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Regelwerk Naturschutz EU Bund
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Einführungserlass zum Vollzug der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten (ABl. L 317 S. 35), unter Berücksichtigung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 (ABl. L 189 S. 4) und der ergänzenden Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes
- Hessen -

Vom 5. Juni 2018
(St.Anz. Nr. 28 vom 09.07.2018 S. 854)



(Ein Verzeichnis der im Text verwendeten Abkürzungen befindet sich am Ende des Erlasses)

Ziel des Einführungserlasses

Die EU-Verordnung zu invasiven Arten (VO) ist verwaltungstechnisches Neuland . Das Thema der VO ist nicht frei von fachlichen Wissenslücken (zum Beispiel bezüglich der langfristigen Auswirkungen von IAS auf die Biodiversität Mitteleuropas sowie wirksamer Bekämpfungsmaßnahmen) und Wertungswidersprüchen (zum Beispiel bezüglich des Einsatzes von tödlichen Beseitigungsmaßnahmen und der Berücksichtigung moderner Tierschutzstandards) . Für viele - organisatorische, technische und fachliche - Probleme, die sich aus der Zielsetzung der VO ergeben, müssen zukünftig erst noch Lösungswege erarbeitet werden . Das bedeutet, dass bei der Umsetzung der VO durch die Mitgliedstaaten (in Deutschland sind die Bundesländer für weite Teile der Umsetzung verantwortlich) auch kreativere Wege jenseits des klassischen Verwaltungshandelns geprüft werden müssen .

Der Erlass soll den Vollzugsbehörden als erste Orientierung zur Umsetzung der VO dienen . Es ist beabsichtigt, den Erlass beim Auftreten neuer Erfahrungen und Erkenntnisse entsprechend fortzuschreiben .

Ziele der VO

  1. Prävention der Einbringung von IAS in die Mitgliedstaaten,
  2. Verhinderung oder Verlangsamung der (räumlichen) Ausbreitung von IAS und
  3. Minimierung negativer Auswirkungen von IAS auf die Biodiversität sowie gegebenenfalls die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen, die menschliche Gesundheit oder die Wirtschaft .

Die Prävention, das heißt die Verhinderung der absichtlichen oder unabsichtlichen Einbringung von IAS in das Gebiet der EU, ist die wirksamste Methode, um Schäden durch IAS von vorneherein zu verhindern . Beim ersten Auftreten von IAS-Exemplaren in einer Region ist eine vollständige Beseitigung oft noch mit angemessenen Mitteln zu realisieren, während eine Beseitigung von bereits weit verbreiteten IAS meist nicht mehr realistisch ist .

Zuständigkeiten

Für den Vollzug der VO und des Artikel 1 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr . 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten vom 8 . September 2017 (BGBl . I S . 3370) werden keine neuen Verwaltungsstrukturen aufgebaut . Vielmehr nehmen diejenigen Verwaltungsstellen, die bisher bereits Aufgaben in den jeweiligen Bereichen wahrgenommen haben, auch die Aufgaben nach der IAS-VO wahr . Das bedeutet, dass zum Beispiel Grenzkontrollen und Kontrollen des Handels bezüglich IAS weiterhin in der Hand derjenigen Verwaltungsstellen bleiben, die diese Kontrollen auch bisher ausgeführt haben . Das Monitoring des Vorkommens und der Verbreitung von IAS findet dort statt, wo auch bisher das Vorkommen und die Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten untersucht und dokumentiert wurden . Konkrete Maßnahmen gegen IAS werden von denjenigen Stellen durchgeführt, die auch bisher schon für die Umsetzung von vergleichbaren Maßnahmen verantwortlich waren .

Die konkreten Zuständigkeiten ergeben sich aus den gesetzlichen Regelungen . Eine erste Zuordnung von Tätigkeiten und Zuständigkeiten ist im Folgenden tabellarisch zusammengestellt . In Zweifelsfällen liegt die Zuständigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr . 5c HAGBNatSchG bei den hessischen Regierungspräsidien (ONB) .

