigung des RROP - unter Kenntlichmachung seines Status - bekannt zu machen. Erst dann liegt ein "in Aufstellung befindliches Ziel" i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4a ROG vor.

Wird der Planentwurf dergestalt überarbeitet, dass zu Teilen eine ergänzende Beteiligung nach § 9 Abs. 3 ROG nötig ist, muss der Bekanntmachung über die Einleitung des erneuten Beteiligungsverfahrens zu entnehmen sein, dass die übrigen Planteile unverändert bleiben und wo diese unveränderten Planteile eingesehen werden können. Werden nur die geänderten Planteile veröffentlicht, ist die Fundstelle der früheren Entwurfsfassung anzugeben. Wird eine Lesefassung des vollständigen Planentwurfs veröffentlicht, in der die Änderungen besonders gekennzeichnet sind, genügt dies.

Eine Untersagung auf der Grundlage der Bekanntmachung allgemeiner Planungsabsichten oder während des ersten Beteiligungsverfahrens ist daher nicht möglich.

Jedes künftige Ziel, auf das die Untersagung gestützt werden soll, ist zu benennen. Sind mehrere in Aufstellung befindliche Ziele betroffen, ist jedes eigenständig als Grundlage der Untersagung zu benennen. Eine Untersagung kann nicht pauschal auf den Raumordnungsplanentwurf als Ganzes oder auf ganze Regelungskapitel bezogen werden.

3.4.2 Zielverwirklichung unmöglich oder wesentlich erschwert

Ob die Verwirklichung eines künftigen Zieles der Raumordnung aufgrund einer konkurrierenden Planung oder einer konkurrierenden Maßnahme unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde, ist eine Prognoseentscheidung der zuständigen Landesplanungsbehörde. Die Prognose muss auf einer zuverlässigen Tatsachenbasis anhand der Gegebenheiten des jeweiligen konkreten Planungsraumes beruhen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer wesentlich erschwerten oder unmöglichen Verwirklichung des Zieles. Ob die angenommenen Entwicklungen später eintreten, ist unerheblich.

Neben der hinreichenden Verfestigung des in Aufstellung befindlichen Zieles (§ 3 Abs. 1 Nr. 4a ROG, siehe Nummer 3.4.1) erfordert die erforderliche Prognose einen hinreichenden Konkretisierungsgrad der zu untersagenden Planung oder Maßnahme. Dabei muss auch berücksichtigt werden, inwieweit noch realistische Möglichkeiten und die Wahrscheinlichkeit bestehen, die konkurrierende Planung oder Maßnahme so auszugestalten oder durch Nebenbestimmungen eine behördliche Zulassungsentscheidung so zu beeinflussen, dass die Verwirklichung des künftigen Zieles der Raumordnung nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

Nicht jede prognostisch zielwidrige Planung oder Maßnahme führt zu einer wesentlichen Erschwernis oder Unmöglichkeit der Zielverwirklichung. Das Maß der "Wesentlichkeit" kann nicht generalisierend, sondern nur einzelfallbezogen ermittelt werden. Für die Beurteilung der Wesentlichkeit eines Konflikts spielt in der Regel auch eine Rolle, wie weiträumig sich eine konkurrierende raumbedeutsame Planung oder Maßnahme auswirkt und in welchem Ausmaß dadurch das in Aufstellung befindliche Ziel betroffen wäre.

Je mehr ein geplantes Ziel auf sehr begrenzte Flächen, seltene Raumnutzungen oder besondere Raumfunktionen beschränkt ist, desto eher kann seine Verwirklichung ggf. auch schon durch kleinräumige Vorhaben wesentlich erschwert (oder unmöglich) werden.

Vorhaben können auch dann eine wesentliche Erschwernis bedeuten, wenn sie wesentlichen Einfluss auf die Kriterien eines gesamträumlichen Planungskonzepts dahingehend hätten, dass die einheitliche Einhaltung dieser Kriterien nicht mehr möglich wäre.

