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Regelwerk, EU 2023, Chemikalien - EU Bund

Delegierte Verordnung (EU) 2023/707 der Kommission vom 19. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in Bezug auf die Gefahrenklassen und die Kriterien für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. L 93 vom 31.03.2023 S. 7)



Die Europäische Kommission -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 1, insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Anhang I Teile 2 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 enthält harmonisierte Kriterien für die Einstufung von Stoffen, Gemischen und bestimmten Erzeugnissen in Gefahrenklassen und in Differenzierungen dieser Gefahrenklassen sowie Vorschriften zur Anwendung der Kriterien und die entsprechenden Kennzeichnungsvorschriften. Anhang I Teil 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 enthält Kriterien für Gesundheitsgefahren und Teil 4 desselben Anhangs enthält Kriterien für Umweltgefahren.

(2) Der europäische Grüne Deal 2 enthält das Ziel, im Rahmen eines ambitionierten Ansatzes zur Verringerung der Umweltverschmutzung aus allen Quellen und zum Übergang auf eine schadstofffreie Umwelt die Gesundheit des Menschen und die Umwelt besser zu schützen.

(3) Die Notwendigkeit, eine rechtsverbindlichen Gefahrenkennzeichnung für endokrine Disruptoren auf der Grundlage der Begriffsbestimmung der Weltgesundheitsorganisation von 2002 3 einzuführen, die auf bereits für Pflanzenschutzmittel 4 und Biozide 5 erarbeiteten Kriterien aufbaut und für alle Rechtsvorschriften der Union gilt, wird in der Mitteilung der Kommission "Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit - für eine schadstofffreie Umwelt 6 " hervorgehoben. In der Mitteilung wird außerdem darauf hingewiesen, dass in die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 neue Gefahrenklassen und -kriterien zur umfassenden Berücksichtigung von Umwelttoxizität, -persistenz, -mobilität und -bioakkumulation aufzunehmen sind.

(4) Die Kommission hat zur Einfügung neuer Gefahrenklassen und Kriterien in die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 eine Folgenabschätzung durchgeführt, die sowohl eine offene öffentliche Konsultation als auch eine Konsultation der Interessenträger beinhaltete. Die Kommission hat außerdem die Sachverständigengruppe für persistente, bioakkumulierbare und toxische Chemikalien der Europäischen Chemikalienagentur, die für REACH und CLP zuständigen Behörden (CARACAL) sowie die CARACAL-Untergruppe "endokrine Disruptoren" zu den neuen Gefahrenklassen und den neuen Kriterien für die Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen konsultiert und ihren wissenschaftlichen Rat berücksichtigt.

(5) In Anbetracht der Erfahrungen und der zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, die bei der Identifizierung von Stoffen, die aufgrund ihrer endokrinschädlichen Eigenschaften als besonders besorgniserregende Stoffe auszuweisen sind, sowie bei der Identifizierung von Stoffen als PBT-Stoffe (persistent, bioakkumulierbar, toxisch), vPvB-Stoffe (sehr persistent, sehr bioakkumulierbar), PMT-Stoffe (persistent, mobil, toxisch) und vPvM-Stoffe (sehr persistent, sehr mobil) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates 7 gewonnen wurden, ist es erforderlich, die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 durch Einführung neuer Gefahrenklassen und Kriterien an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt anzupassen. Die wissenschaftlichen Kriterien, anhand derer die vorliegenden Erkenntnisse zur Einstufung in diese Gefahrenklassen zu bewerten sind, sollten dem neuesten Stand der Wissenschaft entsprechen.

(6) Stoffe und Gemische mit endokrinschädlichen Eigenschaften gefährden die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Es ist erwiesen, dass endokrine Disruption beim Menschen Störungen verursachen kann, darunter Geburtsschäden, Entwicklungsstörungen, Fortpflanzungsstörungen, neurologische Entwicklungsstörungen, Krebs, Diabetes und Fettleibigkeit, und dass diese Störungen sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen weitverbreitet sind und immer häufiger vorkommen. Es wurde nachgewiesen, dass endokrinschädliche Eigenschaften negative Auswirkungen auf Tierpopulationen haben können.

(7) Die Erfahrungen haben gezeigt, dass Stoffe und Gemische mit PBT- oder vPvB-Eigenschaften besonders besorgniserregend sind. Sie sind in der Umwelt biologisch nicht leicht abbaubar und sammeln sich in lebenden Organismen der gesamten Nahrungskette an. Die Akkumulation dieser Stoffe in der Umwelt ist schwer umkehrbar, weil sich ihre Konzentration in der Umwelt durch Reduzierung der Emissionen nicht ohne Weiteres verringert und eine langfristige Prognose der Wirkungen dieser Akkumulation oft schwierig ist. Hinzu kommt, dass bestimmte PBT- und vPvB-Stoffe bei weiträumigem Transport in der Lage sind, entfernte naturbelassene Gebiete zu kontaminieren. Sind diese Stoffe erst einmal in die Umwelt freigesetzt, kann die Exposition gegenüber diesen Stoffen nur schwer rückgängig gemacht werden, sodass sowohl Tiere als auch Menschen durch ihre Umgebung einer kumulativen Exposition ausgesetzt sind.

(8) PMT- und vPvM-Stoffe sind eine Gefahr, denn ihre hohe Persistenz bewirkt in Verbindung mit ihrer hohen Mobilität, die auf ihr niedriges Adsorptionspotenzial zurückzuführen ist, dass sie in den Wasserzyklus einschließlich des Trinkwassers eindringen und sich über große Entfernungen ausbreiten können. Viele PMT- und vPvM-Stoffe werden während der Abwasserbehandlung nur partiell herausgefiltert, und sie können selbst den fortschrittlichsten Reinigungsprozessen in Trinkwasserbehandlungsanlagen widerstehen. Diese unvollständige Entfernung in Verbindung mit neuen Emissionen bewirkt, dass die Konzentration der betreffenden PMT- und vPvM-Stoffe in der Umgebung mit der Zeit steigt. Sind sie erst einmal in die Umwelt freigesetzt, kann die Exposition gegenüber PMT- und vPvM-Stoffen nur schwer rückgängig gemacht werden, sodass sowohl Tiere als auch Menschen durch ihre Umgebung einer kumulativen Exposition ausgesetzt sind. Die langfristigen Auswirkungen dieser Exposition sind unvorhersehbar.

(9) In Anbetracht der zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen bei der Identifizierung von endokrinen Disruptoren mit Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt und von PBT-, vPvB-, PMT- und vPvM-Stoffen und -Gemischen ist es angezeigt, Gefahrenklassen und Kennzeichnungsvorschriften für diese Stoffe und Gemische einzuführen und die entsprechenden wissenschaftlichen Kriterien zu ihrer Identifizierung festzulegen.

(10) Der Evidenzgrad in Bezug auf die endokrinschädlichen Eigenschaften ist möglicherweise von unterschiedlicher wissenschaftlicher Aussagekraft. Deshalb sollten zwei Kategorien von endokrinen Disruptoren festgelegt werden: bekannte oder vermeintliche endokrine Disruptoren (Kategorie 1) und Stoffe, die in dem Verdacht stehen, endokrine Disruptoren zu sein (Kategorie 2), jeweils mit Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt.

(11) Bei der Ausarbeitung von Leitlinien zur Anwendung der Kriterien für endokrine Disruptoren kann die Europäische Chemikalienagentur von ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Rechtsvorschriften über Pflanzenschutzmittel und Biozide sowie weiteren wissenschaftlichen Begründungen profitieren, wenn sie in diesen Leitlinien klarstellt, welche Wirkungen, die nicht mit chronischen Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt verbunden sind, außerhalb der Definition für "schädliche Wirkungen" liegen könnten.

(12) Die intrinsischen Eigenschaften von PBT- und vPvB-Stoffen und -Gemischen weisen Ähnlichkeiten auf, aber es gibt wesentliche Unterschiede hinsichtlich des Toxizitätskriteriums. Deshalb sollte eine neue Gefahrenklasse mit Differenzierung festgelegt werden, jedoch mit gemeinsamen Vorschriften zur wissenschaftlichen Bewertung der intrinsischen Eigenschaften in Bezug auf Persistenz und Bioakkumulation.

