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Änderungstext

Bekanntmachung zu § 2 Nummer 3 der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung AMWHV

Vom 27. November 2018
(BAnz. AT vom AT 11.12.2018 B2)



Siehe Fn. 1

Gemäß § 2 Nummer 3 AMWHV macht das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die jeweils aktuelle Fassung des EG-GMP-Leitfadens in deutscher Sprache im Bundesanzeiger bekannt. Der EG-GMP-Leitfaden ist der Leitfaden für die Gute Herstellungspraxis für Arzneimittel und Prüfpräparate einschließlich seiner Anhänge, mit dem die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die ausführlichen Leitlinien nach Artikel 47 der Richtlinie 2001/83/EG 2 und nach Artikel 51 der Richtlinie 2001/82/EG 3 veröffentlicht hat. Der Leitfaden (Einleitung, Teil I und Teil II) wurde vom BMG mit Datum vom 27. Oktober 2006 in deutscher Sprache (BAnz. S. 6887) bekannt gemacht.

Hiermit werden folgende Änderungen des vom BMG in die deutsche Sprache übersetzten EG-GMP-Leitfadens gemäß § 2 Nummer 3 AMWHV bekannt gemacht:

Anhang 17: Echtzeit-Freigabeprüfung und parametrische Freigabe

Der Leitfaden und die Anhänge in deutscher Sprache sind auch auf der Internetseite des BMG, www.bmg.bund.de, abrufbar.

Alt

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Parametrische Freigabe
zum EU-Leitfaden für die Gute Herstellungspraxis (GMP)
Europäische Kommission Generaldirektion Unternehmen
Juli 2001
(Eu Eudralex Band 4)
Anhang 17


Erste Diskussionen innerhalb des PIC/S-RahmenJuni 1998 - August 1999
Beratung und Adhoc-Sitzung der zuständigen Stellen für die Überwachung der Guten HerstellungspraxisSeptember 1999 - Februar 2000
Revidierte VersionMärz 2000
Freigabe zur Konsultierung der Industrie6. April 2000
Vorgeschlagene Frist zur Einreichung von KommentarenSeptember 2000
Neuer Entwurf nach KonsultierungJanuar 2001
Endgültiger Entwurf nach Beratung der zuständigen Stellen für die Überwachung der Guten HerstellungspraxisFebruar 2001
Weitergabe an den Pharmazeutischen AusschussJuli 2001
Vorgeschlagener Zeitpunkt der InbetriebnahmeJanuar 2002

Hinweis: Dieses Dokument wurde in Zusammenarbeit mit PIC/S erstellt. Es sollte im Zusammenhang mit der Leitlinie für die Parametrische Freigabe (CPMP/QWP/3015/99) konsultiert werden, die im Februar 2001 vom Ausschuss für Arzneispezialitäten (CPMP) verabschiedet wurde. Mehr dazu unter http://www.emea.eu.int/htms/human/qwp/qwpfin.htm

1. Grundsätze

1.1 Die Definition des in diesem Anhang verwendeten Begriffes "parametrische Freigabe" basiert auf dem Vorschlag der Europäischen Organisation für Qualität: "Ein Freigabesystem, das auf Informationen, die während des Produktionsverfahrens gesammelten wurden basiert, und unter Beachtung der speziellen GMP-Anforderungen für parametrische Freigabe sicherstellt, dass ein Produkt tatsächlich die beabsichtigten Qualitätsanforderungen erfüllt".

1.2 Die parametrische Freigabe sollte mit den grundlegenden Anforderungen der Guten Herstellungspraxis, den relevanten Anhängen und den folgenden Richtlinien übereinstimmen.

2. Parametrische Freigabe

2.1 Es ist allgemein anerkannt, dass umfassende Inprozesskontrollen eine größere Sicherheit für die Übereinstimmung des Produktes mit den Spezifikationen gewährleisten als die Prüfung der Fertigprodukte.

