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Das Risikokonzept für krebserzeugende Stoffe des Ausschusses für Gefahrstoffe
Von der Grenzwertorientierung zur Maßnahmenorientierung

(Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin - Ausgabe März 2013)



Vorwort

Der Ausschuss für Gefahrstoffe - AGS - hat nach intensiver Diskussion zwischen den Sozialpartnern, Aufsichtspersonen der Länder und Berufsgenossenschaften und weiteren Fachleuten ein "Risikokonzept für krebserzeugende Stoffe" erarbeitet, das in besonderer Weise das Gebot der Gefahrstoffverordnung zur Minimierung der Exposition konkretisiert.

Das Risikokonzept tritt an die Stelle des früheren technikbasierten Ansatzes, ergänzt die bestehenden Instrumente Arbeitsplatzgrenzwert und Verfahrens- und stoffspezifisches Kriterium um eine Vielzahl weiterer und neuer Beurteilungsmaßstäbe sowie ein gestuftes Maßnahmenregime und bringt so den Betrieben und Aufsichtsdiensten Transparenz sowie Planungs- und Rechtssicherheit.

Als "Bekanntmachung zu Gefahrstoffen BekGS 910, Risikowerte und Exposition-Risiko-Beziehungen für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen" und über die TRGS 400 ist das Risikokonzept in das Regelwerk zur Gefahrstoffverordnung eingeführt, nun soll es im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung in der Praxis angewendet und weiter erprobt werden.

Regelungen bis 2005
Maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK) Technische Richt-Konzentrationen (TRK)
  • Konzentration eines Stoffes, die einem Arbeitnehmer auch bei wiederholter, langfristiger Exposition zugemutet werden darf, ohne dass seine Gesundheit beeinträchtigt wird
  • Keine Restgefährdung
  • "Gesundheitsbasierter" Grenzwert
  • Geringste Konzentration eines krebserzeugenden Stoffes, die nach dem Stand der Technik (vertretbarer Aufwand) erreicht werden kann.
  • Verbleibendes Restrisiko
  • "Stand der Technik" basierter Grenzwert

Grenzwerte am Arbeitsplatz: Umgang mit gefährlichen Stoffen

1 Das Risikokonzept für krebserzeugende Stoffe

1.1 Einleitung

Beschäftigte sind im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit täglich gewissen Risiken ausgesetzt: Kontakt mit gefährlichen Stoffen, Verletzungsmöglichkeiten durch Maschinen, Lärm, körperliche Fehlbelastungen oder Erkrankungen durch Stress gehören dazu. Alle Risiken auf Null zu reduzieren ist oftmals nicht möglich, ein gewisses Restrisiko bleibt bestehen. Doch steht im Vordergrund, die Arbeitssituation so sicher wie möglich zu gestalten.

Bei Tätigkeiten mit nicht krebserzeugenden Gefahrstoffen regeln Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) die zulässige Konzentration, denen Beschäftigte am Arbeitsplatz maximal ausgesetzt sein dürfen. Die AGW wurden 2005 mit der Neufassung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) eingeführt und ersetzen damit die bisherige Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK).

Der Arbeitsplatzgrenzwert ist die Konzentration eines Stoffes (als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft), die einem Beschäftigten an seinem Arbeitsplatz auch bei wiederholter und langfristiger Exposition höchstens zugemutet werden darf, ohne dass seine Gesundheit dadurch beeinträchtigt wird. Man bezeichnet solche Grenzwerte auch als "gesundheitsbasiert". AGW können aber nur für Stoffe aufgestellt werden, für die eine untere Wirkungsschwelle (Konzentration, unterhalb derer kein schädlicher Effekt mehr auftritt) im Tierexperiment nachgewiesen wurde.

