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Regelwerk, Immissionsschutz
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Kommentar zu Anhang 7 TA Luft 2021
Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen
(ehemals Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL -)

Stand 08.02.2022
(Quelle: www.lai-immissionsschutz.de)



Erarbeitet von: Expertengremium Geruchsimmissions-RichtlinieRegelwerk, Immissionsschutz
UMK-Umlaufbeschluss 35/2022
(LAI Beschluss TOP 7.1.143. LAI)

Kommentar zum Anhang 7 TA Luft

Mit der Übernahme der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) als Anhang 7 der TA Luft sind erstmals Anforderungen zum Schutz vor erheblichen Belästigungen durch Geruchsimmissionen Bestandteil der TA Luft. Der neue Anhang 7 TA Luft schließt eine bestehende Regelungslücke innerhalb der TA Luft 2002 und führt zur Vereinheitlichung und Gleichbehandlung im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren.

Die Geruchsimmissions-Richtlinie wurde in allen Bundesländern im Vollzug angewandt, ist bereits heute etabliert und gerichtlich anerkannt. Unterschiede zwischen den Bundesländern bestanden bislang in der Verbindlichkeit der Anwendung (Umsetzung per Erlass oder Nutzung als Erkenntnisquelle). Die Integration der Geruchsimmissions-Richtlinie in die TA Luft führt zu einer bundesweit einheitlichen Anwendung und damit zu einer Verbesserung im Hinblick auf die Gleichbehandlung vergleichbarer Anlagen.

Mit der Aufnahme der GIRL in die TA Luft soll nicht eine verpflichtende Prüfung im Rahmen der Genehmigungsverfahren ausgelöst werden, sondern Anhang 7 TA Luft soll nur bei Anlagen zur Anwendung kommen, von denen relevante Geruchsemissionen ausgehen können. Für bislang in der Praxis als nicht geruchsrelevant eingestufte Anlagen wird mit der Aufnahme der GIRL in die TA Luft keine Änderung der bisherigen Vollzugspraxis verfolgt.

Vergleichbar den Regelungen bei Überschreitungen der Immissionswerte in Nr. 4.2 bis 4.5 TA Luft, soll eine Genehmigung unter bestimmten Randbedingungen nicht versagt werden (Nr. 4.3.2 in Verbindung mit Anhang 7 TA Luft). Die Regelungen zu den Verbesserungsmaßnahmen bleiben davon unberührt. Die Möglichkeit der Anwendung der Nr. 3.5.4 TA Luft besteht weiterhin.

Als einziges Geruchsbeurteilungsverfahren basiert Anhang 7 TA Luft auf Immissionswerten (IW), die anhand von Belästigungsbefragungen bei Anwohnern abgeleitet wurden und explizit den Expositions-Wirkungszusammenhang zwischen Geruchsbelastung und Geruchsbelästigung berücksichtigen.

Die beschriebenen Methoden (Rastermessung, Ausbreitungsrechnung) werden bundesweit zur Beurteilung von Geruchsimmissionen eingesetzt. Auf ihr basieren Geruchsgutachten für Genehmigungs-, Überwachungs- und Bauleitplanverfahren. Der vorgegebene Rahmen kann sowohl von fachkundigen Gutachterinnen/Gutachtern als auch seitens der zuständigen Behörden im begründeten Einzelfall noch ausgestaltet werden, um zu einer sachgerechten Ermittlung und Bewertung der Geruchsimmissionssituation zu kommen.

Zu Nr. 1 Allgemeines

Bewertung von Gerüchen

Die Bewertung, ob eine Geruchsbelästigung als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist, wird von einer Vielzahl von Kriterien beeinflusst. Es sind dies u. a.

Nach der Methode in Anhang 7 TA Luft werden zur Beurteilung Immissionswerte (s. Nr. 3.1 Anhang 7 TA Luft) in Form von Geruchshäufigkeiten festgelegt. Ein Vergleich mit den Immissionswerten reicht jedoch nicht immer aus. Regelmäßiger Bestandteil der Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung ist deshalb im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit die Prüfung, ob Anhaltspunkte für ein Vorgehen nach Nr. 5 Anhang 7 TA Luft für den jeweiligen Einzelfall bestehen.

Ableitung der Immissionswerte

Die Immissionswerte wurden auf der Basis der Geruchshäufigkeit festgelegt. Eine der Grundlagen dieser Festlegung waren Felduntersuchungen des "Medizinischen Instituts für Umwelthygiene an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf" zur Geruchsbelästigung von Anwohnerinnen und Anwohnern verschiedener Geruchsemittenten, die sogenannte MIU-Studie (Steinheider/Winneke 1992). Diese Untersuchungen zeigten u. a. auch, dass die Intensitätsbetrachtung zusätzlich zur alleinigen Häufigkeitsermittlung keinen deutlichen Erkenntnisgewinn für die Geruchsbeurteilung bringt. Für die regelmäßige quantitative Einbeziehung der Hedonik lagen damals noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Grundlagen vor. Letzteres war auch Ergebnis einer vom Baden-Württembergischen Ministerium für Umwelt und Verkehr am 02.10.1997 durchgeführten Anhörung zur GIRL mit Sachverständigen und Gutachtern. In der "MIU-Studie" (Steinheider/Winneke 1992) wird zur Berücksichtigung der Hedonik ausgeführt:

"Mögliche Auswirkungen der angenehmunangenehm-Qualität der Geruchsimmissionen auf die Ausprägung der Belästigungsreaktion konnten von uns nicht untersucht werden. Ausdrücklich sei deshalb darauf hingewiesen, dass die Verallgemeinerungsfähigkeit der hier dargestellten Befunde und der aus ihnen abgeleiteten Immissionswerte in dieser Hinsicht nicht ohne weiteres als gegeben gelten kann, da das Spektrum der berücksichtigten Quellen relativ eng war.
(...) Weiterhin unterscheiden sich Geruchsimmissionen verschiedener industrieller Quellen hinsichtlich ihres Belästigungspotenzials, da anscheinend die hedonische Qualität des Geruchsstoffes (angenehm vs. unangenehm) den Grad der Geruchsbelästigung (...) beeinflusst: Ein Vergleich der Belästigungswirkung einer Isolatorenfabrik, einer Teeröl-Raffinerie, einer Brauerei und einer Schokoladenfabrik zeigte eine geringere Belästigungswirkung der Schokoladenfabrik im Vergleich zu den anderen Quellen, obwohl es keine quantitativen Belastungsunterschiede gab. Trotz dieser Vorbehalte können die hier abgeleiteten Immissionswerte im Regelfall als gut fundierte Anhaltspunkte für die Abgrenzung 'erheblicher' von 'unerheblichen' Geruchsbelästigungen gelten."

Der Expositions-Wirkungszusammenhang zwischen der Belastung mit Industriegerüchen, objektiviert durch die Geruchshäufigkeit nach dem Geruchsstunden-Konzept, und dem Grad der Geruchsbelästigung der Anwohnerinnen und Anwohner wurde in dem "Hedonik-Projekt" (Sucker et. al. 2003) an industriellen Anlagen bestätigt.

Darüber hinaus erwies sich die hedonische Qualität von Immissionen geruchsstoffemittierender Anlagen als stark wirkungsrelevant. Es ergab sich ein deutlicher Unterschied in der Belästigungswirkung zwischen "angenehmen" Anlagengerüchen einerseits sowie den "unangenehmen" und "neutralen" Anlagengerüchen andererseits. Eine weitergehende Unterscheidung ließ sich nicht begründen. Anders als die hedonische Geruchsqualität hat sich die ergänzende Berücksichtigung der Intensität von Geruchsimmissionen, wie auch schon in der "MIU-Studie" (Steinheider/Winneke 1992), als nicht oder als nur marginal wirkungsrelevant erwiesen.

Zur Berücksichtigung der Hedonik bei der Bewertung von Gerüchen wird im Bericht zum "Hedonik-Projekt" (Sucker et. al. 2003) beispielhaft die Verwendung von Zu- bzw. Abschlägen angeführt. Zur Ableitung des Ausmaßes des Abschlages für als "angenehm" klassifizierte und verifizierte Geruchsquellen wird die Verwendung der ermittelten Expositions-Wirkungskurven empfohlen.

In dem Projekt "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (Sucker et. al. 2006) wurde der den Immissionswerten in Anhang 7 TA Luft zugrunde liegende Expositions-Wirkungszusammenhang erneut bestätigt, diesmal speziell für Tierhaltungsanlagen. Ein Vergleich der Ergebnisse des Projektes "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" mit denen des "Hedonik-Projektes" macht deutlich, dass eine Differenzierung der Belästigungswirkung anhand der Hedonik bei den Tierhaltungsgerüchen nicht möglich ist, da alle untersuchten tierartspezifischen Geruchsarten als unangenehm beurteilt wurden. Allerdings ist es im Gegensatz zu den Industriegerüchen möglich, die Belästigungswirkung anhand der (tierartspezifischen) Geruchsarten zu unterscheiden. Es zeigte sich, dass die Geruchsarten "Rind" und "Schwein" geringer belästigend sind als "Industriegerüche", während "Geflügel"-Gerüche deutlich stärker belästigend wirken als "Industriegerüche".

Die Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft basieren auf der Feststellung von erkennbarem Geruch nach dem Geruchsstundenkonzept. In der "MIU-Studie" (Steinheider/Winneke 1992) wurde kein Vorteil einer Echtzeitbetrachtung gegenüber dem Geruchsstundenkonzept bei Begehungen gesehen. Auch im "Hedonik-Projekt" (Sucker et. al. 2003) und dem Projekt "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (Sucker et. al. 2006) wurde das Geruchsstundenkonzept zugrunde gelegt und hat sich wiederholt als geeignet bestätigt (siehe auch Kommentar zu Nr. 4.4.7 Anhang 7 TA Luft "Geruchsstunde").

Im Jahr 2017 wurde in dem Projekt "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Mastbullen, Pferde und Milchvieh" (LUBW 2017) und im Jahr 2019 in dem Projekt "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Ziegen und Schafe" (LUBW 2019) Geruchsqualitäten über Polaritätenprofile, Hedonik und Geruchsintensitäten bewertet. Anhand der Untersuchungsergebnisse wurden für die Tierarten Mastbullen, Pferde (ohne Mistlager), Ziegen und Schafe tierartspezifische Gewichtungsfaktoren abgeleitet, die Eingang in die TA Luft gefunden haben (siehe Nr. 4.6 Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft).

Aufgrund von Untersuchungsergebnissen (Kwiatkowski/Both 2021) für Mastschweine bis zu einer Tierplatzzahl von 500 in qualitätsgesicherten Haltungsverfahren mit Auslauf und Einstreu, die nachweislich dem Tierwohl dienen, fand ebenfalls ein niedrigerer tierartspezifischer Gewichtungsfaktor Eingang in die TA Luft (siehe Nr. 4.6 Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft).

Erkennbarkeit von Gerüchen

Bei der Geruchsfeststellung durch Begehungen und bei der Prognose von Geruchsbelastungen durch Ausbreitungsmodelle dürfen nur Geruchsimmissionen registriert werden, die erkennbar sind, d. h. die mit hinreichender Sicherheit und zweifelsfrei ihrer Herkunft nach aus Anlagen oder Anlagengruppen erkennbar und damit abgrenzbar sind gegenüber Gerüchen aus dem Kraftfahrzeugverkehr, dem Hausbrandbereich, der Vegetation, landwirtschaftlichen Düngemaßnahmen oder ähnlichem. Mit dieser Definition wird der Begriff "deutliche Wahrnehmung" (vgl. Nr. 4.4.7 Anhang 7 TA Luft) konkretisiert.

Die Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen als System

In mehreren umfangreichen Untersuchungen (Hartmann 2002, Janicke/Janicke 2007, Landesumweltamt NW 2007) konnte die Schlüssigkeit des in Anhang 7 TA Luft niedergelegten Systems bestätigt werden. In diesen Fällen wurden Ergebnisse aus Rastermessungen nach Richtlinie VDI 3940 Blatt 1 mit denen der Ausbreitungsrechnung (AUSTAL2000G) verglichen. Die gewonnenen Ergebnisse zeigen,

Auch in den umfangreichen Untersuchungen des "Hedonik-Projektes" (Sucker et. al. 2003) hat sich dieses System erneut bestätigt. Im Wesentlichen wurde festgestellt,

Darüber hinaus konnten weitere Erkenntnisse aus dem Projekt "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (Sucker et. al. 2006) gewonnen werden. Hierbei ist wesentlich, dass sich die Projektergebnisse auf das unterschiedliche Belästigungspotenzial der tierartspezifischen Geruchsimmissionen beschränken. Für die Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Geruchsbelastung und -belästigung ist z.B. die Ermittlung der Emission bzw. des Emissionspotenzials unterschiedlicher Haltungsformen nicht erforderlich. Ein möglicherweise unterschiedliches Geruchsemissionspotenzial wird nach wie vor im Rahmen der Ermittlung der Emissionsdaten berücksichtigt, soweit hierfür quantifizierbare Ergebnisse vorliegen.

Die Erkenntnisse aus dem Projekt "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (Sucker et. al. 2006) sind im Wesentlichen:

Im Rahmen der Projekte "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Mastbullen, Pferde und Milchvieh" (LUBW 2017) und "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Ziegen und Schafe" (LUBW 2019) konnte gezeigt werden, dass Geruchsqualitäten unter bestimmten Voraussetzungen über die Erhebung der Polaritätenprofile, der Hedonik und der Intensität vergleichend bewertet werden können. Weitere Erkenntnisse des Projektes sind:

Veranlassung zur Erstellung von Gutachten

Mit der Aufnahme der GIRL in die TA Luft soll keine verpflichtende Prüfung im Rahmen der Genehmigungsverfahren ausgelöst werden, sondern Anhang 7 TA Luft soll nur bei Anlagen zur Anwendung kommen, von denen erfahrungsgemäß relevante Geruchsemissionen ausgehen können. Ob und in welchem Umfang Geruchsimmissionsgutachten erforderlich werden, ist in einem Leitfaden zusammengetragen, der als technische Richtlinie VDI 3886 Blatt 1 der VDI/DIN-Kommission der Reinhaltung der Luft veröffentlicht ist und in Nr. 4.3.2 TA Luft als Erkenntnisquelle aufgeführt ist.

Für bislang in der Praxis als nicht geruchsrelevant eingestufte Anlagen wird mit der Aufnahme der GIRL in die TA Luft keine Änderung der bisherigen Vollzugspraxis verfolgt.

