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Regelwerk, Energie; Strahlenschutz

Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke
- Empfehlung der Strahlenschutzkommission -

Vom 24. März 2015
(BAnz. AT vom 13.05.2015 B4)



Siehe Fn. *

1. Einleitung

Ausgehend von den im Zusammenhang mit dem Unfall in Japan gewonnenen Erkenntnissen hat die SSK die fachlichen Grundlagen für den Notfallschutz in Deutschland und das dazugehörige Regelwerk einer Überprüfung unterzogen. Dabei wurde die Festlegung des für die Notfallplanung zugrundeliegenden Unfallspektrums stärker an den potenziellen Auswirkungen als an der berechneten Eintrittswahrscheinlichkeit von Unfällen orientiert und in einem ersten Schritt am 13./14. Februar 2014 die Empfehlung "Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken" verabschiedet, die für in Betrieb befindliche Kernkraftwerke gilt.

Solange der bestrahlte Brennstoff nicht aus stillgelegten Kernkraftwerken entfernt ist, muss die Vorsorge für Notfälle sichergestellt sein 1. Allerdings kann sich die Planung der Schutzmaßnahmen wegen des veränderten Gefährdungspotenzials von der Planung für in Betrieb befindliche Kernkraftwerke unterscheiden.

Die SSK hat sich daher ergänzend zur oben genannten Empfehlung mit Planungsgebieten für bereits stillgelegte sowie zukünftig stillzulegende Kernkraftwerke, in denen noch bestrahlter Brennstoff gelagert wird, befasst.

2. Hintergrund

Die Gefahrenabwehr durch den Katastrophenschutz ist nach Artikel 70 des Grundgesetzes Aufgabe der Länder, die hierzu Katastrophenschutzgesetze erlassen haben. Auf der Basis dieser Gesetze erstellen die zuständigen Behörden allgemeine Katastrophenschutzpläne. Für die Umgebung von Kernkraftwerken sind - wie auch für andere Anlagen und Einrichtungen mit besonderem Gefährdungspotenzial - zusätzlich besondere Katastrophenschutzpläne zu erstellen.

Mit den Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen (BMU 2008) soll erreicht werden, dass bei der besonderen Katastrophenschutzplanung im gesamten Bundesgebiet soweit wie möglich nach gleichen Grundsätzen verfahren wird. Teil der Rahmenempfehlungen ist die Festlegung von Planungsgebieten. Die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden (SSK 2014a) geben die radiologischfachliche Basis für diese besondere Planung.

Mit der Empfehlung "Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken"(SSK 2014b) hat die SSK für Kernkraftwerke, die sich im Leistungsbetrieb befinden, erweiterte Planungsgebiete für den Notfallschutz in Deutschland empfohlen. Diese Empfehlung soll jedoch nicht auf stillgelegte Kernkraftwerke angewendet werden, da die Ausdehnung der empfohlenen Planungsgebiete dem reduzierten Gefährdungspotenzial stillgelegter Kernkraftwerke nicht angemessen wäre.

Als Grundlage für die besondere Katastrophenschutzplanung für stillgelegte deutsche Kernkraftwerke und auch solche stillgelegte ausländische Anlagen, die wegen ihrer grenznahen Lage besondere Planungsmaßnahmen im Sinne der Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz (BMU 2008) erfordern, hat die SSK daher die folgenden gesonderten Empfehlungen formuliert.

3. Empfehlung

Die SSK empfiehlt für

4. Begründung

Bei der Empfehlung von Planungsgebieten für in Betrieb befindliche Kernkraftwerke hat die SSK als Grundlage für die Festlegung der Planungsgebiete Referenzszenarien auswählen können. Einerseits standen entsprechende Risikountersuchungen für den Anlagenbetrieb zur Verfügung und andererseits konnten Schlussfolgerungen aus Unfällen gezogen werden, die sich aus dem Leistungsbetrieb heraus in der Vergangenheit ereignet haben.

Für Kernkraftwerke im Stillstandsbetrieb bzw. solche, die endgültig abgeschaltet worden sind, stehen dagegen keine Risikostudien zur Verfügung, die ohne weitergehende Untersuchungen auf die deutschen und grenznahen europäischen Kernkraftwerke übertragen werden können. Erfahrungen aus Unfällen in stillgelegten Kraftwerken stehen ebenfalls nicht zur Verfügung.

Die SSK hat daher die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) um eine Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob bei den bereits in 2011 stillgelegten Kernkraftwerken aus dem Blickwinkel des Notfallschutzes Szenarien zu berücksichtigen sind, die es trotz der Reduzierung des Gefährdungspotenzials nicht erlauben, die bisherigen Planungsgebiete aus den Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz (BMU 2008) beizubehalten. Dabei war speziell das Risiko des Auftretens eines Zirkoniumbrands im Brennelementlagerbecken zu bewerten.

Die RSK hat sich mit der Fragestellung in ihrer 465. Sitzung am 24. April 2014 befasst. Die RSK stellte fest, dass ein Zirkoniumbrand mit großer Freisetzung von radioaktivem Material bei den Anlagen, die im Jahr 2011 abgeschaltet worden sind, aufgrund der niedrigen Nachzerfallsleistung auch bei Einwirkungen von außen nicht zu unterstellen ist.

Die SSK hat daraufhin die Beibehaltung der Planungsgebiete für die im Jahr 2011 stillgelegten Kernkraftwerke empfohlen. Für die künftig stillzulegenden Kernkraftwerke geht die SSK davon aus, dass die für Anlagen im Leistungsbetrieb empfohlenen Planungsgebiete zügig eingeführt werden. Diese Planungsgebiete müssen dann nach der Stilllegung für mindestens drei Jahre erhalten bleiben, anschließend kann eine Reduzierung der Planungsflächen entsprechend der Regelungen in den Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz (BMU 2008) erfolgen.

5. Literatur

BMU 2008 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen, GMBl. Nr. 62/63, S. 1278, 2008.

BMU 2009 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Leitfaden zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 26. Juni 2009. Bekanntmachung des BMU vom 12. August 2009 (BAnz. Nr. 162a vom 28. Oktober 2009).

SSK 2014a Strahlenschutzkommission (SSK). Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 268. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 13./14. Februar 2014.

SSK 2014b Strahlenschutzkommission (SSK). Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 268. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 13./14. Februar 2014.

SSK 2014c Strahlenschutzkommission (SSK). Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 269. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 10. April 2014. 1) Unter stillgelegten Kernkraftwerken werden solche verstanden, die endgültig abgeschaltet worden sind. Stillgelegte Kernkraftwerke können sich gemäß "Leitfaden zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes"(BMU 2009) in der Nachbetriebs- oder Stilllegungsphase befinden.

*) Nachfolgend wird die Empfehlung der Strahlenschutzkommission (SSK), verabschiedet in der 271. Sitzung der Kommission am 20./21.10.2014, bekannt gegeben.

UWS Umweltmanagement GmbHENDE