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Regelwerk, Technsiche Regeln, BioStoffV, TRBA
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TRBA 110 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Biostoffen in der biotechnologischen Produktion von Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen
Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)

Vom 17.02.2023
GMBl. Nr. 13 vom 17.02.2023 S. 260)



Die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Biostoffen wieder.

Sie werden vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) unter Beteiligung des Ausschusses für Arbeitsmedizin ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.

Die TRBA 110 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Biostoffen in der biotechnologischen Produktion von Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen" konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Biostoffverordnung und der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnungen erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.

1 Anwendungsbereich

(1) Diese TRBA gilt für die biotechnologische Produktion von zugelassenen Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen sowie von Stoffen, die im Vorfeld einer Zulassung, z.B. für klinische Studien oberhalb des Technikumsmaßstabs hergestellt werden. Die TRBA beschreibt den Arbeitsschutz von Beschäftigten, die unter gezieltem Einsatz definierter Biostoffe Biopharmazeutika, Diagnostika oder Impfstoffe herstellen. Dabei werden in biotechnologischen Herstellungsverfahren Verfahrensschritte wie zum Beispiel Anzucht, Fermentation in Bioreaktoren und anschließende Aufreinigung sowie spezielle Verfahrensschritte der klassischen oder modernen Impfstoffproduktion angewendet. Die TRBA gilt nicht mehr, sobald keine Biostoffe im Herstellungsprozess verwendet werden oder im Produkt enthalten sind. Für nicht gezielte Tätigkeiten ist die TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" [2] anzuwenden.

(2) Die TRBA konkretisiert die Anforderungen der Biostoffverordnung (BioStoffV) [1], insbesondere des Anhangs III "Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in der Biotechnologie" für biotechnologische Produktionsverfahren bei der Herstellung von Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen.

(3) Für Laboratorien mit biotechnologischem Schwerpunkt, Bereiche in der Biotechnologie, die aufgrund labortypischer Tätigkeiten und Umfang den Laboren zuzuordnen sind, sowie an der Schnittstelle von biotechnologischen Laboratorien und Produktion (Technikum, etc.) ist die TRBA 100 [2] anzuwenden.

(4) Für Tätigkeiten in der Diagnostika-Herstellung mit infektiösem oder potenziell infektiösem Humanmaterial oder tierischem Material gilt die TRBA 110. Wenn sich im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass weitergehende Maßnahmen erforderlich sind, zum Beispiel aufgrund von Biostoffen der Risikogruppe 4, gilt ergänzend die TRBA 100 [2].

(5) Tätigkeiten mit gentechnisch veränderten Organismen unterliegen sowohl dem Gentechnikrecht als auch der BioStoffV. Sollten keine gleichwertigen Regelungen zum Schutz der Beschäftigten vorliegen, gelten die jeweils strengeren Regelungen.

(6) In dieser TRBA werden ausschließlich Anforderungen bis zur Schutzstufe 3 beschrieben.

(7) Diese TRBA legt die Mindestanforderungen an die baulichen, technischen und organisatorischen sowie persönlichen Schutzmaßnahmen bei kommerziellen biotechnologischen Produktionsprozessen für Tätigkeiten mit Biostoffen fest. Die Anforderungen sollen Gefährdungen für die Beschäftigten, die sich aus den Tätigkeiten mit Biostoffen im Produktionsbereich im Normalbetrieb sowie bei Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung wie beispielsweise Instandhaltungsarbeiten oder Betriebsstörungen ergeben können, insgesamt vermeiden und wenn das nicht möglich ist, auf ein Minimum reduzieren. Das Substitutions- und Minimierungsgebot ist in Produktionsbetrieben und technischen Bereichen aufgrund der größeren Volumina und Mengen stringenter umzusetzen als im Laborbereich.

Hinweis: Weitere Schutzmaßnahmen sind in der TRGS 526 "Laboratorien" [3] geregelt.

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Arbeitskleidung

Arbeitskleidung ist eine Kleidung, die anstelle oder in Ergänzung der Privatkleidung bei der Arbeit getragen wird. Arbeitskleidung ist eine Kleidung ohne spezielle Schutzfunktion, es handelt sich nicht um Schutzkleidung oder persönliche Schutzausrüstung (PSA).

2.2 Biopharmazeutika

Biopharmazeutika im Sinne dieser TRBA sind Pharmazeutika, die mit Mitteln der Biotechnologie unter Einsatz von (zum Beispiel gentechnisch veränderten) Biostoffen hergestellt werden oder diese enthalten.

2.3 Fachkundige Beschäftigte

In der Biotechnologie müssen Beschäftigte für den Zugang zu Biostoffen der Risikogruppe 3 und bei Tätigkeiten der Schutzstufe 3 fachkundig sein. Dazu müssen sie über eine dafür geeignete Berufsausbildung und Berufserfahrung verfügen. Weiterhin müssen sie ihre Zuverlässigkeit nachweisen, um Zugang zu Arbeitsbereichen der Schutzstufe 3 zu erhalten. Sie dürfen Tätigkeiten der Schutzstufe 3 nur ausüben, wenn sie anhand von spezifischen Arbeitsanweisungen nachweislich dokumentiert eingewiesen und geschult wurden. Die Anforderung an die Fachkunde der Beschäftigten werden in der TRBA 200 "Anforderungen an die Fachkunde nach Biostoffverordnung" [4] bestimmt.

2.4 Fachkundige Person

Die fachkundige Person berät den Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung aller vorgesehenen Tätigkeiten der Schutzstufe 3 und bei sonstigen sicherheitstechnischen Fragestellungen. Sie unterstützt bei der Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen und bei der Durchführung der Unterweisung. Außerdem überprüft sie die Einhaltung der Schutzmaßnahmen. Konkretisierungen zur Qualifikation der zu benennenden fachkundigen Person enthält die TRBA 200 [4].

2.5 Funktionsräume

Funktionsräume im Sinne dieser TRBA sind beispielweise Räume oder Einrichtungen, die zur Reinigung und Entsorgung verwendet werden.

2.6 Geschlossenes System

Unter einem geschlossenen System wird verstanden:

  1. Ein Betriebsmittel oder eine Anlage, bei der durch Konstruktion und richtige Funktion die Freisetzung eines darin enthaltenen Biostoffs durch den Nachweis eines ausreichenden Dichtigkeitszustandes (z.B. Dichtigkeitsprüfung) nach Stand der Technik verhindert wird.
  2. Ein Prozessschritt (oder System), bei dem das Produkt nicht der unmittelbaren Raumumgebung ausgesetzt ist.

2.7 Offene Schritte

Ein Prozessschritt, bei dem die Biostoffe mit der Umgebung in Kontakt kommen/können.

2.8 Produktionsräume

Produktionsräume im Sinne dieser TRBA sind Räume, in denen Tätigkeiten mit Biostoffen gemäß § 2 Absatz 7 BioStoffV [1] zum Zweck der Produktion von zugelassenen Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen durchgeführt werden. Hierzu können auch die zugehörigen Funktionsräume gehören.

2.9 Schutzkleidung

Die Schutzkleidung ist jede Kleidung, die dazu bestimmt ist, Beschäftigte vor schädigenden Einwirkungen bei der Arbeit zu schützen oder die Kontamination der Arbeits- oder Privatkleidung zu vermeiden (z.B. Schutzanzug). Sie ist Teil der PSA, zu der auch Augen-, Gesichts-, Atem- und Handschutz gehören.

2.10 Schutzstufenbereich

Der Schutzstufenbereich ist eine räumliche Einheit, bestehend aus einem oder mehreren Produktionsräumen (Arbeitsbereichen), die einer bestimmten Schutzstufe zugeordnet sind. Zum Schutzstufenbereich gehören in Abhängigkeit von der Schutzstufe die zugehörigen Schleusen.

3 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

3.1 Verantwortung und Organisation

(1) Vor Beginn der Tätigkeiten mit Biostoffen hat der Arbeitgeber gemäß § 4 BioStoffV [1] eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und das Ergebnis gemäß § 7 BioStoffV zu dokumentieren. Ziel dieser Gefährdungsbeurteilung ist es zu ermitteln, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um die festgestellten möglichen Gefährdungen der Beschäftigten zu verhindern. Die Verantwortung für die korrekte Durchführung der Gefährdungsbeurteilung liegt beim Arbeitgeber.

(2) Der Arbeitgeber kann für seine Gefährdungsbeurteilung die Vorgaben dieser TRBA entsprechend § 4 BioStoffV [1] verwenden, soweit die hier beschriebenen Tätigkeiten und Expositionsbedingungen sich auf die konkret zu beurteilende Situation übertragen lassen. Bei einer fehlenden oder unzutreffenden Übertragbarkeit sind die entsprechenden Tätigkeiten und die damit verbundenen Gefährdungen entsprechend der TRBA 400 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" [5] zu beurteilen.

(3) Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren sind so zu erfassen, dass die einzelnen Tätigkeiten überprüft werden können hinsichtlich

  1. der Möglichkeit einer Freisetzung von Biostoffen und einer Exposition der Beschäftigten,
  2. der Art der Exposition sowie
  3. der Höhe, Dauer und Häufigkeit der Exposition, insbesondere bei Biostoffen mit sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen.

(4) Auf der Basis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber ein Biostoffverzeichnis zu erstellen. Dieses Verzeichnis muss Angaben zur Einstufung der Biostoffe in eine Risikogruppe und zu ihren sensibilisierenden und toxischen Wirkungen beinhalten. Die Angaben müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihren Vertretungen zugänglich sein. Auf das Verzeichnis kann verzichtet werden, wenn ausschließlich Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen durchgeführt werden.

(5) Wenn Tätigkeiten von Fremdfirmen ausgeführt werden, sind die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung durch den Auftraggeber an die Fremdfirma weiterzugeben. Sofern erforderlich ist die Gefährdungsbeurteilung gemeinsam durchzuführen und insbesondere die Durchführung von Schutzmaßnahmen abzustimmen. Der Arbeitgeber muss sich je nach Art der Tätigkeit vergewissern, dass die Beschäftigten anderer Arbeitgeber hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit angemessene Anweisungen in der für sie verständlichen Sprache zur Verfügung haben. Die Einhaltung der Schutzmaßnahmen ist zu kontrollieren.

(6) Die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Maßnahmen dienen auch dem Schutz anderer Personen, soweit sie aufgrund der Verwendung von Biostoffen gefährdet werden können. Darüber hinaus sind auch andere, durch die Tätigkeit verursachte Gefährdungen zu berücksichtigen und entsprechende Maßnahmen festzulegen (z.B. nach dem Infektionsschutz- (IfSG) [6] oder Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) [7] oder Gentechnikgesetz (GenTG) [8]). Die jeweils notwendigen Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt werden.

3.2 Formale Anforderungen

(1) Die Gefährdungsbeurteilung ist mindestens jedes zweite Jahr nach § 4 Absatz 2 BioStoffV [1] zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Ergibt die Überprüfung, dass eine Aktualisierung nicht erforderlich ist, so hat der Arbeitgeber dies unter Angabe des Datums der Überprüfung in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung nach § 7 BioStoffV zu vermerken. Eine Aktualisierung ist weiterhin immer dann durchzuführen, wenn Veränderungen, die die Sicherheit der Beschäftigten beeinträchtigen können, oder neue Informationen über Gefährdungen dies erfordern. Hierzu gehören z.B.:

  1. Erkenntnisse, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht wirksam sind;
  2. der geplante Einsatz neuer Arbeitsgeräte, Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe;
  3. Erkenntnisse aus Unfällen, aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder aus aufgetretenen Erkrankungen bei den Beschäftigten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der verrichteten Tätigkeit stehen;
  4. neue gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse oder Bekanntmachungen des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS).

(2) Reparatur-, Wartungs-, Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten sowie Prüftätigkeiten (z.B. für Druckgeräte, Zentrifugen) sind ebenfalls Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung.

(3) Die Gefährdungsbeurteilung ist fachkundig durchzuführen, arbeitsmedizinische Aspekte sind einzubeziehen. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst oder nicht allein über die erforderlichen Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Die beteiligten Personen sind in der Dokumentation zu vermerken (Erläuterungen dazu siehe TRBA 200 [4] Abschnitt 4.2).

(4) Arbeitsmedizinischer Sachverstand ist insbesondere hinzuzuziehen bei

  1. Tätigkeiten mit Infektionsgefahren, bei denen eine arbeitsmedizinische Pflicht- oder Angebotsvorsorge zu veranlassen bzw. anzubieten ist und bei
  2. Tätigkeiten, bei denen
    1. eine Exposition gegenüber sensibilisierenden, toxisch wirkenden Biostoffen bestehen kann,
    2. Hygienemaßnahmen und/oder spezielle Desinfektionsmaßnahmen erforderlich sind,
    3. die Organisation spezieller Erste-Hilfe-Maßnahmen und einer postexpositionellen Prophylaxe notwendig ist,
    4. PSA zu tragen ist (z.B. Schutzhandschuhe, Atemschutz) und
    5. Belastungen der Haut auftreten können, die Maßnahmen zum Hautschutz erforderlich machen.

