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Gesetz über das Nationale Naturmonument "Grünes Band Hessen"
- Hessen -
Vom 26. Januar 2023
(GVBl. Nr. 4 vom 08.02.2023 S. 50)
Gl.-Nr.: 881-57
In dem Bewusstsein seiner Verantwortung zur Erhaltung des Grünen Bandes als ein lebendiges Zeugnis der neueren Zeitgeschichte und in Würdigung der Arbeit vieler haupt- und ehrenamtlicher Akteure, Eigentümer und Nutzungsberechtigten zur Bewahrung der Erinnerung an die mit der Teilung Deutschlands verbundenen Folgen, zur Entwicklung des einstigen Grenzgebiets zur Deutschen Demokratischen Republik zum Grünen Band Hessen als Teil des europäischen Biotopverbundes und in dem Bewusstsein, dass der Schutz des natürlichen Erbes und die Bewahrung einer Kultur der Erinnerung in diesem Gebiet in einem unauflöslichen Zusammenhang stehen, hat der Hessische Landtag folgendes Gesetz beschlossen.
§ 1 Erklärung zum Nationalen Naturmonument
(1) Entlang der Landesgrenze Hessens zu Thüringen (Teil der ehemaligen innerdeutschen Grenze) wird im Benehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der hessische Teil als Nationales Naturmonument gemäß § 24 Abs. 4 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2240), mit dem Namen "Grünes Band Hessen" festgesetzt und unter Schutz gestellt.
(2) Das Nationale Naturmonument wird durch ein einheitliches Zeichen kenntlich gemacht. Die Landesregierung wird ermächtigt, das Zeichen und Einzelheiten seiner Verwendung durch Rechtsverordnung festzulegen.
§ 2 Gebiet des Nationalen Naturmonuments, Zonierung und Verordnungsermächtigung
(1) Das Nationale Naturmonument "Grünes Band Hessen" hat eine Größe von rund 8.084 Hektar. Es besteht aus einem entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, der heutigen Landesgrenze zu Thüringen, verlaufenden Korridor in Hessen. Die maßgebliche Grenze und die flächenmäßige Ausdehnung des Nationalen Naturmonuments sind in den Schutzgebietskarten nach Abs. 3, Anlage durch eine mittels einer schwarzen Linie dargestellten Umrandung gekennzeichnet.
(2) Das Gebiet des Nationalen Naturmonuments beinhaltet entsprechend der naturschutzfachlichen Bedeutung drei verschiedene Zonenkategorien:
(3) Die Schutzgebietskarten (Anlagen) 1 des Nationalen Naturmonuments werden im Maßstab 1: 5.000 gefertigt. Die Schutzgebietskarten sind Bestandteil dieses Gesetzes. Eine Ausfertigung der Schutzgebietskarten wird bei dem für Naturschutz zuständigen Ministerium, beim Regierungspräsidium Kassel, bei den in dem Gebiet liegenden Kommunen sowie bei den unteren Forst-, Landwirtschafts- und Jagdbehörden bereitgehalten. Die Schutzgebietskarten können bei den genannten Stellen von jeder Person eingesehen werden. Auf Verlangen werden sie den Grundstückseigentümern vom Regierungspräsidium Kassel auszugsweise zur Verfügung gestellt.
(4) Die Schutzgebietsgrenze verläuft entlang der Flurstücksgrenzen der im Randbereich liegenden Grundstücke. Verläuft die Grenze ausnahmsweise nicht entlang der Flurstücksgrenze, bestimmt sich Schutzgebietsgrenze anhand äußerlich und in den Schutzgebietskarten erkennbarer Abgrenzungsmerkmale. Eigentümer können eine Anzeige der Schutzgebietsgrenze in der Örtlichkeit auf Kosten des Landes verlangen.
(5) Die für Naturschutz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit der für Denkmalschutz zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister, Orte mit besonderer kulturhistorischer Bedeutung in Bezug auf die ehemalige innerdeutsche Grenze in einer Rechtsverordnung festzulegen.