2.2 Die parametrische Freigabe kann für einige spezifische Parameter als Alternative zu Routinekontrollen von Fertigprodukten genehmigt werden. Eine Genehmigung für die parametrische Freigabe sollte gemeinsam von den Verantwortlichen für die Zulassung und den GMP-Inspektoren erteilt, abgelehnt oder zurückgezogen werden.

3. Parametrische Freigabe für sterile Produkte

3.1 Dieser Abschnitt beschäftigt sich ausschließlich mit dem Teil der parametrischen Freigabe, der sich auf die Routinefreigabe von Endprodukten ohne Prüfung auf Sterilität bezieht. Ein Verzicht auf die Prüfung auf Sterilität ist nur zulässig, wenn erfolgreich nachgewiesen werden kann, dass zuvor festgelegte, validierte Sterilisationsbedingungen erfüllt sind.

3.2 Die Prüfung auf Sterilität bietet aufgrund statistischer Grenzen lediglich die Möglichkeit, grobe Fehler im Sterilitätssicherungssystem aufzudecken.

3.3 Parametrische Freigabe kann genehmigt werden, wenn die Daten, die einen korrekten Herstellungsprozess der Charge nachweisen, als Dokumentation ausreichend sicherstellen, dass das zur Gewährleistung der Sterilität der Produkte konzipierte und validierte Verfahren durchgeführt wurde.

3.4 Derzeit kann die parametrische Freigabe nur für Produkte genehmigt werden, die im verschlossenen Endbehältnis sterilisiert werden.

3.5 Sterilisationsmethoden, die den Anforderungen des Europäischen Arzneibuches entsprechen und Dampf, Trockenhitze und ionisierende Strahlung verwenden, können für die parametrische Freigabe in Betracht gezogen werden.

3.6 Ein völlig neues Produkt wird mit großer Wahrscheinlichkeit für die parametrische Freigabe als nicht geeignet betrachtet werden, da zufriedenstellende Sterilitätstestergebnisse über einen bestimmten Zeitraum hinweg einen Teil der Voraussetzungen einer Akzeptanz hierfür ausmachen. Es mag jedoch Fälle geben, bei denen sich ein neues Produkt lediglich geringfügig hinsichtlich der Sicherheit der Sterilität unterscheidet und vorhandene Sterilitätstestdaten anderer Produkte für eine Akzeptanz als aussagekräftig herangezogen werden können.

3.7 Eine Risikoanalyse des Sterilitätssicherungsystems sollte im Hinblick auf die Freigabe nichtsterilisierter Produkte durchgeführt werden.

3.8 Der Hersteller sollte in der Vergangenheit eine hohe Übereinstimmung mit den Regeln der Guten Herstellungspraxis nachgewiesen haben.

3.9 Bei der Überprüfung der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis sollten sowohl die Historie unsteriler Produkte als auch die Ergebnisse der Sterilitätsprüfung des betroffenen Produktes und derjenigen Produkte, die das gleiche oder ein ähnliches Sterilitätssicherungsystem durchlaufen haben, in Betracht gezogen werden.

3.10 Ein erfahrener Ingenieur für Sterilisationstechnik sowie ein sachkundiger Mikrobiologe sollten normalerweise vor Ort bei der Produktion und bei der Sterilisation anwesend sein.

3.11 Das Design und die ursprüngliche Validierung des produktbezogenen Prozesses sollten sicherstellen, dass dessen Integrität unter allen relevanten Bedingungen gewährleistet werden kann.

3.12 Ein Änderungskontrollsystem sollte eine Überprüfung der Änderungen durch das Personal, welches für die Sicherstellung der Sterilität zuständig ist, vorsehen.

3.13 Ein System zur Kontrolle mikrobiologischer Verunreinigung des Produktes vor der Sterilisation sollte eingerichtet werden.

3.14 Jede Möglichkeit einer Verwechslung steriler und unsteriler Produkte sollte ausgeschlossen werden. Physische Hindernisse oder validierte elektronische Systeme können dies sicherstellen.

3.15 Die Sterilisationsaufzeichnungen sollten hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit den Spezifikationen von zwei unabhängigen Systemen überprüft werden. Dies können zum einen zwei Mitarbeiter oder zum anderen ein validiertes Computersystem und ein Mitarbeiter sein.

