umwelt-online: Richtlinie Intensivmeßprogramm zur StrVG (2)
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4.2 Aufgaben der Länder nach § 3 StrVG

4.2.1 Allgemeine Hinweise

Für die Durchführung des Intensivmeßprogrammes ist es erforderlich, daß die zuständigen Meßstellen der Länder in der Lage sind, unverzüglich den Gehalt an radioaktiven Stoffen in den nachfolgend beschriebenen Umweltbereichen zu bestimmen.

Die zuständigen Behörden der Länder müssen deshalb durch Organisation und Planung sicherstellen, daß bei Aufnahme des Inrensivbetriebes die personellen und betrieblichen Anforderungen an die Probenentnahme, Probenvorbereitung, Messung und Dokumentation erfüllt werden können und die notwendigen Verbrauchsmaterialien vorhanden sind. Dazu gehört auch die Organisation der Probenentnahme an räumlich von der Meßstelle weit entfernten Probenentnahmestellen.

4.2.2 Grundsätze für Messungen nach § 3 StrVG

Im Intensivbetrieb sind die Entnahme von Proben und die Durchführung von Messungen nach dem Intensivmeßprogramm in Abhängigkeit von Ereignisablauf und Jahreszeit durchzuführen. Dabei sind der zeitliche Verlauf des Radionuklideintrages sowie die hiervon betroffenen relevanten Umweltbereiche zu berücksichtigen. Die fortschreitende Kontamination der Umwelt mit radioaktiven Stoffen als Folge eines nuklearen Stör-/Unfalls kann in verschiedene Zeitabschnitte unterteilt werden, in denen unterschiedliche Maßnahmen und Bewertungen vorzunehmen sind. Bei Unfällen mit direkten Einträgen radioaktiver Stoffe in Fließ- und Küstengewässer orientieren sich diese zeitlichen und umweltbereichsspezifischen Prioritäten an den zu erwartenden Kontaminationswegen. Im Fall von Ereignissen mit luftgetragenen radioaktiven Freisetzungen sind die zeitlichen und umweltbereichsspezifischen Prioritäten in 3 Phasen festgelegt, welche sich am Durchzug einer radioaktiven Wolke orientieren.

Zeitlich vorrangig und unverzüglich sind die Messungen der Proben aus den Klimagärten des DWD durchzuführen, da diese Meßwerte zur Korrektur von Eingangsparametern der radiologischen PARK-Modelle herangezogen werden. Daher ist in den ersten Tagen des Intensivbetriebes, bis flächenrepräsentative Messungen in den einzelnen Umweltbereichen vorliegen, Weide- und Wiesenbewuchs in den Klimagärten einmal täglich, sofern jahreszeitlich möglich, zu beproben und gammaspektrometrisch zu messen. Zusätzlich muß die Bewuchsdichte bestimmt werden. Der DWD übernimmt dabei die Entnahme der Bewuchsproben; Abholung und Messung der Proben erfolgen durch die Länder.

Grundsätzlich sind im Intensivbetrieb Proben zunächst an den im Routinemeßprogramm festgelegten Orten zu entnehmen und zu untersuchen.

Zur Erfassung des zeitlichen Ablaufes des Radionuklideintrages ist eine zeitliche Verdichtung der Beprobung in dem jeweiligen Umweltbereich erforderlich. Ein Erfordernis zur räumlichen Verdichtung der Beprobung kann sich aus den Ergebnissen der Messungen der Bundesmeßnetze, insbesondere aus den ODL-Messungen ergeben.

Für die möglicherweise erforderliche örtliche Verdichtung muß ein erweitertes Probenentnahmenetz vorausgeplant und festgelegt werden. In dieses Probenentnahmenetz sind alle wichtigen Produktionsstandorte für Nahrungs- und Futtermittel im jeweiligen Land einzubeziehen. Insbesondere müssen solche Orte berücksichtigt werden, an denen die Nahrungsmittel in größeren Mengen erzeugt werden, die von Menschen als Frischprodukte unmittelbar verzehrt werden und damit zu einer schnellen Erhöhung der Ingestionsdosis führen können. Im Zusammenhang mit der Planung des erweiterten Probenentnahmenetzes müssen alle mit der Probenentnahme verbundenen logistischen Probleme geklärt werden.