§ 3 Schutzzwecke
(1) Die Schutzzwecke des Nationalen Naturmonuments sind es, das Gebiet des "Grünen Bandes Hessen"
zu erhalten, zu schützen und zu entwickeln.
(2) Über die Sicherung der allgemeinen Schutzzwecke des Abs. 1 hinaus ist es
(3) Im Nationalen Naturmonument sind zur Verwirklichung der Schutzzwecke
auch als Lebensraum besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten, in ihrem Bestand zu erhalten und zu schützen.
(4) Darüber hinaus sollen im Nationalen Naturmonument
soweit dies mit den Schutzzwecken im Übrigen vereinbar ist.
(5) Das Nationale Naturmonument soll in seiner Bedeutung als national bedeutsame Erinnerungslandschaft und für eine umweltschonende, naturnahe Erholung gefördert und erschlossen werden, soweit dies mit den Schutzzwecken im Übrigen vereinbar ist.
§ 4 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
(1) Das Hessische Denkmalschutzgesetz vom 28. November 2016 (GVBl. S. 211) bleibt unberührt. Für Maßnahmen nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz finden die §§ 5 bis 9 keine Anwendung. Dies gilt auch für Maßnahmen nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz, wenn die denkmalschutzrechtliche Entscheidung im Rahmen einer anderen Entscheidung zu ergehen hat.
(2) Besondere Rechtsvorschriften über naturschutzrechtlich geschützte Gebiete auf der Fläche des Nationalen Naturmonuments bleiben unberührt. Die §§ 5 bis 9 finden keine Anwendung für Naturschutzgebiete und Naturdenkmale, die auf der Fläche des Nationalen Naturmonuments ausgewiesen sind oder werden. Dort gelten die Regelungen der entsprechenden Schutzgebietsverordnung.
(3) Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt ist es über § 4 Abs. 1 der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung vom 10. November 1992 (BGBl. I S. 1887), zuletzt geändert durch Rechtsverordnung vom 1. Juni 2022 (BGBl. I S. 867), hinaus verboten, im Gebiet des Nationalen Naturmonuments Düngemittel, Pflanzen- oder Holzschutzmittel jeder Art anzuwenden. In den als Zone II ausgewiesenen Gebieten sind Ackerflächen vom Verbot ausgenommen. Die als Zone III ausgewiesenen Gebiete sind vom Verbot ausgenommen, soweit durch den Einsatz ihre Funktion nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 nicht gefährdet wird.
(4) Die Obere Naturschutzbehörde kann Ausnahmen von Abs. 3 in den als Zone I und als Zone II ausgewiesenen Gebieten zulassen, soweit dies zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, insbesondere vor invasiven Arten, und zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit von Schienenwegen erforderlich ist. Im Geltungsbereich der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Waldhof - Standorfsberg bei Grüsselbach" vom 6. Oktober 1988 (StAnz. S. 2404), der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Plesse-Konstein" vom 22. Dezember 1997 (StAnz. 1998 S. 306) und der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Ulsteraue bei Günthers" vom 29. Juni 1993 (StAnz. S. 1878) kann die zuständige Behörde Ausnahmen von Abs. 3 nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung zulassen.
§ 5 Allgemeine Schutzbestimmungen, Vorrang des Vertragsnaturschutzes
(1) Für die Fläche des Grünen Bandes sind im Nationalen Naturmonument alle Handlungen verboten, die die besondere Eigenart des Gebiets des Nationalen Naturmonuments, die einzelnen Biotope, die Funktion als Biotopverbund, die Tier- und Pflanzenwelt oder einzelne ihrer Bestandteile oder Bestandteile von landeskundlicher, wissenschaftlicher oder kulturhistorischer Bedeutung zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können.