Vorrangig ist der mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragte Arzt oder die mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragte Ärztin zu beteiligen.

3.3 Gefährdungen

(1) Die möglichen Gefährdungen für Beschäftigte in der Biotechnologie hängen von der jeweiligen Aufgabenstellung, der damit verbundenen Art und Menge der verwendeten Materialien bzw. der eingesetzten Biostoffe sowie von den spezifischen Arbeitsverfahren und Tätigkeiten ab. Entsprechend sind sowohl biostoff- als auch tätigkeitsspezifische Informationen zu ermitteln.

(2) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber gemäß § 4 Absatz 3 BioStoffV [1] Informationen, insbesondere über die Identität der eingesetzten Biostoffe und die von ihnen ausgehenden Gesundheitsgefahren (infektiöse, sensibilisierende oder toxische Wirkungen) unter Berücksichtigung der spezifischen Tätigkeiten, zu beschaffen. Informationen zum Infektionspotenzial geben die entsprechenden Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) zur Einstufung von Biostoffen in eine Risikogruppen (siehe Abschnitt Literaturhinweise [9-13]). Ist ein Biostoff bislang nicht aufgeführt, hat der Arbeitgeber eine Einstufung entsprechend dem Stand der Wissenschaft vorzunehmen und zu dokumentieren. Bei attenuierten Biostoffen kann von der Einstufung des Wildtyps abgewichen werden, wenn die Virulenzabschwächung ausreichend belegt ist. Dies setzt eine zuverlässige Identifizierung und eine genaue Kenntnis von Art und Umfang der Attenuierung voraus. Ist der Elternstamm in die Risikogruppe 3 oder 4 eingestuft, kann eine Herabstufung nur auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung erfolgen, die der ABAS vornehmen kann. Für nicht gelistete Biostoffe kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nach Beratung durch den ABAS eine Einstufung in eine Risikogruppe vornehmen. Die TRBA 450 [14] beschreibt Kriterien für die Einstufung von Biostoffen in Risikogruppen.

(3) Die sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen von Biostoffen müssen zusätzlich zum Infektionspotenzial ermittelt werden. Hinweise auf atemwegssensibilisierende und toxische Eigenschaften finden sich im Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG [15], der TRBA/TRGS 406 "Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege" [16] und in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) zur Einstufung.

(4) Allgemeine Informationen zu Biostoffen und deren Gefährdungen finden sich in der Anlage 1 der TRBA 400 [5]. Spezifische Informationen zu Biostoffen geben unter anderem

  1. das Robert Koch-Institut (RKI) [17],
  2. das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) [18],
  3. die GESTIS-Biostoffdatenbank [19].

(5) Im Anwendungsbereich dieser TRBA werden in der Regel Biostoffe eingesetzt, von denen eine möglichst geringe Gefährdung ausgeht. In geringerem Umfang werden Biostoffe der Risikogruppe 2 und in wenigen Ausnahmefällen Biostoffe der Risikogruppe 3 verwendet. Teilweise können von den verwendeten Biostoffen noch sensibilisierende oder toxische Wirkungen ausgehen. Dies kann auch für inaktivierte Biostoffe der Fall sein.

(6) Die verwendeten Biostoffe sind im Einzelnen der Art, Menge und Zusammensetzung nach bekannt. Eingesetzt werden in der Regel Bakterien und Pilze, die besondere Stoffwechseleigenschaften aufweisen. Häufig wurden diese Biostoffe gentechnisch verändert.

(7) In Abhängigkeit von der Tätigkeit können Biostoffe über folgende Wege aufgenommen werden:

  1. aerogen - über die Luft (Inhalation),
  2. oral - über den Mund (Ingestion),
  3. perkutan - direkter Kontakt zu Schleimhaut und vorgeschädigter Haut oder
  4. parenteral - durch Verletzungen.

(8) Bei den tätigkeitsbezogenen Informationen sind Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren so zu erfassen, dass die einzelnen Tätigkeiten überprüft werden können hinsichtlich

  1. der Möglichkeit einer Freisetzung von Biostoffen und einer Exposition der Beschäftigten,
  2. der Art der Exposition sowie
  3. der Höhe, Dauer und Häufigkeit der Exposition, insbesondere bei Biostoffen mit sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen.

(9) Die Möglichkeit einer Freisetzung in die Luft bzw. eine aerogene Exposition kann im Routinebetrieb z.B. auftreten

  1. beim Öffnen von Behältern (z.B. Erntebehälter, Bioreaktor),
  2. bei Arbeiten an offenen Kulturen,
  3. beim Transfer bzw. Überführen von Kulturen,
  4. bei der Probenahme,
  5. beim Aufarbeiten wie z.B. Zentrifugation der Kulturen oder Zellaufschluss,
  6. beim Spülen und Reinigen von Behältern.

(10) Erhöhte Gefährdungen können z.B. auftreten

  1. durch Stoffaustritt (z.B. Verschütten, Bruch, Leckagen),
  2. durch Umgang mit spitzen, scharfen Instrumenten (z.B. Spritzen, Kanülen) oder Glasgeräten,
  3. an fehlerhaften Konstruktionen (z.B. Rohrverbindungen oder Verschlüsse),
  4. durch Fehlbedienungen oder
  5. durch Betriebsstörungen,
  6. bei Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten, insbesondere an für die Sterilisation nicht/kaum zugängliche Stellen (magnetgekoppelte Antriebe, statische Dichtelemente aller Art, dynamische Dichtsysteme, z.B. doppeltwirkende Gleitringdichtungssysteme, Gewinde).

(11) Bei den tätigkeitsbezogenen Informationen sind auch Informationen über bekannte Erkrankungen und aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu berücksichtigen.

(12) Weitere Aspekte, die Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten haben können, sind in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen. Hierzu gehören z.B.

  1. die Arbeitsorganisation (z.B. Arbeitsfreigabe bei Wartungen),
  2. die Qualifikation der Ausführenden,
  3. psychische Belastungen, z.B. durch erhöhte Anforderungen der Schutzmaßnahmen (PSA), umfangreiche Dokumentationspflichten, Zeitdruck, unzureichende Personalausstattung, ungünstige Arbeitszeit- und Pausengestaltung oder Schichtbetrieb.

3.4 Zuordnung zu Schutzstufen

(1) Tätigkeiten im Anwendungsbereich dieser TRBA müssen einer Schutzstufe zugeordnet werden. Diese Zuordnung ist von der Risikogruppe des verwendeten Biostoffs abhängig sowie von der Frage, ob gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten durchgeführt werden.

(2) Gezielte Tätigkeiten sind unmittelbar auf einen bestimmten, der Spezies oder Subspezies nach bekannten Biostoff ausgerichtet und die Exposition des Beschäftigten ist im bestimmungsgemäßen Betrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar. Zu den gezielten Tätigkeiten in der biotechnologischen Produktion gehören z.B. Animpfen der Vorkultur, Kultivierung, Aufreinigung.

(3) Bei gezielten Tätigkeiten korrespondiert die erforderliche Schutzstufe mit der Risikogruppe des verwendeten Biostoffs.

(4) Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn eines der unter Absatz 2 genannten Kriterien für gezielte Tätigkeiten nicht erfüllt ist. Zu den nicht gezielten Tätigkeiten in der biotechnologischen Produktion zählen z.B. Lagerung des Biostoffs und Inaktivieren in geschlossenen Behältnissen. Bei nicht gezielten Tätigkeiten können die Schutzstufen nach Gefährdungsbewertung abweichend von der Kopplung an die Risikogruppe festgelegt werden. Biostoffe der Risikogruppe 3 sind, geschützt vor unbefugtem Zugriff, im Schutzstufenbereich zu lagern.

3.5 Ableiten von Schutzmaßnahmen

(1) Bei der Ableitung der Schutzmaßnahmen ist die folgende Rangfolge zu beachten:

  1. Substitution von Biostoffen oder Verfahren,
  2. Bauliche und technische Schutzmaßnahmen,
  3. Organisatorische Schutzmaßnahmen,
  4. PSA.

(2) Die erforderlichen Schutzmaßnahmen, die für die jeweilige Wirkung (infektiös, sensibilisierend, toxisch) eines Biostoffs ausgewählt wurden, müssen im Rahmen der Gesamtbeurteilung aufeinander abgestimmt werden.

(3) Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen sind auch Maßnahmen aus anderen Rechtsgebieten zu beachten und müssen in das abgestimmte Maßnahmenkonzept integriert werden.

(4) Besitzen Biostoffe der Risikogruppe 1 sensibilisierende oder toxische Wirkungen, sind zusätzlich zu den allgemeinen Hygienemaßnahmen weitere, spezielle Schutzmaßnahmen festzulegen. In der Regel handelt es sich auch um Maßnahmen, die der Minimierung oder Verhinderung der Freisetzung von Bioaerosolen dienen.

(5) In den Schutzstufen 2 und 3 kann davon ausgegangen werden, dass durch die Umsetzung der geforderten baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen das Freiwerden von Biostoffen mit sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen ausreichend minimiert wird.

(6) Es ist zu berücksichtigen, dass nach erfolgter Inaktivierung von Biostoffen mit sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen (z.B. Endotoxine, Mykotoxine) in der Regel das sensibilisierende oder toxische Potenzial erhalten bleibt. Solange mit Biostoffen gearbeitet und die Stoffwechselprodukte nicht isoliert wurden, werden Schutzmaßnahmen nach der BioStoffV [1] umgesetzt. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung findet für isolierte Stoffwechselprodukte die Gefahrstoffverordnung Anwendung.

3.6 Unterrichtungs-, Erlaubnis- und Anzeigepflichten

(1) Der Arbeitgeber bedarf entsprechend § 15 BioStoffV [1] der Erlaubnis der zuständigen Behörde, bevor Tätigkeiten ab der Schutzstufe 3 in der Biotechnologie erstmals aufgenommen werden.

(2) Des Weiteren können für verschiedene Tätigkeiten Anzeigepflichten entsprechend § 16 BioStoffV bestehen.

(3) Unterrichtungspflicht gegenüber der Behörde besteht gemäß § 17 Absatz 1 BioStoffV bei Krankheits- und Todesfällen bei Tätigkeiten mit Biostoffen jeder Risikogruppe und bei Unfällen und Betriebsstörungen bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppen 3 und 4.

4 Schutzmaßnahmen

4.1 Allgemeine Schutzmaßnahmen

(1) Die allgemeinen Schutzmaßnahmen beinhalten allgemeine und spezielle Hygienemaßnahmen für die biotechnologische Produktion von Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen in allen Schutzstufenbereichen.

(2) Bei der Umsetzung der Maßnahmen dieser TRBA ist es erforderlich, die individuellen Gegebenheiten vor Ort und die Art der Tätigkeit zu berücksichtigen. Im Einzelfall kann von einer Maßnahme dieser TRBA abgewichen werden, wenn es das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zulässt oder eine hinsichtlich des Schutzes der Beschäftigten zumindest vergleichbare Maßnahme ergriffen wird. Die Gleichwertigkeit ist auf Verlangen der Behörde nachzuweisen.

4.1.1 Bauliche und technische Schutzmaßnahmen

(1) Die Arbeiten sollen in abgegrenzten und ausreichend großen Räumen durchgeführt werden. In Abhängigkeit von der Tätigkeit ist eine ausreichende Arbeitsfläche für jeden Mitarbeiter zu gewährleisten.

(2) Arbeitsflächen und die an die Arbeitsflächen angrenzenden Flächen, insbesondere Wandflächen, Fußböden und das Inventar sollen leicht zu reinigen sein und müssen beständig gegen die verwendeten Stoffe sowie Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sein.

(3) Ein Waschbecken mit einem Handwaschmittel-, einem Desinfektionsmittel- und einem Einmalhandtuchspender soll im Arbeitsbereich vorhanden sein.

(4) Fluchtwege müssen gekennzeichnet sein. Türen auf dem Fluchtweg sollen in Fluchtrichtung aufschlagen und aus Gründen des Personenschutzes mit einem Sichtfenster ausgestattet sein. Im Falle von verriegelten Türen sind Notausfunktionen vorzusehen.

(5) Bei allen Arbeiten außerhalb von geschlossenen Systemen muss darauf geachtet werden, dass Aerosolbildung so weit wie möglich vermieden wird.

