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Regelwerk

ADR/RID - Prüfvorschriften für Kunststoffgefäße
Richtlinie zu Absatz 6.1.5.2.7 bzw. 6.5.6.3.6 RID

Fassung vom 1. Januar 2007
(Anlageband zu BGBl. II Nr. 12 vom 05.06.2008)



(Nicht offizieller Teil des RID)

Labormethoden an Probekörpern aus dem Gefäßwerkstoff zum Nachweis der chemischen Verträglichkeit von Polyethylen gemäß Definition in Absatz 6.1.5.2.6 bzw. 6.5.6.3.5 gegenüber Füllgütern (Stoffen, Mischungen und Zubereitungen) im Vergleich zu den Standardflüssigkeiten gemäß Abschnitt 6.1.6.

Mit der Durchführung der nachfolgend beschriebenen Labormethoden A bis C werden die möglichen Mechanismen der Schädigung durch das zuzulassende Füllgut auf den Gefäßwerkstoff im Vergleich zu den jeweiligen Standardflüssigkeiten bestimmt.

Die Wahl der Untersuchungsmethoden ergibt sich aus den zu erwartenden Schädigungsmechanismen. Soweit nicht auf Grund der Rezeptur vorhersehbar, werden

auf den Gefäßwerkstoff durch die Labormethoden erfasst und jeweils in Vergleich gesetzt zu den zugehörigen Standardflüssigkeiten gleicher Wirkungsrichtung.

Dabei sind Probekörper gleicher Dicke im Rahmen der angegebenen Toleranzen zu verwenden.

Labormethode A

Die Masseaufnahme durch Anquellung wird an flächigen Probekörpern aus dem Gefäßwerkstoff durch Lagerung bei 40 °C im zuzulassenden Füllgut sowie in der zu vergleichenden Standardflüssigkeit bestimmt.

Die Masseänderung durch Anquellung wird durch Wägung der Probekörper vor der Lagerung und an Probekörpern mit Probendicken bis zu 2 mm nach 4 Wochen Einwirkungszeit, sonst bis zur Massekonstanz ermittelt.

Es ist jeweils der Mittelwert aus 3 Probekörpern zu bestimmen. Die Probekörper dürfen nur einmal verwendet werden.

Labormethode B (Stifteindrückverfahren)

1. Kurzbeschreibung

Mit dem Stifteindrückverfahren wird das Verhalten eines Gefäßwerkstoffes aus Polyethylen hoher Dichte gegenüber einem Füllgut und der jeweiligen Standardflüssigkeit geprüft, soweit Spannungsrissbildung ohne oder mit einer gleichzeitigen Anquellung bis zu 4 % beteiligt sein können.

Die Probekörper werden hierzu mit einer Bohrung und einer Kerbe versehen und zunächst im zu untersuchenden Füllgut sowie in der jeweiligen Standardflüssigkeit vorgelagert. Nach der Vorlagerung wird in die Bohrung ein Stift definierten Übermaßes gedrückt.

Diese so vorbereiteten Proben werden dann im zu untersuchenden Füllgut und in der jeweiligen Standardflüssigkeit gelagert und nach unterschiedlich langen Lagerzeiten entnommen und auf Restzugfestigkeit (Verfahren 3.1) oder auf Standzeit bis zum Durchreißen der Probekörper (Verfahren 3.2) untersucht.

Durch Vergleichsmessung mit den Standardflüssigkeiten ≪Netzmittellösung≫, ≪Essigsäure≫, ≪n-Butylacetat/mit n-Butylacetat gesättigte Netzmittellösung≫ oder ≪Wasser≫ als Prüfmedium wird ermittelt, ob der Schädigungsgrad des zu untersuchenden Füllgutes dazu gleich, stärker oder schwächer ist.

2. Probekörper

2.1 Form und Abmessung

Form und empfohlene Abmessung des Probekörpers sind Abbildung 1 zu entnehmen. Die Abweichung der Probendicke soll ± 15 % des Mittelwertes innerhalb einer Messreihe nicht überschreiten.

Zu einer Messreihe gehört das zu untersuchende Füllgut und die jeweilige Standardflüssigkeit.

Abbildung 1 Probekörper ohne Stift

2.2 Herstellung

Die Probekörper einer Messreihe können sowohl aus Gefäßen desselben Baumusters als auch aus dem gleichen Stück eines extrudierten Halbzeugs entnommen werden.

Bei spanender Herstellung der Probekörper reicht bezüglich Schnittflächenqualität ein Sägeschnitt. Bei der Bearbeitung entstehende Grate sollten lediglich von der später zu kerbenden Schnittfläche entfernt werden. Die Probekörper sind parallel zur Extrusionsrichtung zu kerben.

In jeden Probekörper wird nach Abbildung 1 ein Loch von 3 mm Durchmesser gebohrt.

Danach wird der Probekörper nach Abbildung 1 mit einer spitzen Kerbe mit einem Kerbradius von < 0,05 mm versehen.

Der Abstand zwischen Kerbgrund und Lochrand beträgt 5 mm ± 0,1 mm.

