umwelt-online: Richtlinie Intensivmeßprogramm zur StrVG (1)

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Richtlinie für die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz
Teil II: Intensivmeßprogramm - Meßprogramm für den Intensivbetrieb

(GMBl. 1995 S. 262)



1. Zielsetzung

Das Intensivmeßprogramm legt zusammen mit dem Routinemeßprogramm (1) die Anforderungen für Messungen nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG) (2) fest und hat zum Ziel, die radioaktive Kontamination der Umwelt im Fall von Ereignissen mit möglichen, nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen zu erfassen, die Strahlenexposition des Menschen abzuschätzen und unter Beachtung des Standes der Wissenschaft und unter Berücksichtigung aller Umstände durch angemessene Maßnahmen so gering wie möglich zu halten.

Die Ergebnisse der Messungen, die nach dem Intensivmeßprogramm vorgenommen werden, müssen geeignet sein

Grundsätzlich ist das Intensivmeßprogramm organisatorisch und inhaltlich von der Umgebungsüberwachung kerntechnischer Anlagen und von den Aufgaben des Katastrophenschutzes in der Umgebung kerntechnischer Anlagen zu trennen. Bei Stör- und Unfällen in inländischen oder grenznahen ausländischen kerntechnischen Anlagen können jedoch in den direkt betroffenen Ländern die nach der "Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen" (REI) (3) bzw. die nach der "Rahmenempfehlung für die Fernüberwachung von Kernkraftwerken" (4) durchgeführten Messungen als Messungen nach dem Intensivmeßprogramm gewertet werden.

2. Grundlagen

2.1 Gesetzliche Grundlagen

Dem Intensivmeßprogramm liegen die §§ 2 und 3 StrVG zugrunde. Meßaufgaben nach den §§ 7 und 8 StrVG sind nicht Gegenstand dieses Programmes.

Meßdaten, die im Rahmen des Intensivmeßprogrammes erhoben werden, bilden darüber hinaus in einem Ereignisfall die Grundlage für die Berichterstattung nach dem Schnellinformationsabkommen der Europäischen Union (EU) und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und zur Erfüllung bilateraler Vereinbarungen sowie für die Berichterstattung gegenüber der EU im Rahmen- des Euratom-Vertrages.

2.2 Auslösende Ereignisse für einen Intensivbetrieb

Der Intensivbetrieb kann z.B. durch folgende Ereignisse mit Freisetzungen radioaktiver Stoffe in nicht unerheblichem Umfang ausgelöst werden:

Bei solchen Ereignissen muß gewährleistet sein, daß die zur Auslösung des Intensivbetriebes erforderlichen Informationen möglichst unverzüglich bei der zuständigen Stelle des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) vorliegen.

3. Auslösung und Ablauf des Intensivbetriebes

Nach Vorliegen entsprechender Informationen über ein Ereignis außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland mit möglichen, nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen auf das Bundesgebiet wird vom BMU eine Alarmmeldung an die zuständigen Bundes- und Länderbehörden herausgegeben. Die Zeit bis zum Einsetzen der Beaufschlagung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit radioaktiven Stoffen ist zur Vorbereitung des Intensivbetriebes zu nutzen.

Erste Informationen über den in dieser Phase zu erwartenden zeitlichen und regionalen Eintrag radioaktiver Stoffe liefern die Prognosemodelle des Deutschen Wetterdienstes (DWD) über die Verteilung radioaktiver Stoffe in der Atmosphäre sowie über die zu erwartenden Niederschläge. Hinweise über Einträge radioaktiver Stoffe in Bundeswasserstraßen sowie im Meer und Küstengewässern werden aus den Messungen beziehungsweise aus den Prognoserechnungen der Meßnetzbetreiber der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und des Bundesamtes für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) gewonnen.

Bei einem Ereignis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland müssen die betroffenen Länder dafür sorgen, daß eine entsprechende Meldung unverzüglich an das BMU übermittelt wird. Das BMU informiert die zuständigen Bundes- und Landesbehörden unbeschadet der Informationsverpflichtungen der Länder untereinander.

3.1 Auslösung des Intensivbetriebes

Die Auslösung und die Beendigung des Intensivbetriebes,. und damit der Beginn und das Ende der Messungen nach dem Intensivmeßprogramm, erfolgen ausschließlich auf Veranlassung des BMU.

