Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk, EU 2003, Allgemeines - EU Bund

Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten

(ABl. Nr. L 156 vom 25.06.2003 S. 17;
RL 2008/1/EG - ABl. Nr. L 24 vom 29.01.2008 S. 8;
RL 2011/92/EU - ABl. Nr. L 26 vom 28.01.2012 S. 1;
RL (EU) 2016/2284 - ABl. Nr. L 344 vom 17.12.2016 S. 1 Inkrafttreten)



Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 175,

auf Vorschlag der Kommission 1,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 2,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen 3,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags 4, aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am 15. Januar 2003 gebilligten gemeinsamen Entwurfs,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die gemeinschaftlichen Umweltvorschriften sollen dazu beitragen, die Umweltqualität zu erhalten, zu schützen und zu verbessern sowie die menschliche Gesundheit zu schützen.

(2) Die gemeinschaftlichen Umweltvorschriften enthalten auch Bestimmungen, die Behörden oder andere Stellen beachten müssen, wenn sie Entscheidungen treffen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Einzelnen haben können.

(3) Eine effektive Beteiligung der Öffentlichkeit bei Entscheidungen ermöglicht es einerseits der Öffentlichkeit, Meinungen und Bedenken zu äußern, die für diese Entscheidungen von Belang sein können, und ermöglicht es andererseits auch den Entscheidungsträgern, diese Meinungen und Bedenken zu berücksichtigen; dadurch wird der Entscheidungsprozess nachvollziehbarer und transparenter, und in der Öffentlichkeit wächst das Bewusstsein für Umweltbelange sowie die Unterstützung für die getroffenen Entscheidungen.

(4) Die Beteiligung, in die auch Verbände, Organisationen und Gruppen - insbesondere Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen - einbezogen sind, sollte daher gefördert werden, unter anderem auch durch Förderung der Umwelterziehung der Öffentlichkeit.

(5) Die Gemeinschaft hat am 25. Juni 1998 das UN/ECEÜbereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten ("Århus-Übereinkommen") unterzeichnet. Damit die Gemeinschaft dieses Übereinkommen ratifizieren kann, sollte das Gemeinschaftsrecht ordnungsgemäß an dieses Übereinkommen angeglichen werden.

(6) Eines der Ziele des Århus-Übereinkommens ist es, das Recht auf Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltangelegenheiten zu gewährleisten und somit dazu beizutragen, dass das Recht des Einzelnen auf ein Leben in einer der Gesundheit und dem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt geschützt wird.

(7) Artikel 6 des Århus-Übereinkommens sieht die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten, die in Anhang I des Übereinkommens aufgeführt sind, sowie über dort nicht aufgeführte Tätigkeiten, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können, vor.

(8) Artikel 7 des Århus-Übereinkommens sieht die Beteiligung der Öffentlichkeit bei umweltbezogenen Plänen und Programmen vor.

(9) Artikel 9 Absätze 2 und 4 des Århus-Übereinkommens sieht Bestimmungen über den Zugang zu gerichtlichen oder anderen Verfahren zwecks Anfechtung der materiell- und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Fällen vor, in denen gemäß Artikel 6 des Übereinkommens eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist.

(10) Für bestimmte Richtlinien im Umweltbereich, aufgrund deren die Mitgliedstaaten umweltbezogene Pläne und Programme erstellen müssen, die jedoch keine hinreichenden Bestimmungen über die Beteiligung der Öffentlichkeit enthalten, sollten Bestimmungen erlassen werden, die die Beteiligung der Öffentlichkeit in Einklang mit dem Arhus-Übereinkommen, insbesondere mit Artikel 7, gewährleisten. Andere einschlägige Rechtsvorschriften der Gemeinschaft enthalten bereits Bestimmungen über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung von Plänen und Programmen, und in Zukunft werden Anforderungen hinsichtlich der Beteiligung der Öffentlichkeit im Einklang mit dem Århus-Übereinkommen von Anfang an in die einschlägigen Rechtsvorschriften einbezogen.

(11) Die Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten 5 und die Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung 6 sollten geändert werden, um ihre vollständige Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Århus-Übereinkommens, insbesondere mit Artikel 6 und Artikel 9 Absätze 2 und 4, sicherzustellen.

(12) Da das Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme, nämlich zur Erfüllung der Pflichten aufgrund des Århus-Übereinkommens beizutragen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Zieles erforderliche Maß hinaus

- haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1 Ziel

Ziel dieser Richtlinie ist es, zur Erfüllung der Pflichten aufgrund des Århus-Übereinkommens beizutragen, insbesondere durch

  1. Bestimmungen über eine Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und
  2. eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung sowie Bestimmungen über den Zugang zu den Gerichten im Rahmen der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates.

Artikel 2 Öffentlichkeitsbeteiligung bei Plänen und Programmen

(1) Im Sinne dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck "Öffentlichkeit" eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Öffentlichkeit frühzeitig und in effektiver Weise die Möglichkeit erhält, sich an der Vorbereitung und Änderung oder Überarbeitung der Pläne oder der Programme zu beteiligen, die aufgrund der in Anhang I aufgeführten Vorschriften auszuarbeiten sind.

Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass

  1. die Öffentlichkeit durch öffentliche Bekanntmachung oder auf anderem geeignetem Wege, wie durch elektronische Medien, soweit diese zur Verfügung stehen, über Vorschläge für solche Pläne oder Programme bzw. für deren Änderung oder Überarbeitung unterrichtet wird und dass die einschlägigen Informationen über diese Vorschläge der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, unter anderem auch Informationen über das Recht auf Beteiligung am Entscheidungsverfahren sowie über die zuständige Behörde, an die Stellungnahmen oder Fragen gerichtet werden können;
  2. die Öffentlichkeit das Recht hat, Stellung zu nehmen und Meinungen zu äußern, wenn alle Optionen noch offen stehen und bevor Entscheidungen über die Pläne und Programme getroffen werden;
  3. das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt wird;
  4. die zuständige Behörde sich nach Prüfung der von der Öffentlichkeit vorgebrachten Meinungen und Stellungnahmen in angemessener Weise bemüht, die Öffentlichkeit über die getroffenen Entscheidungen und die Gründe und Erwägungen, auf denen diese Entscheidungen beruhen, zu unterrichten, auch über das Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit.

(3) Die Mitgliedstaaten ermitteln die Kreise der Öffentlichkeit, die für die Zwecke des Absatzes 2 ein Beteiligungsrecht haben; hierzu zählen relevante Nichtregierungsorganisationen, z.B. Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, sofern sie alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen.

Die genauen Bestimmungen für die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen dieses Artikels werden von den Mitgliedstaaten so festgelegt, dass eine effektive Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit möglich ist.

Der Zeitrahmen muss so gewählt werden, dass ausreichend Zeit für die verschiedenen in diesem Artikel vorgesehenen Phasen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Verfügung steht.

(4) Dieser Artikel gilt nicht für Pläne und Programme, die ausschließlich zur Landesverteidigung dienen oder die aus Anlass ziviler Notfälle beschlossen werden.

(5) Dieser Artikel gilt nicht für die in Anhang I aufgeführten Pläne und Programme, für die gemäß der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme 7 oder gemäß der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik 8 ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchgeführt wird.

Artikel 3 - aufgehoben -

Artikel 4 - aufgehoben -

Artikel 5 Berichte und Überprüfung

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 25. Juni 2009 einen Bericht über die Anwendung und Wirksamkeit dieser Richtlinie vor. Um Erfordernisse des Umweltschutzes stärker gemäß Artikel 6 des Vertrags einzubeziehen, werden diesem Bericht unter Berücksichtigung der bei

der Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten gesammelten Erfahrungen gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung dieser Richtlinie beigefügt. Die Kommission wird insbesondere die Möglichkeit in Erwägung ziehen, den Geltungsbereich dieser Richtlinie auszudehnen, um andere umweltbezogene Pläne und Programme abzudecken.

Artikel 6 Umsetzung

Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 25. Juni 2005 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

Artikel 7 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 8 Adressaten

Diese Richtlinie ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am 26. Mai 2003.

.

 Anhang I 16

Bestimmungen betreffend Pläne und Programme im Sinne von Artikel 2

  1. Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle 9
  2. Artikel 6 der Richtlinie 91/157/EWG des Rates vom 18. März 1991 über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien und Akkumulatoren  10
  3. Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen 11
  4. Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 91/689/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle 12
  5. Artikel 14 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle 13
  6. Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität 14
  7. Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG 15.

.

- aufgehoben -Anhang II

___
1
) ABl. C 154 E vom 29.05.2001 S. 123.

2) ABl. C 221 vom 07.08.2001 S. 65.

3) ABl. C 357 vom 14.12.2001 S. 58.

4) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2001 (ABl. C 112 E vom 09.05.2002 S. 125), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 25. April 2002 (ABl. C 170 E vom 16.07.2002 S. 22) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 5. September 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Beschluss des Europäischen Parlaments vom 30. Januar 2003 und Beschluss des Rates vom 4. März 2003.

5) ABl. L 175 vom 05.07.1985 S. 40. Geändert durch die Richtlinie 97/ 11/EG (ABl. L 73 vom 14.03.1997 S. 5).

6) ABl. L 257 vom 10.10.1996 S. 26.

7) ABl. L 197 vom 21.07.2001 S. 30.

8) ABl. L 327 vom 22.12.2000 S. 1. Geändert durch die Entscheidung Nr. 2455/2001/EG (ABl. L 331 vom 15.12.2001 S. 1).

9) ABl. L 194 vom 25.07.1975 S. 39. Richtlinie zuletzt geändert durch die Entscheidung 96/350/EG der Kommission (ABl. L 135 vom 06.06.1996 S. 32).

10)ABl. L 78 vom 26.03.1991 S. 38. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 98/101/EG der Kommission (ABl. L 1 vom 05.01.1999 S. 1).

11) ABl. L 375 vom 31.12.1991 S. 1.

12) ABl. L 377 vom 31.12.1991 S. 20. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/31/EG (ABl. L 168 vom 02.07.1994 S. 28).

13) ABl. L 365 vom 31.12.1994 S. 10.

14) ABl. L 296 vom 21.11.1996 S. 55.

15) ABl. Nr. L 344 vom 17.12.2016 S. 1.

ENDE