Es ist nicht in jedem Fall erforderlich ein Gutachten nach Anhang 7 TA Luft zu erstellen. Die Entscheidung darüber liegt in der Verantwortung der zuständigen Behörde. Wenn die Behörde mit anderen Hilfsmitteln - z.B. der Richtlinie VDI 3886 Blatt 1 oder der Richtlinie VDI 3894 Blatt 2 - zu der Überzeugung gelangt, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt ist, so ist nicht zwingend die Ermittlung der Kenngrößen nach Nr. 4 Anhang 7 TA Luft erforderlich.

Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich

Abstandsregelungen

Bei nicht genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen kann die Genehmigungsbehörde ihre Entscheidung auch auf die Einhaltung der Abstände nach der Richtlinie VDI 3894 Blatt 2 in Verbindung mit der Richtlinie VDI 3894 Blatt 1 gründen. Dabei sind die Einschränkungen der Anwendungsbereiche dieser Richtlinien zu beachten.

Ortsüblichkeit

Im Zusammenhang mit der Ortsüblichkeit landwirtschaftlicher Gerüche ist zu beachten, dass die Herausbildung des ländlichen Raumes das Ergebnis historischer Entwicklungen unter verschiedenen naturräumlichen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen ist. Historisch gewachsene Dorfgebiete sind durch die Parallelität der Funktionen Landwirtschaft, Kleingewerbe, Handwerk und Wohnen charakterisiert. Die zum Teil seit Generationen existierenden landwirtschaftlichen Hofstellen prägen den Dorfcharakter. Die Nutztierhaltung im Ortsbereich erfolgt meist in Familienbetrieben im Voll- oder Nebenerwerb in Anlagen, die deutlich unterhalb der Genehmigungsbedürftigkeit nach BImSchG bleiben. Landwirtschaftliche Aktivitäten mit entsprechend häufigen Geruchsemissionen können in dieser unvermeidlichen Gemengelage bei gebotener gegenseitiger Akzeptanz und Rücksichtnahme der unterschiedlichen Nutzungen im Dorf als ortsüblich angesehen werden. Dabei ist auch darauf abzustellen, wie viele Quellen innerhalb des Dorfes zu den Geruchsimmissionen beitragen.

Aufgrund der historischen Entwicklung kann die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen. So mussten in der DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb vieler Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden. Sie wurden durch große Einheiten ersetzt, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet wurden und dort seit Jahrzehnten betrieben werden. Dies führte dazu, dass im Innenbereich der betroffenen Dörfer nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden sind, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt wird. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen kann deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen kann sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

Offenställe

Offenställe stellen bei Ausbreitungsrechnungen einen Problemfall dar, da die Emissionen auch von den Wetterbedingungen abhängen (z.B. Anströmgeschwindigkeit und Anströmrichtung der Ställe). Die Emissionsermittlung ist in diesen Fällen komplexer als bei zwangsbelüfteten Ställen.

Weidegang

Soll der Weidegang z.B. bei Milchkühen in einer Zeitreihe mitberücksichtigt werden, kann der Stall in der Zeit des Weidegangs mit 50 % der Emissionen (Konventionswert) berücksichtigt werden. Damit wird dem zeitweiligen bzw. stundenweisen Leerstand der Stallgebäude sachgerecht entsprochen.

Beurteilung von Gerüchen aus Gülleausbringung

Die Beurteilung von Gerüchen aus Gülleausbringung (landwirtschaftliche Düngemaßnahmen; vgl. Nr. 3.1 Anhang 7 TA Luft) ist entsprechend den Ergebnissen des Projektes "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (Sucker et. al. 2006) bei der Bewertung der Gesamtbelastung im Rahmen der Regelfallbeurteilung nicht erforderlich.

Bauleitplanung

Auch in der Bauleitplanung kann Anhang 7 TA Luft zur Beurteilung herangezogen werden, wobei die zukünftige Geruchsimmissionsbelastung in der geplanten Wohnbebauung durch Ausbreitungsrechnung prognostiziert wird. Dabei werden ggf. auch die (konkreten) Planungen der Tierhaltungsanlagen im Umfeld der geplanten Bebauung berücksichtigt. Durch die Anwendung von Anhang 7 TA Luft wird im Bauleitplanverfahren sichergestellt, dass sowohl die Belange der zukünftigen Anwohner als auch die der betroffenen Landwirte berücksichtigt werden.

Werden für die Nachbarschaft von Tierhaltungsanlagen z.B. höhere Immissionswerte festgelegt, so sind diese zwangsläufig auch in Bauleitplanverfahren zu berücksichtigen. Hieraus resultieren geringere Abstände zwischen Tierhaltungsanlagen und Wohnbebauung. Es ist nicht zulässig, dass je nach Art des Verwaltungsverfahrens andere Bewertungskriterien herangezogen werden, da es letztendlich in allen Verfahren um die Erheblichkeit der Geruchsbelästigung geht.

Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen

Der Anhang 7 TA Luft konkretisiert die Anforderungen der Nr. 4 TA Luft und soll daher auch zur Beurteilung von schädlichen Umwelteinwirkungen verursacht durch nicht genehmigungsbedürftige Anlagen herangezogen werden. Bei der Ermittlung der Vorbelastung nach Anhang 7 TA Luft sind die Anteile, die durch ausschließlich baurechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen verursacht werden, ebenso zu berücksichtigen wie die Anteile, die von Anlagen i. S. des § 4 BImSchG ausgehen.

Wenn bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen auftreten, ist zunächst zu prüfen, ob die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen ausgeschöpft sind. Nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG). Zur Bestimmung des Mindestmaßes ist eine Abwägung aller berührten Interessen vorzunehmen. Unverhältnismäßige Maßnahmen können nicht verlangt werden. Eine Betriebsuntersagung kommt nur nach § 25 Abs. 2 BImSchG in Betracht. Die dort genannten Voraussetzungen liegen bei Geruchsimmissionen jedoch in der Regel nicht vor. Anordnungen im Einzelfall können nach § 24 BImSchG getroffen werden.

Landesrechtliche Regelungen zur Vorsorge können über § 22 BImSchG hinausgehende Anforderungen enthalten.

Bei der Bestimmung der Zumutbarkeit von Belästigungen für eine schutzbedürftige Nutzung, die durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist, sind die aus den vorprägenden Nutzungen resultierenden Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen. Im Umfang der Vorbelastung können Immissionen zumutbar sein, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären (siehe Nr. 5 Anhang 7 TA Luft).

Auch bei der Beurteilung der Zumutbarkeit im Rahmen der Prüfung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) wird grundsätzlich auf die Immissionswerte und die Systematik in Anhang 7 dieser Verwaltungsvorschrift zurückgegriffen. Dabei verbietet sich aber die schematische Anwendung der Immissionswerte. Vielmehr ist die Zumutbarkeitsgrenze auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Immissionsortes zu prüfen.

Dies gilt auch für die Errichtung neuer oder Änderung bestehender Wohngebäude in vorbelasteten Gebieten. Auch hier kann sich die Schutzwürdigkeit eines Wohnbauvorhabens infolge einer bestehenden, ortsüblichen Vorbelastung vermindern. Eine Überschreitung der Immissionswerte aus Kapitel 3.1 alleine muss einem Wohnbauvorhaben nicht in jedem Fall entgegenstehen. Es ist neben der konkreten Schutzwürdigkeit unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit, der Größe des Vorhabens im Verhältnis zur Umgebung und der Höhe der Überschreitung auch darauf abzustellen, inwiefern sich eine bestehende Konfliktsituation z.B. durch eine heranrückende Wohnbebauung verschärft.

Bezüglich genehmigungsbedürftiger Anlagen wird auf Nr. 4.2 dieses Kommentars verwiesen.

Zu Nr. 2 Anforderung an die Begrenzung und Ableitung von Geruchsemissionen

Schornsteinhöhenberechnung

Die Schornsteinhöhe ist in der Regel so zu bemessen, dass die relative Häufigkeit der Geruchsstunden bezogen auf ein Jahr (vgl. Nr. 4.5 Anhang 7 TA Luft) auf keiner Beurteilungsfläche, für die Immissionswerte gelten, den Wert 0,06 überschreitet.

Die Regelung bezieht sich auf den einzelnen Schornstein. Eine zusammenfassende Betrachtung analog zu Nr. 5.5.2.1 Abs. 5 TA Luft ist in der Regel nicht erforderlich. Die Schornsteinhöhenberechnung stellt dementsprechend bei mehreren Quellen und/oder vorhandener Vorbelastung nicht sicher, dass Immissionswerte eingehalten werden.

Die Anforderungen aus der Nr. 5.5.2.1 Abs. 1 bis 3 TA Luft sind zu berücksichtigen.

Die Aufnahme der Geruchsstoffe in die Schornsteinhöhenberechnung nach Nr. 5.5 TA Luft wurde während der Erarbeitung der TA Luft geprüft. Ein gemeinsames Verfahren zur Ermittlung der Schornsteinhöhe für Geruchsstoffe und Luftschadstoffe war u. a. aufgrund unterschiedlicher Kenngrößen (Häufigkeiten und Konzentrationen) und Ermittlungsrandbedingungen (Beurteilungsflächen und Beurteilungspunkte) nicht realisierbar. Dementsprechend blieb es für die Geruchsstoffe bei der oben angeführten Vorgehensweise.

Bei Tierhaltungsanlagen ist Nr. 5.4.7.1 Buchstabe d) TA Luft zu beachten.

Bagatell-Geruchsstoffstrom

Analog zu den Luftschadstoffen in Nr. 4 TA Luft beinhaltet auch Nr. 2 Anhang 7 TA Luft eine Bagatell-Regelung, die sich an der Quellhöhe und dem Geruchsstoffstrom einer Anlage orientiert. Sofern die Gesamtemissionen der Anlage den in Abbildung 1 Anhang 7 TA Luft dargestellten Bagatell-Geruchsstoffstrom nicht überschreiten, ist im Genehmigungsverfahren eine Bestimmung der Kenngröße der Geruchsimmission nach Nr. 4 Anhang 7 TA Luft nicht erforderlich.

Der Bagatell-Geruchsstoffstrom, welcher an Anwendungsvoraussetzungen wie z.B. eine Quellhöhe von mind. 10 m über Grund und eine Entfernung zum nächsten Immissionsort von mindestens 100 m gebunden ist, wurde über Ausbreitungsrechnungen entsprechend Anhang 2 TA Luft berechnet. Die Berechnungen wurden auf der gleichen Datenbasis durchgeführt wie die Berechnungen zum Anhang 1 TA Luft. Randbedingungen der Berechnungen waren z.B.

Zur Ableitung der quellhöhenabhängigen Bagatellmassenströme wurde dabei die immissionsseitig ungünstigste Meteorologie herangezogen. Diese Vorgehensweise stellt hinreichend sicher, dass der immissionsseitige Beitrag einer Anlage, die den Bagatell-Geruchsstoffstrom nicht überschreitet, den Wert von 0,02 einhält.

Zu Nr. 3.1 Immissionswerte

Zuordnung der Immissionswerte

Die Immissionswerte in Tabelle 22 Anhang 7 TA Luft quantifizieren den Schutzanspruch der zugeordneten Gebietstypen. Die Immissionswerte gelten für die Beurteilungsflächen (siehe Nr. 4.4.3 Anhang 7 TA Luft) mit schutzwürdiger Nutzung.

Bei einer Geruchsbeurteilung entsprechend Anhang 7 TA Luft ist jeweils die tatsächliche Nutzung des zu beurteilenden Gebietes zugrunde zu legen. Bei der Zuordnung von Immissionswerten ist eine Abstufung entsprechend der Baunutzungsverordnung (BauNVO) nicht sachgerecht. Deren detaillierte Abstufungen spiegeln nicht die Belästigungswirkung der Geruchsimmissionen wider.

Wohn-/Mischgebiete

Für das Nutzungsgebiet Wohn-/Mischgebiet ist lt. Tabelle 22 Anhang 7 TA Luft ein Immissionswert von 0,10 festgelegt. Dies gilt auch für Tierhaltungsanlagen in einem Dorfgebiet, wenn sich ein Dorfgebiet zum Wohngebiet entwickelt hat.

Urbane Gebiete

Das urbane Gebiet ist in Tabelle 22 Anhang 7 TA Luft dem Immissionswert 0,10 zugeordnet. Urbane Gebiete dienen gemäß § 6a BauNVO dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören. Dabei muss die Nutzungsmischung nicht gleichgewichtig sein.

Das urbane Gebiet besitzt in Bezug auf die bauliche Nutzung einen ähnlichen Charakter wie ein Mischgebiet, da es andere Nutzungsformen als die Wohnnutzung unter der Voraussetzung zulässt, dass diese die Wohnnutzung nicht wesentlich stören.

Gewerbe-/Industriegebiete

Der Immissionswert von 0,15 für Gewerbe- und Industriegebiete bezieht sich auf Wohnnutzung im Gewerbe- bzw. Industriegebiet (beispielsweise Betriebsinhaber, der auf dem Firmengelände wohnt), die entsprechend § 8 und § 9 BauNVO dort ausnahmsweise zulässig ist. Aber auch Beschäftigte eines anderen Betriebes sind Nachbarn mit einem Schutzanspruch vor erheblichen Belästigungen durch Geruchsimmissionen (siehe Kommentar zu Nr. 5 Anhang 7 TA Luft). Sie sind daher im Rahmen der Beurteilung zu berücksichtigen. Aufgrund der grundsätzlich kürzeren Aufenthaltsdauer (gegebenenfalls auch der Tätigkeitsart) benachbarter Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer können in der Regel höhere Immissionen zumutbar sein.

Grundlage für die Ableitung eines höheren Immissionswertes ist zunächst der Immissionswert von 0,15 für Gewerbe- und Industriegebiete, der auf Untersuchungen zum Expositions-Wirkungs-Zusammenhang zwischen Geruchsbelastung und -belästigung basiert. Dabei wurde die Geruchsbelastung und -belästigung von Anwohnerinnen und Anwohnern, die in der Nähe geruchsemittierender Anlagen wohnen, untersucht. Beschäftigte benachbarter Betriebe wurden in diesen Untersuchungen nicht erfasst. Der zulässige Immissionswert soll jedoch nicht formal durch eine einfache Verhältnisbetrachtung von tatsächlicher Aufenthaltszeit zur Gesamtzeit gebildet werden. Das heißt, man kann z.B. bei einer Arbeitszeit von 8 Stunden pro Tag nicht von einem Immissionswert von 0,45 (d. h. 3-facher Immissionswert für Gewerbegebiete) ausgehen. Die Höhe der zumutbaren Immissionen ist abhängig vom Einzelfall. Sie wird maßgeblich von der Art des Gewerbegebietes bestimmt. Ein Immissionswert von 0,25 sollte nicht überschritten werden.

