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MSC.1/Rundschreiben 1619 - Richtlinien für die Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen und die Auswahl geeigneter Festmachausrüstung und -zubehörteile für ein sicheres Festmachen
Vom 11. Dezember 2020
(VkBl. Nr. 18 vom 30.09.2023 S. 548)
1 Der Schiffssicherheitsausschuss hat auf seiner einhundertzweiten Tagung (4. bis 11. November 2020) nach Prüfung eines Vorschlags des Unterausschusses "Ship Design and Construction" auf seiner sechsten Tagung (4. bis 8. Februar 2019) und in Anerkennung der Bedeutung der Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen und der Auswahl geeigneter Festmachausrüstung und -zubehörteile für sichere Festmacharbeiten im Hinblick auf die Gewährleistung eines einheitlichen Ansatzes bei der Anwendung der Bestimmungen der SOLAS-Regel II-1/3-8 in der durch die Entschließung MSC.474(102) geänderten Fassung, die voraussichtlich am 1. Januar 2024 in Kraft treten wird, die in der Anlage wiedergegebenen Richtlinien für die Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen und die Auswahl geeigneter Festmachausrüstung und -zubehörteile für ein sicheres Festmachen angenommen.
2 Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die in der Anlage wiedergegebenen Richtlinien den Schiffskonstrukteuren, Werften, Schiffseignern, Schiffsmanagern, Bareboat-Charterern und anderen Organisationen oder Personen, die für die Gestaltung der Anordnungen von Festmachern und die Auswahl geeigneter Festmachausrüstung und -zubehörteile verantwortlich sind, zur Kenntnis zu bringen.
3 Die Mitgliedstaaten werden ferner aufgefordert, die in der Anlage wiedergegebenen Richtlinien Kapitänen, Schiffsoffizieren und der Besatzung sowie allen anderen Beteiligten zur Kenntnis zu bringen.
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Anlage
Richtlinien für die Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen und die Auswahl geeigneter Festmachausrüstung und -zubehörteile für ein sicheres Festmachen
1 Einleitung
1.1 Die historische Entwicklung beim Schiffsentwurf, insbesondere bei großen Schiffen, hat zu einer Optimierung der Leistung und zu einem höheren Grad an Komplexität geführt; dies hat sich jedoch nicht auf die Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen ausgeweitet. Diese Richtlinien unterstützen die Anwendung der SOLAS-Bestimmungen für Anordnungen von Festmachvorrichtungen und fördern eine stärkere Berücksichtigung der Arbeitssicherheit und des sicheren Festmachens des Schiffes beim Entwurf neuer Schiffe. Die Verbesserung der Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen muss die Bedienbarkeit und Sicherheit bei Schlepp- und Festmacharbeiten erhöhen.
1.2 Regel II-1/3-8 Absätze 7 und 8 des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) in ihrer geänderten Fassung schreiben vor, dass bei Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von 3.000 und mehr, die am oder nach dem 1. Januar 2024 gebaut werden, die Anordnung von Festmachvorrichtungen so gestaltet und die Festmachausrüstung einschließlich der Leinen so ausgewählt werden muss, dass die Arbeitssicherheit und das sichere Festmachen des Schiffes gewährleistet sind; Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000, die am oder nach dem 1. Januar 2024 gebaut werden, müssen diesen Anforderungen, soweit dies vernünftigerweise durchführbar ist, oder den geltenden nationalen Normen der Verwaltung entsprechen.
1.3 Diese Richtlinien bieten einen Ansatz für die Gestaltung von Anordnungen und die Auswahl von Festmachausrüstung und -zubehörteilen, der in Verbindung mit den Grundsätzen der Ergonomie und Bedienbarkeit angewandt werden muss.