2.3 Anzahl der Probekörper

Für die Ermittlung der Restzugfestigkeiten nach Absatz 3.2 werden je Lagerzeit 10 Probekörper verwendet. Im Regelfall werden mindestens 5 Lagerzeiten angesetzt.

Für die Ermittlung der Standzeit bis zum Durchreißen der Probekörper nach Absatz 3.3 werden insgesamt 15 Stück benötigt.

2.4 Stifte

Für die Abmessungen der 4 mm dicken Stifte siehe Abbildung 2.

Abbildung 2

a: Stift für die Bestimmung der Restzugfestigkeitenb: Stift für die Bestimmung der Standzeit bis zum Durchreißen der Probekörper

Als Stiftmaterial ist vorzugsweise nichtrostender Stahl (z.B. X 12 Cr Si 17) zu verwenden.

Für Stoffe, die diesen Stahl angreifen, sind Glasstifte zu verwenden.

3. Prüfverfahren und Auswertung

3.1 Probenvorlagerung

Die Probekörper werden vor dem Aufstiften 21 Tage bei 40 °C ± 1 °C in den zu untersuchenden Flüssigkeiten und Standardflüssigkeiten vorgelagert. Für die Standardflüssigkeit c) gemäß Abschnitt 6.1.6 erfolgt die Vorlagerung in n-Butylacetat.

3.2 Verfahren zur Bestimmung der Restzugfestigkeitskurve

3.2.1 Durchführung

Der Stift nach Abbildung 2a wird über den konischen Teil mit seinem zylindrischen Teil verkantungsfrei in die Bohrung der Probekörper eingedrückt.

Die so vorbereiteten Proben werden dann in mit der jeweiligen Prüfflüssigkeit gefüllte und auf 40 °C temperierte Lagergefäße untergetaucht und im Wärmeschrank bei 40 °C ± 1 °C gelagert. Bei Standardflüssigkeit c) erfolgt diese Prüfung in mit 2 % n-Butylacetat versetzter Netzmittellösung.

Der Zeitraum zwischen Aufstiften der Probekörper und Fortsetzung der Einlagerung in der Prüfflüssigkeit muss für eine Messreihe einheitlich gewählt und konstant gehalten werden.

Die Lagerzeiten zur Bestimmung der zeit- und prüfflüssigkeitsabhängigen Spannungsrissbildung sind dabei so zu wählen, dass sich eine eindeutige Differenzierung zwischen den Restzugfestigkeitskurven der geprüften Standardflüssigkeiten und den zuzuordnenden Füllgütern mit ausreichender Sicherheit darstellen lässt.

Nach Entnahme aus dem Lagergefäß werden die Probekörper unmittelbar danach vom Stift abgestreift und von Prüfflüssigkeitsresten gesäubert.

Nach Abkühlen auf Raumtemperatur werden die Probekörper parallel zur gekerbten Seite durch die Mitte der Bohrung mit Hilfe eines Sägeschnittes geteilt. Für die weitere Prüfung werden nur noch diese gekerbten Probekörperteile verwendet.

Diese gekerbten Probekörperteile werden dann, nicht später als 8 Stunden nach Entnahme aus der Prüfflüssigkeit, in einer Zugprüfmaschine einer einachsigen Zugbeanspruchung bei einer Prüfgeschwindigkeit (Geschwindigkeit der bewegten Klemme) von 20 mm/min bis zum Bruch unterworfen. Es wird die Maximalkraft bestimmt. Die Prüfung im Zugversuch erfolgt bei Raumtemperatur (23 °C ± 2 °C) in Anlehnung an ISO/R 527.

3.2.2 Auswertung

Die Auswertung zur Bestimmung des Prüfflüssigkeitseinflusses beinhaltet die Ermittlung der Maximalspannung der vorgelagerten und nicht gestifteten Probekörperteile als Nullwert und der Maximalspannung der Probe nach den Lagerzeiten ty bei y > 5. Nach Umrechnung dieser Maximalspannungen bei ty in %, bezogen auf den Nullwert, werden diese Werte in ein Diagramm nach Abbildung 3 eingetragen.

Ein Vergleich mit den entsprechenden Restzugfestigkeitskurven aus Messungen mit den Standardflüssigkeiten ≪Netzmittellösung≫ oder ≪Essigsäure≫ oder ≪n-Butylacetat/mit n-Butylacetat gesättigter Netzmittellösung≫ oder ≪Wasser≫ zeigt dann, ob das untersuchte Füllgut einen stärkeren, schwächeren oder keinen Einfluss auf den gleichen Gefäßwerkstoff ausübt (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3

3.3 Verfahren zur Bestimmung der Standzeit bis zum Durchreißen der Probekörper

3.3.1 Durchführung

15 Probekörper werden jeweils einzeln verkantungsfrei bis zum Anschlag auf 15 Stifte nach Abbildung 2b aufgestiftet und in ein mit der jeweiligen Prüfflüssigkeit gefülltes und auf 40 °C temperiertes Glasrohr eingebracht.

