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Richtlinie 2005/50/EG der Kommission vom 11. August 2005 zur Neuklassifizierung von Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter im Rahmen der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte
(Text von Bedeutung für den EWR)
(ABl. Nr. L 210 vom 12.08.2005 S. 41)
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
gestützt auf die Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte 1, insbesondere auf Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b,
gestützt auf den von Frankreich und dem Vereinigten Königreich gestellten Antrag,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Nach den Klassifizierungsregeln in Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG werden vollständige Gelenkersatzteile als Medizinprodukte der Klasse IIb eingestuft.
(2) Frankreich und das Vereinigte Königreich haben beantragt, vollständige Gelenkersatzteile abweichend von den Bestimmungen des Anhangs IX der Richtlinie 93/42/EWG als Medizinprodukte der Klasse III einzustufen, damit sie vor dem Inverkehrbringen einer angemessenen Konformitätsbewertung unterzogen werden.
(3) Damit die Konformität eines Produkts bewertet werden kann, muss es klassifiziert sein, es müssen Stellen benannt sein, die die Konformitätsbewertung durchführen, und die ordnungsgemäße Durchführung der in der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren muss überwacht werden.
(4) Eine Neuklassifizierung abweichend von den Klassifizierungsregeln in Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG ist angezeigt, wenn das Konformitätsbewertungsverfahren einer anderen Produktklasse besser geeignet ist, die für ein bestimmtes Produkt charakteristischen Mängel festzustellen.
(5) Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter sollten wegen der besonderen Komplexität der wiederherzustellenden Gelenkfunktion und der deswegen erhöhten Gefahr ihres Versagens von anderen vollständigen Gelenkersatzteilen unterschieden werden.
(6) Insbesondere sind Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter hochkomplexe und Last tragende Implantate, die mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit als bei anderen Gelenkersatzteilen eine Nachoperation erfordern.
(7) Schultergelenkimplantate existieren erst seit relativ kurzer Zeit. Da Schultergelenke ähnlichen dynamischen Beanspruchungen ausgesetzt sind wie Hüft- und Kniegelenke, ist ihr Ersatz grundsätzlich mit ernsthaften medizinischen Problemen verbunden.
(8) Außerdem erhalten in wachsendem Maße jüngere Menschen mit hoher verbleibender Lebenserwartung künstliche Hüft-, Knie- und Schultergelenke. Deshalb müssen solche Implantate möglichst während der gesamten Lebenszeit dieser Patienten einwandfrei funktionieren, und die Wahrscheinlichkeit von Nachoperationen mit ihren Risiken muss vermindert werden.
(9) Spezifische klinische Daten, u. a. Daten über das Lang-zeitverhalten, liegen für künstliche Hüft-, Knie- und Schultergelenke nicht immer vor, ehe sie in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden. Die klinischen Daten, die der Hersteller im Zuge des Konformitätsbewertungsverfahrens erfasst hat und aufgrund deren er festgestellt hat, dass sein Produkt in Auslegung, Herstellung und Leistung den Anforderungen von Anhang I Nummern 1 und 3 der Richtlinie 93/42/EWG entspricht, sollten sorgfältig auf ihre Aussagekraft geprüft werden.
(10) Vollständige Gelenkersatzteile können nach dem Inverkehrbringen und nach dem Beginn ihrer klinischen Verwendung zahlreiche Änderungen erfahren, wie an den auf dem Markt befindlichen künstlichen Hüft- und Kniegelenken ersichtlich ist. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass scheinbar unwesentliche Änderungen, die an bisher komplikationslos funktionierenden Gelenkersatzteilen vorgenommen werden, unerwartete ernsthafte Probleme zur Folge haben können, die zu frühzeitigem Versagen des Gelenks führen können und Anlass zu erheblichen Sicherheitsbedenken geben.
(11) Um bestmögliche Sicherheit zu erreichen und das Risiko konstruktionsbedingter Komplikationen zu minimieren, sollten die Auslegungsdokumentation künstlicher Hüft-, Knie- und Schultergelenke, die vom Hersteller zum Nachweis der angegebenen Leistungen vorgelegten klinischen Daten und die nach ihrem Inverkehrbringen vorgenommenen Änderungen ihrer Konstruktion und Herstellung von der benannten Stelle eingehend geprüft werden, ehe sie für die klinische Verwendung zugelassen werden.
