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Richtlinie für die Prüfung von Einrichtungen, die bei der Systemdatenprüfung und/oder der Prüfung über die elektronische Fahrzeugschnittstelle nach § 29 i. V. m. Anlage VIIIa StVZO als universelle Messgeräte genutzt werden, sowie von schreibenden Bremsmessgeräten nach Nr. 5 der Anlage VIIId der StVZO
Vom 16. Oktober 2018
(VkBl. Nr. 21 vom 15.11.2018 S. 755)
StV 22/7345.2/80-5
Siehe Fn.* 1
1 Zweckbestimmung, Anwendung
Die Ausstattung von Prüfstellen, Prüfstützpunkten, Prüfplätzen und anerkannten SP-Werkstätten mit Einrichtungen zur Systemdatenprüfung und/oder Prüfung über die elektronische Fahrzeugschnittstelle mit der Funktionalität für eine Bremsverzögerungsmessung sowie mit schreibenden Bremsmessgeräten - beide nachfolgend Verzögerungsmessgerät genannt - ist nach Nr. 25 bzw. Nr. 5 der Anlage VIIId der StVZO vorgeschrieben. Dabei sind die Übergangsbestimmungen des § 72 Abs. 2 Nr. 7, 8 und 9 StVZO zu berücksichtigen; insoweit sind bei der HU und SP an Fahrzeugen, die vor dem 01.04.2006 erstmals in den Verkehr kamen, die universellen Messgeräte nur zur Verzögerungsmessung einzusetzen. Nach Nr. 3.2 Anlage VIIId StVZO hat der Inhaber oder Nutzer der Untersuchungsstellen die Einhaltung der für die eingesetzten Mess-/Prüfgeräte geltenden Vorschriften und Herstellervorgaben sicherzustellen.
Weiterhin unterliegen die Untersuchungsstellen der Akkreditierung durch die deutsche Akkreditierungsstelle nach ISO 17020 und müssen gemäß Ziffern 6.2.6 und 6.2.7 ihre Messgeräte bei akkreditierten Kalibrierlaboratorien nach ISO 17025 auf nationale Normale rückführen, also kalibrieren lassen.
Verzögerungsmessgeräte im Sinne dieser Richtlinie sind Einrichtungen, mit denen die Beschleunigung in bis zu drei Achsen und gegebenenfalls die Winkelgeschwindigkeit um bis zu drei Achsen bei der regelmäßigen technischen Untersuchung der Fahrzeuge nach § 29 StVZO ermittelt wird und die zu diesem Zweck bis zu drei Beschleunigungen und ggf. bis zu drei Winkelgeschwindigkeiten einzeln aufzeichnen, ggf. anzeigen und über eine Schnittstelle ausgeben.
Bei Verzögerungsmessgeräten ist die vorgenannte Anforderung dann erfüllt, wenn die nachstehenden Anforderungen eingehalten und die wiederkehrenden Kalibrierungen an im Betrieb befindlichen Verzögerungsmessgeräten fristgerecht durchgeführt werden. Die Einhaltung dieser Anforderungen gewährleistet, dass die Verzögerungsmessgeräte ordnungsgemäß arbeiten und verlässliche Messergebnisse zur Bremsverzögerung im Einsatz bei einer HU oder SP generieren.
Der Einsatz des Verzögerungsmessgerätes darf nur dann erfolgen, wenn das Gerät mit der in Abschnitt 3.5 vorgegebenen Plakette gekennzeichnet ist.
1.1 Betriebsanleitung
Für jedes Verzögerungsmessgerät ist eine Betriebsanleitung erforderlich, die der Norm DIN EN 82079-1:2013-06 entspricht. Betriebsanleitungen ausländischer Hersteller in deutscher Sprache mit gleichwertigem Inhalt sind zulässig.
1.2 Messgrößenbezeichnungen und Einheiten
Für Dokumentationen im Zusammenhang mit dieser Richtlinie sollten folgend aufgeführte Messgrößenbezeichnungen und Einheiten verwendet werden.