(6) Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel sind so zu gestalten oder auszuwählen, dass die Exposition der Beschäftigten gegenüber Biostoffen und die Gefahr der Übertragung, z.B. durch Kontakt mit kontaminierten Oberflächen von Arbeitsmitteln oder Übertragung durch Stich- und Schnittverletzungen, verhindert oder vermieden werden.

(7) Eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeit ist einzurichten, sofern Arbeitskleidung erforderlich ist.

4.1.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Fenster und Türen sollen während der Tätigkeiten mit Biostoffen geschlossen sein.

(2) Der Schutzstufenbereich soll aufgeräumt und sauber gehalten werden. Im Produktionsbereich sollen nur die tatsächlich benötigten Arbeitsmittel stehen.

(3) Sicherheitsrelevante Geräte und Anlagen wie z.B. mikrobiologische Sicherheitswerkbänke (MSW), Zentrifugen, Autoklaven und raumlufttechnische Anlagen sind instand zu halten. Dies erfordert die regelmäßige Überprüfung ihrer Funktion und Wirksamkeit gemäß § 8 Absatz 6 BioStoffV [1]. Weiterhin muss die Wirksamkeit der technischen Schutzmaßnahmen regelmäßig, mindestens jedes zweite Jahr, überprüft werden.

(4) Die Identität und Reinheit der verwendeten Biostoffe sind regelmäßig zu überprüfen und zu dokumentieren, sofern dies für die Beurteilung des Gefährdungspotenzials notwendig ist. Dies ist nicht erforderlich, wenn bereits durch andere Verfahren, z.B. Zurückgreifen auf Masterkulturen, sichergestellt werden kann, dass die Identität erhalten bleibt.

(5) Die Aufbewahrung der Biostoffe hat sachgerecht zu erfolgen.

(6) Biostoffe sowie Abfälle, die Biostoffe (z.B. Kulturen, verschmutzte Einwegmaterialien) enthalten, sollen nur in verschließbaren, gegen Bruch geschützten, desinfizierbaren und entsprechend gekennzeichneten Behältern transportiert werden. Die Behälter sind regelmäßig und nach jeder Kontamination außen und nach der Entleerung innen zu desinfizieren und zu reinigen. Ein Transport ist auch in geschlossenen, desinfizierbaren und mit "Biogefährdung" gekennzeichneten Leitungen zu anderen Produktionsanlagen im Gebäude beziehungsweise auf dem Betriebsgelände möglich.

(7) Flüssige und feste Abfälle, die Biostoffe enthalten, sind sachgerecht zu sammeln und für Mensch und Umwelt ungefährlich zu entsorgen.

(8) Nach Beendigung der Tätigkeit und vor Verlassen des Arbeitsbereiches müssen die Hände sorgfältig gereinigt, (ggf. vorher) desinfiziert und nach Hautschutzplan gepflegt werden.

(9) Der Hand- und Hautschutzplan zeigt die richtige Auswahl der Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel am Arbeitsplatz. Er enthält folgende Angaben:

  1. Hautschutzmittel vor und während der Arbeit,
  2. Hautreinigungsmittel entsprechend dem Verschmutzungsgrad sowie
  3. Hautpflegemittel nach der Arbeit.

(10) Gemäß § 14 Absatz 1 der BioStoffV [1] ist eine Betriebsanweisung zu erstellen und bei Bedarf zu aktualisieren. Dies ist nicht notwendig, wenn ausschließlich Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen ausgeübt werden. Die Betriebsanweisung muss insbesondere folgende Punkte enthalten:

  1. die bei den Tätigkeiten auftretenden Gefährdungen, insbesondere
    1. die verwendeten oder möglicherweise auftretenden Biostoffe und deren Risikogruppen,
    2. die relevanten Übertragungswege bzw. Aufnahmepfade sowie
    3. die gesundheitlichen Wirkungen.
  2. Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln:
    1. Maßnahmen zur Expositionsverhütung einschließlich der Vermeidung von Stich- und Schnittverletzungen,
    2. innerbetriebliche Hygienemaßnahmen, ggf. Verweis auf den Hygieneplan,
    3. Tragen, Verwenden und Ablegen von PSA.
  3. Verhalten im Notfall, bei Unfällen und Betriebsstörungen sowie innerbetriebliche Meldungen.
  4. Erste-Hilfe-Maßnahmen, ggf. Hinweise zur Postexpositionsprophylaxe (PEP).
  5. Entsorgungsmaßnahmen für kontaminierte feste und flüssige Abfälle.

(11) Vor Aufnahme von Tätigkeiten ist ein wirksames Verfahren für Unfallmeldungen und -untersuchungen sowie die Vorgehensweise zur Unterrichtung der Beschäftigten und ihrer Vertretungen festzulegen. Das Verfahren ist so zu gestalten, dass bei schweren Unfällen sowie bei Nadelstichverletzungen mögliche organisatorische und technische Unfallursachen erkannt werden können und individuelle Schuldzuweisungen vermieden werden. Die Beschäftigten und ihre Vertretungen sind über Betriebsstörungen und Unfälle mit Biostoffen, die die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten gefährden können, unverzüglich zu unterrichten.

(12) Alle in der Produktion Beschäftigten, einschließlich der Beschäftigten von Fremdfirmen und sonstige Personen (z.B. Praktikanten) sind über die bei ihren Tätigkeiten mit Biostoffen auftretenden Gefährdungen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu unterweisen. Dies hat vor Aufnahme und bei maßgeblichen Änderungen der Tätigkeiten und danach in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch jährlich, in mündlicher Weise und arbeitsplatzbezogen zu geschehen. Die Unterweisung erfolgt auf der Grundlage der Betriebsanweisung und der betrieblichen Hygienemaßnahmen (Hygieneplan). Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisungen sind schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.

(13) Die Unterweisung soll so gestaltet sein, dass das Sicherheitsbewusstsein der Beschäftigten gestärkt wird. Es ist sicherzustellen, dass die Unterwiesenen die Inhalte und Maßgaben verstanden haben. Im Rahmen der Unterweisung soll auch eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung durchgeführt werden.

(14) Die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten ist unter Beteiligung des mit der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragten Arztes oder der Ärztin durchzuführen. Eine Beteiligung des Arztes oder der Ärztin ist z.B. auch durch die Mitwirkung an der Erstellung geeigneter Unterweisungsmaterialien und durch die Schulung der Personen, die die Unterweisung durchführen, gegeben.

(15) Die Themenfelder, zu denen die Beschäftigten informiert und beraten werden müssen, sind in Abhängigkeit vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Sie betreffen unter anderem:

  1. mögliche tätigkeitsbedingte gesundheitliche Gefährdungen durch die verwendeten oder vorkommenden Biostoffe.

    Dabei sind insbesondere

    1. die typischen bzw. mit der Tätigkeit verbundenen Übertragungswege bzw. Aufnahmepfade,
    2. die möglichen Krankheitsbilder und Symptome,
    3. medizinische Faktoren, die zu einer Erhöhung des Risikos führen können, wie
      • eine verminderte Immunabwehr (z.B. aufgrund einer immunsuppressiven Behandlung oder einer Erkrankung wie Diabetes mellitus),
      • das Vorliegen chronisch obstruktiver Atemwegerkrankungen in Verbindung mit Tätigkeiten mit
      • potenziell sensibilisierenden Biostoffen,
      • eine gestörte Barrierefunktion der Haut,
      • eine sonstige individuelle Disposition oder
      • Schwangerschaft und Stillzeit sowie
    4. die Möglichkeiten der Impfprophylaxe

    zu berücksichtigen.

  2. die einzuhaltenden Verhaltensregeln, z.B. zu Hygieneanforderungen, Hautschutz und -pflege und deren konsequente Umsetzung.
  3. die medizinischen Aspekte der Notwendigkeit, Geeignetheit und des Gebrauchs von PSA (z.B. Schutzhandschuhe, Schutzkleidung, Atemschutz), einschließlich Handhabung, maximale Tragzeiten, Wechselturnus sowie möglicher körperlicher und psychischer Belastungen.
  4. die Maßnahmen der Ersten Hilfe und der Postexpositionsprophylaxe sowie das Vorgehen bei Schnitt- und Stichverletzungen und das weitere Vorgehen.
  5. die erforderliche arbeitsmedizinische Pflicht- bzw. Angebotsvorsorge, einschließlich der Impfangebote, deren Umfang und Nutzen.
  6. das Angebot einer arbeitsmedizinischen Vorsorge beim Auftreten einer Erkrankung, wenn der Verdacht eines ursächlichen Zusammenhangs mit der Tätigkeit besteht.

(16) Für Tätigkeiten mit Biostoffen in der Produktion sind grundsätzlich die notwendigen Hygieneregeln zu berück sichtigen sowie die Einhaltung der TRBA 500 "Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" [20] sicherzustellen. An Händen und Unterarmen dürfen keine Schmuckstücke wie Uhren und Ringe getragen werden. Fingernägel sollen kurzgeschnitten sein.

(17) Nahrungs- und Genussmittel sowie Kosmetika dürfen nicht in Produktionsräumen aufbewahrt, konsumiert oder verwendet werden. Hierfür hat der Arbeitgeber geeignete leicht erreichbare Bereiche einzurichten.

4.1.3 Schutzkleidung, persönliche Schutzausrüstung und diesbezügliche Schutzmaßnahmen

(1) In Produktionsräumen sind Arbeitskleidung, sofern erforderlich Schutzkleidung sowie ggf. weitere geeignete PSA (z.B. Schutzhandschuhe, Schutzbrille) zu tragen. Bei der Auswahl der PSA ist die Stellungnahme "Kriterien zur Auswahl der PSA bei Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe" [21] des ABAS zu berücksichtigen.

(2) Benutzte Arbeitskleidung oder Schutzkleidung ist getrennt von Straßenkleidung aufzubewahren. Straßenkleidung, Taschen oder vergleichbare Gegenstände dürfen nicht im Arbeitsbereich aufbewahrt werden.

(3) Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung, Schutzkleidung und sonstige PSA ist von diesem zu reinigen, wenn notwendig zu desinfizieren, zu warten, instand zu halten und bei der Verwendung von Einwegmaterialien sachgerecht zu entsorgen. Der Arbeitgeber hat hierfür geeignete Maßnahmen zu treffen. Die Kleidung und PSA sind kontaminiert, wenn ihnen durch Verunreinigungen (z.B. Leckage, Abfälle) Biostoffe anhaften können.

4.2 Tätigkeiten in der Schutzstufe 1 ohne Gefährdungen durch sensibilisierende oder toxische Wirkungen

Bei diesen Tätigkeiten ist eine Infektionsgefährdung für die Beschäftigten unwahrscheinlich. Deshalb reicht es aus, den bestimmungsgemäßen Betrieb unter Einhaltung der vorgenannten allgemeinen Schutzmaßnahmen sicherzustellen (siehe auch TRBA 500 [20]). Die allgemeinen Schutzmaßnahmen (siehe Abschnitt 4.1) dienen der Minimierung der Exposition gegenüber auftretenden Biostoffen.

4.3 Tätigkeiten in der Schutzstufe 1 mit Gefährdungen durch sensibilisierende oder toxische Wirkungen

Bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1, die sensibilisierende oder toxische Wirkungen aufweisen, ist eine gesundheitliche Gefährdung der Beschäftigten möglich. Deswegen sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zusätzlich zu den in Abschnitt 4.1 genannten Maßnahmen weitere Schutzmaßnahmen festzulegen, die eine Exposition der Beschäftigten minimieren.

4.3.1 Bauliche und technische Schutzmaßnahmen

(1) Bei Tätigkeiten, bei denen Biostoffe freigesetzt oder Bioaerosole erzeugt werden oder entstehen können, sind geeignete technische Maßnahmen zu ergreifen. Eine Minimierung der Exposition kann z.B. erreicht werden durch das

  1. Ausnutzen des Bioreaktorvolumens von maximal 80 % (ausreichend Kopfraum in Abhängigkeit von Schaumneigung/Gasholdup),
  2. Überwachen der Schaumbildung durch Sensoren. Nach Alarmierung manuelle Kontrolle über ein Schauglas oder geregelte Zugabe von Antischaummitteln und/oder
  3. Einbauen von Wasch- und Abscheidevorrichtungen, wie z.B. Demister oder Zentrifugalabscheider.
  4. Minimierung der Aerosolbildung während der Probenahme, der Ernte, der Zugabe von Material in einen Bioreaktor oder der Übertragung von Material in einen anderen Bioreaktor.
  5. Verwenden einer mikrobiologischen Sicherheitswerkbank oder eines modifizierten Abzuges oder anderer aerosoldichter Geräte mit geeigneter Filterung zum Zurückhalten der Biostoffe (Abluftfilter sind nach Herstellerangaben zu wechseln).