3.16 Die folgenden zusätzlichen Anforderungen sollten vor der Freigabe jeder Produktcharge überprüft werden:

3.17 Nach genehmigter parametrischer Freigabe sollte die Entscheidung über die Freigabe oder Zurückweisung der Charge von den zugelassenen Spezifikationen abhängig gemacht werden. Ist eine Einhaltung der Spezifikationen der parametrischen Freigabe nicht nachgewiesen, kann auch eine erfolgreiche Sterilitätsprüfung nicht zur Freigabe der Charge führen.

4. Glossar Parametrische Freigabe

Ein Freigabesystem, das auf Informationen, die während des Produktionsverfahrens gesammelten wurden basiert, und unter Beachtung der speziellen GMP-Anforderungen für parametrische Freigabe sicherstellt, dass ein Produkt tatsächlich die beabsichtigten Qualitätsanforderungen erfüllt.

Sterilitätssicherheitssystem

Die Summe aller getroffenen Vorkehrungen, die die Sterilität eines Produktes gewährleisten sollen. Für endsterilisierte Produkte sind dies insbesondere die folgenden Stufen:

  1. Produktdesign.
  2. Kenntnis und, wenn möglich, Kontrolle des mikrobiologischen Zustandes der Ausgangsstoffe und der Prozesshilfen (z.B. Gase und Schmiermittel).
  3. Überprüfung des Produktionsverfahrens auf Verunreinigung, um das Eindringen von Mikroorganismen und deren Vermehrung im Produkt zu verhindern. Dies geschieht normalerweise durch Reinigung und Desinfektion der produktberührenden Flächen, durch Arbeiten in reinen Räumen, um Verunreinigung durch die Luft zu verhindern, durch Limitierung der Prozesszeiten und, wenn notwendig, durch die Einplanung von Filtrationsschritten.
  4. Ergreifen von Präventivmaßnahmen, um eine Verwechselung steriler und unsteriler Produkte auszuschließen.
  5. Wahrung der Produktintegrität.
  6. Sterilisationsverfahren.
  7. Die Gesamtheit des Qualitätssicherungssystems, das das Sterilitätssicherungssystems beinhaltet, z.B. Änderungskontrolle, Ausbildung, schriftliche Verfahren, Freigabeprüfungen, vorbeugende Wartung, Analyse von Störfällen, Vorbeugung menschlichen Versagens, Validierung, Kalibrierung, usw.


Neu

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Echtzeit-Freigabeprüfung und parametrische FreigabeAnhang 17
zum EU-Leitfaden der Guten Herstellungspraxis

Rechtsgrundlage zur Veröffentlichung dieses Leitfadens:

Artikel 47 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel und Artikel 51 der Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel.

Dieses Dokument bietet eine Anleitung für die Auslegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis (GMP) für Arzneimittel entsprechend der Richtlinie 2003/94/EG für Humanarzneimittel und der Richtlinie 91/412/EWG für Tierarzneimittel.

Status des Dokuments: Revision 1 Grund der Änderungen:

Die vorhergehende Leitlinie behandelte ausschließlich die Anwendung der parametrischen Freigabe für die Routinefreigabe im Endbehältnis sterilisierter Produkte, durch welche die Durchführung einer Sterilitätsprüfung entfällt, wenn nachgewiesen wird, dass zuvor festgelegte und validierte Sterilisationsbedingungen erfüllt wurden. Darüber hinaus haben Fortschritte bei der Anwendung prozessanalytischer Technologie (PAT) sowie von Quality by Design (QbD) und Prinzipien des Qualitätsrisikomanagements (QRM) auf die pharmazeutische Entwicklung und Herstellung gezeigt, dass eine geeignete Kombination aus Prozesskontrollen, zeitnahem Monitoring und Überprüfung vorab festgelegter Materialeigenschaften die Sicherstellung der Produktqualität besser gewährleistet als die alleinige Prüfung des Fertigprodukts (üblicherweise als Endproduktprüfung bezeichnet).