Tätigkeit/AufgabeArtikel
der VO
Regelung nach
BNatSchG/
HAGBNatSchG
(primär)
zuständige Ebene/
Verwaltung
Bemerkung
Kontrolle der Einbringung7 (1) a) § 48a BNatSchGGrenzeinrichtungen
Kontrolle des Handels und der Haltung7 (1) b) - h) § 40b BNatSchGONB
Genehmigungen8 § 40c Abs. 2 BNatSchGONB
Zulassungen9 § 40c Abs. 3 BNatSchGONBAntrag an EU, KOM entscheidet über Zulassung
Dringlichkeitsmaßnahmen10 § 40a BNatSchGONBin Absprache mit HMUKLV
Aktionspläne13 § 40d BNatSchGBundUmsetzung durch Länder
Überwachungssystem14HAGBNatSchG § 4HLNUG und VSWunterstützt durch alle betroffenen Dienststellen
Kontrollen der vorsätzlichen Einbringung15 (2) - (5) a) und b) § 49 BnatSchG
§ 51a BNatSchG
Grenzeinrichtungen, Zollsiehe auch Anlage hierzu
Kontrollen der vorsätzlichen Einbringung15 (5) b) dritter Satz § 49 BnatSchG
§ 51a BNatSchG
ONB
Kontrollen der vorsätzlichen Einbringung15 (7)
Bund, Länder
Notifizierung von Früherkennungen16 § 48a BNatSchGBMU nach Meldung durch HMUKLV, HLNUG und VSWMeldung über Bund an EU
Sofortige Beseitigung17 § 40a BNatSchGONBMeldung an HMUKLV (auch wegen Notifizierung)
Ausnahme zu Art . 1718 § 48a BNatSchGHMUKLV
Zuordnung der gelisteten Arten zu den Artikeln16/19
BfNin Zweifelsfällen BfN in Abstimmung mit den Ländern
Management
(Konzeption)
19 (1) § 40e BNatSchGHMUKLVin Abstimmung mit Bund/ Ländern
Management (Durchführung)19 § 2 HAGBNatSchGONB/UNBsoweit primär Naturschutzinteressen betroffen sind
Wiederherstellung20 § 2 HAGBNatSchGONB/UNB
Berichterstattung24 § 4 HAGBNatSchGalle betroffenen Dienststellen über RPen und HLNUG an HMUKLVBerichte über Bund an EU, einheitliches Berichtsformat für D wird derzeit erarbeitet
Öffentlichkeitsbeteiligung26 § 40f BNatSchGHMUKLVin Zusammenarbeit mit Bund/Ländern
Sanktionen30 § 28 HAGBNatSchGONBauf Grundlage BNatSchG sowie ggf . landesspezifische Ergänzungen
Übergangsbestimmungen für nichtgewerbliche Besitzer31 § 48a BNatSchGONB
Übergangsbestimmungen Handel32 § 48a BNatSchGONB
Ordnungswidrigkeiten
§ 69 BNatSchGUNB

Grundsätzliche Überlegungen

Bei allen aufgrund der VO durchzuführenden Maßnahmen sind die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungshandelns zu beachten . Das bedeutet, dass in jedem Einzelfall ermessensfehlerfrei zu prüfen ist,

Grundsätzlich gilt, dass die Prävention und damit das Verhindern der Ausbreitung von IAS in Bereiche, in denen diese bisher nicht vorkommen, vorrangig sind . Maßnahmen gegen IAS, die bereits weit verbreitet sind, sind im Allgemeinen eher nachrangig (vgl . hierzu Ausführungen in den Kapiteln " Sofortmaßnahmen nach Artikel 16/17 der VO" und "Management nach Artikel 19 der VO") .

Soweit überwiegend aus Gründen der Gefährdung sonstiger Ökosystemdienstleistungen, der menschlichen Gesundheit oder der Wirtschaft Maßnahmen gegen IAS ergriffen werden sollen, liegt die Zuständigkeit für die Durchführung der Maßnahmen bei der jeweils betroffenen Behörde . Diese hat die notwendigen Abwägungen und Abstimmungen vorzunehmen sowie das Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde herbeizuführen .

Um den Vollzug der IAS länderübergreifend zu harmonisieren und zielgerichtet handeln zu können, ist es sinnvoll und wünschenswert, grundlegende neue (sowohl positive als auch negative) Erfahrungen und Kenntniszuwachs im Umgang mit IAS und der VO zu veröffentlichen und/oder in entsprechende Arbeitsgruppen einzubringen, um so die Vollzugshinweise und MMB bundesländerübergreifend einheitlich fortschreiben zu können .