Da für krebserzeugende Substanzen in der Regel jedoch keine Wirkungsschwelle bestimmt werden kann (d.h. bei keiner Konzentration kann der Stoff als völlig unbedenklich angesehen werden), wurde für solche Stoffe folglich auch kein AGW festgelegt. Um dennoch das Risiko für Beschäftigte zu minimieren wurden bis 2004 die sogenannten Technischen Richtkonzentrationen (TRK) aufgestellt. Im Gegensatz zu den AGW sind TRK nicht gesundheitsbasiert, sondern orientieren sich am jeweiligen Stand der Technik und schützen daher auch nicht vollständig vor gesundheitlichen Schäden. Unter einer TRK eines krebserzeugenden Stoffes verstand man die geringst mögliche Konzentration der Substanz (Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft), die nach dem Stand der Technik (unter vertretbarem Aufwand) erreicht werden konnte.

Schwachstellen des alten Konzeptes

Die bisherigen TRK begrenzten das Risiko für einen Beschäftigten, konnten ein variables (unbekanntes) Restrisiko aber nicht völlig ausschließen. Ein weiterer Nachteil: In der Praxis wurden die gesundheitsbasierten AGW und technisch begründeten TRK häufig als "gleich sicher" angesehen. Hauptaugenmerk lag dabei auf der Einhaltung beider Werte. Im Falle der TRK wurde vom Gesetzgeber jedoch auch bei Unterschreitung vom Arbeitgeber weiterhin eine Minimierung der Belastung gefordert, falls dies technisch möglich war.

Die Exposition sollte kontinuierlich verringert werden je nach Stand des technischen Fortschritts. In den Betrieben erfolgte das oftmals nur mit großer zeitlicher Verzögerung. Insbesondere für Arbeitsplätze mit ohnehin geringerer Belastung bestand seitens des Arbeitgebers - bei Unterschreitung der TRK - kaum Veranlassung die Exposition noch weiter zu reduzieren, selbst wenn es technisch möglich gewesen wäre. Ein weiterer Nachteil: Mangelnde Transparenz, denn auch bei Einhaltung der TRK bestand weiterhin ein "Restrisiko" an Krebs zu erkranken. Die Höhe des Restrisikos oder die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung ist jedoch von Stoff zu Stoff sehr unterschiedlich (je nach krebserzeugender Potenz) und wird durch die TRK nicht deutlich. Damit ist keine Vergleichbarkeit gegeben, und das stoffspezifische Restrisiko wird nicht benannt.

Schwachstellen des TRK-Konzeptes

Bisherige Nachteile: Mangelnde Transparenz und Minimierungsdruck

Mit der Neuregelung der Gefahrstoffverordnung im Jahr 2005 sind die TRK außer Kraft getreten. Stattdessen wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ein neues, risikoorientiertes Konzept für die Beurteilung der Gefährdung durch krebserzeugende Stoffe erarbeitet, das zurzeit in der Praxis erprobt wird und sich transparenter an den Restrisiken für die einzelnen Stoffe orientiert.

Stärken des neuen Risikokonzeptes für krebserzeugende Stoffe

Neu am Risikokonzept - und darin unterscheidet es sich grundlegend vom früheren TRK-Konzept - ist sein gestufter Ansatz: je höher die Belastung durch einen krebserzeugenden Stoff und das damit verbundene Restrisiko ist, desto höher ist auch der Minimierungsdruck. Damit bietet es einen einheitlichen, konsistenten und eindeutigen Vergleichs- und Bewertungsmaßstab bezüglich der Expositionen am Arbeitsplatz und der Dringlichkeit, durch zusätzliche Maßnahmen die Belastung an den Arbeitsplätzen zu minimieren.

Stärken des neuen Konzeptes

Erhöhter Minimierungsdruck: Proportional zum Risiko

1.2 Grundlagen

Das Risikokonzept definiert zunächst drei Bereiche - hohes, mittleres und geringes Risiko - und folgt damit dem altbekannten Ampelprinzip (rot/gelb/ grün).

Die Grenze zwischen hohem Risiko (roter Bereich) und mittlerem Risiko (gelber Bereich) wird als Toleranzrisiko bezeichnet. Das Toleranzrisiko entspricht einem statistischen zusätzlichen Krebsrisiko von 4 : 1.000, d.h. dass statistisch von 1.000 während des gesamten Arbeitslebens exponierten Personen vier an Krebs erkranken. Dieser Wert entspricht in etwa dem Risiko eines Beschäftigten in der Landwirtschaft, tödlich zu verunglücken, oder dem Risiko eines beruflich mit Gefahrstoffen unbelasteten Nichtrauchers, an Lungenkrebs zu erkranken. Oberhalb des Toleranzrisikos sollten Arbeitnehmer grundsätzlich nicht (oder nur kurzzeitig) exponiert werden.

