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Neue und aktualisierte Referenzwerte für Schadstoffgehalte in Blut und Urin von Kindern - Arsen, Blei, Cadmium und Quecksilber
Bekanntmachung des Umweltbundesamtes
Stellungnahme der Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltbundesamtes
(Bundesgesundheitsbl. 11/2005 S. 8)
Referenzwerte gestatten die Beurteilung der Belastung einzelner Personen oder ganzer Bevölkerungsgruppen im Vergleich zur ubiquitären Hintergrundbelastung. Das Konzept für die Ableitung von Referenzwerten in der Umweltmedizin wurde von der Kommission "Human-Biomonitoring" 1996 in dieser Zeitschrift publiziert [1].
Für Kinder hatte die Kommission auf der Basis der bevölkerungsrepräsentativen Daten des Umwelt-Surveys 1990/92 [2] Referenzwerte für die Schwermetalle Blei, Cadmium und Quecksilber in Blut oder Urin abgeleitet [3, 4, 5].
Vor dem Hintergrund sich wandelnder Umweltbelastungen sind Referenzwerte ständig zu überprüfen und bei Vorliegen neuer Daten ggf. anzupassen.
DA ein erheblicher Bedarf an aktualisierten Referenzwerten für Kinder besteht und voraussichtlich erst Ende 2006 die repräsentativen Daten aus dem laufenden Kinder-Umwelt-Survey 2003/06 [6] vorliegen werden, hat die Kommission auf der Basis der Ergebnisse des Projektes "Beobachtungsgesundheitsämter" Baden-Württemberg [7] aus den Jahren 2002/03 und der Pilotstudie 2001/02 zum Kinder-Umwelt-Survey [8] neue und aktuelle Referenzwerte abgeleitet. Zwar handelt es sich bei diesen Untersuchungen nicht um bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Erhebungen. Sie stellen aber derzeit die einzige Datenbasis für Kinder in Deutschland dar, die an nicht anlassbezogen untersuchten, sondern zufällig ausgewählten größeren Kollektiven ermittelt wurde.
Das Projekt "Beobachtungsgesundheitsämter in Baden-Württemberg" ist als wiederholte Querschnittsuntersuchung angelegt. Jeweils im Winterhalbjahr (Oktober-März) werden Kinder des 4. Schuljahrgangs (9-11 Jahre) in definierten Untersuchungsarealen (Mannheim: Neckarstadt-West, Stuttgart: Stuttgart-Ost/Bad Cannstatt/Untertürkheim, Ortenaukreis: Kehl, Ravensburg: Aulendorf/Bad Waldsee) innerhalb der ausgewählten Gesundheitsamtsbezirke angesprochen und untersucht. Die angewandten Methoden (Stichprobenziehung, Fragebogen, Probenahmen, Analytik, Statistik) sind im Bericht "Belastungs- und Wirkungsmonitoring 2000/2001" beschrieben [9].
Umwelt-Surveys sind bevölkerungsrepräsentative Querschnittsuntersuchungen. Die Pilotstudie zum Kinder-Umwelt-Survey (KUS) wurde bei zufällig über Einwohnermeldeämter und Schulen ausgewählten 0- bis 17-jährigen Kindern/Jugendlichen zwischen März 2001 und März 2002 an 4 Studienorten (Berlin-Steglitz, Berlin-Friedrichshain, Wesendorf, Neuruppin) durchgeführt. Die angewandten Methoden (Stichprobenziehung, Fragebogen, Probenahme, Analytik, Statistik) sind im Abschlußbericht "Pretest zum Umwelt-Survey für Kinder und Jugendliche" beschrieben [8]. Für die vor liegende Aktualisierung der bisherigen für 6- bis 12-jährige Kinder abgeleiteten Referenzwerte werden die Ergebnisse der Pilotstudie nur dieser Altersgruppe herangezogen. Sobald die Daten des bundesweiten KUS 2003/06 [6, 10, 11] vorliegen, können Referenzwerte für 3- bis 14-Jährige vorgestellt werden.