2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinien
2.1 bezeichnet der Ausdruck Leinenentwurfs-Bruchlast (Line Design Break Force, LDBF) die Mindestkraft, bei der eine neue, trockene, gespleißte Festmacherleine bricht. Dies gilt für alle synthetischen Fasertauwerkstoffe;
2.2 bezieht sich der Ausdruck Festmachbereich auf den speziellen Bereich auf einem Schiff, in dem die Festmachausrüstung installiert ist und die Leinenhandhabung stattfindet. Er umfasst auch Bereiche, in denen die Gefahr besteht, dass sich Besatzung verletzt, wenn die Festmachausrüstung zurückschnellt oder anderweitig fehlerhaft ist. Auf einem Schiff kann es mehrere Festmachbereiche geben;
2.3 bezeichnet der Ausdruck Anordnungen von Festmachvorrichtungen die Konfiguration der Festmachausrüstung und -zubehörteile und sonstiger Entwurfsmerkmale der Schiffe, die mit Festmacharbeiten zusammenhängen, z.B. Beleuchtungs- und Kommunikationseinrichtungen;
2.4 bezeichnet der Ausdruck Festmachausrüstung und -zubehörteile Gegenstände wie Festmacherwinden, Spille, Poller, Doppelpoller, Klüsen, Rollenklüsen usw. und umfasst auch Festmacherleinen;
2.5 bezeichnet der Ausdruck Festmacherleinen Taue, Seile, Drähte und Kombinationen, die bei Festmacharbeiten verwendet werden, mit Ausnahme von Hilfsleinen, aber einschließlich Vorläufern;
2.6 bezeichnet der Ausdruck Festmacharbeiten das normale Fest- und Losmachen des Schiffes, einschließlich der damit verbundenen Schleppbewegungen im Hafen;
2.7 bezeichnet der Ausdruck festmachendes Personal Personal, das im Rahmen der Hafendienste beim Festmachen und Losmachen von Schiffen an Land oder von Festmacherbooten aus hilft;
2.8 bezeichnet der Ausdruck Schiffsbesatzung die Besatzungsmitglieder, die mit der Beaufsichtigung von oder der Arbeit in Festmachbereichen während Festmacharbeiten beauftragt sind;
2.9 bezeichnet der Ausdruck Schiffsentwurfs-Mindestbruchlast (Ship Design Minimum Breaking Load, MBLSD) die Mindestbruchlast neuer, trockener Festmacherleinen, für die bordeigene Zubehörteile und unterstützende Schiffsverbände ausgelegt sind, um die Anforderungen an die Festmachersicherung zu erfüllen;
2.10 bezeichnet der Ausdruck Aufsichtspersonen Besatzungsmitglieder, die mit der Beaufsichtigung von Festmachbereichen während Festmacharbeiten betraut sind;
2.11 bezeichnet Anordnungsplan der Schlepp- und Festmachvorrichtungen den Plan, wie er in Abschnitt 5 der Anlage zu den Überarbeiteten Leitlinien für bordeigene Schlepp- und Festmachausrüstung (MSC.1/Rundschreiben 1175/Rev.1) beschrieben ist. Dieser Plan enthält spezifische Informationen über die Schlepp- und Festmachzubehörteile an Bord des Schiffes, die Festmacherleinen sowie die Anordnung von Festmacherleinen und die akzeptablen Umgebungsverhältnisse für das Festmachen;
2.12 bezeichnet der Ausdruck Arbeitslastgrenze (Working Load Limit, WLL) die Höchstlast, der eine Festmacherleine im Betrieb ausgesetzt werden darf und die sich aus den entsprechenden Umgebungsanforderungen für die Festmachersicherung ergibt.
3 Ziele
Die Sicherheitsziele bei der Auswahl der Ausrüstung und der Gestaltung der Anordnung von Festmachvorrichtungen müssen darin bestehen, sichere Festmacharbeiten zu erleichtern und das Risiko für die Schiffsbesatzung und das festmachende Personal zu verringern, das durch eine ungeeignete Auswahl und Anordnung der Ausrüstung und der Zubehörteile entsteht.
4 Funktionale Ziele
4.1 Ein Schiff muss mit Festmachausrüstung und -zubehörteilen ausgestattet sein, die für seinen Typ und seine Größe geeignet sind. Außerdem muss ein Schiff mit Festmacherleinen ausgestattet sein, die für die an Bord eingebaute Ausrüstung und eingebauten Zubehörteile geeignet sind. Um die in Abschnitt 3 dargelegten Sicherheitsziele für die richtige Auswahl der Ausrüstung und der Gestaltung der Anordnung von Festmachvorrichtungen zu erreichen, müssen die folgenden funktionalen Ziele angewendet werden.
4.2 Die Festmachausrüstung und -zubehörteile müssen:
5 Erreichung der funktionalen Ziele
Um die funktionalen Ziele zu erreichen, müssen die folgenden Gestaltungs- und Ausstattungsmerkmale bereits in der frühesten Phase des Entwurfsprozesses berücksichtigt werden.
