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Bekanntmachung zur Anwendung des Forschungsberichtes 203 der Bundesanstalt
für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Verbindung mit der Ausnahme Nr. 47
(S) der Gefahrgut-Ausnahmeverordnung (GGAV), künftig Ausnahme 14 (S)
der Gefahrgut-Ausnahmeverordnung (GGAV 2002)
Vom 29. Juli 2002
(VkBl. Heft 16 vom 31.08.2002 Nr. 150 S. 522)
Entsprechend der Ausnahme 14 (S) GGAV 2002 können bestimmte Stoffe der Klasse 3 in Tanks ohne Beachtung des § 7 der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE) befördert werden. Dazu ist auf der Grundlage des BAM-Forschungsberichtes 203 über "Sicherheitsniveaus von Transporttanks für Gefahrgut, überarbeitete Fassung vom Juli 1997, ein bestimmtes Sicherheitsniveau des Tanks zu ermitteln.
Für eine weitgehende Einheitlichkeit der Tankbewertung werden folgende Hinweise bei der Anwendung des Forschungsberichtes 203 bekannt gegeben:
1. Bemessung der Kenngröße f1 - Spezifisches Arbeitsaufnahmevermögen
Mit der Kenngröße für das spezifische Arbeitsaufnahmevermögen werden der Tankwerkstoff und die Wanddicke berücksichtigt, die für das Ertragen von lokalen Belastungen im Unfallgeschehen von Bedeutung sind.
1.1 Für die Normierung der Kenngröße W** auf den nach ADR definierten Vergleichstank aus Baustahl wird für Baustahl RmξA = 10000 nach Absatz 6.8.2.1.12 ADR als Grundlage genommen; der Wert 10000 ist eine Vergleichsgröße. Alle Baustähle, die unter die Definition dieses Absatzes fallen, werden gleichartig bewertet.
1.2 Bei der Ermittlung der fiktiven Gesamtwanddicke eges werden nur verstärkte Teilflächen berücksichtigt, deren Größe als Ganzes 10 % der seitlichen Projektionsfläche des Tanks übersteigen. Die sicherheitssteigernde Wirkung kleinerer Teilflächen kann nicht eingeschätzt werden, da diese zu vermehrten Unstetigkeiten in der Tankschale führen und möglicherweise Nachteile entstehen.
1.3 Es werden nur Flächen berücksichtigt, die direkt dem Tank zuzuordnen sind (z.B. keine Schlauchkästen, kein seitlicher Anfahrschutz). Die Kenngröße f1 dient nur zur reinen Tankbewertung bezüglich des spezifischen Arbeitsaufnahmevermögens. Bauchbindenkonstruktionen werden bei der Bewertung berücksichtigt.
1.4 Doppelböden werden bezüglich der fiktiven Gesamtwanddicke eges bewertet, indem die realen Wanddicken addiert werden (Grenze von eges siehe 1.6).
1.5 Jeder unterschiedlich verstärkte Endboden (ein Doppelboden wird für die Rechnung quasi als ein Endboden gesehen) geht jeweils mit 25 % Anteil des geschützten Bereichs in die Berechnung von eges mit ein.
1.6 Der anrechenbare Wert für die fiktive Gesamtwanddicke eges bei wanddickenreduzierten Tanks darf bei lokalen Wanddickenerhöhungen (z.B. verstärkte Endböden) nicht die Mindestwanddicke nach Absatz 6.8.2.1.18 ADR für nicht wanddickenreduzierte Tanks überschreiten.
1.7 Wenn die Bauchbinde innenliegend ist, muss sie mit durchgehenden Schweißnähten gefügt sein.
2. Bemessung von f2 - Globales Arbeitsaufnahmevermögen
Globale Beanspruchungen treten durch Umkippen oder Auffahren auf weitgehend starre Hindernisse sowie durch linienförmige Lasteinleitung beim Aufprall auf kantenförmige Körper (z.B. Hauswandecken, Pfeiler usw.) auf. Die Kenngröße f2 berücksichtigt die Ertragbarkeit solcher globalen Beanspruchungen auf Tanks im Unfallgeschehen.