Die Beurteilung der durch den Betrieb für die eigenen Arbeitnehmer hervorgerufenen Geruchs-Immissionsbelastung ist eine Sache des Arbeitsschutzes; diese Vorbelastung kann auch nicht zu der durch einen anderen Betrieb hier erzeugten Belastung dazugerechnet werden.

Für Betriebsangehörige und ihre Familie, die auf dem Gelände einer Anlage wohnen, soll in der Regel ein Immissionswert von mehr als 0,25 nicht überschritten werden. Die selbst verursachten Geruchsimmissionen werden hierbei nicht betrachtet (siehe Fußnote zu Nr. 4.4 Anhang 7 TA Luft).

Kerngebiete

Gemäß § 7 Abs. 1 BauNVO dienen Kerngebiete vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. Zulässig sind neben Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäuden u. a. auch Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten. Aber auch Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen, für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen eines Bebauungsplans sind zulässig.

Das Nebeneinander von geruchstoffemittierenden Betrieben (Restaurants, Grillstuben, Shisha-Bars, "beduftete" Ladenlokale etc.) und Wohnungen ist demnach der Zweck eines Kerngebietes. Die Geschäftstätigkeit ist zwangsläufig verbunden mit Geruchsemissionen und einer Geruchsimmissionssituation, die über die in einem Wohn-/Mischgebiet zu erwartende Geruchsbelastung hinausgehen kann. Die Gewichtung der Nutzungsarten Wohnen und Nicht-Wohnen bzw. Gewerbe in einem Kerngebiet erscheint im Wesentlichen mit der in einem Dorfgebiet vergleichbar, indem auch das Nebeneinander von geruchstoffemittierenden landwirtschaftlichen Betrieben und Wohnungen zulässig ist.

In Tabelle 22 Anhang 7 TA Luft ist das Kerngebiet mit Wohnnutzung einem Immissionswert von 0,10 und das Kerngebiet ohne Wohnen einem Immissionswert von 0,15 zugeordnet. Damit wird das Kerngebiet mit Wohnen in Bezug auf den Schutzanspruch der Wohnnutzung mit einem Wohngebiet gleichgestellt. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Form der Nutzung in diesen Gebietstypen sollte bei der Geruchsbeurteilung in Kerngebieten die tatsächliche Nutzung Berücksichtigung finden. Insbesondere kann die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme entsprechend Nr. 5 Anhang 7 TA Luft zur Festlegung von höheren Immissionswerten führen.

Dorfgebiete

Für das Dorfgebiet liegen zwei Immissionswerte vor. Für Geruchsimmissionen hervorgerufen von Tierhaltungsanlagen, ist der Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 (Tabelle 22 Anhang 7 TA Luft) im Zusammenhang mit den Gewichtungsfaktoren aus Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft zu verwenden, die aus den Ergebnissen des Verbundprojektes "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" abgeleitet wurden.

Gemäß BauNVO § 5 Abs. 1 dienen Dorfgebiete der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienender Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

Für Geruchsimmissionen aus Gewerbe-/Industrieanlagen gilt für Dorfgebiete in der Regel eine Zuordnung zum Immissionswert für Wohn-/Mischgebiete von 0,10. Wenn durch bestehende rein gewerbliche Anlagen (nicht Tierhaltungsanlagen) bereits Immissionen von 0,10 erreicht werden, ist z.B. auch der Immissionswert für ein Dorfgebiet bereits ausgeschöpft. Es sind dann nicht noch zusätzlich Geruchshäufigkeiten bis 5 % aus Tierhaltungen zulässig, um den Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungen auszuschöpfen (siehe auch Kommentar zu "Vorgehen bei unterschiedlichen Immissionswerten für dasselbe Beurteilungsgebiet" weiter unten).

Der Immissionswert für Dorfgebiete (0,15) gilt auch für Biogasanlagen, die Bestandteil eines Tierhaltungsbetriebes sind und die ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle (Wirtschaftsdünger) und ggf. nachwachsenden Rohstoffen betrieben werden. Biogasanlagen, losgelöst von Tierhaltungsanlagen, sind wie Industrieanlagen zu behandeln. Ggf. ist eine Einzelfallprüfung zur Festlegung des Immissionswertes erforderlich. Ansonsten ist wie bei einer Gemengelage zwischen Industrie und Landwirtschaft zu verfahren (siehe auch Kommentar zu "Vorgehen bei unterschiedlichen Immissionswerten für dasselbe Beurteilungsgebiet" weiter unten).

Dörfliche Wohngebiete

Durch das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz) vom 14. Juni 2021 wurde nach Paragraph § 5 der Baunutzungsverordnung der Paragraph § 5a "Dörfliche Wohngebiete" eingefügt. Dort heißt es in Absatz 1:

"(1) Dörfliche Wohngebiete dienen dem Wohnen sowie der Unterbringung von land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen und nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben. Die Nutzungsmischung muss nicht gleichgewichtig sein."

Gegenüber dem Dorfgebiet bekommt damit das Wohnen einen höheren Stellenwert gegenüber anderen Nutzungen. Zudem sind nur land- und forstwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen zulässig. Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher (Vollerwerbs)Betriebe sind nur ausnahmsweise zugelassen.

Sofern die Nutzung in einem dörflichen Wohngebiet zu der eines Dorfgebietes tendiert, z.B. in der Form, dass landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen in relevantem Ausmaß im Gebiet vorhanden sind oder Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Vollerwerbsbetriebe (ausnahmsweise) zugelassen sind, ist eine Zuordnung des dörflichen Wohngebietes zum Immissionswert für Dorfgebiete sachgerecht. In dörflichen Wohngebieten, in denen die Nutzung im Wesentlichen dem Wohnen und in deutlich geringerem Umfang der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Betrieben (Gewerbe, land- und forstwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen) dient, kann entsprechend der tatsächlichen Nutzungssituation auch ein niedrigerer Immissionswert oder Zwischenwert festgelegt werden.

Bei einer möglichen Zwischenwertbildung entsprechend Nr. 3.1 Anhang 7 TA Luft ist in jedem Fall zu berücksichtigen, dass der Schutzanspruch des Wohnens in einem dörflichen Wohngebiet höher anzusetzen ist als in einem Dorfgebiet.

Zudem gibt es analog zum Dorfgebiet auch für das dörfliche Wohngebiet zwei Immissionswerte. Für Geruchsimmissionen hervorgerufen von Tierhaltungsanlagen, ist der Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 (Tabelle 22 Anhang 7 TA Luft) im Zusammenhang mit den Gewichtungsfaktoren aus Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft zu verwenden. Für Geruchsimmissionen aus Gewerbe-/Industrieanlagen gilt für dörfliche Wohngebiete wie auch für Dorfgebiete in der Regel eine Zuordnung zum Immissionswert für Wohn-/Mischgebiete von 0,10.

Außenbereich und Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen

Für den Außenbereich gibt es in Anhang 7 TA Luft zwei Immissionswerte. Für die Beurteilung von Tierhaltungsgerüchen im Außenbereich gilt im Regelfall ein Immissionswert von 0,20. Für alle anderen geruchsrelevanten Anlagen gilt ein Immissionswert von 0,15. Im Außenbereich sind (Bau-)Vorhaben entsprechend § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) nur ausnahmsweise ("privilegiert") zulässig. Ausdrücklich aufgeführt werden landwirtschaftliche Betriebe. Da in der Regel Wohnbebauungen im Außenbereich nicht "privilegiert" sind, ist das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlichen geringeren Schutzanspruch verbunden. Die speziellen Randbedingungen können im Einzelfall im Außenbereich für Gerüche aus Tierhaltungsanlagen ein Immissionswert von 0,25 rechtfertigen. Beispiele sind:

Ein verminderter Schutzanspruch kann auch bei Aufgabe der eigenen Tierhaltung für längere Zeit nachwirken. Umfang und Dauer der Nachwirkung bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein (OVG NRW, Urteile vom 01.06.2015, Az.: 8 A 1487/14, 8 A 1577/14 und 8 A 1760/13 und BVerwG, Urteil vom 27.06.2017, Az.: 4 C 3.16).

Grundsätzlich wird vorgeschlagen, den Immissionswert 0,25 auch dann als Zielwert anzuwenden, wenn die Gesamtbelastung den Wert von 0,25 ohnehin bereits überschreitet.

Der Immissionswert für den Außenbereich (0,20) gilt auch für Biogasanlagen, die Bestandteil eines Tierhaltungsbetriebes sind und die ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle (Wirtschaftsdünger) und ggf. nachwachsenden Rohstoffen betrieben werden. Er gilt aber nicht für Biogasanlagen, die losgelöst von Tierhaltungsanlagen betrieben werden. Diese sind wie Industrieanlagen zu beurteilen. Beaufschlagen diese beiden Anlagentypen ein Beurteilungsgebiet, ist wie bei einer Gemengelage zwischen Industrie und Landwirtschaft zu verfahren (siehe auch Kommentar "Vorgehen bei unterschiedlichen Immissionswerten für dasselbe Beurteilungsgebiet" weiter unten).

Bei der Beurteilung von Wohnhäusern, die zu Tierhaltungsanlagen gehören, bleiben entsprechend der Fußnote zu Nr. 4.4 Anhang 7 TA Luft die Geruchsimmissionen, die nach ihrer Herkunft dem Immissionsort zuzurechnen sind, bei der Ermittlung der Vorbelastung unberücksichtigt. Dies gilt auch für die Wohnnutzung von Mietern auf Hofstellen mit Tierhaltung. Diese sind genauso zu beurteilen wie die auf der Hofstelle wohnenden Personen. Die Wohnungen der Mieter teilen das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der "Geruchshypothek" der Hofstelle belastet (OVG NRW, Urteile vom 01.06.2015, Az.: 8 A 1487/14, 8 A 1577/14 und 8 A 1760/13 und BVerwG, Urteil vom 27.06.2017, Az.: 4 C 3.16). Auch gesunde Wohnverhältnisse werden nicht beeinträchtigt, da die Geruchsimmissionen verursacht durch Tierhaltung nicht die Gesundheit gefährden, sondern ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten sind.

Übergangsbereiche / Zwischenwerte

In begründeten Einzelfällen ist entsprechend Nr. 3.1 Abs. 5 Anhang 7 TA Luft die Festlegung von Zwischenwerten zwischen den Nutzungsbereichen möglich. Der Übergangsbereich sollte aber räumlich eindeutig begrenzt werden:

Tabelle 1: Zwischenwerte für den Übergangsbereich verschiedener Nutzungen

AnlagentypÜbergangsbereichImmissionswert
TierhaltungsanlagenDorfgebiet - Außenbereich0,15 < IW < 0,20
TierhaltungsanlagenWohn-/Mischgebiet - Dorfgebiet0,10 < IW < 0,15
TierhaltungsanlagenWohn-/Mischgebiete - Außenbereich0,10 < IW < 0,15
Gewerbe-/IndustrieanlagenWohn-/Mischgebiet - Gewerbe-/Industriegebiet0,10 < IW < 0,15
Gewerbe-/IndustrieanlagenWohn-/Mischgebiete (einschließlich Dorfgebiete) - Außenbereich0,10 < IW < 0,15

Kontingentierung von Geruchsimmissionshäufigkeiten

Der Anhang 7 TA Luft wird in der Praxis auch als Beurteilungsgrundlage in Bauleitplanverfahren herangezogen. Dabei stellt die Frage der Kontingentierung der Immissionsanteile für einzelne Anlagen häufig ein Problem dar. Es lassen sich hierfür verschiedene Ansätze denken:

Bei konkret geplanten Anlagen müssen die von diesem Vorhaben ausgehenden Immissionsanteile bei der Beurteilung anderer Anlagen berücksichtigt werden.

Eine einzelne Anlage sollte den zulässigen Immissionswert nicht ausschöpfen.

Vorgehen bei unterschiedlichen Immissionswerten für dasselbe Beurteilungsgebiet

Bei Gemengelagen mit sowohl Tierhaltungen als auch gewerblichen Emittenten im Dorfgebiet sind die Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft eingehalten, sofern gilt:

ITA / 0,15 + IIA / 0,10 < 1,0

mit:

ITA: Immissionen Tierhaltungsanlagen unter Berücksichtigung des tierartspezifischen Gewichtungsfaktors

IIA: Immissionen Industrieanlagen und Gewerbebetriebe

Beispiel: Ein bestehender Stall führt zu Geruchsimmissionen von 0,09 auf einer Beurteilungsfläche. Durch einen neuzubauenden Schlachthof dürften demzufolge auf dieser Beurteilungsfläche Geruchsimmissionen von maximal 0,04 hervorgerufen werden.

0,09 / 0,15 + 0,04 / 0.10 < 1,0

In den Fällen, in denen die Anlagen vom Immissionsort gesehen in gleicher Richtung liegen und somit bei gleicher Windrichtung zu Geruchsimmissionen am Immissionsort führen können, ist von einer Überlagerung der Abgasfahnen dieser Anlagen auszugehen. Für derartige Konstellationen ist die zuvor dargestellte Prüfmethode, welche die Immissionsbeiträge der Anlagen einzeln betrachtet und die mögliche Überlagerung der Abgasfahnen unberücksichtigt lässt, in der Regel sehr konservativ. In diesen Fällen kann eine erweiterte Prüfung unter Einbeziehung der berechneten (Ausbreitungsrechnung) oder gemessenen (Rastermessung) Gesamtbelastung erfolgen.

Dieser erweiterten Prüfung liegt die Annahme zugrunde, dass die Summe der Einzelhäufigkeiten nicht größer als die rechnerische bzw. gemessene Gesamtbelastung ist. Die Prüfung erfolgt in zwei Schritten. Die in das Prüfschema einzusetzenden Häufigkeiten (ITA und IIA) werden dabei so angesetzt, dass jeweils eine Immissionshäufigkeit (z.B. ITA) in einem Prüfschritt in vollem Umfang auftritt. Die andere Häufigkeit (IIA) berechnet sich aus der Differenz der Gesamtbelastung (IG) und der Immissionshäufigkeit der Tierhaltung (ITA). Die Prüfformel in die die Häufigkeiten eingesetzt werden, bleibt unverändert.

Prüfschritt 1:

ITA / 0,15 + IIA / 0,10 < 1,0

mit:

IIA = IG - ITA

Prüfschritt 2:

ITA / 0,15 + IIA / 0,10 < 1,0

mit:

ITA = IG - IIA

Wenn beide Prüfschritte einen Wert kleiner oder gleich 1,0 aufweisen, sind die Immissionswerte eingehalten. Überschreitet das Ergebnis mindestens eines Prüfschrittes den Wert von 1,0, ist von einer Überschreitung der Immissionswerte auszugehen.