Die Grenze zwischen mittlerem Risiko (gelber Bereich) und niedrigem Risiko (grüner Bereich) bezeichnet man als Akzeptanzrisiko. Das Akzeptanzrisiko entspricht in der Einführungsphase bis 2013 einem statistischen zusätzlichen Krebsrisiko von 4 : 10.000, d.h. dass statistisch von 10.000 während des gesamten Arbeitslebens exponierten Personen vier an Krebs erkranken. Ab 2013 bis spätestens 2018 wird es auf 4 Fälle pro 100.000 verringert.

bild

Damit entspricht es der Krebswahrscheinlichkeit außerhalb des Arbeitsplatzes ("allgemein verbleibendes Umweltrisiko"). Für Tätigkeiten, die sich im Bereich mittleren Risikos bewegen (unterhalb des Toleranz-, aber oberhalb des Akzeptanzrisikos), müssen die Belastungen weiterhin kontinuierlich abgesenkt werden. Das Konzept sieht einen entsprechenden detaillierten Maßnahmenkatalog vor.

Unterhalb des Akzeptanzrisikos werden zunächst keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen vom Arbeitgeber zwingend gefordert.

Toleranzrisiko

Toleranzrisiko = Gefahrenschwelle

1.3 Anwendung des Konzeptes auf Einzelstoffe - Ermittlung des stoffspezifischen Risikos

Zunächst muss für jeden Stoff das bestehende Risiko ermittelt werden, damit festgestellt werden kann, ob die Belastung im hohen, mittleren oder niedrigen Risikobereich liegt. Ist ein Beschäftigter zum Beispiel täglich einer Konzentration von 1mg / m3 ausgesetzt, könnte sein Risiko 1 Krebsfall auf 1.000 (hohes Risiko) oder aber auch nur 1 Krebsfall auf 10.000 (niedriges Risiko) sein - je nach Wirkungsstärke des Stoffes. Durch Ableitung von sogenannten stoffspezifischen Expositions-Risiko-Beziehungen (ERB) ist es möglich, bei entsprechender Datenlage für jeden Stoff separat festzustellen, wie hoch die statistische Wahrscheinlichkeit ist, bei einer bekannten Belastung über täglich 8 Stunden über 40 Arbeitsjahre an Krebs zu erkranken.

Diese Methodik ist in einem umfangreichen "Leitfaden zur Quantifizierung von Krebsrisikozahlen bei Exposition gegenüber krebserzeugenden Gefahrstoffen für die Grenzwertsetzung am Arbeitsplatz" beschrieben. Die Ableitung einer solchen Beziehung geht in der Regel von Tierversuchen aus, jedoch können auch Erfahrungen am Menschen Grundlage einer ERB-Ableitung sein. Die ERB-Ableitung berücksichtigt zusätzlich zum krebserzeugenden Potenzial eines Stoffs auch sein weiteres Gefährdungspotenzial (z.B. bei Acrylamid). Die Ableitung von ERB für alle krebserzeugenden Stoffe kann jedoch ein langwieriges Vorhaben sein. Zur Erinnerung: Ende 2004 gab es für etwas mehr als 70 Stoffe eine TRK. Derzeit gibt es eine rund 30 Stoffe umfassende Prioritätenliste, für die ERB bereits abgeleitet sind oder noch abgeleitet werden sollen.

Akzeptanzrisiko

Bis 2013 wird es übergangsweise 4 : 10.000 betragen, da zurzeit eine weitere Absenkung vielfach nicht möglich erscheint.