Im Projekt "Beobachtungsgesundheitsämter in Baden-Württemberg" wurden Spontanurinproben und in der Pilotstudie zum KUS Morgenurinproben zur Analyse von As, Cd und Hg herangezogen. Der Vergleich der Kreatininkonzentrationen im Spontanurin vs. Morgenurin ergab keine wesentlichen Unterschiede, sodass vertretbar erscheint, für die Ableitung der Referenzwerte für die Schadstoffgehalte im Urin die Ergebnisse beider Untersuchungen heranzuziehen.
Sowohl im Projekt "Beobachtungsgesundheitsämter in Baden-Württemberg" als auch in der Pilotstudie zum KUS erfolgte die Bestimmung der Elementgehalte in Blut oder Urin mittels Atomabsorptionspektrometrie (AAS). Die Arsen- und Quecksilberkonzentrationen wurden mit der AAS-Hydrid-Methode gemessen [8, 9].
Die Berechnung der 95%-Konfidenzintervalle für die 95. Populationsperzentile erfolgte je Analyt nach dem parametrischen Verfahren unter Annahme einer log-Normalverteilung oder nach dem Bootstrapping-Verfahren. Im Folgenden werden die für die Ableitung der Referenzwerte wesentlichen Ergebnisse zusammenfassend dargestellt. Die Darstellung der Ergebnisse der Pilotstudie zum KUS wird aufgrund des begrenzten Stichprobenumfangs auf die wesentlichen substanzspezifischen Einflussgrößen beschränkt, die für die Ableitung der Referenzwerte von Bedeutung sind. Sobald die Daten des bundesweiten KUS 2003/06 vorliegen, werden umfassende statistische Auswertungen durchgeführt.
Die Arsenkonzentrationen im Urin lagen bei den 508 in Baden-Württemberg untersuchten Kindern im Alter von 9-11 Jahren zwischen 1,5 und 123,5 µg/l mit einem Median von 4,6 µg/l (Tabelle 1). Bei der Arsenkonzentration im Urin ließen sich regionale Einflüsse feststellen; so wiesen Kinder aus Kehl (Median 6,1 µg/l) etwas höhere Arsenkonzentrationen auf im Vergleich zu denen aus Mannheim (4,9 µg/l), Stuttgart (4,1 µg/l) und Aulendorf/Bad Waldsee (4,4 µg/l). Ebenso waren bei Kindern mit türkischer Staatsbürgerschaft (5,4 µg/l) etwas höhere Konzentrationen zu finden als bei deutschen Kindern (4,5 µg/l). Fischverzehr in den vorangegangenen 2 Tagen stellte den stärksten Einflussfaktor auf die Arsenkonzentration im Urin dar (Tabelle 1). Ein eindeutiger zeitlicher Trend der Arsenkonzentration im Urin in den letzten Jahren ist nicht zu erkennen.
In der Pilotstudie zum KUS lagen die Arsenkonzentrationen im Urin bei den 252 untersuchten Kindern im Alter von 6 - 12 Jahren zwischen 0,6 und 57,3 µg/l mit einem Median von 4,8 µg/l (Tabelle 1). Sowohl der Fischverzehr an den beiden Tagen vor der Probenahme (Tabelle 1) als auch der häufige Verzehr von Fisch in den 4 Wochen vor der Probenahme führten zu höheren Arsenausscheidungen im Urin. Im Vergleich zu den Ergebnissen des Umwelt-Surveys 1990/92 (Median: 7,0 µg/l) zeichnet sich eine Abnahme der Arsengehalte im Urin von Kindern ab [2].
Die Bleigehalte im Blut lagen bei den 430 untersuchten Kindern aus Baden-Württemberg zwischen < 12,5 und 181 µg/l mit einem Median von 20,7 µg/l (Tabelle 1). Jungen wiesen einen ähnlichen Bleigehalt im Blut auf wie Mädchen (20,9/20,5 µg/l). Bei einer Stratifizierung der Daten nach dem Wohnort, der Nationalität und der Exposition gegenüber Passivrauch konnten keine Einflüsse aus diesen Parametern festgestellt werden.