Beispiel:

Für einen bestehenden Stall wird bezogen auf eine Beurteilungsfläche ein Immissionsbeitrag von 0,12, für einen bestehenden Schlachthof ein Immissionsbeitrag von 0,04 ausgewiesen.

Immissionen Tierhaltungsanlagen (ITA):0,12
Immissionen Industrie-/Gewerbeanlagen (IIA):0,04
Aufsummierung Einzelhäufigkeiten (ITA + IIA):0,16
Berechnete Gesamtbelastung (IG):0,13

Prüfschritt 1:

Hier erfolgt die Annahme, dass die Immissionen der Tierhaltungsanlagen (ITA) in vollem Umfang (0,12) auftreten. Die Immissionshäufigkeit (IIA) berechnet sich wie folgt:

IIA = IG - ITA = 0,13 - 0,12 = 0,01

Die Prüfung auf Einhaltung des Immissionswertes kommt zu folgendem Ergebnis:

0,12 / 0,15 + 0,01 / 0,10 = 0,9 < 1,0

Prüfschritt 2:

Hier erfolgt die Annahme, dass die Immissionen der Industrie-/Gewerbeanlagen (IIA) in vollem Umfang (0,04) auftreten. Die Immissionshäufigkeit (ITA) berechnet sich wie folgt:

ITA = IG - IIA = 0,13 - 0,04 = 0,09

Die Prüfung auf Einhaltung des Immissionswertes kommt zu folgendem Ergebnis:

0,09 / 0,15 + 0,04 / 0,10 = 1,0 < 1,0

Das bedeutet, dass unter Berücksichtigung der dargestellten Prüfschritte 1 und 2 von einer Einhaltung der Immissionswerte auszugehen ist.

Die Prüfung ohne Berücksichtigung der Fahnenüberlagerung hätte im vorliegenden Beispiel zu der Feststellung geführt, dass die Immissionswerte überschritten werden:

0,12 / 0,15 + 0,04 / 0,10 = 1,2 > 1,0

Die zuvor dargestellten Regelungen sind erst anzuwenden, wenn die Gesamtbelastung einen der Immissionswerte überschreitet.

Die zuvor beschriebene Vorgehensweise zur Überprüfung der Immissionswerteinhaltung stellt eine Möglichkeit der Beurteilung dar. Die Festlegung von Zwischenwerten (z.B. wenn ITA oder IIA gebietsprägend sind) ist ebenfalls eine Möglichkeit der Bewertung.

Zu Nr. 3.3 Erheblichkeit der Immissionsbeiträge

Irrelevanzkriterium

Die TA Luft sieht in Nr. 4 Irrelevanzregelungen vor. Die Bezugsgröße (Zusatzbelastung oder Gesamtzusatzbelastung) für die Anwendung der Irrelevanz unterscheidet sich in Abhängigkeit vom Regelungsinhalt. Für die Frage der Notwendigkeit der Ermittlung von Immissionskenngrößen wird in Nr. 4.1 auf die Gesamtzusatzbelastung (Immissionsbeitrag der Anlage) in Verbindung mit einer Geruchsstundenhäufigkeit von 0,02 abgestellt.

Zur Frage der Genehmigungsfähigkeit bei überschrittenem Immissionswert ist entsprechend Nr. 4.3.2 TA Luft die Regelung in Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft anzuwenden, welche auf die Zusatzbelastung, verursacht durch das Vorhaben, bezogen ist. Die Begründung zu diesem Vorgehen ist in dem Beschluss des Bundesrates vom 28.05.2021 1) dargestellt.

Für das Irrelevanzkriterium in Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft ergibt sich im Vergleich zur GIRL eine veränderte Bezugsgröße (Zusatzbelastung statt Gesamtzusatzbelastung). Entsprechend des veränderten Bezugs soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte auf einer Beurteilungsfläche grundsätzlich nicht versagt werden, wenn die Zusatzbelastung und somit der Beitrag des Vorhabens auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 überschreitet.

Ausgangspunkt für die Prüfung auf Irrelevanz entsprechend Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft ist somit die Zusatzbelastung, die in Nr. 2.2 TA Luft als Immissionsbeitrag des Vorhabens definiert ist. Gemäß Nr. 4.5 Anhang 7 TA Luft ist die Zusatzbelastung mittels Ausbreitungsrechnung nach Anhang 2 TA Luft zu ermitteln. In Abhängigkeit vom Verfahren (Neu- oder Änderungsgenehmigung) sind verschiedene Ansätze für die Ermittlung der Zusatzbelastung zu unterscheiden.

  1. Im Fall der Neugenehmigung ist die Zusatzbelastung der Immissionsbeitrag des Vorhabens der gleichzeitig auch der Immissionsbeitrag der Anlage ist.
  2. Beispiel: Neubau eines Mastschweinestalls mit 2.500 Tierplätzen. Hier ist die Zusatzbelastung über eine Ausbreitungsrechnung für die Anlage mit 2.500 Tierplätzen zu berechnen.
  3. Im Fall einer Änderungsgenehmigung ohne Änderung am Altbestand, z.B. in Form einer Kapazitätserweiterung, ist die Zusatzbelastung der Immissionsbeitrag des Vorhabens ohne Berücksichtigung der bestehenden Anlage. Es ist in diesem Fall darauf zu achten, dass die über Ausbreitungsrechnung ermittelte Zusatzbelastung direkt und nicht indirekt über Differenzbildung berechnet wird. Aufgrund der Berechnung von Geruchshäufigkeiten, die nicht linear von den Geruchsemissionen abhängen, könnte es ansonsten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, insbesondere besteht die Gefahr der Unterschätzung der Zusatzbelastung.
  4. Beispiel: Eine bestehende Mastschweinehaltung mit 2.000 Tierplätzen wird um 500 Tierplätze erweitert. Hier ist die Zusatzbelastung durch eine Ausbreitungsrechnung für den hinzukommendem Anlagenteil mit 500 Tierplätzen zu berechnen.
  5. Im Fall einer Änderungsgenehmigung mit Änderung im Altbestand der Anlage ist die Zusatzbelastung aus der Gesamtzusatzbelastung im Planzustand abzüglich der Gesamtzusatzbelastung im Istzustand zu berechnen.
  6. Beispiel: Eine bestehende Mastschweinehaltung mit 2.000 Tierplätzen wird um 500 Tierplätze erweitert und gleichzeitig werden 1.000 Tierplätze an eine Abluftreinigungsanlage angeschlossen. Hier ist die Zusatzbelastung aus der Gesamtzusatzbelastung im Planzustand (Anlage mit 2.500 Tierplätzen und Abgasreinigung für 1.000 Tierplätze) abzüglich der Gesamtzusatzbelastung im Istzustand (Tierhaltungsanlage mit 2.000 Tierplätzen ohne Abgasreinigung) zu berechnen.

Bei der Beurteilung der Ergebnisse der Berechnung von Zusatzbelastung bzw. Gesamtzusatzbelastung für die zuvor unterschiedenen Fälle ist entsprechend Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft eine Gesamtzusatzbelastung von 0,02 als irrelevant anzusehen.

Für nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen ist auch eine negative Zusatzbelastung irrelevant, sofern die Anforderungen des § 22 Absatz 1 BImSchG eingehalten werden. Eine Betrachtung einer möglicherweise vorhandenen Kumulation ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Diese Regelung trägt der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.06.2017, Az. 4 C 3.16) Rechnung.

Werden diese beiden Vorgaben (Gesamtzusatzbelastung < 0,02 und negative Zusatzbelastung) nicht erfüllt, ist durch Ermittlung der Gesamtbelastung auf eine mögliche übermäßige Kumulation durch bereits vorhandene Anlagen zu prüfen, d. h. es ist zu prüfen, ob bei der Vorbelastung noch ein zusätzlicher Beitrag von 0,02 toleriert werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus möglich, dass zwar das erste Vorhaben, das einen irrelevanten Beitrag zur Geruchsimmissionsbelastung leistet, eine Genehmigung erhält, aber dem zweiten irrelevanten Vorhaben die Genehmigung versagt wird. Im Sinne der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen entsprechend § 3 BImSchG ist dies berechtigt, da u. U. eine fortschreitende Kumulation zu befürchten ist. Auf Nr. 5 Anhang 7 TA Luft wird verwiesen.

Im Falle einer negativen Zusatzbelastung ergibt sich kein zusätzlicher Beitrag, sondern eine Verbesserung der Geruchsimmissionssituation. Dies ist im Falle einer genehmigungsbedürftigen Anlage bei einer gegebenen Immissionswertüberschreitung nicht zwangsläufig ausreichend. Im Falle einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist die Immissionswerteinhaltung oder zumindest eine Reduzierung der Gesamtzusatzbelastung entsprechend Tabelle 2 anzustreben. Falls dies durch das geplante Vorhaben nicht zu realisieren ist, soll durch eine nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG Abhilfe geschaffen werden. Es ist zu empfehlen, diese Anordnung zusammen mit der beantragten Genehmigung zu treffen.

Insofern ergibt sich die Notwendigkeit einer Prüfung auf eine mögliche übermäßige Kumulation durch bereits vorhandene Anlagen nur für den Fall einer Zusatzbelastung > 0,00 und < 0,02. Eine übermäßige Kumulation setzt eine Überschreitung des Immissionswertes in der Gesamtbelastung des Istzustandes voraus.

Die beschriebenen Irrelevanzkriterien für die Zusatz- und Gesamtzusatzbelastung beziehen sich nur auf die Flächen, auf denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten. Für eine Anwendung des Irrelevanzkriteriums muss dieses an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden.

Bei der Anwendung der Irrelevanzkriterien der Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft dürfen die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren (f) aus Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft und der Faktor 0,5 aus Nr. 5 Anhang 7 TA Luft nicht berücksichtigt werden (s. Fußnote zu Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft).

Prüfung auf Einhaltung der Irrelevanzkriterien im Anschluss an ein Genehmigungsverfahren

Die Durchführung einer Rastermessung ist zur nachträglichen Prüfung auf Einhaltung eines Irrelevanzkriteriums mit verhältnismäßigem Aufwand nicht geeignet. Die in Nr. 4.4.7 des Anhangs 7 TA Luft genannten Erhebungsumfänge wurden mit dem Ziel abgeleitet, auf Einhaltung der Immissionswerte zu prüfen. Soll auf die Einhaltung geringer Geruchsimmissionshäufigkeiten (z.B. 0,02) mit gleicher statistischer Sicherheit geprüft werden, so sind größere Erhebungsumfänge erforderlich. Diese müssten erst anhand des Verfahrens gemäß der im Kommentar zu Nr. 4.4.1 Anhang 7 TA Luft genannten Veröffentlichung bestimmt werden. Der größere Aufwand würde zu Kostensteigerungen gegenüber Rastermessungen mit 52 oder 104 Begehungen je Fläche führen. Zudem müsste sichergestellt sein, dass sich auf Grund der Geruchsart bei der Erhebung die Zusatzbelastung eindeutig von der Geruchsbelastung durch andere Anlagen unterscheiden lässt.

Besser geeignet für die Prüfung auf Einhaltung des Irrelevanzkriteriums ist im Bedarfsfall eine erneute Ausbreitungsrechnung, allerdings auf der Basis der jetzt möglichen olfaktometrischen Emissionsmessung an der errichteten Anlage, für die vorher lediglich eine Abschätzung auf Grundlage von analogen Betrachtungen möglich war. Diese Messungen sind von einer Messstelle nach § 29b BImSchG durchzuführen, die im bisherigen Genehmigungsverfahren nicht beteiligt war.

Zu Nr. 4 Anhang 7 TA Luft

Ermittlung der Kenngrößen der Geruchsimmission - Umfang der Ermittlungspflichten

Die Vorschriften der Nr. 4 Anhang 7 TA Luft dienen der Prüfung, ob der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch luftverunreinigende Stoffe durch den Betrieb einer Anlage sichergestellt ist.

Bei der Prüfung, ob der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen sichergestellt ist (Nr. 3.1 Absatz 1 Buchstabe a) Anhang 7 TA Luft), hat die zuständige Behörde zunächst den Umfang der Ermittlungspflichten festzustellen, welcher in Nr. 4.1 TA Luft geregelt ist. Für die Ermittlung und Beurteilung von Geruchsimmissionen sind dabei Nr. 4.1 Absatz 4 Buchstabe a) und c) zu beachten.

Aus Nr. 4.1 Abs. 4 Buchstabe a) ergibt sich, dass die Bestimmung der Immissionskenngrößen wegen geringer Emissionsmassenströme (s. Nr. 4.6.1.1 TA Luft) entfallen soll. Dem folgend beinhaltet Nr. 2.2 Anhang 7 TA Luft eine Bagatellregelung, bei deren Einhaltung eine Ermittlung der Kenngrößen der Geruchsimmissionen nicht erforderlich ist.

Die Nr. 4.6.1.1 TA Luft regelt darüber hinaus auch den Fall einer Änderungsgenehmigung, bei der sich die Emissionen durch die Änderung der Anlagenicht ändern oder sinken und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich durch die Änderung die Immissionen nicht erhöhen oder die Ermittlung der Zusatzbelastung ergibt, dass sich durch die Änderung die Immissionen nicht erhöhen, kann auf die Ermittlung der Immissionskenngrößen verzichtet werden. Aufgrund der "kann"-Formulierung besteht hier ein Ermessensspielraum für die zuständige Behörde. Die Ermittlung der Zusatzbelastung im Fall einer Änderungsgenehmigung kann dabei auch die Ermittlung der Gesamtzusatzbelastung im Ist- und Planzustand erforderlich machen, s. Nr. 3.3 dieses Kommentars.

In Buchstabe c) der Nr. 4.1 TA Luft ist der Fall geregelt, dass die Bestimmung der Immissionskenngrößen entfallen soll, wenn eine irrelevante Gesamtzusatzbelastung vorliegt. Sofern Nr. 4.1 Abs. 4 Buchstabe a) TA Luft nicht zutrifft, ist in der Regel eine Ermittlung der Gesamtzusatzbelastung erforderlich, um den Umfang der Ermittlungspflichten festlegen zu können.

Zu Nr. 4.1 Ermittlung der Kenngrößen der Geruchsimmission - Allgemeines

Methoden zur Ermittlung der Geruchsimmissionen

Ausbreitungsrechnungen können zur Überprüfung der Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen zur Anwendung kommen, wenn die Emissionen hinreichend genau ermittelt werden können.