Die Auswahl von Ausrüstung, Zubehörteilen und Festmacherleinen darf nicht unabhängig erfolgen. Um sichere Festmacharbeiten zu ermöglichen, müssen Festmachausrüstung, -zubehörteile und Festmacherleinen als ein komplettes System betrachtet werden, bei dem alle Komponenten zueinander passen.
Die Leitlinien für die Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen und die Auswahl von Ausrüstung und -zubehörteilen müssen in Verbindung mit MSC.1/Rundschreiben 1175/Rev.1 gelesen werden.
Dieser Abschnitt muss so weit umgesetzt werden, wie es die Größe und der Zweck des Schiffes zulassen.
5.1 Gestaltung der Anordnung von Festmachern
5.1.1 Um die Notwendigkeit komplizierter Festmacherleinen-Konfigurationen während des normalen Schiffsbetriebs auf ein Mindestmaß zu beschränken, müssen die Festmacherwinden und Klüsen so angeordnet sein, dass jede der im Anordnungsplan der Schlepp- und Festmachvorrichtungen beschriebenen Festmacherleinen direkt und ungehindert von der Festmacherwinde zur Klüse verlaufen kann. Es ist vorzuziehen, für jede Festmacherleine eine eigene Klüse vorzusehen.
5.1.2 Wenn ein gerader Verlauf nicht möglich ist:
5.1.3 Um die Übersicht und Aufsicht über die Festmacharbeiten zu gewährleisten, muss der Festmachbereich so gestaltet sein, dass die Aufsichtspersonen einen ungehinderten Blick auf die installierten Festmacheinrichtungen und -zubehörteile haben. Dazu muss eine Plattform oder ein anderes geeignetes Mittel vorgesehen werden, von dem aus die Aufsichtspersonen einen ungehinderten Blick auf den geplanten Festmachbereich und die Liegeplatzeinrichtungen von einer Position aus werfen können, die frei von Gefahren ist.
5.1.4 Die Anordnungen von Festmachvorrichtungen müssen so gestaltet sein, dass die Sicht zwischen der Schiffsbesatzung und den betätigten Leinen innerhalb des Festmachbereichs nicht behindert wird.
5.1.5 Dem Windenbediener müssen Bedienungen für Festmacherwinden zur Verfügung gestellt werden, die so angeordnet sind, dass der Windenbediener einen direkten Blick auf die betätigte Leine in dem Festmachbereich, in dem gearbeitet wird, hat, ohne von der Windenbedienung wegzutreten. Die Windenbedienung muss in einem sicheren Bereich positioniert sein.
5.1.6 Die Decksbeleuchtung muss bei Dunkelheit oder eingeschränkten Sichtverhältnissen eine klare Sicht auf den Festmachbereich und die Ausrüstung und Leinen, mit denen gearbeitet wird, ermöglichen.
5.1.7 Bei der Gestaltung von Anordnungen von Festmachvorrichtungen und von Festmachbereichen müssen die folgenden Einschränkungen berücksichtigt werden:
5.1.8 Sofern die Größe und die besonderen Merkmale des Schiffes dies nicht zulassen, müssen Ausrüstung und Zubehörteile in den Festmachbereichen so angeordnet sein, dass die Schiffsbesatzung während der Festmacharbeiten ungehinderten Zugang zu Folgendem hat:
5.1.9 Die Anordnungen der Festmachvorrichtungen müssen so gestaltet sein, dass die Schiffsbesatzung nicht durch das Zurückschnellen unter Spannung stehender Leinen oder das plötzliche Bewegen der Festmacherleinen in Gefahr gebracht wird. In diesem Zusammenhang müssen die folgenden Maßnahmen in Betracht gezogen werden:
5.1.10 Festmachbereiche müssen als potenzielle Rückschnellbereiche betrachtet werden, und es müssen Schilder aufgestellt sein, die darauf hinweisen.
5.1.11 Um den Bedarf an manueller Handhabung von Schlepp- und Festmacherleinen zu minimieren, müssen die folgenden Maßnahmen in Betracht gezogen werden:
5.1.12 Bei der Gestaltung der Anordnung von Festmachvorrichtungen müssen die Grundsätze für wirksame Anordnungen von Festmachvorrichtungen berücksichtigt werden, die in den entsprechenden Anleitungen der Industrie für Festmachausrüstung und -zubehörteile enthalten sind.