In der Pilotstudie zum KUS lagen die Blutbleigehalte bei den 234 untersuchten Kindern zwischen 7 und 105 µg/l mit einem Median von 24 µg/l (Tabelle 1). Im Vergleich zu den Ergebnissen des Umwelt-Surveys 1990/92 (Median: 33 µg/l) ist eine deutliche Abnahme der mittleren Bleigehalte im Blut auch bei den Kindern [2] feststellbar.
Diese Daten belegen den allgemein beobachteten Rückgang der korporalen Bleibelastung der Bevölkerung im letzten Jahr-zehnt, sodass der bisher festgelegte Referenzwert abgesenkt werden kann.
Die Cadmiumgehalte im Blut der 430 untersuchten Kinder aus Baden-Württemberg lagen zwischen <0,15 und 3,1 µg/l mit einem Median von 0,25 µg/l (Tabelle 1). Der Cadmiumgehalt im Blut wird bei Erwachsenen hauptsächlich durch den Rauchstatus beeinflusst [4]. Kinder aus Raucherhaushalten wiesen keinen höheren Cadmiumgehalt im Blut auf als Kinder aus Nichtraucherhaushalten. Eine signifikante Veränderung der Cadmiumgehalte im Blut konnte in den letzten 10 Jahren nicht festgestellt werden.
In der Pilotstudie zum KUS lagen die Cadmiumgehalte im Blut bei den 231 untersuchten nicht aktiv rauchenden Kindern zwischen 0,12 und 1,99 µg/l mit einem Median von < 0,12 µg/l (Tabelle1). Eine Veränderung der Cadmiumgehalte im Blut im Vergleich zum Umwelt-Survey 1990/92 [2] kann nicht sicher festgestellt werden.
DA keine Veränderungen der Cadmiumgehalte im Blut der Kinder in den letzten 10 Jahren festgestellt werden kann, wird der bisher abgeleitete Referenzwert bestätigt.
In der Pilotstudie zum KUS lagen die Cadmiumgehalte im Urin bei den 248 untersuchten nicht rauchenden Kindern zwischen 0,05 und 0,89 µg/l mit einem Median von 0,1 µg/l (Tabelle 1). Eine Veränderung der Cadmiumgehalte im Urin im Vergleich zum Umwelt-Survey 1990/92 [2] kann nicht sicher festgestellt werden, sodass der bisher abgeleitete Referenzwert bestehen bleibt.
Im Projekt "Beobachtungsgesundheitsämter in Baden-Württemberg" wurden die Cadmiumgehalte im Urin nicht bestimmt.
In der Pilotstudie zum KUS lagen die Quecksilbergehalte im Blut bei den 233 untersuchten Kindern zwischen 0,2 und 2,30 µg/l mit einem Median von 0,2 µg/l (Tabelle 1). Im Vergleich zu den Ergebnissen des Umwelt-Surveys 1990/92 (Median 0,4 µg/l) ist eine deutliche Abnahme der Quecksilbergehalte im Blut bei Kindern [2] zu beobachten, sodass der bisher festgelegte Referenzwert abgesenkt werden kann.
Im Projekt "Beobachtungsgesundheitsämter in Baden-Württemberg" wurden die Quecksilbergehalte im Blut nicht bestimmt.
Die Quecksilbergehalte im Urin lagen bei den 510 untersuchten Kindern aus Baden-Württemberg zwischen <0,2 und 8,2 µg/l mit einem Median von <0,2 µg/l (Tabelle 1). Die Quecksilberkonzentrationen im Urin stiegen mit der Zahl der Zähne mit Amalgamfüllungen an (Tabelle 1). Im Vergleich zu früheren Untersuchungen an den Beobachtungsgesundheitsämtern (1992/93-2000/01) war eine Abnahme der Quecksilbergehalte im Urin auch bei Kindern ohne Zähne mit Amalgamfüllungen festzustellen; inzwischen liegen 65% der Proben unterhalb der Bestimmungsgrenze von 0,2 µg/l.