Das von den Ländern in Bundesauftragsverwaltung abzuwickelnde Meßprogramm hat Vorrang vor landeseigenen Radioaktivitäts-Überwachungsprogrammen. Diese können zusätzlich durchgeführt werden, um auch kleinräumige Veränderungen der Umweltradioaktivität zu erfassen. Maßnahmen nach dem Katastrophenschutz sind hiervon nicht betroffen.

Die Entnahme und Messung der Proben hat sich an den "Meßanleitungen für, die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt und zur Erfassung radioaktiver Emissionen aus kerntechnischen Anlagen" (5) zu orientieren. Die Kennzeichnung der Proben erfolgt gemäß der "Bundeseinheitlichen Deskriptorenliste".

4.2.3 Phase wahrend und kurz nach Durchzug einer radioaktiven Wolke (Phase 1)

In die Atmosphäre eingetragene radioaktive Stoffe können der Erdoberfläche durch nasse und/oder trockene Deposition zugeführt werden. Bezüglich der daraus folgenden radiologischen Situation in den betroffenen Gebieten und der durchzuführenden Messungen in den einzelnen Umweltbereichen muß daher zwischen trockener und nasser Deposition unterschieden werden.

Die ersten Messungen zu Beginn der Phase 1 müssen einen schnellen Überblick über den Umfang und die Art der Kontamination im terrestrischen und aquatischen Bereich ermöglichen. Von prioritärer Bedeutung ist dabei die Beprobung solcher Umweltbereiche, bei denen ein Radionuklideintrag sehr schnell zur Ingestionsdosis des Menschen beitragen kann.

Ferner werden die ersten PARK-Kontaminationsprognosen durch die ermittelten Meßdaten ersetzt bzw. modifiziert.

4.2.3.1 Erfassung des Radionuklideintrages im terrestrischen Bereich

Zu überwachende Umweltbereiche

Indikatormedien

Indikatormedien erlauben eine obere Abschätzung der zu erwartenden Aktivität in pflanzlichen und tierischen Produkten und somit eine erste Einschätzung, ob Grenzwerte für die spezifische Aktivität bzw. Aktivitätskonzentration erreicht werden. Sie stehen das ganze Jahr über zur Verfügung.

Indikatorfunktion haben

In Abhängigkeit von den Ergebnissen der ODL- und Luftmessungen bzw. der PARK-Kontaminationsprognosen ist in den vom Intensivbetrieb betroffenen Gebieten jedes Indikatormedium täglich flächenrepräsentativ zu beproben und zu messen. Bei intensiver Bewirtschaftung oder lokalen Niederschlagsereignissen kann ein räumlich stark verdichtetes Meßprogramm angezeigt sein.

Die zuständige Landesbehörde benennt die zu beprobenden Blattgemüsearten. Abhängig von der Jahreszeit sind dies:

Kopfsalat, Schnittsalat, Endiviensalat, Grünkohl, Feldsalat, Spinat, Mangold, Wirsingkohl;

ersatzweise:

Porree, Weißkohl, Rotkohl, Rosenkohl, Chinakohl und Eisbergsalat.

Die Proben sind grundsätzlich beim Erzeuger zu nehmen.

Milch

Durch die Überwachung der Milch können schnell Meßwerte erhalten werden, die näherungsweise eine Abschätzung der Gesamtingestionsdosis erlauben. Milch ist deshalb ein Indikator für die Ingestionsdosis. Die Milchproben müssen dazu aus den Stapeltanks solcher Molkereien oder Milchsammelstellen entnommen werden, die ihre Rohmilch überwiegend aus der näheren Umgebung beziehen, um möglichst örtlich repräsentative Meßwerte zu erhalten. Die Proben sind täglich zu entnehmen.

