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A2.2.3 Einflüsse auf das kardiovaskuläre System
Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse von Probandenstudien zur Variabilität des Herzschlags in Abhängigkeit von einer nächtlichen Magnetfeldexposition mit einigen 10 µT ([Sas 96] intermittierende Exposition; [Sal 99]) wurde die Hypothese aufgestellt, dass langfristige Expositionen mit niederfrequenten Magnetfeldern das Risiko von bestimmten Herzerkrankungen, wie z.B. akuter Herzinfarkt, erhöhen. Dabei wird angenommen, dass die Exposition die autonome Kontrolle des Herzens verringert. Herzerkrankungen, die auf langfristige Veränderungen des Gewebes, wie z.B. bei Arteriosklerose, zurückzuführen sind, sollten nicht betroffen sein. Eine epidemiologische Studie [Sav 99] fand einen Zusammenhang zwischen der Dauer der Beschäftigung an einen Arbeitsplatz mit wahrscheinlich höherer Exposition und dem Auftreten von Todesfällen, die auf akute Herzrhythmusstörungen bzw. akuten Herzinfarkt zurückzuführen sind. Vor allem die indirekte retrospektive Expositionserfassung über lange Zeiträume und die Zuordnung und Interpretation der Todesursachen beschränken aber die Aussagekraft der Studie. Bei der Interpretation der Versuchsergebnisse ist zu bedenken, dass keine plausible Erklärung dafür vorliegt, wie eine akute, reversible Beeinflussung der Variabilität des Herzschlags zu einem höheren Risiko nach z. T. Jahrzehnten führen könnte. Eine weitere, gut kontrollierte Laborstudie zeigte keinen Einfluss einer nächtlichen Magnetfeldexposition (127 µT, 60 Hz) auf die Variabilität des Herzschlags [Gra 00a]. Möglicherweise tritt die Reaktion nur bei gleichzeitiger Störung des Schlafes durch andere Faktoren auf [Gra 00b].
Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Frage, ob Einflüsse auf das kardiovaskuläre System auftreten, sind insgesamt als wissenschaftlicher Hinweis zu werten. Ob eine gesundheitlich relevante Reaktion vorliegt, kann aus Sicht der SSK nur mittels weiterer Forschung geklärt werden.
A2.2.4 Einflüsse auf den Melatoninhaushalt
Das Hormon Melatonin wird in der Zirbeldrüse gebildet. Die Freisetzung folgt einem Tag-Nacht-Rhythmus. Am Tage ist die Melateninkonzentration im Blut gering und in der Nacht hoch. Die Bildung. und Freisetzung in den Blutkreislauf wird bei Licht unterdrückt. Die inter- und intraindividuellen Variationen der Melatoninkonzentration sind sehr groß und werden von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Lebensgewohnheiten (z.B. Rauchen) bestimmt. Melatonin dient als interner Taktgeber für physiologische Vorgänge und zeigt entsprechend vielfältige Wirkungen. Im Zusammenhang mit Krebserkrankungen werden vor allem die hemmende Reaktion auf die Zellteilung sowie die Eigenschaft des Melatonins als Radikalfänger betrachtet.
Bereits vor der Diskussion über eine Beeinflussung durch elektromagnetische Felder wurden Hypothesen aufgestellt, wonach eine Verringerung der Melatoninbildung mit einer Förderung der Krebsentwicklung einhergehen könnte. Nach einer zweiten Hypothese könnte eine verringerte Melatoninproduktion einen negativen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden haben. Allerdings haben die älteren Studien weder überzeugend einen Einfluss von Magnetfeldexpositionen auf den Melatoninhaushalt des Menschen zeigen können, noch sprachen die Studienergebnisse insgesamt für einen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Feldern und Endpunkten wie Krebs oder Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindens. Die Ergebnisse von Tierversuchen, die im Wesentlichen an Nagetieren durchgeführt wurden, haben kein einheitliches Bild ergeben. In den neueren Arbeiten konnte überwiegend kein Zusammenhang bei Tieren wie auch bei Probanden gefunden werden ([Yel 98; Bak 99; Lös 98; Joh 98; Hei 991 Probandenversuche: [Hon 01] bis ca. 10 µT; [Gra 00] 30 µT; [Ake 99] 50 Hz, 1 µT). In einer Untersuchung an Mxusen (chronische Exposition, 15 µT, Reaktion nach Generationen [Pic 98) und einer an Sibirischen Zwerghamstern (akute Reaktion bei 100 µT [Will 99]) zeigte sich im Zusammenhang mit der Exposition eine Verringerung des Melatoninspiegels. Bei einer Probandenstudie wurde eine Verzögerung des nächtlichen Anstieges der Melatoninkonzentration bei vorhergehender Exposition mit einem zirkular polarisierten Feld von 20 µT beobachtet [Woo 98].
Bei Beschäftigten an Arbeitsplätzen mit zeitlich stabiler Magnetfeldexposition bzw. mit Exposition mit einem elliptisch polarisierten Magnetfeld konnte im Gegensatz zu Beschäftigten an Arbeitsplätzen mit zeitlich variablerer Magnetfeldexposition bzw. mit Exposition mit linear polarisierten Feldern ein Einfluss auf die Melatoninkonzentration im Blut gezeigt werden [Dur 99; Bur 00]. Eine Studie zeigt bei Näherinnen, die während der Arbeitszeit einem erhöhten Magnetfeld ausgesetzt sind, eine verringerte nächtliche Melatoninproduktion im Vergleich zu Büroangestellten [Juu 00].
Die bisherigen Studienergebnisse liefern ein sehr uneinheitliches Bild bei Tierversuchen, jedoch keinen Hinweis für eine gesundheitliche Beeinträchtigung beim Menschen. Aus Sicht der 55K sollten die offenen Fragen durch entsprechende Untersuchungen geklärt werden.
A2.2.5 Einflüsse auf das zentrale Nervensystem (ZNS) und Beeinflussung kognitiver Funktionen
Die derzeit gültigen Grenzwerte für niederfrequente Felder orientieren sich an den Reizwirkungen in erregbaren Geweben. Das Phänomen der Magnetophosphene (magnetfeldinduzierte Lichterscheinung im Auge), die oberhalb von 2000 µT wahrgenommen werden können, wurde bisher nicht als kritisch für die Grenzwertfestlegung betrachtet, da Magnetophosphene selbst keine gesundheitliche Relevanz besitzen. In neueren Konzeptentwürfen werden Grenzwerte z. T. an Magnetophosphenen ausgerichtet [GNL 00], unter anderem, weil sie als Hinweise auf mögliche Beeinflussungen des ZNS gewertet werden [Rei 00]. Weitere Untersuchungen sollten klären, inwieweit Magnetophosphene tatsächlich als Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigung des ZNS zu sehen sind.
Die Ergebnisse neuerer Probandenstudien deuten auf eine Beeinflussung kognitiver Funktionen durch die Exposition mit 50 Hz- bzw. 60 Hz-Magnetfeldern hin ([Pre 98] 600 µT; [Cra 99] 100 µT). Andere Studien zeigten an anderen Parametern keine entsprechende Beeinflussung ([Cra 99] 14 µT und 28 µT).
In diesem Zusammenhang sind auch Tierversuche an Mäusen und Ratten zu beachten, bei denen eine Veränderung des räumlichen Lernverhaltens nach Exposition mit niederfrequenten Magnetfeldern beobachtet wurde ([Lai 98] 60 Hz, 1000 µT; [Sie 98a] 50 Hz, .750 µT; [Sie 98b] 50 Hz, Schwelle zwischen 7,5 µT und 75 µT).
Hinsichtlich der Frage nach einer Beeinflussung kognitiver Funktionen und ggf. der Relevanz einer solchen Beeinflussung besteht Forschungsbedarf.
A2.2.6 Untersuchungen mit Beeinflussungen des Schlafes
Zu möglichen Beeinflussungen des Schlafes durch magnetische 50 Hz-Felder liegen widersprüchliche Studien vor. Graham und Cook [Gra 99] berichten über eine Beeinträchtigung des Schlafes bei intermittierenden, nicht jedoch bei sinusförmigen Feldern einer Stärke von ca. 30 µT, Akerstedt et al. [Ake 99] hingegen über eine akute Reaktion von sinusförmigen Feldern von 1 µT. In einer umfangreicheren Schlafstudie in den Wohnungen der Probanden mit nächtlichen Expositionen gegenüber elektrischen 50 Hz-Feldern von 15 V/m-280 V/m alleine oder in Kombination mit magnetischen Feldern von 1,4 µT - 7,7 µT wurde über ein verbessertes Aufwachbefinden berichtet, eine statistisch signifikante Beeinflussung der Schlafqualitätsparameter konnte nicht gefunden werden [Mül 00].
Die Ergebnisse sind kontrovers und werden lediglich als wissenschaftlicher Hinweis auf eine Beeinflussung des Schlafes durch elektromagnetische Felder bewertet.
A2.2.7 Psychische Beeinflussungen wie z.B. Depression und Suizid
Die meisten der früheren Untersuchungen zu psychischen Beeinflussungen sind aufgrund methodischer Limitierungen nicht geeignet, Aussagen über einen Zusammenhang zu geben. Eine neuere epidemiologische Studie [Wji 00] zeigt einen statistischen Zusammenhang zwischen Suizid und der Exposition am Arbeitsplatz. Allerdings wurden bei dieser Studie die wichtigsten bekannten Faktoren, die mit Suizid in Verbindung stehen, z.B. Drogenkonsum, psychische Erkrankungen, familiärer und sozialer Stress, nicht erfasst.
Die vorliegenden Ergebnisse sind nicht als Hinweis für einen kausalen Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern zu werten.
A2.2.8 Elektrosensibilität
Bereits eine frühere europaweite Studie hat gezeigt, dass die Anzahl von Personen, die sich als elektrosensibel bezeichnen, regional sehr unterschiedlich ist und einNord-Süd-Gefälle aufweist [Ber 97]. Ein Nachweis, dass schwache Magnetfelder Krankheitssymptome verursachen könnten, war bisher nicht möglich. Laboruntersuchungen ergaben, dass Symptome mit der subjektiven Überzeugung über das Vorhandensein von Feldern und nicht mit deren tatsächlichem Auftreten korreliert waren [Wen 94].
In Untersuchungen zur Wahrnehmbarkeit schwacher elektrischer und magnetischer 50 Hz-Felder (100 V/m bzw. 4 µT) ergaben sich bei einem zweiseitigen statistischen Test, also der Einbeziehung sowohl richtiger als auch falscher Antworten, statistisch signifikante Ergebnisse, Die Untergruppe der elektrosensiblen Personen unterschied sich jedoch nicht von der Kontrollgruppe, ebenso konnten keine Unterschiede bezüglich einer Beeinflussung der Schlafqualität gefunden werden [Mül 00].
Gruppen von Personen, die über Gesundheitsbeeinträchtigungen klagen, die sie auf die Einwirkung elektromagnetischer Felder zurückführen, sind sehr inhomogen, sowohl in Bezug auf ihre soziologischen Eigenschaften und das Beschwerdebild als auch bezüglich objektiv erfassbarer Empfindlichkeitsparameter. Das bedeutet, dass Elektrosensibilität medizinisch nach wie vor ein Arbeitsbegriff ist und sich auch indirekt nicht über eine Symptom- oder Risikogruppencharakterisierung erfassen lässt.
Der Leidensdruck der betroffenen Personen kann jedoch erheblich sein, und die Überzeugung von einer kausalen Rolle elektromagnetischer Felder so groß .werden, dass sich elektrosensible Personen zu gravierenden Änderungen der Lebensumstände entschließen. Im Zuge der multidisziplinären Behandlung Betroffener ist die Reduzierung von Feldern einer der angewendeten Ansätze [Hil 98]. Ein kausaler Zusammenhang zu elektromagnetischen Feldern kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden.
Die bisherigen Ergebnisse lassen es nicht zu, die Elektrosensibilitäts-Hypothese zu verwerfen. Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass außer der hypothetischen Rolle der elektromagnetischen Felder auch andere Faktoren eine wesentliche Bedeutung haben müssen. Die bisherigen Ergebnisse reichen derzeit nicht aus, um einen ausreichenden wissenschaftlich begründeten Verdacht darzustellen. Weitere Forschung ist jedoch gerechtfertigt.
A3 Bewertung wissenschaftlicher Studien hochfrequenter elektromagnetischer Felder seit 1998
Die neueren Studien beziehen sich aus Aktualitätsgründen hauptsächlich auf Felder der Mobilfunkkommunikation, wie sie z.B. auch von einer britischen Expertengruppe zu Mobilfunk [IEG 00] bewertet wurden. Im Gegensatz zu den niederfrequenten Feldern sind für hochfrequente Felder epidemiologische Studien mit Expositionen durch die relativ junge Mobilfunktechnologie kaum oder beruflich bedingter Expositionen ebenfalls nicht zahlreich vorhanden. Die betrachteten Arbeiten sind von Untersuchungen an Zellen bis hin zum Menschen steigend geordnet.
A3.1 Interaktionen hochfrequenter elektromagnetischer Felder mit Zellen und subzellulären Strukturen
A3.1.1 Moleküle und Membranen
Die Quantenenergie der hochfrequenten elektromagnetischen Felder ist so gering, dass eine Ionisierung von Atomen und Molekülen aus physikalischen Gründen nicht möglich ist. Experimentell konnten bislang verschiedene physikalische Hypothesen nicht bestätigt werden, wie z.B. die stochastische Resonanz, kooperative Effekte und nichtlineare Interaktionen in thermodynamischen Prozessen bei niedrigen Expositionsintensitäten [Beh 99]. Nichtthermische Effekte durch Resonanzphänomene konnten bisher auch nicht bestätigt werden.
An künstlichen Membranen, d. h. planaren Lipid-Bilayermembranen, konnte gezeigt werden, dass elektromagnetische Felder mit einer Frequenz von 900 MHz (mit 217 Hz gepulst) einen Stromfluss durch die Membran verursachten [Mey 00]. Ein Strom durch die Membran von lebenden Muskelzellen trat bei vergleichbaren Bedingungen dagegen nicht auf [Lin 99]. Theoretische Betrachtungen [Mey 00] ergaben, dass die elektrischen Feldstärken an den künstlichen Membranen bei der verwendeten Versuchsapparatur um zwei Größenordnungen höher waren als sie normalerweise an lebenden Zellen auftreten. Die, untypisch hohen elektrischen Felder könnten über sehr lokale, thermische Wechselwirkungen eine Ionenpermeabilität oder durch lokale Spitzenfelder einen Stromfluss durch die Membran über den Mechanismus der Elektroporation ermöglicht haben. Die' Untersuchungen verdeutlichen die grundsätzliche Problematik, dass Felder geringer Intensität durch den Versuchsaufbau beeinflusst werden können und damit das Ergebnis verändern. Deswegen sind weitere Untersuchungen unter gut kontrollierten Bedingungen erforderlich.
A3.1.2 Kalzium
Kalziumionen sind nicht nur bei vielen intrazellulären biochemischen Prozessen, sondern auch bei der Weiterleitung von Informationen in Form von Aktionspotentialen im neuronalen Gewebe oder Funktion der Muskelzellen sehr wichtig. in den 80er Jahren konnten verschiedene Arbeitsgruppen zeigen, dass niederfrequent amplitudenmodulierte Hochfrequenzfelder einen Einfluss auf die Stabilität des Kalziumgleichgewichtes, gemessen als Kalziumefflux (Isotop 45Ca2+), bei sehr engen Fensterfrequenzen haben [UNE 93].
Eine Überprüfung der Fenster mit der Modulationfrequenz 16 Hz für den Kalziumefflux oder eines möglichen Fensters bei der technisch verwendeten GSM-Pulsfrequenz 217 Hz wurde in den letzten Jahren mit genaueren Messmethoden (Patch-Clamp, Fluoreszenzindikator Fura-2) durchgeführt. Bei den für GSM üblichen gepulsten Hochfrequenzfeldern konnte mit der sensitiven Patch-Clamp-Messtechnik kein Einfluss auf den Kalziumionentransport durch die Membran von Herzmuskelzellen festgestellt werden [Lin 99]. Mit derselben Technik wurde ebenfalls bei der Modulationsfrequenz 16 Hz (Basisfrequenz 900 MHz) der Kalziumtransport an kultivierten Nervenzellen untersucht. Es zeigte sich keine feldbedingte Veränderung der Kalziumströme [Mey 98]. Feldbedingte intrazelluläre Konzentrationsveränderungen, Kalziumoszillationen oder Gesamtkonzentration, die an Lymphozyten mit der Fluoreszenztechnik gemessen wurden, wurden von hochfrequenten Feldern der GSM-Technologie kaum beeinflusst, d. h., die Untersuchungen ergaben keinen statistisch signifikanten Zusammenhang [Gol 00].
Aus den o. g. Fakten lässt sich zusammenfassen, dass mit modernen Analysetechniken die älteren signifikanten Ergebnisse zum Kalziumgleichgewicht nicht bestätigt, aber, da ein anderer Endpunkt untersucht wurde, auch nicht widerlegt wurden. Weitere Forschung ist daher gerechtfertigt.
A3.2 Untersuchungen zum Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Menschen und Tiere
A3.2.1 Verhalten bei Tieren
Aus Untersuchungen der 60er und 70er Jahre ist bekannt, dass eine Temperaturerhöhung des Körpers Verhalten, Lernen und Gedächtnis verändert. Die Schwelle für Veränderungen des Lernverhaltens liegt bei Nagetieren bei einer Körpertemperaturerhöhung von 1°C (2,5 W/kg-8 W/kg spezifische Absorptionsrate, SAR, für den Ganzkörper). Die wenigen Versuche, die bezüglich des räumlichen Lernens durchgeführt wurden, zeigten unterschiedliche Ergebnisse, was mit speziesspezifischen Verhaltensunterschieden erklärt werden kann. Experimente zum räumlichen Lernen bei Ratten [Wan 00] zeigten expositionsbedingte Veränderungen bei Ganzkörper-SAR-Werten von 1,2 W/kg. Die 2,45 GHz-Felder waren gepulst. Bei den dabei erreichten SAR-Spitzenwerten von 2400 W/kg im Puls ist nicht auszuschließen, dass thermisch bedingt Höreffekte auftraten, die bei den Tieren zu Irritationen geführt haben könnten. Vergleichbare Verhaltensexperimente wurden von Sienkiewicz et al. [Sie 00] mit Feldern durchgeführt, die dem Mobilfunk ähnlich waren (900 MHz, 217 Hz gepulst) und einer Ganzkörper-SAR von 0,05 W/kg entsprachen. Bei diesen Untersuchungen zeigten sich zwischen den exponierten und den nicht exponierten Tieren keine statistisch signifikanten Unterschiede.
Mit einer explorativen Feldstudie wurde der Einfluss elektromagnetischer Felder von Mobilfunkanlagen auf die Gesundheit, Leistung und das Verhalten von Rindern [StM 01] untersucht. Die Studie weist im Ansatz und in der Durchführung schwere methodische Mängel auf. Der grundsätzliche Studienansatz ist nicht geeignet, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Auch eine Rinderviruserkrankung als eine bedeutende Einflussgröße hat die Ergebnisse stark beeinflusst. Eine weitergehende Schlussfolgerung, dass die Verhaltensänderungen beim Wiederkäuen auf die hochfrequenten elektromagnetischen Felder zurückzuführen wären, kann aus der Studie nicht gezogen werden.
A3.2.2 Elektroenzephalogramm beim Menschen
Ein möglicher direkter Einfluss von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf das menschliche Gehirn kann mit Registrierungen der elektrischen Hirnaktivität untersucht werden. Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass nur akute neuronale Reaktionen gemessen werden können und eine Aussage zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen daraus nicht abgeleitet werden kann. Da die Variabilität im Ruhe-EEG (im wachen Zustand, Augen geschlossen) zwischen einzelnen Personen sowie auch beim Einzelnen selbst sehr hoch ist, wurden auch reizkorrelierte, gemittelte Hirnpotentiale, die zur Darstellung der funktionellen Integrität des neuronalen Systems dienen, untersucht.
Erste Experimente von v. Klitzing [Kli 95] zeigten einen Einfluss gepulster Hochfrequenzfelder (kein GSM-Signal) auf das so genannte Alpha-Frequenzband des spontanen EEG. Von mehreren Gruppen wurden diese Experimente, auch mit erweitertem Versuchsprotokoll, wiederholt. Reiser et al. [Rei 95] fanden unter Exposition mit GSM-Signalen, dass die Energie der Hirnaktivität im Frequenzband Beta1 verändert war. Hietanen et al. [Hie 00] fanden bei der Analyse ihrer Daten nur bei einem von 19 Probanden eine Energieveränderung, jedoch in einem anderen Frequenzband. Das Ergebnis, das nicht als abnormale Veränderung im EEG anzusehen war, wurde von der Arbeitsgruppe als statistischer Zufall gewertet. Keinen Einfluss auf das Ruhe-EEG haben Studien von Röschke und Mann [Rös 97], Splitter et al. [Spl 97] und Krafzcyk [Kra 98] gezeigt.
In diesen Wiederholungsstudien wurden weitere Parameter, wie die Vigilanz (Wachheit), durch visuelle oder akustische Stimulation ausgelöste (evozierte) Potentiale und Latenzzeiten untersucht. Diese Parameter, die Rückschlüsse auf die Integrität neuronaler Prozesse zulassen, wurden durch die Exposition nicht beeinflusst.
Einen abschwächenden Effekt elektromagnetischer Felder von GSM-Handys auf die Bereitschaftspotentiale bei komplexeren visuell-motorischen Aufgaben beschreiben Freude et al. [Fre 98; Fre 00]. Die Autoren sehen in den gefundenen Reaktionen keine gesundheitliche Relevanz. Urban et al. [Urb 98] untersuchten mit vergleichbaren Expositionsparametern einen möglichen Einfluss auf die visuell evozierten Potentiale. Die Amplituden und die Latenzen wurden durch das Feld nicht verändert. Die EEG-Frequenzbander während eines auditorischen Tests (auditory memory task) zeigten unter GSM-Exposition durch Handys in einem von vier Frequenzbereichen eine veränderte Energieamplitude [Kra 00]. Diese Studie, die nur mit 16 Probanden durchgeführt wurde, bedarf einer Bestätigung.
Mann et al. [Man 98] und Wagner et al. [Wag 98] untersuchten einen möglichen Einfluss der Mobilfunkfelder auf das Schlaf-EEG. Von denselben Autoren konnte ein Einfluss der Felder auf den Schlaf mit verschiedenen Expositionsquellen und damit Feldverteilungen und Intensitäten nicht reproduziert werden. Borbely et al. [Bor 991 exponierten Probanden 8 Stunden lang mit einem Pseudo-GSM-Signal in einem 15-Minuten-an/aus-Zyklus. Sie fanden Veränderungen in den typischen Phasen im Schlaf-EEG, die auf eine verbesserte Schlafqualität (bei einer Teilkörper-SAR von 1 W/kg) hinweisen. Anzumerken ist, dass die hier verwendeten Feldexpositionen denen eines Handys entsprechen und weder mit den Feldintensitäten noch mit den Intensitäten der Exposition durch Basisstationen vergleichbar sind.
Es kann zusammengefasst werden, dass die bisherigen Studien nicht im Ergebnis übereinstimmen, aber dennoch Hinweise auf expositionsbedingte Änderungen neurophysiologischer Prozesse geben. Insgesamt sprechen die Experimente zu Ruhe-EEGs eher gegen eine Beeinflussung der spontanen Hirnaktivität. Die beschriebenen Veränderungen bei den komplexeren evozierten Potentialen sind im Einzelnen noch nicht wiederholt und bestätigt. Daher sind weitere Untersuchungen notwendig. -
A3.2.3 Schlaf
In diesem Zusammenhang werden oft die Abschlussberichte der Schwarzenburg-Studie erwähnt. Mit mehreren Versuchsansätzen wurde die Bevölkerung in Schwarzenburg-Schweiz), die seit Jahrzehnten z.B. über Schlafstörungen als Folge eines Kurzwellensenders klagte, untersucht [Alt 95]. Wiederholt konnte in Querschnittsstudien in der gleichen Population gezeigt werden, dass Durchschlafstörungen in Bevölkerungsgruppen, die näher an dem Sender wohnten, häufiger auftraten als in Bevölkerungsgruppen im Umland. Diese räumliche Assoziation lässt sich auch in kurzen Zeitreihen bestätigen. Die Aussagekraft dieser Studie ist geringer als die der o. g. kontrollierten Laborexperimente, da die Studie nicht doppelblind durchgeführt wurde und die Befindlichkeitsstörungen nur anhand einer Fragebogenaktion erfasst wurden. Es existieren keine individuell korrelierten Messungen, was zu einer Missklassifizierung, einer Über- oder Unterschätzung der effektiven Exposition, führen könnte. Deshalb sind die o. g. Ergebnisse der Einzelstudie allenfalls als unbestätigte Hinweise einzustufen. Zur Abklärung, ob es Schlafstörungen durch hochfrquente Felder gibt, sind kontrollierte, doppelblind durchgeführte Schlafexperimente geeigneter, um zwischen physischen und psychischen Ursachen der Störung unterscheiden zu können.
A3.2.4 Kognitive Funktionen beim Menschen
Ziel dieser Studien, ist es, einen vermuteten Einfluss elektromagnetischer Felder auf kognitive Funktionen zu untersuchen. Mit Verhaltensexperimenten kann ein Feldeinfluss auf die aktive intellektuelle Informationsverarbeitung (kognitive Leistung) untersucht werden. Preece et al. [Pre 99] haben eine Studie durchgeführt, bei der sowohl ein analog als auch ein digital arbeitendes Mobiltelefon verwendet wurden. Das Versuchsdesign enthielt eine Reihe verschiedener Parameter z.B. die Reaktionszeit. Bei Benutzung des analogen Telefons konnte eine Verkürzung der Reaktionszeit bei Aufmerksamkeitstests deutlicher gefunden werden als bei digitalen Telefonen. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass diese verkürzte Reaktionszeit durch eine lokale Erwärmung, mit der daraus folgenden verbesserten Durchblutung der funktionsrelevanten Hirnareale im Schläfenbereich, zustande gekommen sein kann. Für die Hypothese, dass die Reaktion auf einer Verbesserung der Kognition durch die Produktion von Stressproteinen beruht, fehlen experimentelle Hinweise.
Koivisto et al. [Koi 00a; Koi 00b] untersuchten ebenfalls in kognitiven Tests verschiedene Reaktionszeiten unter Nutzung eines GSM-Telefons mit Maximalleistung. In diesen Tests stellten sich verschiedene statistisch signifikante Assoziationen bei den Reaktionszeitanalysen heraus. Koivisto et al. führten die Reaktionen ebenfalls auf eine lokale thermische Beeinflussung zurück. Wegen unterschiedlichen Versuchsdesigns und unterschiedlicher Detailergebnisse stellt die Arbeit keine Bestätigung der Ergebnisse von Preece et al. dar.
Die Vielzahl an untersuchten unterschiedlichen Reaktionszeittypen, die bei Exposition zum Teil verkürzt, aber andere auch verlängert waren, lässt keine eindeutige Bewertung zu, gibt aber Hinweise auf eine mögliche Beeinflussung von physiologischen Prozessen. Es ist weitere Forschung notwendig, um zu klären, ob bei der Nutzung von Handys die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflusst wird.
A3.2.5 Blut-Hirn-Schranke bei Ratten
Die Blut-Hirn-Schranke schützt u. a. das Gehirn vor unkontrollierter Aufnahme von Substanzen. Es ist bekannt, dass bei Überwärmung des Gehirns die Blut-Hirn-Schrankenfunktion nicht mehr gewährleistet ist. Diese Überwärmung kann mit Handys nicht erreicht werden. Ob gepulste hochfrequente elektromagnetische Felder, wie sie vom Mobiltelefon ausgesendet werden, dennoch die Integrität der Schranke beeinflussen, ist noch nicht beantwortet. Derzeit existieren einzelne Studien, z.B. von der Gruppe um Salford und Persson [Sal 94; Per 97], die eine erhöhte Durchlässigkeit für das Protein Albumin bei sehr geringen SAR-Werten, deutlich unterhalb der von ICNIRP empfohlenen Basisgrenzwerte, beschrieben haben. Die Ergebnisse bei den unterschiedlichen Expositionsparametern, d. h. verschiedene Feldintensitäten und Pulsfrequenzen, sind nicht konsistent und deuten auf keine Intensitäts-Wirkungsbeziehung hin. Die Studie von Fritze et al. [Fri 97] zeigte, dass bei Intensitäten, wie sie bei der Nutzung von Mobiltelefonen auftreten, keine Änderungen der Albuminkonzentrationen im Gehirn feststellbar waren. Ebenfalls keine Änderung der Schrankenfunktion gegen Albumin zeigten Tsurita et al. [Tsu 00] bei Ratten, die 2 oder 4 Wochen lang eine Stunde täglich mit 1439 MHz (TDMA 6, 2 W/kg, exponiert wurden.
Schirmacher et al. [Schi 00] sahen an einem in vitro-Blut-Hirn-Schrankenmodell eine Permeabilitätsänderung für Saccharose bei 1,8 GHz (0,3 W/kg). Da es sich um ein künstliches Modell handelte, sollte diese Einzelstudie unabhängig im Tierversuch wiederholt werden. In weiteren Experimenten sollten bekannte, für das Gehirn toxische Substanzen auf ihr Permeabilitätsverhalten unter Feldeinwirkung untersucht werden.
Es kann zusammengefasst werden, dass die Ergebnisse zu einer expositionsbedingten Permeabilitätsänderung der Blut-Hirn-Schranke kein konsistentes Bild ergeben und lediglich als Hinweise zu werten sind. Die offenen Fragen erfordern in Zukunft vorsorglich weitere Untersuchungen zu dieser Thematik.
A3.2.6 Melatonin bei Tieren und bei Menschen
Ein Einfluss niederfrequenter Magnetfelder auf das Melatonin wird seit 1987 mit Aufstellung der Melatoninhypothese bezüglich Brustkrebs diskutiert ([Ste 87] siehe Kapitel Niederfrequente Felder 2.2.4). Melatonin kann u. a. freie Radikale abfangen, die zum Zellentod führen können. Das onkostatische Potential von Melatonin sowie der Einfluss auf das Immunsystem sind bekannt und werden im Zusammenhang mit niederfrequenten Magnetfeldern diskutiert. Bis jetzt gibt es keinen Hinweis, dass hochfrequente elektromagnetische Felder des Mobilfunks die Melatoninkonzentration verändern (siehe z.B. Experimente von Vollrath et al. [Vol 97] und Lerchl et al. [Ler 00] an Dsungarischen Hamstern unter Ganzkörperexposition). Die Analyse der Melatoninkonzentrationen bei Rindern zeigte im Verlauf der Nacht keine Änderung bei den als exponiert eingestuften Tieren [StM 01].
Im Blut von wachen Probanden konnte u. a. auch nach mehrstündiger Mobiltelefonnutzung keine Änderung der Melatoninkonzentration gemessen werden [deS 99; Man 98].
Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse, wird die Melatoninhypothese nicht gestützt.
A3.2.7 Blutparameter und Immunsystem
Änderungen im blutbildenden System haben eine direkte gesundheitliche Relevanz. In der Vergangenheit fand man unterschiedliche Reaktionen. In einer Studie von Chou et al. [Cho 92] wurde das Blut (Blutbild, immunologische und blutchemische Indizes) von fast lebenslang exponierten Ratten untersucht. Bei gepulsten Feldern mit niedriger Intensität (2,45 GHz; 0,15 W/kg-0,4 W/kg) ergaben sich bei den untersuchten Blutwerten keine Veränderungen. Dagegen stehen Ergebnisse von Jensh [Jen 97] (s. u.), der bei Untersuchungen an exponierten trächtigen Ratten bei 6 GHz-Feldern, die deutlich oberhalb der Grenzwerte lagen, eine Abnahme der Monozyten fand. Dasdag et al. [Das 00] fanden keine Änderungen der Blutwerte bei Ratten, die mit Mobilfunkfeldern (mit 0,155 W/kg) exponiert wurden.
1999 sind zwei Publikationen erschienen, die über einen Einfluss hochfrequenter Felder mit Frequenzen oberhalb des Mobilfunkbereiches (im Bereich von 8,5 GHz - 18 GHz) auf das Immunsystem von Mäusen berichteten. Die Exposition (SAR 2 mW/kg - 5 mW/kg) bewirkte eine erhöhte Aktivität der Makrophagen [Fes 99]. Ergänzend zu dieser Studie im selben Labor haben Novoselova et al. [Nov 99] gezeigt, dass diese Reaktion weiterhin gesteigert werden kann, wenn die Nahrung mit Antioxidanzien angereichert wird. Diese Einzelergebnisse können als Hinweis gedeutet werden. Ob diese Reaktion beim Menschen auftritt, muss durch weitere Studien geklärt werden.
Im Hinblick auf neue technische Anwendungen, die diesen Frequenzbereich nutzen werden, sind, unabhängig von den vorliegenden Ergebnissen, weitere Untersuchungen notwendig.
A3.2.8 Reproduktion und Entwicklung
Es ist bekannt, dass eine Erhöhung der Körpertemperatur bei der Ontogenese einen negativen Einfluss auf die Entwicklung der Nachkommen haben kann. In der bereits erwähnten Arbeit von Jensh [Jen 97] wurde der Einfluss auf Ratten und ihre Nachkommen erst bei sehr hohen Expositionen, d. h., weit oberhalb der gesetzlichen. Grenzwerte mit einer Frequenz von 915 MHz (100 W/m2) bzw. mit einer Frequenz von 2,45 GHz (200 W/m2), untersucht. Bei diesen Frequenzen bzw. hohen Intensitäten zeigten sich keine Unterschiede. Bei Expositionen mit 6 GHz (350 W/m2) zeigten die Muttertiere eine leichte, aber signifikante Abnahme der Monozyten. Die Nachkommen aus dieser Gruppe waren in den ersten 5 Wochen etwas leichter und zeigten subtile neurophysiologische Veränderungen, wie z.B. ein verzögertes Öffnen der Augen. Die Autoren sehen die feldbedingten Veränderungen bei 6 GHz mit Intensitäten, die für die Grenzwert- bzw. Vorsorgediskussion aufgrund der sehr hohen Intensitäten nicht relevant sind, als minimal an.
Eine deutliche Abnahme der Anzahl der Nachkommen bei Mäusen, die schwachen Feldern (1,7 mW/m2-10 mW/m2) von Funk- und Fernsehsendern ausgesetzt waren, berichteten Magras und Xenos [Mag 97]. Methodisch zeigt die Studie Schwächen, es fehlten parallele Kontrollen. So wurden nach Ablauf der mehrmonatigen Expositionsperiode die Daten der fünf aufeinander folgenden Würfe eines Paares mit denen eines ersten Wurfes am Studienende korreliert. Der Einfluss anderer Faktoren auf die Fruchtbarkeit ist aufgrund erheblicher methodischer Mängel bei dieser Einzelstudie nicht auszuschließen.
In der bereits erwähnten explorativen Feldstudie zu Rindern [StM 01] zeigte sich eine Korrelation der aufgetretenen Missbildungen bei den Kälbern mit der Exposition. Die Virusinfektion BVD 7, die ebenfalls zu Missbildungen führen kann, trat hauptsächlich bei den Stauungen auf, die als exponiert eingestuft waren. Die methodischen Mängel der Studie lassen jedoch keine Aussage zu feldbedingten Einflüssen zu.
Diese o. g. Studien sind sehr mangelhaft und werden deshalb nicht als Hinweis gewertet.
A3.3 Hochfrequente elektromagnetische Felder und Krebs
A3.3.1 Untersuchungen zu krebsrelevanten Proteinen, Krebsentstehung und -promotion
Die Energie der hochfrequenten elektromagnetischen Felder ist zu gering, um über DNA-Strangbrüche direkt Krebs zu initiieren. Die hochfrequenten elektromagnetischen Felder verfügen damit über kein direktes genotoxisches oder mutagenes Potential. Sie können daher allenfalls auf die Krebspromotion oder Krebsprogression einwirken.
Auf zellulärer Ebene wurde der Einfluss hochfrequenter Felder auf das Verhalten des krebsrelevanten Enzyms Ornithindecarboxylase (ODG) untersucht. Untersuchungen an Zellkulturen haben gezeigt, dass durch modulierte Hochfrequenzfelder ([Lit 93]: 915 MHz, 50 Hz- 60 Hz Modulation; [Pen 971: 835 MHz, 6 Hz - 600 Hz Modulation) die Aktivität der ODC bis auf das Doppelte ansteigt. Dieser Anstieg war jedoch nur möglich, wenn die Modulationsfrequenzen zwischen 50 Hz und 60 Hz lagen. Die SAH betrug in beiden Studien 2,5 W/kg. Bei der Bewertung der Studien ist zu berücksichtigen, dass das Enzym jedoch für die Tumorpromotion erst relevant ist, wenn die Aktivität bis zum 500fachen der normalen Aktivität in den Geweben gesteigert ist.