In der Pilotstudie zum KUS lagen die Quecksilbergehalte im Urin bei den 252 untersuchten Kindern zwischen 0,1 und 8,1 µg/l mit einem Median von 0,2 µg/l (Tabelle 1). Zahnamalgamfüllungen stellen die stärkste Einflussgröße für die Quecksilberhalte im Urin dar [5]. Kinder mit Amalgam gefüllten Zähnen wiesen im Mittel mehr als doppelt so hohe Quecksilbergehalte im Urin auf wie Kinder ohne Zähne mit Amalgamfüllungen (vgl. Tabelle 1). Im Vergleich zu den Ergebnissen des Umwelt-Surveys 1990/92 (Median: 0,5 µg/l) ist eine deutliche Abnahme der Quecksilbergehalte im Urin von Kindern [2] feststellbar.
Diese Daten belegen den Rückgang der korporalen Quecksilberbelastung der Kinder in den letzten 10 Jahren, sodass der bisher festgelegte Referenzwert abgesenkt werden kann.
Tabelle 1 Arsen und Metalle in Blut und Urin (µg/l) von Kindern
Analyt Studie | Alter | N | N<BG | 50. P. | 95. P. | GM | KI-GM | KI-95.PP. |
Arsen im Urin | ||||||||
Baden-Württemberg 2002/03 | ||||||||
Gesamt | 9-11 J. | 508 | 0 | 4,6 | 19,4 | 4,5 | 4,2-4,8 | |
Kein Fischverzehr seit 48 h | 428 | 0 | 4,4 | 13,4 | 4,31 | 4,0-4,6 | 13,2-16,5 a | |
Mit Fischverzehr seit 48h | 62 | 0 | 7,8 | 39,6 | 9, | 7,6-11,2 | ||
Pilotstudie zum KUS 2001/02 | ||||||||
Gesamtkollektiv | 6-12 J. | 252 | 5 | 4,8 | 13,9 | 4,63 | 4,21-5,10 | 12,1-16,8 a |
Kein Fischverzehr seit 48 h | 197 | 5 | 4,5 | 11,4 | 4,09 | 3,67-4,55 | ||
Mit Fischverzehr seit 48 h | 46 | 0 | 7,0 | 34,3 | 7,55 | 6,21-9,91 | ||
Blei im Blut | ||||||||
Baden-Württemberg 2002/03 | ||||||||
Gesamt-Kollektiv | 9-11 J. | 430 | 42 | 20,7 | 37,9 | 20,3 | 19,6-21,0 | 37,2-41,5 a |
Pilotstudie zum KUS 2001/02 | ||||||||
Gesamt-Kollektiv | 6-12 J. | 234 | 2 | 24 | 52 | 24,0 | 22,6-25,5 | 46-55 a |
Cadmium im Blut | ||||||||
Baden-Württemberg 2002/03 | ||||||||
Nichtraucher | 9-11 J. | 430 | 43 | 0,25 | 0,49 | 0,25 | 0,24-0,26 | 0,46-0,51 a |
Pilotstudie zum KUS 2001/02 | ||||||||
Nichtraucher | 6-12 J. | 231 | 128 | <0,12 | 0,32 | <0,12 | / | 0,23-0,38 b 0,25-0,32 a |
Cadmium im Urin | ||||||||
Pilotstudie zum KUS 2001/02 | ||||||||
Nichtraucher | 6-12 J. | 248 | 74 | 0,10 | 0,38 | 0,087 | 0,077-0,099 | 0,31-0,45 b 0,36-0,52 a |
Quecksilber im Blut | ||||||||
Pilotstudie zum KUS 2001/02 | ||||||||
Gesamtkollektiv | 6-12 J | 233 | 73 | 0,20 | 1,00 | 0,25 | 0,23-0,28 | |
Fischverzehr bis zu max. 3-mal im Monat | 166 | 58 | 0,20 | 0,80 | 0,22 | 0,20-0,25 | 0,6-0,1 b | |
Fischverzehr häufiger als 3-mal im Monat | 67 | 15 | 0,30 | 1,56 | 0,33 | 0,26-0,40 | 0,6-0,9 a | |
Quecksilber im Urin | ||||||||
Baden-Württemberg 2002/03 | ||||||||
Gesamtkollektiv | 9-11 J. | 510 | 330 | < 0,2 | 1,2 | 0,18 | 0,17-0,19 | |
ohne Amalgamfüllungen | 406 | 264 | < 0,2 | 0,55 | 0,15 | 0,14-0,16 | 0,40-0,49 a | |