Ggf. sind nach Inbetriebnahme Abnahmemessungen mittels Begehungen durch Prüferinnen und Prüfer (Fahnen- oder Rastermessungen) vorzunehmen, insbesondere bei Quellen, deren Emissionen messtechnisch schwierig zu erfassen (z.B. diffuse Quellen) oder deren immissionsseitige Auswirkungen nur schwierig zu prognostizieren sind. In diesen speziellen Fällen sind nicht zwangsläufig Rastermessungen erforderlich; ggf. können Fahnenmessungen gemäß DIN EN 16841 Teil 2 zur indirekten Ermittlung der Geruchsstoffströme genutzt werden. Dabei sollten mittels hinreichend vieler Teilbegehungen an mehreren Tagen und in unterschiedlichen Entfernungen im Lee der Anlage die Zeitanteile mit Geruch an den einzelnen Messpunkten ermittelt werden und unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausbreitungssituation mit einem geeigneten Ausbreitungsprogramm durch iterative Berechnungen diejenige Geruchsemission bestimmt werden, die dem Ergebnis der Fahnenmessung entspricht. Mit dem so ermittelten Geruchsstoffstrom kann anschließend die eigentliche Immissionsprognose gemäß Anhang 7 TA Luft erfolgen.

Darüber hinaus können zur Feststellung der Validität von Geruchsausbreitungsrechnungen Ergebnisse von Rastermessungen herangezogen werden.

Im Zusammenhang mit der Durchführung von Raster- und Fahnenmessungen wird auf die DIN EN 16841 Teil 1 und DIN EN 16841 Teil 2 hingewiesen.

Zu Nr. 4.2 Ermittlung im Genehmigungsverfahren

Rechtlich und tatsächlich möglicher Betriebsumfang

In Nr. 4.2 Anhang 7 TA Luft ist eine Ergänzung vorgenommen worden, die der Problematik bei der Vorbelastungsermittlung in landwirtschaftlich geprägten Gebieten Rechnung tragen soll, in denen baurechtlich genehmigte aber nicht betriebene Tierhaltungsanlagen existieren. Derartige Anlagen, für die im Regelfall der Bestandsschutz gilt, wurden bislang bei der Ermittlung der Vorbelastung über eine Immissionsprognose entsprechend ihrer genehmigten Kapazität berücksichtigt. Dieses Vorgehen kann zu einer im Vergleich zur Realität erhöhten rechnerischen Vorbelastung führen, welche im Einzelfall die Genehmigung von neuen oder die Erweiterung von bestehenden Anlagen oder die Ausweisung von Baugebieten erheblich erschweren oder auch verhindern kann.

In Nr. 4.2 Anhang 7 TA Luft ist ergänzt, dass bei der Ermittlung der Vorbelastung bei zu betrachtenden Anlagen auf den ohne weitere Genehmigungen rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang abzustellen ist.

Damit soll ermöglicht werden, die baurechtlich genehmigten Anlagen, die derzeit nicht mehr genutzt werden, bei der Vorbelastungsermittlung unberücksichtigt zu lassen, wenn z.B. die Anforderungen an die tierschutzrechtlichen Bestimmungen nicht mehr ohne zusätzliche Genehmigung erfüllt werden können. Darüber hinaus können Nutzungsänderungen zu einem Verlust des Bestandsschutzes führen (OVG NRW, Beschluss vom 17.09.2020, Az.: 7 B 912/20). Der baurechtliche Bestandsschutz geht bei endgültiger Nutzungsaufgabe verloren.

Eine andersartige Nutzung, d.h. eine Nutzung, die eine andere baurechtliche Qualität aufweist, lässt den Bestandsschutz unmittelbar entfallen (OVG NRW, Beschluss vom 15.04.2009, Az. 10 B 186/09). Maßstab dafür ist der jeweils aktuell genehmigte Bestand. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine legale oder illegale Nutzungsänderung handelt. Fälle aus der Praxis sind z.B. die Umnutzung eines Stallgebäudes oder einer Scheune zum Unterstellen von Wohnwagen oder Booten, auch wenn sie nur im Herbst und Winter genutzt werden und keine Veränderungen an den Einbauten vorgenommen wurden.

Weiterhin geht der Bestandsschutz durch einen Eingriff in den vorhandenen Bestand verloren, z.B. durch Austausch einer Decken- oder Dachkonstruktion, für die eine neue statische Berechnung erforderlich ist. Auch die Veränderung der Wandhöhe und damit die erforderliche Neuberechnung des erforderlichen Abstandes zur Grundstücksgrenze sind eine wesentliche Änderung und führen zum Verlust des Bestandsschutzes. Hierunter fällt auch der Einbau eines Garagentores in Verbindung mit der Nutzung als Garage.

Verbesserungsmaßnahmen

Bei Gerüchen sind Verbesserungsgenehmigungen nach § 6 Abs. 3 BImSchG und Nr. 3.5.4 TA Luft grundsätzlich möglich. Als Voraussetzungen gelten dann unter anderem, dass der Immissionsbeitrag der Anlage deutlich reduziert wird, weitere über den Stand der Technik hinausgehende Maßnahmen durchgeführt werden und ein Immissionsmanagementplan zur späteren Einhaltung der Immissionswerte vorgelegt wird.

Eine Verbesserung der Geruchsimmissionssituation ist in der Regel erforderlich, wenn durch eine Immissionsmessung oder eine Ausbreitungsrechnung festgestellt wurde, dass ein Immissionswert in Anhang 7 TA Luft überschritten ist.

Soweit die Immissionswertüberschreitung nur durch die zu beurteilende Anlage hervorgerufen wird, ist eine Einhaltung der Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft durch eine entsprechende Verringerung der Immissionsbelastung anzustreben.

Wird die Immissionswertüberschreitung von mehreren Geruchsemittenten hervorgerufen, so kann aus Verhältnismäßigkeitsgründen in der Regel einem einzelnen Emittenten nicht abverlangt werden, die Geruchsbelastung bis auf den Immissionswert zu senken. In vielen Fällen wird dies zudem gar nicht möglich sein, da der Anteil der zu beurteilenden Anlage an der Gesamtbelastung bzw. der Überschreitung zu gering ist. In diesen Fällen ist eine Verringerung der von der zu beurteilenden Anlage ausgehenden Geruchsbelastung zu fordern. Der Nachweis erfolgt über eine Ausbreitungsrechnung und die Ermittlung der Gesamtzusatzbelastung für diese Anlage (Ist-Plan-Vergleich: Vergleich genehmigter Betriebszustand - geplanter Betriebszustand).

Größenordnung der Verbesserung

Grundsätzlich kann von einer Verbesserung im Hinblick auf die Gesamtzusatzbelastung gesprochen werden, wenn die absoluten, sich auf die jeweilige Einzelanlage bezogenen relativen Geruchsstundenhäufigkeiten rechnerisch um 0,05 verbessern. Wenn z.B. der Immissionsbeitrag einer Tierhaltungsanlage an einem Immissionsort im Außenbereich über 0,30 liegt, ist anzustreben, deren Anteil mindestens auf 0,25 zu senken, d.h. eine Verbesserung von mehr als 0,05 zu verlangen.

Liegt der Anteil der zu beurteilenden Anlage unter 0,15, kann es im Einzelfall unverhältnismäßig sein, eine Minderung der Geruchsstundenhäufigkeiten von 0,05 zu fordern.

Es wird vorgeschlagen, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unterhalb eines Geruchsbelastungsanteils von 0,15 einer Einzelanlage eine anteilige Verbesserung von ca. einem Drittel zu fordern.

Summarisch führen die genannten Größenordnungen einer Verbesserung, unter Beachtung der Rundungsregel in Anhang 7 TA Luft, beispielhaft zu folgenden Anforderungen an eine Einzelanlage.

Tabelle 2: Größenordnungen einer Verbesserung der Gesamtzusatzbelastung

Geruchsstundenhäufigkeit der Beurteilungsfläche für die GesamtzusatzbelastungMinderung umMinderung auf
0,50- 0,250,25
0,45- 0,200,25
0,40- 0,150,25
0,35- 0,100,25
0,30- 0,050,25
0,25- 0,050,20
0,20- 0,050,15
0,15- 0,050,10
0,14- 0,050,09
0,13- 0,040,09
0,12- 0,040,08
0,11- 0,040,07
0,10- 0,030,07
0,09- 0,030,06
0,08- 0,030,05
0,07- 0,020,05
0,06- 0,020,04
0,05- 0,020,03
0,04- 0,010,03
0,03- 0,010,02

Mit den beschriebenen Maßnahmen soll eine fortschreitende Verbesserung der Gesamtbelastung mit dem Ziel der Einhaltung der Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft erreicht werden, ohne an einzelne Antragsteller unverhältnismäßige Anforderungen zu stellen.

Denkbar ist darüber hinaus, die Größenordnung einer Verbesserung, die einem einzelnen Emittenten abverlangt wird, im Rahmen eines Gesamtsanierungskonzeptes festzulegen. Derartige Festlegungen können außerdem Bestandteil von Immissionsmanagementplänen sein. Dies würde bedeuten, dass für alle geruchsemittierenden Anlagen,

der unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu ermittelnde Anteil abverlangt wird, der erforderlich ist, um im Ergebnis die Einhaltung der Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft sicherzustellen.

Hinweis:
In Niedersachsen ist in Gebieten mit überschrittenen Immissionswerten eine beantragte Erhöhung der Tierzahlen in einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlage nur dann zulässig, wenn die Gesamtheit der Maßnahmen zu einer Immissionsminderung im Hinblick auf die von der gesamten Anlage verursachten Immissionen um mindestens 50 % führt.

Emissionen der Anlage

Zur Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen aller Quellen einzubeziehen. Die Quellen sind in der Regel einzeln zu spezifizieren. Dies gilt auch für diffuse Quellen.

Falls eine Quantifizierung der einzelnen Emissionsquellen nicht möglich ist, sollen die diffusen Emissionen konservativ mit 10 % des (Rohgas-)Geruchsstoffstromes berücksichtigt werden, auch wenn die diffusen Emissionen ggf. im Einzelfall damit etwas überschätzt werden könnten. Die Anwendung des Pauschalwertes - als Konvention - sollte nur erfolgen, wenn eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Emissionsquellen nicht möglich ist.

Für Tierhaltungs- oder Biogasanlagen bedeutet dies, das z.B. Emissionen von Güllelägern, Emissionen von mit geruchsrelevanten Stoffen verschmutzten Flächen, Emissionen von Silageflächen oder sonstigen Futtermittelemissionen, Emissionen aus dem Betriebsregime beim Ein- und Ausstallen, beim Reinigen, beim Füttern sowie die Emissionen von betriebsbedingt verschmutzten Flächen in der Anlage (z.B. Fahrwege) möglichst realistisch zu spezifizieren sind.

Die Auslaufflächen von Tierhaltungsanlagen sind in den derzeit vorliegenden Emissionsfaktoren nicht berücksichtigt und müssen zusätzlich betrachtet werden. Je nach Stallsystem können die Emissionen der Auslauffläche die Stallemissionen sogar deutlich übersteigen (z.B. bei Tierwohlställen mit getrennten Funktionsbereichen). Hier ist im Einzelfall zu prüfen und ein ausreichend konservativer Emissionsansatz zu wählen. Die Höhe der Emissionen hängt unter anderem davon ab, ob die Auslaufflächen trocken und sauber gehalten werden können.

Zu Nr. 4.4.1 Kenngrößen für die Vorbelastung - Allgemeines

Verwendung zurückliegender Messungen oder Feststellungen

Der Hinweis, dass zurückliegende Messungen oder Feststellungen über Immissionen und Emissionen herangezogen werden dürfen, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse nicht erheblich verändert haben, unterscheidet sich von dem in Nr. 4.6.3.1 TA Luft genannten Fünf-Jahreszeitraum. Wegen der speziellen Verhältnisse bei Geruchsimmissionen erscheint dies gerechtfertigt. Voraussetzung dabei ist, dass sich in der Zwischenzeit das Ermittlungsverfahren (Messung/Ausbreitungsrechnung) nicht geändert hat.

Ermittlung der Messunsicherheit von Rastermessungen

In der GIRL 2008 waren Korrekturfaktoren festgelegt worden, die anzuwenden waren, wenn im Rahmen von Genehmigungsverfahren die Vorbelastung durch Rastermessungen ermittelt wurde. Die Höhe des Korrekturfaktors hing vom Begehungsumfang und von der Nutzung des Gebietes (z.B. Wohn-/Mischgebiet) ab. Mittels der Korrekturfaktoren wurde die Messunsicherheit von Rastermessungen berücksichtigt, um den Schutz der Bevölkerung vor schädlichen Umwelteinwirkungen (erhebliche Belästigungen) im Rahmen von Genehmigungen zu gewährleisten. Die Ableitung der Korrekturfaktoren basiert auf einer Hypothesenprüfung unter Anwendung der Binomialverteilung. Sie ist in der Veröffentlichung von Prinz und Both (Prinz/Both 1993) detailliert ausgeführt. Bei der Ermittlung der Korrekturfaktoren und der Immissionswerte der GIRL wurde eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 20 % zu Grunde gelegt.

Mit der Übernahme der GIRL in die TA Luft sind die Korrekturfaktoren entfallen. Die Messunsicherheit von Rastermessungen wird durch die in der DIN EN 16841 Teil 1 Anhang H angegebenen Bewertungsmöglichkeiten (obere und untere Grenze des Unsicherheitsbereichs) berücksichtigt. Weitere erforderliche Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind die Plausibilitätsprüfung der Einzelmessungen, bei denen eine Geruchsstunde bestimmt wurde, und die Prüfung der zeitlichen und räumlichen Repräsentativität der Meteorologie.

Zu Nr. 4.4.2 Beurteilungsgebiet

Beurteilungsgebiet

Zur Ermittlung und Beurteilung von Geruchsimmissionen ist entsprechend Nr. 4.4.2 Anhang 7 TA Luft ein Beurteilungsgebiet festzulegen. Soweit die Vorbelastung durch Rastermessung ermittelt wird, sind die in Nr. 4.4.2 Anhang 7 TA Luft aufgeführten Anforderungen ausreichend, da die Immissionsmessung die Gesamtbelastung erfasst, also auch die Immissionsbeiträge von Geruchsemittenten außerhalb des Beurteilungsgebiets.

Soweit die Vorbelastung und die Gesamtbelastung ausschließlich mit einer Immissionsprognose (Ausbreitungsrechnung) ermittelt werden soll, ist es in der Regel notwendig, ein über das Beurteilungsgebiet hinaus gehendes Areal, das sogenannte Rechengebiet, festzulegen, in dem sich die Geruchsemittenten befinden, die ebenfalls auf das Beurteilungsgebiet einwirken. Das Rechengebiet einer Geruchsausbreitungsrechnung zur Ermittlung der Vorbelastung ist größer als das Beurteilungsgebiet (Nr. 4.4.2 und 4.5 Anhang 7 TA Luft). Hierbei sind die Vorgaben in Nr. 8 Anhang 2 TA Luft zu beachten.