Je nach Ablauf des Ereignisses und der hiermit verbundenen Freisetzung radioaktiver Stoffe kann der Intensivbetrieb in Abhängigkeit von den Ausbreitungsbedingungen und der Jahreszeit erforderlichenfalls regional und/oder für ausgewählte Umweltbereiche beschränkt werden (sektorierter Intensivbetrieb).

Bei Auslösung des allgemeinen Intensivbetriebes tritt das Intensivmeßprogramm an die Stelle des Routinemeßprogrammes. Grundsätzlich sind die im Routinemeßprogramm festgelegten Probenentnahmeorte auch im Intensivbetrieb zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind gegebenenfalls von der zuständigen Landesbehörde weitere Probenentnahmeorte situationsangepaßt auszuwählen und in das Intensivmeßprogramm zu integrieren.

Für einzelne Umweltbereiche wie Grundwasser, Kompost oder Tabak, die untergeordnete Bedeutung zur Ermittlung der Strahlenexposition des Menschen haben, sind im Intensivbetrieb keine Messungen erforderlich.

Bei Auslösung eines sektorierten Intensivbetriebes tritt das Intensivmeßprogramm nur für die von der Kontamination wesentlich betroffenen Umweltbereiche und/oder Regionen an die Stelle des Routinemeßprogrammes. In den nicht betroffenen Umweltbereichen und/oder Regionen ist das Routinemeßprogramm im Rahmen der bestehenden personellen und gerätetechnischen Möglichkeiten weiterzuführen.

Durch interne organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, daß die für Fachaufgaben der Strahlenschutzvorsorge verwendeten Geräte und sonstigen Einrichtungen für den Vollzug der Meßprogramme genutzt werden.

3.2 Ablauf des Intensivbetriebes

In einem nuklearen Ereignisfall werden nach Auslösen des Intensivbetriebes durch das BMU zusätzlich zu den Ergebnissen der Ausbreitungsprognosen des DWD erste Informationen zur großräumigen Belastung der Umwelt mit radioaktiven Stoffen aus den bundesweit installierten Meßnetzen des DWD, des Bundesamtes für Zivilschutz (BZS) und des Umweltbundesamtes (UBA) durch die fortlaufenden Messungen der Radioaktivität in Luft und Niederschlägen sowie der Gamma-Ortsdosisleistung (ODL) gemäß § 2 StrVG geliefert. Mit Hilfe dieser kontinuierlich betriebenen Meßeinrichtungen können die Schwerpunkte der Beaufschlagung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland rasch erkannt und bewertet werden. Die im 2-Stunden-Takt anfallenden Meßwerte der Gamma-Ortsdosisleistung und der Aktivitätskonzentration in der Luft gestatten, den Eintrag radioaktiver Stoffe über den Luftpfad mit hoher zeitlicher Auflösung zu erfassen und zu beschreiben.

Erste Informationen zur großräumigen Belastung der Bundeswasserstraßen mit radioaktiven Stoffen liefert das bundesweit installierte Warnstellennetz der BfG. Mit Hilfe der kontinuierlich betriebenen Meßeinrichtungen können die Schwerpunkte der Beaufschlagung in den einzelnen Stromgebieten rasch erkannt und bewertet werden. Die im 2-Stunden-Takt anfallenden Meßwerte der Gesamtgamma- und Gesamtbeta-Aktivitätskonzentration der fließenden Welle gestatten, den Eintrag radioaktiver Stoffe in ein Gewässer mit hoher zeitlicher Auflösung zu erfassen und zu beschreiben. Entsprechendes gilt für die Erkennung eines Eintrages radioaktiver Stoffe in Nord- und Ostsee einschließlich Küstengewässer durch das Meßnetz des BSH.

Die Meßwerte der Bundesmeßnetze bilden somit eine wichtige Entscheidungshilfe für die Veranlassung von Einzelmessungen nach dem Intensivmeßprogramrn durch die zuständigen Meßstellen der Länder.

Die Ergebnisse der Messungen aus den Bundesmeßnetzen liefern zudem wichtige Eingangsdaten für Modellrechnungen, anhand derer eine erste Abschätzung der momentanen und der zu erwartenden Strahlenexposition vorgenommen werden kann. Diese Daten und Prognosen dienen dann als Grundlage für erste Empfehlungen an die Bevölkerung zur Vermeidung und/oder Minimierung einer Strahlenexposition.

