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Richtlinie 2003/112/EG der Kommission vom 1. Dezember 2003 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG der Rates zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Paraquat
(Text von Bedeutung für den EWR)
(ABl. Nr. L 321 vom 06.12.2003 S. 32)
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
gestützt auf die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/84/EG der Kommission 2, insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 der Kommission vom 11. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen für die erste Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln 3, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2266/2000 4, wurde eine Liste von Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln aufgestellt, die im Hinblick auf ihre mögliche Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG bewertet werden sollen. Diese Liste enthält Paraquat.
(2) Die Auswirkungen von Paraquat auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt wurden gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 für eine Reihe von durch den Antragsteller vorgeschlagenen Anwendungen geprüft. Mit der Verordnung (EG) Nr. 933/94 der Kommission vom 27. April 1994 über die Festsetzung der Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln und die Bestimmung der Bericht erstattenden Mitgliedstaaten zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 5, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2230/95 6, wurde das Vereinigte Königreich zum Berichterstatter ernannt. Das Vereinigte Königreich hat der Kommission am 31. Oktober 1996 gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 den relevanten Bewertungsbericht mit Empfehlungen übermittelt.
(3) Dieser Bewertungsbericht wurde von den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit geprüft. Die Prüfung wurde am 3. Oktober 2003 in Form des Beurteilungsberichts der Kommission für Paraquat abgeschlossen.
(4) Der Bericht über Paraquat und zusätzliche Informationen wurden auch dem Wissenschaftlichen Ausschuss "Pflanzen" vorgelegt. Der Ausschuss wurde gebeten, die Bedeutung der Veränderungen an Augen und Lungen, welche bei Langzeitstudien an Ratten festgestellt wurden, für Verbraucher und Anwender zu kommentieren, sowie das Risiko für Anwender unter Berücksichtigung möglicher Exposition der Atmungsorgane und der Haut, mögliche Langzeitauswirkungen auf Bodenorganismen und die Risiken der beabsichtigten Anwendungen in Bezug auf nistende Vögel und Hasen. In seiner Stellungnahme 7 kam der Wissenschaftliche Ausschuss zu dem Schluss, dass weder die bei Tieren nach oraler Verabreichung von Paraquat beobachteten pulmonären Lesionen noch die nur bei Ratten und nicht bei anderen Arten beobachteten systemischen Auswirkungen von Paraquat auf die Augen bei der Risikobewertung für Anwender und Verbraucher relevant sind. Auf der Grundlage von Expositionsstudien im Freiland, ergänzt durch Informationen über die Gesundheitsüberwachung von Anwendern, kam der Ausschuss zu dem Ergebnis, dass Paraquat bei Verwendung als Pflanzenschutzmittel gemäß den Empfehlungen der guten Arbeitspraxis kein nennenswertes Gesundheitsrisiko für die Anwender darstellt. Der Ausschuss wies außerdem darauf hin, dass bei Verwendung der empfohlenen Aufwandmengen im Freiland kein nennenswertes Risiko für Bodenorganismen besteht. Angesichts der weiter bestehenden Unsicherheit wurde jedoch eine detailliertere Bewertung der möglichen Auswirkungen von Paraquat auf die Abbaurate von organischem Material in Böden gefordert. Diese Informationen wurden anschließend dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat übermittelt und von diesem geprüft. Darüber hinaus kam der Wissenschaftliche Ausschuss zu dem Schluss, dass verfügbare Studien auf eine Gefahr für bodenbrütende Vögel hindeuten, für eine definitive Risikobewertung jedoch weitere Informationen über realistische Expositionen notwendig sind. Diese Informationen wurden anschließend vorgelegt, und die Bewertungsarbeitsgruppe des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit kam zu dem Ergebnis, dass die Exposition bodennistender Vögel in einigen Fällen vernachlässigbar ist. Es gibt jedoch Umstände, unter denen eine Exposition auftreten kann. Die Bewertung innerhalb des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit kam zu der Schlussfolgerung, dass das Risiko annehmbar ist, sofern geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen werden. Abschließend kam der Wissenschaftliche Ausschuss zu der Feststellung, dass Paraquat letale und subletale Auswirkungen auf Hasen haben kann, die verfügbaren Daten jedoch nicht ausreichen, um den Anteil der betroffenen Hasen abzuschätzen. Den Auffassungen des Wissenschaftlichen Ausschusses wurde bei der Erstellung dieser Richtlinie und des Beurteilungsberichts Rechnung getragen. Der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit kam in seiner Bewertung zu der Schlussfolgerung, dass das Risiko annehmbar ist, sofern geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen werden.