4. Ermessensentscheidung

Die Entscheidung über eine befristete oder unbefristete Untersagung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Landesplanungsbehörde.

4.1 Entschließen zum Untersagen (Entschließungsermessen)

Da keine behördliche Verpflichtung zum Erlass einer Untersagung besteht, ist zunächst zu entscheiden, ob überhaupt ein Einschreiten mittels Untersagung für erforderlich gehalten wird (Entschließungsermessen).

Zu berücksichtigen ist u. a., ob eine Veränderung der Planung oder Maßnahme im Laufe des Planungs- oder Zulassungsverfahrens zu erwarten ist, durch die eine Kollision mit dem bestehenden oder in Aufstellung befindlichen Ziel der Raumordnung vermieden wird.

Im Rahmen des Entschließungsermessens ist beispielsweise auch zu berücksichtigen, ob anstelle einer (frühzeitigen) Untersagung ein formloser Hinweis verbunden mit der Bitte um Aufgabe der Planung oder des Vorhabens genügen würde. Es ist jedoch auch der Gegenstand der Untersagung zu berücksichtigen. Soll z.B. eine Genehmigungsbehörde vorübergehend die Erteilung einer gebundenen Entscheidung unterlassen, auf die ein Vorhabenträger sonst einen Anspruch hätte, bietet nur eine formelle befristete Untersagung zum Schutz in Aufstellung befindlicher Ziele die rechtliche Möglichkeit, diese Genehmigung bei Entscheidungsreife (noch) nicht erteilen zu müssen. In diesem Fall wäre ein bloßer formloser Hinweis an die Genehmigungsbehörde rechtlich nicht ausreichend.

Sind bereits in vergleichbaren Fallkonstellationen - d. h. bei gleichen Tatbeständen - Untersagungen ausgesprochen worden, so beeinflussen die Ermessenserwägungen solcher vorausgegangenen Verfahren das "Ob" ebenso wie das Ergebnis der Ermessensausübung im laufenden Verfahren (Selbstbindung der Verwaltung). Ebenso ist zu berücksichtigen, inwieweit das "Nicht-Ahnden" eine Präzedenzwirkung auf künftige Entscheidungen hätte.

Für unbefristete Untersagungen gilt zudem:

Da Adressaten einer Untersagung in aller Regel andere öffentliche Stellen sind und für öffentliche Stellen der Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung gilt, ist davon auszugehen, dass sie bei entsprechendem Hinweis auf eine Rechtsverletzung auch ohne förmliche Untersagung das geltende Recht einhalten und auf die Fortführung einer raumordnungswidrigen Planung oder den Erlass einer raumordnungswidrigen Genehmigung verzichten werden. Es müssen daher besondere Gründe vorliegen, die darauf schließen lassen, dass sich eine andere öffentliche Stelle ohne förmliche Untersagung nicht rechtstreu verhalten wird. Anhaltspunkte

können beispielsweise sein, dass im Rahmen einer der Untersagung vorangegangenen Anhörung entsprechende Äußerungen erfolgten oder dass eine raumordnungswidrige Planung trotz Hinweises auf ein entgegenstehendes Ziel der Raumordnung faktisch weiterverfolgt wird.

Für befristete Untersagungen gilt zudem:

