Regelwerk |
Merkblatt
Anforderungen an die meteorologischen Eingangsdaten für Ausbreitungsrechnung nach TA Luft *
Vom 1. Juli 1997
Einleitung:
Dieses Merkblatt richtet sich an die zuständigen Genehmigungs- und Fachbehörden sowie Gutachter, die mit der Fachaufsicht, Vergabe, Betreuung oder Durchführung von Ausbreitungsrechnungen im Zulassungs-/Genehmigungsverfahren befaßt sind. Es dient der Vereinheitlichung des in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TAL) angesprochenen Verfahrens der Beschaffung und Verwendung von standortrepräsentativen meteorologischen Daten für eine sachgerechte Ausbreitungsrechung. Es befaßt sich insbesondere, aber nicht ausschließlich mit den hierzu erforderlichen Ausbreitungsklassen-(AK)Statistiken nach TAL.
1. Aufgabenstellung und Anforderungen nach TA Luft
Eine für den Standortrepräsentative Windverteilung und eine auf dieser Windverteilung aufbauende Ausbreitungsklassenstatistik ist Voraussetzung für die Erstellung einer sachgerechten Ausbreitungsrechnung nach TA Luft 1.
Nach Anhang C, Ziffer 8, TA Luft gilt: "Zur Durchführung der Ausbreitungsrechnung ist eine Häufigkeitsverteilung der stündlichen Ausbreitungssituationen zugrunde zu legen, die für den Standort der Anlage charakteristisch ist. Liegen keine Messungen am Standort der Anlage vor, sind Daten aus einem in der Regel zehnjährigen Meßzeitraum einer geeigneten Station des Deutschen Wetterdienstes zu verwenden; ein kürzerer Meßzeitraum ist zulässig, wenn dies für die Beurteilung der Ausbreitungssituation ausreicht. Die Übertragbarkeit dieser Daten auf den Standort der Anlage ist zu prüfen; dies kann z.B. durch Vergleich mit Daten durchgeführt werden, die im Rahmen eines meteorologischen Standortgutachtens ermittelt werden. Bei Messungen am Standort der Anlage soll der Meßzeitraum ein Jahr betragen; kürzere Meßzeiträume sind in begründeten Fällen zulässig."
Noch: Ziffer 2.6.4.1 c) TA Luft sind "sehr häufige Schwachwindlagen besonders zu berücksichtigen; dies ist in der Regel erforderlich, wenn mittlere Windgeschwindigkeiten von weniger als 2 Knoten im 10-Minutenmittel am Standort der Anlage in mehr als 30 vom Hundert der Stunden des Jahres zu erwarten sind." (2 Knoten = 1.028 m/s)
2. Verfügbarkeit und Beschaffung standortspezifischer Ausbreitungsklassenstatistiken
Da i.d.R. am Anlagenstandort keine Messungen vorliegen, stellt sich die Frage, auf welche Weise eine repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik für diesen Standort zu beschaffen ist. Hierzu werden derzeit nachfolgende Verfahren von Institutionen wie dem Dt. Wetterdienst, den Landesämtern für Umweltschutz und von Gutachtern eingesetzt. Die Anwendung der Verfahren setzt meteorologische Fachkunde voraus.
2.1 Ausbreitungsklassenstatistiken für Wetterstationen
Der Deutsche Wetterdienst stellt auf Anforderung für die Standorte seiner Wettererstationen mit vollem Meldesoll (u.a. 24-Stunden- Betrieb, Beobachtung der Bewölkung) Ausbreitungsklassenstatistiken gemäß TA Luft zur Verfügung (Kosten: ca. 1.000 DM pro Station)
2.2 Standorte, für die nur Windmessungen vorliegen
Für Standorte, für die Windmessungen nach dem Standard der VDI-Richtlinie 3786 Bl. 2 2 von mindestens 1 Jahr Meßzeit vorliegen, kann unter Verwendung von Bewölkungsbeobachtungen einer geeigneten benachbarten Wetterstation eine AK-Statistik erstellt werden (Kosten ca. 1000 DM pro Station). Hierzu werden entweder Verfahren der Zeitreihenkorrelation oder der Transformation von Häufigkeitsverteilungen angewendet. Für Windmeßreihen, die kürzer als 10 Jahre sind, ist eine Prüfung der zeitlichen Repräsentanz und und gegenenfalls die Hochrechnung auf einen 10-jährigcn Zeitraum erforderlich. Erfahrungsgemäß kann bereits ab Meßzeiten von 2 Jahren auf diese Prüfung verzichtet werden. (Mehrkosten 1000 bis 3000 DM pro Station)
2.3 Standorte, für die keine Messungen vorliegen
Bei Standortcn, für die keine Messungen vorliegen, ist für die Beschaffung der meteorologischen Eingangsdaten entweder eine Übertragung der AK-Statistik eines benachbarten Standortes, eine synthetische Windfeldsimulation oder eine Messung am Standort der geplanten Anlage erforderlich.