(13) Die intrinsischen Eigenschaften von PMT- und vPvM-Stoffen und -Gemischen weisen Ähnlichkeiten auf, aber es gibt wesentliche Unterschiede hinsichtlich des Toxizitätskriteriums. Deshalb sollte eine neue Gefahrenklasse mit Differenzierung festgelegt werden, jedoch mit gemeinsamen Vorschriften zur wissenschaftlichen Bewertung der intrinsischen Eigenschaften in Bezug auf Persistenz und Mobilität.

(14) Um eine angemessene Einstufung von Stoffen und Gemischen als PBT- und vPvB-Stoffe bzw. -Gemische zu ermöglichen, ob diese nun gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 registriert wurden oder nicht, sollten die geltenden Kriterien für die Identifizierung von PBT- und vPvB-Stoffen aus Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 in die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 übernommen werden. Diesbezüglich wäre die Einführung von Gefahrenkategorien für PBT und vPvB in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in Anbetracht der erheblichen wissenschaftlichen Aussagekraft von Nachweisen, die erforderlich sind, um die PBT- und vPvB-Kriterien zu erfüllen, und die den bisher in Anhang XIII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 festgelegten Nachweisen entsprechen, nicht angemessen. Hinzu kommt, dass die im selben Anhang dargelegten Angaben zum Screening zur Beurteilung von P-, vP-, B-, vB- und T-Eigenschaften einem anderen Zweck dienen als der Identifizierung und Einstufung von Gefahren. Des Weiteren würde die Ausarbeitung von Kriterien für weitere Gefahrenkategorien auf der Grundlage von Screening-Informationen eine Überklassifizierung sowie erhebliche Überschneidungen mit der bestehenden Umweltklassifikation bewirken. Deshalb sollten in die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 keine zusätzlichen Gefahrenkategorien für PBT und vPvB eingefügt werden.

(15) Die Einstufungskriterien für M/vM beziehen sich insbesondere auf log Koc (also den Wert für den Bodenadsorptionskoeffizienten). Der Koc-Wert ist der Koeffizient für die Verteilung organischer Kohlenstoff/Wasser und beschreibt die Fähigkeit eines Stoffes, von einer organischen Fraktion der festen Umweltkompartimente, zum Beispiel von Boden, Schlamm oder Sedimenten adsorbiert zu werden, und ist deshalb umgekehrt proportional zum Potenzial des Stoffes, in das Grundwasser einzudringen. Deshalb sollte das Mobilitätskriterium mit dem log Koc-Wert eines Stoffes abgeglichen werden, wobei ein niedriger Koc-Wert auf eine hohe Mobilität schließen lässt.

(16) Die Einführung neuer Gefahrenklassen bedeutet, dass für diese Klassen jeweils der Name, der Gefahrenhinweis und der Code für die Gefahrenkategorie anzugeben ist. Es ist somit erforderlich, diese Gefahrenklassen, Gefahrenhinweise und Kategoriencodes in die Anhänge I, III und VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 einzufügen."EUH-Hinweise" - (EU-Gefahrenhinweise) - sollten aufgenommen werden und sie sollten als "H-Hinweise" ("Hauptgefahrenhinweise") fungieren.

(17) Piktogramme sind ein wesentliches Instrument zur Vermittlung von Gefahreninformationen. Sie sollten die Gefahreninformationen hinsichtlich der neuen Gefahrenklassen ergänzen, nachdem diese in das UNGHS aufgenommen wurden, um Interferenzen mit der Verwendung bestehender Piktogramme zur Darstellung bestehender Gefahren zu vermeiden. Sofern neue Piktogramme für diese neuen Gefahrenklassen geschaffen werden, sollten sie zunächst auf UNGHS-Ebene genehmigt werden, damit sie in allen UNGHS-Mitgliedstaaten gelten können.

(18) Damit die Lieferanten von Stoffen und Gemischen Zeit haben, sich auf die neuen Einstufungs- und Kennzeichnungsvorschriften einzustellen, sollten Vorschriften zu einem späteren Geltungsbeginn der Verpflichtung, Stoffe und Gemische im Einklang mit dieser Verordnung einzustufen und zu kennzeichnen, in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 aufgenommen werden. Im selben Anhangsollte auch die Möglichkeit vorgesehen werden, Stoffe und Gemische, die bereits vor Ablauf des Übergangszeitraums in Verkehr gebracht wurden, weiterhin in Verkehr zu bringen, ohne dass eine Einstufung und eine Kennzeichnung nach dieser Verordnung erforderlich wären, um eine zusätzliche Belastung der Lieferanten von Stoffen und Gemischen zu vermeiden.

(19) Im Einklang mit den Übergangsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, die die freiwillige Anwendung der neuen Vorschriften zu einem früheren Zeitpunkt erlauben, sollten die Lieferanten von Stoffen und Gemischen die Möglichkeit haben, die neuen Einstufungs- und Kennzeichnungsvorschriften bereits vor dem Datum anzuwenden, ab dem die Verpflichtungen zur Einstufung von Stoffen und Gemischen nach den Vorschriften der vorliegenden Verordnung gelten.

(20) Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 sollte daher entsprechend geändert werden

- hat folgende Verordnung erlassen:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wird wie folgt geändert:

1. Anhang I wird gemäß Anhang I der vorliegenden Verordnung geändert.

2. Anhang II wird gemäß Anhang II der vorliegenden Verordnung geändert.

3. Anhang III wird gemäß Anhang III der vorliegenden Verordnung geändert.

4. Anhang VI wird gemäß Anhang IV der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 19. Dezember 2022

1) ABl. L 353 vom 31.12.2008 S. 1.

2) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Der europäische Grüne Deal (COM(2019) 640 final vom 11. Dezember 2019).

3) WHO/IPCS (Weltgesundheitsorganisation/Internationales Programm für Chemikaliensicherheit), 2002. Global assessment on the state of the science of endocrine disruptors (WHO/PCS/EDC/02.2), https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/67357/WHO_PCS_EDC_02.2.pdf.

4) Verordnung (EU) 2018/605 der Kommission vom 19. April 2018 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 durch die Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädlicher Eigenschaften (ABl. L 101 vom 20.04.2018 S. 33).

5) Delegierte Verordnung (EU) 2017/2100 der Kommission vom 4. September 2017 zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 301 vom 17.11.2017 S. 1).

6) Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit, COM(2020) 667 final.

7) Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006 S. 1).

.

Anhang I

Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wird wie folgt geändert:

1. In Teil 3 wird folgender Abschnitt 3.11 angefügt:

"3.11. Endokrine Disruption mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit

3.11.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

3.11.1.1. Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke von Abschnitt 3.11 gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. Ein "endokriner Disruptor" ist ein Stoff oder ein Gemisch, der/das eine oder mehrere Funktion(en) des Hormonsystems verändert und folglich in einem intakten Organismus, seiner Nachkommenschaft, Populationen oder Teilpopulationen schädliche Wirkungen auslöst;
  2. "endokrine Disruption" bezeichnet die durch einen endokrinen Disruptor verursachte Veränderung einer oder mehrerer Funktion(en) des Hormonsystems;
  3. "endokrine Aktivität" bezeichnet eine Wechselwirkung mit dem Hormonsystem, die eine Reaktion des Hormonsystems, von Zielorganen oder von Zielgeweben auslösen kann und einem Stoff oder einem Gemisch das Potenzial verleiht, eine oder mehrere Funktion(en) des Hormonsystems zu verändern;
  4. "schädliche Wirkung" bezeichnet eine Veränderung der Morphologie, der Physiologie, des Wachstums, der Entwicklung, der Fortpflanzung oder der Lebensdauer eines Organismus, eines Systems, einer Population oder einer Teilpopulation, die Funktionseinschränkungen, eine Einschränkung der Fähigkeit zur Bewältigung erhöhten Stresses oder eine erhöhte Anfälligkeit für andere Einflüsse zur Folge hat;
  5. "biologisch plausibler Zusammenhang" bezeichnet die Korrelation zwischen einer endokrine Aktivität und einer schädlichen Wirkung aufgrund von biologischen Prozessen, wobei aufgrund derzeitiger wissenschaftlicher Erkenntnisse vom Bestehen dieser Korrelation auszugehen ist.