Diese Revision des Anhangs 17 berücksichtigt Änderungen an anderen Abschnitten von Eudra Lex Band 4 Teil I Kapitel 1, Anhang 1 und 15, ICH Q8, Q9, Q1 0 und Q1 1, der QWP-Leitlinie zur Echtzeit-Freigabeprüfung (QWP Guideline on Real Time Release Testing) sowie Änderungen bei Herstellungs- und Analyseverfahren.

Termin des Inkrafttretens: 26. Dezember 2018 (6 Monate nach Veröffentlichung)

1 Grundsatz

1.1 Arzneimittel müssen mit ihren genehmigten Spezifikationen übereinstimmen, und ihre Freigabe kann, sofern sie die Anforderungen der Guten Herstellungspraxis (GMP) erfüllen, normalerweise durch Durchführung einer vollständigen Reihe an Prüfungen der Wirkstoffe und/oder Fertigprodukte gemäß der Festlegung in der jeweiligen Arzneimittelzulassung oder Genehmigung der klinischen Prüfung erfolgen. Unter bestimmten Umständen können, sofern zulässig, basierend auf Produktkenntnis und Prozessverständnis, während des Herstellungsprozesses gesammelte Informationen anstelle der Endproduktprüfung für die Chargenfreigabe verwendet werden. Sämtliche gesonderten Aktivitäten, die für diese Art der Chargenfreigabe erforderlich sind, sollten in das Pharmazeutische Qualitätssystem (PQS) integriert werden.

2 Anwendungsbereich

2.1 Dieses Dokument beschreibt die Anforderungen an die Anwendung der Echtzeit-Freigabeprüfung (Real Time Release Testing, RTRT) und der parametrischen Freigabe für die Fälle, für die die Kontrolle kritischer Parameter und relevanter Materialeigenschaften als Alternative zur routinemäßigen Endproduktprüfung von Wirkstoffen und/oder Fertigprodukten zugelassen ist. Ein besonderes Ziel dieser Leitlinie ist es, RTRT in sämtliche Phasen des Herstellungsprozesses einzubeziehen und auf alle Arten von Fertigprodukten oder Wirkstoffen, einschließlich ihrer Zwischenprodukte, anzuwenden.

3 Echtzeit-Freigabeprüfung (RTRT)

3.1 Bei der RTRT kann eine Kombination aus Inprozess-Monitoring und -Kontrollen, sofern zugelassen, die Endproduktprüfung als Teil der Entscheidung über die Chargenfreigabe ersetzen. Hierfür ist vor und während des Bewertungsprozesses, der der behördlichen Genehmigung vorausgeht, die Interaktion mit allen relevanten Behörden erforderlich. Der Grad an Interaktion hängt von der Komplexität des vor Ort angewendeten RTRT-Kontrollverfahrens ab.

3.2 Bei der Planung der RTRT-Strategie wird die Festlegung und Einhaltung der folgenden Mindestkriterien erwartet:

  1. Die Echtzeitmessung und -kontrolle relevanter Inprozess-Materialeigenschaften und -Prozessparameter sollten eine genaue Vorhersage der entsprechenden Eigenschaften des Fertigprodukts ermöglichen.
  2. Die zutreffende Kombination aus relevanten, beurteilten Materialeigenschaften und Prozesskontrollen als Ersatz für Fertigprodukteigenschaften sollte anhand wissenschaftlicher Nachweise, die auf Material-, Produkt und Prozesskenntnissen beruhen, festgelegt werden.
  3. Die kombinierten Prozessmessungen (Prozessparameter und Materialeigenschaften) und alle anderen, während des Herstellungsprozesses generierten Testdaten sollten eine verlässliche Grundlage für die RTRT und die Entscheidung über die Chargenfreigabe bieten.