(2) Eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeit ist einzurichten. Die PSA/Schutzkleidung ist getrennt von anderer Kleidung so aufzubewahren, dass eine Kontamination ausgeschlossen werden kann.

4.3.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Die Zahl der Beschäftigten ist auf das notwendige Maß zu beschränken.

(2) In Abhängigkeit von den spezifischen Eigenschaften der eingesetzten Biostoffe sind wirksame Inaktivierungs- und Reinigungsmaßnahmen festzulegen.

(3) Diese betrieblichen Hygienemaßnahmen sind in einem Hygieneplan festzuhalten. Die speziellen Reinigungs- und Dekontaminationsverfahren sind dabei zu präzisieren.

(4) Die Betriebsanweisung, der Hygiene- und der Hautschutzplan sind an geeigneten Stellen im Produktionsbereich auszuhängen oder müssen anderweitig leicht verfügbar sein.

(5) Der Arbeitgeber hat ein Biostoffverzeichnis zu erstellen. Dieses Verzeichnis muss Angaben zur Einstufung der Biostoffe in eine Risikogruppe und zu ihren sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen beinhalten. Die Angaben müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihren Vertretungen zugänglich sein.

(6) Die Unterweisung erfolgt auf der Grundlage der jeweils aktuellen Betriebsanweisung, des Hautschutzplans und der betrieblichen Hygienemaßnahmen (Hygieneplan).

4.3.3 Schutzkleidung, persönliche Schutzausrüstung und diesbezügliche Schutzmaßnahmen

Kann die Exposition gegenüber Biostoffen nicht anderweitig verhindert bzw. minimiert werden, ist zusätzliche PSA notwendig. Dies kann Handschutz (z.B. Einmal-Schutzhandschuhe nach DIN EN 374-5, [29]), Atemschutz (z.B. partikelfiltrierende Halbmaske FFP2) sowie Augenschutz (z.B. enganliegende Schutzbrille) umfassen.

4.4 Schutzstufe 2

(1) Die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 dienen zur Vermeidung einer Exposition der Beschäftigten gegenüber Biostoffen, die eine Infektionskrankheit beim Menschen hervorrufen können. Zum Schutz der Beschäftigten sind neben den Allgemeinen Schutzmaßnahmen (siehe Abschnitt 4.1) die nachfolgend beschriebenen spezifischen Maßnahmen einzuhalten.

(2) Maßnahmen der Schutzstufe 2, die vor infektiösen Wirkungen der vorhandenen Biostoffe schützen, können auch einen ausreichenden Schutz vor sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen bieten. Dies gilt ggf. nicht für die Inaktivierungsmaßnahmen. Der ausreichende Schutz ist für den Einzelfall im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen.

4.4.1 Bauliche und technische Schutzmaßnahmen

(1) Der Schutzstufenbereich sollte von anderen Arbeitsbereichen baulich abgrenzt sein und muss aus ausreichend großen Räumen bestehen.

(2) Die Türen des Produktionsbereiches müssen mit einem Sichtfenster ausgestattet sein und in Fluchtrichtung aufschlagen.

(3) Die Produktionsanlage muss den Prozess physisch von der Umgebung trennen; geeignet sind beispielsweise geschlossene Systeme wie Bioreaktoren oder Behälter. Diese müssen innerhalb des Schutzstufenbereichs aufgestellt sein.

(4) Oberflächen (Arbeitsflächen und angrenzende Wandflächen, Fußböden, Flächen an Geräten und Apparaten), die mit Biostoffen in Kontakt kommen können, müssen leicht zu reinigen und beständig gegenüber den eingesetzten Desinfektionsmitteln sein. Die Arbeitsflächen, an diese angrenzenden Wandflächen und der Fußboden sowie der Wand-Boden-Anschluss müssen flüssigkeitsdicht sein.

(5) Für die Desinfektion und Reinigung der Hände muss ein Waschbecken, vorzugsweise ein separates Handwaschbecken, mit Desinfektionsmittel-, Handwaschmittel- und Einmalhandtuchspender vorhanden sein. Wasserarmaturen und Desinfektionsmittelspender sollen ohne Handberührung bedienbar sein. Eine möglichst kontinuierliche, mit Wasser von Trinkwasserqualität gespeiste Einrichtung zum Spülen der Augen muss vorhanden sein. Augenspülflaschen mit steriler Spülflüssigkeit sind zulässig, wenn kein fließendes Trinkwasser zur Verfügung steht. Benutzte Augenspülflaschen sind unverzüglich auszutauschen. Es ist sicherzustellen, dass die Augenspülflaschen das vom Hersteller angegebene Haltbarkeitsdatum nicht überschreiten. Dazu sind die Augenspülflaschen regelmäßig (mindestens aber jährlich) zu prüfen und die Prüfung ist zu dokumentieren. Die Installationen sind leicht zugänglich anzubringen.

(6) Der Verschluss der Kulturgefäße soll so ausgelegt sein, dass Freisetzungen vermieden werden.

(7) Sammlung von Proben, Hinzufügung von Materialien zu einem geschlossenen System und Übertragung von Biostoffen in ein anderes geschlossenes System sollen so durchgeführt werden, dass Freisetzungen minimal gehalten werden. Zum Beimpfen und für Überführungsvorgänge sollen geschlossene Leitungen verwendet werden.

(8) Der Arbeitsbereich ist durch Auffangvorrichtungen so auszulegen, dass ein unkontrollierter Austritt der Biostoffe vollständig aufgefangen werden kann.

(9) Bei Arbeiten, bei denen Bioaerosole entstehen können, muss sichergestellt werden, dass diese nicht in den Arbeitsbereich gelangen. Diese Tätigkeiten müssen in einer mikrobiologischen Sicherheitswerkbank (MSW) oder in einer hinsichtlich des Personenschutzes vergleichbaren Einrichtung (z.B. Abzug mit Hochleistungsschwebstofffilter) durchgeführt werden. In der Produktion sind Geräte und Ausrüstungen zu verwenden, bei denen keine Aerosole freigesetzt werden.

(10) Kontaminierte Prozessabluft ist so zu behandeln, dass eine Freisetzung von Biostoffen in den Arbeitsbereich ausgeschlossen wird. Sie ist durch geeignete Verfahren wie Filtrierung durch einen Hochleistungsschwebstofffilter, thermische Nachbehandlung oder ein anderes geprüftes Verfahren zu dekontaminieren. Dies gilt z.B. für die Abluft von Autoklaven, Pumpen oder Bioreaktoren. Zur Behandlung der Abluft von Autoklaven siehe auch die Stellungnahme des ABAS "Einbauempfehlungen für Neuanlagen, Nachrüstung oder Ergänzung, zur Wahl der Abluftbehandlung von Autoklaven" [22].

(11) Zur Vermeidung von Undichtigkeiten an technischen Geräten und Apparaturen sind Maßnahmen zu treffen. Im Falle von nicht vermeidbaren Freisetzungen muss eine kontrollierte Nachbehandlung (Inaktivierung) durchgeführt werden.

(12) Geeignet sind bei der Verwendung von Zentrifugen und Separatoren beispielsweise:

  1. Verwendung technisch dichter Zentrifugen (z.B. kontinuierlich betriebene Inline-Geräte),
  2. Verwendung eines Rotors mit dicht schließendem Deckel, Verwendung bruchsicherer und geschlossener Zentrifugeneinsätze oder -gefäße

sowie bei der Verwendung von Homogenisatoren beispielsweise:

  1. besondere Konstruktionsmerkmale wie Abdichten des Deckels mit einem O-Ring, geeignete Werkstoffe für Schüssel und Deckel,
  2. Verwendung kontinuierlich betriebener Inline-Geräte. Diese Maßnahmen sind sinngemäß anzuwenden beim Betrieb von Geräten, die der Erreichung eines vergleichbaren Zieles dienen und an die deshalb dieselben Anforderungen zu stellen sind.

(13) Dichtungen müssen so beschaffen sein, dass das unbeabsichtigte Entweichen von Biostoffen vermieden wird. Im Falle von dynamischen Dichtungen ist das Entweichen von Biostoffen zu minimieren und sicher zu kontrollieren. Folgende Abdichtungen sind beispielsweise geeignet:

  1. Einfach- und doppeltwirkende Gleitringdichtung,
  2. Stopfbuchse mit Dampf- oder Desinfektionsmittelsperre.

(14) Dichtungen sind gemäß innerbetrieblichem Wartungsplan unter Berücksichtigung der Herstellervorgaben zu wechseln. Leckagen sind kontrolliert aufzufangen und durch validierte Verfahren zu inaktivieren.

(15) Eine ausreichend dimensionierte Inaktivierungseinrichtung (thermisch, chemisch) sollte im Schutzstufenbereich vorhanden sein. Eine Inaktivierung in einer zentralen Einrichtung innerhalb des Betriebsgeländes oder eine sachgerechte Auftragsentsorgung kann erfolgen, wenn das gleiche Schutzziel erreicht wird. Für den außerbetrieblichen Transport gelten die Gefahrgutvorschriften für die Klasse 6.2 "Ansteckungsgefährliche Stoffe" [30].

(16) Eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeit ist einzurichten. Die PSA/Schutzkleidung ist getrennt von anderer Kleidung aufzubewahren.

4.4.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Die Zugangstür zum Schutzstufenbereich muss von außen deutlich und dauerhaft mit der Schutzstufe und dem "Symbol für Biogefährdung" (Anhang I BioStoffV [1]) gekennzeichnet sein.

(2) Fenster und Türen sind während der Tätigkeiten mit Biostoffen geschlossen zu halten.

(3) Die Zahl der Zugangsberechtigten ist auf benannte Beschäftigte zu beschränken. Andere Personen dürfen den Schutzstufenbereich nur mit Erlaubnis des/der Verantwortlichen betreten.

(4) Biostoffe sind in verschlossenen und vor Bruch geschützten Behältnissen aufzubewahren.

(5) Biostoffe sind vor dem Abernten durch validierte Verfahren zu inaktivieren oder im geschlossenen Leitungssystem zu transportieren und in geschlossenen Apparaturen weiter zu verarbeiten.

(6) Kulturflüssigkeiten sollten nicht aus dem geschlossenen System genommen werden, wenn die Biostoffe nicht durch validierte chemische oder physikalische Mittel inaktiviert worden sind. Eine Ausnahme stellt die geschlossene Probenahme dar.

(7) Einrichtungen, die zur Probenahme verwendet werden, sind nach jedem Probenahmevorgang zu desinfizieren.

(8) Apparaturen, in denen mit Biostoffen umgegangen wurde, sind vor dem Öffnen zu desinfizieren.

(9) Werden Biostoffe oder Material (z.B. Geräte, Ausrüstungen) welches Biostoffe enthält oder enthalten kann, einschließlich Abfällen, außerhalb des Schutzstufenbereichs innerbetrieblich transportiert, muss dies in geschlossenen, formstabilen, bruchsicheren (oder in Schutz-Transportbehältern), flüssigkeitsdichten und von außen desinfizierbaren Gefäßen erfolgen. Die Gefäße müssen dauerhaft beschriftbar bzw. etikettierbar sein. Sie sind mit dem Symbol für "Biogefährdung" zu kennzeichnen und dürfen sich durch äußere Einwirkungen nicht versehentlich öffnen lassen.

(10) Nicht inaktivierte, flüssige Abfälle, die nicht in Transportbehältern transportiert werden können, sind in geschlossenen, desinfizierbaren und mit "Biogefährdung" gekennzeichneten Leitungen Inaktivierungsanlagen zuzuführen. Mögliche Störungen, z.B. Witterungseinflüsse wie Frost, sind zu beachten.

(11) Alle Abfälle sind zeitnah einer geeigneten Inaktivierung zuzuführen. Für die Inaktivierung sind erregerbezogen validierte physikalische oder chemische Verfahren einzusetzen.

(12) Prozessabwässer sind vor der endgültigen Ableitung durch erprobte chemische oder physikalische Methoden oder Verfahren zu inaktivieren. Dies gilt nicht für Handwasch- und Duschwasser oder vergleichbare Abwässer.

(13) Vor Prüfungs-, Reinigungs-, Instandhaltungs- und Änderungsarbeiten an ggf. kontaminierten Geräten oder Einrichtungen sind diese durch das betriebliche Personal zu desinfizieren. Dies gilt auch für Geräte/Arbeitsmittel, die zur Instandhaltung den Arbeitsbereich verlassen. Ist eine Desinfektion nicht möglich, sind geeignete persönliche Schutzausrüstungen für das eigene und externe Instandhaltungspersonal zur Verfügung zu stellen. Die zusätzlich erforderlichen Schutzmaßnahmen sind in einer Arbeitsanweisung tätigkeitsbezogen schriftlich festzulegen und zu unterweisen. Die Unterweisung ist zu dokumentieren. Dies gilt auch für externes Personal. Auf unvermeidbare Restrisiken ist hinzuweisen. Die verantwortliche Person hat für die Instandhaltungsarbeiten eine schriftliche Arbeitsfreigabe zu erteilen.

