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Regelwerk, EU 2015, Lebensmittel/Arzneimittel
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Leitlinien 2015/C 95/01 vom 19. März 2015 zu den Grundsätzen der guten Vertriebspraxis für Wirkstoffe von Humanarzneimitteln

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. Nr. C 95 vom 21.03.2015 S. 1, ber. C 105 S. 16)



Hinweis: s.a. Leitlinien 2013/C 343/01

Einleitung

Diese Leitlinien beruhen auf Artikel 47 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG 1.

Sie beruhen auf denselben Grundsätzen, die den Eudra Lex-Leitlinien im Hinblick auf den Vertrieb von Wirkstoffen (Eudra Lex Band 4, Teil II, Kapitel 17) sowie den Leitlinien vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln 2 zugrunde liegen.

Die vorliegenden Leitlinien dienen als eigenständige Anleitung für eine gute Vertriebspraxis und richten sich an Importeure und Vertreiber von Wirkstoffen für Humanarzneimittel. Sie ergänzen die Bestimmungen über den Vertrieb in den Eudra Lex-Leitlinien (Band 4, Teil II) und gelten ebenfalls für Vertreiber, die selbst hergestellte Wirkstoffe vertreiben.

Auf alle Herstellungsvorgänge in Verbindung mit Wirkstoffen, darunter Umverpackung, Neuetikettierung und Aufteilung, finden die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1252/2014 der Kommission 3 und die Eudra Lex-Leitlinien (Band 4, Teil II) Anwendung.

Für die Einfuhr von Wirkstoffen gelten zusätzliche Anforderungen gemäß Artikel 46b der Richtlinie 2001/83/EG.

Die Vertreiber von Wirkstoffen für Humanarzneimittel sollten diese Leitlinien ab dem 21. September 2015 befolgen.

Kapitel 1
Anwendungsbereich

1.1. Die vorliegenden Leitlinien gelten für den Vertrieb von Wirkstoffen im Sinne des Artikels 1 Buchstabe 3a der Richtlinie 2001/83/EG, die für Humanarzneimittel bestimmt sind. Gemäß dieser Bestimmung ist ein Wirkstoff definiert als jeder Stoff oder jedes Gemisch von Stoffen, der bzw. das bei der Herstellung eines Arzneimittels verwendet werden soll und im Fall der Verwendung bei seiner Herstellung zu einem Wirkstoff dieses Arzneimittels wird, das eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben soll, um physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder eine medizinische Diagnose erstellen soll.

1.2. Für die Zwecke der vorliegenden Leitlinien umfasst der Vertrieb von Wirkstoffen jede Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Einfuhr, der Lagerung, der Lieferung oder der Ausfuhr von Wirkstoffen besteht, mit Ausnahme der Vermittlung.

1.3. Die Leitlinien gelten nicht für Zwischenprodukte von Wirkstoffen.

Kapitel 2
Qualitätssystem

2.1. Die Vertreiber von Wirkstoffen sollten ein Qualitätssystem errichten und unterhalten, in dem die Zuständigkeiten, die Verfahren und die Grundsätze des Risikomanagements dargelegt sind. Beispiele für die Verfahren und Anwendungen des Qualitätsrisikomanagements können den Eudra Lex-Leitlinien (Band 4, Teil III: GMP related documents, ICH guideline Q9 on quality risk management (ICH Q9)) entnommen werden.

2.2. Das Qualitätssystem sollte ausreichend mit fachkundigem Personal sowie geeigneten und ausreichenden Räumlichkeiten, Ausrüstungen und Einrichtungen ausgestattet sein. Es sollte Folgendes gewährleisten:

  1. Die Wirkstoffe werden in Übereinstimmung mit den Anforderungen der guten Vertriebspraxis für Wirkstoffe beschafft, eingeführt, gelagert, geliefert und ausgeführt;
  2. die Zuständigkeiten der Geschäftsführung sind klar definiert;
  3. die Wirkstoffe werden innerhalb einer zufriedenstellenden Frist an die richtigen Empfänger geliefert;
  4. Aufzeichnungen werden zeitnah erstellt;
  5. Abweichungen von den festgelegten Verfahren werden dokumentiert und untersucht;
  6. es werden geeignete Korrektur- bzw. Vorbeugemaßnahmen (Corrective and Preventive Measures - "CAPA") zur Korrektur bzw. Verhinderung von Abweichungen gemäß den Grundsätzen des Qualitätsrisikomanagements ergriffen;
  7. Veränderungen, die Lagerung und Vertrieb von Wirkstoffen beeinflussen könnten, werden bewertet.