mit Amalgamfüllungen | 66 | 0 | 0,4 | 3,70 | 0,46 | 0,35-0,61 | ||
Pilotstudie zum KUS 2001/02 | ||||||||
Gesamtkollektiv | 6-12 J. | 252 | 46 | 0,2 | 0,8 | 0,17 | 0,15-0,20 | |
ohne Amalgamfüllungen | 216 | 41 | 0,2 | 0,6 | 0,15 | 0,14-0,17 | 0,40-0,77 b | |
mit Amalgamfüllungen | 33 | 4 | 0,4 | 2,6 | 0,39 | 0,26-0,58 | 0,51-0,72 a | |
N: Stichprobenumfang; n < BG: Anzahl der Werte unterhalb der BG (BG: Bestimmungsgrenze; Werte <BG wurden mit BG/2 berücksichtigt); 50.P., 95.P.: Stichprobenperzentil; GM: geometrischer Mittelwert; KI-GM: Konfidenzinterval des GM, KI-95.PP.: 95%-Konfidenzinterval des 95. Populationsperzentils; /: nicht sinnvoll berechenbar; a) parametrisches Verfahren; b) nonparametrisches Verfahren - Bootstrapping |
Tabelle 2 Referenzwerte für Arsen, Blei, Cadmium und Quecksilber in Blut und/oder Urin von Kindern
Analyt und Probenmaterial | Personengruppe/Lebensalter | Bezugsjahr b | Referenzwert a |
Arsen im Urin | Kinder (6-12 Jahre) ohne Fischverzehr 48 Stunden vor der Probenahme | 2001/2003 | 15 µg/l |
Blei im Vollblut | Kinder (6-12 Jahre) | 2001/2003 | 50 µg/l |
Cadmium im Vollblut | nicht aktiv rauchende Kinder (6-12 Jahre) | 2001/2002 | 0,5 µg/l |
Cadmium im Urin | nicht aktiv rauchende Kinder (6-12 Jahre) | 2001/2002 | 0,5 µg/l |
Quecksilber im Vollblut | Kinder (6-12 Jahre), Fischkonsum bis zu max. dreimal im Monat | 2001/2002 | 1,0 µg/l |
Quecksilber im Urin | Kinder (9-11 Jahre) ohne Zähne mit Amalgamfüllungen | 2001/2003 | 0,7 µg/l |
a) Bei der Anwendung der aktualisierten Referenzwerte ist eine analytische Unsicherheit von ±20 % zu berücksichtigen, b) Jahre, in denen die zu Grunde liegenden Studien durchgeführt wurden |
Der Referenzwert ist definiert als das 95. Perzentil der Messwerte der Stoffkonzentration in dem entsprechenden Körpermedium der jeweiligen Referenzpopulation [1]. Er wird aus dem 95%-Konfidenzintervall des 95. Populationsperzentils geschätzt und möglichst als einfacher Zahlenwert angegeben.
Basierend auf den Ergebnissen des Projektes "Beobachtungsgesundheitsämter Baden-Württemberg" in den Jahren 2002/03 [7] und der Pilotstudie zum KUS 2001/02 werden aus den 95%-Konfidenzintervallen der 95. Populationsperzentile (Tabelle 1) die Referenzwerte für Blei im Blut sowie Quecksilber in Blut und Urin von Kindern in Deutschland abgesenkt sowie erstmalig ein Referenzwert für Arsen im Urin von Kindern abgeleitet. Da für Cadmium in Blut und Urin keine Veränderungen im Vergleich zu früheren Untersuchungen festgestellt wurden, werden die bestehenden Referenzwerte bestätigt. Sobald die Daten des bundesweiten Kinder-Umwelt-Surveys 2003/06 [6, 10, 11] vorliegen, können Referenzwerte ggf. altersgeschichtet für 3- bis 14-jährige Kinder in Deutschland vorgestellt werden.