(14) Die betrieblichen Hygienemaßnahmen sind in einem Hygieneplan festzuhalten. Die speziellen Reinigungs- und Dekontaminationsverfahren sind dabei zu präzisieren.

(15) Die Betriebsanweisung, der Hygiene- und der Hautschutzplan sind an geeigneten Stellen im Produktionsbereich auszuhängen oder müssen anderweitig leicht verfügbar sein.

(16) Bei der Auswahl von wirksamen Desinfektionsmitteln und spezifischen Desinfektionsverfahren ist darauf zu achten, dass deren Wirksamkeit entsprechend des geplanten Einsatzbereiches nachgewiesen ist [23], [24].

(17) Für die Desinfektion von Flächen ist die Wischdesinfektion der Sprühdesinfektion vorzuziehen. Eine Sprühdesinfektion empfiehlt sich nur für schwer zugängliche Stellen. Zur Vermeidung von Brand- und Explosionsgefahren bei der Flächendesinfektion (Wischdesinfektion) sollte auf alkoholische Präparate verzichtet werden. Die gefahrstoffrechtlichen Vorgaben sind zu beachten.

(18) Arbeitsflächen müssen nach Beendigung der Tätigkeit und kontaminierte Arbeitsgeräte nach Gebrauch entsprechend Hygieneplan desinfiziert und gereinigt werden.

(19) Für den Fall des Austretens (Unfälle, Betriebsstörungen) von Biostoffen müssen wirksame Desinfektionsmittel und spezifische Desinfektionsverfahren sowie ggf. dazu erforderliche Hilfsmittel wie saugfähiges Material in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Ein kontaminierter Bereich (z.B. nach Verschütten von Organismen) ist unverzüglich zu sperren und zu desinfizieren.

(20) Nach Beendigung der Tätigkeiten sind die Hände auch nach dem Tragen von Schutzhandschuhen zu desinfizieren und entsprechend Hautschutzplan zu pflegen. Hautschutz- und Hautpflegemittel sind in kontaminationsgeschützten Behältnissen, z.B. Tuben, zur Verfügung zu stellen.

(21) Bei Verletzungen sind unverzüglich Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten. Der Arbeitgeber ist zu informieren und ggf. ist medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Besteht die Möglichkeit, dass Biostoffe aufgenommen wurden oder erscheint eine Infektion mit Biostoffen möglich, sind der Arbeitgeber und das behandelnde medizinische Personal darauf hinzuweisen. Hinsichtlich der Unterrichtungspflichten gegenüber den Behörden siehe Abschnitt 3.6 Absatz 3.

(22) Der Arbeitgeber hat ein Biostoffverzeichnis zu erstellen. Dieses Verzeichnis muss Angaben zur Einstufung der Biostoffe in eine Risikogruppe und zu ihren sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen beinhalten. Diese Angaben müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihren Vertretungen zugänglich sein.

(23) Die zu dokumentierende Unterweisung erfolgt auf der Grundlage der jeweils aktuellen Betriebsanweisung, des Hautschutzplans und der betrieblichen Hygienemaßnahmen (Hygieneplan).

4.4.3 Schutzkleidung, persönliche Schutzausrüstung und diesbezügliche Schutzmaßnahmen

(1) Im Schutzstufenbereich sind Schutzkleidung sowie in Abhängigkeit von der Tätigkeit ggf. erforderliche, geeignete PSA, z.B. Einmal-Schutzhandschuhe nach DIN EN 374-5 [29], Atemschutz (z.B. partikelfiltrierende Halbmaske FFP2) sowie Augenschutz (z.B. enganliegende Schutzbrille), oder Mund- Nasen-Schutz als Berührungsschutz, entsprechend der Gefährdungsbeurteilung zu tragen. Die Schutzkleidung und ggf. die PSA sind vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Die Desinfektion und Reinigung der Schutzkleidung ist durch den Arbeitgeber durchzuführen oder zu veranlassen. PSA aus Einwegmaterialien sind sachgerecht zu entsorgen.

(2) Schutzhandschuhe sind in Abhängigkeit von der Tätigkeit zu tragen, immer jedoch dann, wenn die Hände Kontakt zu Biostoffen, potenziell ansteckenden Materialien, sowie kontaminierten Gegenständen, Oberflächen oder Ausrüstungen haben können. Die Eignung der Schutzhandschuhe für die eingesetzten Biostoffe und Gefahrstoffe, unter anderem Desinfektionsmittel, ist zu dokumentieren.

(3) Schutzkleidung und PSA dürfen nicht außerhalb des Schutzstufenbereichs getragen werden.

(4) Wenn eine mögliche Gefahr durch Spritzer im Gesichtsbereich besteht, ist ein Gesichtsschutz (z.B. Schutzbrille, Maske oder Gesichtsschild) zu tragen.

(5) Benutzte PSA, einschließlich Schutzkleidung, sind getrennt von Straßenkleidung aufzubewahren.

4.5 Schutzstufe 3

(1) Die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 3 dienen der Verhinderung einer Exposition der Beschäftigten gegenüber Biostoffen der Risikogruppe 3, die eine schwere Infektionskrankheit beim Menschen hervorrufen können. Diese Maßnahmen dienen auch dem Schutz anderer Personen und sind gleichzeitig geeignet, die Umwelt zu schützen.

(2) Maßnahmen der Schutzstufe 3, die vor infektiösen Wirkungen der vorhandenen Biostoffe schützen, können auch einen ausreichenden Schutz vor sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen bieten. Dies gilt möglicherweise nicht für die Inaktivierungsmaßnahmen. Der ausreichende Schutz ist für den Einzelfall im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen.

4.6 Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3, die mit (**) gekennzeichnet sind

Bestimmte Biostoffe der Risikogruppe 3, die normalerweise nicht über den Luftweg übertragen werden, wurden im Rahmen der gemeinschaftlichen Einstufung von Biostoffen mit zwei Sternchen versehen. Sie werden im Folgenden zur Vereinfachung als "Biostoffe der Risikogruppe 3(**)" bezeichnet. Für diese Biostoffe kann nach der Richtlinie 2000/54/EG [14] auf bestimmte Maßnahmen der Schutzstufe 3 verzichtet werden. Zum Schutz der Beschäftigten sind die nachfolgend beschriebenen Anforderungen zusätzlich zu allgemeinen Hygienemaßnahmen (siehe Abschnitt 4.1) einzuhalten.

4.6.1 Bauliche und technische Schutzmaßnahmen

(1) Der Schutzstufenbereich ist von anderen Arbeitsbereichen baulich abzugrenzen und muss aus ausreichend großen Räumen bestehen. Durch Technische Maßnahmen ist ein unbeabsichtigtes oder unerlaubtes Betreten des Bereiches zu verhindern.

(2) Sichtverbindung oder vergleichbare Vorrichtungen zur Einsicht in den Produktionsbereich sind zum Personenschutz erforderlich. Sichtverbindungen nach außen müssen dicht und dürfen nicht zu öffnen sein.

(3) Wird in der Gefährdungsbeurteilung festgestellt, dass trotz aller getroffenen Schutzmaßnahmen eine Verschleppung von Biostoffen durch Beschäftigte nach außen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, so ist als zusätzliche Maßnahme eine Dusche für die Beschäftigten vorzusehen. Das Erfordernis des Duschens ist in der Betriebsanweisung festzulegen.

(4) Die Türen des Produktionsbereiches müssen mit Sichtfenstern ausgestattet sein und in Fluchtrichtung aufschlagen.

(5) Für die Kommunikation zwischen Produktionsbereich und Außenbereich muss eine geeignete Einrichtung vorhanden sein. Insbesondere bei Alleinarbeit ist eine von innen zu betätigende Notrufeinrichtung oder eine vergleichbare Vorrichtung erforderlich.

(6) Es ist eine Sicherheitsbeleuchtung einzurichten, damit die Arbeiten bei Stromausfall sicher eingestellt und der Arbeitsbereich sicher verlassen werden kann. Für sicherheitsrelevante Einrichtungen wie unter anderem Notruf- und Überwachungseinrichtungen ist eine Notstromversorgung einzurichten.

(7) Im Schutzstufenbereich anfallendes, nicht inaktiviertes Prozessabwasser ist vor der endgültigen Ableitung durch validierte chemische oder physikalische Verfahren zu inaktivieren. Abwässer aus Waschbecken und Duschen sollten gesammelt und vor der Ableitung durch thermische Inaktivierung oder zentrale Abwasserinaktivierung innerhalb des Schutzstufenbereichs inaktiviert werden.

(8) Alle Oberflächen (z.B. Arbeitsflächen, Wände, Böden, Decken und Oberflächen des Inventars) müssen flüssigkeitsdicht, leicht zu reinigen und beständig gegenüber den eingesetzten Stoffen sowie gegenüber Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sein. Der Fußboden soll als Wanne ausgeführt werden.

(9) Für die Desinfektion der Hände müssen ohne Handberührung bedienbare Desinfektionsmittelspender vorhanden sein. Diese sind leicht zugänglich und vorzugsweise in der Nähe der Tür des Produktionsbereiches anzubringen. Sofern ein Waschbecken vorhanden ist, müssen die Armaturen des Waschbeckens sowie die Handwaschmittelspender ohne Handberührung bedienbar sein. Eine möglichst kontinuierliche, mit Wasser von Trinkwasserqualität gespeiste Einrichtung zum Spülen der Augen muss vorhanden sein. Augenspülflaschen mit steriler Spülflüssigkeit sind zulässig, wenn kein fließendes Trinkwasser zur Verfügung steht. Benutzte Augenspülflaschen sind unverzüglich auszutauschen. Es ist sicherzustellen, dass die Augenspülflaschen das vom Hersteller angegebene Haltbarkeitsdatum nicht überschreiten. Dazu sind die Augenspülflaschen regelmäßig (mindestens aber jährlich) zu prüfen und die Prüfung ist zu dokumentieren. Die Installationen sind leicht zugänglich anzubringen.

(10) Biostoffe dürfen nur in einem geschlossenen System innerhalb des Schutzstufenbereichs gehandhabt werden, das den Prozess von der Umwelt trennt (z.B. Bioreaktor, feste Rohrsysteme). Apparaturen sind demzufolge entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik als geschlossene Systeme auszuführen. Die Dichtigkeit der Apparatur ist vor jedem Produktionszyklus nachzuweisen (z.B. Druckhaltetest gemäß dem Stand der Technik) und zu dokumentieren. Technische Gerätschaften (z.B. Separator, Hochdruckhomogenisatoren), insbesondere Dichtungen, sind so auszuführen, dass ein Freisetzen von Biostoffen verhindert wird. Ist das nicht sicher möglich, muss für austretende Stoffe eine kontrollierte Nachbehandlung (Auffangen, Inaktivierung) durchgeführt werden. Dichtungen sind gemäß innerbetrieblichem Wartungsplan unter Berücksichtigung der Herstellervorgaben zu wechseln.

(11) Durchführungen von Antriebswellen müssen mit doppeltwirkenden Dichtelementen mit Sperrmedium ausgeführt sein (z.B. doppeltwirkende Gleitringdichtung mit Sperrflüssigkeit). Drücke und Mengen der Sperrmedien sind zu überwachen und die Abweichungen vom Sollwert müssen durch Auslösung eines Alarms signalisiert werden. Vorzugsweise sind magnetgekoppelte Antriebe einzusetzen. Leckagen müssen sicher aufgefangen und durch validierte Verfahren inaktiviert werden.

(12) Im Falle von Wartungsarbeiten an magnetgekoppelten Antrieben muss darauf geachtet werden, dass das Wartungspersonal mit geeigneter PSA gemäß Gefährdungsbeurteilung ausgestattet ist, weil aufgrund der vielen kritischen Toträume (enge Spalträume) im Innern eine sichere Inaktivierung nicht garantiert werden kann.

(13) Zum Beimpfen, für Überführungsvorgänge sowie bei Probenahmen sind geschlossene Systeme zu verwenden.

(14) Der Verschluss der Kulturgefäße muss so ausgelegt sein, dass Freisetzungen verhindert werden.

(15) Kontaminierte Prozessabluft ist so zu behandeln, dass eine Freisetzung von Biostoffen in den Arbeitsbereich ausgeschlossen wird. Sie ist durch geeignete Verfahren wie Filtrierung durch einen Hochleistungsschwebstofffilter, thermische Nachbehandlung oder ein anderes geprüftes Verfahren zu dekontaminieren. Dies gilt z.B. für die Abluft von Autoklaven, Pumpen oder Bioreaktoren. Zur Behandlung der Abluft von Autoklaven siehe auch die Stellungnahme des ABAS "Einbauempfehlungen für Neuanlagen, Nachrüstung oder Ergänzung, zur Wahl der Abluftbehandlung von Autoklaven" [22].