Erntereife Hauptanbauprodukte

Darüber hinaus sollten nach Möglichkeit erntereife Hauptanbauprodukte (Obst, Gemüse, Getreide und Futtermittel) stichprobenartig untersucht werden, um einen Eindruck über die Höhe der Kontamination zu bekommen. Produkte, bei denen deutlich erhöhte Werte der spezifischen Aktivität festgestellt werden, sind in Hauptanbaugebieten möglichst flächenrepräsentativ zu beproben.

Wurzelgemüse, Kartoffeln sowie nicht erntereife Produkte haben in dieser Phase nur geringe Bedeutung.

Fleisch

Fleisch muß in der 1. Phase noch nicht untersucht werden, da sich die Aktivität in diesem Medium nur langsam aufbaut.

Trinkwasser

Die Entnahme von Reinwasserproben erfolgt täglich bei solchen Wasserversorgungsanlagen, die ungeschützte Rohwasservorkommen nutzen. Die Probenentnahmestellen sollten diejenigen sein, die für das Routinemeßprogramm festgelegt wurden.

Art der Messungen

Alle Proben sind gammaspektrometrisch zu messen. Eine Bestimmung der radiologisch besonders relevanten Strontium-Isotope Strontium-89 und Strontium-90 ist stichprobenartig an ausgewählten Proben durchzuführen, auch um das Aktivitätsverhältnis von Strontium-89/90 zu Caesium-137 an verschiedenen Standorten zu verifizieren. Dabei sind, je nach meteorologischen Verhältnissen, Standorte mit trockener und nasser Deposition zu berücksichtigen.

Ebenfalls stichprobenartig sind künstliche Alpha-Strahler und Tritium in Trinkwasser zu bestimmen.

In Phase 1 sind vorzugsweise Schnellmeßmethoden einzusetzen. Die Meßergebnisse sind auf die Einheit Bq/kg FM bzw. Bq/l zu beziehen.

4.2.3.2 Erfassung des Radionuklideintrages im aquatischen Bereich

Zu überwachende Umweltbereiche

Oberflächenwasser

In Phase 1 sind Umfang und Art der Kontamination der Gewässer mit radioaktiven Stoffen zu erfassen und darzustellen. Wichtige Hinweise über die Schwerpunkte der Beaufschlagung und Einträge in den einzelnen Einzugsgebieten der Gewässer können aus dem Warnstellennetz der BfG sowie aus Informationen von seiten Dritter erwartet werden. Bei Ereignissen mit luftgetragenen radioaktiven Freisetzungen ist davon auszugehen, daß der Eintrag radioaktiver Stoffe in ein Gewässer überwiegend via Niederschlag ("Nasse Deposition") erfolgt und der Beitrag aus der Ablagerung fester Partikel ("Trockene Deposition") demgegenüber vernachlässigbar ist. Weiterhin ist davon auszugehen, daß die einzelnen Teilbereiche in einem Stromgebiet zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlichem Umfang betroffen werden.

Zur Erfassung des zeitlichen Ablaufes des Radio nuklideintrages sind Wasserproben aus Flüssen und Seen bis zu 1 Probe pro Tag zu entnehmen und zu untersuchen. Schwerpunkte der Beprobung bilden Gewässerbereiche, die insbesondere zur Trinkwassergewinnung genutzt werden. Ein Radionuklideintrag mit dem Niederschlag führt vor allem bei kleinen Gewässern zu vergleichsweise hohen Aktivitätskonzentrationen.

Fische

Fische sind in Phase 1 noch nicht zu untersuchen, da sich die Aktivität in ihnen nur langsam aufbaut.

Art der Messungen

Die Wasserproben sind gammaspektrometrisch in Form von Direktmessungen zu untersuchen. Eine Bestimmung der radiologisch besonders relevanten Strontium-Isotope Strontium-89 und Strontium-90 ist stichprobenartig an ausgewählten Proben vorzunehmen. Außerdem sind Tritium sowie künstliche Alpha-Strahler stichprobenartig zu bestimmen. In Phase 1 sind vorzugsweise Schnellmeßmethoden einzusetzen.