3.11.1.2. Allgemeine Erwägungen

3.11.1.2.1 Bei Stoffen und Gemischen, die die Kriterien für endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit in Anbetracht der Nachweise gemäß der Tabelle 3.11.1 erfüllen, ist davon auszugehen, dass es sich um bekannte, vermeintliche oder mutmaßliche endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit handelt, es sei denn, es wurde schlüssig nachgewiesen, dass die schädliche Wirkung beim Menschen nicht zum Tragen kommt.

3.11.1.2.2 Nachweise, die bei der Einstufung von Stoffen gemäß anderen Abschnitten dieses Anhangs Berücksichtigung finden, können auch als Nachweise bei der Einstufung von Stoffen als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit verwendet werden, sofern die Kriterien dieses Abschnitts erfüllt sind.

3.11.2. Einstufungskriterien für Stoffe

3.11.2.1. Gefahrenkategorien

Bei der Einstufung nach endokriner Disruption mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit werden die Stoffe in eine von zwei Kategorien eingestuft.

Tabelle 3.11.1.: Gefahrenkategorien für endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit

KategorienKriterien
KATEGORIE 1Bekannte oder vermeintliche endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit
Die Einstufung in Kategorie 1 basiert weitgehend auf Nachweisen, die mindestens einer der folgenden Kategorien zuzuordnen sind:
  1. am Menschen gewonnene Daten;
  2. am Tier gewonnene Daten;
  3. nicht am Tier gewonnene Daten, deren Prognosekapazität den Daten gemäß den Buchstaben a und b entspricht.

Durch diese Daten wird nachgewiesen, dass der Stoff alle folgenden Kriterien erfüllt:

  1. endokrine Aktivität;
  2. schädliche Wirkung in einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen oder künftigen Generationen;
  3. biologisch plausibler Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und der schädlichen Wirkung.

Liegen jedoch Informationen vor, die die Relevanz der schädlichen Wirkung beim Menschen ernsthaft infrage stellen, kann die Einstufung in Kategorie 2 angemessener sein.

KATEGORIE 2Stoffe, die in dem Verdacht stehen, endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit zu sein
Ein Stoff wird in Kategorie 2 eingestuft, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind:
  1. es gibt Nachweise für
    1. eine endokrine Aktivität; und
    2. eine schädliche Wirkung in einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen oder künftigen Generationen;
  2. die Nachweise nach Buchstabe a sind nicht überzeugend genug, um eine Einstufung in Kategorie 1 zu rechtfertigen;
  3. es gibt Nachweise für einen biologisch plausiblen Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und der schädlichen Wirkung.

Wurde jedoch schlüssig nachgewiesen, dass die schädliche Wirkung beim Menschen nicht zum Tragen kommt, gilt der Stoff nicht als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit.

3.11.2.2. Einstufungsgrundlage

3.11.2.2.1 Die Einstufung erfolgt auf der Grundlage der oben aufgeführten Kriterien und einer Ermittlung der Beweiskraft der Daten für jedes der Kriterien (siehe Abschnitt 3.11.2.3) sowie einer umfassenden Ermittlung der Beweiskraft (siehe Abschnitt 1.1.1). Die Einstufung als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit soll für Stoffe erfolgen, die hormonell bedingte schädliche Wirkungen beim Menschen auslösen oder auslösen können.

3.11.2.2.2 Schädliche Wirkungen, bei denen es sich ausschließlich um unspezifische Folgen anderer toxischer Wirkungen handelt, werden bei der Identifizierung eines Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit nicht berücksichtigt.

3.11.2.3. Beweiskraftermittlung und Beurteilung durch Experten

3.11.2.3.1 Die Einstufung als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit erfolgt auf der Grundlage einer Beurteilung der Beweiskraft sämtlicher verfügbarer Daten durch Experten (siehe Abschnitt 1.1.1). Dies bedeutet, dass alle verfügbaren Informationen, die für die Feststellung der endokrinen Disruption mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit relevant sind, gemeinsam ausgewertet werden, zum Beispiel:

  1. In-vivo-Studien oder andere Studien (z.B. In-vitro-Studien, In-silico-Studien), mit denen schädliche Wirkungen, eine endokrine Aktivität oder ein biologisch plausibler Zusammenhang bei Menschen oder Tieren vorhergesagt werden können;
  2. Daten zu analogen Stoffen unter Einsatz von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR);
  3. die Bewertung von Stoffen, die mit dem zu untersuchenden Stoff chemisch verwandt sind, können ebenfalls berücksichtigt werden (Gruppierung, Übertragung), insbesondere wenn über den zu untersuchenden Stoff nur wenige Informationen vorliegen;
  4. alle zusätzlichen relevanten und anerkannten wissenschaftlichen Daten.

3.11.2.3.2. Bei der Beweiskraftermittlung mit Beurteilung durch Experten ist bei der Auswertung der wissenschaftlichen Daten gemäß Abschnitt 3.11.2.3.1 insbesondere allen nachstehend genannten Faktoren Rechnung zu tragen:

  1. sowohl positiven als auch negativen Befunden;
  2. der Relevanz des Studiendesigns für die Bewertung der schädlichen Wirkungen und der endokrinen Aktivität;
  3. der Qualität und Schlüssigkeit der Daten unter Berücksichtigung der Struktur und Kohärenz der Befunde innerhalb von und zwischen Studien mit ähnlichem Design und zwischen verschiedenen Arten;
  4. Studien zu Expositionswegen sowie Toxikokinetik- und Metabolismusstudien;
  5. dem Konzept der Grenzdosis (Konzentration) sowie internationalen Leitlinien für empfohlene Maximaldosen (Konzentrationen) und für die Bewertung der verzerrenden Wirkung exzessiver Toxizität.

3.11.2.3.3 Bei der Beweiskraftermittlung wird der Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und den schädlichen Wirkungen nach der biologischen Plausibilität hergestellt, die nach Auswertung der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse festzustellen ist. Ein Nachweis des biologisch plausiblen Zusammenhangs anhand stoffspezifischer Daten ist nicht erforderlich.

3.11.2.3.4 Bei der Beweiskraftermittlung sollen Nachweise, die bei der Einstufung eines Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt gemäß Abschnitt 4.2 Berücksichtigung finden, in die Beurteilung der Einstufung des Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit nach Abschnitt 3.11 einfließen.

3.11.2.4. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe nach den in den Abschnitten 3.11.2.1 bis 3.11.2.3 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 3.11.2.1 bis 3.11.2.3 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

3.11.3. Einstufungskriterien für Gemische

3.11.3.1. Einstufung von Gemischen, wenn Daten für alle oder nur für einige Bestandteile des Gemisches vorliegen

3.11.3.1.1. Ein Gemisch wird als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit der Kategorie 1 oder der Kategorie 2 eingestuft worden ist und seine Konzentration den entsprechenden allgemeinen Konzentrationsgrenzwert für die Kategorie 1 bzw. die Kategorie 2 gemäß der Tabelle 3.11.2 erreicht oder übersteigt.

Tabelle 3.11.2.: Allgemeine Konzentrationsgrenzwerte von als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit eingestuften Bestandteilen eines Gemisches, die zu einer Einstufung des Gemisches führen

Bestandteil eingestuft alsAllgemeine Konzentrationsgrenzwerte, die zu folgender Einstufung des Gemisches führen:
Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit, Kategorie 1Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit, Kategorie 2
Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit, Kategorie 1> 0,1 %
Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit, Kategorie 2> 1 %
[Hinweis 1]


Hinweis:Die Konzentrationsgrenzwerte der vorstehenden Tabelle gelten für Feststoffe und Flüssigkeiten (in w/w) sowie für Gase (in v/v).
Hinweis 1:Enthält das Gemisch als Bestandteil einen endokrinen Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit der Kategorie 2 in einer Konzentration > 0,1 %, so wird auf Anforderung ein Sicherheitsdatenblatt für das Gemisch vorgelegt.