Akzeptanzrisiko = Besorgnisschwelle

Zitat:
"Ich stehe hinter dem Konzept, weil der Einstieg in die gesellschaftliche Diskussion über Risiken gewagt wird und neue Ansätze dabei helfen, insbesondere unser Wissen in dem schwierigen Bereich der krebserzeugenden Stoffe zu erweitern. Wichtig ist, dass in der Erprobungsphase neue Erkenntnisse zur Anwendung in der Praxis erkannt und transparent gemacht werden."
Prof. Dr. Helmut Blome
Direktor Institut für Arbeitsschutz - IFA der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung

1.4 Anwendung des Konzeptes auf Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen - Gestuftes Maßnahmenkonzept zur weiteren Minimierung des Risikos

Erst der Vergleich der Expositionshöhe, der die Beschäftigten am Arbeitsplatz ausgesetzt sind, mit den abgeleiteten stoffspezifischen Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen entscheidet über die Notwendigkeit und Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen nach einem abgestuften Maßnahmenkonzept. Dieses Maßnahmenkonzept umfasst 19 Einzelmaßnahmen, die in fünf Kategorien (Administration, Technik, Organisation, Arbeitsmedizin und Substitution) eingeordnet sind.

Die Verbindlichkeit der einzelnen Maßnahmen hängt vom jeweils vorliegenden Risikobereich ab. Ein Beispiel: Atemschutz ist bei Tätigkeiten mit einatembaren krebserzeugenden Stoffen bei hohen Risiken Pflicht, im Bereich mittlerer Risiken bei kurzen Belastungsüberschreitungen vorzuschreiben und im Übrigen zumindest anzubieten (persönliche Entscheidung der Beschäftigten), im grünen Bereich bei niedrigen Risiken aber nicht vorzuschreiben und nicht anzubieten. Es gilt: je höher das Risiko, desto höher sind auch die Anforderungen für die erforderliche Maßnahme. So ist die Substitution eines gefährlichen Stoffes zwar bei hohen Risiken verpflichtend (wenn es Alternativen gibt), im Bereich niedriger und mittlerer Risiken dürfen aber auch technische Möglichkeit und Verhältnismäßigkeit in die Entscheidung einbezogen werden.

Das Ergebnis der jeweiligen Gefährdungsbeurteilung soll den Beschäftigten im Zuge der Unterweisung am Arbeitsplatz offen gelegt werden. Es soll verdeutlicht werden, dass unterschiedliche Tätigkeiten möglicherweise mit unterschiedlichen Risiken verknüpft sein können und dementsprechend andere Sicherheitsmaßnahmen nach sich ziehen müssen. Die genauen Maßnahmen zur Minimierung müssen im Betrieb dokumentiert und transparent kommuniziert werden.

Zitat:
"Ich stehe hinter dem Konzept, weil Risiken jetzt nicht mehr ver steckt werden. Mit diesem Konzept können wir alle ganz gezielt dort aktiv werden, wo Beschäftigte besonders hohen Krebsrisiken ausgesetzt sind."
Dr. Bettina Schröder
Referentin für Chemikalien- und Gefahrstoffrecht, Freie und Hansestadt Hamburg

bild

Gestuftes Maßnahmenkonzept (Auszug aus BekGS 910 )
MaßnahmeNiedriges RisikoMittleres RisikoHohes Risiko
Administrativ BehördeAnzeige (wenn Vorraussetzung gegeben) Maßnahmenplan(Anzeige,) Maßnahmenplan, Verbot, Genehmigung mit Auflage '
Technische MaßnahmenRäumliche Abtrennung (Expositions-Minimierung)Technische Maßnahmen Räumliche Abtrennung ExpositionsminimierungTechnische Maßnahmen Räumliche Abtrennung Expositionsminimierung
Organisatorische MaßnahmenHygienemaßnahmen
Betriebsanweisung, Unterweisung, Schulung
Risikokommunikation
Optimierung bzw.Minimierung der Expositionsdauer und Exponiertenzahl
Arbeitsmedizin UntersuchungAngebotPflicht *Pflicht *
SubstitutionWenn verhältnismäßigIm Rahmen der Verhältnismäßigkeit verpflichtendZwingend, wenn möglich
*) Diese Empfehlung des AGS ist rechtlich nicht verankert und löst aus sich heraus keine rechtliche Verpflichtung aus.
Anwendung auf Arbeitsplätze: Gestufte Maßnahmen