4.2.4 Phase nach Durchzug einer radioaktiven Wolke (Phase 2)

Die in Phase 1 vorgenommenen Messungen geben einen ersten Überblick über die in den einzelnen Umweltbereichen auftretende radioaktive Kontamination, - aufgrund dessen eine Darstellung und Bewertung der radiologischen Situation vorgenommen werden kann. Nach dieser Bewertung sind erforderlichenfalls weitere Maßnahmen zum Zweck der Vermeidung bzw. Verminderung einer Strahlenexposition der Bevölkerung durch das BMU zu veranlassen. Die Phase 2 ist dadurch charakterisiert, daß die Kontamination der verschiedenen Umweltbereiche durch direkte Ablagerung abgeschlossen ist. Aufgrund der ständigen Ausbreitung und Verteilung der eingetragenen radioaktiven Stoffe in der Umwelt und des Radionuklidtransfers in weitere relevante Umweltbereiche werden zeitverzögert auch Bereiche kontaminiert, die durch direkte Deposition nicht oder nur gering belastet wurden. Das Ziel der Messungen ist daher eine detaillierte Erfassung der radiologischen Situation in allen relevanten Umweltbereichen sowie die Verfolgung des Zeitverlaufes. PARK-Kontaminationsprognosen werden weiterhin durch Meßdaten ersetzt bzw. modifiziert.

4.2.4.1 Messungen im terrestrischen Bereich

Indikatormedien

Die Aktivitäten in Weide- und Wiesenbewuchs sowie in Blattgemüse nehmen durch Abwitterungsprozesse, Pflanzenwachstum sowie durch den physikalischen Zerfall insbesondere kurzlebiger Radionuklide ab. Diese Abnahme ist durch wöchentliche Messungen zu verfolgen. Die in-situ-Messungen sind an allen vorgesehenen Meßpunkten zügig durchzuführen.

Milch

Die Aktivität in der Milch sollte weiterhin täglich gemessen werden, da insbesondere die Aktivität langlebiger Radionuklide (Caesium-1 34/137 und Strontium-90) noch ansteigen kann.

Hauptanbauprodukte

Die erntereifen Produkte sind flächenrepräsentativ zu beproben. In Phase 2 sollten nun auch nicht erntereife Produkte stichprobenartig untersucht werden, um die zu erwartende Aktivität im Endprodukt abschätzen zu können und eventuell Maßnahmen zur Verringerung der Kontamination zu ergreifen (z.B. Unterpflügen und neue Bestellung der Felder).

Fleisch

Fleisch ist nun ebenfalls wöchentlich zu beproben, um eine mögliche Kontamination zu erkennen und den weiteren Verlauf zu beobachten.

Fleischproben sind bevorzugt in Schlachthäusern zu entnehmen. Es sollten nur Proben genommen werden, bei denen die Herkunft des Tieres bekannt ist.

Trinkwasser und Grundwasser

Die tägliche Probenentnahme von Reinwasser aus ungeschützten Rohwasservorkommen wird in Phase 2 unverändert weitergeführt.

Für diejenigen Wasserversorgungsanlagen, die geschützte Rohwässer zur Trinkwassergewinnung nutzen, ist die Probenentnahme wöchentlich durchzuführen.

Darüber hinaus sind Stichproben des anfallenden Filterrückspülschlammes wöchentlich zu entnehmen.

Die Probenentnahme von Grundwässern, die nicht unmittelbar im Rahmen der Trinkwasserversorgung gefördert werden, entfällt.

Futtermittel

In Phase 2 sind neben Weide- und Wiesenbewuchs (alternativ Klee, Luzerne oder Grüngetreide) auch Mais (ganze Pflanze), Futtergetreide (vorzugsweise Futtergerste) und Futterkartoffeln (alternativ Futterrüben) in die Untersuchungen mit einzubeziehen, sofern diese erntereif sind.

Andere Nahrungsmittel

Wöchentliche Messungen an Wild, Waldpilzen, Beeren und sonstigem Obst und Gemüse etc. sollen eine Übersicht über die Radionuklidaktivität erlauben.