3.11.3.2. Einstufung von Gemischen, wenn Daten für das komplette Gemisch vorliegen

3.11.3.2.1 Die Einstufung von Gemischen beruht auf den verfügbaren Testdaten für die einzelnen Bestandteile des Gemisches, wobei Konzentrationsgrenzwerte für diejenigen Bestandteile gelten, die als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit eingestuft sind. Versuchsdaten für das ganze Gemisch können im Einzelfall zur Einstufung herangezogen werden, wenn sie endokrine Disruption mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit nachweisen, die bei einer Beurteilung der einzelnen Bestandteile nicht zu erkennen waren. In solchen Fällen ist nachzuweisen, dass die Versuchsergebnisse für das Gemisch insgesamt schlüssig sind, wobei die eingesetzten Dosen (Konzentrationen) und weitere Faktoren wie Dauer, Beobachtungen, Empfindlichkeit und statistische Analyse der Testsysteme zu berücksichtigen sind. Es sind geeignete Unterlagen zur Begründung der Einstufung aufzubewahren und auf Verlangen zur Überprüfung vorzulegen.

3.11.3.3. Einstufung von Gemischen, bei denen keine Daten für das komplette Gemisch vorliegen: Übertragungsgrundsätze.

3.11.3.3.1 Wenn das Gemisch selbst nicht auf seine endokrine Disruption mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit geprüft wurde, jedoch (vorbehaltlich des Abschnitts 3.11.3.2.1) ausreichende Daten über seine Einzelbestandteile und über ähnliche geprüfte Gemische vorliegen, um die Gefahren des Gemisches angemessen zu beschreiben, sind diese Daten nach Maßgabe der Übertragungsgrundsätze des Abschnitts 1.1.3 zu verwenden.

3.11.3.4. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den in den Abschnitten 3.11.3.1, 3.11.3.2 und 3.11.3.3 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 3.11.3.1, 3.11.3.2 und 3.11.3.3 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

3.11.4. Gefahrenkommunikation

3.11.4.1. Bei Stoffen und Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse (endokrine Disruption mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit) erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß Tabelle 3.11.3 zu verwenden.

Tabelle 3.11.3.: Kennzeichnungselemente für endokrine Disruption mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit

EinstufungKategorie 1Kategorie 2
GHS-Piktogramm
SignalwortGefahrAchtung
GefahrenhinweisEUH380: Kann beim Menschen endokrine Störungen verursachenEUH381: Steht in dem Verdacht, beim Menschen endokrine Störungen zu verursachen
Sicherheitshinweise - PräventionP201
P202
P263
P280
P201
P202
P263
P280
Sicherheitshinweise - ReaktionP308 + P313P308 + P313
Sicherheitshinweise - LagerungP405P405
Sicherheitshinweise - EntsorgungP501P501

3.11.4.2. Zeitliche Anwendbarkeit für Stoffe

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe gemäß Abschnitt 3.11.4.1 zu kennzeichnen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 3.11.4.1 nicht erforderlich.

3.11.4.3. Zeitliche Anwendbarkeit für Gemische

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische gemäß Abschnitt 3.11.4.1 zu kennzeichnen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 3.11.4.1 nicht erforderlich."

2. Dem Teil 4 werden die folgenden Abschnitte 4.2, 4.3 und 4.4 angefügt:

"4.2. Endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt

4.2.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.2.1.1. Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke von Abschnitt 4.2. gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. Ein "endokriner Disruptor" ist ein Stoff oder ein Gemisch, der/das eine oder mehrere Funktion(en) des Hormonsystems verändert und folglich in einem intakten Organismus, seiner Nachkommenschaft, Populationen oder Teilpopulationen schädliche Wirkungen auslöst;
  2. "endokrine Disruption" bezeichnet die durch einen endokrinen Disruptor verursachte Veränderung einer oder mehrerer Funktion(en) des Hormonsystems;
  3. "endokrine Aktivität" bezeichnet eine Wechselwirkung mit dem Hormonsystem, die eine Reaktion des Hormonsystems, von Zielorganen oder Zielgeweben auslösen kann und einem Stoff oder einem Gemisch das Potenzial verleiht, eine oder mehrere Funktion(en) des Hormonsystems zu verändern;
  4. "schädliche Wirkung" bezeichnet eine Veränderung der Morphologie, der Physiologie, des Wachstums, der Entwicklung, der Fortpflanzung oder der Lebensdauer eines Organismus, eines Systems, einer Population oder einer Teilpopulation, die Funktionseinschränkungen, eine Einschränkung der Fähigkeit zur Bewältigung erhöhten Stresses oder eine erhöhte Anfälligkeit für andere Einflüsse zur Folge hat;
  5. "biologisch plausibler Zusammenhang" bezeichnet die Korrelation zwischen einer endokrine Aktivität und einer schädlichen Wirkung aufgrund von biologischen Prozessen, wobei aufgrund derzeitiger wissenschaftlicher Erkenntnisse vom Bestehen dieser Korrelation auszugehen ist.

4.2.1.2. Allgemeine Erwägungen

4.2.1.2.1 Bei Stoffen und Gemischen, die die Kriterien für endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt in Anbetracht der Nachweise gemäß der Tabelle 4.2.1 erfüllen, ist davon auszugehen, dass es sich um bekannte, vermeintliche oder mutmaßliche endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt handelt, es sei denn, es wurde schlüssig nachgewiesen, dass die festgestellte schädliche Wirkung auf der Ebene der Population oder der Subpopulation nicht zum Tragen kommt.

4.2.1.2.2 Nachweise, die bei der Einstufung von Stoffen gemäß anderen Abschnitten dieses Anhangs Berücksichtigung finden, können auch als Nachweise bei der Einstufung von Stoffen als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt verwendet werden, sofern die Kriterien dieses Abschnitts erfüllt sind.

4.2.2. Einstufungskriterien für Stoffe

4.2.2.1 Gefahrenklassen

Bei der Einstufung nach endokriner Disruption mit Wirkung auf die Umwelt werden die Stoffe in eine von zwei Kategorien eingestuft.

Tabelle 4.2.1: Gefahrenkategorien für endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt

KategorienKriterien
KATEGORIE 1Bekannte oder vermeintliche endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt
Die Einstufung in Kategorie 1 basiert weitgehend auf Nachweisen, die mindestens einer der folgenden Kategorien zuzuordnen sind:
  1. am Tier gewonnene Daten;
  2. nicht am Tier gewonnene Daten, deren Prognosekapazität den Daten gemäß Buchstabe a entspricht.

Durch diese Daten wird nachgewiesen, dass der Stoff alle folgenden Kriterien erfüllt:

  1. endokrine Aktivität;
  2. schädliche Wirkung in einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen oder künftigen Generationen;
  3. biologisch plausibler Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und der schädlichen Wirkung.

Liegen jedoch Informationen vor, die die Relevanz der schädlichen Wirkung auf das Hormonsystem, die auf der Ebene der Population oder der Teilpopulation festgestellt wurde, ernsthaft infrage stellen, kann die Einstufung in Kategorie 2 geeigneter erscheinen.

KATEGORIE 2Stoffe, die in dem Verdacht stehen, endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt zu sein
Ein Stoff wird in Kategorie 2 eingestuft, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind:
  1. es gibt Nachweise für
    1. eine endokrine Aktivität; und
    2. eine schädliche Wirkung in einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen oder künftigen Generationen;
  2. die Nachweise nach Buchstabe a sind nicht überzeugend genug, um eine Einstufung in Kategorie 1 zu rechtfertigen;
  3. es gibt Nachweise für einen biologisch plausiblen Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und der schädlichen Wirkung.

Wurde jedoch schlüssig nachgewiesen, dass die festgestellte schädliche Wirkung auf der Ebene der Population oder der Teilpopulation nicht zum Tragen kommt, gilt der Stoff nicht als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt.

4.2.2.2. Einstufungsgrundlage

4.2.2.2.1 Die Einstufung erfolgt auf der Grundlage der oben aufgeführten Kriterien und einer Ermittlung der Beweiskraft der Daten für jedes der Kriterien (siehe Abschnitt 4.2.2.3) sowie einer umfassenden Ermittlung der Beweiskraft (siehe Abschnitt 1.1.1). Die Einstufung als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt soll für Stoffe erfolgen, die hormonell bedingte schädliche Wirkungen auf der Ebene der Population oder der Teilpopulation auslösen oder auslösen können.