(16) Der Arbeitsbereich ist durch Auffangvorrichtungen so auszulegen, dass ein unkontrollierter Austritt der Biostoffe vollständig aufgefangen werden kann.

(17) Im Schutzstufenbereich muss eine ausreichende Sterilisationskapazität vorhanden sein. Materialien und Abfälle die den Bereich verlassen, sind über einen Durchreicheautoklaven oder ein vergleichbares anerkanntes Verfahren zu dekontaminieren. Eine sachgerechte Auftragsentsorgung (vorzugsweise Verbrennung) kann erfolgen, wenn das gleiche Schutzziel erreicht wird. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der TRBA 214 "Anlagen zur Behandlung und Verwertung von Abfällen" wird hingewiesen [25]. Für den außerbetrieblichen Transport gelten die Gefahrgutvorschriften für die Klasse 6.2 "Ansteckungsgefährliche Stoffe" [30].

(18) Der Schutzstufenbereich muss über eine eigene Arbeitsausrüstung verfügen.

(19) Eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeit ist einzurichten. Die PSA/Schutzkleidung ist getrennt von anderer Kleidung aufzubewahren.

4.6.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Die Zugangstür zum Schutzstufenbereich muss neben dem "Symbol für Biogefährdung" von außen auch deutlich und dauerhaft mit der Angabe "Schutzstufe 3, eingeschränkt auf Biostoffe der Risikogruppe 3(**)" und einem Hinweis auf die Zugangsbeschränkung gekennzeichnet sein.

(2) Der Zutritt zum Schutzstufenbereich ist nur berechtigten, fachkundigen sowie zuverlässigen und über die Sicherheitsanforderungen belehrten Beschäftigten gestattet. Eine Zugangskontrolle ist erforderlich. Die verantwortliche Person definiert den zutrittsberechtigten Personenkreis. In begründeten Einzelfällen genehmigt der Verantwortliche den Zugang anderer Personen (z.B. Servicepersonal) unter fachkundiger Aufsicht.

(3) Eine Person darf nur dann allein im Schutzstufenbereich arbeiten, wenn eine von innen zu betätigende Notrufanlage vorhanden ist.

(4) Vor dem Öffnen von technischen Apparaturen, in denen mit Biostoffen umgegangen wurde, sind die verunreinigten Teile zu desinfizieren.

(5) Einrichtungen, die zur Probenahme verwendet werden, sind nach jedem Probenahmevorgang zu desinfizieren.

(6) Alle Abfälle sind zeitnah einer geeigneten Inaktivierung zuzuführen. Für die Inaktivierung sind erregerbezogen validierte physikalische oder chemische Verfahren einzusetzen.

(7) Werden Biostoffe oder Material, welches Biostoffe enthält oder enthalten kann (z.B. Geräte, Ausrüstungen) einschließlich Abfällen, innerbetrieblich transportiert, muss dies in geschlossenen, formstabilen, bruchsicheren (oder in Schutz-Transportbehältern), flüssigkeitsdichten und von außen desinfizierbaren Gefäßen erfolgen. Die Gefäße müssen dauerhaft beschriftbar bzw. etikettierbar sein. Sie sind mit dem Symbol für "Biogefährdung" zu kennzeichnen und dürfen sich durch äußere Einwirkungen nicht versehentlich öffnen lassen. Die Behälter sind regelmäßig innen und außen zu desinfizieren, zudem sind sie bei jeder Kontamination von außen zu desinfizieren und zu reinigen.

(8) Nicht inaktivierte, flüssige Abfälle, die nicht in Transportbehältern transportiert werden können, sind in geschlossenen, desinfizierbaren und mit "Biogefährdung" gekennzeichneten, durchgängig geschweißten oder im Bereich von Verbindungselementen doppelwandigen Leitungen mit Leckageerkennung sicher Inaktivierungsanlagen zuzuführen. Die Leitungen sollten, sofern kein permanenter Transfer stattfindet, nach jedem Abfüllen komplett entleert werden.

(9) Kulturflüssigkeiten dürfen nicht aus dem geschlossenen System genommen werden, wenn die Biostoffe nicht durch validierte chemische oder physikalische Mittel inaktiviert worden sind. Eine Ausnahme stellt die geschlossene Probenahme sowie die Analyse der Probe dar.

(10) Vor Prüfungs-, Reinigungs-, Instandhaltungs- und Änderungsarbeiten an ggf. kontaminierten Geräten oder Einrichtungen, sind diese durch das betriebliche Personal zu dekontaminieren. Dies gilt auch für Geräte/Arbeitsmittel, die zur Instandhaltung weggegeben werden. Ist eine Desinfektion nicht möglich, sind geeignete persönliche Schutzausrüstungen für das eigene und externe Instandhaltungspersonal zur Verfügung zu stellen. Die zusätzlich erforderlichen Schutzmaßnahmen sind in einer Arbeitsanweisung tätigkeitsbezogen schriftlich festzulegen und zu unterweisen. Die Unterweisung ist zu dokumentieren. Dies gilt auch für externes Personal. Auf unvermeidbare Restrisiken ist hinzuweisen. Die verantwortliche Person hat für die Instandhaltungsarbeiten eine schriftliche Arbeitsfreigabe zu erteilen. Die Art des Ausbaus und der Dekontamination von HEPA-Filtern sind in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Der Ausbau muss so erfolgen, dass eine Gefährdung des Wartungspersonals und anderer Personen ausgeschlossen werden kann. Die HEPA-Filter von mikrobiologischen Sicherheitswerkbänken werden vorzugweise in situ mit einem anerkannten Begasungsverfahren (Wasserstoffperoxid oder Formaldehyd) behandelt. Die HEPA-Filter können anschließend als nicht infektiöser Abfall entsorgt werden.

(11) Die betrieblichen Hygienemaßnahmen sind in einem Hygieneplan festzuhalten. Die speziellen Reinigungs- und Dekontaminationsverfahren sind dabei zu präzisieren.

(12) Die Betriebsanweisung, der Hygiene- und der Hautschutzplan sind an geeigneten Stellen im Produktionsbereich auszuhängen oder müssen anderweitig leicht verfügbar sein. Die Einhaltung der Maßnahmen ist zu kontrollieren.

(13) Bei der Auswahl von wirksamen Desinfektionsmitteln und spezifischen Desinfektionsverfahren ist darauf zu achten, dass deren Wirksamkeit entsprechend des geplanten Einsatzbereiches nachgewiesen ist [23], [24].

(14) Für die Desinfektion von Flächen ist die Wischdesinfektion der Sprühdesinfektion vorzuziehen. Eine Sprühdesinfektion empfiehlt sich nur für schwer zugängliche Stellen. Zur Vermeidung von Brand- und Explosionsgefahren bei der Flächendesinfektion (Wischdesinfektion) sollte auf alkoholische Präparate verzichtet werden. Die gefahrstoffrechtlichen Vorgaben sind zu beachten.

(15) Nach Beendigung der Tätigkeiten sind die Hände auch nach dem Tragen von Schutzhandschuhen zu desinfizieren und entsprechend Hautschutzplan zu pflegen. Hautschutz- und Pflegemittel müssen außerhalb des Schutzstufenbereichs zur Verfügung stehen.

(16) Arbeitsflächen müssen nach Beendigung der Tätigkeit und kontaminierte Arbeitsgeräte nach Gebrauch entsprechend Hygieneplan desinfiziert und gereinigt werden.

(17) Für den Fall des Austretens (Unfälle, Betriebsstörungen) von Biostoffen müssen wirksame Desinfektionsmittel und spezifische Desinfektionsverfahren sowie ggf. dazu erforderliche Hilfsmittel wie saugfähiges Material in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Ein kontaminierter Bereich (z.B. nach Verschütten von Organismen) ist unverzüglich zu sperren und zu desinfizieren.

(18) Bei Verletzungen sind unverzüglich Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten. Der Arbeitgeber ist zu informieren und ggf. ist medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Besteht die Möglichkeit, dass Biostoffe aufgenommen wurden oder erscheint eine Infektion mit Biostoffen möglich, sind der Arbeitgeber und das behandelnde medizinische Personal darauf hinzuweisen.

(19) Der Arbeitgeber hat ein Biostoffverzeichnis zu erstellen. Dieses Verzeichnis muss Angaben zur Einstufung der Biostoffe in eine Risikogruppe und zu ihren sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen beinhalten. Diese Angaben müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihren Vertretungen zugänglich sein.

(20) Der Arbeitgeber hat zusätzlich ein Verzeichnis über die Beschäftigten zu führen, die Tätigkeiten der Schutzstufe 3 ausüben. In dem Verzeichnis sind die Art der Tätigkeiten und die vorkommenden Biostoffe sowie aufgetretene Unfälle und Betriebsstörungen anzugeben. Es ist personenbezogen für den Zeitraum von mindestens zehn Jahren nach Beendigung der Tätigkeit aufzubewahren.

(22) Es sind zusätzlich zur Betriebsanweisung Arbeitsanweisungen zu erstellen, die am Arbeitsplatz vorliegen müssen. Arbeitsanweisungen sind auch erforderlich für folgende Tätigkeiten mit erhöhter Infektionsgefährdung, wie beispielsweise:

  1. Instandhaltungs-, Reinigungs-, Änderungs- oder Abbrucharbeiten in oder an kontaminierten Arbeitsmitteln,
  2. Tätigkeiten, bei denen erfahrungsgemäß eine erhöhte Unfallgefahr besteht,
  3. Tätigkeiten, bei denen bei einem Unfall mit schweren Infektionen zu rechnen ist; dies kann bei der Entnahme von Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs der Fall sein.

(23) Die zu dokumentierende Unterweisung erfolgt auf der Grundlage der jeweils aktuellen Betriebsanweisung, der Arbeitsanweisungen sowie des Hautschutzplans und der betrieblichen Hygienemaßnahmen (Hygieneplan).

4.6.3 Schutzkleidung, persönliche Schutzausrüstung und diesbezügliche Schutzmaßnahmen

(1) Es ist geeignete Schutzkleidung sowie erforderliche, geeignete PSA, z.B. Einmal-Schutzhandschuhe nach DIN EN 374-5 [29], Atemschutz (z.B. partikelfiltrierende Halbmaske FFP2) sowie Augenschutz (z.B. enganliegende Schutzbrille), oder Mund- Nasen-Schutz als Berührungsschutz entsprechend der Gefährdungsbeurteilung anzulegen und nach Beendigung der Tätigkeit wieder abzulegen. Die Schutzkleidung muss die darunterliegende Kleidung vollständig vor Kontaminationen schützen. Die Schutzkleidung ist gegebenenfalls zu kennzeichnen (z.B. farblich abgesetzt zu der in anderen Schutzstufenbereichen getragener Schutzkleidung). Die Schutzkleidung und die PSA sind vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Die Desinfektion und Reinigung der Schutzkleidung ist durch den Arbeitgeber durchzuführen oder zu veranlassen. PSA aus Einwegmaterialien sind sachgerecht zu entsorgen. Für benutzte, zur Desinfektion und Reinigung vorgesehene Schutzkleidung sowie für gebrauchte PSA sind geeignete, dekontaminierbare Sammelbehälter bereit zu stellen. Schutzkleidung und PSA dürfen nicht außerhalb des Schutzstufenbereichs getragen werden.

(2) Schutzkleidung und sonstige PSA ist getrennt von Straßenkleidung aufzubewahren. Dafür sind geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten vorzusehen.

4.7 Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3

(1) Die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 3 dienen der Verhinderung einer Exposition der Beschäftigten gegenüber Biostoffen, die beim Menschen eine schwere Infektionskrankheit hervorrufen kann. Diese Maßnahmen dienen auch dem Schutz anderer Personen und sind gleichzeitig geeignet, die Umwelt zu schützen. Zum Schutz der Beschäftigten sind die nachfolgend beschriebenen Anforderungen zusätzlich zu allgemeinen Hygienemaßnahmen (siehe Abschnitt 4.1) einzuhalten.

(2) Eine fachkundige, zuverlässige Person nach § 10 Absatz 2 BioStoffV [1] muss bestellt werden.

4.7.1 Bauliche und technische Schutzmaßnahmen

(1) Der Schutzstufenbereich ist von anderen Arbeitsbereichen baulich abzugrenzen und muss aus ausreichend großen Räumen bestehen. Durch technische Maßnahmen ist ein unbeabsichtigtes oder unerlaubtes Betreten des Bereiches zu verhindern.