Das Beurteilungsgebiet setzt sich aus der Kreisfläche um den Emissionsschwerpunkt der Anlage mit einem Radius, welcher dem 30-fachen der Schornsteinhöhe (mindestens 600 m) oder bei diffusen Quellen der Fläche mit einem Abstand von 600 m vom Rand des Anlagengeländes entspricht (vgl. Nr. 4.4.2 Anhang 7 TA Luft). In Fällen, in denen mit diesen Vorgaben der Einwirkungsbereich der Anlagenicht hinreichend abgebildet werden kann, ist in Analogie zu Nr. 4.6.2.5 TA Luft das Beurteilungsgebiet um den Bereich zu erweitern, in dem die Gesamtzusatzbelastung > 0,02 relative Häufigkeit (2%-Isolinie) beträgt.

Der Immissionsbeitrag einer Tierhaltungsanlage ist dabei unter Berücksichtigung des tierartspezifischen Gewichtungsfaktors und gemäß der Rundungsregel in Anhang 7 TA Luft zu berechnen, nach der ein Wert von 0,024 gerundet 0,02 entspricht.

Das Vorgehen bei der Festlegung des Beurteilungsgebietes ist in Abbildung 1 ff. an einem Beispiel dargestellt und gilt sowohl für Gewerbe-/Industrie- als auch für Tierhaltungsanlagen. Entsprechend der zuvor definierten Vorgehensweise reicht in dem in Abbildung 1 dargestellten Beispiel die alleinige Betrachtung des 600 m-Radius nicht aus, da die 2%-Isolinie über diesen Kreis hinausgeht. Vor diesem Hintergrund beinhaltet das in Abbildung 1 dargestellte beispielhafte Beurteilungsgebiet die Beurteilungsflächen/Immissionsorte I 1, I 3 und I 5 und den Teil des Wohngebietes, der innerhalb der 2%-Isolinie liegt.

Abbildung 1: Beurteilungsgebiet mit den zur Beurteilung relevanten Immissionsorten

In einem weiteren Schritt sind die Anlagen zu ermitteln, die relevant zur Immissionsbelastung an den zu betrachtenden Immissionsorten beitragen. Dies geschieht zunächst durch Festlegung eines Radius von 600 m um die zur Beurteilung relevanten Immissionsorte (s. Abb. 2). Daraus ergibt sich im dargestellten Beispiel, dass neben der Anlage A 1 auch die Anlage A 2 zu berücksichtigen ist.

Abbildung 2: Beurteilungsgebiet mit den zur Beurteilung relevanten Anlagen

Liegen darüber hinaus Erkenntnisse vor, die nahelegen, dass auch weiter entfernt liegende Anlagen einen relevanten Einfluss auf die Immissionsbelastung an den Immissionsorten im Beurteilungsgebiet ausüben, ist das zu betrachtende Areal entsprechend zu erweitern. Die Prüfung eines relevanten Einflusses erfolgt über eine Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung des tierartspezifischen Gewichtungsfaktors und die Ausweisung einer 2%-Isolinie unter Beachtung der Rundungsregeln (s. o.). Werden mit dieser Vorgehensweise weitere Anlagen ermittelt, so sind diese zu berücksichtigen (s. Abb. 3).

Abbildung 3: Beurteilungsgebiet mit den zur Beurteilung relevanten Anlagen (Beitrag > 0,02)

Aus dem Beispiel in Abbildung 3 geht hervor, dass neben den zuvor berücksichtigten Anlagen A 1 und A 2 auch die Anlage A 3 hinzuzunehmen ist, da auch sie den Immissionsort I 3 relevant beeinflusst. Die Anlage A 5 wirkt nicht relevant auf die zur Beurteilung relevanten Immissionsorte ein. Obwohl Anlage A 4 innerhalb der 2%-Isolinie von Anlage A 1 liegt, braucht sie ebenfalls nicht berücksichtigt zu werden, da ihre 2%-Isolinie keine der für den Einzelfall relevanten Immissionsorte tangiert.

Das zu betrachtende Rechengebiet nach Nr. 4.5 Anhang 7 TA Luft umfasst somit die Gesamtheit aller geruchsstoffemittierenden Anlagen, die relevant zur Immissionssituation auf den Beurteilungsflächen beitragen. In Abhängigkeit von den Vorgaben in Anhang 2 TA Luft ist das Rechengebiet ggf. noch größer zu wählen, um z.B. Geländeeinflüsse oder den Anemometerstandort zu berücksichtigen.

Das Ziel des vorgestellten Verfahrens ist die sachgerechte Ermittlung der Vorbelastung und der Gesamtbelastung bei der Verwendung der Methode Ausbreitungsrechnung. Es ist darauf hinzuweisen, dass die weitere Beurteilung der Geruchsimmissionssituation auf Basis von Beurteilungsflächen und nicht auf der Basis von Isolinien zu erfolgen hat. Hiervon unberührt bleibt eine ggf. erforderliche Prüfung der Erheblichkeit eines Immissionsbeitrages entsprechend Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft, die ohne Berücksichtigung der Gewichtungsfaktoren erfolgt.

Zu Nr. 4.4.3 Beurteilungsfläche

Lage und Größe der Beurteilungsflächen

Die Lage der Beurteilungsflächen ist an die vorhandene bzw. planungsrechtlich zulässige Bebauung sowie Besonderheiten vor Ort (z.B. mangelnde Begehbarkeit der Messpunkte) anzupassen. In Abweichung von der Standardflächengröße (250 m x 250 m) ist die Wahl eines 125 m x 125 m-, 100 m x 100 m-, 50 m x 50 m-Rasters bis hin zu einer Punktbetrachtung in begründeten Einzelfällen möglich (vgl. DIN EN 16841 Teil 1).

Inhomogenitäten der Belastung, die zu einer Verkleinerung der Fläche führen können, ergeben sich häufig im Nahbereich einer Anlage bei niedrigen Quellhöhen (z.B. offenen Mietenkompostierung, Kläranlagen, Tierhaltungsanlagen) oder in topographisch stark gegliedertem Gelände. Hier ist eine Abstimmung zwischen Gutachter und Behörde besonders wichtig.

Für Rastermessungen ist die Angabe eines Wertes, ab dem von einer inhomogenen Belastung auszugehen ist, nicht möglich, da bereits eine Messplanung zu erstellen ist, bevor die Belastungswerte bekannt sind. Anhaltspunkte zur Festlegung der Größe der Beurteilungsflächen können jedoch der DIN EN 16841 Teil 1 und insbesondere Nr. 4.4.3 Anhang 7 TA Luft entnommen werden.

Bei Ausbreitungsrechnungen ist von einer inhomogenen Belastung auszugehen, wenn sich die Kenngrößen benachbarter Beurteilungsflächen um mehr als 0,04 unterscheiden. Wenn diese Beurteilungsflächen für die Bewertung relevant sind, ist eine sachgerechte Verkleinerung der Beurteilungsflächen vorzunehmen.

Beurteilungsflächen als Grundlage der Immissionsbewertung

Die Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft sind abgeleitet aus Flächenuntersuchungen in Verbindung mit Belästigungserhebungen. Die Größe der Beurteilungsflächen ist der tatsächlichen Geruchsbelastung (Homogenität im Nahbereich der Anlage) und der Anforderung an die Beurteilungsnotwendigkeit anzupassen. Entsprechend kann die Größe der Beurteilungsflächen variieren von 250 m x 250 m bis hin zu einer Punktbetrachtung in begründeten Einzelfällen. Bei einer Flächenverkleinerung ergibt sich keine Verschärfung der Immissionsbewertung. Mit einer Flächenverkleinerung soll erreicht werden, zu einer für den Einzelfall sachgerechten Beurteilung zu kommen. Die in Anhang 7 TA Luft festgelegten Immissionswerte bleiben hiervon unberührt, da deren Ableitung von der Flächengröße unabhängig ist.

Zu Nr. 4.4.5 Messzeitraum

Repräsentanz des Messzeitraumes

Entsprechend Nr. 2.3 TA Luft beziehen sich die Immissionswerte für Geruchsstoffe auf die relative Häufigkeit der Geruchsstunden bezogen auf ein Jahr. Beträgt der Messzeitraum weniger als ein Jahr, ist sicherzustellen, dass sowohl die kalte als auch die warme Jahreszeit erfasst wird.

Die DIN EN 16841 Teil -1 enthält Vorgaben, wie die zeitlich und die räumliche Repräsentanz der Meteorologie zu überprüfen ist.

Zu Nr. 4.4.7 Messverfahren und Messhäufigkeit

Test der Prüferinnen und Prüfer

Die Messstellen, die Begehungen mit Prüferinnen und Prüfern durchführen, sollen nach § 29b BImSchG in Verbindung mit der 41. BImSchV für den Tätigkeitsbereich der Gruppe IV Nr. 1 und für den Stoffbereich O gemäß der Anlage 1 der 41. BImSchV bekannt gegeben worden sein. Diese Messstellen haben getestete Personen einzusetzen. Aus DIN EN 13725 in Verbindung mit Richtlinie VDI 3884 Blatt 1 ergibt sich, dass ein Prüferinnen- und Prüfereignungstest alle 6 Monate für das gesamte Messverfahren sowohl für n-Butanol als auch H2S durchzuführen ist. Für die Prüferauswahl bezüglich H2S ist lediglich das Kriterium "Numerus der Standardabweichung < 2,3" anzuwenden. Darüber hinaus haben die Messstellen zur Qualitätssicherung bei der Olfaktometrie an Ringvergleichen teilzunehmen.

Geruchsstunde

Die Geruchsstunde ist in Nr. 2.1 TA Luft und in der DIN EN 16841 Teil 1 definiert. Eine Einzelmessung zählt als eine Geruchsstunde, wenn der Geruchszeitanteil 10 % erreicht oder überschreitet. Das bedeutet, dass bei mindestens sechs von 60 Riechproben, die in Zehn-Sekunden-Intervallen innerhalb eines zehnminütigen Messzeitintervalls durchgeführt werden, eine Geruchsart erkannt wird.

Diese Definition ist aus den allgemeinen Eigenschaften des Geruchssinnes, insbesondere seinem ausgeprägten Adaptationsverhalten, abgeleitet. Demnach wären bei gleicher absoluter Gesamtdauer viele kurz dauernde Geruchsschwellenüberschreitungen innerhalb eines Beobachtungszeitraumes belästigungsrelevanter als wenige länger anhaltende, da letztere durch Adaptation wirkungsseitig verkürzt werden. Folgerichtig bewertet das Geruchsstundenkonzept viele Kurzereignisse strenger als wenige länger anhaltende Geruchsepisoden.

Das Konzept der Geruchsstunde wurde dementsprechend in den Gemeinsamen Runderlass zur Durchführung der TA Luft 1986 aufgenommen, war Bestandteil der bisherigen Fassungen der GIRL und ist ebenfalls Bestandteil von Anhang 7 TA Luft 2021.

Die in Anhang 7 TA Luft festgelegten Immissionswerte beziehen sich auf die Definition der Geruchsstunde, wie sie in Nr. 2.1 TA Luft vorgenommen wird. In dieser Definition ist auch der Begriff "Ausmaß" gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG im Zusammenhang mit der Definition schädlicher Umwelteinwirkungen enthalten (vgl. auch Nr. 3.1 Anhang 7 TA Luft).

Zu Nr. 4.5 Kenngröße für die Zusatzbelastung und die Gesamtzusatzbelastung

Ausbreitungsrechnungen

Hinweise zur Durchführung von Ausbreitungsrechnungen einschließlich qualitätssichernder Maßnahmen können Anhang 2 TA Luft und der Richtlinie VDI 3783 Blatt 13 entnommen werden. Die Richtlinie VDI 3783 Blatt 13 bezieht sich auf die TA Luft 2002 und die GIRL 2008, kann aber als Erkenntnisquelle herangezogen werden.

Die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen sind als Flächenwerte darzustellen, da sie Grundlage der Beurteilung nach Anhang 7 TA Luft sind. Isoliniendarstellungen sind hierfür nicht geeignet und werden nur für die Ermittlung des Beurteilungsgebiets verwendet.

Zu einem vollständigen Gutachten mit Ausbreitungsrechnung gehören in jedem Fall die Protokolldateien mit allen relevanten Eingabe- und Ergebnisdaten, wie z.B. Zeitreihen, sowie hinsichtlich Qualität und Repräsentativität ein Nachweis für die Eignung der verwendeten meteorologischen Daten (Richtlinien VDI 3783 Blatt 20 und VDI 3783 Blatt 21).

Berücksichtigung von Abgasreinigungseinrichtungen

Anlagen mit Abgasreinigungseinrichtungen wie z.B. Biofilter können unter bestimmten Voraussetzungen in der Ausbreitungsrechnung unberücksichtigt bleiben. Bei Biofiltern müssen dazu folgende Bedingungen erfüllt sein:

Für Tierhaltungsanlagen gelten diese Bedingungen nicht nur für Biofilter, sondern auch für andere eignungsgeprüfte und zertifizierte Abgasreinigungssysteme.

Wird der erforderliche Abstand eingehalten, ist nach den vorliegenden Erfahrungen bei Einhaltung der eingangs beschriebenen Voraussetzungen sichergestellt, dass das Reingas immissionsseitig nicht mehr von allgemein vorhandenen Hintergrundgerüchen unterschieden werden kann. Daher bleiben in diesem Fall die Geruchsemissionen des Biofilters bei der Ausbreitungsrechnung unberücksichtigt.

Der größere Abstand bei Industrieanlagen ist u.a. darauf zurückzuführen, dass Industrieanlagen in der Regel im Vergleich zu Tierhaltungsanlagen deutlich höhere Rohgaskonzentrationen aufweisen.

Ebenfalls in der Ausbreitungsrechnung unberücksichtigt bleiben können entsprechend Nr. 5.2.8 TA Luft Abgasreinigungseinrichtungen mit Verbrennungstemperaturen von mehr als 800 °C und Ableitbedingungen nach Nr. 5.5 TA Luft.

Bei den in diesen Fällen üblichen Schornsteinhöhen ist sichergestellt, dass die Verbrennungsgerüche des Abgases immissionsseitig nicht wahrgenommen werden können.

Berücksichtigung diskontinuierlich auftretender Geruchsemissionen

Bei der Ermittlung erkennbarer Geruchsimmissionen mit Ausbreitungsrechnung dürfen bei nicht kontinuierlich arbeitenden Betrieben (z.B. Kampagnebetriebe, stundenweise Emissionen pro Tag) die Geruchsemissionen nicht gemittelt und gleichmäßig als konstante Emissionen über ein Kalenderjahr angesetzt werden. Dies führt zu einer systematischen Unterschätzung der Geruchsimmissionshäufigkeiten, weil die prognostizierten Stundenwerte der Geruchsstoffkonzentrationen so gering werden können, dass sie nicht mehr zu einer Geruchsstunde führen. In solchen Fällen ist eine Zeitreihe der Geruchsstoffemissionen zu verwenden. Hierdurch können die realen Stundenmittelwerte der Emission berücksichtigt und die Geruchsstundenhäufigkeiten sachgerecht berechnet werden.