2.1 Grundlagen bei der Ermittlung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens
Das globale Arbeitsaufnahmevermögen als Maßstab für den Schutz gegen großflächige Beanspruchungen von außen ist durch einen Versuch entsprechend des Forschungsberichtes 203 (Abschnitt 3.3 Globales Arbeitsaufnahmevermögen von Tankstrukturen) an einer repräsentativen 4m-Tankabschnittslänge zu ermitteln. Berechnungsverfahren (z.B. Finite Elemente Methode -FEM) können auch bei der Ermittlung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens herangezogen werden.
Bild 1: Beispiele von Elementen zur Erhöhung des globalen Arbeitsaufnahmevermögen
2.2 Bewertung typischer Trenn- und Schwallwände bezüglich des Arbeitsaufnahmevermögens
Bei Baugleichheit transversaler Elemente kann die Übertragung von an Versuchstanks experimentell ermittelten Werten für das globale Arbeitsaufnahmevermögen auf vergleichbare Tankstrukturen erfolgen.
Im Sinne der Bewertung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens können verschiedene Arten von Schwall- oder Trennwänden berücksichtigt werden. Dabei sind die nachfolgenden Werte durch Versuche als bestätigt anzusehen:
Zylindertanksegment: | Aluminiumlegierung mit 5,12 mm Mindestwanddicke*) Korbbogenböden bzw. Klöpperböden ~ 35 kNm |
Koffertanksegment: | Aluminiumlegierung mit 5,12 mm Mindestwanddicke*) Doppel-S-Boden ~ 25 kNm Normalboden ~ 20 kNm |
*) Die Werte für das globale Arbeitsaufnahmevermögen können auf die Al-Legierungen mit 5 mm Mindestwanddicke übertragen werden. |
2.3 Bewertung typischer Tankbauarten
In untenstehender Tabelle (Auszug aus Forschungsbericht 203 - Tabelle 12, S. 23) sind für bestimmte Tankarten die ermittelten globalen Arbeitsaufnahmevermögen sowie die Normierung auf den Basistank dargestellt:
Erläuterung der vorstehend definierten Tankarten Nr. 1 bis 4: Tank Nr. 1 ist der nach ADR vorgegebene Basistank ohne Kammereinteilung.
Tabelle 1: Normierung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens zur Definition der Kenngröße f2
Nr. | Tankart | Wglob. [kNm] | N.a.F. = f2 |
1 | ohne Kammereinteilung nur Endböden | 30 | 0,4 |
2 | "Normaltank" (Kammergröße 7500 L) | 40 | 0,6 |
3 | "Franzosentank" (Zylinder) | 70 | 1,0 |
4 | Tanks besonderer Bauart | 100 | 1,4 |
Tank Nr. 2 ist der typische wanddickenreduzierte Koffertank für Mineralöltransporte im Verteilerverkehr. Bei einem mittleren Abstand der Trenn- oder Schwallwände (1 Element erreicht 20 kNm - siehe Bewertung in 2.2) von ≤ 2 m wird bei einer homogenen Verteilung im Sinne des globalen Arbeitsaufnahmevermögens gewährleistet, dass immer 2 Trenn- oder Schwallwände in einer Tankabschnittslänge von 4 m (Basis-Prüflänge) vorhanden sind und damit für f2 ein Wert von 0,6 (~ 40 kNm) vergeben werden kann. Bei der Ermittlung des mittleren Abstandes der Transversalelemente wird die Gesamt-Tanklänge zugrunde gelegt.
Tank Nr. 3 entspricht einem zylindrischen Tank nach Absatz 6.8.2.1.20 (b) 1. ADR. Bei einem mittleren Abstand der Trenn- oder Schwallwände (1 Element erreicht 35 kNm - siehe Bewertung in 2.2) von ≤ 2 m wird bei einer homogenen Verteilung im Sinne des globalen Arbeitsaufnahmevermögens gewährleistet, dass immer 2 Trenn- oder Schwallwände in einer 4 m-Tankabschnittslänge vorhanden sind und damit für f2 ein Wert von 1,0 (~ 70 kNm) vergeben werden kann.
Zylindertanks mit Verstärkungsringen als alleinige Schutzmaßnahme besitzen gegenüber Tanks mit Trenn- und Schwallwänden wesentlich kleinere Werte für das globale Arbeitsaufnahmevermögen.