(2) Es ist mindestens eine ausreichend dimensionierte Personenschleuse einzurichten, über die der Produktionsbereich zu betreten und zu verlassen ist. Im Falle einer kombinierten Eingangs-/Ausgangsschleuse sind technische Maßnahmen zu treffen, die ein gleichzeitiges Ein- und Ausschleusen verhindern. Im Falle von Materialtransfers ist eine Materialschleuse vorzusehen. Die Personenschleusen sind mit Türen mit Sichtverbindung auszustatten, die bei bestimmungsgemäßem Betrieb gegeneinander verriegelt sind.

(3) Die Personenschleuse muss eine Händedesinfektionsvorrichtung mit nachweislich wirksamen Desinfektionsmitteln enthalten. Ein Handwaschbecken mit Handwaschmittel- und Einmalhandtuchspender ist vor oder in der Schleuse vorzusehen. Die Armaturen des Waschbeckens sowie der Desinfektionsmittel- und der Handwaschmittelspender müssen ohne Handberührung bedienbar sein.

(4) Wird in der Gefährdungsbeurteilung festgestellt, dass trotz aller getroffenen Schutzmaßnahmen eine Verschleppung von Biostoffen durch Beschäftigte nach außen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, so ist als zusätzliche Maßnahme eine Dusche für die Beschäftigten vorzusehen. Die Dusche muss im Schleusenbereich integriert sein. Das Erfordernis des Duschens ist in der Betriebsanweisung festzulegen.

(5) Der Schutzstufenbereich sowie der kontaminierte Teil der raumlufttechnischen Anlage bis einschließlich der ersten Hochleistungsschwebstofffilterstufe, müssen erforderlichenfalls zum Zweck der Begasung abdichtbar sein.

(6) Sichtverbindung oder vergleichbare Vorrichtungen zur Einsicht in den Produktionsbereich sind zum Personenschutz erforderlich. Sichtverbindungen nach außen müssen dicht und dürfen nicht zu öffnen sein.

(7) Die Türen des Produktionsbereiches müssen mit Sichtfenstern ausgestattet sein und in Fluchtrichtung aufschlagen.

(8) Für die Kommunikation zwischen Produktionsbereich, Schleuse und Außenbereich muss eine geeignete Einrichtung vorhanden sein. Insbesondere bei Alleinarbeit ist eine von innen zu betätigende Notrufeinrichtung oder eine vergleichbare Vorrichtung erforderlich.

(9) Der Produktionsbereich muss unter ständigem Unterdruck gehalten und die Abluft über Hochleistungsschwebstofffilter geführt werden. Der Betriebszustand muss von außen und durch die Beschäftigten des Produktionsbereiches auch von innen leicht überprüfbar sein und durch einen Alarmgeber mit optischem und akustischem Signal überwacht werden. Die Abluft muss über einen Hochleistungsschwebstoff-Filter oder eine vergleichbare Vorrichtung geführt werden. Die Rückführung kontaminierter Abluft in Arbeitsbereiche ist unzulässig. Die Filter der raumlufttechnischen Anlage müssen im eingebauten Zustand überprüfbar sein. Ein Filterwechsel muss ohne Freisetzung von Biostoffen möglich sein.

(10) Für sicherheitsrelevante Einrichtungen wie Lüftungsanlagen einschließlich Ventilationssystemen, mikrobiologischen Sicherheitswerkbänken und Notruf- und Überwachungseinrichtungen ist eine Notstromversorgung einzurichten. Es ist eine Sicherheitsbeleuchtung einzurichten, damit die Arbeiten bei Stromausfall sicher eingestellt und der Arbeitsbereich sicher verlassen werden kann.

(11) Im Schutzstufenbereich anfallendes, nicht inaktiviertes Prozessabwasser ist vor der endgültigen Ableitung durch validierte chemische oder physikalische Verfahren zu inaktivieren. Abwässer aus Waschbecken und Duschen sollten gesammelt und vor der Ableitung durch thermische Inaktivierung oder zentrale Abwasserinaktivierung innerhalb des Schutzstufenbereichs inaktiviert werden.

(12) Alle Oberflächen (z.B. Arbeitsflächen, Wände, Böden, Decken und Oberflächen des Inventars) müssen flüssigkeitsdicht, leicht zu reinigen und beständig gegenüber den eingesetzten Stoffen sowie gegenüber Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sein. Der Fußboden ist in der Regel mit Hohlkehle in einer Wannenfunktion auszuführen.

(13) Für die Desinfektion der Hände müssen ohne Handberührung bedienbare Desinfektionsmittelspender vorhanden sein. Diese sind leicht zugänglich und vorzugsweise in der Nähe der Tür des Produktionsbereiches anzubringen. Sofern ein Waschbecken vorhanden ist, müssen die Armaturen des Waschbeckens sowie die Handwaschmittelspender ohne Handberührung bedienbar sein. Eine möglichst kontinuierliche, mit Wasser von Trinkwasserqualität gespeiste Einrichtung zum Spülen der Augen muss vorhanden sein. Augenspülflaschen mit steriler Spülflüssigkeit sind zulässig, wenn kein fließendes Trinkwasser zur Verfügung steht. Benutzte Augenspülflaschen sind unverzüglich auszutauschen. Es ist sicherzustellen, dass die Augenspülflaschen das vom Hersteller angegebene Haltbarkeitsdatum nicht überschreiten. Dazu sind die Augenspülflaschen regelmäßig (mindestens aber jährlich) zu prüfen und die Prüfung ist zu dokumentieren. Die Installationen sind leicht zugänglich anzubringen.

(14) Biostoffe dürfen nur in einem geschlossenen System innerhalb des Schutzstufenbereichs gehandhabt werden, das den Prozess von der Umwelt trennt (z.B. Bioreaktor, feste Rohrsysteme). Apparaturen sind demzufolge entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik als geschlossene Systeme auszuführen. Die Dichtigkeit der Apparatur ist vor jedem Produktionszyklus nachzuweisen (z.B. Druckhaltetest gemäß dem Stand der Technik).

(15) Technische Gerätschaften (z.B. Separator, Hochdruckhomogenisatoren), insbesondere Dichtungen, sind so auszuführen, dass ein Freisetzen von Biostoffen verhindert wird. Ist das nicht sicher möglich, muss für austretende Stoffe eine kontrollierte Nachbehandlung (Auffangen, Inaktivierung) durchgeführt werden. Dichtungen sind gemäß innerbetrieblichem Wartungsplan unter Berücksichtigung der Herstellervorgaben zu wechseln.

(16) Durchführungen von Antriebswellen müssen mit doppeltwirkenden Dichtelementen mit Sperrmedium ausgeführt sein (z.B. doppeltwirkende Gleitringdichtung mit Sperrflüssigkeit). Drücke und Mengen der Sperrmedien sind zu überwachen und die Abweichungen vom Sollwert müssen durch Auslösung eines Alarms signalisiert werden. Vorzugsweise sind magnetgekoppelte Antriebe einzusetzen. Leckagen müssen sicher aufgefangen und durch validierte Verfahren inaktiviert werden.

(17) Im Falle von Wartungsarbeiten an magnetgekoppelten Antrieben muss darauf geachtet werden, dass das Wartungspersonal mit geeigneter PSA gemäß Gefährdungsbeurteilung ausgestattet ist, weil aufgrund der vielen kritischen Toträume (enge Spalträume) im Innern eine sichere Inaktivierung nicht garantiert werden kann.

(18) Zum Beimpfen, für Überführungsvorgänge sowie bei Probenahmen sind geschlossene Systeme zu verwenden.

(19) Der Verschluss der Kulturgefäße muss so ausgelegt sein, dass Freisetzungen verhindert werden.

(20) Kontaminierte Prozessabluft ist so zu behandeln, dass eine Freisetzung von Biostoffen in den Arbeitsbereich ausgeschlossen wird. Sie ist durch geeignete Verfahren wie Filtrierung durch einen Hochleistungsschwebstofffilter, thermische Nachbehandlung oder ein anderes geprüftes Verfahren zu dekontaminieren. Dies gilt z.B. für die Abluft von Autoklaven, Pumpen oder Bioreaktoren. Zur Behandlung der Abluft von Autoklaven siehe auch die Stellungnahme des ABAS "Einbauempfehlungen für Neuanlagen, Nachrüstung oder Ergänzung, zur Wahl der Abluftbehandlung von Autoklaven" [22].

(21) Der Arbeitsbereich ist durch Auffangvorrichtungen so auszulegen, dass ein unkontrollierter Austritt der Biostoffe vollständig aufgefangen werden kann.

(22) Im Schutzstufenbereich muss eine ausreichende Sterilisationskapazität vorhanden sein. Materialien und Abfälle, die den Bereich verlassen sind über einen Durchreicheautoklaven oder ein vergleichbares anerkanntes Verfahren zu dekontaminieren. Eine sachgerechte Auftragsentsorgung (vorzugsweise Verbrennung) kann erfolgen, wenn das gleiche Schutzziel erreicht wird. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der TRBA 214 wird hingewiesen [25]. Für den außerbetrieblichen Transport gelten die Gefahrgutvorschriften für die Klasse 6.2 "Ansteckungsgefährliche Stoffe" [30].

(23) Der Schutzstufenbereich muss über eine eigene Arbeitsausrüstung verfügen.

4.7.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Die Zugangstür zum Schutzstufenbereich muss neben dem "Symbol für Biogefährdung" von außen auch deutlich und dauerhaft mit der Angabe "Schutzstufe 3" und einem Hinweis auf die Zugangsbeschränkung gekennzeichnet sein.

(2) Der Zutritt zum Schutzstufenbereich ist nur berechtigten, fachkundigen sowie zuverlässigen und über die Sicherheitsanforderungen belehrten Beschäftigten gestattet. Eine Zugangskontrolle ist erforderlich. Die verantwortliche Person definiert den zutrittsberechtigten Personenkreis. In begründeten Einzelfällen genehmigt der Verantwortliche den Zugang anderer Personen (z.B. Servicepersonal) unter fachkundiger Aufsicht.

(3) Eine Person darf nur dann allein im Schutzstufenbereich arbeiten, wenn eine von innen zu betätigende Notrufanlage vorhanden ist. Die Auslösung des Notrufsignals muss willensabhängig sowie automatisch erfolgen können.

(4) Vor dem Öffnen von technischen Apparaturen, in denen mit Biostoffen umgegangen wurde, sind die verunreinigten Teile zu desinfizieren.

(5) Einrichtungen, die zur Probenahme verwendet werden, sind nach jedem Probenahmevorgang zu desinfizieren.

(6) Alle Abfälle sind zeitnah einer geeigneten Inaktivierung zuzuführen. Für die Inaktivierung sind erregerbezogen validierte physikalische oder chemische Verfahren einzusetzen.

(7) Werden Biostoffe oder Material (z.B. Geräte, Ausrüstungen), einschließlich Abfälle welches Biostoffe enthält oder enthalten kann, innerbetrieblich transportiert, muss dies in geschlossenen, formstabilen, bruchsicheren (oder in Schutz-Transportbehältern), flüssigkeitsdichten und von außen desinfizierbaren Gefäßen erfolgen. Die Gefäße müssen dauerhaft beschriftbar bzw. etikettierbar sein. Sie sind mit dem Symbol für "Biogefährdung" zu kennzeichnen und dürfen sich durch äußere Einwirkungen nicht versehentlich öffnen lassen. Die Behälter sind regelmäßig innen und außen zu desinfizieren, zudem sind sie bei jeder Kontamination von außen zu reinigen und zu desinfizieren.

(8) Nicht inaktivierte, flüssige Abfälle, die nicht in Transportbehältern transportiert werden können, sind in geschlossenen, desinfizierbaren und mit "Biogefährdung" gekennzeichneten, durchgängig geschweißten oder im Bereich von Verbindungselementen doppelwandigen Leitungen mit Leckageerkennung sicher Inaktivierungsanlagen zuzuführen. Die Leitungen sollten, sofern kein permanenter Transfer stattfindet, nach jedem Abfüllen komplett entleert werden.

(9) Kulturflüssigkeiten dürfen nicht aus dem geschlossenen System genommen werden, wenn die Biostoffe nicht durch validierte chemische oder physikalische Mittel inaktiviert worden sind. Eine Ausnahme stellt die geschlossene Probenahme dar.