Zu Nr. 4.6 Auswertung

Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung

Die Addition von Vorbelastung und Zusatzbelastung zur Gesamtbelastung gilt nur für den Fall, dass die Vorbelastung durch Rastermessungen nach DIN EN 16841 Teil 1 ermittelt wurde. Wird in einer Prognose nur die Ausbreitungsrechnung für die Ermittlung der Gesamtbelastung verwendet, so müssen die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen oder geänderten Quellen (Zusatzbelastung bzw. Gesamtzusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden. Wichtig ist, dass in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagende Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden. Des Weiteren gelten für die Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die gleichen Hinweise wie für die Ermittlung der Zusatzbelastung und Gesamtzusatzbelastung (s. Zu Nr. 4.5).

Ermittlung der belästigungsrelevanten Kenngröße

Im Rahmen der Untersuchungsprojekte "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (Sucker et. al. 2006), "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Mastbullen, Pferde und Milchvieh" (LUBW 2017), "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Ziegen und Schafe" (LUBW 2019) und "Tierwohl und Immissionsschutz - Ermittlung der Belästigungswirkung von Tierhaltungsgerüchen aus alternativen Mastschweineställen" (Kwiatkowski et. al. 2021) wurden Gewichtungsfaktoren für verschiedene Tierarten ermittelt, die das Belästigungspotenzial der Geruchsimmissionen berücksichtigen. Diese sind in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft enthalten.

Die wissenschaftlichen Untersuchungen zur Herleitung von tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren, die vor Erlass dieser Verwaltungsvorschrift durchgeführt wurden, sind in der Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft berücksichtigt. Nach Nr. 6.1.2 TA Luft soll eine nachträgliche Anordnung zum Schutz vor erheblichen Belästigungen durch Gerüche bei Altanlagen nicht getroffen werden, wenn sich eine Überschreitung der Immissionswerte für Gerüche aus einer erstmaligen Anwendung der tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren aus Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft ergibt und der maßgebliche Immissionswert um weniger als 0,05 überschritten wird.

Bei der Berechnung des Faktors fgesamt nach Formel 3 Anhang 7 TA Luft ist zu berücksichtigen, dass bei der Reihenfolge der Tierarten immer mit der Tierart mit dem höchsten Gewichtungsfaktor (n = 1) begonnen wird und dann absteigend nach der Höhe des Gewichtungsfaktors fortgesetzt wird (zweithöchste (n = 2), dritthöchste (n = 3), ...).

Durch das spezielle Verfahren zur Ermittlung der belästigungsrelevanten Kenngröße ist sichergestellt, dass die Gewichtung der jeweiligen Tierart immer entsprechend ihrem tatsächlichen Anteil an der Geruchsbelastung erfolgt, unabhängig davon, ob die ermittelte Gesamtbelastung größer, gleich oder auch kleiner der Summe der jeweiligen Einzelhäufigkeiten ist.

Die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft sind nicht mit dem Faktor 0,5 nach Nr. 5 Anhang 7 TA Luft, welcher für eindeutig angenehme Gerüche verwendet werden kann, gleichzusetzen. Gerüche aus der Tierhaltung sind keine eindeutig angenehmen Gerüche, jedoch verfügen z.B. Rindergerüche über ein geringeres Belästigungspotential.

Von den Gewichtungsfaktoren in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft kann abgewichen werden, wenn wissenschaftliche Untersuchungen dort eine abweichende Belästigungsreaktion der Betroffenen belegen. Wenn keine ausreichenden Anwohnerbefragungen stattfinden können und es sich nicht um eindeutig angenehme Gerüche handelt, sind Begehungen (Raster- oder Fahnenbegehungen), die Erstellung von Polaritätenprofilen sowie Intensitätserhebungen und Fahnenreichweitenbestimmungen unerlässlich, um Gewichtungsfaktoren abzuleiten.

Die Gewichtungsfaktoren in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft weisen keinen direkten Zusammenhang zum Geruchsemissionspotenzial von Tierarten bzw. Haltungsverfahren auf, sondern zum Belästigungspotenzial der einzelnen Tierarten. Die Gewichtungsfaktoren sind somit unabhängig von den jeweiligen Geruchsemissionsfaktoren der Richtlinie VDI 3894 Blatt 1 anzuwenden.

Bei Anwendung der Irrelevanzregel gemäß Nr. 3.3 Anhang 7 TA Luft und der Schornsteinhöhenberechnung nach Nr. 2.1 Anhang 7 TA Luft dürfen die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren (f) in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft nicht berücksichtigt werden. Bei der Festlegung des Beurteilungsgebietes (s. 4.4.2 und 4.5 Anhang 7 TA Luft) ist jedoch bei der Ermittlung des Einwirkbereichs der Anlage, in dem der Immissionsbeitrag > 0,02 relative Häufigkeit (2%-Isolinie) beträgt, der tierartspezifische Gewichtungsfaktor zu berücksichtigen.

Wenn in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft Einschränkungen bezüglich der Tierplatzzahl und/oder der Haltungsform genannt sind, gelten die jeweiligen Gewichtungsfaktoren nur für Anlagen, die diese Voraussetzungen erfüllen. Für andere Anlagen liegen keine Untersuchungsergebnisse vor, die eine Ableitung von Gewichtungsfaktoren erlauben.

Bei Anlagen unterschiedlicher Betreiber, die in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen (z.B. kumulierende Anlagen i.S. des § 10 Abs. 4 UVPG), ist im Einzelfall zu entscheiden, ob diese auch unter die Begrenzung der Tierplatzzahl hinsichtlich der Anwendung des Gewichtungsfaktors fallen.

Der Gewichtungsfaktor 1,0 in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft ist für Tierarten und Haltungsformen anzuwenden, die nicht in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft genannt sind. Daraus folgt, dass z.B. andere als die in der Tabelle aufgeführten Mastgeflügel-Tierarten mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 zu bewerten sind.

Es ist besonders darauf hinzuweisen, dass die in Nr. 4.6 Anhang 7 TA Luft beschriebene Regelung des Gewichtungsfaktors von 0,75 für Mastschweine nur bis zu einer Tierplatzzahl von ca. 5.000 Tieren (bzw. unter Berücksichtigung der jeweiligen Umrechnungsfaktoren, d. h. der jeweiligen mittleren Einzeltiermasse gemäß Tabelle A 1 der Richtlinie VDI 3894 Blatt 1, für eine entsprechende Anzahl von Zuchtsauen) gilt. Tierplatzzahlen oberhalb von 5.000 Mastschweineplätzen wurden im Rahmen des Projektes "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (Sucker et. al. 2006) nicht untersucht bzw. die Ergebnisse konnten aufgrund der besonderen Verhältnisse vor Ort nicht in die Auswertung einbezogen werden. Deshalb ist bei Anlagen mit mehr als 5.000 Mastschweineplätzen bzw. entsprechenden Sauenplätzen der Gewichtungsfaktor 1,0 anzuwenden.

Bei den Gewichtungsfaktoren in Tabelle 24 Anhang 7 TA Luft handelt es sich nicht um Hedonikfaktoren. Die Hedonik ist nicht verantwortlich für das unterschiedliche Belästigungspotential von Tierhaltungsgerüchen.

Der tierartspezifische Gewichtungsfaktor von 0,5 für Milch-/Mutterschafe und Milchziegen gilt für die Haltung mit Heu/Stroh als Einstreu. Andere Haltungsformen wurden in dem Projekt nicht untersucht (vgl. LUBW 2019). Bei den Milch-/Mutterschafen sind unter Jungtieren die Lämmer zu verstehen. Als Lämmer werden Tiere bis zu einem Jahr bezeichnet. Bei den Milchziegen sind unter Jungtieren nicht geschlechtsreife weibliche Ziegen (Zicklein) zu verstehen. Ziegen werden ab einem Alter von vier bis fünf Monaten geschlechtsreif. Der Gewichtungsfaktor von 0,65 für Mastschweine ist nur für qualitätsgesicherte Haltungsverfahren mit Auslauf und Einstreu, die nachweislich dem Tierwohl dienen, bis zu einer Tierplatzzahl von maximal 500, anzuwenden. Hilfestellung zur Identifizierung derartiger Haltungsverfahren bietet die Vollzugshilfe "Tiergerechter Außenklimastall für Schweine" (Ad hoc-AG "Immissionsschutz und Tierwohl" 2021). Hier wurde ein geringeres Belästigungspotenzial ermittelt. Andere Haltungsformen wurden in dem Projekt nicht untersucht (vgl. Kwiatkowski/Both 2021)

Während die Ferkelaufzucht als Nachzucht bzw. die Ferkelaufzucht neben der Mastschweinehaltung mit dem Gewichtungsfaktor 0,75 zu bewerten ist, wird die von Sauen- bzw. Mastschweinehaltung getrennte, d. h. ausschließliche, Haltung von Ferkeln mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 belegt.

Dies schließt jedoch im Einzelfall nicht aus, dass z.B. beim Einsatz spezieller Futtermittel und daraus ggf. resultierenden besonders belästigenden Gerüchen dennoch der Gewichtungsfaktor 1,0 für alle o. g. Betriebszweige und Tierarten anzusetzen sind.

Für die Lagerung von Gülle und Festmist auf dem Betriebsgelände der Tierhaltungsanlage ist der jeweilige Gewichtungsfaktor der vorhandenen Tierart bzw. Haltungsform einzusetzen. Werden Gülle oder Festmist außerhalb des Betriebsgeländes gelagert, sollte der Gewichtungsfaktor 1,0 angewandt werden. Das gilt unabhängig davon, ob der Festmist bzw. die Gülle als Inputmaterial für die Biogasanlage dienen oder nicht. Pferdemist ist unabhängig von seinem Lagerort mit einem Gewichtungsfaktor von 1,0 zu bewerten.

Bei der im Projekt "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" erfassten Silagelagerung handelte es sich ausnahmslos um Maissilage, die sich auf dem Betriebsgelände befand und der Fütterung der Rinder diente. Der Geruch, der von der Silagelagerung ausging, konnte in diesen Fällen nicht von den Stallgerüchen unterschieden werden und kann daher mit einem Gewichtungsfaktor von 0,5 bewertet werden. Für Grassilage ist ein Gewichtungsfaktor von 1,0 anzuwenden. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Geruchsart von Grassilage als deutlich intensiver eingestuft wird.

Lagerstätten (d. h. Mais- und Grassilage), die sich in größerer Entfernung und nicht mehr auf dem Betriebsgelände befinden, bekommen den Gewichtungsfaktor 1,0. Insbesondere dann, wenn sie sich sehr nahe an einer Wohnbebauung befinden (bis ca. 50 m). In diesem Fall ist davon auszugehen, dass sie auch ein größeres Belästigungspotenzial aufweisen.

Anlagen zur Erzeugung von Biogas einschließlich aller unmittelbar zum Betrieb der Anlagenotwendigen Anlagenteilen wie z.B. Vorgrube, Festmist- bzw. Güllelager, Fermenter, Zwischenlager für den Fermenter, Gärrestlager sowie die Silagelagerung erhalten den Gewichtungsfaktor 1,0. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass Silage für die Erzeugung von Biogas nicht zwangsläufig die gleiche Qualität wie Futtersilage aufweist und zudem in größeren Mengen als Futtersilage gelagert wird. Außerdem ist davon auszugehen, dass Lagerstätten von Biogasbetrieben unter Umständen für verschiedene Inputstoffe genutzt werden (Festmist, Rindergülle, Silage).

Hinsichtlich der Anwendung der Gewichtungsfaktoren wird nicht in Bezug auf die Abgasreinigung differenziert. Es ist nicht entscheidend, ob die Anlage oder ein Teil davon an eine Abgasreinigungseinrichtung angeschlossen ist. Z. B. ist bei Mastschweineanlagen mit mehr als 5.000 Tierplätzen unabhängig von Abgasreinigungsmaßnahmen der Gewichtungsfaktor 1,0 anzusetzen.

Unabhängig hiervon ist die Abgasreinigung bei erforderlichen Ausbreitungsrechnungen als Emissionsminderung beim Ansatz der Emissionsdaten zu berücksichtigen.

Die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren sind nicht auf Aufstallungsbereiche einer Schlachtanlage anzuwenden, da nicht auszuschließen ist, dass Schlachtanlagen ein anderes z.B. tierartunabhängiges Belästigungspotenzial aufweisen.

Bei der Berechnung der belästigungsrelevanten Kenngröße können auch Gewerbe-/Industriegerüche berücksichtigt werden. Sie bekommen den Gewichtungsfaktor 1,0, d. h. sie gehen unverändert in die Berechnung ein.

Zu Nr. 5 Beurteilung im Einzelfall

Anwendung von Immissionswerten

Anhang 7 TA Luft sieht im begründeten Einzelfall die Abweichung von den Immissionswerten in gewissem Rahmen vor. Derartige Fälle sind zumeist durch Besonderheiten im Zusammenhang mit dem zeitlichen Auftreten, der Intensität, der Hedonik und der Üblichkeit der Gerüche verbunden.

Treten Gerüche z.B. nur an wenigen Tagen im Jahr auf, dann aber gehäuft, und/oder sind sie wegen der besonderen Witterungsverhältnisse (z.B. Hochsommer), ihrer Intensität und/oder Unüblichkeit besonders geeignet, Belästigungen hervorzurufen, ist zu prüfen, ob mit den Immissionswerten nach Nr. 3.1 Anhang 7 TA Luft eine sachgerechte Beurteilung der Geruchsimmissionssituation möglich ist. Ggf. können die der Beurteilung zu Grunde zu legenden Werte gegenüber den Immissionswerten verringert werden (z.B. um die Hälfte). Dies gilt insbesondere für den sog."kleinen Immissionsschutz" (z.B. Schreinereien, Lackierereien, Räuchereien). Auch hier ist eine Prüfung nach Nr. 2 Anhang 7 TA Luft (Einhaltung des Standes der Technik) durchzuführen.