(12) Die benannte Stelle sollte deshalb die Auslegungsdokumentation und die Änderungen an der genehmigten Auslegung nach Anhang II Nummer 4 der Richtlinie 93/42/EWG prüfen (Verfahren "Vollständiges Qualitätssicherungssystem").
(13) Aus den genannten Gründen ist eine Neueinstufung vollständiger Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter als Medizinprodukte der Klasse III erforderlich.
(14) Es ist eine ausreichende Übergangsfrist vorzusehen, während der vollständige Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die bereits nach dem in Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Verfahren "Vollständiges Qualitätssicherungssystem" als Medizinprodukte der Klasse IIb bewertet worden sind, zusätzlich nach Anhang II Nummer 4 bewertet werden können.
(15) Vollständige Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die bereits nach dem in Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Verfahren "EG-Baumusterprüfung" in Verbindung mit dem in Anhang IV beschriebenen Verfahren "EG-Prüfung" oder mit dem in Anhang V beschriebenen Verfahren "Qualitätssicherung Produktion" bewertet worden sind, sind von dieser Richtlinie nicht betroffen, da diese Konformitätsbewertungsverfahren für die Produktklassen IIb und III gleich sind.
(16) Es ist eine ausreichende Übergangsfrist vorzusehen, während der vollständige Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die bereits nach dem in Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Verfahren "EG-Baumusterprüfung" in Verbindung mit dem in Anhang VI beschriebenen Verfahren "Qualitätssicherung Produkt" bewertet worden sind, zusätzlich nach Anhang IV oder V der Richtlinie 93/42/EWG bewertet werden können.
(17) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für Medizinprodukte, der durch Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte 2, eingesetzt wurde
- hat folgende Richtlinie erlassen:
Abweichend von den Klassifizierungsregeln in Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG werden Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter als Medizinprodukte der Klasse III neu eingestuft.
Ein Gelenkersatzteil für Hüfte, Knie oder Schulter im Sinne dieser Richtlinie ist eine implantierbare Gesamtheit von Teilen, die dazu bestimmt sind, zusammen die Funktion des natürlichen Hüft-, Knie- oder Schultergelenks möglichst vollständig zu erfüllen. Zubehörteile wie Schrauben, Keile, Platten und Instrumente fallen nicht unter diese Definition.
(1) Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die vor dem 1. September 2007 einer Konformitätsbewertung nach Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/42/EWG unterzogen wurden, sind bis zum 1. September 2009 einer ergänzenden Konformitätsbewertung nach Anhang II Nummer 4 der Richtlinie 93/42/EWG zu unterziehen, nach der eine Auslegungsprüfbescheinigung ausgestellt wird. Einem Hersteller bleibt es jedoch unbenommen, die Konformitätsbewertung nach Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie 93/42/EWG zu beantragen.
(2) Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die vor dem 1. September 2007 einer Konformitätsbewertung nach Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe b Ziffer iii der Richtlinie 93/42/EWG unterzogen wurden, können bis 1. September 2010 zur Einstufung als Medizinprodukte der Klasse III einer Konformitätsbewertung nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i oder ii der Richtlinie 93/42/EWG unterzogen werden. Einem Hersteller bleibt es jedoch unbenommen, die Konformitätsbewertung nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 93/42/EWG zu beantragen.
(3) Die Mitgliedstaaten lassen bis zum 1. September 2009 das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Gelenkersatzteilen für Hüfte, Knie und Schulter zu, für die eine Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/42/EWG vor dem 1. September 2007 erlassen wurde.
(4) Die Mitgliedstaaten lassen bis zum 1. September 2010 das Inverkehrbringen von Gelenkersatzteilen für Hüfte, Knie und Schulter zu, für die eine Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe b Ziffer iii der Richtlinie 93/42/EWG vor dem 1. September 2007 erlassen wurde, und lassen deren Inbetriebnahme auch nach diesem Tag zu.
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie bis spätestens 1. März 2007 nachzukommen.
Wenn die Mitgliedstaaten solche Vorschriften erlassen, nehmen sie in diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
Die Mitgliedstaaten wenden diese Rechts- und Verwaltungsvorschriften ab dem 1. September 2007 an.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Vorschriften mit, die sie in dem von dieser Richtlinie geregelten Bereich erlassen.
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Brüssel, den 11. August 2005
1) ABl. Nr. L 169 vom 12.07.1993 S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. Nr. L 284 vom 31.10.2003 S. 1).
2) ABl. Nr. L 189 vom 20.07.1990 S. 17. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates.
ENDE