3.3 Die RTRT-Strategie sollte in das PQS integriert sein und durch dieses kontrolliert werden. Dazu sollten mindestens Informationen zu folgenden Punkten gehören oder es sollte auf diese verwiesen werden:

3.4 Gemäß den in Eudra Lex Band 4 Teil I Kapitel 1, Teil II Kapitel 13 und Anhang 15 beschriebenen Grundsätzen ist das Änderungskontrollprogramm ein wichtiger Bestandteil des RTRT-Ansatzes. Jede Änderung, die sich potenziell auf die Produktherstellung und -prüfung oder den Validierungsstatus von Einrichtungen, Systemen, Ausrüstung, analytischer Methoden oder -Prozesse auswirken könnte, sollte hinsichtlich der Risiken für die Produktqualität und die Auswirkungen auf die Reproduzierbarkeit des Herstellungsprozesses beurteilt werden. Jede Änderung sollte durch die fundierte Anwendung der Grundsätze des Qualitätsrisikomanagements begründet und vollständig dokumentiert werden. Nach Implementierung einer Änderung sollte eine Evaluierung erfolgen, um nachzuweisen, dass keine unbeabsichtigten oder negativen Auswirkungen auf die Produktqualität vorliegen.

3.5 Es sollte eine Kontrollstrategie erstellt werden, mit der nicht nur der Prozess überwacht, sondern auch der kontrollierte Zustand aufrechterhalten und sichergestellt wird, dass gleichbleibend ein Produkt der erforderlichen Qualität hergestellt wird. Die Kontrollstrategie sollte die gewählten Inprozesskontrollen, Materialeigenschaften und Prozessparameter, die eine routinemäßige Überwachung erfordern, beschreiben und begründen und sollte auf einem Verständnis des Produkts, der Formulierung und des Prozesses basieren. Die Kontrollstrategie ist dynamisch und kann sich während des Produktlebenszyklus verändern, weshalb Qualitätsrisikomanagement und Wissensmanagement erforderlich sind. Die Kontrollstrategie sollte auch den Probenahmeplan und die Akzeptanz-/Zurückweisungskriterien beschreiben.

3.6 Das Personal sollte spezielle Schulungen zu RTRT-Technologien, -Grundsätzen und -Verfahren erhalten. Mitarbeiter in Schlüsselstellungen sollten entsprechende Erfahrungen sowie Produkt- und Prozesskenntnisse und -verständnis nachweisen. Für eine erfolgreiche Umsetzung der RTRT werden die Beiträge eines funktionsübergreifenden/ multidisziplinären Teams mit relevanter Erfahrung auf bestimmten Gebieten, wie z.B. Technik, Analytik, chemometrische Modelle oder Statistik benötigt.

3.7 Wichtige Bestandteile der RTRT-Strategie sind die Validierungs- und Qualifizierungspolitik, wobei besonders auf fortschrittliche analytische Methoden verwiesen wird. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf die Qualifizierung, Validierung und die Handhabung von analytischen Inline- und Online-Methoden gerichtet werden, bei denen die Probenahmesonde in die Herstellungsausrüstung platziert wird.

3.8 Alle Abweichungen oder Prozessversagen sollten gründlich untersucht und etwaige negative Trends, die auf eine Änderung des kontrollierten Zustands hinweisen, sollten angemessen nachverfolgt werden.

3.9 Kontinuierliche Lernprozesse durch Datensammlung und Analysen während des Produktlebenszyklus sind wichtig und sollten Teil des PQS sein. Aufgrund von technologischen Fortschritten lassen sich für einen gegenwärtig akzeptablen Prozess möglicherweise gewisse immanente Datentrends beobachten. Hersteller sollten diese Daten wissenschaftlich bewerten und, falls angemessen, in Rücksprache mit den Behörden feststellen, wie oder ob solche Trends Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität und/oder Konsistenz aufzeigen.

3.10 Wenn RTRT zugelassen wurde, sollte dieser Ansatz routinemäßig bei der Chargenfreigabe zum Einsatzkommen. Sollten die Ergebnisse der RTRT ungenügend sein oder die Tendenz dazu zeigen, darf der RTRT-Ansatz nicht durch eine Endproduktprüfung ersetzt werden. Jegliches ungenügende Ergebnis sollte gründlich untersucht und basierend auf den Ergebnissen dieser Prüfungen in der Entscheidung über die Chargenfreigabe berücksichtigt werden. Diese muss dem Inhalt der Arzneimittelzulassung und den GMP-Anforderungen entsprechen. Trends sollten angemessen nachverfolgt werden.