2.3. Bei der Errichtung bzw. Änderung des Qualitätssystems sollten Umfang, Struktur und Komplexität der Tätigkeiten des Vertreibers berücksichtigt werden.

Kapitel 3
Personal

3.1. Der Vertreiber sollte an jedem Standort, an dem Vertriebstätigkeiten ausgeführt werden, eine Person benennen, die mit einer definierten Weisungsbefugnis ausgestattet ist und die Verantwortung für Errichtung und Aufrechterhaltung des Qualitätssystems trägt. Die benannte Person sollte ihre Verantwortung persönlich wahrnehmen. Sie kann bestimmte Aufgaben delegieren, nicht aber ihre Verantwortung.

3.2. Die Zuständigkeiten aller Personalangehörigen, die mit dem Vertrieb von Wirkstoffen befasst sind, sollten schriftlich festgehalten werden. Das Personal sollte hinsichtlich der Anforderungen der guten Vertriebspraxis für Wirkstoffe geschult werden. Es sollte über die erforderliche Kompetenz und Erfahrung verfügen, damit ein fachgerechter Umgang mit den Wirkstoffen sowie ihre fachgerechte Lagerung und ihr fachgerechter Vertrieb gewährleistet sind.

3.3. Das Personal sollte speziell für seine Aufgabe geschult und danach kontinuierlich weitergebildet werden; Grundlage hierfür sollten schriftlich niedergelegte Verfahren und ein schriftlich festgelegtes Schulungsprogramm sein.

3.4. Über alle Schulungen sollten Aufzeichnungen geführt werden, und ihr Erfolg sollte regelmäßig bewertet und dokumentiert werden.

Kapitel 4
Dokumentation

4.1. Die Dokumentation umfasst alle schriftlich niedergelegten Verfahren, Anweisungen, Verträge, Berichte und Daten auf Papier oder in elektronischer Form. Die Dokumentation sollte leicht zugänglich oder abrufbar sein. Alle Unterlagen betreffend die Befolgung der vorliegenden Leitlinien durch den Vertreiber sollten den zuständigen Behörden auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

4.2. Der Tätigkeitsbereich des Vertreibers sollte umfassend dokumentiert sein, und zwar in einer für das Personal verständlichen Sprache. Die Dokumentation sollte klar und eindeutig formuliert sowie fehlerfrei sein.

4.3. Jede Änderung an der Dokumentation sollte mit Unterschrift und Datum versehen werden; die Originalfassung sollte trotz der Änderung weiterhin erkennbar bleiben. Erforderlichenfalls sollte der Grund der Änderung festgehalten werden.

4.4. Jeder Angestellte sollte direkten Zugang zu allen für seine Aufgaben erforderlichen Unterlagen haben.

Verfahren

4.5. Die Vertriebstätigkeiten, die die Qualität der Wirkstoffe beeinflussen, sollten in Form schriftlicher Verfahren niedergelegt werden. Diese könnten Folgendes umfassen: Entgegennahme und Kontrolle von Lieferungen, Lagerung, Reinigung und Instandhaltung der Räumlichkeiten (einschließlich Schädlingsbekämpfung), Aufzeichnung der Lagerbedingungen, Sicherheit der Lagerbestände vor Ort sowie von Durchfuhrsendungen, Entfernung aus dem verkaufsfähigen Bestand, Umgang mit zurückgegebenen Waren, Rückrufpläne usw.

4.6. Die Verfahren sollten von der für das Qualitätssystem verantwortlichen Person genehmigt und mit Unterschrift und Datum versehen werden.

4.7. Es sollte darauf geachtet werden, dass nur gültige und genehmigte Verfahren angewendet werden. Die Unterlagen sollten regelmäßig überprüft und stets auf dem neuesten Stand gehalten werden. Es sollte eine Versionskontrolle in Bezug auf die Verfahren stattfinden. Es sollte mit einem System sichergestellt werden, dass nach der Überarbeitung eines Dokuments nicht aus Versehen die alte Version verwendet werden kann. Nicht mehr gültige oder überholte Verfahren sollten von den Rechnern entfernt und archiviert werden.