(2) Insbesondere ist es verboten,
(3) Bei Maßnahmen, die dem Schutzzweck dieses Gesetzes dienen, soll vorrangig geprüft werden, ob der Zweck mit angemessenem Aufwand auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann. Es wird diesbezüglich auf § 3 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes verwiesen.
§ 6 Schutzbestimmungen der Zone I
(1) Für als Naturschutzgebiet ausgewiesene Gebiete wird auf § 4 Abs. 2 verwiesen.
(2) Über die Verbote des § 5 Abs. 1 und 2 hinaus ist es in den als Zone I ausgewiesenen Gebieten insbesondere verboten,
(3) Erlaubt bleiben
§ 7 Schutzbestimmungen der Zone II
(1) Über die Verbote des § 5 Abs.1 und 2 hinaus ist es in der als Zone II ausgewiesen Fläche insbesondere verboten,
(2) Erlaubt bleiben
(3) Die Maßnahmen und die Veranstaltungen nach Abs. 2 Nr. 5 und Nr. 6 sind der Oberen Naturschutzbehörde mindestens einen Monat im Voraus anzuzeigen.
(4) Die §§ 33 und 34 Bundesnaturschutzgesetz bleiben unberührt.
§ 8 Schutzbestimmungen der Zone III
(1) Im Geltungsbereich der Zone III gelten die in § 5 Abs. 1 und 2 genannten Verbote.
(2) Erlaubt bleiben
(3) Die Maßnahmen und Veranstaltungen nach Abs. 2 Nr. 5, 7, 8 und 9 sind der Oberen Naturschutzbehörde mindestens einen Monat im Voraus anzuzeigen.
§ 9 Allgemeine Ausnahmen
(1) Von den Schutzbestimmungen der §§ 5 bis 8 sind ausgenommen:
(2) Die Maßnahmen nach Abs. 1 Nr. 1 sind der Oberen Naturschutzbehörde unverzüglich anzuzeigen. Von der Anzeigepflicht ausgenommen sind Flüge im Such- und Rettungseinsatz, das Befahren mit Einsatzfahrzeugen sowie das Betreten durch Einsatz- und Rettungskräfte.
(3) Von den Verboten der §§ 5 bis 8 werden über die Ausnahmen nach Abs. 1 hinaus der Betrieb, die Errichtung, Erneuerung oder Änderung von Anlagen der Eisenbahn, einschließlich Bahnstromfernleitungen, von Straßen und Radwegen, einschließlich ihrer Bestandteile, von Hoch- und Höchstspannungsleitungen und anderen Versorgungsleitungen, von kommunalen Einrichtungen der Daseinsvorsorge, von Telekommunikationseinrichtungen sowie von Windenergieanlagen ausgenommen, sofern hierfür das Benehmen mit der Oberen Naturschutzbehörde hergestellt worden ist. Das Benehmen gilt als hergestellt, wenn es nicht binnen eines Monats nach Eingang des Ersuchens bei der Oberen Naturschutzbehörde verweigert wird.
(4) Von den Verboten der §§ 5 bis 8 werden über die Ausnahmen nach Abs. 1 und 3 hinaus der Rohstoffabbau einschließlich seiner vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten ausgenommen, sofern hierfür das Benehmen mit der Oberen Naturschutzbehörde hergestellt worden ist. Das Benehmen gilt als hergestellt, wenn es nicht binnen eines Monats nach Eingang des Ersuchens bei der Oberen Naturschutzbehörde verweigert wird.
(5) Wurde für die Aufstellung eines Bebauungsplans bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Baugesetzbuch gefasst, bleibt das weitere Planaufstellungsverfahren von diesem Gesetz unberührt. Wird ein Bebauungsplan, dessen Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Baugesetzbuch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefasst wurde, nach Inkrafttreten dieses Gesetzes gemäß § 10 Abs. 1 Baugesetzbuch als Satzung beschlossen, findet § 9 Abs.1 im Geltungsbereich des Bebauungsplans entsprechende Anwendung.
(6) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gemäß § 34 Baugesetzbuch finden die Schutzbestimmungen der §§ 5 bis 8 keine Anwendung.