1.5 Integration des Risikokonzeptes ins Gefahrstoffrecht

Das Konzept befindet sich gegenwärtig noch in der Erprobungsphase. Bevor es in die bestehende Gefahrstoffverordnung rechtsverbindlich integriert werden kann, müssen eventuelle Schwachstellen erkannt und behoben werden. Als möglicher Zeitpunkt wird gegenwärtig die zum Juni 2015 erforderliche Änderung der GefStoffV ins Auge gefasst. Eigentlicher Beginn der Erprobungsphase ist die Verknüpfung des Konzepts mit dem Technischen Regelwerk über eine entsprechende Ergänzung der TRGS 400 (Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen), die vom AGS im November 2010 beschlossen wurde. Über die TRGS 400 sind die Betriebe aufgefordert, bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen auf das beschriebene Maßnahmenkonzept zurückzugreifen, auch wenn einige der enthaltenen Maßnahmen noch nicht greifen (z.B. muss für die administrativen Maßnahmen "Genehmigung mit Auflagen" und "Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde" noch die Rechtsgrundlage geschaffen werden). Um eine Rechtsgrundlage für die Veranlassung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen zu schaffen, wird zusätzlich die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge anzupassen sein.

Integration ins Gefahrstoffrecht

Nächster Schritt: Erprobung über TRGS 400 

Liste stoffspezifischer Akzeptanz- und Toleranzwerte
Stand: Juli 2012
StoffAkzeptanzkonzentration (Risiko 4 x 10-4)Toleranzkonzentration (Risiko 4 x 10-3)Hinweise
a
Acrylamid0,07 mg/m3 cd
Acrylnitril0,26 mg/m3 (0,12 ppm)2,64 mg/m3 (1,2 ppm)
Asbest10.000 Fasern/m3100.000 Fasern/m3b
1,3-Butadien0,5 mg/m3 (0,2 ppm)5 mg/m3 (2 ppm)
Trichlorethen33 mg/m3 (6 ppm)60 mg/m3 (11 ppm)
Aluminiumsilikat Fasern10.000 F/m3100.000 F/m3e
4,4'-Methylendianilin0,07 mg/m30,7 mg/m3c
Ethylenoxid0,2 mg/m3 (0,1 ppm)2 mg/m3 (1 ppm)
Benzo(a)pyren in bestimmten PAK-Gemischen70 ng/m3700 ng/m3f
Benzol0,2 mg/m3 (60 ppb)1,9 mg/m3 (0,6 ppm)
Epichlorhydrin2,3 mg/m3 (0,6 ppm)g

2 Liste stoffspezifischer Akzeptanz- und Toleranzwerte

Stoffspezifische Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen für krebserzeugende Stoffe auf der Grundlage von Exposition-Risiko-Beziehungen (ERB) macht der AGS in der BekGS 910, Nr. 3, bekannt. Die Liste nach BekGS 910 wird kontinuierlich erweitert. Die jeweils aktuelle Fassung finden Sie auf der Webseite der BAuA (s. auch Weiterführende Informationen).

Stoffe, die derzeit zur Bearbeitung anstehen, für die ERB oder - falls möglich - Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) abgeleitet werden sollen, sind in die Bearbeitungsliste des AGS - UA III zur TRGS 900 und BekGS 910 aufgenommen worden.

Fußnoten zur Liste nach BekGS (Stand: Juli 2012)

a) Begründungen für die Festlegung von Stoffspezifischen Konzentrationswerten und Exposition-Risiko-Beziehungen sind veröffentlicht unter www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/Begruendungen-910.html

b) Die TRGS 519 "Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten" und TRGS 517 "Tätigkeiten mit potenziell asbesthaltigen mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellten Zubereitungen und Erzeugnissen" enthalten die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Asbest und asbesthaltigen Gefahrstoffen im Sinne des Maßnahmenkonzeptes zur Risikominderung entsprechend der nachstehenden Anlage 1 Nr. 5.2.

c) Nach dem Stand der Technik kann der Akzeptanzwert unterschritten werden. Siehe hierzu auch nachstehende Anlage 1 Nr. 5.2, insbesondere das Verschlechterungsverbot bei vorhandenen Maßnahmen.