Besonders zu berücksichtigen ist im Rahmen des Ermessens, dass durch eine befristete Untersagung in nach derzeitiger Rechtslage (noch) bestehende Rechte eingegriffen würde. Daher ist die mit dem in Aufstellung befindlichen Ziel zu sichernde Funktion oder Nutzung der durch die Untersagung beschränkten Rechtsposition gegenüberzustellen. Die Landesplanungsbehörde hat insofern eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen. Insbesondere wenn durch eine befristete Untersagung in verfassungsrechtlich verankerte Eigentums- oder Planungsrechte eingegriffen würde, ist deren rechtlicher Wertigkeit ein hohes Gewicht beizumessen. Beispielsweise ist bei Untersagung einer gemeindlichen Bauleitplanung das Gewicht der gemeindlichen Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung zu berücksichtigen (Artikel 28 Abs. 2 GG, Artikel 57 Niedersächsische Verfassung), die nach § 1 Abs. 4 BauGB gesetzlich nur durch geltende Ziele der Raumordnung begrenzt ist. Die mit einer Untersagung bewirkte faktische Begrenzung der Planungshoheit auch durch ein in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung bedarf einer besonders sorgfältigen Rechtfertigung im konkreten Einzelfall.

Gleiches gilt, wenn eine raumbedeutsame Maßnahme untersagt werden soll, wie beispielsweise die Genehmigung eines privaten Bauvorhabens auf einem Außenbereichsgrundstück, das sich im Eigentum des Vorhabenträgers befindet.

4.2 Auswahl zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten (Auswahlermessen)

Bestehen mehrere Möglichkeiten, wie die Landesplanungsbehörde tätig werden kann (Auswahlermessen), hat sie zu entscheiden, welche am besten geeignet, erforderlich und angemessen ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet dabei, grundsätzlich unter mehreren Alternativen das mildeste Mittel zu wählen. Die inhaltliche Reichweite der Untersagung ist auf das angemessene Maß zu begrenzen. Im Rahmen des Auswahlermessens hat die Landesplanungsbehörde vor allem Umfang und - bei befristeten Untersagungen - Dauer der Untersagung zu prüfen. Gegebenenfalls ist auch zu entscheiden, an welchen Adressaten sie gerichtet werden soll (siehe Nummer 5).

Bei befristeten Untersagungen ist der genaue Zeitraum zu bestimmen, für den die Untersagung gelten soll. Dem Ermessen ist in zeitlicher Hinsicht eine Grenze gesetzt. Die befristete Untersagungsmöglichkeit ist zeitlich zunächst auf maximal zwei Jahre begrenzt (§ 12 Abs. 2 Satz ROG). Insofern hat die Landesplanungsbehörde bei der Bemessung der Frist eine Prognose über die zu erwartende weitere Verfahrensdauer für die Raumordnungsplanung anzustellen und nachvollziehbar darzulegen. Zulässig sind eine oder mehrere nachträgliche Fristverlängerungen, die in ihrer Gesamtheit maximal ein Jahr betragen dürfen (§ 12 Abs. 2 Satz ROG). Wurde die Untersagung für weniger als zwei Jahre ausgesprochen, darf vor Inanspruchnahme der Fristverlängerung nach § 12 Abs. 2 Satz ROG zunächst der Zweijahreszeitraum nach § 12 Abs. 2 Satz ROG voll ausgeschöpft werden.

Eine weitere Fristverlängerung über den Gesamtzeitraum von drei Jahren hinaus oder der Erlass einer rechtlich selbständigen neuen Untersagung sind auch dann nicht möglich, wenn absehbar ist, dass ein Inkrafttreten des Raumordnungsplans nicht innerhalb dieses Zeitraumes erreicht werden kann.

Zulässig ist auch, die befristete Untersagung mit der höchstmöglichen Dauer auszusprechen, sie jedoch - zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit - mit einer auflösenden Bedingung zu versehen für den Fall, dass der Raumordnungsplan vor Ablauf des Untersagungszeitraumes in Kraft treten sollte.

Zum Ermessen gehört auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt des laufenden Planungs- oder Genehmigungsverfahrens die Untersagung ausgesprochen werden soll, d. h., ob frühzeitig untersagt oder zunächst die Entscheidungsreife im Übrigen abgewartet werden soll.

Für die Untersagung zu einem frühen Zeitpunkt spricht, dass ein Planungs- oder Vorhabenträger frühzeitig und verbindlich die fehlende Raumverträglichkeit bescheinigt bekommt. Zu erwägen ist dabei, ob eine frühe Rechtsverbindlichkeit unnötigen Planungs- oder Investitionskosten entgegenwirkt oder gerade eine Untersagung eine Veränderung der Planung oder des Vorhabens bewirkt.

Andererseits kann die Landesplanungsbehörde ihr Ermessen dahingehend ausüben, zunächst die Entscheidungsreife abzuwarten und die Untersagung erst auszusprechen, wenn eine Planung oder ein Vorhaben nicht bereits aus anderen Gründen nicht weiterverfolgt wird. Für ein Abwarten kann auch sprechen, dass Entwürfe von Raumordnungsplänen zunehmend ein zweites oder sogar drittes Beteiligungsverfahren durchlaufen müssen und sich die Verfahrensdauer dadurch deutlich verlängern kann. Dieser Umstand kann die Ermessensausübung dahingehend beeinflussen, die Untersagung nicht zu früh auszusprechen, um die Wirksamkeit einer Untersagung bis zum Abschluss der Raumordnungsplanung zu gewährleisten. Dabei ist jedoch auch abzuwägen, inwieweit bei einer Zurückstellung der Untersagungsentscheidung das Risiko steigt, dass das Vorhaben zwischenzeitlich zugelassen oder umgesetzt wird und so die Weiterverfolgung der Raumordnungsplanung und die Zielerreichung wesentlich erschwert oder unmöglich macht.

Speziell in Bezug auf eine Untersagung von Bebauungsplänen ist in zeitlicher Hinsicht auch § 33 BauGB zu berücksichtigen, der die städtebaurechtliche Zulässigkeit von Vorhaben bereits während der Planaufstellung regelt. Sobald und solange materielle Planreife vorliegt, könnte eine Baugenehmigung erteilt werden. Eine Untersagung eines Bebauungsplans sollte daher rechtzeitig vor Erteilung einer Baugenehmigung ergehen.

Stehen mehrere Adressaten zur Auswahl, ist zu entscheiden, an welchen Adressaten die Untersagung gerichtet werden soll (Näheres siehe Nummer 5).

Gemäß § 3 Abs. 3 NKlimaG liegt die Durchführung von Vorhaben, die der Erreichung der in § 3 Abs. 1 Satz NKlimaG genannten Klimaziele dienen, im überragenden öffentlichen Interesse des Landes; dieses Interesse ist entsprechend zu gewichten. Die Landesverwaltung soll diesbezügliche Verfahren vorrangig führen. Im Übrigen sind die Klimaziele des Landes zu berücksichtigen. Hierzu sind die jeweiligen Treibhausgaseinsparungen und -emissionen zu ermitteln; dies gilt nicht, soweit die Anforderung nach Halbsatz 1 nicht mit angemessenem Aufwand zu erfüllen ist.

Sowohl das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen als auch die Ermessenerwägungen sind im Untersagungsbescheid darzulegen. Das gänzliche Fehlen von Ermessenserwägungen führt zur Rechtswidrigkeit des Bescheides ohne Heilungsmöglichkeiten.

5. Adressat, Wirkung und Umsetzung der befristeten und der unbefristeten Untersagung

5.1 Adressat

Eine von der Landesplanungsbehörde ausgesprochene Untersagung kann sich immer nur an eine andere Behörde richten, nicht an eine Person des Privatrechts.

Stehen ausnahmsweise mehrere Adressaten zur Auswahl, ist unter Berücksichtigung von Verursacher- und Effektivitätsgründen zu entscheiden, an welchen Adressaten die Untersagung gerichtet werden soll.

Widerspricht beispielsweise eine öffentliche Planung einem bestehenden oder in Aufstellung befindlichen Ziel der Raumordnung, ist es rechtlich prinzipiell sowohl möglich, dem Planungsträger die Weiterverfolgung seiner Planung zu untersagen als auch - sofern ein Genehmigungserfordernis besteht - der Genehmigungsbehörde die Erteilung der Genehmigung dieser Planung. Dabei ist bei Verstößen gegen geltende Raumordnungsziele zu berücksichtigen, dass eine Genehmigungsbehörde bei einem festgestellten Rechtsverstoß die Genehmigung ohnehin nicht erteilen dürfte und eine Untersagung gegenüber der Genehmigungsbehörde daher in aller Regel nicht erforderlich ist. Bei befristeten Untersagungen ist zudem zu berücksichtigen, dass diese nicht zur Versagung der Genehmigung, sondern lediglich zu einer zeitlichen Aufschiebung führen (näher dazu in Nummer 5.2) und bei Untersagung allein gegenüber der Genehmigungsbehörde die Möglichkeit einer gesetzlich vorgesehenen Genehmigungsfiktion durch Zeitablauf nicht verhindert werden kann. Aus Effektivitätsgründen sind Untersagungen von Planungen daher vorrangig gegenüber dem öffentlichen Planungsträger auszusprechen und die Genehmigungsbehörde in Kenntnis zu setzen.

Soll eine raumbedeutsame Maßnahme untersagt werden, richtet sich die Untersagung in aller Regel an die Behörde, die über die Zulassung des Vorhabens zu entscheiden hat.

5.2 Wirkung und Umsetzung

Ist ein Planungsträger im eigenen Wirkungskreis Adressat der Untersagung (z.B. Gemeinde als Träger einer Bauleitplanung), kommt der Untersagung Außenwirkung zu und sie hat Verwaltungsaktqualität i. S. des § 35 VwVfG. Sie begründet eine direkt wirkende Verpflichtung, die untersagte Planung - je nach Art der Untersagung - befristet oder dauerhaft zu unterlassen.

Eine Untersagung, die an eine im übertragenen Wirkungskreis tätige Behörde gerichtet ist, hat nur verwaltungsinterne Wirkung. Bezieht sich eine Untersagung beispielsweise auf Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen in deren übertragenem Wirkungskreis (wie etwa die Erteilung einer Genehmigung oder eine Planfeststellung), fehlt es an einer Außenwirkung, da sie nur von einer im staatlichen Auftrag tätigen Landesplanungsbehörde an eine andere im staatlichen Auftrag tätige Behörde gerichtet ist, die nicht in eigenen Rechtspositionen berührt ist. Die Untersagung stellt in diesem Fall keinen Verwaltungsakt i. S. des § 35 VwVfG dar. Gleiches gilt für Untersagungen innerhalb des gleichen Verwaltungsträgers, z.B. innerhalb einer Kreisverwaltung von der unteren Landesplanungsbehörde gegenüber einem anderen Fachamt. Auch diese Untersagungen sind mangels Außenwirkung keine Verwaltungsakte. Die Untersagung bindet in solchen Fällen zwar die betroffene Behörde oder die behördeninterne Organisationseinheit, hat aber keine unmittelbare Außenwirkung etwa gegenüber einem privaten Vorhabenträger, der dort die Zulassung oder Genehmigung einer raumbedeutsamen Maßnahme beantragt hat. Es obliegt dann der für die Zulassung des Vorhabens zuständigen Behörde, die Untersagung im Außenverhältnis zum Vorhabenträger umzusetzen.

Im Fall der unbefristeten Untersagung einer Zulassungsentscheidung über ein raumbedeutsames Vorhaben muss die Zulassungsbehörde gegenüber dem Vorhabenträger die beantragte Genehmigung, Planfeststellung usw. ablehnen. In der Begründung ist auszuführen, dass ein oder mehrere Ziele der Raumordnung, deren Einhaltung nach den jeweiligen fachgesetzlichen Vorschriften Voraussetzung der Zulassungsentscheidung ist, durch das Vorhaben verletzt werden.