Die Prüftemperatur wird auf ± 1 °C konstant gehalten. Durch visuelle Beobachtung wird das Durchreißen der Probekörper auf jedem Stift ermittelt. Der Riss breitet sich erfahrungsgemäß immer vom Kerbgrund zur Stiftoberfläche aus.

3.3.2 Auswertung

Maßgeblich für die Auswertung ist die bis zum Durchreißen von 8 Proben verflossene Standzeit TSF mit der Standardflüssigkeit. Die restlichen Rissbildungen brauchen nicht abgewartet zu werden.

Die Bewertung erfolgt durch den Vergleich zu der mit dem Füllgut gerissenen Anzahl Proben. Innerhalb der Standzeit TSF dürfen es höchstens 8 Proben sein.

3.4 Erläuterungen

Die Prüfparameter ≪Lagertemperatur≫ sowie ≪Abstand zwischen Kerbgrund und Lochrand≫ wurden bei diesem Prüfverfahren so ausgewählt, dass bei entsprechenden Untersuchungen mit den Standardflüssigkeiten ≪Netzmittellösung≫, ≪Essigsäure≫ und ≪n-Butylacetat/mit n-Butylacetat gesättigte Netzmittellösung≫ aussagefähige Ergebnisse im Sinne dieser Prüfvorschrift innerhalb einer Gesamtprüfzeit von ca. 28 Tagen erhalten werden. Hierbei lag ein hochmolekulares Polyethylen mit einer Dichte von ~ 0,952 g/cm3 und einem Schmelzindex (Melt Flow Rate [MFR] 190 °C/21,6 kg Last) von ~ 2,0 g/10 min zugrunde.

Da die Aussage aus dieser Prüfvorschrift immer eine Relativaussage sein soll, ist es auch möglich, zum Zweck einer Prüfzeitverkürzung die oben genannten Prüfparameter in Grenzen zu verändern. Dies ist im Prüfprotokoll besonders anzugeben.

4. Kriterien für ein befriedigendes Prüfergebnis

4.1 Das Prüfergebnis nach Labormethode A darf 1 % Masseaufnahme durch Anquellung nicht überschreiten, falls die Standardflüssigkeit a), ≪Netzmittellösung≫, und die Standardflüssigkeit b), ≪Essigsäure≫, zum Vergleich herangezogen werden sollen.

Das Prüfergebnis nach Labormethode A mit dem untersuchten Füllgut darf die Masseaufnahme durch Anquellung mit n-Butylacetat (etwa 4 %) nicht überschreiten, falls die Standardflüssigkeit c), ≪n-Butylacetat/mit n-Butylacetat gesättigte Netzmittellösung≫, zum Vergleich herangezogen werden soll.

4.2 Das Prüfergebnis nach Labormethode B muss für den zuzulassenden Stoff eine gleiche oder längere Standzeit erbringen als für die für den Vergleich herangezogenen Standardflüssigkeiten.

Labormethode C

Für die Ermittlung einer möglichen oxidativen oder molekular abbauenden Schädigung des Gefäßwerkstoffes aus Polyethylen hoher Dichte nach Absatz 6.1.5.2.6 bzw. 6.5.6.3.5 durch das Füllgut wird der Schmelzindex (Melt Flow Rate [MFR] 190 °C/21,6 kg Last [Load] nach ISO 1133 - Condition 7) von Probekörpern mit einem Dickenbereich entsprechend dem Baumuster vor und nach Einlagerung dieser Proben im zu beurteilenden Füllgut bestimmt.

Durch Einlagerung geometrisch gleicher Proben in die Standardflüssigkeit ≪Salpetersäure 55 %≫ nach Abschnitt 6.1.6.1 e) und Schmelzindexbestimmungen wird festgestellt, ob der Schädigungsgrad des zuzulassenden Füllgutes auf den Gefäßwerkstoff schwächer, gleich oder stärker ist.

Die Einlagerung von Proben erfolgt bei 40 °C bis zur Möglichkeit einer endgültigen Beurteilung, maximal bis zu 42 Tagen.

Soweit das zur Zulassung vorgesehene Füllgut nach Labormethode A gleichzeitig eine Anquellung durch Masseaufnahme von >1 % bewirkt, ist, um das Messergebnis nicht zu verfälschen, vor der Schmelzindexmessung eine ≪Rücktrocknung≫ der Probe mit gleichzeitiger Massekontrolle vorzunehmen, z.B. Lagerung im Vakuumtrockenschrank bei 50 °C bis zur Massekonstanz, in der Regel nicht über 7 Tage.

Kriterium für ein befriedigendes Prüfergebnis:

Die durch das zuzulassende Füllgut bewirkte Schmelzindexerhöhung des Gefäßwerkstoffes nach dieser Bestimmungsmethode darf die durch die Standardflüssigkeit ≪Salpetersäure 55 %≫ bewirkte Änderung unter Einschluss einer prüfmethodisch bedingten Toleranzgrenze von 15 % nicht überschreiten.

UWS Umweltmanagement GmbHENDE