Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk; Energie Immissionsschutz
Frame öffnen

Solargesetz Berlin
- Berlin -

Vom 5. Juli 2021
(GVBl. Nr. 54 vom 15.07.2021 S. 837)
Gl.-Nr.: 754-6


Siehe Fn. 1

§ 1 Zweck und Ziel des Gesetzes

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, insbesondere zur Erreichung der Klimaschutzziele des Landes Berlin und zur Steigerung der regionalen Wertschöpfung, das Potenzial zur Nutzung erneuerbarer Energien im Land Berlin durch die Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie wirksam zu erschließen.

(2) Ziel dieses Gesetzes ist die vermehrte Erzeugung und Nutzung von Strom aus solarer Strahlungsenergie an und auf nichtöffentlichen Gebäuden im Land Berlin, um den Anteil der Solarenergie am Stromverbrauch so schnell wie möglich auf mindestens 25 Prozent zu steigern.

(3) Zur Erreichung des Zwecks und des Ziels ist es erforderlich, die einfallende solare Strahlungsenergie auf den Dachflächen im Land Berlin zu nutzen. Dazu wird in diesem Gesetz für Neubauten und für den Bestand im Falle von wesentlichen Umbauten des Daches eine Mindestgröße für Photovoltaikanlagen verpflichtend festgelegt. Zur Umsetzung der Solarpflicht, zur Optimierung der Photovoltaikanlagen auf eine möglichst vollständige Dachflächennutzung und zur Ausweitung der Solarenergienutzung auf nicht von der Solarpflicht umfasste Fälle der gebäudeintegrierten Photovoltaik schafft der Senat Angebote für Kommunikation, Beratung und Förderung sowie weitere Unterstützungsmöglichkeiten, auch durch Contracting-Lösungen.

(4) Die für Energie zuständige Senatsverwaltung wird auf der Grundlage des Masterplans Solarcity weitere Maßnahmen zur Unterstützung des Solarausbaus in Berlin prüfen und ergreifen.

(5) Es sollen auch zusätzliche Förderprogramme für den Ausbau von Solaranlagen durch die Investitionsbank Berlin in Form von Investitionszuschüssen und Darlehen aufgelegt werden, auch für Fälle, in denen im Bestand keine Dachsanierung notwendig ist. Eine Doppelförderung ist auszuschließen, insbesondere im Hinblick auf die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3138) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes

  1. ist "Bruttodachfläche" die gesamte Dachfläche, die ein Gebäude überdeckt einschließlich eines Dachüberstands ohne Dachrinne. Besteht die Dachfläche aus mehreren Teilen, ist die Bruttodachfläche die Gesamtfläche aller Teildachflächen;
  2. sind "Eigentümerinnen und Eigentümer von nichtöffentlichen Gebäuden" alle Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden, die nicht in den Geltungsbereich des Berliner Energiewendegesetzes vom 22. März 2016 (GVBl. S. 122), das zuletzt durch Gesetz vom 26. Oktober 2017 (GVBl. S. 548) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung fallen;
  3. sind "Gebäude" selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen gemäß § 2 Absatz 2 der Bauordnung für Berlin vom 29. September 2005 (GVBl. S. 495), die zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 12. Oktober 2020 (GVBl. S. 807) geändert worden ist;
  4. ist "Nettodachfläche" die Bruttodachfläche abzüglich der Flächenanteile des Daches, die wegen Verschattung, Dachaufbauten, Dachfenstern, anderer Dachnutzungen oder Ausrichtung nach Norden nicht genutzt werden können;
  5. schließt "Norden" die Himmelsrichtungen zwischen Ostnordost und Westnordwest ein;
  6. sind "Sachkundige" Personen, die einen akademischen Abschluss oder einen Abschluss einer Handwerksausbildung durch Bestehen der Gesellenprüfung vor einer Handwerkskammer in einer Fachrichtung vorweisen können, der notwendig ist, um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen nach diesem Gesetz erfüllt sind und die befähigt sind, entsprechende Nachweise nach § 6 Absatz 2 Satz 3 und § 7 Absatz 2 Satz 3 auszustellen;
  7. sind "wesentliche Umbauten des Daches" Änderungen an der Dachfläche, bei der die wasserführende Schicht durch Dachausbau, Dachaufstockung oder grundständige Dachsanierung erheblich erneuert wird.

§ 3 Geltungsbereich

(1) Eigentümerinnen und Eigentümer von nichtöffentlichen Gebäuden mit einer Nutzungsfläche von mehr als 50 Quadratmetern müssen sicherstellen, dass auf ihrem Gebäude Photovoltaikanlagen mit einer Mindestgröße gemäß § 4 installiert und betrieben werden, wenn

  1. mit der Errichtung des Gebäudes nach dem 31. Dezember 2022 begonnen wird oder
  2. nach dem 31. Dezember 2022 wesentliche Umbauten des Daches erfolgen.