2.3.1 Übertragung von Ausbreitungsklassenstatistiken auf Standorte ohne Messungen
Ob eine für einen benachbarten Standort vorliegende Ausbreitungsklassenstatistik auf den Anlagenstandort übertragen werden kann, ist anhand einer qualifizierten Prüfung der Übertragbarkeit zu entscheiden (Kosten ca. 2000 DM). Im Falle der Übertragbarkeit ist zu unterscheiden zwischen einer Übertragung
2.3.2 Synthetische Windrosen
Mit Hilfe von numerischen Simulationsmodellen (diagnostische oder prognostische EULER- Strömungsmodelle) unter Berücksichtigung der Orographie, d.h. des Geländereliefs, sowie der Landnutzung können berechnete ("synthetische") Windverteilungen erzeugt werden, aus denen mit dem Verfahren gemäß 2.2 ("synthetische") Ausbreitungsklassenstatistiken erstellt werden können.
Bei Anwendung derartiger Modelle auf Fälle wie Berg-Tal-Windsysteme, nächtliche Kaltluftströme an Hängen und in Tälern mit steiler Topographie, ist die Einhaltung der Anwendungsgrenzen der Modelle besonders sorgfältig zu prüfen. Der Einsatz und die Bewertung der Ergebnisse derartiger Modelle erfordert daher Fachkunde sowie Erfahrung und das Ergebnis der Simulationsrechnung muß einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden. (Kosten je nach Modell und Rechengebiet von 10.000 bis 50.000 DM aufwärts)
2.3.3 Windmessungen
Es können am Anlagenstandort Windmessungen (Kosten ca. 10.000 DM pro Meßjahr) durchgeführt werden; hierbei sind die Anforderungen der VDI-Richtlinie 3786 Blatt 2 "Meteorologische Messungen für Fragen der Luftreinhaltung: Wind" /2/ zu beachten. Mit diesen Daten ist gemäß 2.2 eine Ausbreitungsklassenstatistik zu erstellen.
3. Qualitätsanforderungen an die Standortrepräsentanz der Ausbreitungsklassenstatistik
Die Anforderungen an die Standortrepräsentanz einer AK-Statistik hängen von der erforderlichen Aussagesicherheit ab. Welches Verfahren diesen Anforderungen genügt, wird u.a. bestimmt von der topographischen- und Landnutzungsstruktur des Geländes.
3.1 Aussagesicherheit
Besonders hohe Anforderungen an die Aussagesicherheit und damit an die Standortreprasentanz einer Ausbreitungsklassenstatistik sind zu stellen:
3.2 Topographie, Geländerelief und Landnutzungsverteilung
Der Einfluß von topographischen Strukturen wie Geländerelief, Bebauung, land-, forst- und wasserwirtschaftliche Nutzungen prägt sich besonders im bodennahen Windfeld aus und ist daher für die Ausbreitung bodennah freigesetzter Emissionen von ausschlaggebender Bedeutung. Der Einfluß der topographischen Strukturen auf die Ausbreitung nimmt mit zunehmender Emissionshöhe ab. Bei Emissionshöhen ab etwa 100 m über Grund haben die lokalen oder regionalen tagesperiodischen Strömungssysteme, wie Berg-Tal- und Hangwinde sowie Kaltluftabflüsse nur noch begrenzten Einfluß auf die Ausbreitung der Abluft.
Hinsichtlich der Übertragbarkeit in verschieden strukturiertem Gelände ist nachfolgendes zu beachten:
4. Zusätzliche Hinweise
Nach Ermittlung der erforderlichen Aussagesicherheit ist abzuwägen, welches Verfahren zur Erstellung einer AK-Statistik einzusetzen ist. Dies geschieht unter Berücksichtigung der Unsicherheit der Eingangsdaten, nämlich der Emissionsdaten, der meteorologischen Eingangsdaten und der des verwendeten Ausbreitungsmodells.
Erfahrungsgemäß wird aber im Genehmigungs/Zulassungsverfahren sowohl seitens der Öffentlichkeit als auch vor Gericht eine vor Ort gemessene Windverteilung als glaubwürdiger eingestuft, als eine übertragene Aussage.
Anlage 1 zu den Auslegungshnweisen der GIRL
Erarbeitet von der Arbeitsgruppe "Behandlung des Faktors Klima im Zulassungs-/Genehmigungsverfahren" im Auftrag der Präsidenten/Leiter der Landesämter für Umweltschutz sowie des Umweltbundesamtes.
Mitgewirkt haben die Bundesländer: Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie der Bund.
Schrifttum: