umwelt-online: VersMedV - Versorgungsmedizin- Verordnung (Bund) (3)

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16. Blut, blutbildende Organe, Immunsystem

Die Höhe des GdS bei Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems richtet sich nach der Schwere der hämatologischen Veränderungen, nach den Organfunktionsstörungen, nach den Rückwirkungen auf andere Organe, nach der Auswirkung auf den Allgemeinzustand und der Häufigkeit von Infektionen.

16.1 Verlust der Milz

bei Verlust im frühen Kindesalter, dann bis zur Vollendung

des 8. Lebensjahres20
danach oder bei späterem Verlust10

16.2 Hodgkin-Krankheit

im Stadium I bis IIIA bei mehr als sechs Monate andauernder Therapie, bis zum Ende der Intensiv-Therapie je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand60-100
nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)50
im Stadium IIIB und IV bis zum Ende der Intensiv-Therapie100
nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)60

16.3 Non-Hodgkin-Lymphome

16.3.1 Chronische lymphatische Leukämie und andere generalisierte niedrigmaligne Non-Hodgkin-Lymphome

mit geringen Auswirkungen (keine wesentlichen Beschwerden, keine Allgemeinsymptome, keine Behandlungsbedürftigkeit, keine wesentliche Progredienz)30-40
mit mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit)50-70
mit starken Auswirkungen, starke Progredienz (z.B. schwere Anämie, ausgeprägte Thrombozytopenie, rezidivierende Infektionen, starke Milzvergrößerung)80-100
Lokalisierte niedrigmaligne Non-Hodgkin-Lymphome nach Vollremission (Beseitigung des Tumors) für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)50

16.3.2 Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome

bis zum Ende der Intensiv-Therapie100
nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)80

16.4 Plasmozytom (Myelom)

mit geringen Auswirkungen (keine wesentliche Auswirkung auf den Allgemeinzustand, keine Behandlungsbedürftigkeit, ohne Beschwerden, keine wesentliche Progredienz)30-40
mit mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit)50-70
mit starken Auswirkungen (z.B. schwere Anämie, starke Schmerzen, Nierenfunktionseinschränkung)80-100

16.5 Myeloproliferative und myelodysplastische/myeloproliferative Neoplasien 11

Auswirkungen auf andere Organsysteme sind zusätzlich zu bewerten.

16.5.1 Chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-positiv

Im Stadium der kompletten hämatologischen, kompletten zytogenetischen und molekularen Remission beträgt der GdS 10 - 20.

Im Stadium der kompletten hämatologischen Remission je nach Ausmaß der zytogenetischen Remission beträgt der GdS 30 - 40.

Im chronischen Stadium, auch bei Krankheitsbeginn (im ersten Jahr der Therapie), bei fehlender Remission oder bei Rezidiv je nach Organvergrößerung, Anämie, Thrombozytenzahl und in Abhängigkeit von der Intensität der Therapie beträgt der GdS 50 - 80.

In der akzelerierten Phase oder in der Blastenkrise beträgt der GdS 100.

16.5.2 Atypische chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-negativ; chronische Neutrophilen-Leukämie; chronische myelomonozytäre Leukämie

Im Stadium der kompletten hämatologischen Remission beträgt der GdS 40.

Im chronischen Stadium, auch bei Krankheitsbeginn (im ersten Jahr der Therapie), ist die Teilhabebeeinträchtigung insbesondere abhängig vom Ausmaß der Organvergrößerung und Anämie, der Thrombozytenzahl und der Intensität der Therapie. Der GdS beträgt 50 - 80.

In der akzelerierten Phase oder in der Blastenkrise beträgt der GdS 100.

16.5.3 Primäre Myelofibrose (Chronische idiopathische Myelofibrose)

Bei geringen Auswirkungen (keine Behandlungsbedürftigkeit) beträgt der GdS 10 - 20.

Bei mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit) beträgt der GdS 30 - 40.

Bei stärkeren Auswirkungen (insbesondere mäßige Anämie, geringe Thrombozytopenie, ausgeprägte Organomegalie) beträgt der GdS 50 - 70.

Bei starken Auswirkungen (insbesondere schwere Anämie, ausgeprägte Thrombozytopenie, exzessive Organomegalie) beträgt der GdS 80 - 100.

16.5.4 Chronische Eosinophilen-Leukämie/Hypereosinophilie-Syndrom

Die Teilhabebeeinträchtigung ist insbesondere abhängig vom Ausmaß der Organomegalie, Hautbeteiligung, Blutbildveränderungen und Nebenwirkungen der Therapie. Der GdS beträgt mindestens 50.

16.5.5 Polycythaemia vera

Bei Behandlungsbedürftigkeit

Übergänge zu anderen myeloproliferativen Erkrankungen sind analog zu diesen zu bewerten.

16.5.6 Essentielle Thrombozythämie

Bei Behandlungsbedürftigkeit

Übergänge zu anderen myeloproliferativen Erkrankungen sind analog zu diesen zu bewerten.

16.5.7 Die juvenile myelomonozytäre Leukämie ist analog zur akuten myeloischen Leukämie zu bewerten.

16.6 Akute Leukämien 12

Im ersten Jahr nach Diagnosestellung (Erstdiagnose oder Rezidiv; insbesondere während der Induktionstherapie, Konsolidierungstherapie, Erhaltungstherapie) beträgt der GdS 100.

Nach dem ersten Jahr

Danach ist der GdS nach den verbliebenen Auswirkungen (insbesondere chronische Müdigkeit, Sterilität, Neuropathien, Beeinträchtigung der Entwicklung und kognitiver Funktionen) zu bewerten.

16.7 Myelodysplastische Syndrome

mit geringen Auswirkungen (ausgeglichen und ohne wesentliche Allgemeinstörungen)10-20
mit mäßigen Auswirkungen (z.B. gelegentliche Transfusionen)30-40
mit stärkeren Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit, rezidivierende Infektionen)50-80
mit starken Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit, häufige Infektionen, Blutungsneigung, leukämische Transformation)100

Aplastische Anämie (auch Panmyelopathie), Agranulozytose

Der GdS bei aplastischer Anämie oder Agranulozytose ist auch nach Therapie analog zu den myelodysplastischen Syndromen zu bewerten.

16.8 Knochenmark- und Stammzelltransplantation

Nach autologer Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation ist der GdS entsprechend der Grundkrankheit zu beurteilen.

Nach allogener Knochenmarktransplantation für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)100

Danach ist der GdS nach den verbliebenen Auswirkungen und dem eventuellen Organschaden, jedoch nicht niedriger als 30, zu bewerten.

16.9 Anämien

Symptomatische Anämien (z.B. Eisenmangelanämie, vitaminabhängige Anämien) sind in der Regel gut behandelbar und nur vorübergehender Natur.

Therapierefraktäre Anämien (z.B. bestimmte hämolytische Anämien, Thalassämie, Erythrozytenenzymdefekte)

mit geringen Auswirkungen (ausgeglichen und ohne wesentliche Allgemeinstörungen)0-10
mit mäßigen Auswirkungen (z.B. gelegentliche Transfusionen)20-40
mit starken Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit)50-70

16.10 Hämophilie und entsprechende plasmatische Blutungskrankheiten (je nach Blutungsneigung)

leichte Form

mit Restaktivität von antihämophilem Globulin (AHG) über 5 %20
mittelschwere Form - mit 1-5 % AHG mit seltenen Blutungen30-40
mit häufigen (mehrfach jährlich) ausgeprägten Blutungen50-80
schwere Form - mit weniger als 1 % AHG80-100

Sonstige Blutungsleiden

ohne wesentliche Auswirkungen10
mit mäßigen Auswirkungen20-40
mit starken Auswirkungen (starke Blutungen bereits bei leichten Traumen)50-70
mit ständiger klinisch manifester Blutungsneigung (Spontanblutungen, Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen)80-100

Eine Behandlung mit Antikoagulantien ist bei der Grundkrankheit (z.B. bei Herzklappen- und Gefäßprothesen, Thrombophilie) berücksichtigt. Wenn die Grundkrankheit nicht mehr besteht bzw. keinen GdS mehr bedingt, aber eine Weiterbehandlung mit Antikoagulantien erforderlich ist, kann - analog den sonstigen Blutungsleiden - in der Regel ein GdS von 10 angenommen werden.

16.11 Immundefekte

Angeborene Defekte der humoralen und zellulären Abwehr (z.B. Adenosindesaminase-Defekt, DiGeorge-Syndrom, permanente

B-Zell-Defekte, septische Granulomatose) ohne klinische Symptomatik0
trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit, aber keine außergewöhnlichen Infektionen20-40
trotz Therapie neben erhöhter Infektanfälligkeit auch außergewöhnliche Infektionen (ein bis zwei pro Jahr)50

Bei schwereren Verlaufsformen kommt ein höherer GdS in Betracht.

Erworbenes Immunmangelsyndrom (HIV-Infektion)

HIV-Infektion ohne klinische Symptomatik10

HIV-Infektion mit klinischer Symptomatik

geringe Leistungsbeeinträchtigung (z.B. bei Lymphadenopathie syndrom [LAS])30-40
stärkere Leistungsbeeinträchtigung (z.B. bei AIDS-related complex [ARC])50-80
schwere Leistungsbeeinträchtigung (AIDS-Vollbild)100

17. Haut

Bei der Beurteilung des GdS von Hautkrankheiten sind Art, Ausdehnung, Sitz, Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, Begleiterscheinungen (wie Jucken, Nässen, Brennen, unangenehme und abstoßende Gerüche) und die Rezidivbereitschaft bzw. die Chronizität sowie die Notwendigkeit wiederholter stationärer Behandlung zu berücksichtigen. Bei Hautkrankheiten mit stark schwankendem Leidensverlauf kommt ein Durchschnitts-GdS in Betracht. Bei Kindern können sich Hautkrankheiten schwerer auswirken als bei Erwachsenen.

Narben können durch Ausdehnung, Beschaffenheit (z.B. Verhärtung, Verdünnung, Narbenzüge), Sitz oder Einwirkung auf ihre Umgebung zu Störungen führen. Bei flächenhaften Narben nach Verbrennungen, Verätzungen und ähnlichem muss außerdem die Beeinträchtigung der Haut als Schutz-, Ausscheidungs- und Sinnesorgan berücksichtigt werden. Diese Störungen bestimmen die Höhe des GdS.

Bei Entstellungen ist zu berücksichtigen, dass sich Schwierigkeiten im Erwerbsleben, Unannehmlichkeiten im Verkehr mit fremden Menschen sowie seelische Konflikte ergeben können.

17.1 Ekzeme

Kontaktekzeme (z.B. irritatives und allergisches Kontaktekzem)

geringe Ausdehnung und bis zu zweimal im Jahr für wenige Wochen auftretend0-10
Sonst20-30

Atopisches Ekzem ("Neurodermitis constitutionalis", "endogenes Ekzem")

geringe, auf die Prädilektionsstellen begrenzte Ausdehnung bis zu zweimal im Jahr für wenige Wochen auftretend0-10
bei länger dauerndem Bestehen20-30
mit generalisierten Hauterscheinungen, insbesondere Gesichtsbefall40
mit klinischer oder vergleichbar intensiver ambulanter Behandlungsnotwendigkeit mehrmals im Jahr50

Seborrhoisches Ekzem

geringe Ausdehnung und Beschränkung auf die Prädilektionsstellen0-10
sonst, je nach Ausdehnung20-30

17.2 Chronisch rezidivierende Urtikaria/Quincke-Ödem

selten, bis zu zweimal im Jahr auftretend, leicht vermeidbare Noxen oder Allergene0-10
häufiger auftretende Schübe, schwer vermeidbare Noxen oder Allergene20-30
schwerer chronischer, über Jahre sich hinziehender Verlauf40-50

Eine systemische Beteiligung z.B. des Gastrointestinaltraktes oder des Kreislaufs ist ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.

17.3 Akne

Acne vulgaris

leichteren bis mittleren Grades0-10
schweren Grades mit vereinzelter Abszess- und Knotenbildung und entsprechender erheblicher kosmetischer Beeinträchtigung20-30

Acne conglobata

auf die Prädilektionsstellen begrenzte häufige Abszess- und Fistelbildungen und lokalisationsbedingte Beeinträchtigungen30-40
schwerste Formen mit rezidivierenden eitrigen, vernarbenden axilläringuinalen und nuchalen Abszessen (Acne triade) und ggf. zusätzlicher Beteiligung des Pilonidalsinus (Acne tetrade) wenigstens50

17.4 Rosazea, Rhinophym

geringe Ausdehnung, kosmetisch nur wenig störend0-10
stärkere Ausdehnung, entstellende Wirkung20-30

17.5 Hautveränderungen bei Autoimmunkrankheiten des Bindegewebes (z.B. Lupus erythematodes, Dermatomyositis, progressive systemische Sklerodermie)

auf die Prädilektionsstellen begrenzt bei geringer Ausdehnung0-10
auf die Prädilektionsstellen begrenzt bei stärkerer Ausdehnung, je nach kosmetischer und funktioneller Auswirkung20-40
über die Prädilektionsstellen hinausgehend, ggf. Ulzerationen50-70

17.6 Blasenbildende Hautkrankheiten (z.B. Pemphigus, Pemphigoide)

bei begrenztem Haut- und Schleimhautbefall mit geringer Ausdehnung10
sonst20-40
bei generalisiertem Haut- und Schleimhautbefall50-80

in fortgeschrittenen Stadien bei schwerer Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes auch höher.

17.7 Psoriasis vulgaris

auf die Prädilektionsstellen beschränkt0-10
ausgedehnter, aber erscheinungsfreie Intervalle von Monaten20
bei andauerndem ausgedehnten Befall oder stark beeinträchtigendem lokalen Befall (z.B. an den Händen)30-50

Eine außergewöhnliche Nagelbeteiligung (mit Zerstörung der Nagelplatten) sowie eine Gelenk- und Wirbelsäulenbeteiligung sind zusätzlich zu bewerten.

17.8 Erythrodermien

bei leichter Intensität des Krankheitsprozesses40
bei mittlerer Intensität des Krankheitsprozesses ohne wesentliche Auswirkung auf den Allgemeinzustand50-60
mit stärkerer Auswirkung auf den Allgemeinzustand70-80

17.9 Ichthyosis

leichte Form
auf Stamm und Extremitäten weitgehend begrenzt, mit trockener Haut, mäßiger Schuppung, ohne wesentliche Verfärbung
0-10
mittlere Form
auf Stamm und Extremitäten weitgehend begrenzt, mit stärkerer Schuppung und Verfärbung
20-40
schwere Form
mit ausgeprägter Schuppung und Verfärbung der gesamten Haut, insbesondere der Gelenkbeugen und des Gesichts
50-80

17.10 Mykosen

bei begrenztem Hautbefall0-10
bei Befall aller Finger- und Fußnägel, ggf. mit Zerstörung von Nagelplatten20

Chronisch rezidivierendes Erysipel

ohne bleibendes Lymphödem10
sonst, je nach Ausprägung des Lymphödems20-40

Chronisch rezidivierender Herpes simplex geringe Ausdehnung, bis zu dreimal im Jahr

rezidivierend0-10
größere Ausdehnung, häufiger rezidivierend20

17.11 Totaler Haarausfall

(mit Fehlen von Augenbrauen und Wimpern)30

17.12 Naevus

Der GdS richtet sich allein nach dem Ausmaß einer eventuellen Entstellung. Pigmentstörungen (z.B. Vitiligo) an Händen und/oder Gesicht

gering10
ausgedehnter20
sonst0

17.13 Nach Entfernung eines malignen Tumors der Haut ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten (Ausnahmen: z.B. Basalzellkarzinome, Bowen-Krankheit, Melanoma in situ); GdS während dieser Zeit

nach Entfernung eines Melanoms im Stadium I ([pT1 bis T2] pN0 M0) oder eines anderen Hauttumors in den Stadien (pT1 bis T2) pN0 bis N2 M050
in anderen Stadien80

18. Haltungs- und Bewegungsorgane, rheumatische Krankheiten

18.1 Allgemeines

Dieser Abschnitt umfasst Haltungsschäden, degenerative Veränderungen, osteopenische Krankheiten, posttraumatische Zustände, chronische Osteomyelitis, entzündlichrheumatische Krankheiten, Kollagenosen und Vaskulitiden sowie nichtentzündliche Krankheiten der Weichteile.

Der GdS für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen wird entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung, Minderbelastbarkeit) und die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicher Weise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt.

Außergewöhnliche Schmerzen sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen. Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein.

Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z.B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen.

Mit Bild gebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdS. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z.B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdS begründen.

Das Funktionsausmaß der Gelenke wird im Folgenden nach der Neutral-Null-Methode angegeben.

Fremdkörper beeinträchtigen die Funktion nicht, wenn sie in Muskel oder Knochen reaktionslos eingeheilt sind und durch ihre Lage keinen ungünstigen Einfluss auf Gelenke, Nerven oder Gefäße ausüben.

Der GdS bei Weichteilverletzungen richtet sich nach der Funktionseinbuße und der Beeinträchtigung des Blut- und Lymphgefäßsystems. Bei Faszienverletzungen können Muskelbrüche auftreten, die nur in seltenen Fällen einen GdS bedingen.

Bei den entzündlichrheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für Kollagenosen und Vaskulitiden.

Bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten (z.B. Osteoporose, Osteopenie bei hormonellen Störungen, gastrointestinalen Resorptionsstörungen, Nierenschäden) ist der GdS vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdS.

18.2.1 Entzündlichrheumatische Krankheiten

(z.B. Bechterew-Krankheit)

ohne wesentliche Funktionseinschränkung mit leichten Beschwerden10
mit geringen Auswirkungen (leichtgradige Funktionseinbußen und Beschwerden, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität)20-40
mit mittelgradigen Auswirkungen (dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität)50-70
mit schweren Auswirkungen (irreversible Funktionseinbußen, hochgradige Progredienz)80-100

Auswirkungen über sechs Monate anhaltender aggressiver Therapien sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen.

18.2.2 Kollagenosen (z.B. systemischer Lupus erythematodes, progressivsystemische Sklerose, Polymyositis/Dermatomyositis),

18.2.3 Vaskulitiden (z.B. Panarteriitis nodosa, Polymyalgia rheumatica)

Die Beurteilung des GdS bei Kollagenosen und Vaskulitiden richtet sich nach Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie den Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, wobei auch eine Analogie zu den Muskelkrankheiten in Betracht kommen kann. Für die Dauer einer über sechs Monate anhaltenden aggressiven Therapie soll ein GdS von 50 nicht unterschritten werden.

18.3 Bei der Beurteilung nichtentzündlicher Krankheiten der Weichteile kommt es auf Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie auf die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand an.

18.4 Fibromyalgie

Die Fibromyalgie, das Chronische Fatigue Syndrom (CFS), die Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.

18.5 Chronische Osteomyelitis

Bei der Beurteilung des GdS sind die aus der Lokalisation und Ausdehnung des Prozesses sich ergebende Funktionsstörung, die dem Prozess innewohnende Aktivität und ihre Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und außerdem etwaige Folgekrankheiten (z.B. Anämie, Amyloidose) zu berücksichtigen. Bei ausgeprägt schubförmigem Verlauf ist ein Durchschnitts-GdS zu bilden.

Ruhende Osteomyelitis (Inaktivität wenigstens 5 Jahre)0-10

Chronische Osteomyelitis

geringen Grades
(eng begrenzt, mit geringer Aktivität, geringe Fisteleiterung)
mindestens 20
mittleren Grades
(ausgedehnterer Prozess, häufige oder ständige Fisteleiterung, Aktivitätszeichen auch in Laborbefunden)
mindestens 50
schweren Grades
(häufige schwere Schübe mit Fieber, ausgeprägter Infiltration der Weichteile, Eiterung und Sequesterabstoßung, erhebliche Aktivitätszeichen in den Laborbefunden)
mindestens 70

Eine wesentliche Besserung wegen Beruhigung des Prozesses kann erst angenommen werden, wenn nach einem Leidensverlauf von mehreren Jahren seit wenigstens zwei Jahren - nach jahrzehntelangem Verlauf seit fünf Jahren - keine Fistel mehr bestanden hat und auch aus den weiteren Befunden (einschließlich Röntgenbildern und Laborbefunden) keine Aktivitätszeichen mehr erkennbar gewesen sind. Dabei ist in der Regel der GdS nur um 20 bis 30 Punkte niedriger einzuschätzen und zwei bis vier Jahre lang noch eine weitere Heilungsbewährung abzuwarten, bis der GdS nur noch von dem verbliebenen Schaden bestimmt wird.

18.6 Muskelkrankheiten

Bei der Beurteilung des GdS ist von folgenden Funktionsbeeinträchtigungen auszugehen:

Muskelschwäche

mit geringen Auswirkungen
(vorzeitige Ermüdung, gebrauchsabhängige Unsicherheiten)
20-40
mit mittelgradigen Auswirkungen
(zunehmende Gelenkkontrakturen und Deformitäten, Aufrichten aus dem Liegen nicht mehr möglich, Unmöglichkeit des Treppensteigens)
50-80
mit schweren Auswirkungen
(bis zur Geh- und Stehunfähigkeit und Gebrauchsunfähigkeit der Arme)
90-100

Zusätzlich sind bei einzelnen Muskelkrankheiten Auswirkungen auf innere Organe (z.B. Einschränkung der Lungenfunktion und/oder der Herzleistung durch Brustkorbdeformierung) oder Augenmuskel-, Schluck- oder Sprechstörungen (z.B. bei der Myasthenie) zu berücksichtigen.

18.7 Kleinwuchs

Körpergröße nach Abschluss des Wachstums

über 130 bis 140 cm30-40
über 120 bis 130 cm50

Bei 120 cm und darunter kommen entsprechend höhere Werte in Betracht. Dieser GdS ist auf harmonischen Körperbau bezogen.

Zusätzlich zu berücksichtigen sind (z.B. bei Achondroplasie, bei Osteogenesis imperfecta) mit dem Kleinwuchs verbundene Störungen wie

mangelhafte Körperproportionen,
Verbildungen der Gliedmaßen,
Störungen der Gelenkfunktion, Muskelfunktion und Statik, neurologische Störungen,
Einschränkungen der Sinnesorgane,
endokrine Ausfälle und
außergewöhnliche psychoreaktive Störungen.

18.8 Großwuchs

Großwuchs allein rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdS. Auf psychoreaktive Störungen ist besonders zu achten.

18.9 Wirbelsäulenschäden

Der GdS bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) ergibt sich primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte.

Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. Sogenannte Wirbelsäulensyndrome (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie, sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten.

Für die Bewertung von chronischrezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.

Wirbelsäulenschäden

ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität0
mit geringen funktionellen Auswirkungen
(Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome)
10
mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt
(Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome)
20
mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt
(Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome)
30
mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten30-40
mit besonders schweren Auswirkungen
(z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb])
50-70
bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit80-100

Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (z.B. Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z.B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdS über 30 in Betracht kommen.

Das neurogene Hinken ist etwas günstiger als vergleichbare Einschränkungen des Gehvermögens bei arteriellen Verschlusskrankheiten zu bewerten.

18.10 Beckenschäden

ohne funktionelle Auswirkungen0
mit geringen funktionellen Auswirkungen
(z.B. stabiler Beckenring, degenerative Veränderungen der Kreuz-Darmbeingelenke)
10
mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen
(z.B. instabiler Beckenring einschließlich Sekundärarthrose)
20
mit schweren funktionellen Auswirkungen und Deformierung30-40

18.11 Gliedmaßenschäden, Allgemeines

Der GdS bei Gliedmaßenschäden ergibt sich aus dem Vergleich mit dem GdS für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust.

Die aufgeführten GdS für Gliedmaßenverluste gehen - soweit nichts anderes erwähnt ist - von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht.

Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdS eine Änderung erfährt.

Bei der Bewertung des GdS von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe Pseudarthrosen günstiger sind als schlaffe.

Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdS außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.

18.12 Endoprothesen

Es werden Mindest-GdS angegeben, die für Endoprothesen bei bestmöglichem Behandlungsergebnis gelten. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen.

Die Versorgungsqualität kann insbesondere beeinträchtigt sein durch

Die in der GdS-Tabelle angegebenen Werte schließen die bei der jeweiligen Versorgungsart üblicherweise gebotenen Beschränkungen ein.

Hüftgelenk
 bei einseitiger Endoprothese 
 beträgt der GdS mindestens10,
 bei beidseitiger Endoprothese 
 beträgt der GdS mindestens20;
Kniegelenk
 bei einseitiger Totalendoprothese 
 beträgt der GdS mindestens20,
 bei beidseitiger Totalendoprothese 
 beträgt der GdS mindestens30,
 bei einseitiger Teilendoprothese 
 beträgt der GdS mindestens10,
 bei beidseitiger Teilendoprothese 
 beträgt der GdS mindestens20;
Oberes Sprunggelenk
 bei einseitiger Endoprothese 
 beträgt der GdS mindestens10,
 bei beidseitiger Endoprothese 
 beträgt der GdS mindestens20;
Schultergelenk
 bei einseitiger Endoprothese 
 beträgt der GdS mindestens20,
 bei beidseitiger Endoprothese 
 beträgt der GdS mindestens40;
Ellenbogengelenk
 bei einseitiger Totalendoprothese 
 beträgt der GdS mindestens30,
 bei beidseitiger Totalendoprothese 
 beträgt der GdS mindestens50;
Kleine Gelenke
 Endoprothesen bedingen keine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung. 

Aseptische Nekrosen

Hüftkopfnekrosen (z.B. Perthes-Krankheit) während der notwendigen Entlastung70
Lunatum-Malazie während der notwendigen Immobilisierung30

18.13 Schäden der oberen Gliedmaßen

Extremitätenverlust

Verlust eines Armes und Beines100
Verlust eines Armes im Schultergelenk oder mit sehr kurzem Oberarmstumpf80

Unter einem sehr kurzen Oberarmstumpf ist ein Stumpf zu verstehen, der eine gleiche Funktionseinbuße wie der Verlust des Armes im Schultergelenk zur Folge hat. Das ist immer dann der Fall, wenn die Absetzungsebene in Höhe des Collum chirurgicum liegt.

Verlust eines Armes im Oberarm oder im Ellenbogengelenk70
Verlust eines Armes im Unterarm50
Verlust eines Armes im Unterarm mit einer Stumpflänge bis 7 cm60
Verlust der ganzen Hand50
Versteifung des Schultergelenks in günstiger Stellung bei gut beweglichem Schultergürtel30

Eine Versteifung im Schultergelenk in einem Abspreizwinkel um ca. 45° und leichter Vorhalte gilt als funktionell günstig.

Versteifung des Schultergelenks in ungünstiger Stellung oder bei gestörter Beweglichkeit des Schultergürtels40-50

Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel)

Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit10
Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit20

Instabilität des Schultergelenks

geringen Grades, auch seltene Ausrenkung (in Abständen von 1 Jahr und mehr)10
mittleren Grades, auch häufigere Ausrenkung20-30
schweren Grades (auch Schlottergelenk), auch ständige Ausrenkung40

Schlüsselbeinpseudarthrose

straff0-10
schlaff20
Verkürzung des Armes bis zu 4 cm bei freier Beweglichkeit der roßen Armgelenke0

Oberarmpseudarthrose

straff20
schlaff40
Riss der langen Bizepssehne0-10

Versteifung des Ellenbogengelenks einschließlich Aufhebung der Unterarmdrehbewegung

in günstiger Stellung30
in ungünstiger Stellung40-50

Die Versteifung in einem Winkel zwischen 80° und 100° bei mittlerer Pronationsstellung des Unterarms ist als günstige Gebrauchsstellung aufzufassen.

Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk

geringen Grades (Streckung/Beugung bis 0-30-120 bei freier Unterarmdrehbeweglichkeit)0-10
stärkeren Grades (insbesondere der Beugung einschließlich Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit)20-30
Isolierte Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit in günstiger Stellung (mittlere Pronationsstellung)10
in ungünstiger Stellung20
in extremer Supinationsstellung30
Ellenbogen-Schlottergelenk40

Unterarmpseudarthrose

straff20
schlaff40
Pseudarthrose der Elle oder Speiche10-20

Versteifung des Handgelenks

in günstiger Stellung (leichte Dorsalextension)20
in ungünstiger Stellung30

Bewegungseinschränkung des Handgelenks

geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 30-0-40)0-10
stärkeren Grades20-30
Nicht oder mit Deformierung verheilte Brüche oder Luxationen der Handwurzelknochen oder eines oder mehrerer Mittelhandknochen mit sekundärer Funktionsbeeinträchtigung10-30
Versteifung eines Daumengelenks in günstiger Stellung0-10
Versteifung beider Daumengelenke und des Mittelhand-

Handwurzelgelenks in günstiger Stellung

20
Versteifung eines Fingers in günstiger Stellung (mittlere Gebrauchsstellung)0-10

Versteifungen der Finger in Streck- oder starker Beugestellung sind oft störender als ein glatter Verlust.

Verlust des Daumenendgliedes0
Verlust des Daumenendgliedes und des halben Grundgliedes10
Verlust eines Daumens25
Verlust beider Daumen40
Verlust eines Daumens mit Mittelhandknochen30
Verlust des Zeigefingers, Mittelfingers, Ringfingers oder Kleinfingers, auch mit Teilen des dazugehörigen Mittelhandknochens10
Verlust von zwei Fingern mit Einschluss des Daumens30
II+III, II+IV30
sonst25
Verlust von drei Fingern mit Einschluss des Daumens40
II+III+IV40
sonst30
Verlust von vier Fingern mit Einschluss des Daumens50
sonst40
Verlust der Finger II bis V an beiden Händen80
Verlust aller fünf Finger einer Hand50
Verlust aller zehn Finger100

Obige Sätze gelten für den Gesamtverlust der Finger bei reizlosen Stumpfverhältnissen. Bei Verlust einzelner Fingerglieder sind sie herabzusetzen, bei schlechten Stumpfverhältnissen zu erhöhen.

Fingerstümpfe im Mittel- und Endgelenk können schmerzhafte Narbenbildung und ungünstige Weichteildeckung zeigen. Empfindungsstörungen an den Fingern, besonders an Daumen und Zeigefinger, können die Gebrauchsfähigkeit der Hand wesentlich beeinträchtigen.

Nervenausfälle (vollständig)

Armplexus80
oberer Armplexus50
unterer Armplexus60
N. axillaris30
N. thoracicus longus20
N. musculocutaneus20
N. radialis 
ganzer Nerv30
mittlerer Bereich oder distal20
N. ulnaris 
proximal oder distal30
N. medianus 
proximal40
distal30
Nn. radialis und axillaris50
Nn. radialis und ulnaris50
Nn. radialis und medianus50
Nn. ulnaris und medianus50
Nn. radialis, ulnaris und medianus im Vorderarmbereich60

Trophische Störungen sind zusätzlich zu berücksichtigen; Teilausfälle der genannten Nerven sind entsprechend geringer zu bewerten.

18.14 Schäden der unteren Gliedmaßen

Verlust beider Beine im Oberschenkel100
Verlust eines Beines im Oberschenkel und eines Beines im Unterschenkel100
Verlust eines Beines und Armes100
Verlust eines Beines im Hüftgelenk oder mit sehr kurzem Oberschenkelstumpf80

Unter einem sehr kurzen Oberschenkelstumpf ist ein Stumpf zu verstehen, der eine gleiche Funktionseinbuße wie der Verlust des Beines im Hüftgelenk bedingt. Das ist immer dann der Fall, wenn die Absetzungsebene in Höhe des Trochanter minor liegt.

Verlust eines Beines im Oberschenkel (einschließlich Absetzung nach Gritti)70
Notwendigkeit der Entlastung des ganzen Beines (z.B. Sitzbeinabstützung)70
Verlust eines Beines im Unterschenkel bei genügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes und der Gelenke50
Notwendigkeit der Entlastung eines Unterschenkels (z.B. Schienbeinkopfabstützung)50
Verlust eines Beines im Unterschenkel bei ungenügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes und der Gelenke60
Verlust beider Beine im Unterschenkel80
bei einseitig ungünstigen Stumpfverhältnissen90
bei beidseitig ungünstigen Stumpfverhältnissen100

Teilverlust eines Fußes, Absetzung

nach Pirogow

einseitig, guter Stumpf40
beidseitig70

nach Chopart

einseitig, guter Stumpf30
einseitig, mit Fußfehlstellung30-50
beidseitig60

nach Lisfranc oder im Bereich der Mittelfußknochen nach Sharp

einseitig, guter Stumpf30
einseitig, mit Fußfehlstellung30-40
beidseitig50
Verlust einer Zehe0
Verlust einer Großzehe10
Verlust einer Großzehe mit Verlust des Köpfchens des I. Mittelfußknochens20
Verlust der Zehen II bis V oder I bis III10
Verlust aller Zehen an einem Fuß20
Verlust aller Zehen an beiden Füßen30
Versteifung beider Hüftgelenke je nach Stellung80-100
Versteifung eines Hüftgelenks n günstiger Stellung40

Die Versteifung eines Hüftgelenks in leichter Abspreizstellung von a. 10°, mittlerer Drehstellung und leichter Beugestellung gilt als günstig.

in ungünstiger Stellung50-60

Ungünstig sind Hüftgelenkversteifungen in stärkerer Adduktions-, Abduktions- oder Beugestellung.

Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit)

einseitig10-20
beidseitig20-30

mittleren Grades
(z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit)

einseitig30
beidseitig50

stärkeren Grades

einseitig40
beidseitig60-100

Hüftdysplasie (einschließlich sogenannte angeborene Hüftluxation)

für die Dauer der vollständigen Immobilisierung100
danach bis zum Abschluss der Spreizbehandlung50

Anschließend und bei unbehandelten Fällen richtet sich der GdS nach der Instabilität und der Funktionsbeeinträchtigung.

Hüftgelenksresektion je nach Funktionsstörung50-80
Schnappende Hüfte0-10

Beinverkürzung

bis 2,5 cm0
über 2,5 cm bis 4 cm10
über 4 cm bis 6 cm<20
über 6 cmwenigstens 30

Oberschenkelpseudarthrose

straff50
schlaff70
Faszienlücke (Muskelhernie) am Oberschenkel0-10
Versteifung beider Kniegelenke80

Versteifung eines Kniegelenks

in günstiger Stellung (Beugestellung von 10-15°)30
in ungünstiger Stellung40-60
Lockerung des Kniebandapparates muskulär kompensierbar10
unvollständig kompensierbar, Gangunsicherheit20
Versorgung mit einem Stützapparat, je nach Achsenfehlstellung30-50

Kniescheibenbruch

nicht knöchern verheilt ohne Funktionseinschränkung des Streckapparates10
nicht knöchern verheilt mit Funktionseinschränkung des Streckapparates20-40

Habituelle Kniescheibenverrenkung

seltene Ausrenkung (in Abständen von 1 Jahr und mehr)0-10
häufiger20

Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-0-90)

einseitig0-10
beidseitig10-20

mittleren Grades (z.B. Streckung/Beugung 0-10-90)

einseitig20
beidseitig40

stärkeren Grades (z.B. Streckung/Beugung 0-30-90)

einseitig30
beidseitig50

Ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig

ohne Bewegungseinschränkung10-30
mit Bewegungseinschränkung20-40

Schienbeinpseudarthrose

straff20-30
schlaff40-50
Teilverlust oder Pseudarthrose des Wadenbeins0-10
Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung

(Plantarflexion um 5° bis 15°)

20
Versteifung des unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung (Mittelstellung)10

Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks

in günstiger Stellung30
in ungünstiger Stellung40

Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk

geringen Grades0
mittleren Grades (Heben/Senken 0-0-30)10
stärkeren Grades20
Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk0-10

Klumpfuß je nach Funktionsstörung

einseitig20-40
beidseitig30-60

Andere Fußdeformitäten

ohne wesentliche statische Auswirkungen (z.B. Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch)0

mit statischer Auswirkung je nach Funktionsstörung

geringen Grades10
stärkeren Grades20

Versteifung aller Zehen eines Fußes

in günstiger Stellung10
in ungünstiger Stellung20
Versteifungen oder Verkrümmungen von Zehen außer der Großzehe0

Versteifung der Großzehengelenke

in günstiger Stellung0-10
in ungünstiger Stellung (z.B. Plantarflexion im Grundgelenk über 10°)20

Narben nach größeren Substanzverlusten an Ferse und Fußsohle

mit geringer Funktionsbehinderung10
mit starker Funktionsbehinderung20-30

Nervenausfälle (vollständig)

Plexus lumbosacralis80
N. glutaeus superior20
N. glutaeus inferior20
N. cutaneus femoralis lat10
N. femoralis40
N. ischiadicus 
proximal60
distal (Ausfall der Nn. peronaeus communis und tibialis)50
N. peronaeus communis oder profundus30
N. peronaeus superficialis20
N. tibialis30

Trophische Störungen sind zusätzlich zu berücksichtigen. Teilausfälle der genannten Nerven sind entsprechend geringer zu bewerten.

Völlige Gebrauchsunfähigkeit eines Beines80

Teil C 10
Begutachtung im sozialen

Entschädigungsrecht

1. Ursachenbegriff

  1. Der versorgungsrechtliche Ursachenbegriff ist nicht identisch mit dem medizinischen.
  2. Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist die Bedingung im naturwissenschaftlichphilosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen (und wie Ursachen zu werten), wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Kommt einem der Umstände gegenüber dem anderen eine überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand allein Ursache im Sinne des Versorgungsrechts.
  3. Die Ursache braucht nicht zeitlich eng begrenzt zu sein. Es können auch dauernde oder wiederkehrende kleinere äußere Einwirkungen in ihrer Gesamtheit eine Gesundheitsstörung verursachen.
  4. "Gelegenheitsursachen", letzter Anstoß, Anlass sind begrifflich keine wesentlichen Bedingungen. Eine "Gelegenheitsursache" kann nur dann angenommen werden, wenn der Gesundheitsschaden mit Wahrscheinlichkeit auch ohne das angeschuldigte Ereignis durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zu annähernd derselben Zeit und in annähernd gleichem Ausmaß eingetreten wäre. So wird bei konstitutionsbedingten Leiden oft ein unwesentlicher äußerer Anlass von der Antrag stellenden Person als Ursache verantwortlich gemacht, z.B. das Heben von leichten Gegenständen für das Auftreten von Hernien. In solchen Fällen hat die äußere Einwirkung bei der Entstehung der Krankheit nicht wesentlich mitgeholfen, sondern sie hat nur innerhalb einer bereits bestehenden Störung einem besonders charakteristischen Krankheitssymptom zum Durchbruch verholfen. Das Wort "Auslösung" ist bei der Erörterung zu vermeiden, der Begriff ist zu unbestimmt. Bei der Beurteilung ist klarzustellen, welcher der zur Diskussion stehenden ätiologischen Faktoren die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Erfolges und damit Ursache im versorgungsrechtlichen Sinne ist.
  5. Der Ursachenbegriff spielt eine Rolle bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen schädigendem Vorgang und Gesundheitsstörung oder Tod, des besonderen beruflichen Betroffenseins, der Hilflosigkeit, der Voraussetzungen für den Pauschbetrag für den Kleider- oder Wäscheverschleiß sowie im Bereich der Kriegsopferfürsorge und der Heilbehandlung wegen Schädigungsfolgen.

2. Tatsachen zur Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs

  1. Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung.
  2. Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt, wie z.B. die Detonation eines Sprengkörpers, ein Kraftfahrzeugunfall, die Übertragung von Krankheitserregern oder eine Vergewaltigung. Auch besondere Belastungen, wie sie z.B. im Fronteinsatz, in Kriegsgefangenschaft, bei Dienstverrichtungen in bestimmten Ausbildungsstufen der Bundeswehr oder in rechtsstaatswidriger Haft in der ehemaligen DDR gegeben sein können, zählen dazu. Relativ selten sind daneben Auswirkungen von außerhalb der Dienstverrichtungen liegenden diensteigentümlichen Verhältnissen in Betracht zu ziehen; diensteigentümliche Verhältnisse sind die besonderen, von den Verhältnissen des zivilen Lebens abweichenden und diesen in der Regel fremden Verhältnisse des Dienstes (z.B. das enge Zusammenleben in einer Kaserne). Unfall ist ein auf äußeren Einwirkungen beruhendes plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis.
  3. Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang, wie z.B. die Verwundung, die Verletzung durch Unfall, die Resistenzminderung durch Belastung. Die verbleibende Gesundheitsstörung ist die Schädigungsfolge (Wehrdienstbeschädigungsfolge [WDB-Folge], Zivildienstbeschädigungsfolge [ZDB-Folge] usw.).
  4. Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen.
  5. Für eine Reihe von Erkrankungen, für die eine traumatische Entstehung in Betracht kommt, muss auch eine lokale Beziehung zwischen dem Ort der traumatischen Einwirkung und dem Krankheitsherd vorliegen, z.B. bei Geschwülsten oder Osteomyelitis.
  6. Die Fakten, auf die sich die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs gründet, müssen voll bewiesen sein. Das bedeutet, dass sie belegt sein müssen oder dass - wenn Belege nicht zu beschaffen sind - zumindest nach den gegebenen Umständen (z.B. auch aufgrund einer Glaubhaftmachung) die Überzeugung zu gewinnen ist, dass es so und nicht anders gewesen ist.

3. Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs

  1. Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinischwissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Mit besonderer Sorgfalt ist das Für und Wider abzuwägen. Auch bei schwierigen Zusammenhangsfragen soll man bemüht sein, im Gutachten zu einer verwertbaren Beurteilung zu kommen.
  2. Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese. Es genügt nicht, dass ein einzelner Wissenschaftler oder eine einzelne Wissenschaftlerin eine Arbeitshypothese aufgestellt oder einen Erklärungsversuch unternommen hat. Es kommt auch nicht allein auf die subjektive Auffassung der beurteilenden Person an.
  3. Vielfach lässt allein der große zeitliche Abstand ohne Brückensymptome den ursächlichen Zusammenhang unwahrscheinlich erscheinen. Die angemessene zeitliche Verbindung ist in der Regel eine Voraussetzung für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Andererseits kann die zeitliche Verbindung zwischen einer Gesundheitsstörung und dem geleisteten Dienst für sich allein die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs nicht begründen. Die Tatsache, dass z.B. ein Soldat beim Eintritt in den Dienst gesund war, dass er den Einflüssen des Dienstes ausgesetzt war und dass eine Krankheit während der Dienstzeit entstanden oder hervorgetreten ist, reicht für die Annahme einer Schädigungsfolge nicht aus. Es muss vielmehr der ungünstige Einfluss einer bestimmten Dienstverrichtung oder allgemeiner dienstlicher Verhältnisse auf die Entstehung oder Verschlimmerung der Krankheit dargelegt werden, da Krankheiten aller Art, insbesondere innere Leiden, zu jeder Zeit auch ohne wesentliche Mitwirkung eines schädigenden Vorgangs entstehen können.
  4. Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist.

4. Kannversorgung

  1. Abweichend von den oben erläuterten Grundsätzen kann nach § 1 Abs. 3 Satz 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) eine Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge anerkannt werden, wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht (Kannversorgung). Eine gleichlautende Bestimmung enthalten auch alle weiteren Gesetze des sozialen Entschädigungsrechts.
  2. Folgende medizinische Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
    aa) Über die Ätiologie und Pathogenese des Leidens darf keine durch Forschung und Erfahrung genügend gesicherte medizinischwissenschaftliche Auffassung herrschen. Eine von der medizinischwissenschaftlichen Lehrmeinung abweichende persönliche Ansicht einer sachverständigen Person erfüllt nicht den Tatbestand einer Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft.
    bb) Wegen mangelnder wissenschaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungen darf die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen oder Schädigungsfolgen für die Entstehung und den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden können. Ein ursächlicher Einfluss der im Einzelfall vorliegenden Umstände muss in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen werden. Ist die ursächliche Bedeutung bestimmter Einflüsse trotz mangelnder Kenntnis der Ätiologie und Pathogenese wissenschaftlich nicht umstritten, so muss gutachterlich beurteilt werden, ob der ursächliche Zusammenhang wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist.
    cc) Zwischen der Einwirkung der wissenschaftlich in ihrer ursächlichen Bedeutung umstrittenen Umstände und der Manifestation des Leidens oder der Verschlimmerung des Krankheitsbildes muss eine zeitliche Verbindung gewahrt sein, die mit den allgemeinen Erfahrungen über biologische Verläufe und den in den wissenschaftlichen Theorien vertretenen Auffassungen über Art und Wesen des Leidens in Einklang steht.
  3. Ungewissheiten im Sachverhalt, die von der Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft über die Ursachen des Leidens unabhängig sind, rechtfertigen die Anwendung der Kannvorschrift nicht; dies ist insbesondere der Fall, wenn rechtserhebliche Zweifel über den Zeitpunkt des Leidensbeginns bestehen, weil die geltend gemachten Erstsymptome mehrdeutig sind, oder wenn das Leiden diagnostisch nicht ausreichend geklärt ist.
  4. Ist bei einem Leiden eine Kannversorgung generell in Betracht zu ziehen, muss trotzdem anhand des Sachverhaltes des Einzelfalles stets zuerst geprüft werden, ob der ursächliche Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit zu beurteilen ist. Lässt sich dabei die Frage des ursächlichen Zusammenhangs bereits in ihrer Gesamtheit entscheiden, so entfällt eine Kannversorgung. Ist die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs nur für einen Teil des Gesamtleidens gegeben, so ist zu prüfen, ob für den verbleibenden Teil des Leidens die Voraussetzungen für eine Kannversorgung erfüllt sind.
  5. Ist die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem als Schädigungsfolge anerkannten Leiden und einem neuen Leiden nicht gegeben, weil über die Ursache des neuen Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, so ist eine Kannversorgung nur dann gerechtfertigt, wenn das als Ursache in Betracht kommende Leiden aus heutiger Sicht zu Recht anerkannt worden ist. Das heißt bei der Überprüfung der früheren Entscheidung müsste unter Berücksichtigung jeweils neuester medizinischer Erkenntnisse das anerkannte Leiden erneut als Schädigungsfolge anerkannt werden. Kommt bei einem Leiden, für das bereits teilweise eine Versorgung als Rechtsanspruch besteht, über diesen Anteil hinaus eine Kannversorgung in Betracht, so kann diese nur gewährt werden, wenn der als Schädigungsfolge anerkannte Teil des Leidens, der als mögliche Ursache für eine weitergehende Versorgung erörtert wird, zu Recht anerkannt worden ist, oder wenn für den als Schädigungsfolge anerkannten Teil des Leidens die Voraussetzungen für eine Kannversorgung erfüllt sind.
  6. Kann die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen oder von zu Recht als Schädigungsfolge anerkannten Leiden für die Verschlimmerung eines schädigungsunabhängig entstandenen Leidens wegen der insoweit in der medizinischen Wissenschaft bestehenden Ungewissheit nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden, so sind bei der Bemessung des Verschlimmerungsanteils das Ausmaß des Vorschadens, die Art des Leidens, die ihm innewohnende Entwicklungstendenz und der weitere Leidensverlauf zu berücksichtigen. Bei klar abgrenzbaren Verschlimmerungsanteilen ist der GdS in der auch sonst üblichen Weise zu bilden; bei späteren, erneut abgrenzbaren (z.B. schubartigen) Verschlechterungen des Leidens ist dann zu prüfen, ob diese nun mehr mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden können (z.B. nach langem, schubfreiem Intervall oder bei Einwirkung von neuen, in ihrer ursächlichen Bedeutung bekannten Faktoren). Bei nicht klar abgrenzbaren Verschlimmerungen - wenn also die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen auch für den weiteren Verlauf nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden kann (z.B. bei chronischprogredienten Verlaufsformen) - kann je nach Ausmaß des Vorschadens und der hieraus ableitbaren Entwicklungstendenz des Leidens ein Bruchteil des jeweiligen Gesamtleidens oder auch der gesamte Leidenszustand in die Kannversorgung einbezogen werden.

5. Mittelbare Schädigungsfolgen

Mittelbare Schädigungsfolgen sind Gesundheitsstörungen, die durch ein äußeres Ereignis, das seine Ursache in einem schädigungsbedingten Leiden hat, herbeigeführt worden sind. Die mittelbaren Schädigungsfolgen werden versorgungsrechtlich wie unmittelbare Schädigungsfolgen behandelt. Ein in der Eigenart eines Leidens liegender Folgeschaden ist keine mittelbare, sondern eine unmittelbare Schädigungsfolge.

6. Absichtlich herbeigeführte Schädigungen

Eine von der beschädigten Person absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne der Versorgungsgesetze. Absichtlich herbeigeführt ist sie dann, wenn sie von der beschädigten Person erstrebt war. Selbsttötung und die Folgen eines Selbsttötungsversuches oder einer Selbstverletzung sind nicht absichtlich herbeigeführt, wenn eine Beeinträchtigung der freien Willensbestimmung durch versorgungsrechtlich geschützte Tatbestände wahrscheinlich ist.

7. Anerkennung im Sinne der Entstehung und Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung

  1. Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung im Sinne der Entstehung setzt voraus, dass zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges noch kein dieser Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen vorhanden war. Dies gilt auch, wenn auf eine Disposition zu der Gesundheitsstörung geschlossen werden kann. Sofern zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges bereits ein einer Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen, wenn auch noch nicht bemerkt, vorhanden war, kommt nur eine Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung in Frage, falls die äußere Einwirkung entweder den Zeitpunkt vorverlegt hat, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre, oder das Leiden in schwererer Form aufgetreten ist, als es sonst zu erwarten gewesen wäre. Von diesem Begriff der Verschlimmerung ist der Begriff der Verschlimmerung im Sinne einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zu unterscheiden.
  2. Bei weiterer Verschlechterung sowohl im Sinne der Entstehung als auch im Sinne der Verschlimmerung anerkannter Gesundheitsstörungen ist jeweils zu prüfen, ob die Leidenszunahme noch auf eine Schädigung ursächlich zurückzuführen ist.
  3. Bei der ärztlichen Begutachtung muss abgewogen werden, ob nur die eigengesetzliche Entwicklung eines Leidens vorliegt oder ob dienstliche oder außerdienstliche Einwirkungen als wesentliche Bedingung einen Einfluss auf die Stärke der Krankheitserscheinungen und auf die Schnelligkeit des Fortschreitens hatten.