(5) Die verschiedenen Untersuchungen haben ergeben, dass es Anwendungen mit Pflanzenschutzmitteln, die Paraquat enthalten, gibt, die im Allgemeinen die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a) und b) der Richtlinie 91/414/EWG erfüllen, sofern geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen und entsprechende Auflagen erteilt werden. Um sicherzustellen, dass Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit diesem Wirkstoff in allen Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen der Richtlinie erteilt werden können, sollte Paraquat daher in Anhang I der genannten Richtlinie aufgenommen werden. Einige Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln, die Paraquat enthalten, bilden jedoch ein unannehmbares Risiko und sollten daher nicht zugelassen werden. Darüber hinaus sollte gewährleistet sein, dass die Mitgliedstaaten dem Antragsteller und allen anderen Zulassungsinhabern für Paraquat ein Begleitprogramm insbesondere für die Anwendersicherheit vorschreiben und diese der Kommission jährlich über Vorfälle in Bezug auf die Anwendergesundheit sowie mögliche Auswirkungen auf Hasen Bericht erstatten. Dies sollte ermöglichen zu prüfen, ob die von den Mitgliedstaaten getroffenen Risikobegrenzungsmaßnahmen tatsächlich die möglichen Risiken für Anwender und Hasen auf ein annehmbares Niveau begrenzen, und gegebenenfalls in Übereinstimmung mit dem wissenschaftlichen Fortschritt eine Neubewertung der Eigenschaften und möglichen Risiken für den Menschen und die Umweltermöglichen.
(6) Vor der Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I ist eine angemessene Frist einzuräumen, um es den Mitgliedstaaten und Interessierten zu ermöglichen, sich auf die sich daraus ergebenden neuen Anforderungen vorzubereiten.
(7) Nach der Aufnahme ist den Mitgliedstaaten eine angemessene Frist einzuräumen, um die Bestimmungen der Richtlinie 91/414/EWG über Pflanzenschutzmittel, die Paraquat enthalten, umzusetzen und insbesondere bestehende Zulassungen zu überprüfen, damit sichergestellt ist, dass die in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG festgelegten Bedingungen bezüglich dieser Wirkstoffe erfüllt werden. Für die Übermittlung und Bewertung der für jedes Pflanzenschutzmittel vollständigen Unterlagen gemäß den in der Richtlinie 91/414/EWG festgelegten einheitlichen Grundsätzen ist ein längerer Zeitraum vorzusehen.
(8) Die Richtlinie 91/414/EWG ist daher entsprechend zu ändern.
(9) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit
- hat folgende Richtlinie erlassen:
Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Richtlinie geändert.
Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis spätestens 30. April 2005 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie unterrichten die Kommission unverzüglich hiervon.
Sie wenden diese Bestimmungen ab 1. Mai 2005 an.
Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
(1) Die Mitgliedstaaten überprüfen die Zulassung jedes einzelnen paraquathaltigen Pflanzenschutzmittels, um sicherzustellen, dass die in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG festgelegten Bedingungen für diese Wirkstoffe eingehalten wurden. Die Zulassung wird erforderlichenfalls bis spätestens 30. April 2005 geändert oder widerrufen.
(2) Nach den einheitlichen Grundsätzen gemäß Anhang VI der Richtlinie 91/414/EWG und anhand von Unterlagen, die die Anforderungen von Anhang III der genannten Richtlinie erfüllen, unterziehen die Mitgliedstaaten jedes zugelassene Pflanzenschutzmittel, das als einzigen Wirkstoff oder als einen von mehreren Wirkstoffen, die spätestens am 31. Juli 2004 insgesamt in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgelistet sind, Paraquat enthält, einer Neubewertung. Sie entscheiden auf der Grundlage dieser Bewertung, ob das Pflanzenschutzmittel die Bedingungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b), c), d) und e) der Richtlinie 91/414/EWG erfüllt. Erforderlichenfalls wird die Zulassung der betreffenden Pflanzenschutzmittel bis spätestens 31. Juli 2008 geändert oder widerrufen.
Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Zulassungsinhaber bis spätestens 31. März 2008 über die Auswirkungen der Risikobegrenzungsmaßnahmen Bericht erstatten, die im Rahmen eines Begleitprogramms angewendet werden sollen, sowie über die Umsetzung von Fortschritten bei Paraquatformulierungen. Die Mitgliedstaaten übermitteln diese Informationen unverzüglich der Kommission.