Aufzeichnungen

4.8. Die Aufzeichnungen sollten klar formuliert sein, zum Zeitpunkt des betreffenden Vorgangs gemacht werden und so beschaffen sein, dass sich alle wichtigen Tätigkeiten und Vorkommnisse nachverfolgen lassen. Die Aufzeichnungen sollten mindestens ein Jahr über das Verfallsdatum der Wirkstoffcharge hinaus aufbewahrt werden, auf die sie sich beziehen. Bei Wirkstoffen mit Wiederholungsprüfungsdatum sollten die Aufzeichnungen nach dem vollständigen Vertrieb einer Charge mindestens drei Jahre lang aufbewahrt werden.

4.9. Es sollten Aufzeichnungen über jeden Ein- und Verkauf geführt werden, aus denen Folgendes hervorgeht: Datum des Kaufs bzw. der Lieferung, Name des Wirkstoffs, Chargennummer und Menge des erhaltenen bzw. gelieferten Wirkstoffs, Name und Anschrift des Lieferanten sowie des ursprünglichen Herstellers, falls nicht identisch, bzw. des Transportagenten und/oder des Empfängers. Die Aufzeichnungen sollten gewährleisten, dass sich Herkunft und Bestimmungsort der Produkte nachverfolgen lassen, damit alle Lieferanten von Wirkstoffen bzw. alle mit Wirkstoffen Belieferten ermittelt werden können. Aufbewahrt und bereitgehalten werden sollten u. a. Aufzeichnungen über Folgendes:

  1. Identität des Lieferanten, des ursprünglichen Herstellers, des Transportagenten und/oder des Empfängers;
  2. Anschrift des Lieferanten, des ursprünglichen Herstellers, des Transportagenten und/oder des Empfängers;
  3. Bestellungsaufträge;
  4. Frachtbriefe, Transport- und Vertriebsaufzeichnungen;
  5. Empfangsdokumente;
  6. Name oder Bezeichnung des Wirkstoffs;
  7. Chargennummer des Herstellers;
  8. Analysenzertifikate, einschließlich der des ursprünglichen Herstellers;
  9. Wiederholungsprüfungs- oder Verfallsdatum.

Kapitel 5
Räumlichkeiten und Ausrüstung

5.1. Räumlichkeiten und Ausrüstung sollten geeignet und angemessen sein, um eine ordnungsgemäße Lagerung, einen ordnungsgemäßen Schutz vor Kontamination, z.B. bei Betäubungsmitteln, stark allergisierenden Materialien, Materialien mit hoher pharmakologischer Aktivität oder Toxizität, und einen ordnungsgemäßen Vertrieb von Wirkstoffen zu gewährleisten. Sie sollten ausreichend sicher sein, sodass ein unbefugter Zugang ausgeschlossen ist. Überwachungsgeräte, die benötigt werden, um die Qualitätsmerkmale des Wirkstoffs zu gewährleisten, sollten anhand eines festgelegten Plans gemäß zertifizierter, rückverfolgbarer Standards kalibriert werden.

Kapitel 6
Vorgänge

Bestellungen

6.1. Werden Wirkstoffe von einem Hersteller, Importeur oder Vertreiber beschafft, der in der EU niedergelassen ist, so sollte dieser Hersteller, Importeur oder Vertreiber gemäß Artikel 52a der Richtlinie 2001/83/EG registriert sein.

Entgegennahme

6.2. Die Warenannahmestelle sollte so gestaltet sein, dass Lieferungen während des Entladens vor der Witterung geschützt sind. Warenannahme und Lagerbereich sollten voneinander getrennt sein. Die Lieferungen sollten bei Annahme daraufhin überprüft werden,

  1. dass die Behälter unbeschädigt sind;
  2. dass alle Siegel vorhanden und unbeschädigt sind;
  3. dass sie korrekt gekennzeichnet sind, u. a., dass die vom Lieferanten verwendete Bezeichnung einer etwaigen abweichenden internen Bezeichnung entspricht;
  4. dass die benötigten Unterlagen, wie das Analysenzertifikat, beiliegen; und
  5. dass Wirkstoff und Sendung der Bestellung entsprechen.