(10) Vor Prüfungs-, Reinigungs-, Instandhaltungs- und Änderungsarbeiten an ggf. kontaminierten Geräten oder Einrichtungen sind diese durch das betriebliche Personal zu dekontaminieren. Dies gilt auch für Geräte/Arbeitsmittel, die zur Instandhaltung weggegeben werden. Ist eine Desinfektion nicht möglich, sind geeignete persönliche Schutzausrüstungen für das eigene und externe Instandhaltungspersonal zur Verfügung zu stellen. Die zusätzlich erforderlichen Schutzmaßnahmen sind in einer Arbeitsanweisung tätigkeitsbezogen schriftlich festzulegen und zu unterweisen. Die Unterweisung ist zu dokumentieren. Dies gilt auch für externes Personal. Die Beschäftigten sind arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen zu unterweisen. Auf unvermeidbare Restrisiken ist hinzuweisen. Die verantwortliche Person hat für die Instandhaltungsarbeiten eine schriftliche Arbeitsfreigabe zu erteilen.

(11) Die Art des Ausbaus und der Dekontamination von HEPA-Filtern sind in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Der Ausbau muss so erfolgen, dass eine Gefährdung des Wartungspersonals und anderer Personen ausgeschlossen werden kann. Folgende Verfahren können beim Filterwechsel bei Raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) und mikrobiologischen Sicherheitswerkbänken (MSW) eingesetzt werden:

  1. Sack-in-Sack Wechselsystem (RLT-Anlagen)

    Der Wechsel der HEPA-Filter erfolgt im Sackin-Sack Verfahren mit anschließender Dekontamination mit einem anerkannten Verfahren (z.B. Autoklavieren). Alternativ kann der HEPA-Filter auch einer zugelassenen Verbrennungsanlage zugeführt werden.

  2. Begasung (MSW und RLT- Anlagen)

    Die HEPA-Filter werden in situ mit einem anerkannten Begasungsverfahren (Wasserstoffperoxid oder Formaldehyd) behandelt. Die HEPA-Filter können anschließend als nicht infektiöser Abfall entsorgt werden. Die Stellungnahme des ABAS "Einsatz von HEPA-Filtern in raumlufttechnischen Anlagen in Schutz-/Sicherheitsstufe 3 und 4 - Laboratorien und Tierhaltungsbereiche" [26] ist zu berücksichtigen.

(12) Die betrieblichen Hygienemaßnahmen sind in einem Hygieneplan festzuhalten. Die speziellen Reinigungs- und Dekontaminationsverfahren sind dabei zu präzisieren.

(13) Die Betriebsanweisung, der Hygiene- und der Hautschutzplan sind an geeigneten Stellen im Produktionsbereich auszuhängen oder müssen anderweitig leicht verfügbar sein. Die Einhaltung der ausgewiesenen Maßnahmen ist zu kontrollieren.

(14) Bei der Auswahl von wirksamen Desinfektionsmitteln und spezifischen Desinfektionsverfahren ist darauf zu achten, dass deren Wirksamkeit entsprechend des geplanten Einsatzbereiches nachgewiesen ist [23], [24].

(15) Für die Desinfektion von Flächen ist die Wischdesinfektion der Sprühdesinfektion vorzuziehen. Eine Sprühdesinfektion empfiehlt sich nur für schwer zugängliche Stellen. Zur Vermeidung von Brand- und Explosionsgefahren bei der Flächendesinfektion (Wischdesinfektion) sollte auf alkoholische Präparate verzichtet werden. Die gefahrstoffrechtlichen Vorgaben sind zu beachten.

(16) Nach Beendigung der Tätigkeiten sind die Hände auch nach dem Tragen von Schutzhandschuhen zu desinfizieren und entsprechend Hautschutzplan zu pflegen. Hautschutz- und Pflegemittel müssen außerhalb des Schutzstufenbereichs zur Verfügung stehen.

(17) Arbeitsflächen müssen nach Beendigung der Tätigkeit und kontaminierte Arbeitsgeräte nach Gebrauch entsprechend Hygieneplan desinfiziert und gereinigt werden.

(18) Für den Fall des Austretens (Unfälle, Betriebsstörungen) von Biostoffen müssen wirksame Desinfektionsmittel und spezifische Desinfektionsverfahren sowie ggf. dazu erforderliche Hilfsmittel wie saugfähiges Material in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Ein kontaminierter Bereich (z.B. nach Verschütten von Organismen) ist unverzüglich zu sperren und zu desinfizieren.

(19) Vor Aufnahme von Tätigkeiten hat der Arbeitgeber einen innerbetrieblichen Plan darüber zu erstellen, wie Gefahren abzuwehren sind, die beim Versagen einer Einschließungsmaßnahme durch eine Freisetzung von Biostoffen auftreten können. Darin sind die spezifischen Gefahren und die Namen der für die innerbetrieblichen Rettungsmaßnahmen zuständigen Personen festzulegen. Die Festlegungen sind regelmäßig zu aktualisieren.

(20) Bei Verletzungen sind unverzüglich Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten. Der Arbeitgeber ist zu informieren und ggf. ist medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Besteht die Möglichkeit, dass Biostoffe aufgenommen wurden oder erscheint eine Infektion mit Biostoffen möglich, sind der Arbeitgeber und das behandelnde medizinische Personal darauf hinzuweisen.

(21) Der Arbeitgeber hat ein Biostoffverzeichnis zu erstellen. Dieses Verzeichnis muss Angaben zur Einstufung der Biostoffe in eine Risikogruppe und zu ihren sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen beinhalten. Diese Angaben müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihren Vertretungen zugänglich sein.

(22) Der Arbeitgeber hat zusätzlich ein Verzeichnis über die Beschäftigten zu führen, die Tätigkeiten der Schutzstufe 3 ausüben. In dem Verzeichnis sind die Art der Tätigkeiten und die vorkommenden Biostoffe sowie aufgetretene Unfälle und Betriebsstörungen anzugeben. Es ist personenbezogen für den Zeitraum von mindestens zehn Jahren nach Beendigung der Tätigkeit aufzubewahren.

(23) Es sind zusätzlich zur Betriebsanweisung Arbeitsanweisungen zu erstellen, die am Arbeitsplatz vorliegen müssen. Arbeitsanweisungen sind auch erforderlich für folgende Tätigkeiten mit erhöhter Infektionsgefährdung:

  1. Instandhaltungs-, Reinigungs-, Änderungs- oder Abbrucharbeiten in oder an kontaminierten Arbeitsmitteln,
  2. Tätigkeiten, bei denen erfahrungsgemäß eine erhöhte Unfallgefahr besteht,
  3. Tätigkeiten, bei denen bei einem Unfall mit schweren Infektionen zu rechnen ist; dies kann bei der Entnahme von Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs der Fall sein.

(24) Die zu dokumentierende Unterweisung erfolgt auf der Grundlage der jeweils aktuellen Betriebsanweisung, der Arbeitsanweisungen sowie des Hautschutzplans und der betrieblichen Hygienemaßnahmen (Hygieneplan).

4.7.3 Schutzkleidung, persönliche Schutzausrüstung und diesbezügliche Schutzmaßnahmen

In der Schleuse ist geeignete Schutzkleidung sowie erforderliche, geeignete PSA, z.B. Einmal-Schutzhandschuhe nach DIN EN 374-5 [29], Atemschutz (z.B. partikelfiltrierende Halbmaske FFP2) sowie Augenschutz (z.B. enganliegende Schutzbrille), oder Mund- Nasen-Schutz als Berührungsschutz entsprechend der Gefährdungsbeurteilung anzulegen und nach Beendigung der Tätigkeit wieder abzulegen. Die Schutzkleidung muss die darunterliegende Kleidung vollständig vor Kontaminationen schützen. Die Schutzkleidung ist gegebenenfalls zu kennzeichnen (z.B. farblich abgesetzt zu der in anderen Schutzstufenbereichen getragener Schutzkleidung). Die Schutzkleidung und die PSA sind vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Die Desinfektion und Reinigung der Schutzkleidung ist durch den Arbeitgeber durchzuführen oder zu veranlassen. PSA aus Einwegmaterialien sind sachgerecht zu entsorgen. Durch Einrichtung entsprechender Bereiche in der Schleuse ist zu gewährleisten, dass getragene Schutzkleidung getrennt von sonstiger Kleidung aufbewahrt wird. Für benutzte, zur Desinfektion und Reinigung vorgesehene Schutzkleidung sowie für gebrauchte PSA sind geeignete, dekontaminierbare Sammelbehälter in der Schleuse bereit zu stellen. Getragene Schutzkleidung ist vor dem Verbringen aus dem Schutzstufenbereich zu dekontaminieren. Schutzkleidung und PSA dürfen nicht außerhalb des Schutzstufenbereichs getragen werden.

5 Arbeitsmedizinische Vorsorge

Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist entsprechend den Vorgaben der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV, [27]) festzulegen.

Literaturhinweise

[1]Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV) vom 21.07.2021
[2]TRBA 100 - Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien, Ausgabe Oktober 2013
[3]TRGS 526 - Laboratorien, Ausgabe April 2008
[4]TRBA 200 - Anforderungen an die Fachkunde nach Biostoffverordnung, Ausgabe Juni 2014
[5]TRBA 400 - Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, Ausgabe März 2017
[6]Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) vom 20.07.2000
[7]Tiergesundheitsgesetz (TierSchG) vom 18.05.2006
[8]Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz - GenTG) vom 16.12.1993
[9]TRBA 460 - Einstufung von Pilzen in Risikogruppen, Ausgabe Juli 2016
[10]TRBA 462 - Einstufung von Viren in Risikogruppen, Ausgabe April 2012
[11]TRBA 464 - Einstufung von Parasiten in Risikogruppen Ausgabe Juli 2013
[12]TRBA 466 - Einstufung von Prokaryonten (Bacteria und Archaea) in Risikogruppen, Ausgabe August 2015
[13]TRBA 468 - Liste der Zelllinien und Tätigkeiten mit Zellkulturen, Ausgabe April 2012
[14]TRBA 450 - Einstufungskriterien für Biologische Arbeitsstoffe, Ausgabe Juni 2016
[15]RICHTLINIE 2000/54/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18.09.2000 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit
[16]TRBA/TRGS 406 - Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege, Ausgabe Juni 2008
[17]Robert Koch-Institut (RKI), [Online] www.rki.de
[18]Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI), [Online] www.fli.de
[19]GESTIS-Biostoffdatenbank, [Online] www.biostoffe.dguv.de
[20]TRBA 500 - Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, Ausgabe April 2012
[21]Stellungnahme des ABAS vom 05.12.2011 "Kriterien zur Auswahl der PSA bei Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe"
[22]Stellungnahme des ABAS vom 21.04.2009 "Einbauempfehlungen für Neuanlagen, Nachrüstung oder Ergänzung, zur Wahl der Abluftbehandlung von Autoklaven".
[23]Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Desinfektionsmittel/Downloads/BGBl_60_2017_Desinfektionsmittelliste.pdf?__blob=publicationFile.
[24]Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, https://www.dghm.org/desinfektionsmittelliste/.
[25]TRBA 214 - Anlagen zur Behandlung und Verwertung von Abfällen, Ausgabe Juli 2018
[26]Stellungnahme des ABAS vom 02.12.2010 "Einsatz von HEPA-Filtern in raumlufttechnischen Anlagen in Schutz-/Sicherheitsstufe 3 und 4 - Laboratorien und Tierhaltungsbereiche".
[27]Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2768), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 12. Juli 2019 (BGBl. I S. 1082).
[28]Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. März 2022 (BGBl. I S. 473).
[29]DIN EN ISO 374-5:2017-03 "Schutzhandschuhe gegen gefährliche Chemikalien und Mikroorganismen - Teil 5: Terminologie und Leistungsanforderungen für Risiken durch Mikroorganismen", Ausgabedatum 2017-03
[30]Anlage zur Bekanntmachung der Neufassung der Anlagen A und B zu dem Übereinkommen vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) in der seit dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung, Anlageband zum Bundesgesetzblatt Teil II Nr. 24 vom 25. November 2021
[31]AMR 6.5 - Impfungen als Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Tätigkeiten mit biologischen arbeitsstoffen - GMBl Nr. 76-77, 23. Dezember 2014, S. 1577, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl Nr. 23, 7. Juli 2017, S. 407
[32]AMR 3.2 "Arbeitsmedizinische Prävention" - GMBl Nr. 7, 15. März 2017, S. 118

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Bekanntmachung von Technischen Regeln hier: - TRBA 110 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Biostoffen in der biotechnologischen Produktion von Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen"

Vom 17.02.2023
GMBl. Nr. 13 vom 17.02.2023 S. 260)

- Bek. d. BMAS v. 17.2.2023 - IIIb 3-34504-7 -

Gemäß § 19 Absatz 4 der Biostoffverordnung macht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales folgende Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe bekannt:

- Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Biostoffen in der biotechnologischen Produktion von Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen
Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe - ABAS - hat die nachfolgende TRBA 110 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Biostoffen in der biotechnologischen Produktion von Biopharmazeutika, Diagnostika und Impfstoffen" beschlossen.

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