4.2.2.2.2 Schädliche Wirkungen, bei denen es sich ausschließlich um unspezifische Folgen anderer toxischer Wirkungen handelt, werden bei der Identifizierung eines Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt nicht berücksichtigt.

4.2.2.3. Beweiskraftermittlung und Beurteilung durch Experten

4.2.2.3.1 Die Einstufung als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt erfolgt auf der Grundlage einer Beurteilung der Beweiskraft sämtlicher verfügbarer Daten durch Experten (siehe Abschnitt 1.1.1). Dies bedeutet, dass alle verfügbaren Informationen, die für die Feststellung der endokrinen Disruption mit Wirkung auf die Umwelt relevant sind, gemeinsam ausgewertet werden, zum Beispiel:

  1. In-vivo-Studien oder andere Studien (z.B. In-vitro-Studien, In-silico-Studien), mit denen schädliche Wirkungen, eine endokrine Aktivität oder ein biologisch plausibler Zusammenhang bei Tieren vorhergesagt werden können;
  2. Daten zu analogen Stoffen unter Einsatz von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR);
  3. die Bewertung von Stoffen, die mit dem zu untersuchenden Stoff chemisch verwandt sind, können ebenfalls berücksichtigt werden (Gruppierung, Übertragung), insbesondere wenn über den zu untersuchenden Stoff nur wenige Informationen vorliegen;
  4. alle zusätzlichen relevanten und anerkannten wissenschaftlichen Daten.

4.2.2.3.2. Bei der Beweiskraftermittlung mit Beurteilung durch Experten ist bei der Auswertung der wissenschaftlichen Daten gemäß Abschnitt 4.2.2.3.1 insbesondere allen nachstehend genannten Faktoren Rechnung zu tragen:

  1. sowohl positiven als auch negativen Befunden;
  2. der Relevanz des Studiendesigns für die Bewertung der schädigenden Wirkungen und seiner Relevanz auf Ebene der Population oder der Teilpopulationen sowie für die Bewertung der endokrinen Aktivität;
  3. den schädlichen Auswirkungen auf Fortpflanzung und Wachstum/Entwicklung sowie anderen relevanten schädliche Auswirkungen, die wahrscheinlich Auswirkungen auf Populationen oder Teilpopulationen haben;
  4. der Qualität und Schlüssigkeit der Daten unter Berücksichtigung der Struktur und Kohärenz der Befunde innerhalb von und zwischen Studien mit ähnlichem Design und zwischen verschiedenen Arten;
  5. Studien zu Expositionswegen sowie Toxikokinetik- und Metabolismusstudien;
  6. dem Konzept der Grenzdosis (Konzentration) sowie internationalen Leitlinien für empfohlene Maximaldosen (Konzentrationen) und für die Bewertung der verzerrenden Wirkung exzessiver Toxizität;
  7. sofern verfügbar, geeignete, verlässliche und repräsentative Feld- oder Überwachungsdaten oder Ergebnisse von Populationsmodellen.

4.2.2.3.3 Bei der Beweiskraftermittlung wird der Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und den schädlichen Wirkungen nach der biologischen Plausibilität hergestellt, die nach Auswertung der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse festzustellen ist. Ein Nachweis des biologisch plausiblen Zusammenhangs anhand stoffspezifischer Daten ist nicht erforderlich.

4.2.2.3.4 Bei der Beweiskraftermittlung sollen Nachweise, die bei der Einstufung eines Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit gemäß Abschnitt 3.11 Berücksichtigung finden, in die Beurteilung der Einstufung des Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt nach Abschnitt 4.2 einfließen.

4.2.2.4. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe nach den in den Abschnitten 4.2.2.1 bis 4.2.2.3 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.2.2.1 bis 4.2.2.3 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.2.3. Einstufungskriterien für Gemische

4.2.3.1. Einstufung von Gemischen, wenn Daten für alle oder nur für einige Bestandteile des Gemisches vorliegen

4.2.3.1.1 . Ein Gemisch wird als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt der Kategorie 1 oder der Kategorie 2 eingestuft worden ist und seine Konzentration den entsprechenden allgemeinen Konzentrationsgrenzwert für die Kategorie 1 bzw. die Kategorie 2 gemäß der Tabelle 4.2.2 erreicht oder übersteigt.

Tabelle 4.2.2.: Allgemeine Konzentrationsgrenzwerte von als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt eingestuften Bestandteilen eines Gemisches, die zu einer Einstufung des Gemisches führen

Bestandteil eingestuft alsAllgemeine Konzentrationsgrenzwerte, die zu folgender Einstufung des Gemisches führen:
Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 1Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 2
Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 1> 0,1 %
Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 2> 1 %
[Hinweis 1]


Hinweis:Die Konzentrationsgrenzwerte der vorstehenden Tabelle gelten für Feststoffe und Flüssigkeiten (in w/w) sowie für Gase (in v/v).
Hinweis 1:Enthält das Gemisch als Bestandteil einen endokrinen Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt der Kategorie 2 in einer Konzentration > 0,1 %, so wird auf Anforderung ein Sicherheitsdatenblatt für das Gemisch vorgelegt.

4.2.3.2. Einstufung von Gemischen, bei denen Daten für das komplette Gemisch vorliegen:4.2.3.2.1.

Die Einstufung von Gemischen beruht auf den verfügbaren Testdaten für die einzelnen Bestandteile des Gemisches, wobei Konzentrationsgrenzwerte für diejenigen Bestandteile gelten, die als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt eingestuft sind. Versuchsdaten für das ganze Gemisch können im Einzelfall zur Einstufung herangezogen werden, wenn sie endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt nachweisen, die bei einer Beurteilung der einzelnen Bestandteile nicht zu erkennen waren. In solchen Fällen ist nachzuweisen, dass die Versuchsergebnisse für das Gemisch insgesamt schlüssig sind, wobei die eingesetzten Dosen (Konzentrationen) und weitere Faktoren wie Dauer, Beobachtungen, Empfindlichkeit und statistische Analyse der Testsysteme zu berücksichtigen sind. Es sind geeignete Unterlagen zur Begründung der Einstufung aufzubewahren und auf Verlangen zur Überprüfung vorzulegen.

4.2.3.3. Einstufung von Gemischen, bei denen keine Daten für das komplette Gemisch vorliegen: Übertragungsgrundsätze.

4.2.3.3.1 Wenn das Gemisch selbst nicht auf seine endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt geprüft wurde, jedoch (vorbehaltlich des Abschnitts 4.2.3.2.1) ausreichende Daten über seine Einzelbestandteile und über ähnliche geprüfte Gemische vorliegen, um die Gefahren des Gemisches angemessen zu beschreiben, sind diese Daten nach Maßgabe der Übertragungsgrundsätze des Abschnitts 1.1.3 zu verwenden.

4.2.3.4. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den in den Abschnitten 4.2.3.1 bis 4.2.3.3 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.2.3.1, 4.2.3.2 und 4.2.3.3 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.2.4. Gefahrenkommunikation

4.2.4.1. Bei Stoffen und Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse (endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt) erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß Tabelle 4.2.3. zu verwenden.

Tabelle 4.2.3.: Kennzeichnungselemente für endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt

EinstufungKategorie 1Kategorie 2
GHS-Piktogramm
SignalwortGefahrAchtung
GefahrenhinweisEUH430: Kann endokrine Störungen in der Umwelt verursachenEUH431: Steht in dem Verdacht, endokrine Störungen in der Umwelt zu verursachen
Sicherheitshinweise - PräventionP201
P202
P273
P201
P202
P273
Sicherheitshinweise - ReaktionP391P391
Sicherheitshinweise - LagerungP405P405
Sicherheitshinweise - EntsorgungP501P501

4.2.4.2. Zeitliche Anwendbarkeit für Stoffe

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe gemäß Abschnitt 4.2.4.1 zu kennzeichnen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.2.4.1 nicht erforderlich.

4.2.4.3. Zeitliche Anwendbarkeit für Gemische

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische gemäß Abschnitt 4.2.4.1 zu kennzeichnen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.2.4.1 nicht erforderlich.