6.3. Wirkstoffe mit zerstörter Versiegelung oder beschädigter Verpackung oder bei denen eine Kontamination vermutet wird, sollten entweder physisch oder mithilfe eines gleichwertigen elektronischen Systems unter Quarantäne gestellt werden, und es sollte die Ursache ermittelt werden.

6.4. Wirkstoffe, für die bestimmte Lagerbedingungen gelten, z.B. Betäubungsmittel und Produkte, die eine bestimmte Lagertemperatur oder Feuchtigkeit benötigen, sollten unverzüglich identifiziert und gemäß den schriftlichen Anweisungen und den einschlägigen Rechtsvorschriften eingelagert werden.

6.5. Vermutet der Vertreiber, dass es sich bei einem von ihm beschafften oder eingeführten Wirkstoff um eine Fälschung handelt, sollte er ihn entweder physisch oder mithilfe eines gleichwertigen elektronischen Systems absondern und die zuständigen nationalen Behörden des Landes verständigen, in dem er registriert ist.

6.6. Zurückgewiesene Materialien sollten im Rahmen eines Quarantänesystems, das eine unbefugte Verwendung bei der Herstellung und ihren weiteren Vertrieb verhindert, identifiziert und kontrolliert werden. Aufzeichnungen über Vernichtungsvorgänge sollten leicht verfügbar sein.

Lagerung

6.7. Wirkstoffe sollten unter den vom Hersteller angegebenen Bedingungen gelagert werden, d. h., wo nötig, bei kontrollierter Temperatur oder Feuchtigkeit, und so, dass es nicht zu einer Kontamination und/oder Verwechslung kommen kann. Die Lagerbedingungen sollten überwacht und es sollten Aufzeichnungen darüber geführt werden. Die Aufzeichnungen sollten regelmäßig von der für das Qualitätssystem verantwortlichen Person überprüft werden.

6.8. Sind besondere Lagerbedingungen erforderlich, sollte der Lagerbereich entsprechend eingestuft und im Rahmen der spezifizierten Bedingungen betrieben werden.

6.9. Die Lagerräume sollten sauber und frei von Müll, Staub und Schädlingen sein. Es sollten angemessene Vorkehrungen gegen Auslaufen oder Zerbrechen, Befall durch Mikroorganismen und Kreuzkontamination getroffen werden.

6.10. Es sollte ein System geben, mit dem eine Bestandsrotation gewährleistet wird (d. h., die Waren, deren Verfallsdatum oder Wiederholungsprüfungsdatum zuerst erreicht wird, verlassen das Lager zuerst) und dessen einwandfreies Funktionieren durch regelmäßige und häufige Überprüfungen festgestellt wird. Elektronische Lagerverwaltungssysteme sollten validiert werden.

6.11. Wirkstoffe, deren Verfallsdatum überschritten ist, sollten entweder physisch oder mithilfe eines gleichwertigen elektronischen Systems aus dem genehmigten Bestand entfernt und nicht ausgeliefert werden.

6.12. Werden Lagerung oder Transport eines Wirkstoffs untervergeben, sollte der Vertreiber sicherstellen, dass der Auftragnehmer die geeigneten Lager- und Transportbedingungen einhält. Zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer muss ein schriftlicher Vertrag geschlossen werden, in dem die Pflichten jeder Partei klar festgelegt sind. Der Auftragnehmer sollte die ihm im Rahmen des Vertrags übertragenen Aufgaben nicht ohne schriftliche Genehmigung des Auftraggebers an Dritte weitervergeben.

Lieferung an Kunden

6.13. Lieferungen innerhalb der EU sollten nur von gemäß Artikel 52a der Richtlinie 2001/83/EG registrierten Wirkstoffvertreibern an andere Vertreiber, Hersteller oder öffentliche Apotheken erfolgen.

6.14. Wirkstoffe sollten unter den vom Hersteller angegebenen Bedingungen und so transportiert werden, dass ihre Qualität nicht beeinträchtigt wird. Die Identität des Produkts, der Charge und des Behälters sollte zu jedem Zeitpunkt erhalten bleiben. Alle Originaletiketten des Behälters sollten lesbar bleiben.

6.15. Es sollte ein System vorhanden sein, mit dem der Vertrieb jeder Wirkstoffcharge jederzeit nachvollzogen werden kann, um einen Rückruf zu ermöglichen.