3.11 Eigenschaften z.B.Gleichförmigkeit des Gehalts), die indirekt durch die zugelassene RTRT kontrolliert werden, sollten dennoch im Analysezertifikat für Chargen aufgeführt werden. Die zugelassene Methode für die Endproduktprüfung sollte genannt und die Ergebnisse als "entspricht, sofern geprüft" mit einer Fußnote aufgeführt werden: "mittels zugelassener Echtzeit-Freigabe (RTRT) kontrolliert".

4 Parametrische Freigabe und Sterilisation

4.1 Dieser Abschnitt dient als Anleitung für die parametrische Freigabe, die definiert ist als die Freigabe einer Charge von im Endbehältnis sterilisierten Produkten, basierend auf einer Überprüfung kritischer Prozesskontrollparameter anstelle der Endproduktprüfung auf Sterilität.

4.2 Eine Endproduktprüfung auf Sterilität bietet lediglich begrenzte Möglichkeiten zur Aufdeckung von Kontamination, da die Anzahl der Proben im Verhältnis zur Gesamtgröße der Charge gering ist und Nährmedien nur das Wachstum einiger, jedoch nicht aller Mikroorganismen fördern können. Daher lassen sich durch eine Endproduktprüfung auf Sterilität nur grobe Fehler im Sterilitätssicherungssystem erkennen (d. h. Fehler, die zu einer Kontamination einer großen Anzahl von Produkteinheiten und/oder zu einer Kontamination durch diejenigen Mikroorganismen führen, deren Wachstum durch die vorgeschriebenen Nährmedien gefördert wird). Dahingegen können Daten, die aus Inprozesskontrollen (z.B. Keimbelastung des Produkts vor der Sterilisation oder Umgebungsüberwachung) und durch Überwachung relevanter Sterilisationsparameter gewonnen werden, genauere und relevantere Informationen zur Unterstützung der Sterilitätssicherheit des Produkts liefern.

4.3 Die parametrische Freigabe kann nur auf im Endbehältnis unter Verwendung von feuchter Hitze, trockener Hitze oder ionisierender Strahlung (dosimetrische Freigabe) gemäß den Anforderungen des Europäischen Arzneibuchs sterilisierte Produkte angewendet werden.

4.4 Hersteller, die diesen Ansatz verwenden, sollten in der Vergangenheit eine ausreichende GMP-Konformität nachgewiesen haben und über ein robustes Sterilitätssicherheitsprogramm verfügen, um konsistente Prozesskontrolle und Prozessverständnis nachzuweisen.

4.5 Das Sterilitätssicherheitsprogramm sollte dokumentiert sein und mindestens Folgendes umfassen: die Identifizierung und Überwachung der kritischen Prozessparameter, Entwicklung und Validierung des Sterilisatorzyklus, Validierung der Unversehrtheit von Behältnis/Verpackung, Kontrolle der Keimbelastung, Programm zur Umgebungsüberwachung, Plan zur Abtrennung der Produkte, Konzeptions- und Qualifikationsprogramm für Ausrüstung, Services und Einrichtungen, Wartungs- und Kalibrierungsprogramm, Änderungskontrollprogramm, Mitarbeiterschulungen. Außerdem sollte es einen Qualitätsrisikomanagement-Ansatz enthalten.

4.6 Das Risikomanagement ist eine wesentliche Voraussetzung für die parametrische Freigabe und sollte den Schwerpunkt auf die Minimierung derjenigen Faktoren legen, die mit einem erhöhten Risiko für die Erzielung und Aufrechterhaltung der Sterilität in jeder Einheit jeder Charge verbunden sind. Wird ein neues Produkt oder ein neuer Prozess für eine parametrische Freigabe in Betracht gezogen, sollte während der Prozessentwicklung eine Risikobeurteilung einschließlich einer Evaluierung der Produktionsdaten bestehender Produkte, falls zutreffend, durchgeführt werden. Wird ein bestehendes Produkt oder ein bestehender Prozess in Betracht gezogen, sollte die Risikobeurteilung eine Evaluierung aller in der Vergangenheit generierten Daten umfassen.