Formelzeichen
Winkelgeschwindigkeit | ϖ in °/s |
Beschleunigung | a in m/s2 |
Weg | s in m |
Zeit | t in s |
Datenerfassungsrate | fs in S/s (Sample pro Sekunde) |
Normfallbeschleunigung | gn 9,80665 m/s2 |
Lokale Schwerebeschleunigung | glokal in m/s2 |
Indizierungen
ax | Beschleunigung in x-Richtung |
ay | Beschleunigung in y-Richtung |
az | Beschleunigung in z-Richtung |
ϖx | Winkelgeschwindigkeit um die x-Achse |
ϖy | Winkelgeschwindigkeit um die y-Achse |
ϖz | Winkelgeschwindigkeit um die z-Achse |
1.3 Definition des Koordinatensystems
Alle Beschleunigungen und Winkelgeschwindigkeiten sind auf ein Koordinatensystem zurückzuführen, welches folgende Bedingung einhält:
Die Vorzugslage des Verzögerungsmessgerätes ist in der Bedienungsanleitung eindeutig anzugeben. Damit das Verzögerungsmessgerät entsprechend der Vorgaben in Fahrzeugen positioniert werden kann, ist eine eindeutige Markierung oder Beschriftung auf dem Messgerät anzubringen.
2 Messtechnische Eigenschaften und Fehlergrenzen bei der HU/SP
2.1 Messbereich und Fehlergrenzen der Beschleunigungsmessung
Die Beschleunigungen in allen messenden Achsen muss mit einer Messabweichung von höchstens 10 % + 0,1 m/s2 vom Messwert und einer Auflösung von mindestens 0,02 m/s2 in einem Messbereich von mindestens 16 m/s2 gemessen werden. Die Nullpunktabweichung in Ruhelage in den jeweiligen Achsen darf nicht höher als 10 % vom Messbereichsendwert sein. Für die im Rahmen der HU/SP zur Bewertung herangezogenen Messwerte muss die Nullpunktabweichung tariert werden.
2.2 Messbereich und Fehlergrenzen der Winkelgeschwindigkeitsmessung
Sofern das Verzögerungsmessgerät die Messgröße Winkelgeschwindigkeit erfasst und zur Bestimmung des Messergebnisses nutzt, muss die Winkelgeschwindigkeit um alle dabei genutzten Messachsen mit einer Messabweichung von höchstens 10 % + 0,1 °/s vom Messwert und einer Auflösung von mindestens 0,01 °/s in einem Messbereich von mindestens +/- 50 °/s gemessen werden. Die zu messende Nullpunktabweichung in Ruhelage darf nicht höher als 10 % vom Messbereichsendwert sein. Für die im Rahmen der HU/SP zur Bewertung herangezogenen Messwerte muss die Nullpunktabweichung tariert werden.
2.3 Datenerfassung
Zu den jeweiligen Messwerten sind die Zeitpunkte der Werteaufnahme aufzuzeichnen. Die Daten müssen mit einer Abtastrate von mindestens 100 S/s aufgezeichnet werden.
3 Kalibrierung/Rückführung
3.1 Akkreditierung
Die Einhaltung der Anforderungen an die Messunsicherheit des Verzögerungsmessgeräts wird mittels Vergleich mit einer Referenzmessgröße überprüft. Dies hat gemäß den Anforderungen an die Rückführbarkeit der ISO 17020 typischerweise durch eine Kalibrierung bei einem für diese Messung nach ISO 17025 akkreditierten Kalibrierlabor zu erfolgen. Im Rahmen der Akkreditierung des Kalibrierlabors ist die Eignung der verwendeten Prüfmittel, die Validität der angewandten Messverfahren, die Rückführung der Kalibrierergebnisse auf nationale Normale, die Einhaltung der im Ergebnisbericht dokumentierten Messunsicherheit und die Kompetenz des kalibrierenden Personals sichergestellt.
3.2 Kalibrierverfahren und -fristen
Die Kalibrierung des Verzögerungsmessgerätes muss für die Gruppe der Beschleunigungsmessachsen und, sofern verbaut, die Gruppe der Winkelgeschwindigkeitsmessachsen in jeweils gleichem Umfang erfolgen. Die Kalibrierung kann dabei nach statischen (zeitlich konstante Eingangsgröße) oder dynamischen (sinusförmige Eingangsgrößen) Verfahren erfolgen. Dem Stand der Technik und der Art der Anwendung nach ist dabei den dynamischen Verfahren (siehe 3.3.1 u. 3.3.2) der Vorzug zu geben.