Weitergabe von Informationen

6.16. Jede Information oder jedes Vorkommnis, von der/dem der Vertreiber Kenntnis erhält und die bzw. das möglicherweise eine Unterbrechung der Versorgung bewirken könnte, sollte relevanten Kunden mitgeteilt werden.

6.17. Die Vertreiber sollten alle qualitätsbezogenen oder rechtlichen Informationen, die sie von einem Wirkstoffhersteller erhalten, an den Kunden weitergeben und umgekehrt solche Informationen, die sie vom Kunden erhalten, an den Hersteller weitergeben.

6.18. Der Vertreiber, der den Wirkstoff an den Kunden liefert, sollte Namen und Anschrift des ursprünglichen Wirkstoffherstellers sowie die Chargennummer(n) zur Verfügung stellen. Dem Kunden sollte eine Kopie des ursprünglichen Analysenzertifikats des Herstellers zur Verfügung gestellt werden.

6.19. Der Vertreiber sollte außerdem den zuständigen Behörden auf Anfrage die Identität des ursprünglichen Wirkstoffherstellers mitteilen. Der ursprüngliche Hersteller kann den zuständigen Behörden entweder direkt oder über seine Bevollmächtigten antworten (in diesem Zusammenhang bedeutet "bevollmächtigt": "durch den Hersteller bevollmächtigt").

6.20. Die besondere Anleitung für Analysenzertifikate findet sich in den Eudra Lex-Leitlinien (Band 4, Teil II, Abschnitt 11.4).

Kapitel 7
Rückgaben, Beschwerden und Rückrufe

Rückgaben

7.1. Wirkstoffe, die zurückgegeben werden, sollten als solche ausgewiesen und unter Quarantäne gestellt werden, bis Untersuchungen durchgeführt wurden.

7.2. Wirkstoffe, die die Verfügungsgewalt des Vertreibers verlassen haben, sollten nur dann wieder in den genehmigten Bestand aufgenommen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Wirkstoff befindet sich in dem/den ungeöffneten Originalbehälter(n), alle ursprünglichen Sicherheitssiegel sind vorhanden, und er ist in gutem Zustand;
  2. es ist nachgewiesen, dass der Wirkstoff unter geeigneten Bedingungen gelagert und angemessen behandelt wurde. Für diesen Zweck sollten schriftliche Angaben seitens des Kunden verfügbar sein;
  3. die verbleibende Haltbarkeitsdauer ist akzeptabel;
  4. der Wirkstoff wurde von einer geschulten und entsprechend befugten Person untersucht und bewertet;
  5. es gab keinen Informationsverlust bzw. keine Lücken bei der Rückverfolgbarkeit.

Bei dieser Bewertung sollten die Natur des Wirkstoffs, eventuell erforderliche besondere Lagerbedingungen und die seit der Lieferung verstrichene Zeit berücksichtigt werden. Bei Bedarf oder bei Zweifeln an der Qualität des zurückgegebenen Wirkstoffs sollte der Hersteller zurate gezogen werden.

7.3. Es sollten Aufzeichnungen über zurückgegebene Wirkstoffe geführt werden. Die Dokumentation sollte bei jeder Rückgabe Folgendes beinhalten:

  1. Name und Anschrift des Empfängers, der den Wirkstoff zurückgibt;
  2. Name oder Bezeichnung des Wirkstoffs, Chargennummer und Menge des zurückgegebenen Wirkstoffs;
  3. Grund der Rückgabe;
  4. Verwendung oder Entsorgung des zurückgegebenen Wirkstoffs und Aufzeichnungen über die Bewertung.

7.4. Nur angemessen geschultes und befugtes Personal sollte Wirkstoffe zur Wiederaufnahme in den Bestand freigeben. Wirkstoffe, die wieder in den verkaufsfähigen Bestand aufgenommen wurden, sollten so eingeordnet werden, dass sie sich wirksam in die Bestandsrotation einfügen.

Beschwerden und Rückrufe

7.5. Alle Beschwerden, ob sie in mündlicher oder schriftlicher Form eingehen, sollten gemäß einem schriftlichen Verfahren dokumentiert und untersucht werden. Beschwerden über die Qualität eines Wirkstoffs sollte der Vertreiber zusammen mit dem ursprünglichen Wirkstoffhersteller prüfen, um festzustellen, ob weitere Maßnahmen - entweder in Bezug auf andere Kunden, die den Wirkstoff erhalten haben könnten, oder mit der zuständigen Behörde oder mit beiden - veranlasst werden sollten. Die Untersuchung der Beschwerdeursache sollte von der geeigneten Partei durchgeführt und dokumentiert werden.