4.7 Am Prozess der parametrischen Freigabe beteiligtes Personal sollte über Erfahrung in den folgenden Bereichen verfügen: Mikrobiologie, Sterilitätssicherheit, Technik, Herstellung und Sterilisation. Die Qualifikationen, Erfahrung, Kompetenz und Schulung aller an der parametrischen Freigabe beteiligten Mitarbeiter sollten dokumentiert werden.

4.8 Alle vorgeschlagenen Änderungen, die sich auf die Sterilitätssicherheit auswirken können, sollten im Änderungskontrollsystem dokumentiert und von geeigneten Mitarbeitern mit Qualifikationen und Erfahrung in der Sterilitätssicherheit geprüft werden.

4.9 Für das Produkt und die Komponenten sollte ein Programm zur Überwachung der Keimbelastung vor Sterilisation entwickelt werden, um die parametrische Freigabe zu unterstützen. Die Prüfung der Keimbelastung sollte für jede Charge durchgeführt werden. Die Probenahmeorte der befüllten Einheiten vor Sterilisation sollten auf einem Worst-Case-Szenario basieren und repräsentativ für die Charge sein. Jegliche während der Prüfung der Keimbelastung gefundenen Organismen sollten identifiziert werden, um zu bestätigen, dass es sich nicht um sporenbildende Organismen handelt, die resistenter gegenüber dem Sterilisationsprozess sein können.

4.10 Die Keimbelastung des Produkts sollte durch geeignetes Design der Herstellungsumgebung und des Herstellungsprozesses minimiert werden. Dazu gehören:

4.11 Für wässrige oder anderweitig mikrobiologisch instabile Produkte sollte der zeitliche Abstand zwischen dem Auflösen der Ausgangsmaterialien, der Filtration des flüssigen Produkts und der Sterilisation festgelegt werden, um die Entwicklung von Keimen zu minimieren und eine Erhöhung des Endotoxingehalts zu verhindern (sofern zutreffend).

Sterilisationsverfahren

4.12 Die Qualifizierung und Validierung sind kritische Aktivitäten, durch die sichergestellt wird, dass die Sterilisationsausrüstung gleichbleibend die Betriebsparameter des Zyklus erfüllt und die Überwachungsgeräte eine Verifizierung des Sterilisationsverfahrens ermöglichen.

4.13 Die regelmäßige Requalifizierung der Ausrüstung und Revalidierung der Prozesse sollte in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Anhänge 1 und 15 geplant und begründet werden.

4.14 Geeignete Messungen kritischer Prozessparameter während der Sterilisation sind eine wesentliche Anforderung des Programms zur parametrischen Freigabe. Die für Geräte zur Prozessmessung verwendeten Standards sollten spezifiziert werden und die Kalibrierung sollte nationalen oder internationalen Standards entsprechen.

4.15 Essolltenkritische Prozessparameterfestgelegtunddefiniertsowieregelmäßigreevaluiertwerden.DieBetriebsbereiche sollten basierend auf dem Sterilisationsverfahren, der Prozessfähigkeit, den Toleranzgrenzen der Kalibrierung und der Kritikalität der Parameter erstellt werden.

4.16 Die routinemäßige Überwachung des Sterilisators sollte nachweisen, dass die validierten Bedingungen, die für den spezifizierten Prozess erforderlich sind, in jedem Zyklus erfüllt werden. Kritische Prozesse sollten während der Sterilisationsphase besonders überwacht werden.

4.17 Das Sterilisationsprotokoll sollte alle kritischen Prozessparameter enthalten. Die Sterilisationsaufzeichnungen sollten durch mindestens zwei unabhängige Systeme auf Einhaltung der Spezifikation überprüft werden. Diese Systeme können aus zwei Personen oder einem validierten computergestützten System und einer Person bestehen.