Die Kommission legt dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit einen Bericht über die Anwendung der vorliegenden Richtlinie vor und gibt darin an, ob die Anforderungen für die Aufnahme in Anhang I weiterhin erfüllt sind, bzw. schlägt eventuelle Änderungen der vorliegenden Richtlinie vor, einschließlich der Streichung aus Anhang I, falls sich dies zur Erfüllung der Vorschriften als notwendig erweist.
Diese Richtlinie tritt am 1. November 2004 in Kraft.
Diese Richtlinie ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet.
Brüssel, den 1. Dezember 2003
ANHANG
In Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG werden folgende Einträge am Ende der Tabelle angefügt:
Nr. | Gebräuchliche Bezeichnung, Kennnummern | IUPAC-Bezeichnung | Reinheit (1) | Inkrafttreten | Aufnahme befristet bis | Besondere Bedingungen |
"75 | Paraquat CAS-Nr. 4685-14-7 CIPAC-Nr. 56 | 1,1'-dimethyl-4,4'- bipyridinium | 500 g/l (ausgedrückt als Paraquatdichlorid) | 1. November 2004 | 31. Oktober 2014 | Nur Anwendungen als Herbizid dürfen zugelassen werden.
Folgende Anwendungen dürfen nicht zugelassen werden: - Ausbringung mit tragbaren Rücken- und Handgeräten im Haus- und Kleingarten, weder durch Amateur- noch durch professionelle Anwender, - Ausbringung mittels Nebelgeräten und Sprühgeräten für Raumkulturen, - Ausbringung mit extrem geringen Wasseraufwandmengen (ULV-Applikation). Bei der Anwendung der einheitlichen Grundsätze gemäß Anhang VI sind die Schlussfolgerungen des vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit am 3. Oktober 2003 abgeschlossenen Beurteilungsberichts über Paraquat und insbesondere dessen Anlagen I und II zu berücksichtigen. Bei dieser Gesamtbewertung sollten die Mitgliedstaaten - dem Schutz von Anwendern besondere Aufmerksamkeit widmen, insbesondere bei Ausbringung mit tragbaren Rücken- und Handgeräten; - dem Schutz von bodennistenden Vögeln besondere Aufmerksamkeit widmen. Deuten Anwendungsszenarien auf eine mögliche Exposition von Eiern hin, so sollten eine Risikobewertung durchgeführt und gegebenenfalls Risikobegrenzungsmaßnahmen getroffen werden; - dem Schutz von Wasserorganismen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Zulassungsbedingungen sollten gegebenenfalls Risikobegrenzungsmaßnahmen umfassen, - dem Schutz von Hasen besondere Aufmerksamkeit widmen. Deuten Anwendungsszenarien auf eine mögliche Exposition von Hasen hin, so sollten eine Risikobewertung durchgeführt und gegebenenfalls Risikobegrenzungsmaßnahmen getroffen werden. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Zulassungsinhaber spätestens am 31. März jedes Jahres bis zum Jahr 2008 Bericht erstatten über das mögliche Auftreten von Gesundheitsproblemen bei Anwendern und Auswirkungen auf Hasen in einem oder mehreren repräsentativen Anwendungsgebiet(en). Diese Berichte sollten ergänzt werden durch Verkaufsdaten und einen Überblick über die Anwendungsmuster, so dass ein realistisches Bild der toxikologischen und ökologischen Auswirkungen von Paraquat entstehen kann. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass technische Konzentrate ein wirksames Brechmittel enthalten. Flüssige Formulierungen sollten ein wirksames Brechmittel, blaue/grüne Farbstoffe und Stinkstoffe oder andere Geruchswarnstoffe enthalten. Andere Sicherheitsstoffe wie Dickungsmittel können ebenfalls verwendet werden. Dabei ist die FAO-Spezifikation zu berücksichtigen |
(1) Weitere Einzelheiten hinsichtlich der Identität und Spezifikation des Wirkstoffs sind dem Beurteilungsbericht zu entnehmen."
1) ABl. Nr. L 230 vom 19.08.1991 S. 1.
2) ABl. Nr. L 247 vom 30.09.2003 S. 20.
3) ABl. Nr. L 366 vom 15.12.1992 S. 10.
4) ABl. Nr. L 259 vom 13.10.2000 S. 27.
5) ABl. Nr. L 107 vom 28.04.1994 S. 8.
6) ABl. Nr. L 225 vom 22.09.1995 S. 1.
7) Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses "Pflanzen" zu besonderen Fragen der Kommission im Zusammenhang mit der Bewertung von Paraquat im Rahmen der Richtlinie 91/414/EWG des Rates - SCP/PARA/002, angenommen am 20. Dezember 2001.