7.6. Aufzeichnungen über Beschwerden sollten Folgendes umfassen:

  1. Name und Anschrift des Beschwerdeführers;
  2. Name (und ggf. Titel) und Telefonnummer der Person, die die Beschwerde einreicht;
  3. Art der Beschwerde (einschließlich Name und Chargennummer des Wirkstoffs);
  4. Eingangsdatum der Beschwerde;
  5. zunächst ergriffene Maßnahmen (einschließlich Daten und Nennung der Person, die die Maßnahmen ergriffen hat);
  6. eventuell ergriffene Folgemaßnahmen;
  7. an den Beschwerdeführer übermittelte Antwort (einschließlich Absendedatum);
  8. die abschließende Entscheidung über die Wirkstoffcharge.

7.7. Die Aufzeichnungen zu Beschwerden sollten aufbewahrt werden, damit Trends, produktbezogene Häufigkeit und Schwere der Beanstandung bewertet und zusätzliche sowie erforderlichenfalls sofortige Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können. Diese Aufzeichnungen sollten den zuständigen Behörden im Rahmen von Inspektionen zugänglich gemacht werden.

7.8. Wird eine Beschwerde an den ursprünglichen Wirkstoffhersteller weiterverwiesen, sollten die Aufzeichnungen des Vertreibers auch etwaige Antworten des ursprünglichen Wirkstoffherstellers enthalten, einschließlich Datum und bereitgestellter Informationen.

7.9. Im Falle einer schwerwiegenden oder möglicherweise lebensbedrohlichen Situation, sollten die lokalen, nationalen und/oder internationalen Behörden informiert und zurate gezogen werden.

7.10. Im Rahmen eines schriftlichen Verfahrens sollten die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen der Rückruf eines Wirkstoffs in Betracht zu ziehen ist.

7.11. Im Rückrufverfahren sollte dargelegt werden, wer an der Bewertung der Informationen beteiligt sein sollte, wie ein Rückruf in die Wege geleitet werden sollte, wer über einen Rückruf informiert werden sollte und wie das zurückgerufene Material behandelt werden sollte. Die verantwortliche Person (vgl. Abschnitt 3.1) sollte in das Rückrufverfahren einbezogen werden.

Kapitel 8
Selbstinspektionen

8.1. Die Vertreiber sollten Selbstinspektionen durchführen und Aufzeichnungen darüber führen, um die Durchführung und Einhaltung dieser Leitlinien zu überwachen. Diese regelmäßigen Selbstinspektionen sollten gemäß einem genehmigten Zeitplan durchgeführt werden.

1) Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 311 vom 28.11.2001 S. 67).

2) ABl. C 343 vom 23.11.2013 S. 1.

3) Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1252/2014 der Kommission vom 28. Mai 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Grundsätze und Leitlinien der guten Herstellungspraxis für Wirkstoffe für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 337 vom 25.11.2014 S. 1).

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Glossar der in diesen Leitlinien verwendeten BegriffeAnhang


BegriffBegriffsbestimmung
ChargeEine bestimmte Materialmenge, die so in einem Prozess oder einer Reihe von Prozessen hergestellt wird, dass man von ihrer Homogenität innerhalb spezifizierter Grenzen ausgehen kann. Bei kontinuierlicher Produktion kann eine Charge ein definierter Bruchteil der Produktion sein. Die Chargengröße kann entweder als feste Menge oder als die in einem festgelegten Zeitraum produzierte Menge definiert werden.
ChargennummerEine eindeutige Kombination von Zahlen, Buchstaben und/oder Symbolen, die eine Charge (oder Partie) kennzeichnet und mithilfe derer die Produktions- und Vertriebshistorie ermittelt werden kann.
Vermittlung von WirkstoffenJede Tätigkeit im Zusammenhang mit dem An- oder Verkauf von Wirkstoffen, die nicht mit physischem Umgang verbunden ist und die darin besteht, unabhängig und im Namen einer anderen juristischen oder natürlichen Person zu verhandeln.
KalibrierungDer Nachweis, dass ein bestimmtes Instrument oder Gerät im Vergleich mit Ergebnissen, die mit einem Referenzstandard oder rückverfolgbaren Standard über eine angemessene Reihe von Messungen erhalten wurden, Ergebnisse innerhalb spezifizierter Grenzen hervorbringt.
EmpfängerPerson, der die Lieferung auf dem Land-, See- oder Luftweg zugestellt wird.
KontaminationDas unerwünschte Einbringen von Verunreinigungen chemischer oder mikrobiologischer Natur oder von Fremdstoffen in oder auf Rohmaterialien, Zwischenprodukten oder Wirkstoffen während der Produktion, Probenahme, Verpackung oder Umverpackung, Lagerung oder des Transports.
Vertrieb von WirkstoffenJede Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Einfuhr, Lagerung, der Lieferung oder der Ausfuhr von Wirkstoffen besteht, mit Ausnahme der Vermittlung.
AbweichungEine Abweichung von einer genehmigten Anweisung oder einem festgelegten Standard.
VerfallsdatumDas auf dem Behälter/den Etiketten eines Wirkstoffs angegebene Datum, das die Zeit angibt, während der der Wirkstoff innerhalb der festgelegten Laufzeitspezifikationen bleiben sollte, wenn er unter definierten Bedingungen gelagert wird, und nach dem er nicht mehr verwendet werden sollte.
WirkstofffälschungJeder Wirkstoff, bei dem Folgendes gefälscht wurde:
  1. seine Identität, einschließlich seiner Verpackung und Kennzeichnung, seines Namens oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf jegliche Inhaltsstoffe und den Gehalt dieser Inhaltsstoffe;
  2. seine Herkunft, einschließlich Hersteller, Herstellungsland und Herkunftsland; oder
  3. seine Herkunft, einschließlich der Aufzeichnungen und Dokumente in Zusammenhang mit den genutzten Vertriebswegen.
LagerungAufbewahrung von Wirkstoffen.
VerfahrenEine dokumentierte Beschreibung der durchzuführenden Operationen, der zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen und der zu ergreifenden Maßnahmen, die direkt oder indirekt im Zusammenhang mit dem Vertrieb eines Wirkstoffs stehen.
BeschaffungDas Erlangen und Beziehen, der Erwerb oder Kauf von Wirkstoffen von Herstellern, Importeuren oder anderen Vertreibern.
QualitätsrisikomanagementEin systematisches Verfahren für die Bewertung, Kontrolle, Überprüfung und Mitteilung von Risiken in Bezug auf die Qualität des Wirkstoffs über den gesamten Lebenszyklus des Produkts hinweg.
QualitätssystemDie Summe aller Teile eines Systems zur Umsetzung der Qualitätspolitik eines Unternehmens und Gewährleistung des Erreichens der Qualitätsziele (ICH Q9).
QuarantäneDer Status von physisch oder durch andere effektive Mittel isolierten Materialien, bis eine Entscheidung über ihre spätere Genehmigung oder Zurückweisung getroffen worden ist.
WiederholungsprüfungsdatumDatum, an dem das Material erneut geprüft werden sollte, um sicherzustellen, dass es weiterhin für den Gebrauch geeignet ist.
LieferungJede Tätigkeit der Bereitstellung, des Verkaufs oder der Schenkung von Wirkstoffen an Vertreiber, Apotheker oder Hersteller von Arzneimitteln.
Unterschrieben (Unterschrift)Abzeichnung der Person, die eine bestimmte Maßnahme oder eine bestimmte Überprüfung vorgenommen hat. Dieses Sich-Ausweisen kann in Initialen, einer vollständigen handschriftlichen Unterschrift, einem persönlichen Siegel oder einer authentifizierten und sicheren elektronischen Unterschrift bestehen.
TransportDas Verbringen von Wirkstoffen von einem Ort an einen anderen, ohne dass sie unterwegs für ungerechtfertigte Zeiträume zwischengelagert werden.
ValidierungEin dokumentiertes Programm, das ein hohes Maß an Gewissheit bietet, dass ein bestimmter Prozess, eine bestimmte Methode oder ein bestimmtes System beständig Ergebnisse hervorbringt, die im Voraus festgelegte Akzeptanzkriterien erfüllen.


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