Tank Nr. 4 ist ein mit zusätzlichen transversalen Elementen ausgerüsteter Tank. Nachfolgend sind zwei typische Tankarten beispielhaft erläutert:
2.4 Bewertung von Sonderkonstruktionen
Die unter 2.3 definierten Tankarten Nr. 1 bis 4 sind Beispiele, Zwischenwerte für das globale Arbeitsaufnahmevermögen sind im Sinne nachfolgender Ausführungen möglich:
2.5 Ermittlung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens
Bei typischen Tankarten (Tankart Nr. 1 - 4) kann die Ermittlung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens entsprechend den Vorgaben unter 2.3 erfolgen.
Bei Anwendung von Verstärkungen nach Nummer 2.4 a) oder b) ist bei der Ermittlung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens die Gesamtkonstruktion bezüglich einer möglichen Zerstörung der Tankaußenwand, wegen eventuell größerer Steifigkeitssprünge, durch den Sachverständigen zu beurteilen.
Bei Anwendung von globalen Verstärkungen wie z.B.:
muss bei der Ermittlung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens die schwächste 4 m Tankabschnittslänge, d.h. der Abschnitt mit dem niedrigsten Arbeitsaufnahmevermögen, herangezogen werden.
Dabei kann wie im folgenden Beispiel erläutert (siehe Bild 2), die Tragfähigkeit benachbarter Transversalelemente Berücksichtigung finden. Folgende Bedingungen müssen dabei eingehalten werden:
Bild 2: Beispiel für die Ermittlung des globalen Arbeitsaufnahmevermögens (Hier wurde für eine bessere Anschaulichkeit lediglich eine zufällige Lage des 4 m-Tankabschnitts gewählt).
Tank: Zylindertank Werkstoff:
AlMg 4,5 Mn, Wanddicke: 5,12 mm
Die Höhe des globalen Arbeitsaufnahmevermögens des 4 m-Tankabschnitts setzt sich wie folgt zusammen:
Wglobal = 2 × 35 kNm + Canteilig
Werden die Werte für das globale Arbeitsaufnahmevermögen von transversalen Elementen auf Endböden übertragen, so wird als konservativer Ansatz nur die Hälfte des globalen Arbeitsaufnahmevermögens des Endbodens berücksichtigt.
3. Bemessung von f3 - Drucktechnische Ausstattung
Diese Kenngröße erfasst die drucktechnische Ausstattung von Tanks, die als eine bestimmte Größe für die konstruktive Güte von Tanks angegeben werden kann.
In der überarbeiteten Fassung des Forschungsberichtes 203 vom Juli 1997 ist gegenüber der Urfassung von 1994 eine Bewertung der sicherheitsrelevanten Dom-/Domdeckelbereiche hinzugekommen.
3.1 Wenn die sicherheitsrelevanten Dom-/Domdeckbereiche entweder
kann f3 Druck ebenfalls den Wert 0,5 annehmen. Für wanddickenreduzierte Tanks gilt das aber nur im Zusammenhang mit bestimmten anderen Schutzmaßnahmen (siehe Punkt 4.3.2 des FB 203).
3.2 Die Dichtheit des Dom-/Domdeckelbereiches nach einem seitlichen Umkippen des Tanks kann durch einen Fallversuch auf die seitliche Mantelfläche mit einem repräsentativen Tankabschnitt nachgewiesen werden. Dabei ist die Fallhöhe des mit Wasser gefüllten Tankabschnittes so zu wählen, dass die im Forschungsbericht THESEUS ermittelten realitätsnahen dynamischen Druckstöße von mindestens 3 bar auf den Domdeckel wirken.
3.3 Formfaktor
Ein elliptischer Tank erhält für f3 Form den Wert 0,25.
4. Bemessung von f4 - Tankkammervolumen
4.1 Für die Bemessung von f4 wird der Rauminhalt (brutto, d.h. das geometrische Volumen) des Tanks herangezogen und daraus das durchschnittliche Kammervolumen (abgeschlossene Kammern) berechnet.
4.2 Bezugsgröße für die Normierung des durchschnittlichen Kammervolumens sind die Rauminhalt von 7.500 L zur Ermittlung von f4.
5. Berechnung der normierten Risikozahl RN
Für die Erfüllung der Anforderungen der Ausnahme 14 (S) GGAV 2002 muss der Tank ein normiertes Sicherheitsniveau von RN ≥ 0,75 erreichen, wobei der Tank für die Kenngröße f3 "Drucktechnische Ausstattung" mindestens einen Wert von 0,5 aufweisen muss.