d) Der Konzentrationswert von 0,7 mg/m3, der gemäß ERB für Acrylamid dem Toleranzrisiko entspricht, wird nicht als Toleranzwert entsprechend der Bekanntmachung 910 festgelegt, da bei dieser Konzentration chronische, nicht krebserzeugende Gesundheitsrisiken nicht auszuschließen sind. Bei Überschreitung einer Arbeitsplatzkonzentration von 0,15 mg/m3 sind die gleichen Maßnahmen gemäß Gefahrstoffverordnung zu ergreifen wie bei Überschreitung eines AGWs. Bei Arbeitsplatzkonzentrationen zwischen 0,07 mg/m3 und 0,15 mg/m3 sind die Maßnahmen zu ergreifen, die in der Bekanntmachung 910 im gestuften Maßnahmenkonzept zur Risikominderung für den Bereich mittleren Risikos (Maßnahmenbereich) beschrieben sind.

e) Bei der Anwendung dieser ERB zur Festlegung der Schutzmaßnahmen sind die bestehenden Unsicherheiten bei der wissenschaftlichen Ableitung zu berücksichtigen. Die TRGS 558 "Tätigkeiten mit Hochtemperaturwolle" enthalten die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen im Sinne des Maßnahmenkonzeptes zur Risikominderung entsprechend der nachstehenden Anlage 1 Nr. 5.2.

f) Benzo(a)pyren dient als Leitkomponente. Die Ableitung der Akzeptanz- und Toleranzkonzentration erfolgte auf der Grundlage von Daten bei Tätigkeiten u.a. in folgenden industriellen Bereichen: Kokereien, Kohlevergasung und -verflüssigung, Aluminiumproduktion, Eisen- und Stahlgießereien, Herstellung von Graphit- und Kohleelektroden, Teerdestillation und -verarbeitung, Holzimprägnierung, Schornsteinfegen.

g) Der Konzentrationswert von 23 mg/m3 (6 ppm), der gemäß ERB für Epichlorhydrin dem Toleranzrisiko entspricht, wird nicht als Toleranzkonzentration entsprechend der BekGS 910 festgelegt, da bei dieser Konzentration chronische, nicht krebserzeugende Gesundheitsrisiken nicht auszuschließen sind. Bei Überschreiten einer Arbeitsplatzkonzentration von 8 mg/m3 (2 ppm), Überschreitungsfaktor: 2, sind die gleichen Maßnahmen gemäß Gefahrstoffverordnung zu ergreifen wie bei Überschreitung eines AGW. Bei Arbeitsplatzkonzentrationen zwischen 2,3 mg/m3 und 8 mg/m3 sind die Maßnahmen zu ergreifen, die in der BekGS 910 im gestuften Maßnahmenkonzept zur Risikominderung für den Bereich mittleren Risikos (Maßnahmenbereich) beschrieben sind.

3 Weiterführende Informationen

Wer sich über den aktuellen Stand der Regelungen des AGS zum Risikokonzept informieren möchte, stoffbezogene Informationen sucht, oder wen Entstehung und Umsetzung des Konzeptes im Detail interessiert, der findet in diesem Abschnitt eine Auflistung leicht zugänglicher Quellen. Viele der Quellen stehen als Downloads auf den Webseiten der BAuA oder der DGUV zur Verfügung.

Auf den Seiten der BAuA finden Sie u.a. die Regelungen des AGS in ihrer jeweils aktuellen Fassung sowie Projektberichte und Fachbeiträge zum Thema. Die DGUV stellt u.a. zu jedem Stoff nach BekGS 910 ein Informationsblatt zur Verfügung sowie viele Links zu Artikeln in "Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft".

Regelungen und Dokumente des AGS

Bekanntmachung zu Gefahrstoffen 910:
Risikowerte und Exposition- Risiko-Beziehungen für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen

Die Bekanntmachung enthält den Beschluss des AGS zu stoffübergreifenden Risikogrenzen für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen, sowie stoffspezifische Akzeptanz- und Toleranzwerte für bestimmte Stoffe.