8. Arten der Verschlimmerung

Medizinisch gesehen unterscheidet man verschiedene Arten der Verschlimmerung. Ein schädigender Vorgang kann nur vorübergehend zu einer Zunahme des Krankheitswertes und damit zu keiner oder nicht zu einem bleibenden schädigungsbedingten GdS führen; er kann anhaltend, aber abgrenzbar den weiteren Krankheitsverlauf beeinflussen und damit zu einem gleichbleibenden schädigungsbedingten GdS führen; er kann aber auch den weiteren Krankheitsverlauf richtungsgebend bestimmen und damit Anlass zu einem ansteigenden schädigungsbedingten GdS sein. Häufig wird erst nach längerer Beobachtung des Verlaufs zu beurteilen sein, wie weit der Einfluss des schädigenden Vorgangs reicht. Das Ausmaß der Verschlimmerung ist für die Festsetzung des GdS von wesentlicher Bedeutung. Hierbei müssen in jedem Fall die durch die Gesundheitsstörung bewirkte Gesamt-GdS sowie der GdS für den Verschlimmerungsanteil durch Schädigungsfolgen und das Ausmaß des Vorschadens angegeben werden. Unabhängig von der medizinischen Beurteilung der Art der Verschlimmerung muss bei jeder weiteren Zunahme des Krankheitswertes der ursächliche Zusammenhang dieser Weiterentwicklung neu beurteilt werden.

9. Fehlen einer fachgerechten Behandlung

Gesundheitsstörungen, bei deren Auftreten schädigende Einwirkungen nicht mitgewirkt haben, können in ihrem Verlauf in einen ursächlichen Zusammenhang mit schädigenden Einflüssen kommen, wenn durch dienst- oder hafteigentümliche Verhältnisse oder Schädigungsfolgen eine fachgerechte und wahrscheinlich erfolgreiche Behandlung nicht oder zu spät durchgeführt wird.

10. Folgen von diagnostischen Eingriffen, vorbeugenden und therapeutischen Maßnahmen

  1. Die Folgen von diagnostischen Eingriffen, Operationen oder anderen Behandlungsmaßnahmen, die wegen Schädigungsfolgen durchgeführt werden, sind Schädigungsfolgen.
  2. Wenn derartige Maßnahmen wegen schädigungsunabhängiger Gesundheitsstörungen vorgenommen werden, kommt eine Annahme nachteiliger Folgen als Schädigungsfolge in Betracht, wenn
    aa) eine Duldungspflicht von Maßnahmen zur Verhütung oder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bestand,
    bb) die Behandlung auf den Dienst oder die dem Dienst (oder einer Haft) eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen war.

Für die Annahme nachteiliger gesundheitlicher Folgen einer Behandlung sind in jedem Fall ein Ursachenzusammenhang zwischen der Behandlung und einer gesundheitlichen Schädigung sowie die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen dieser Schädigung und ihren gesundheitlichen Folgen erforderlich. Der Dienst oder dienst-(bzw. haft-)eigentümliche Verhältnisse sind dann nicht wesentliche Bedingung für nachteilige gesundheitliche Folgen einer Behandlung, wenn andere Umstände eine überwiegende Bedeutung erlangt haben. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn eine Behandlung wegen eines tatsächlich oder vermeintlich lebensbedrohlichen Zustands durchgeführt wurde und nachteilige gesundheitliche Folgen nicht auf eine unsachgemäße Behandlung zurückzuführen sind. Der Umstand, dass eine Behandlung in einem Lazarett bzw. Bundeswehrkrankenhaus vorgenommen wurde, bietet allein noch keinen Grund, weitere Folgen der Krankheit als Schädigung bzw. Schädigungsfolgen anzusehen. Nachteilige gesundheitliche Folgen sind solche, die außerhalb des mit der Behandlung angestrebten Heilerfolges liegen. Die Unterlassung einer gebotenen Maßnahme steht hinsichtlich der gesundheitlichen Folgen ihrer Vornahme gleich.

11. Ursächlicher Zusammenhang zwischen Schädigung und Tod

  1. Der Tod ist die Folge einer Schädigung, wenn er durch sie verursacht worden ist.
  2. Wenn eine beschädigte Person an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war, dass heißt, wenn die anerkannte Gesundheitsstörung den Tod verursacht hat, gilt der Tod stets als Schädigungsfolge (Rechtsvermutung). Diese Rechtsvermutung erlaubt es, im Gutachten die Stellungnahme auf die Frage des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Tod und anerkannter Schädigungsfolge zu beschränken. Eine nochmalige Stellungnahme zur Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Dienst und anerkannter Schädigungsfolge erübrigt sich daher, es sei denn, dass Umstände bekannt werden, die auf eine zweifelsfreie Unrichtigkeit des bisherigen Anerkenntnisses hinweisen.
  3. Stirbt eine beschädigte Person an einem im Sinne der Verschlimmerung anerkannten Leiden, so trifft die Rechtsvermutung zu, wenn die schädigungsbedingte Verschlimmerung für den Tod ursächlich gewesen ist. Ob dies der Fall war, bedarf einer Prüfung unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles und unter Wertung der mitwirkenden, nicht schädigungsbedingten Umstände. Die Höhe des für den Verschlimmerungsanteil anerkannten GdS gibt dabei nicht den Ausschlag, vielmehr sind die tatsächlichen gesundheitlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes für die Beurteilung maßgebend.
  4. Haben zum Tod mehrere Leiden beigetragen, die nicht alle Schädigungsfolgen sind, dann ist unter Anwendung des versorgungsrechtlichen Ursachenbegriffs zu prüfen, ob die Schädigungsfolgen zumindest eine annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Todes hatten. In seltenen Fällen kann bei dieser Beurteilung auch der Zeitpunkt des Todes eine wichtige Rolle spielen, und zwar dann, wenn neben den Schädigungsfolgen ein schweres schädigungsunabhängiges Leiden vorgelegen hat, das nach ärztlicher Erfahrung ohne die Schädigungsfolgen noch nicht zu diesem Zeitpunkt, jedoch in einem späteren Stadium in absehbarer Zeit für sich allein zum Tode geführt hätte. In einem solchen Fall ist der Tod dann als Schädigungsfolge anzusehen, wenn die beschädigte Person ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich mindestens ein Jahr länger gelebt hätte. Der ärztlichen Beurteilung sind hierbei Grenzen gesetzt; eine besonders sorgfältige Abwägung aller Umstände ist geboten.
  5. Eine aus dienstlichen Gründen oder wegen Schädigungsfolgen unterbliebene rechtzeitige oder richtige Behandlung kann Ursache des Todes sein.
  6. Häufig kann der ursächliche Zusammenhang zwischen Schädigung und Tod ohne Leichenöffnung nicht zutreffend beurteilt werden.

12. Vorschaden, Nachschaden, Folgeschaden

  1. Ein Vorschaden ist eine schädigungsunabhängige Gesundheitsstörung, die bei Eintritt der Schädigung bereits nachweisbar bestanden hat. Beim Vorliegen eines Vorschadens ist bei der Bemessung des schädigungsbedingten GdS Folgendes zu beachten:
    aa) Wenn sich Vorschaden und Schädigungsfolge an verschiedenen Körperteilen befinden und sich gegenseitig nicht beeinflussen, so ist der Vorschaden ohne Bedeutung.
    bb) Hat die Schädigung eine vorgeschädigte Gliedmaße oder ein vorgeschädigtes Organ betroffen, muss der schädigungsbedingte GdS niedriger sein als der GdS, der sich aus dem nun bestehenden Gesamtschaden ergibt, es sei denn, dass der Vorschaden nach seinem Umfang oder nach seiner Art keine wesentliche Bedeutung für die gesamte Gesundheitsstörung hat. Der schädigungsbedingte GdS lässt sich dabei nicht einfach dadurch ermitteln, dass der GdS des Vorschadens rein rechnerisch von dem GdS des Gesamtschadens abgezogen wird; maßgeblich ist, zu welchem zusätzlichen anatomischen und funktionellen Verlust die Schädigung geführt hat.
    cc) Sind durch Vorschaden und Schädigungsfolge verschiedene Organe oder Gliedmaßen oder paarige Organe betroffen und verstärkt der Vorschaden die schädigungsbedingte Funktionsstörung, so ist der schädigungsbedingte GdS unter Umständen höher zu bewerten, als es bei isolierter Betrachtung der Schädigungsfolge zu geschehen hätte.
  2. Ein Nachschaden ist eine Gesundheitsstörung, die zeitlich nach der Schädigung eingetreten ist und nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Schädigung steht. Eine solche Gesundheitsstörung kann bei der Feststellung des GdS nach § 30 Absatz 1 Bundesversorgungsgesetz nicht berücksichtigt werden, auch dann nicht, wenn sie zusammen mit Schädigungsfolgen zu besonderen Auswirkungen führt, bei denen die Schädigungsfolgen eine gleichwertige oder überwiegende Bedeutung haben.
  3. Wenn demgegenüber nach einer Schädigung eine weitere Gesundheitsstörung eintritt, bei der - vor allem nach ihrer Art - wahrscheinlich ist, dass die Schädigung oder deren Folgen bei der Entstehung dieser Gesundheitsstörung wesentlich mitgewirkt haben, so handelt es sich um einen Folgeschaden, der eine weitere Schädigungsfolge darstellt und daher mit seinem gesamtem GdS zu berücksichtigen ist. Wenn ein solcher Folgeschaden erst viele Jahre nach der Schädigung in Erscheinung tritt, spricht man auch von einem Spätschaden.

13. Voraussetzungen für die Pflegezulage, Pflegezulagestufen

  1. Pflegezulage wird bewilligt, solange Beschädigte infolge der Schädigung so hilflos sind, dass sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
  2. Die Hilflosigkeit muss durch die Folgen der Schädigung verursacht sein. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie ausschließlich oder überwiegend auf eine Schädigungsfolge zurückzuführen ist. Es genügt, dass für den Eintritt der Hilflosigkeit - oder auch für eine Erhöhung des Pflegebedürfnisses - die Schädigungsfolge eine annähernd gleichwertige Bedeutung gegenüber anderen Gesundheitsstörungen hat.
  3. Die Pflegezulage wird in sechs Stufen bewilligt. Für dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege sind die Stufen II bis VI vorgesehen.
  4. Ein dauerndes außergewöhnliches Pflegebedürfnis liegt vor, wenn der Aufwand an Pflege etwa in gleichem Umfang wie bei dauerndem Krankenlager einer beschädigten Person notwendig ist. Dauerndes Krankenlager setzt nicht voraus, dass man das Bett überhaupt nicht verlassen kann.
  5. Bei Doppelamputierten ohne weitere Gesundheitsstörungen - ausgenommen Doppel-Unterschenkelamputierten - ist im allgemeinen eine Pflegezulage nach Stufe I angemessen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um paarige oder nichtpaarige Gliedverluste (Oberarm, Unterarm, ganze Hand, Oberschenkel, Unterschenkel, ganzer Fuß) handelt. Sofern nicht besondere Umstände eine höhere Einstufung rechtfertigen sind folgende Stufen der Pflegezulage angemessen:
    1. Bei Verlust beider Beine im Oberschenkel:Stufe II
    2. Bei Verlust beider Hände oder Unterarme:Stufe III
    3. Bei Verlust beider Arme im Oberarm oder dreier Gliedmaßen:Stufe IV.
  6. Die Pflegezulage nach Stufe V kommt in Betracht, wenn ein außergewöhnlicher Leidenszustand vorliegt und die Pflege besonders hohe Aufwendungen erfordert. Dies trifft immer zu bei
    1. Querschnittgelähmten mit Blasen- und Mastdarmlähmung,
    2. Hirnbeschädigten mit schweren psychischen und physischen Störungen,
    3. Ohnhändern mit Verlust beider Beine im Oberschenkel,
    4. blinden Doppel-Oberschenkelamputierten,
    5. Blinden mit völligem Verlust einer oberen und einer unteren Gliedmaße.
  7. Besonders schwer betroffene Beschädigte erhalten eine Pflegezulage nach Stufe VI. Es handelt sich dabei um
    1. Blinde mit völligem Gehörverlust,
    2. blinde Ohnhänder,
    3. Beschädigte mit Verlust beider Arme im Oberarm und beider Beine im Oberschenkel,
    4. Beschädigte, bei denen neben einem Leidenszustand, der bereits die Gewährung einer Pflegezulage nach Stufe V rechtfertigt, noch eine weitere Gesundheitsstörung vorliegt, die das Pflegebedürfnis wesentlich erhöht (z.B. erhebliche Gebrauchsbehinderung beider Arme bei vollständiger Lähmung beider Beine mit Blasen- und Mastdarmlähmung), sowie
    5. andere Beschädigte, deren außergewöhnlicher Leidenszustand und deren Pflegebedürfnis denen der vorgenannten Beschädigten vergleichbar sind.
  8. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist - auch hinsichtlich der Pflegezulagestufe - nur der Teil der Hilflosigkeit zu berücksichtigen, der den Umfang des Hilfsbedürfnisses eines gesunden gleichaltrigen Kindes überschreitet.
  9. Erwerbsunfähige Hirnbeschädigte erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I, wenn die Hirnbeschädigung allein die Erwerbsunfähigkeit bedingt. Ob bei erwerbsunfähigen Hirnbeschädigten eine höhere Pflegezulage als Stufe I in Betracht kommt, ist im Einzelfall nach den Auswirkungen der Krankheitserscheinungen zu entscheiden. Der Grad der psychischen Störungen und die Art und Häufigkeit von Anfällen sind dabei besonders zu berücksichtigen.
  10. Bei Beschädigten mit schweren geistigen oder seelischen Störungen, die wegen dauernder und außergewöhnlicher motorischer Unruhe ständiger Aufsicht bedürfen (z.B. erethische Kinder), sind die Voraussetzungen für eine Pflegezulage mindestens nach Stufe III gegeben.
  11. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Treten bei Blinden weitere Gesundheitsstörungen, vor allem Störungen der Ausgleichsfunktion hinzu, die unter Beachtung von Buchstabe b bei der gebotenen Gesamtbetrachtung das Pflegebedürfnis über den tatsächlichen Bedarf der Stufe III hinaus erhöhen, so ist die Pflegezulage nach Stufe IV zu bewilligen, wenn nicht nach Buchstabe f oder g die Pflegezulage nach Stufe V oder VI zusteht. Hochgradig Sehbehinderte erfüllen grundsätzlich die Voraussetzungen für die Gewährung einer Pflegezulage nach Stufe I.

Teil D 10
Merkzeichen

1. Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G)

  1. Nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ist zu beurteilen, ob ein behinderter Mensch infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Hilflose und Gehörlose haben stets einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr.
  2. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d. h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
  3. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
  4. Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen.
  5. Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem GdS von wenigstens 70 zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes mellitus mit häufigen hypoglykämischen Schocks.
  6. Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z.B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z.B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt. Bei geistig behinderten Menschen sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn die behinderten Menschen sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht.

2. Berechtigung für eine ständige Begleitung (Merkzeichen B)

  1. Für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson ist nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung der Berechtigung für eine ständige Begleitung erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
  2. Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H" vorliegen) gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z.B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.
  3. Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist anzunehmen bei Querschnittgelähmten, Ohnhändern, Blinden und Sehbehinderten, Hörbehinderten, geistig behinderten Menschen und Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist.

3. Außergewöhnliche Gehbehinderung (Merkzeichen aG)

  1. Für die Gewährung von Parkerleichterungen für schwer behinderte Menschen nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist die Frage zu beurteilen, ob eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
  2. Als schwer behinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
  3. Die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung darf nur auf eine Einschränkung der Gehfähigkeit und nicht auf Bewegungsbehinderungen anderer Art bezogen werden. Bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen ist zu beachten, dass das Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt sein muss und deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen ist. Dies gilt auch, wenn Gehbehinderte einen Rollstuhl benutzen: Es genügt nicht, dass ein solcher verordnet wurde; die Betroffenen müssen vielmehr ständig auf den Rollstuhl angewiesen sein, weil sie sich sonst nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen können. Als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, sind beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades anzusehen.

4. Gehörlosigkeit (Merkzeichen Gl)

Gehörlos sind nicht nur Hörbehinderte, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt, sondern auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. Das sind in der Regel Hörbehinderte, bei denen die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben worden ist.

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