Folgende Referenzwerte werden abgesenkt:
Folgender Referenzwert wird erstmalig festgelegt:
Folgende Referenzwerte werden bestätigt:
Die aktuellen Referenzwerte sind in der Tabelle 2 aufgeführt.
Bei der Anwendung dieser Referenzwerte ist zu beachten, dass in diesen Konzentrationsbereichen mit analytischen Unsicherheiten von + 20% zu rechnen ist. Dies zeigen die Erfahrungen aus den Ringversuchen der arbeits- und umweltmedizinischtoxikologischen Analysen, die von der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin durchgeführt werden [12]. Weiteres zur analytischen Bestimmung der Elementgehalte in Blut oder Urin ist den jeweiligen Stoffmonographien [3, 4, 5, 13] und Grundsätzliches der Stellungnahme zur Qualitätssicherung für das Human-Biomonitoring zu entnehmen [14].
Es sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Referenzwerte statistisch ermittelte Werte sind, die die obere Grenze der derzeitigen Hintergrundbelastung kennzeichnen. Sie können als Kriterien verwendet werden, um Messwerte von Einzelpersonen oder Personengruppen als "erhöht" oder "nicht erhöht" einzustufen. Eine umweltmedizinisch-toxikologische Bewertung einer Belastungssituation ist anhand von Referenzwerten nicht möglich.
Maßnahmen bei Überschreitung des Referenzwertes
In den Fällen, in denen der Referenzwert überschritten ist, sind Kontrollmessungen angezeigt. Bei Überschreitungen eines Referenzwertes im Urin sollte darauf geachtet werden, dass bei Wiederholungsuntersuchungen der Urin normal verdünnt ist, d.h., einen Kreatiningehalt zwischen 0,5 und 2,5 g/l [15] aufweist. Zuverlässig gemessene (mehrfach geprüfte) Werte oberhalb der Referenzwerte sollen Anlass für eine umweltmedizinische Quellensuche im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sein. Als Quellen kommen je Analyt in Frage:
Arsen [13]. Zur Überprüfung des Arsengehaltes im Urin sollten Wiederholungsmessungen frühestens nach 3 Tagen ohne Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten durchgeführt werden. Als Quelle kommen außer dem Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten unter anderem in Frage: stark arsenhaltiges Trink-, Mineral- und Heilwasser, arsenhaltige Medikamente oder durch die Aufnahme von stark mit Arsen kontaminiertem Boden z.B. bei Industriealtlasten.
Blei [3]. Der Bleigehalt im Blut kann erhöht sein durch die Aufnahme von bleihaltigem Trinkwasser, wenn in der Hausinstallation noch Bleirohre vorhanden sind, bei häufigem Verzehr saurer Nahrungsmittel aus Geschirr mit bleihaltiger Glasur oder saueren und heißen Getränken aus Keramikgeschirr, aber auch durch Bleigießen und Luftgewehrschießen (bleihaltige Munition) sowie durch die Aufnahme von stark mit Blei kontaminiertem Boden z.B. bei Industriealtlasten.
Cadmium [4]. Der Cadmiumgehalt im Blut kann erhöht sein durch die Aufnahme über die Nahrung, durch aktives Tabakrauchen oder durch die Aufnahme von stark mit Cadmium kontaminiertem Boden, z.B. bei Industriealtlasten. Der Cadmiumgehalt im Urin kann erhöht sein durch die Aufnahme über die Nahrung, durch aktives Tabakrauchen oder durch die Aufnahme von stark mit Cadmium kontaminiertem Boden, z.B. bei Industriealtlasten.
Quecksilber [5]. Der Quecksilbergehalt im Blut 3 kann erhöht sein durch häufigen Verzehr von Seefisch und Meeresfrüchten (Krusten- und Weichtiere); durch Aufnahme von quecksilberhaltigen Dämpfen in der Wohnung infolge eines zerbrochenen quecksilberhaltigen Fieberthermometers oder quecksilberhaltiger Arzneimittel und Bleichsalben.
