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Durchführung des Waldschutzes in Hessen
- Hessen -
Vom 9. Dezember 2019
(StAnz. Nr. 52 vom 23.12.2019 S. 1382)
Archiv 2013
Die Wälder sind als naturnahe Vegetationsform in den Kulturlandschaften Hessens von besonderer Bedeutung für die Umwelt-, Wirtschafts- und Lebensverhältnisse seiner Bürgerinnen und Bürger. Ihre Nutz-, Schutz-, Klimaschutz- und Erholungswirkungen können diese Wälder nur voll entfalten, wenn sie vital, ges- und und stabil wachsen. Die Inanspruchnahme der Wälder für die verschiedenen Zwecke und die Belastung durch biotische und abiotische Faktoren darf deshalb das Selbstregulierungsvermögen der Natur nicht überschreiten.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich gegenüber früheren Jahrhunderten die Stoffkreisläufe sowie die klimatischen Belastungen der Wälder zum Teil drastisch verändert haben. Der Klimawandel mit all seinen Folgewirkungen wie Hitzeperioden, Brandrisiken, Sturm- und Starkregenereignissen sowie extrem milden Wintern und eine Verlängerung der Vegetationsperiode stellen uns zunehmend vor neue Herausforderungen.
Das Hessische Waldgesetz verpflichtet in § 8 die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, den Wald angemessen gegen eine Schädigung durch tierische und pflanzliche Schädlinge, sonstige Schadorganismen, Naturereignisse und Feuer zu schützen. Dies umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Darüber hinaus haben die Forstbehörden die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen. Die Landesforstverwaltung unterstützt alle Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer im Rahmen der Förderung bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten. Für die Forstbehörden und den Staatswald des Landes Hessen sind die Regelungen dieses Erlasses verbindlich.
Soweit nicht Verfahrensregelungen ohnehin zwingend vorgeschrieben sind, wird die Anwendung den anderen Waldeigentümern in Hessen empfohlen.
Dieser Erlass wird ohne Anlagen im Staatsanzeiger veröffentlicht. Dieser Erlass tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.
Durchführung des Waldschutzes in Hessen
1. Grundsätze für den Waldschutz
Wälder können Nutz-, Schutz-, Klimaschutz- und Erholungswirkungen nur voll entfalten, wenn sie vital, ges- und und stabil wachsen. Zu den Aufgaben des Waldschutzes gehört die Abwendung von schädigenden Beeinträchtigungen, die Stärkung der Vitalität und Gesundheit sowie der Erhalt oder die Wiederherstellung der Stabilität von Waldflächen. Hierbei sind die jeweiligen fachrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten.
Neben waldbaulichen Maßnahmen zur Erhöhung des Selbstregulierungsvermögens des Waldes sind alle Maßnahmen der Waldhygiene wesentliches Element des vorbeugenden Waldschutzes. Auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden ist im Staatswald grundsätzlich zu verzichten. Insbesondere durch Trockenstress und weitere klimawandelbedingte Faktoren sowie eingeschleppte Schaderreger werden die heimischen Wälder jedoch vor bislang in dieser Dimension unbekannte Herausforderungen gestellt, die in bestimmten Befallssituationen die Anwendung als ultima ratio erforderlich machen können. Diese Ausnahmen bedürfen einer Genehmigung durch das zuständige Ministerium.
Sofern prophylaktische oder kurative Maßnahmen notwendig werden, haben zugelassene und ausreichend wirksame biologische und biotechnische Maßnahmen Vorrang vor chemischen Maßnahmen. Pflanzenschutzmittel sind restriktiv und unter Wahrung der Grundsätze des integrierten Waldschutzes so einzusetzen, dass nachhaltige Beeinträchtigungen des Ökosystems Wald, des Grundwassers und der Biodiversität in Wäldern vermieden und unerwünschte Nebenwirkungen minimiert werden. Die Vereinbarkeit mit der jeweiligen Zertifizierung ist durch den Waldbesitzenden zu prüfen.
Der Waldboden als wesentliches Element der Stabilität von Waldökosystemen ist vielfältigen, von außen wirkenden Belastungen ausgesetzt, die nicht oder nur begrenzt kompensiert werden können. Umso entscheidender ist es, einen möglichen, zusätzlichen negativen Einfluss auf den physikalischen und chemischen Zustand des Waldbodens durch forstbetriebliche Maßnahmen zu vermeiden.
1.1 Vorbeugender Waldschutz
Nachfolgende Grundsätze sind wesentliche Elemente des integrierten Waldschutzes. Sie sind bei der Bewirtschaftung von Waldflächen zu beachten:
1.2 Umwelt entlasten
Auch bei Beachtung aller Gesichtspunkte der Vorbeugung ist nicht auszuschließen, dass zur Abwehr konkreter Gefahren oder Schäden Waldschutzmaßnahmen notwendig werden können. Hier gilt es Folgendes zu beachten:
Über die Beschaffung, den Einsatz und den Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln führt der Landesbetrieb Hessen-Forst Nachweise, die den Anforderungen des § 11 des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) und der Grundsätze für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz entsprechen.