Ebenso dienen die ersten Messungen der Gamma-Ortsdosisleistung, der Aktivitätskonzentration in der Luft, der in-situ-Gamma-Spektrometrie und der von den Ländern durchgeführten Messungen des Weide- und Wiesenbewuchses in den Klimagärten des DWD der Korrektur von Prognosen über die weitere Entwicklung der Kontamination in bestimmten Umweltbereichen mit Hilfe des Programmsystems PARK (Programm zur Abschätzung Radiologischer Konsequenzen).

Eine umfassende Ermittlung der Kontamination in den Umweltbereichen nach § 3 StrVG erfolgt durch die zuständigen Meßstellen der Länder. Die Schwerpunkte der Beprobung von verschiedenen Umweltbereichen bei Ereignissen mit luftgetragenen radioaktiven Freisetzungen variieren dabei in 3 Phasen:

Phase 1: - während und kurz nach Durchzug einer radioaktiven Wolke,

Phase 2: - nach Durchzug einer radioaktiven Wolke und

Phase 3: - Wochen bzw. Monate nach Durchzug einer radioaktiven Wolke.

Bei Unfällen mit hohen Einträgen radioaktiver Stoffe in Fließ- und Küstengewässer sind Art und Umfang der Kontamination auf der Grundlage des Intensivmeßprogrammes zu erfassen.

Die Messungen nach § 3 StrVG sollen eine flächenrepräsentative Lagedarstellung in den einzelnen Umweltbereichen ermöglichen. Sie werden die Kontaminationsprognosen von PARK ersetzen bzw. modifizieren und sind eine wichtige Grundlage für weitergehende Empfehlungen von Maßnahmen zur Verminderung der Strahlenexposition des Menschen, insbesondere über den Ingestionspfad.

Je nach Ereignisablauf muß das Intensivmeßprogramm der jeweiligen Lage flexibel angepaßt werden können. So ist bei hoher inhomogener Kontamination des Bundesgebietes und/oder bei regional intensiver Nutzung oder Bewirtschaftung das Netz der Probenentnahmeorte in den betroffenen Gebieten erforderlichenfalls örtlich zu verdichten. Eine gezielte, kurzfristige Probenentnahme wird durch die Anzahl von 2150 ODL-Meßstellen im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Im Fall einer inhomogenen Beaufschlagung müssen bei der Ermittlung der Bodenkontamination mittels in-situ-Messungen erforderlichenfalls ODL-Meßdaten bei der Interpolation auf lokale Bereiche hinzugezogen werden. Die Beprobung im terrestrischen Bereich hat sich an den jahreszeitlichen Gegebenheiten zu orientieren.

Darüber hinaus können vom BMU gezielt Messungen in solchen Umweltbereichen angeordnet werden, die regional zu einer zusätzlichen Strahlenbelastung einzelner Personengruppen beitragen können (z.B. Waldpilze und Wild).

4. Messungen nach dem Intensivmeßprogramm

4.1 Aufgaben des Bundes nach § 2 StrVG

Die im Intensivmeßprogramm durch Einrichtungen des Bundes durchzuführenden Probenentnahmen und Messungen sind in den Übersichten unter Kapitel 5.1 beschrieben. Die Häufigkeit der diskontinuierlichen Probenentnahmen und Messungen kann gegebenenfalls der jeweiligen Phase angepaßt werden. Zusätzlich kann der Intensivbetrieb für ausgewählte Bundesmeßnetze in einer späteren Phase unter Umständen vorzeitig durch das BMU beendet werden.

4.1.1 Messungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD)

In Abhängigkeit vom Ereignis ist die Probenentnahme von Niederschlag in kürzeren Zeitintervallen möglich. Zudem wird an den Meßstationen des Deutschen Wetterdienstes alle 2 Stunden die Niederschlagshöhe bestimmt.

4.1.2 Messungen des Deutschen Wetterdienstes auf der Zugspitze

4.1.3 Messungen des Bundesamtes für Zivilschutz (BZS)

4.1.4 Messungen des Umweltbundesamtes (UBA)

4.1.5 Messungen der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG)

4.1.6 Messungen des Bundesamtes für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH)

4.1.7 Messungen bei der Bundesforschungsanstalt für Fischerei (BFF)

Die Messungen von Wasserpflanzen (Gamma-Spektrometrie, Strontium-89/90 und Plutonium-Isotope) sowie die Bestimmung der Plutonium-Isotope in Muscheln und Garnelen aus dem Küstenbereich erfolgen durch die Bundesforschungsanstalt für Fischerei. Die zusammengefaßten und beurteilten Meßdaten werden zur ZdB übertragen.

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