Einzelhinweise:

Finanzierung von Aktivitäten und Maßnahmen

Aktivitäten und Maßnahmen im Verantwortungsbereich der Naturschutzverwaltung sind im Rahmen der für Arten- und Biotopschutz bzw . Erhaltung der Biodiversität sowie zum Vollzug der EU-VO vorhandenen und zugewiesenen Ressourcen unter Berücksichtigung der notwendigen Abwägungen und Priorisierungen zu finanzieren .

Sofortmaßnahmen nach Artikel 16 und 17 der VO

IAS, die sich in einer frühen Phase der Invasion befinden, sollen möglichst sofort und vollständig beseitigt werden . Früherkennungen müssen der KOM unverzüglich mitgeteilt werden (Notifizierung) . Die eingeleiteten Maßnahmen sowie deren Wirksamkeit sind ebenfalls zu notifizieren . Sofortmaßnahmen erzielen die höchste und nachhaltigste Wirkung . Im Bereich der Sofortmaßnahmen zur Prävention der Einbringung von IAS liegen die Schwerpunkte aller nach der VO zu ergreifenden Maßnahmen . Zuständig für die Erfüllung von Verpflichtungen zur Notifizierung und Unterrichtung der KOM ist nach § 48a Nr . 1 BNatSchG das Bundesministerium für Umwelt .

Management nach Artikel 19 der VO

Ziele des Managements bereits weit verbreiteter IAS sind

Auch beim Management liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten bei der Verhinderung der Ausbreitung von IAS in Räume, die bisher noch nicht von den jeweiligen IAS besiedelt sind . Das heißt, Maßnahmen konzentrieren sich an den Verbreitungsgrenzen der Arten .

Maßnahmen in Bereichen, die bereits von IAS besiedelt sind, sind grundsätzlich nachrangig . Sofern jedoch Arten und Lebensräume, die vom Aussterben bedroht sind oder die sich in ungünstigem Erhaltungszustand befinden, konkret und nachweisbar von IAS betroffen sind bzw . stark negativ beeinflusst werden, sind auch insoweit Maßnahmen durch die zuständige Naturschutzbehörde geboten . Hierzu geben die MMB entsprechende grundsätzliche Hinweise . Außerdem bestehen Möglichkeiten, über die Naturschutzfachbehörden (VSW, HLNUG) fachliche Beratungen in Anspruch zu nehmen . Die Auswahl der geeigneten Managementmaßnahmen sowie die Berücksichtigung weiterer Vorgaben (unter anderem Schadensanalyse, Abwägung, Verhältnismäßigkeit, Kosten-Nutzen-Analyse, Auswirkungen auf Nicht-Zielarten, Interessen und Rechte Dritter) haben im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen . Der Abwägungs-, Abstimmungs- und Entscheidungsprozess ist nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren .

Mit der Veröffentlichung im Staatsanzeiger des Landes Hessen werden die Managementmaßnahmenblätter (MMB) nach Artikel 19 der VO 1143/2014 offiziell in Kraft gesetzt und damit verbindlich .

Im Text verwendete Abkürzungen

BfNBundesamt für Naturschutz
BNatSchGBundesnaturschutzgesetz
erste UnionslisteDurchführungsverordnung (EU) 2016/1141 EU
EUEuropäische Union
HAGBNatSchGHessisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz
HLNUGHessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
HMUKLVHessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
IASinvasive gebietsfremde Arten
KOMKommission der EU
MMBgemeinsame Managementmaßnahmenblätter der Bundesländer zu Art . 19 der VO
ONBObere Naturschutzbehörde
RPenHessische Regierungspräsidien
UNBUntere Naturschutzbehörde
VOVerordnung (EU) Nr . 1143/2014
VSWStaatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland

.


Anlagen*


___________
*) Die Anlagen wurden den Regierungspräsidien zur Verfügung gestellt und können dort eingesehen werden, die Managementmaßnahmenblätter sind unter https://umwelt.hessen.de/umwelt-natur/naturschutz/arten-biotopschutz/invasive-arten-hessen
im Internet veröffentlicht.

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