Die befristete Untersagung einer Zulassungsentscheidung bewirkt und rechtfertigt lediglich, dass die Zulassungsbehörde noch nicht "jetzt" über den Antrag zu entscheiden hat, sondern erst nach Inkrafttreten der maßgeblichen Ziele eines Raumordnungsplans oder nach Ablauf der Dauer der befristeten Untersagung. Sie schafft insofern einen sachlichen Grund für eine vorübergehende "Untätigkeit" der Verwaltung. Die im jeweiligen Fachrecht normierten materiellen Genehmigungserfordernisse werden durch die Untersagung nicht verändert.

Im Fall einer befristeten Untersagung muss die Zulassungsbehörde gegenüber dem Vorhabenträger eine Aussetzungsentscheidung erlassen. In der Begründung hat die Zulassungsbehörde gegenüber dem Vorhabenträger auszuführen, dass und warum durch die Zulassung des Vorhabens zum jetzigen Zeitpunkt die Verwirklichung von einem oder mehreren in Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Hierfür liefert die befristete Untersagung der Landesplanungsbehörde gegenüber der Zulassungsbehörde die nötigen Argumente. Einer besonderen landesgesetzlichen Ermächtigung der fachlich zuständigen Behörde zum Erlass einer solchen Aussetzungsentscheidung bedarf es nicht. Mit § 12 ROG hat der Bundesgesetzgeber eine unmittelbar geltende Rechtsgrundlage zum Schutz in Aufstellung befindlicher Ziele der Raumordnung geschaffen; dabei steht § 12 ROG im normenhierarchisch gleichen Rang wie bundesrechtliche Genehmigungsvorschriften (z.B. BImSchG). Der Zweck der befristeten Untersagung als Sicherungsmittel für künftige Planinhalte würde verfehlt, wenn die Genehmigungsbehörde verpflichtet wäre, das Vorhaben trotz Vorliegens einer Untersagung zu genehmigen. Im Übrigen schiebt die raumordnerische Untersagung die Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens nur auf, bewirkt aber keine Änderung der Rechtslage. Die infolge einer Untersagung erfolgende Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung eines Zulassungsverfahrens ist insofern nur ein verfahrensrechtlicher Akt, der mangels eigener Anfechtbarkeit keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage bedarf (vgl. beispielsweise OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 06.08.2012 - 2 L 6/10).

Tritt der Raumordnungsplan, auf dessen in Aufstellung befindliches Ziel die befristete Untersagung bezogen war, vor Ablauf der Geltungsdauer der Untersagung in Kraft, hat die Landesplanungsbehörde die betroffene öffentliche Stelle über das aufgestellte Ziel zu unterrichten und auf die Bindungswirkung nach § 4 ROG hinzuweisen. Ferner ist die befristete Untersagung einer Zulassungsentscheidung zunächst aufzuheben, bevor die Zulassungsbehörde über den Antrag (entsprechend der dann geltenden Rechtslage) entscheiden kann. Die Aufhebung der befristeten Untersagung erübrigt sich, wenn die Landesplanungsbehörde sie für diesen Fall von vornherein mit einer auflösenden Bedingung versehen hat (siehe Nummer 6).

Eine Planung oder Maßnahme, für die die maximale Untersagungsdauer einer befristeten Untersagung ausgeschöpft wurde, kann nicht erneut untersagt werden. Die Begrenzung der Untersagungsmöglichkeit auf maximal drei Jahre wirkt jedoch nur in Bezug auf das von der Untersagungsverfügung konkret betroffene Vorhaben. Bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage einschließlich einem in veränderter Form erneut beantragten Vorhaben ist eine erneute Untersagung möglich. In der Untersagungsverfügung sollte daher der Verfahrensgegenstand möglichst präzise benannt werden.

Die Untersagung ähnlich gelagerter raumbedeutsamer Vorhaben im Hinblick auf den gleichen Zielkonflikt bleibt möglich und ist - i. S. des Prinzips der Selbstbindung der Verwaltung - bei gleichen Tatbeständen/vergleichbaren Fallkonstellationen auch geboten.