Abwasser und Klärschlamm (Kläranlagen)

Die Probenentnahme für die Untersuchung von Abwasser und Klärschlamm aus Kläranlagen erfolgt an den gleichen Probenentnahmestellen wie im Routinemeßprogramm. Danach sind in Abhängigkeit von der Größe des Bundeslandes maximal bis zu 10 Kläranlagen zu überwachen, mindestens aber 2.

Die Probenentnahme von Klärschlamm beschränkt sich auf Kläranlagen, deren Schlamm einer landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Nutzung oder der Kompostierung zugeführt oder zur Verbrennung abgegeben wird. Gleichzeitig sind im Fall der Klärschlammverbrennung Proben von anfallenden festen Rückständen (Asche o. ä.) zu entnehmen, wobei diese den Klärschlammproben zeitlich zuordenbar sein sollen.

Die Entnahme von Abwasser- und Klärschlammproben hat wöchentlich zu erfolgen. Nach Einsetzen von Niederschlägen muß die Probenentnahmefrequenz gegebenenfalls erhöht werden.

Reststoffe und Abfälle

Die Probenentnahme anfallender flüssiger und fester Rückstände aus der Rauchgaswäsche von Verbrennungsanlagen für Abfall und Klärschlamm hat wöchentlich zu erfolgen. Nach Einsetzen von Niederschlägen muß die Probenentnahmefrequenz gegebenenfalls erhöht werden.

Die Probenentnahme für Kompostierungsanlagen entfällt.

Saisonal oder anlagenspezifisch bedingt sind darüber hinaus spezielle Materialien zu überwachen, wie z.B. Luftfilter großer raumlufttechnischer Anlagen, Folien aus gewerblicher oder landwirtschaftlicher Nutzung u. ä. Ebenso sind Stichproben anfallender Gartenabfälle (Gras und Laub) sowie Straßenkehrricht u. ä. aus der Tätigkeit kommunaler Betriebe wöchentlich zu untersuchen.

Art der Messungen

In Phase 2 sind alle Proben gammaspektrometrisch zu messen.

Außerdem sind in allen Umweltbereichen Strontium-89/90, in Wasserproben zusätzlich künstliche Alpha-Strahler und Tritium, stichprobenartig in ausgewählten Proben zu bestimmen.

Die Meßergebnisse sind auf die Einheit Bq/kg FM bzw. Bq/l zu beziehen.

4.2.4.2 Messungen im aquatischen Bereich

Oberflächenwasser und Schwebstoffe

Bei der Bewertung der für Fließgewässer erhaltenen Meßergebnisse der Aktivitätskonzentration ist zu beachten, daß eingetragene Radionuklide in gelöster und partikularer Form mit der fließenden Welle über große Flußabschnitte transportiert werden können. Hierdurch können somit auch Flußabschnitte radioaktiv belastet werden, in die keine Radionuklide in Phase 1 eingetragen wurden. In stehenden Gewässern (z.B. Talsperren, Seen) kommt es aufgrund der hier ablaufenden Austauschvorgänge mit tieferliegenden Schichten zu Änderungen der Aktivitätskonzentration, die zu erfassen sind. In diesen Fällen ist die Frequenz der Entnahme und Messung der Wasserproben möglichst wie in Phase 1 beizubehalten. Schwebstoffproben sind vornehmlich aus Oberflächengewässern, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, bis zu 1 Probe pro Woche zu entnehmen. Je nach Ereignisablauf und Dynamik der in einem Gewässer ablaufenden Verteilungs- und Austauschvorgänge können diese Messungen über einen Zeitraum von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen erforderlich sein.

Fisch

Fische (sowohl Fried- als auch Raubfische) sind je nach Eintrag aus stehenden Gewässern, Teichhaltungen und Fließgewässern zu beproben, um eine obere Abschätzung der Aktivität zu erlauben. Es sollten nur Fische beprobt werden, deren Herkunft bekannt ist.

Art der Messungen

In Phase 2 sind alle Proben gammaspektrometrisch zu messen. In ausgewählten Proben sind stichprobenartig Strontium-89/90, bei Oberflächenwasser zusätzlich Tritium und künstliche Alpha-Strahler zu bestimmen.