Eine inhaltliche Zusammenstellung der wichtigsten Vorschriften, die im Zusammenhang mit dem Waldschutz und der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln bestehen, ist als Anhang A beigefügt.
2. Waldbrandvorsorge und -bekämpfung
Mit fortschreitendem Klimawandel und damit verbundenen extremen Witterungsereignissen steigen die Risiken für Waldbrände. Die Verhütung und der Schutz vor Waldbränden ist nach § 8 HWaldG Aufgabe aller Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer. Nach § 6 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (HBKG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2014, in der jeweils geltenden Fassung, ist die Bekämpfung von Waldbränden Aufgabe der örtlich zuständigen öffentlichen Feuerwehr. Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer haben die Feuerwehr bei der Waldbrandbekämpfung zu unterstützen.
Ziel vorsorgender Maßnahmen ist es, die Entstehung von Waldbränden zu verhindern beziehungsweise eine frühzeitige Bekämpfung zu ermöglichen. Diesem Ziel dienen betriebliche Maßnahmen wie
Im Falle von Brandereignissen kommt der raschen Meldung von Waldbränden sowie der Alarmierung aller an der Waldbrandbekämpfung Beteiligten entscheidende Bedeutung zu. Die technische Einsatzleitung hat die Einsatzleiterin oder der Einsatzleiter der Feuerwehr. Im betreuten Wald wirken die örtlich zuständige Revierleitung beziehungsweise Forstamtsleitung in der technischen Einsatzleitung mit. Im nicht betreuten Wald ist dies durch eine fachkundige Vertretung des Waldbesitzenden sicherzustellen (siehe Anhang B. 3).
Anhang B enthält die wichtigsten Vorschriften und Regelungen für diesen Bereich sowie die zu verwendenden Vordrucke zur Waldbrandmeldung und den Muster-Waldbrandalarmplan.
3. Waldbelastungen durch Schadstoffeinträge und Klimawandel
Die Ergebnisse der Waldökosystemstudie Hessen verdeutlichen die Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes heimischer Wälder. Die Stoffeinträge aus der Luft wirken sowohl direkt auf die Blätter und Nadeln als auch indirekt über Boden und Wurzeln auf die Bäume und reduzieren so im Zusammenspiel mit anderen, auch naturbedingten Einflüssen deren Vitalität. Bei der Bewirtschaftung der Wälder ist dafür Sorge zu tragen, dass von forstbetrieblichen Maßnahmen keine zusätzlichen Belastungen für die Wälder und insbesondere für die Waldböden ausgehen.
Trotz deutlicher Reduktion in den letzten Jahrzehnten sollen verbleibende Säureeinträge in den Wald durch Bodenschutzkalkungen zur Erhaltung des Standortpotenzials abgepuffert werden. Wegen der damit verbundenen Wirkungen im Ökosystem unterliegen Kalkungsmaßnahmen besonderen Risikoabwägungen. Neben der Materialauswahl und Qualitätssicherung, den jahreszeitlichen, flächen- und mengenmäßigen Begrenzungen sind auch alle wertvollen Sonderstandorte und stark durchlässige Substrate auszunehmen. In Natura 2000-Gebieten ist der jeweilige Maßnahmenplan zu beachten. Sofern noch kein Maßnahmenplan erstellt wurde, werden die Flächen ausgenommen, wenn Erkenntnisse darüber vorliegen, dass in dem Gebiet geschützte Arten vorkommen, die durch die Kalkung gefährdet werden würden. Die Vorgaben des Kalkungsmerkblattes der Hessischen Landesforstverwaltung in der jeweils aktuellen Fassung sind zu beachten.
Der Klimawandel und seine vielfältigen Folgewirkungen stellen den Wald zunehmend vor neue und in Teilen existenzbedrohende Herausforderungen. Die tatsächlichen Auswirkungen der klimatischen Änderungen und ihre Wechselwirkungen im Ökosystem Wald sind dabei in ihrer Gänze nur schwer prognostizierbar.
Der seit mehreren Jahrzehnten betriebene Waldumbau mit dem Ziel standortgerechte, struktur- und artenreiche Wälder zu entwickeln, ist daher im Staatswald konsequent fortzusetzen und an neue Erkenntnisse aus der Klimafolgenforschung anzupassen. Im Ergebnis sollen diese Wälder eine höhere ökologische Stabilität und Resilienz gegenüber Störungen aufweisen. Es handelt sich hierbei auch um eine Vorbeugemaßnahme im Sinne des integrierten Waldschutzes.
4. Außergewöhnliche Schadenslagen
Über außergewöhnliche Schadenslagen regionaler oder landespolitischer Bedeutung ist im vom Landesbetrieb Hessen-Forst betreuten Wald das für Forsten zuständige Fachministerium zeitnah durch den Landesbetrieb zu informieren. Im nicht von Hessen-Forst betreuten Wald erfolgt dies durch die zuständige untere Forstbehörde.
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