(7) Die §§ 33 und 34 des Bundesnaturschutzgesetzes bleiben unberührt.
§ 10 Entschädigungen, Verordnungsermächtigung
(1) Für Beschränkungen des Eigentums, die sich aus diesem Gesetz oder im Vollzug dieses Gesetzes ergeben, werden Entschädigungen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes geleistet.
(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern sowie Nutzungsberechtigten, denen auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken wesentlich erschwert wird, über Abs. 1 hinaus auf Antrag ein angemessener Ausgleich nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes gezahlt wird. In der Rechtsverordnung sind Anspruchsvoraussetzungen und Umfang der Ausgleichszahlungen zu bestimmen.
§ 11 Pflege-, Entwicklungs- und Informationsplan
(1) Um eine Entwicklung im Sinne der Schutzzwecke nach § 3 Abs. 1 und 2 zu gewährleisten, ist für das Nationale Naturmonument ein Pflege-, Entwicklungs- und Informationsplan (Plan) von der Oberen Naturschutzbehörde zu erstellen. Der Plan umfasst die Ziele und Maßnahmen die zur Erfüllung der Schutzzwecke notwendig sind.
(2) Der Plan unterteilt sich in die Abschnitte Bestandssicherung, Ziele, Entwicklungsmöglichkeiten, Umsetzung konkreter Vorhaben und Finanzierung. Die Maßnahmenpläne der im Geltungsbereich liegenden Schutzgebiete werden, soweit möglich, in den Plan integriert.
(3) Pflege-, Entwicklungs- und Informationsmaßnahmen gemäß Abs. 1 Satz 2 außerhalb der im Eigentum des Landes befindlichen Flächen dürfen nur mit Zustimmung der Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Nutzungsberechtigten umgesetzt werden.
(4) Innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ist der Plan zu erstellen. Der Plan soll innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der vollständigen Erstellung fortgeschrieben werden. Anschließend soll eine Fortschreibung nach Ablauf von jeweils weiteren zehn Jahren erfolgen.
§ 12 Fachbeirat, Verordnungsermächtigung
Die Erstellung, Umsetzung und Fortschreibung des Plans wird durch einen bei der obersten Naturschutzbehörde einzurichtenden Fachbeirat begleitet. Der Fachbeirat setzt sich insbesondere aus Vertreterinnen und Vertretern der betroffenen Gemeinden und Landkreise, der Land- und Forstwirtschaft und der anerkannten Naturschutzvereinigungen, der Denkmalfachbehörde und der Oberen Naturschutzbehörde sowie von Trägern der Erinnerungskultur zusammen. Die für Naturschutz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, das Nähere zur Zusammensetzung des Fachbeirats und das Verfahren zur Entsendung der Mitglieder des Fachbeirats sowie deren Rechte und Pflichten durch Rechtsverordnung zu regeln.
§ 13 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich gegen ein in § 5 Abs. 2 sowie §§ 6 bis 8 genanntes Verbot verstößt, wenn die Handlung nicht nach diesem Gesetz als erlaubt von den Verboten ausgenommen ist oder für die Handlung keine Befreiung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes vorliegt.
(2) Ordnungswidrig handelt ferner, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine vollziehbare Nebenbestimmung in Form einer Auflage, unter der eine Genehmigung mit nach diesem Gesetz erforderlichem Benehmen oder Einvernehmen der Oberen Naturschutzbehörde oder eine Befreiung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes erteilt worden ist, nicht, nicht vollständig, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erfüllt.
(3) Ordnungswidrigkeiten nach den Abs. 1 und 2 können jeweils mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
(4) Die Untere Naturschutzbehörde ist zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.
§ 14 Kosten
Das Land Hessen stellt die erforderlichen Mittel zur Umsetzung dieses Gesetzes nach Maßgabe des Haushaltsplanes zur Verfügung.
§ 15 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
ENDE |