Weitere Beispiele für eine Prüfung im Einzelfall sind Folgende:

Kampagnebetriebe können nur über eine Regelung im Einzelfall sachgerecht beurteilt werden; hier sind die Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft zu modifizieren. Es sind u. a. zu beachten: Dauer der Kampagne, Schutzbedürftigkeit des betroffenen Gebietes, Ortsüblichkeit der Gerüche und Jahreszeit ihres Auftretens. Beträgt die Dauer einer Kampagne z.B. ein halbes Jahr, könnten die der Beurteilung zu Grunde zu legenden Werte auf die Dauer der Kampagne bezogen und gegenüber den Immissionswerten in Anhang 7 TA Luft erhöht werden. Letzteres gilt erst recht für Betriebszeiten von weniger als einem halben Jahr.

Ein typisches Beispiel für einen Kampagnenbetrieb ist die Zuckerrübenkampagne. Sie beginnt üblicherweise Mitte bis Ende September, dauert in der Regel 120 Tage und endet zu Weihnachten oder spätestens im Januar. Ausgehend von 120 Tagen mit durchgehendem Dreischichtbetrieb entspricht dies 2880 Jahresstunden. Bezogen auf 8760 Jahresstunden ergibt sich hieraus lediglich ein Anteil von ca. 33 % der Jahresstunden (0,33 relative Häufigkeit), in denen Geruchsemissionen nicht ausgeschlossen werden können. Zusammen mit der Verdünnung der Geruchsemissionen auf dem Transportweg und den einzelfallbezogenen Besonderheiten, wie z.B. der jeweiligen Windrichtungshäufigkeitsverteilung, ist davon auszugehen, dass die Immissionswerte in Anhang 7 TA Luft mit großer Wahrscheinlichkeit eingehalten werden.

Bei dieser einfachen Betrachtung wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die Anwohner in der Zeit der Zuckerrübenkampagne länger andauernden Beeinträchtigungen ausgesetzt sein könnten. Um hier einen Ausgleich zwischen den Betreiberinteressen und dem Schutzanspruch der Anwohner herbeizuführen, kann es gerechtfertigt sein, die der Beurteilung zu Grunde zu legenden Werte auf die Dauer der Kampagne zu beziehen und gegenüber den Immissionswerten des Anhangs 7 TA Luft auf 0,15, 0,20 oder auch 0,25 zu erhöhen. Dabei sollte die Erhöhung des zur Beurteilung herangezogenen Immissionswertes für die Dauer der Kampagne im Verhältnis (z.B. 0,20 zu 0,10) kleiner sein als das Verhältnis der Stunden eines Jahres zur Dauer der Kampagne im Jahr (z.B. 8.760 h/a zu 2.880 h/a) und 0,25 nicht übersteigen.

Für die Beurteilung eines Kurgebietes gelten andere Kriterien als die Immissionswerte für in Anhang 7 TA Luft ausdrücklich genannten Gebiete. Mindestens sind die Immissionswerte für Wohngebiete zu Grunde zu legen. In Kurgebieten sollte in der Regel der Wert 0,06 nicht überschritten werden. Dieses gilt insbesondere in Luftkurorten.

Für Campingplätze und Ferienhaussiedlungen besteht grundsätzlich kein höherer Schutzanspruch als für die sie umgebende Bebauung, wenn dem nicht spezielle Randbedingungen des Einzelfalls entgegenstehen.

Auch für sensible Nutzungen (Kindergärten, Schulen, Altenheime) besteht grundsätzlich kein höherer Schutzanspruch als für die sie umgebende Bebauung, da mit Geruchsimmissionen keine Gesundheitsgefahren verbunden sind. Auf die Ausnahmen in Nr. 5 Anhang 7 TA Luft wird ausdrücklich hingewiesen.

Kleingärten sind im Allgemeinen wie Gewerbegebiete zu beurteilen, wenn dem nicht spezielle Randbedingungen des Einzelfalles entgegenstehen.

Sportstätten (z.B. Golfplätze) sind von den Regelungen in Anhang 7 TA Luft in der Regel nicht betroffen. Die Aufenthaltsdauer der Einzelpersonen ist bei Sportstätten im Allgemeinen erheblich kürzer als bei Wohn- und Arbeitsstätten.

Berücksichtigung hedonisch eindeutig angenehmer Gerüche

Im Falle hedonisch eindeutig angenehmer Gerüche kann deren Beitrag zur Gesamtbelastung mit dem Faktor 0,5 gewichtet werden. Zur Feststellung eindeutig angenehmer Anlagengerüche ist die Methode zur hedonischen Klassifikation von Anlagengerüchen nach Richtlinie VDI 3940 Blatt 4 anzuwenden.

Um eine Bewertung einer Gemengelage vorzunehmen, sind die Geruchsstundenhäufigkeiten für nicht angenehme und angenehme Gerüche getrennt zu erheben (Rastermessung) oder zu berechnen (Immissionsprognose). Anschließend erfolgt die Berechnung der belästigungsrelevanten Kenngröße analog zu Gleichung 4 in Nr. 4.6 Anhang 7 TA Luft unter Verwendung eines Faktors von 0,5 für eindeutig angenehme Geruchsimmissionen.

Berücksichtigung der Intensität und/oder der hedonischen Geruchswirkung bei der Interpretation von Immissionswerten

Sofern Anhaltspunkte dafür bestehen, dass im Einzelfall aufgrund der Intensität und der Hedonik der Geruchswirkung eine Beurteilung auf Basis der Geruchsstundenhäufigkeit nicht ausreichend ist, sieht Nr. 5 Anhang 7 TA Luft eine Einbeziehung der Intensität und der hedonischen Geruchswirkung im Rahmen der Geruchsbeurteilung vor. In diesem Zusammenhang können die Richtlinien VDI 3940 Blatt 3, VDI 3940 Blatt 4 und VDI 3940 Blatt 5 verwendet werden, die in Ergänzung des in Anhang 7 TA Luft für den Regelfall beschriebenen Beurteilungsverfahrens Beurteilungsansätze für den Einzelfall unter Einbeziehung von Geruchsintensitäten beschreiben. Die Richtlinie VDI 3940 Blatt 5 beschreibt verschiedene Anwendungsfälle:

Insbesondere bei Emittenten, die nur einen geringen Abstand zur nächsten Wohnbebauung aufweisen und deren Emissionen bereits zu hohen Geruchsstundenhäufigkeiten führen, kann eine Intensitätsbetrachtung sinnvoll sein. Zum Beispiel ist die Erweiterung einer Anlage, die zwar keine Zunahme der Geruchsstundenhäufigkeit bewirkt (z.B. aufgrund von Fahnenüberlagerungen mit dem Altbestand), jedoch eine erhebliche Intensitätssteigerung am benachbarten Immissionsort verursacht, eher kritisch zu betrachten. Umgekehrt kann eine deutliche Intensitätsminderung eine Verbesserung darstellen, obwohl die Geruchsstundenhäufigkeit im direkten Nahbereich kaum abnimmt (z.B. Minderung der Emissionen durch ein Abgasreinigungssystem).

Belästigungsgrad der Anwohnerinnen und Anwohner

In Einzelfällen (Überprüfung der Kriterien: z.B. Ortsüblichkeit, Intensität, Hedonik) kann es sinnvoll sein, den Belästigungsgrad der Anwohnerinnen und Anwohner unmittelbar zu erfassen. Hierzu kann die Richtlinie VDI 3883 Blatt 1 verwendet werden. Dies kann im Zusammenhang mit der von den Immissionswerten in Anhang 7 TA Luft abweichenden Heranziehung von Beurteilungskriterien als Begründung zweckmäßig sein.

Beurteilung passiver Immissionsschutzmaßnahmen

Bei gegebener Immissionswertüberschreitung sind Maßnahmen des passiven Immissionsschutzes, wie z.B. eine Filterung der Zuluft von Wohnhäusern i. d. R. nicht geeignet, erhebliche Belästigungen zu vermeiden, da hierfür bislang keine Nachweise zur Quantifizierung sowie zur dauerhaften Sicherstellung der Minderung vorliegen. Außerdem umfasst die Geruchsbeurteilung ausdrücklich auch die Bereiche, die unmittelbar an das jeweilige Gebäude angrenzen, wie z.B. die Terrasse, nicht jedoch das gesamte Grundstück.

Literaturverzeichnis

Ad hoc-Arbeitsgruppe "Immissionsschutz und Tierwohl": Konkretisierende Empfehlungen für Genehmigungsbehörden zum Umgang mit Anforderungen der TA Luft Nr. 5.4.7.1 in Verbindung mit Anhang 11, bezüglich "qualitätsgesicherter Haltungsverfahren, die nachweislich dem Tierwohl dienen" - hier 'Tiergerechter Außenklimastall für Schweine'. 2021

BauGB: Baugesetzbuch in der Fassung vom 23. September 2004, zuletzt geändert am 21. Dezember 2006

BauNVO: Baunutzungsverordnung in der Fassung vom 23. Januar 1990, zuletzt geändert am 22. April 1993

DIN EN 13725: 2003-07 Luftbeschaffenheit - Bestimmung der Geruchsstoffkonzentration mit dynamischer Olfaktometrie; Deutsche Fassung der EN 13725. Berlin: Beuth

DIN EN 16841 Teil 1: 2017-03 Außenluft - Bestimmung von Geruchsstoffimmissionen durch Begehungen - Teil 1: Rastermessung; Deutsche Fassung EN 16841-1:2016. Berlin: Beuth

DIN EN 16841 Teil 2: 2017-03 Außenluft - Bestimmung von Geruchsstoffimmissionen durch Begehungen - Teil 2: Fahnenmessung; Deutsche Fassung EN 16841-2:2016. Berlin: Beuth

Geruchsimmissions-Richtlinie: Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen mit Begründung und Auslegungshinweisen; Fassung vom 29. Februar 2008 und Ergänzung vom 10. September 2008

Hartmann, U.: Validierung von Geruchsausbreitungsmodellen. In: Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 62 (2002), 10

Janicke, L.; Janicke, U.: Die Entwicklung des Ausbreitungsmodells AUSTAL2000G. Berichte zur Umweltphysik, Nr. 5, Ingenieurbüro Janicke, Dunum, 2007

Kwiatkowski, K.; Both, R.: Ermittlung des Belästigungspotentials von Gerüchen ausgehend von Mastschweineställen mit Auslauf mittels Polaritätenprofilen. Gerüche in der Umwelt 2021. Hrsg. vom VDI Wissensforum GmbH, 2021

Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg - LUBW (Hrsg.): Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Mastbullen, Pferde und Milchvieh. Karlsruhe, 2017

Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg - LUBW (Hrsg.): Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Ziegen und Schafe. Karlsruhe, 2019

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen - LANUV (Hrsg.): Ausbreitungsrechnungen für Geruchsimmissionen - Vergleich mit Messdaten in der Umgebung von Tierhaltungsanlagen. LANUV-Fachbericht 5, Essen, 2007

Prinz, B.; Both, R.: "Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen" in der Broschüre "Aus der Tätigkeit der LIS 1992"; hrsg. von der Landesanstalt für Immissionsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (heute: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) Essen 1993, S. 47-54

Steinheider, B.; Winneke, G.: Materialienband zur Geruchsimmissions-Richtlinie in NRW - psychophysiologische und epidemiologische Grundlagen der Wahrnehmung und Bewertung von Geruchsimmissionen≪. Bericht des Medizinischen Instituts für Umwelthygiene an der Universität Düsseldorf im Auftrage des Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf, 1992

Sucker, K.; Bischoff, M.; Krämer, U.; Kühner, D.; Winneke, G.: Untersuchungen zur Auswirkung von Intensität und hedonischer Geruchsqualität auf die Ausprägung der Geruchsbelästigung. Forschungsbericht im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, des Ministeriums für Umwelt und Verkehr des Landes Baden-Württemberg und des Verbandes der Chemischen Industrie. Düsseldorf, 2003

Sucker, K.; Müller, F.; Both, R.: Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft, Bericht zu Expositions-Wirkungsbeziehungen, Geruchshäufigkeiten, Intensität, Hedonik und Polaritätenprofilen. Materialien 73. Hrsg. vom Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen (heute: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz). Essen: 2006

VDI 3783 Blatt 13: 2010-01 Umweltmeteorologie - Qualitätssicherung in der Immissionsprognose - Anlagenbezogener Immissionsschutz - Ausbreitungsrechnung gemäß TA Luft. Berlin: Beuth

VDI 3783 Blatt 20: 2017-03 Umweltmeteorologie - Übertragbarkeitsprüfung meteorologischer Daten zur Anwendung im Rahmen der TA Luft. Berlin: Beuth

VDI 3783 Blatt 21: 2017-03 Umweltmeteorologie - Qualitätssicherung meteorologischer Daten für die Ausbreitungsrechnung nach TA Luft und GIRL. Berlin: Beuth

VDI 3883 Blatt 1: 2015-09 Wirkung und Bewertung von Gerüchen - Psychometrische Erfassung der Geruchsbelästigung - Fragebogentechnik. Berlin: Beuth

VDI 3886 Blatt 1: 2019-09 Ermittlung und Bewertung von Gerüchen; Geruchsgutachten; Ermittlung der Notwendigkeit und Hinweise zur Erstellung. Berlin: Beuth

VDI 3894 Blatt 1: 2011-09 Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen; Haltungsverfahren und Emissionen; Schweine, Rinder, Geflügel, Pferde. Berlin: Beuth

VDI 3894 Blatt 2: 2012-11 Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen; Methode zur Abstandsbestimmung; Geruch. Berlin: Beuth

VDI 3940 Blatt 1: 2006-02 Bestimmung von Geruchsstoffimmissionen durch Begehungen - Bestimmung der Immissionshäufigkeit von erkennbaren Gerüchen - Rastermessung. Berlin: Beuth

VDI 3940 Blatt 3: 2010-01 Bestimmung von Geruchsstoffimmissionen durch Begehungen - Ermittlung von Geruchsintensität und hedonischer Geruchswirkung im Feld. Berlin: Beuth

VDI 3940 Blatt 4: 2010-06 Bestimmung der hedonischen Geruchswirkung - Polaritätenprofile. Berlin: Beuth

VDI 3940 Blatt 5: 2013-11 Bestimmung von Geruchsstoffimmissionen durch Begehungen; Ermittlung von Geruchsintensität und hedonischer Geruchswirkung im Feld; Hinweise und Anwendungsbeispiele. Berlin: Beuth

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beurteilungsgebiet mit den zur Beurteilung relevanten Immissionsorten

Abbildung 2: Beurteilungsgebiet mit den zur Beurteilung relevanten Anlagen

Abbildung 3: Beurteilungsgebiet mit den zur Beurteilung relevanten Anlagen (Beitrag > 0,02)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zwischenwerte für den Übergangsbereich verschiedener Nutzungen

Tabelle 2: Größenordnungen einer Verbesserung der Gesamtzusatzbelastung

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1 Vgl. BR-Drucks. 314/21, S. 12 u. 13

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