4.3. Persistente, bioakkumulierbare und toxische Eigenschaften oder sehr persistente und sehr bioakkumulierbare Eigenschaften.

4.3.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.3.1.1. Für die Zwecke von Abschnitt 4.3 gelten folgende Begriffsbestimmungen:

"PBT" bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das persistent, bioakkumulierbar und toxisch ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.3.2.1 erfüllt.

"vPvB" bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das sehr persistent und sehr bioakkumulierbar ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.3.2.2 erfüllt.

4.3.1.2. Die Gefahrenklasse persistente, bioakkumulierbare und toxische oder sehr persistente, sehr bioakkumulierbare Eigenschaften wird differenziert nach:

4.3.2. Einstufungskriterien für Stoffe

4.3.2.1. Einstufungskriterien für PBT

Ein Stoff gilt als PBT-Stoff, wenn er die Persistenz-, Bioakkumulations- und Toxizitätskriterien der Abschnitte 4.3.2.1.1 bis 4.3.2.1.3 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.3.2.3 bewertet wurde.

4.3.2.1.1 Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "persistent" (P), wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meerwasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 40 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit in Meeressediment beträgt mehr als 180 Tage;
  4. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwassersediment oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 120 Tage;
  5. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 120 Tage.

4.3.2.1.2 Bioakkumulation

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "bioakkumulierbar" (B), wenn der Biokonzentrationsfaktor (bioconcentration factor - BCF) in Wasserlebewesen höher als 2.000 ist.

4.3.2.1.3 Toxizität

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "toxisch" (T), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Langzeit-NOEC (long-term no-observed effect concentration - langfristige Konzentration, bei der keine Wirkung beobachtet wird) oder ECx (z.B. EC10) für Meeres- oder Süßwasserlebewesen liegt unter 0,01 mg/l;
  2. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen (Kategorie 1A oder 1B), keimzellenmutagen (Kategorie 1A oder 1B) oder reproduktionstoxisch (Kategorie 1A, 1B oder 2) gemäß den Abschnitten 3.5, 3.6 oder 3.7;
  3. es gibt andere Belege für chronische Toxizität, die darin bestehen, dass der Stoff die folgenden Einstufungskriterien erfüllt: spezifische Zielorgan-Toxizität nach wiederholter Exposition (STOT RE Kategorie 1 oder 2) gemäß Abschnitt 3.9;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt gemäß den Abschnitten 3.11 oder 4.2.

4.3.2.2. Einstufungskriterien für vPvB

Ein Stoff gilt als vPvB-Stoff, wenn er die Persistenz- und Bioakkumulationskriterien der Abschnitte 4.3.2.2.1 und 4.3.2.2.2 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.3.2.3 bewertet wurde.

4.3.2.2.1. Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "sehr persistent" (vP), wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-Halbwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 180 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 180 Tage.

4.3.2.2.2 Bioakkumulation

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "sehr bioakkumulierbar" (vB), wenn der Biokonzentrationsfaktor in Wasserlebewesen höher als 5.000 ist.

4.3.2.3. Einstufungsgrundlage

Die Einstufung von PBT-Stoffen und vPvB-Stoffen erfolgt durch eine Beweiskraftermittlung mittels eines Expertenurteils, indem alle in Abschnitt 4.3.2.3 genannten relevanten und verfügbaren Informationen mit den Kriterien der Abschnitte 4.3.2.1 und 4.3.2.2 abgeglichen werden. Die Beweiskraftermittlung erfolgt insbesondere in denjenigen Fällen, in denen die Kriterien der Abschnitte 4.3.2.1 und 4.3.2.2 nicht unmittelbar auf die verfügbaren Informationen angewendet werden können.

Die Informationen, die für die Ermittlung der PBT-/vPvB-Eigenschaften verwendet werden, basieren auf unter den relevanten Bedingungen gewonnenen Daten.

Bei der Identifizierung werden auch die PBT-/vPvB-Eigenschaften relevanter Bestandteile, Zusatzstoffe oder Verunreinigungen eines Stoffes und relevanter Umwandlungs- oder Abbauprodukte berücksichtigt.

Diese Gefahrenklasse (persistente, bioakkumulierbare und toxische (PBT) oder sehr persistente, sehr bioakkumulierbare (vPvB) Eigenschaften) gilt für alle organischen Stoffe, einschließlich metallorganischer Verbindungen.

Bei der Beurteilung der P-, vP-, B-,vB- und T-Eigenschaften werden die Informationen gemäß den Abschnitten 4.3.2.3.1, 4.3.2.3.2 und 4.3.2.3.3 berücksichtigt.

4.3.2.3.1 Beurteilung von P- oder vP-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der P- oder vP-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit in Oberflächengewässern;
  2. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Boden;
  3. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Sediment;
  4. sonstige Informationen, wie Informationen aus Feldstudien oder Monitoringstudien unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.3.2.3.2. Beurteilung von B- oder vB-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der B- oder vB-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse einer Studie zur Biokonzentration oder Bioakkumulierbarkeit in Wasserlebewesen;
  2. sonstige Informationen zum Bioakkumulationspotenzial unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können, wie
    1. Ergebnisse einer Studie zur Bioakkumulierbarkeit in Landlebewesen;
    2. Daten aus wissenschaftlichen Analysen menschlicher Körperflüssigkeiten oder -gewebe wie Blut, Milch oder Fett;
    3. Nachweis erhöhter Werte in Biota, insbesondere bei gefährdeten Arten oder in gefährdeten Populationen oder Teilpopulationen, im Vergleich zu den Werten in ihrer Umgebung;
    4. Ergebnisse einer Studie zur chronischen Toxizität bei Tieren;
    5. Bewertung des toxikokinetischen Verhaltens des Stoffes.
  3. Informationen über die Fähigkeit des Stoffs zur Biomagnifikation in der Nahrungskette, ausgedrückt möglichst durch Biomagnifikationsfaktoren oder trophische Magnifikationsfaktoren.

4.3.2.3.3 Beurteilung von T-Eigenschaften:

Bei der Beurteilung der T-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für wirbellose Wasserlebewesen;
  2. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für Fische;
  3. Ergebnisse der Studie über die Hemmung des Wachstums von Algen oder Wasserpflanzen;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordnete Gefahrenhinweise: H350 oder H350i), als keimzellmutagen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordneter Gefahrenhinweis: H340), als reproduktionstoxisch in Kategorie 1A, 1B oder 2 (zugeordnete Gefahrenhinweise: H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360fD, H361, H361f, H361d oder H361fd), oder als spezifisch zielorgantoxisch (wiederholte Exposition) in Kategorie 1 oder 2 (zugeordneter Gefahrenhinweis: H372 oder H373);
  5. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt (zugeordnete Gefahrenhinweise: EUH380 oder EUH430);
  6. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für terrestrische Organismen, Wirbellose und Pflanzen;
  7. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für im Sediment lebende Organismen;
  8. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeit- oder Reproduktionstoxizität für Vögel;
  9. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.3.2.4. Beweiskraftermittlung und Beurteilung durch Experten

4.3.2.4.1 Bei der Ermittlung der Beweiskraft mit Beurteilung durch Experten gemäß Abschnitt 1.1.1 werden alle verfügbaren relevanten wissenschaftlichen Daten im Zusammenhang betrachtet, zum Beispiel:

  1. In-vivo-Studien oder andere Studien (z.B. In-vitro-Studien, In-silico-Studien);
  2. Informationen aus der Anwendung des Kategorienkonzepts (Gruppierung, Übertragung);
  3. Daten zu analogen Stoffen unter Einsatz von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR), die Schlüsse auf P-, vP-, B-, vB- und T-Eigenschaften ermöglichen;
  4. Ergebnisse von Monitoring und Modellierung;
  5. Erfahrungen beim Menschen wie z.B. Daten über berufsbedingte Exposition und Daten aus Unfalldatenbanken;
  6. epidemiologische und klinische Studien;
  7. gut dokumentierte Fallberichte, von Experten begutachtete veröffentlichte Studien und Beobachtungen;
  8. alle zusätzlichen anerkannten Daten.

Die Qualität und Schlüssigkeit der Daten erhält eine angemessene Gewichtung. Die vorliegenden Befunde sind unabhängig von ihren einzelnen Schlussfolgerungen in einer Beweiskraftermittlung zusammen zu berücksichtigen.