Der Quecksilbergehalt im Urin 4 kann erhöht sein, wenn Zähne mit Amalgamfüllungen versorgt sind, durch häufigen Verzehr von Seefisch und Meeresfrüchten (Krusten- und Weichtiere), durch Aufnahme von quecksilberhaltigen Dämpfen in der Wohnung infolge eines zerbrochenen quecksilberhaltigen Fieberthermometers oder quecksilberhaltiger Arzneimittel und Bleichsalben.
1. HBM-Kommission (1996) Konzept der Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM) in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsblatt 39 (6): 221-224
2. Krause C, Babisch W, Becker K, et al. (1996) Umwelt-Survey 1990/92. Band Ia: Studienbeschreibung und Human-Biomonitoring: Deskription der Spurenmelementgehalte in Blut und Urin der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland. WaBoLu-Hefte 1/1996. Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene des Umweltbundesamtes, Berlin
3. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (1996) Stoffmonographie Blei - Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM). Bundesgesundhbl. 39: 236-241. 39: 236-241
4. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (1998) Stoffmonographie Cadmium - Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM). Bundesgesundhbl. 41: 218-226
5. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (1999) Stoffmonographie Quecksilber - Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM). Bundesgesundheitsbl. - Gesundheitsforsch. - Gesundheitsschutz 42: 522-532
6. Schulz C, Becker K, Sei wert M (2002) Kinder-Umwelt-Survey. Gesundheitswesen 64: S69-S79
7. Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg (2005) Beobachtungsgesundheitsämter; Belastungs- und Wirkungsmonitoring. Untersuchung 2002/03. Ergebnisse und Bewertung (Heft 2005/1) und Anhang (Heft 2005/1). Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Stuttgart
8. Robert Koch-Institut (2004) Abschlussbericht des UFOPLAN-Vorhabens "Pretest zum Umwelt-Survey für Kinder und Jugendliche" FKZ 299 62 263/02. Umweltbundesamt, Berlin
9. Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg (2002) Beobachtungsgesundheitsämter; Belastungs- und Wirkungsmonitoring. Untersuchung 2000/01. Ergebnisse und Bewertung (Heft 2002/1) und Anhang (Heft 2002/2). Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Stuttgart
10. Schulz C, Babisch W, Becker K, et al. (2004) Kinder-Umwelt-Survey - das Umweltmodul im KiGGS. Teil 1: Konzeption und Untersuchungsprogramm. Bundesgesundhbl.-Gesundheitsforsch.-Gesundheitsschutz 47: 1066-1072
11. Wolf U, Oberwöhrmann S, Roßkamp E, et al. (2004) Kinder-Umwelt-Survey - das Umweltmodul im KiGGS. Teil 2: Das erste Jahr Feldarbeit. Bundesgesundhbl.-Gesundheitsforsch.-Gesundheitsschutz 47:1073-1077
12. Angerer J, Göen Th, Lehnert G (1998) Mindestanforderungen an die Qualität von umweltmedizinischtoxikologischen Analysen. Umweltmed Forsch Prax 3:307-312
13. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (2003) Stoffmonographie Arsen - Referenzwert für Urin. Bundesgesundheitsbl. - Gesundheitsforsch. - Gesundheitsschutz 46: 1098-1106
14. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (1996) Qualitätssicherung beim Human-Biomonitoring. Bundesgesundheitsblatt 39: 216-221
15. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (2005) Normeirung von Stoffgehalten im Urin - Kreatinin. Bundesgesundheitsbl. - Gesundheitsforsch. - Gesundheitsschutz 48: 616-618
__________________
1) Bei der Anwendung der Referenzwerte ist eine analytische Unsicherheit von + 20% zu berücksichtigen.
2) unter Ausschluss von Urinproben mit Kreatiningehalten < 0,3 oder > 3,0 g/l.
3) Die Bestimmungen von Hg im Blut erlaubt die Beurteilung der internen Belastung mit organischem und anorganischem Hg.
4) Die Bestimmung von Hg im Urin erlaubt die Beurteilung der internen Belastung mit anorganischem Hg.
ENDE |