Sie können sich zur Erfüllung der Pflicht eines Dritten bedienen. Die Installationspflicht ist zu erfüllen, sobald das Gebäude oder die wesentlichen Umbauten des Daches fertiggestellt sind. Die Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage hat ab Beginn der Nutzung des Neubaus zu erfolgen; bei wesentlichen Umbauten des Daches hat die Inbetriebnahme ab Fertigstellung der Umbauten und Nutzung des Gebäudes zu erfolgen.

(2) Die Pflicht nach Absatz 1 gilt nicht für

  1. unterirdische bauliche Anlagen,
  2. Unterglasanlagen und Kulturbauten für Aufzucht, Vermehrung und Verkauf von Pflanzen,
  3. Traglufthallen und fliegende Bauten,
  4. Garagen und Nebenanlagen, sofern bereits mit einem anderen Gebäude auf demselben Grundstück die Pflicht nach Absatz 1 erfüllt wird.

(3) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich der Pflicht nach Absatz 1 zu regeln.

§ 4 Mindestgröße der Photovoltaikanlagen

(1) Bei Neubauten nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 müssen Photovoltaikanlagen mindestens 30 Prozent der Bruttodachfläche eines Gebäudes bedecken.

(2) Bei wesentlichen Umbauten des Daches nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 müssen Photovoltaikanlagen mindestens 30 Prozent der Nettodachfläche bedecken. Alternativ zu der prozentualen Mindestgröße genügt es für nachstehend aufgeführte Gebäude, wenn die installierte Leistung folgende Werte mindestens erreicht:

  1. zwei Kilowatt bei Wohngebäuden mit maximal zwei Wohnungen;
  2. drei Kilowatt bei Wohngebäuden mit mindestens drei und maximal fünf Wohnungen;
  3. sechs Kilowatt bei Wohngebäuden mit mindestens sechs und maximal zehn Wohnungen.

(3) Die Pflicht nach § 3 Absatz 1 wird auf die installierte Leistung der Photovoltaikanlage begrenzt, für die der Anlagenbetreiber einen gesetzlichen Anspruch auf die Einspeisevergütung, die Marktprämie oder eine wirtschaftlich vergleichbare Zahlung gegen den Netzbetreiber für die gesamte, in der Photovoltaikanlage erzeugte Strommenge nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz hat, ohne an Ausschreibungen zur wettbewerblichen Ermittlung des Zahlungsanspruchs teilnehmen zu müssen, die dem Zubauvolumen nach begrenzt sind.

§ 5 Ausnahmen und Erfüllungsoptionen

(1) Die Pflicht nach § 3 Absatz 1 entfällt, wenn deren Erfüllung

  1. anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht,
  2. im Einzelfall technisch unmöglich ist oder
  3. nicht vertretbar ist, weil
    1. die Bruttodachfläche eines Neubaus aus zwingenden rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausschließlich nach Norden ausgerichtet werden kann oder
    2. die Bruttodachfläche eines Bestandsgebäudes ausschließlich nach Norden ausgerichtet ist.

(2) Die Pflicht nach § 3 Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn auf der Dachfläche des Gebäudes solarthermische Anlagen entsprechend den Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) in der jeweils geltenden Fassung errichtet und betrieben werden.

(3) Die Pflicht nach § 3 Absatz 1 gilt weiter als erfüllt, wenn auf anderen Außenflächen des Gebäudes eine Photovoltaikanlage errichtet wird, die mindestens eine Fläche entsprechend der nach § 4 vorgeschriebenen Mindestgröße aufweist.

(4) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung weitere Ausnahmen im Sinne von Absatz 1 und Erfüllungsoptionen im Sinne von Absatz 2 und 3 zu regeln.

§ 6 Nachweis- und Aufbewahrungspflichten

(1) Eigentümerinnen und Eigentümer müssen die Erfüllung der Pflicht nach § 3 Absatz 1 gegenüber dem zuständigen Bauaufsichtsamt auf Verlangen nachweisen. Für den Nachweis der Erfüllung der Pflicht nach § 3 Absatz 1 ist das Formular zu verwenden, das die für Energie zuständige Senatsverwaltung zur Verfügung stellt. Als Anlage zu dem Formular ist eine schriftliche Bestätigung der Bundesnetzagentur über die Registrierung im Marktstammdatenregister im Sinne des § 8 Absatz 4 der Marktstammdatenregisterverordnung vom 10. April 2017 (BGBl. I S. 842), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3138) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung beizufügen.

(2) Eigentümerinnen und Eigentümer müssen im Fall einer Ausnahme im Sinne dieses Gesetzes gegenüber dem zuständigen Bauaufsichtsamt auf Verlangen nachweisen, dass sie die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 5 Absatz 1 erfüllen. Für den Nachweis ist das Formular zu verwenden, das die für Energie zuständige Senatsverwaltung zur Verfügung stellt. Die für Energie zuständige Senatsverwaltung kann darüber hinaus verlangen, dass Sachkundige die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 5 Absatz 1 bescheinigen.

(3) Eigentümerinnen und Eigentümer müssen im Fall einer Erfüllungsoption im Sinne dieses Gesetzes gegenüber dem zuständigen Bauaufsichtsamt auf Verlangen nachweisen, dass sie auf der Dachfläche ihres Gebäudes eine solarthermische Anlagenach § 5 Absatz 2 errichtet haben und betreiben. Für den Nachweis ist das Formular zu verwenden, das die für Energie zuständige Senatsverwaltung zur Verfügung stellt. Der gegenüber der für den Vollzug des Gebäudeenergiegesetzes zuständigen Behörde zu erbringende Nachweis zur Erfüllung der Solarthermie-Pflicht ist auch dem zuständigen Bauaufsichtsamt auf Verlangen vorzulegen.

(4) Eigentümerinnen und Eigentümer müssen im Fall einer Erfüllungsoption im Sinne dieses Gesetzes gegenüber dem zuständigen Bauaufsichtsamt auf Verlangen nachweisen, dass sie auf einer anderen Außenfläche des Gebäudes eine Photovoltaikanlage nach § 5 Absatz 3 errichtet haben und betreiben. Für den Nachweis ist das Formular zu verwenden, das die für Energie zuständige Senatsverwaltung zur Verfügung stellt.

(5) Die Nachweise nach den Absätzen 1 bis 4 sind von den Eigentümerinnen und Eigentümern mindestens zehn Jahre ab Fertigstellung des Gebäudes oder des wesentlichen Umbaus des Daches aufzubewahren. Die Nachweise können in elektronischer Form aufbewahrt werden.

§ 7 Befreiungen

(1) Eine Befreiung kann von der für Energie zuständigen Senatsverwaltung erteilt werden, wenn die Pflicht nach § 3 Absatz 1 im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen würde.

(2) Die Befreiung von der Pflicht nach § 3 Absatz 1 ist bei der für Energie zuständigen Senatsverwaltung zu beantragen und mit geeigneten Unterlagen zu belegen. Für den Antrag ist das Formular zu verwenden, das die für Energie zuständige Senatsverwaltung zur Verfügung stellt. Die für Energie zuständige Senatsverwaltung kann verlangen, dass Sachkundige das Vorliegen einzelner Voraussetzungen für eine Befreiung von der Solarpflicht nach Absatz 1 bescheinigen.

(3) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung weitere Befreiungen von der Pflicht nach § 3 Absatz 1 zu regeln.

§ 8 Stichproben

(1) Die zuständigen Bauaufsichtsämter wählen jährlich zur Überprüfung der Pflicht nach § 3 Absatz 1 Stichproben aus den in dem vorangegangenen Jahr neu errichteten Gebäuden und aus den Gebäuden, bei denen im vorangegangenen Jahr das Dach wesentlich umgebaut wurde, aus.

(2) Stellen die zuständigen Bauaufsichtsämter fest, dass Eigentümerinnen und Eigentümer die Pflicht nach § 3 Absatz 1 nicht erfüllt haben, sollen sie von den Eigentümerinnen und Eigentümern die Nacherfüllung innerhalb eines Jahres ab Aufforderung zur Nacherfüllung verlangen.

§ 9 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Eigentümerin oder Eigentümer

  1. vorsätzlich oder fahrlässig der Pflicht nach § 3 Absatz 1 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig oder der Pflicht zum Nachweis nach § 6 Absatz 1 bis 4 oder der Aufforderung zur Nacherfüllung nach § 8 Absatz 2 nicht oder nicht vollständig nachkommt,
  2. wider besseres Wissen in dem Nachweis nach § 6 Absatz 1 bis 4 unrichtige Angaben macht oder unrichtige Unterlagen vorlegt,
  3. wider besseres Wissen in dem Antrag nach § 7 Absatz 2 unrichtige Angaben macht oder unrichtige Unterlagen vorlegt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro für Ein- oder Zweifamilienhäuser geahndet werden. Für Mehrfamilienhäuser kann gestaffelt bis zu einer Geldbuße bis maximal fünfundzwanzigtausend Euro geahndet werden. Für Nicht-Wohngebäude kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das zuletzt durch Artikel 9a des Gesetzes vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 448) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung sind die zuständigen Bauaufsichtsämter.

§ 10 Evaluierung

Die für Energie zuständige Senatsverwaltung führt drei Jahre nach Beginn der Pflicht nach § 3 Absatz 1 eine Evaluierung dieses Gesetzes durch.

§ 11 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

1) Das Gesetz wurde gemäß Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (EU ABl. L 241 vom 17.09.2015 S. 1) notifiziert.

UWS Umweltmanagement GmbHENDEFrame öffnen