5.2 Auswahl von Ausrüstung, Zubehörteilen und Festmacherleinen
5.2.1 Bei der Auswahl von Winden ist Folgendes zu berücksichtigen:
5.2.2 Bei der Auswahl von Zubehörteilen ist Folgendes zu berücksichtigen:
5.2.3 Bei der Auswahl von Festmacherleinen ist Folgendes zu berücksichtigen:
5.2.4 Um eine Überlastung von Festmacherwinden, Zubehörteilen und Festmacherleinen zu vermeiden, muss in Erwägung gezogen werden, Festmacherwinden mit einem Bremsvermögen, das geringer ist als die Schiffsentwurfs-Mindestbruchlast der Festmacherleine, oder mit einem einstellbaren Bremsvermögen auszuwählen.
5.2.5 Zubehörteile, insbesondere schiffsseitige Klüsen, müssen so angebracht sein, dass die Gefahr des Scheuerns der Festmacherleinen während des normalen Schiffsbetriebs möglichst gering ist.
5.2.6 Bei der Auswahl der Ausrüstung und der Zubehörteile, einschließlich der Leinen, müssen die Grundsätze für wirksame Anordnungen von Festmachvorrichtungen berücksichtigt werden, die in den entsprechenden Anleitungen der Industrie enthalten sind.
5.2.7 Die Festmachausrüstung, die Zubehörteile und die Festmacherleinen müssen in Bezug auf Ausführung, Durchmesser, Festigkeit, Eignung usw. stets mit dem ursprünglichen Zweck und Konzept der Anordnung von Festmachvorrichtungen vereinbar sein und beibehalten werden.
5.2.8 Belastungsgrenzen
5.2.8.1 Ungeachtet der Begriffsbestimmung in Absatz 2.1 muss die LDBF von Festmacherleinen aus Nylon unter nassen und gespleißten Bedingungen geprüft werden.
5.2.8.2 Alle Komponenten des Festmachsystems eines Schiffes müssen innerhalb bestimmter Toleranzen auf der Grundlage der MBLSD ausgewählt werden.
5.2.8.3 Bei der Auswahl von Leinen muss die LDBF 100 % bis 105 % der MBLSD betragen.
5.2.8.4 Die Arbeitslastgrenze (WLL) von Festmacherleinen muss als Grenzwert für den Betrieb durch den Benutzer verwendet werden, der nicht überschritten werden darf. Die WLL wird als Prozentsatz der MBLSD ausgedrückt und muss bei betrieblichen Festmachanalysen als Grenzwert verwendet werden. Stahldrähte haben eine WLL von 55 % der MBLSD und alles andere Tauwerk (synthetisch) hat eine WLL von 50 % der MBLSD.
6 Dokumentation von Abweichungen
6.1 In einem Nachtrag zum "Anordnungsplan der Schlepp- und Festmachvorrichtungen" müssen die Abweichungen zu den folgenden Absätzen festgehalten werden, sofern sie bestehen:
6.2 Die Dokumentation muss eine Begründung für solche Abweichungen und ggf. geeignete Sicherheitsmaßnahmen enthalten.
6.3 Ein Verweis auf den Nachtrag muss in den Anordnungsplan der Schlepp- und Festmachvorrichtungen aufgenommen werden, um die Schiffsbesatzung auf die Sicherheitsmaßnahmen aufmerksam zu machen, die bei Festmacharbeiten zu beachten sind.
7 Quellenangabe
(1) Oil Companies International Marine Forum (OCIMF), Mooring Equipment Guidelines, 4th Edition 2018, ISBN: 978-1-85609-771-0.
(2) Ian. C. Clark BSc, MSc, Master Mariner, MNI, The Nautical Institute, Mooring and Anchoring Ships Vol.1, Principle and Practice, ISBN: 9781906915934, 2009.
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Bekanntmachung des Rundschreibens des Schiffssicherheitsausschusses MSC der IMO MSC.1/ Rundschreiben 1619, "Richtlinien für die Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen und die Auswahl geeigneter Festmachausrüstung und -zubehörteile für ein sicheres Festmachen", in deutscher Sprache Vom 07. September 2023 Az.: 11-3-0 Durch die Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr wird hiermit das Rundschreiben des Schiffssicherheitsausschusses MSC der IMO MSC.1/Rundschreiben 1619, "Richtlinien für die Gestaltung der Anordnungen von Festmachvorrichtungen und die Auswahl geeigneter Festmachausrüstung und -zubehörteile für ein sicheres Festmachen", in deutscher Sprache amtlich bekannt gemacht. |
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