4.2.5 Wochen bzw. Monate nach Durchzug einer radioaktiven Wolke (Phase 3)

In Phase 3 ist die Höhe der Deposition und die aktuelle Kontamination in den verschiedenen Umweltbereichen aufgrund der in Phase 1 und 2 durchgeführten Messungen weitgehend bekannt, so daß eine zuverlässige Bewertung der radiologischen Situation vorgenommen werden kann. Vorrangiges Ziel der Umweltüberwachung in Phase 3 ist daher die langfristige Erfassung des Verlaufes der Aktivitätskonzentration in den für die Umwelt relevanten Bereichen. Hierbei richten sich Entnahme und Untersuchung der Proben hinsichtlich der zeitlichen und räumlichen Verteilung an den Meßergebnissen der ersten und zweiten Phase. Je nach Art und Dynamik der in den verschiedenen Umweltbereichen ablaufenden Verteilungs- und Austauschvorgänge sind in Phase 3 Messungen über mehrere Wochen bis zu einigen Monaten durchzuführen. Die Proben sind zunehmend wieder mit höherer Empfindlichkeit bis zu den im Routinemeßprogramm angegebenen Nachweisgrenzen zu messen.

4.2.5.1 Messungen im terrestrischen Bereich

In Phase 3 sind zur Überwachung des langfristigen Verlaufes der Aktivitätskonzentration Messungen in allen Umweltbereichen durchzuführen, die im Routinemeßprogramm festgelegt sind.

Deshalb sind insbesondere Nahrungsmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft, Gesamt- sowie Säuglings- und Kleinkindernahrung, Milch, Pflanzen, Futtermittel, Boden, Trinkwasser, Grundwasser, Kläranlagen, Deponien für Hausmüll und Klärschlamm, Verbrennungs- und Kompostierungsanlagen, Tabak und importierte Produkte zu beproben.

Darüber hinaus sind erforderlichenfalls Düngemittel, Arzneimittel und deren Ausgangsstoffe sowie Bedarfsgegenstände stichprobenartig zu überwachen.

4.2.5.2 Messungen im aquatischen Bereich

In Phase 3 des Intensivbetriebes sind alle im Routinemeßprogramm angegebenen Medien des aquatischen Bereiches bei angepaßter zeitlicher und räumlicher Häufigkeit zu untersuchen (Wasser, Schwebstoff, Sediment, Fisch). Hierbei sind insbesondere die Medien einzubeziehen, in denen erst mit zeitlicher Verzögerung mit einer radioaktiven Kontamination zu rechnen ist (z.B. Sediment, Süßwasserfisch, Wasserpflanzen, Meeresfisch und -früchte). Während ein Großteil der in der Anfangsphase eingetragenen kurzlebigen Radionuklide bereits wieder zerfallen ist, muß die Anreicherung längerlebiger Radionuklide (z.B. Caesium-134, Caesium-137) in der Sedimentphase und in solchen Gewässerorganismen, die auch nach dem Routinemeßprogramm zu untersuchen sind, beachtet werden.

In Phase 3 sind alle Proben zunehmend wieder mit höherer Empfindlichkeit bis zu den im Routinemeßprogramm angegebenen Nachweisgrenzen gammaspektrometrisch zu untersuchen. Eine Bestimmung von Strontium-89/90 sowie bei Oberflächenwasser zusätzlich von Tritium und von Alpha-Strahlern ist ebenfalls bis zu den im Routinemeßprogramm angegebenen Nachweisgrenzen vorzunehmen.

4.2.6 Berichterstattung

Die Meßstellen der Länder übermitteln die Meßergebnisse im "Integrierten Meß- und Informationssystem" (IMIS) an die jeweilige Landesdatenzentrale. Bei gammaspektrometrisch untersuchten Proben ist für alle nachgewiesenen Radionuklide deren Aktivitätskonzentration bzw. spezifische Aktivität bezogen auf den Zeitpunkt der Probenentnahme mitzuteilen. Bei jeder Messung ist zumindest die erzielte Nachweisgrenze für Cobalt-60, Ruthenium-103, Ruthenium-106, Iod-131, Tellur-132, Caesium-134 und Caesium-137 anzugeben. Bei der Bestimmung von Tritium, Strontium-89/90 und Alpha-Strahlern ist entweder die ermittelte Aktivitätskonzentration bzw. spezifische Aktivität bezogen auf den Zeitpunkt der Probenentnahme oder die erzielte Nachweisgrenze anzugeben.