Eine Kalibrierung des Verzögerungsmessgerätes ist vor dem ersten Einsatz und nachfolgend spätestens nach jeweils 24 Monaten durchzuführen. Längere Prüfintervalle sind nach einem anerkannten Verfahren vom Hersteller mit Zustimmung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt festzulegen.
3.3 Anforderungen an die Kalibrierung
3.3.1 Anforderungen an die dynamische Kalibrierung der Beschleunigungsmessachsen
Die Kalibrierung muss gemäß ISO 16063-11 oder ISO 16063-21 oder DAkkS-DKD R3-1 Blatt 3 erfolgen. Die Kalibrierung ist im Frequenzbereich von 1 Hz bis 10 Hz bei mindestens 5 unterschiedlichen Frequenzpunkten durchzuführen. Falls möglich sollten dafür Normfrequenzen der DIN EN ISO 266 gewählt werden. Soweit nicht durch den Schwingweg begrenzt, soll mit einer Beschleunigungsamplitude von 5 m/s2 angeregt werden. Bei einer Frequenz im Bereich zwischen 5 Hz und 10 Hz ist zusätzlich eine Linearitätsmessung mit mindestens 5 verschiedenen Anregungsamplituden zwischen 1 m/s2 und 16 m/s2 durchzuführen. Falls die Anforderungen an die Anregungsamplitude den Messbereich des Kalibriergegenstandes übersteuern würden, sind vom Labor alternative Anregungsamplituden zu wählen, die den Messbereich weitestgehend überdecken.
Als Kalibrierergebnis sind die gemessene Referenzamplitude, die gemessene Amplitude des Kalibriergegenstandes sowie die daraus resultierende Messabweichung für alle Messpunkte und Messachsen zu dokumentieren. Zusätzlich ist die maximale Nullpunktabweichung des Kalibriergegenstandes zu dokumentieren.
Die erweiterte relative Messunsicherheit der Kalibrierung darf dabei 3 % der Referenz amplitude nicht überschreiten.
3.3.2 Anforderungen an die dynamische Kalibrierung der Winkelgeschwindigkeitsmessachsen
Die Kalibrierung erfolgt in Anlehnung an die in 3.3.1 genannten Normen und Richtlinien im Vergleichsverfahren. Dabei werden Prüfling und Referenz der gleichen sinusförmigen Rotationsanregung um ihre jeweilige Messachse ausgesetzt. Die Anregung erfolgt monofrequent und mit konstanter Amplitude.
Die Kalibrierung ist im Frequenzbereich von 1 Hz bis 10 Hz bei mindestens 5 unterschiedlichen Frequenzpunkten durchzuführen. Falls möglich sollten dafür Normfrequenzen der DIN EN ISO 266 gewählt werden. Die Anregungsamplitude ist dabei im Bereich von 15 °/s bis 50 °/s zu wählen. Bei einer Frequenz im Bereich zwischen 5 Hz und 10 Hz ist zusätzlich eine Linearitätsmessung mit mindestens 5 verschiedenen Anregungsamplituden zwischen 8 °/s und 50 °/s durchzuführen.
Als Kalibrierergebnis sind die gemessene Referenzamplitude, die gemessene Amplitude des Kalibriergegenstandes sowie die daraus resultierende Messabweichung für alle Messpunkte und Messachsen zu dokumentieren. Zusätzlich ist die maximale Nullpunktabweichung des Kalibriergegenstandes zu dokumentieren.
Die erweiterte relative Messunsicherheit der Kalibrierung darf dabei 3 % der Referenz amplitude nicht überschreiten.
3.3.3 Anforderungen an die statische Kalibrierung der Winkelgeschwindigkeitsmessachsen
Die Kalibrierung erfolgt für jede Winkelgeschwindigkeitsmessachse des Kalibriergegenstandes im Vergleichsverfahren. Dabei werden Prüfling und Referenz der gleichen konstanten Rotationsanregung um ihre jeweilige Messachse ausgesetzt. Zur Kalibrierung sind für jede Messachse mindestens 5 möglichst äquidistante Winkelgeschwindigkeiten im Bereich von 8 °/s bis 50 °/s einzustellen und die entsprechenden Messwerte des Kalibriergegenstandes zu erfassen. Die Winkelgeschwindigkeitskalibrierungen sind mit positiver und negativer Drehrichtung durchzuführen.