Eine weitere Hypothese zur Rolle der elektromagnetischen Felder im Hinblick auf den Verlauf von Krebserkrankungen kann ein Feldeinfluss auf die Genexpression und damit die Bildung von Proteinen, wie z.B. Hitzestressproteine, sein. Während bei genetisch veränderten Nematoden eine Veränderung in der Produktion der Hitzestressproteine, die die Zellen vor Stress oder Schädigung schützen sollen, gefunden wurde [deP 00; Dan 98], konnten Fritze et al. [Fri 97] im Gehirn von Ratten keine Reaktion auf die Bildung von Hitzestressproteinen finden (900 MHz gepulst GSM, SAH im Gehirn 0,03 W/kg oder 1,5 W/kg; kontinuierliche Felder 7,5 W/kg).
Das Tumor-Suppressor-Protein TP53, das von Zellen nach negativen Umwelteinflüssen gebildet wird, wurde von Li et al. [Li 99] in Bindegewebszellen unter Exposition mit kontinuierlichen 837 MHz-Feldern untersucht. Bei SAR-Werten von 0,9 W/kg und 9 W/kg zeigte sich kein Unterschied im Proteingehalt im Vergleich zu den Kontrollzellen.
Zahlreicher sind in vitro- und in vivo-Untersuchungen zu Genexpressionen. Die verwendeten unterschiedlichen Expositionsparameter bezüglich der Frequenzen, Modulationen und Intensitäten verhindern jedoch den Vergleich der Ergebnisse. Die Mehrzahl der Tierexperimente wurde bei spezifischen Absorptionsraten durchgeführt, die oberhalb der zulässigen Grenzwerte liegen. Zur Bewertung kommt erschwerend dazu, dass in Zellversuchen die Expression untersuchter Protoonkogene, z.B. c-jun oder c-fos, in einer Untersuchung leicht gestiegen oder nicht verändert wurden und in einer anderen Untersuchung genau das umgekehrte Verhalten beobachtet wurde [Iva 97; Gos 99].
Aufsehen erregten die Studien von Lai und Singh [Lai 95, Lai 96], die mit der Comet-Assay-Methode nach Exposition mit 2,45 GHz (1,2 W/kg} DNA-Einzelstrangbrüche in Hirnzellen nachweisen konnten. Diese Ergebnisse wurden jedoch von Malyapa et al. [Mal 97a] (SAH 0,7 W/kg und 1,9 W/kg) nicht bestätigt. Vijayalaxmi et al. [Vij 00] stellten ebenfalls mit dem Comet-Assay keinen Einfluss der Felder (2,45 GHz; 2,1 W/kg) auf das Strangbruchverhalten der DNA von Lymphozyten fest. In vergleichbaren Experimenten, die mit modulierten Mobilfunkfeldern bei 836 MHz (SAH 0,6 W/kg) durchgeführt wurden, konnten keine DNA-Einzelstrangbrüche dokumentiert werden [Mal 97b]. Die Resultate des Comet-Assays mit Lymphoblastoiden [Phi 98], zeigten widersprüchliche Ergebnisse. Die Zellen wurden mit zwei verschiedenen Mobilfunksystemen bei zwei nicht thermischen Intensitätsbereichen (2,4 mW/kg und 24 mW/kg) exponiert. Von den vier Kombinationen zeigte sich nur bei einer (24 mW/kg; iDEN®) eine signifikant erhöhte Rate an DNA-Brüchen, bei den anderen drei jedoch eine signifikant gesunkene DNA-Bruchrate im Vergleich zu den Kontrollen. Der gewählte methodische Ansatz ist äußerst fehleranfällig und lässt deshalb keine eindeutige Bewertung zu.
Verschiedene Untersuchungsmethoden zur Genotoxizität, wie z.B. Chromosomenaberrationen, Mikrokernbildung und Schwester-. chromatidaustausch (SCE), haben keinen eindeutigen Beweis ergeben, dass hochfrequente elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte genotoxisch wirksam sind. Vijayalaxmi et al. [Vij 01] exponierten 24 Stunden lang menschliche Lymphozyten in vitro bei 835 MHz (FDMA 8) mit SAR-Werten zwischen 4,4 W/kg und .5,0 W/kg und fanden keine signifikanten Unterschiede bei der Induktion von Chromosomenaberrationen oder Mikrokernen im Vergleich zu den scheinexponierten Zellproben. Maes et al. [Mae 00] untersuchten Chromosomenaberrationen und SCE bei humanen Lymphozyten, die in vitro mit Feldern einer Frequenz von 455,7 MHz und einer SAH von 6,5 W/kg exponiert wurden. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied zu den Kontrollen.
Es kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Untersuchungen zu krebsrelevanten Proteinen, Krebsentstehung und Krebspromotion ein sehr uneinheitliches Bild liefern. Inwieweit die einzelnen und nicht reproduzierten Hinweise eine Bedeutung für gesundheitliche Beeinflussungen haben, muss durch weitere Forschung geklärt werden.
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