4.3.2.4.2. Bei der Beweiskraftermittlung fließen die folgenden Informationen - zusätzlich zu den Informationen gemäß den Abschnitten 4.3.2.3.1, 4.3.2.3.2 und 4.3.2.3.3 - in die wissenschaftliche Bewertung der Informationen ein, die hinsichtlich der P-, vP-, B-, vB- und T-Eigenschaften relevant sind:

  1. Hinweise auf P- oder vP-Eigenschaften:
    1. Ergebnisse von Versuchen zur leichten biologischen Abbaubarkeit;
    2. Ergebnisse anderer Screeningtests zur Abbaubarkeit (z.B. verbesserter Test zur leichten biologischen Abbaubarkeit, Tests zur inhärenten biologischen Abbaubarkeit);
    3. Ergebnisse von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen zur biologischen Abbaubarkeit;
    4. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  2. Hinweise auf B- oder vB-Eigenschaften:
    1. Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient, experimentell bestimmt oder geschätzt mithilfe von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  3. Hinweise auf T-Eigenschaften:
    1. aquatische Kurzzeittoxizität (z.B. Ergebnisse von Prüfungen auf akute Toxizität bei Wirbellosen, Algen oder Wasserpflanzen oder Fischen, In-vitro-Prüfungen auf akute Toxizität bei Fischzelllinien);
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.3.2.5. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe nach den in den Abschnitten 4.3.2.1 bis 4.3.2.4 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.3.2.1 bis 4.3.2.4 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.3.3. Einstufungskriterien für Gemische

4.3.3.1. Ein Gemisch wird als PBT bzw. vPvB eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil des Gemisches als PBT bzw. vPvB eingestuft wurde und die Konzentration dieses Bestandteils mindestens 0,1 Gewichtsprozent beträgt.

4.3.3.2. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den in Abschnitt 4.3.3.1. festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Einstufung nach den in Abschnitt 4.3.3.1 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.3.4. Gefahrenkommunikation

4.3.4.1. Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß der Tabelle 4.3.1 zu verwenden.

Tabelle 4.3.1.: Kennzeichnungselemente für PBT- und vPvB-Eigenschaften

PBTvPvB
GHS-Piktogramm
SignalwortGefahrGefahr
GefahrenhinweisEUH440: Anreicherung in der Umwelt und in lebenden Organismen einschließlich MenschenEUH441: Starke Anreicherung in der Umwelt und in lebenden Organismen einschließlich Menschen
Sicherheitshinweise - PräventionP201
P202
P273
P201
P202
P273
Sicherheitshinweise - ReaktionP391P391
Sicherheitshinweise - EntsorgungP501P501

4.3.4.2. Zeitliche Anwendbarkeit für Stoffe

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe gemäß Abschnitt 4.3.4.1 zu kennzeichnen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.3.4.1 nicht erforderlich.

4.3.4.3. Zeitliche Anwendbarkeit für Gemische

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den Vorschriften gemäß Abschnitt 4.3.4.1 zu kennzeichnen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.3.4.1 nicht erforderlich.

4.4. Persistente, mobile und toxische Eigenschaften oder sehr persistente, sehr mobile Eigenschaften

4.4.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.4.1.1. Für die Zwecke von Abschnitt 4.4 gelten folgende Begriffsbestimmungen:

"PMT" bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das persistent, mobil und toxisch ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.4.2.1 erfüllt.

"vPvM" bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das sehr persistent und sehr mobil ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.4.2.2 erfüllt.

"log Koc" bezeichnet den Zehnerlogarithmus des Koeffizienten für die Verteilung organischer Kohlenstoff/Wasser (also den Koc).

4.4.1.2 Die Gefahrenklasse persistente, mobile und toxische oder sehr persistente, sehr mobile Eigenschaften wird differenziert nach:

4.4.2. Einstufungskriterien für Stoffe

4.4.2.1. Einstufungskriterien für PMT

Ein Stoff gilt als PMT-Stoff, wenn er die Persistenz-, Mobilitäts- und Toxizitätskriterien der Abschnitte 4.4.2.1.1, 4.4.2.1.2 und 4.4.2.1.3 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.4.2.3 bewertet wurde.

4.4.2.1.1. Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "persistent" (P), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meerwasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 40 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit in Meeressediment beträgt mehr als 180 Tage;
  4. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwassersediment oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 120 Tage;
  5. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 120 Tage.

4.4.2.1.2 Mobilität

Ein Stoff erfüllt das Mobilitätskriterium (M), wenn der Wert von log Koc unter 3 liegt. Bei ionisierenden Stoffen gilt das Mobilitätskriterium als erfüllt, wenn der niedrigste Wert von log Koc bei einem pH-Wert zwischen 4 und 9 unter 3 liegt.

4.4.2.1.3 Toxizität

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "toxisch" (T), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Langzeit-NOEC (long-term no-observed effect concentration - langfristige Konzentration, bei der keine Wirkung beobachtet wird) oder ECx (z.B. EC10) für Meeres- oder Süßwasserlebewesen liegt unter 0,01 mg/l;
  2. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen (Kategorie 1A oder 1B), keimzellenmutagen (Kategorie 1A oder 1B) oder reproduktionstoxisch (Kategorie 1A, 1B oder 2) gemäß den Abschnitten 3.5, 3.6 oder 3.7;
  3. es gibt andere Belege für chronische Toxizität, die darin bestehen, dass der Stoff die Kriterien für die Einstufung "spezifische Zielorgan-Toxizität (wiederholte Exposition)" (STOT RE Kategorie 1 oder 2) gemäß Abschnitt 3.9 erfüllt;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt gemäß den Abschnitten 3.11 oder 4.2.

4.4.2.2. Einstufungskriterien für vPvM

Ein Stoff gilt als vPvM-Stoff, wenn er die Persistenz- und Mobilitätskriterien der Abschnitte 4.4.2.2.1 und 4.4.2.2.2 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.4.2.3 bewertet wurde.

4.4.2.2.1 Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "sehr persistent" (vP), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-Halbwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 180 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 180 Tage.

4.4.2.2.2 Mobilität

Ein Stoff erfüllt das Kriterium "sehr mobil" (vM), wenn der Wert von log Koc unter 2 liegt. Bei ionisierenden Stoffen gilt das Mobilitätskriterium als erfüllt, wenn der niedrigste Wert von log Koc bei einem pH-Wert zwischen 4 und 9 unter 2 liegt.

4.4.2.3. Einstufungsgrundlage

Die Einstufung von PMT-Stoffen und vPvM-Stoffen erfolgt durch eine Beweiskraftermittlung mittels eines Expertenurteils, indem alle in Abschnitt 4.4.2.3 genannten relevanten und verfügbaren Informationen mit den Kriterien der Abschnitte 4.4.2.1 und 4.4.2.2 abgeglichen werden. Die Beweiskraftermittlung erfolgt insbesondere in denjenigen Fällen, in denen die Kriterien der Abschnitte 4.4.2.1 und 4.4.2.2 nicht unmittelbar auf die verfügbaren Informationen angewendet werden können.

Die Informationen, die für die Ermittlung der PMT-/vPvM-Eigenschaften verwendet werden, basieren auf unter den relevanten Bedingungen gewonnenen Daten.

Bei der Identifizierung werden auch die PMT-/vPvM-Eigenschaften relevanter Bestandteile, Zusatzstoffe oder Verunreinigungen eines Stoffes und relevanter Umwandlungs- oder Abbauprodukte berücksichtigt.

Diese Gefahrenklasse (PMT- und vPvM-Eigenschaften) gilt für alle organischen Stoffe, einschließlich metallorganischer Verbindungen.

Bei der Beurteilung der P-, vP-, M-,vM- und T-Eigenschaften werden die Informationen gemäß den Abschnitten 4.4.2.3.1, 4.4.2.3.2 und 4.4.2.3.3 berücksichtigt.