Als Kalibrierergebnis sind die gemessenen Referenzwerte, die gemessene Winkelgeschwindigkeit des Kalibriergegenstandes sowie die daraus resultierende Messabweichung für alle Messpunkte und Messachsen zu dokumentieren. Zusätzlich ist die durch lineare Regression über die zuvor erfassten Messwerte ermittelte Nullpunktabweichung und Steigung der Regressionsgeraden des Kalibriergegenstandes zu dokumentieren.
Die erweiterte relative Messunsicherheit der Kalibrierung darf dabei 3 % des Referenzwertes nicht überschreiten.
3.4 Übergangsbestimmungen
Die statische Kalibrierung nach Nummer 3.3.3 ist nur bis zum 31.12.2023 zulässig.
3.5 Ergebnisdokumentation
Die Dokumentation des Kalibrierergebnisses erfolgt in einem Kalibrierschein entsprechend der Richtlinie DAkkS-DKD-5.
Zusätzlich zu den in der genannten Richtlinie geforderten Angaben sind folgende Informationen im Kalibrierschein aufzunehmen:
Ein Verzögerungsmessgerät gilt als konform zu den Anforderungen, wenn für keine der im Rahmen der Kalibrierung ermittelten Messabweichungen die Summe aus dem Betrag der ermittelten Messabweichung und der erweiterten Messunsicherheit der Kalibrierung +/- 5 % des zugehörigen Referenzwertes überschreitet.
Als Referenzwert der Nullpunktabweichung gilt in diesem Zusammenhang der Wert von 16 m/s2 bei der Beschleunigung bzw. 50 °/s bei der Winkelgeschwindigkeit.
Bei Einhaltung der Konformität ist ein kalibriertes Verzögerungsmessgerät mit einer Plakette zu versehen, die folgende Informationen enthält:
Ersatzweise kann die Kalibrierplakette gemäß ISO 17025 auch um entsprechende Informationen ergänzt werden.
_____
*) Die Ausstattung von Untersuchungsstellen mit Mess- und Prüfgeräten, die bei den nach § 29 i. V. m. Anlage VIII StVZO vorgeschriebenen Untersuchungen und Prüfungen eingesetzt werden müssen, ist durch die Vorschriften der Anlage VIIId StVZO vorgegeben.
Nach Nummer 25 in der Tabelle zu Nummer 3 der Anlage VIIId StVZO ist vorgeschrieben, dass die Untersuchungsstellen, in denen Hauptuntersuchungen (HU) oder Sicherheitsprüfungen (SP) durchgeführt werden, mit "Einrichtungen für die Systemdatenprüfung und/oder Prüfungen über die elektronische Fahrzeugschnittstelle" ausgerüstet sein müssen, bzw. von den in Prüfstützpunkten oder auf Prüfplätzen tätigen Prüfingenieuren von diesen mitzuführen sind (Nummer 4.1 Anlage VIIId StVZO).
In den vorgenannten Einrichtungen kann auch die Funktionalität einer Bremsverzögerungsmessung wie bei einem schreibenden Bremsmessgerät nach Nummer 5 der Tabelle zu Nummer 3 der Anlage VIIId StVZO ("Verzögerungsmessgeräte" - VZM -) eingebaut sein.
Die vorgenannte Nummer 5 kann alternativ zur Anwendung kommen.
Mit der nachfolgenden Richtlinie soll sichergestellt werden, dass die Verzögerungsmessgeräte ordnungsgemäß arbeiten und wiederkehrend zu kalibrieren sind.
Im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden wird die nachstehende Richtlinie veröffentlicht.
Sie ist spätestens ab dem 01.01.2019 anzuwenden.
Die "Vorläufige Richtlinie für die Prüfung von Einrichtungen, die bei der Systemdatenprüfung und/oder der Prüfung über die elektronische Fahrzeugschnittstelle nach § 29 in Verbindung mit Anlage VIIIa StVZO als universelle Messgeräte genutzt werden." (BMVI/LA 20/7345.2/80-5 vom 20.11.2014, Verkehrsblatt Seite 835) wird hiermit aufgehoben.
1) Notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.09.2015 S. 1)
ENDE |