6. Anhörung, Nebenbestimmungen, sonstige Hinweise

Die Beteiligten sind in der Regel vor Erlass der Untersagung anzuhören (§ 28 VwVfG). Die Landesplanungsbehörde soll von einer Anhörung nur absehen oder die Anhörungsfrist auf einen sehr kurzen Zeitraum (wenige Tage oder sogar Stunden) verkürzen, wenn dies nach den Umständen des Einzelfalles geboten ist, z.B. weil eine zu untersagende Planung oder Maßnahme kurz vor ihrem Inkrafttreten oder Wirksamwerden steht. Betrifft die Untersagung ein raumbedeutsames privates Vorhaben, so soll die Landesplanungsbehörde neben der Genehmigungsbehörde als Adressat der Untersagung auch dem privaten Vorhabenträger (als eigentlich Belastetem) Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Für Untersagungen, die nicht in Gestalt von Verwaltungsakten ergehen (siehe Nummer 5.2), sind die allgemeinen Vorschriften über den Erlass von Verwaltungsakten zwar nicht einschlägig. Da es sich bei der Untersagung jedoch um eine Ermessensentscheidung handelt, ist es von besonderer Bedeutung, alle - auch mittelbaren - Auswirkungen auf die konkreten unterschiedlichen Belange des Einzelfalles angemessen und sachgerecht zu bewerten. Zu den im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Belangen zählen auch etwaige Nachteile, die einem Vorhabenträger entstehen könnten, wenn ihm eine der geltenden Rechtsordnung entsprechende Genehmigung erst mit Verzögerung oder gar nicht erteilt würde. Daher kann es angebracht sein, auch in diesen Fällen eine Anhörung sowohl des Adressaten als auch des Vorhabenträgers durchzuführen.

Die Untersagungsverfügung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden, wenn dies aus Ermessenserwägungen heraus zweckmäßig erscheint (§ 36 Abs. 2 VwVfG); dies gilt entsprechend auch für Untersagungen ohne Verwaltungsaktcharakter. Bei einer befristeten Untersagung kommt beispielsweise eine auflösende Bedingung in Betracht, die an das Inkrafttreten des Raumordnungsplans oder seiner Änderung geknüpft ist, weil ab dann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen den gesetzlichen Bindungswirkungen der neu aufgestellten Ziele unterliegen (§ 4 ROG). Die Nebenbestimmungen sind ebenfalls zu begründen.

Die Entscheidung über eine Untersagung ist gebührenfrei; es besteht hierfür kein Gebührentatbestand in der AllGO.

Der räumlich betroffenen oberen Landesplanungsbehörde ist eine Durchschrift der Untersagung zu übersenden. Sind Adressaten der Untersagung andere Behörden, sollen bei Bedarf auch deren Aufsichtsbehörden eine Durchschrift der Untersagung erhalten.

7. Zuständige Stellen
(§ 19 Abs. 3 NROG)

Raumordnerische Untersagungen zählen zu den Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, d. h., auch dann, wenn eine untere Landesplanungsbehörde eine Untersagung zum Schutz bestehender oder in Aufstellung befindlicher regionalplanerischer Ziele des Trägers der Regionalplanung (dieselbe Behörde) erlässt.

Die untere Landesplanungsbehörde ist zuständig für Untersagungen zum Schutz bestehender oder in Aufstellung befindlicher Ziele eines RROP (§ 19 Abs. 3 Satz NROG) oder bei gleichzeitiger Betroffenheit von RROP- und LROP-Zielen (§ 19 Abs. 3 Satz NROG). In Fällen des § 19 Abs. 3 Satz NROG bedarf das Verfahrensergebnis der vorherigen Zustimmung der obersten Landesplanungsbehörde; im Interesse eines zügigen und abgestimmten Verfahrensablaufs ist die oberste Landesplanungsbehörde frühzeitig über das Untersagungsverfahren zu informieren. Die Zustimmung umschließt eine vollständige Rechts- und Zweckmäßigkeitsprüfung des Entscheidungsvorschlags der unteren Landesplanungsbehörde. Hierzu zählt nicht nur die Prüfung, ob die tatbestandlichen Untersagungsvoraussetzungen vollständig geprüft wurden oder ob das

Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt wurde, sondern beispielsweise auch die Entscheidungsbefugnis, dass nach Bewertung aller (auch nichtraumordnerischer) Umstände das Ermessen anders ausgeübt werden soll und zu einem anderen Verfahrensergebnis führen soll, als von der unteren Landesplanungsbehörde vorgeschlagen (z.B. Anordnung einer Untersagung statt davon abzusehen).

Das Zustimmungserfordernis bezieht sich auf die Untersagungsentscheidung in ihrer endgültigen Fassung. Wird dem Anhörungsanschreiben der Entwurf einer geplanten Untersagung beigelegt, soll dieser der obersten Landesplanungsbehörde vor Abgang übersandt werden. Diese Vorlage des Anhörungsschreibens ersetzt nicht die Zustimmung zur späteren Untersagungsentscheidung.

Die unteren und in beratender Funktion auch die oberen Landesplanungsbehörden haben frühzeitig zu prüfen, ob eine Kollision mit Zielen der Raumordnung vorliegt und dafür Sorge zu tragen, dass im Fall einer Kollision mit Zielen des LROP die oberste Landesplanungsbehörde verfahrensmäßig eingebunden wird. Daher sind die oberen Landesplanungsbehörden frühzeitig von den unteren Landesplanungsbehörden über raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die zu einer Untersagung führen könnten, zu informieren.

8. Rechtsbehelfsbelehrung bei einer Untersagung

Gegen Untersagungen mit Außenwirkung (Verwaltungsakte) ist ohne Widerspruchsverfahren die Klage vor dem Verwaltungsgericht statthaft. Die Anfechtungsklage nach § 42 VwGO hat keine aufschiebende Wirkung (§ 12 Abs. 3 ROG). Die einmonatige Klagefrist gilt nur gegenüber demjenigen, dem der Bescheid mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gegeben wurde. Ist die Belehrung unterblieben oder fehlerhaft, läuft gemäß § 58 Abs. 2 VwGO grundsätzlich die Jahresfrist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs.

Soweit eine Untersagung einen Verwaltungsakt darstellt, ist der Bescheid mit einer Rechtsbehelfsbelehrung (§ 37 Abs. 6 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) nach folgendem Muster zu versehen:

"Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht (einfügen: Bezeichnung des zuständigen Verwaltungsgerichts) in (einfügen: Sitz des zuständigen Verwaltungsgerichts) erhoben werden."

Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gerichtlich beantragt werden.

Wird eine Untersagungsentscheidung gerichtlich überprüft, so umschließt die richterliche Prüfungskompetenz auch die Befassung mit dem normierten oder in Aufstellung befindlichen Ziel der Raumordnung (Inzidentkontrolle).

Bei Verfahrens- und Formfehlern ist der Verwaltungsakt formell rechtswidrig. Derartige Fehler können zwar in manchen Fällen nachträglich geheilt werden (§ 45 VwVfG); im Fall einer gerichtlichen Überprüfung führen sie jedoch im gerichtlichen Verfahren zur Kostenpflicht der Behörde.

Ergeht eine Untersagung im übertragenen Wirkungskreis oder behördenintern, ist - mangels Klagemöglichkeit der Fachbehörde gegen die Landesplanungsbehörde - keine Rechtsbehelfsbelehrung aufzunehmen.

9. Schlussbestimmungen

Dieser RdErl. tritt am 25.06.2024 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2029 außer Kraft. Der Bezugserlass tritt mit Ablauf des 24.06.2024 außer Kraft.


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