4.4.2.3.1 Beurteilung von P- oder vP-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der P- oder vP-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit in Oberflächengewässern;
  2. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Boden;
  3. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Sediment;
  4. sonstige Informationen, wie Informationen aus Feldstudien oder Monitoringstudien unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.3.2 Beurteilung von M- oder vM-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der M- oder vM-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Adsorptions-/Desorptionstests;
  2. sonstige Informationen, wie Informationen aus Auswaschungsstudien, Modellierungsstudien oder Monitoringstudien unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.3.3 Beeurteilung von T-Eigenschaften:

Bei der Beurteilung der T-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für wirbellose Wasserlebewesen;
  2. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für Fische;
  3. Ergebnisse der Studie über die Hemmung des Wachstums von Algen oder Wasserpflanzen;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordnete Gefahrenhinweise: H350 oder H350i), als keimzellmutagen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordneter Gefahrenhinweis: H340), als reproduktionstoxisch in Kategorie 1A, 1B oder 2 (zugeordnete Gefahrenhinweise: H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360fD, H361, H361f, H361d oder H361fd) oder als spezifisch zielorgantoxisch (wiederholte Exposition) in Kategorie 1 oder 2 (zugeordneter Gefahrenhinweis: H372 oder H373);
  5. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt (zugeordnete Gefahrenhinweise: EUH380 oder EUH430);
  6. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für terrestrische Organismen, Wirbellose und Pflanzen;
  7. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für im Sediment lebende Organismen;
  8. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeit- oder Reproduktionstoxizität für Vögel;
  9. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.4. Beweiskraftermittlung und Beurteilung durch Experten

4.4.2.4.1 Bei der Ermittlung der Beweiskraft mit Beurteilung durch Experten gemäß Abschnitt 1.1.1 werden alle verfügbaren relevanten wissenschaftlichen Daten im Zusammenhang betrachtet, zum Beispiel:

  1. In-vivo-Studien oder andere Studien (z.B. In-vitro-Studien, In-silico-Studien);
  2. Informationen aus der Anwendung des Kategorienkonzepts (Gruppierung, Übertragung);
  3. Daten zu analogen Stoffen unter Einsatz von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR), die Schlüsse auf P-, vP-, M-, vM- und T-Eigenschaften ermöglichen;
  4. Ergebnisse von Monitoring und Modellierung;
  5. Erfahrungen beim Menschen wie z.B. Daten über berufsbedingte Exposition und Daten aus Unfalldatenbanken;
  6. epidemiologische und klinische Studien;
  7. gut dokumentierte Fallberichte, von Experten begutachtete veröffentlichte Studien und Beobachtungen;
  8. alle zusätzlichen anerkannten Daten.

Die Qualität und Schlüssigkeit der Daten erhält eine angemessene Gewichtung. Die vorliegenden Befunde sind unabhängig von ihren einzelnen Schlussfolgerungen in einer Beweiskraftermittlung zusammen zu berücksichtigen.

4.4.2.4.2 Bei der Beweiskraftermittlung fließen die folgenden Informationen - zusätzlich zu den Informationen gemäß den Abschnitten 4.4.2.3.1, 4.4.2.3.2 und 4.4.2.3.3 - in die wissenschaftliche Bewertung der Informationen ein, die hinsichtlich der P-, vP-, M-, vM- und T-Eigenschaften relevant sind:

  1. Hinweise auf P- oder vP-Eigenschaften:
    1. Ergebnisse von Versuchen zur leichten biologischen Abbaubarkeit;
    2. Ergebnisse anderer Screeningtests zur Abbaubarkeit (z.B. verbesserter Test zur leichten biologischen Abbaubarkeit, Tests zur inhärenten biologischen Abbaubarkeit);
    3. Ergebnisse von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen zur biologischen Abbaubarkeit;
    4. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  2. Hinsichtlich der M- oder vM-Eigenschaften relevante Informationen:
    1. Verteilungskoeffizient organischer Kohlenstoff/Wasser (Koc), geschätzt mithilfe von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen;
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  3. Hinsichtlich der T-Eigenschaften relevante Informationen:
    1. aquatische Kurzzeittoxizität (z.B. Ergebnisse von Prüfungen auf akute Toxizität bei Wirbellosen, Algen oder Wasserpflanzen oder Fischen, In-vitro-Prüfungen auf akute Toxizität bei Fischzelllinien);
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.5. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe nach den in den Abschnitten 4.4.2.1 bis 4.4.2.4 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.4.2.1 bis 4.4.2.4 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.4.3. Einstufungskriterien für Gemische

4.4.3.1 Ein Gemisch wird als PMT oder vPvM eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil des Gemisches als PMT oder vPvM eingestuft wurde und die Konzentration dieses Bestandteils mindestens 0,1 Gewichtsprozent beträgt.

4.4.3.2 Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den in Abschnitt 4.4.3.1 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Einstufung nach den in Abschnitt 4.4.3.1 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.4.4. Gefahrenkommunikation

4.4.4.1.Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse (PMT- und vPvM-Eigenschaften) erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß der Tabelle 4.4.1 zu verwenden.

Tabelle 4.4.1.: Kennzeichnungselemente für PMT- und vPvM-Eigenschaften

PMTvPvM
GHS-Piktogramm
SignalwortGefahrGefahr
GefahrenhinweisEUH450: Kann lang anhaltende und diffuse Verschmutzung von Wasserressourcen verursachenEUH451: Kann sehr lang anhaltende und diffuse Verschmutzung von Wasserressourcen verursachen
Sicherheitshinweise - PräventionP201
P202
P273
P201
P202
P273
Sicherheitshinweise - ReaktionP391P391
Sicherheitshinweise - EntsorgungP501P501

4.4.4.2. Zeitliche Anwendbarkeit für Stoffe

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe gemäß Abschnitt 4.4.4.1 zu kennzeichnen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.4.4.1 nicht erforderlich.

4.4.4.3. Zeitliche Anwendbarkeit für Gemische

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische gemäß Abschnitt 4.4.4.1 zu kennzeichnen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2028 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.4.4.1 nicht erforderlich."

.

Anhang II

In Anhang II Teil 2 Abschnitt 2.10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 werden folgende Gedankenstriche eingefügt:

"- > 0,1 % eines Stoffes, der als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit der Kategorie 2 eingestuft ist, oder

- > 0,1 % eines Stoffes, der als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt der Kategorie 2 eingestuft ist,".

.

Anhang III

Anhang III Teil 1 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wird wie folgt geändert:

1. Die folgenden Buchstaben b und c werden eingefügt:

"c) Wird der Gefahrenhinweis EUH441 'Starke Anreicherung in der Umwelt und in lebenden Organismen einschließlich Menschen' zugeordnet, kann der Gefahrenhinweis EUH440 'Anreicherung in der Umwelt und in lebenden Organismen einschließlich Menschen' entfallen.

d) Wird der Gefahrenhinweis EUH451 'Kann sehr lang anhaltende und diffuse Verschmutzung von Wasserressourcen verursachen' zugeordnet, kann der Gefahrenhinweis EUH450 'Kann lang anhaltende und diffuse Verschmutzung von Wasserressourcen verursachen' entfallen.

2. In Tabelle 1.2 werden folgende Zeilen hinzugefügt: (Red. Anm.: nur die deutsche Fassung wird eingestellt)

EUH 380

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EUH 381

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3. In Tabelle 1.3 werden folgende Zeilen hinzugefügt: (Red. Anm.: nur die deutsche Fassung wird eingestellt)

EUH 430
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EUH 431

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EUH 440

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EUH 441

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EUH 450

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EUH 451

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Anhang IV

Anhang VI Teil 1 Abschnitt 1.1.2.1.1 Tabelle 1.1 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wird wie folgt geändert:

1. Die folgende Zeile wird nach der Zeile für die Gefahrenklasse "Aspirationsgefahr" eingefügt:

"Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche GesundheitED HH 1
ED HH 2

2. Die folgenden Zeilen werden nach der Zeile für die Gefahrenklasse "Gewässergefährdend" eingefügt:

"Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die UmweltED ENV 1
ED ENV 2
Persistent, bioakkumulierbar und toxisch
Sehr persistent und sehr bioakkumulierbar
PBT
vPvB
Persistent, mobil und toxisch
Sehr persistent und sehr mobil
PMT
vPvM


UWS Umweltmanagement GmbHENDE