4.18 Sobald die parametrische Freigabe durch die Behörden zugelassen wurde, sollten die Entscheidungen über die Freigabe oder Zurückweisung einer Charge auf den zugelassenen Spezifikationen und der Überprüfung der kritischen Prozesskontrolldaten basieren. Routinemäßige Überprüfungen des Sterilisators, Überprüfungen auf Änderungen und Abweichungen sowie der ungeplanten und der geplanten, regelmäßigen Wartungstätigkeiten sollten vor Marktfreigabe der Produkte dokumentiert, beurteilt und genehmigt werden. Die Nichteinhaltung der Spezifikationen für die parametrische Freigabe kann nicht durch eine erfolgreiche Sterilitätsprüfung des Fertigprodukts übergangen werden.

5 Glossar Echtzeit-Freigabeprüfung (RTRT)

Die Fähigkeit, die akzeptable Inprozessqualität und/oder Endproduktqualität auf der Basis von Prozessdaten zu beurteilen, die in der Regel eine zulässige Kombination von gemessenen Materialattributen und Prozesskontrollen umfassen. (ICH Q8)

Kontrollierter Zustand

Ein Zustand, in dem eine Reihe von Kontrollen die fortgesetzte Prozessleistung und Produktqualität gleichbleibend sicherstellt. (ICH Q10)

Kontrollstrategie

Eine geplante Reihe von Kontrollen, die sich aus dem gegenwärtigen Produkt- und Prozessverständnis herleitet und die Prozessleistung und Produktqualität sicherstellt. Zu den Kontrollen können Parameter und Eigenschaften, die sich auf Wirkstoffe sowie Materialien und Komponenten des Arzneimittels beziehen, Betriebsbedingungen von Einrichtungen und Ausrüstung, Inprozesskontrollen, Spezifikationen des Fertigprodukts, die damit verbundenen Methoden sowie die Häufigkeit der Überwachung und Kontrolle gehören.

Kritische Prozessparameter

Ein Prozessparameter, dessen Variabilität eine Auswirkung auf ein kritisches Qualitätsmerkmal hat und daher überwacht oder kontrolliert werden sollte, um sicherzustellen, dass der Prozess die gewünschte Qualität erbringt. [ICH Q8 (R2)]

Kritische Qualitätsmerkmale

Eine physikalische, chemische, biologische oder mikrobiologische Eigenschaft oder ein Merkmal, das sich innerhalb angemessener Grenzen, einem Bereich oder einer Verteilung befinden sollte, um die gewünschte Produktqualität sicherzustellen. [ICH Q8 (R2)]

Parametrische Freigabe

Eine Art der RTRT. Die parametrische Freigabe von im Endbehältnis sterilisierten Produkten basiert auf der Überprüfung der Dokumentation zur Prozessüberwachung (z.B. Temperatur, Druck, Dauer der Endsterilisation) anstatt auf der Prüfung einer Probe auf eine bestimmte Eigenschaft (Fragen und Antworten zu ICH Q8). (Zusammen mit der Übereinstimmung mit spezifischen GMP-Anforderungen, die sich auf die parametrische Freigabe beziehen, stellt dies die gewünschte Sicherheit der Qualität des Produktes sicher.) (EMA-Leitlinie zur Echtzeit-Freigabeprüfung)

1) Artikel 1 der Verordnung vom 3. November 2006 (BGBl. S. 2523), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 7. Juli 2017 (BGBl. I S. 2842).

2) Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001 S. 67; Ber. 2003 ABl. L 302 vom 20.11.2003 S. 40; 2014 ABl. L 239 vom 12.08.2014 S. 81), zuletzt geändert durch Artikel 117 ÄndVO (EU) 2017/745 vom 5. April 2017 (ABl. L 117 vom 05.05.2017 S. 1).

3) Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001 S. 1), zuletzt geän- dert durch Anhang Nummer 1.6 ÄndVO (EG) 596/2009 vom 18. Juni 2009 (ABl. L 188 vom 18.6,2009, S. 14; Ber. 2012 ABl. L 86 vom 24.03.2012 S. 25).

ID: 190166

ENDE