4.3 Nuklidliste

Folgende Radionuklide sollen, sofern zu besorgen ist, daß sie ereignisbedingt in erhöhter Konzentration auftreten, mit den eingesetzten Analyseverfahren identifiziert werden können:

γ -strahlende Nuklide

Be-7Pb-210Pb-214
K-40Pb-212Bi-214
TI-208Bi-212Ac-228
Sr-91Sb-125Cs-136
Sr-92Sb-127Cs-137
Y-92Sb-129Ba-140
Y-93Te-129La-140
Zr-95Te-129mLa-141
Zr-97Te-131mCe-141
Nb-95Te-132Ce-143
Nb-97I-131Ce-144
Mo-99I-132Nd-147
Tc-99mI-133Pm-151
Ru-103I-135 
Ru-106  
Na-22Zn-65Cs-134
Cr-51Ag-110mHf-181
Mn-54Te-123mPa-233
Fe-59Sb-124U-237
Co-57 Np-239
Co-58  
Co-60  
Ar-41Kr-88Xe-135
Kr-85Kr-89Xe-135m
Kr-85mXe-133Xe-137
Kr-87Xe-133mXe-138


β -strahlende Nuklide

H-3Sr-89Sr-90


α -strahlende Nuklide

Ra-226        Np-237Am-241
Th-232U-238Cm-242
U-234Pu-238Cm-243/244
U-235Pu-239/240       

4.4 Prognosemodelle

Zur Erfüllung des StrVG ist es erforderlich, bei einem Ereignis mit möglichen, nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen eine zu erwartende räumliche und zeitliche Verteilung der radioaktiven Stoffe vorhersagen und die zu erwartende Strahlenexposition für den Menschen abschätzen zu können.

4.4.1 Ausbreitungsprognosen

Prognosen zur Ausbreitung von radioaktiven Stoffen in Luft obliegen dem DWD, im aquatischen Bereich der BfG (Transport in Bundeswasserstraßen) und dem BSH (Nord- und Ostsee).

4.4.2 Radioökologische Modelle

Die in IMIS eingesetzten radioökologischen Modellrechnungen dienen vornehmlich zur Abschätzung der Strahlenexposition der Bevölkerung auf der Basis von Meßergebnissen nach den §§ 2 und 3 StrVG und als Entscheidungshilfe im Hinblick auf gegebenenfalls zu treffende Vorsorgemaßnahmen sowie zur Bewertung deren Wirksamkeit.

Zur Durchführung von ersten Dosisabschätzungen mit Hilfe von radioökologischen Modellrechnungen werden vorrangig Daten der Bundesmeßnetze verwendet. Mit diesen Daten kann man einen ersten, errechneten Überblick über die radiologische Lage auf allen atmosphärischen und terrestrischen Expositionspfaden erhalten. Für die Standorte der DWD-Stationen lassen sich die Strahlenexposition auf den relevanten Pfaden sowie spezifische Aktivitäten in Nahrungs- und Futtermitteln abschätzen.

Darüber hinaus lassen sich mit Hilfe der in IMIS erhobenen Daten Prognosen über die Strahlenexposition für alle relevanten Pfade bis auf Landkreisebene durchführen.

Zur Verifizierung der Prognosen der Strahlenexposition einschließlich der Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln werden die von den Ländern nach § 3 StrVG an den Klimagärten des DWD nach Anlage 1, die an den DWD-Stationen sowie die bundesweit erhobenen Daten herangezogen.

Zusätzlich lassen sich die Auswirkungen von Empfehlungen des BMU und der administrativen Maßnahmen mit dem Ziel der Minimierung der Strahlenexposition abschätzen.

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