In Anlage 1 der TRGS 910 finden sich die Begründungen für die Festlegung der stoffübergreifenden Risikogrenzen und des darauf aufbauenden gestuften Maßnahmenkonzeptes zur Risikominderung.

Anlage 2 der TRGS 910 enthält den Leitfaden zur Quantifizierung von Krebsrisikozahlen, mit dessen Hilfe Exposition-Risiko-Beziehungen nach einheitlicher Methodik erarbeitet werden sollen.

www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/ TRGS/Begruendungen-910.html

Leitfaden zur Quantifizierung von Krebsrisikozahlen bei Exposition gegenüber krebserzeugenden Gefahrstoffen für die Grenzwertsetzung am Arbeitsplatz. Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) (2008)
Das Papier des Arbeitskreises Risikoableitung im Unterausschuss "Gefahrstoffbewertung" (UA III) des AGS wurde als Anlage 2 in BekGS 910 übernommen
www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd34.html

Bekanntmachung zu Gefahrstoffen 911:
Fragen und Antworten zum Risikokonzept gemäß BekGS 910

Die BekGS 911 ist ein Fragen-Antworten-Katalog, anhand dessen Prinzip und Grundbegriffe des Risikokonzeptes für den Anwender praxisnah erläutert werden.
www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/Bekanntmachung-911.html

Vom AGS verabschiedete Exposition-Risiko-Beziehungen
Diese Graphik (BAuA) zeigt eine vergleichende Darstellung der Exposition-Risiko-Beziehungen für die Stoffe nach BekGS 910. Neben den stoffspezifischen Konzentrationswerten ist auch die Lage der sogenannten AGW-analogen Schwellenwerte kenntlich gemacht.
www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/Risikobewertung/Risikobewertung.html

Renn O. unter Beteiligung der Projektgruppe
Risikoakzeptanz des AGS:

Akzeptabilität von Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz - Ein neues Konzept zur Bewertung von Risiken durch krebserzeugende Stoffe (2010)
www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/Risikobewertung/Risikobewertung.html

Stoffbezogene Informationen

Informationsblätter für Stoffe mit Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen
www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/stoffliste/index.jsp

Fachbeiträge und Projekte

Klein, H.; Wahl, H.; Smola, A.
Das Risikokonzept des AGS für krebserzeugende Stoffe richtig verstehen und im EU-Kontext betrachten. StoffR 3 2012, S. 103-107

Steinhausen, M.; Van Gelder, R.; Gabriel, S.:
Arbeitsbedingte Expositionen von krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Substanzen in Deutschland (Teil 2): Stoffe mit ERB nach BekGS 910.

Gefahrstoffe - Reinhalt. Luft 72 (2012) Nr. 9, S. 347-358

Nies, E.; Hecker, D.; Ott, H.; Degen, G.H.; Kalberlah, F.; Stropp, G.
Expositionsbegrenzungen und Expositions-Risiko-Beziehungen - Schritte zur Konkretisierung des deutschen Risikokonzepts für krebserzeugende Arbeitsstoffe.
Gefahrstoffe - Reinhalt. Luft 72 (2012) Nr. 5, S. 183-190

Wriedt, H.
Das Risikokonzept für krebserzeugende Gefahrstoffe - Zwischenbilanz und Ausblick.
Gefahrstoffe - Reinhalt. Luft 70 (2010) Nr. 9
www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/wriedt.pdf

Expositionsbeurteilung bei krebserzeugenden Stoffen. Fragen und Antworten zum neuen Risikokonzept, speziell zum Thema Exposition-Risiko-Beziehung (ERB).
Hrsg.: Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), Sankt Augustin
www.dguv.de/ifa, Webcode d105371

Beiträge in Gefahrstoffe - Reinhalt. Luft 68 (2008) Nr. 7/8:

Smola, A.; Klein, H.
Risikobasiertes Grenzwertekonzept für krebserzeugende Stoffe.
www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/editorial.pdf

Bender, H.F.
Ergebnisse der Projektgruppe Risikoakzeptanz des AGS.
www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/bender.pdf

Renn, O.
Die Akzeptabilität von Risiken.
www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/renn.pdf

Kalberlah, F.
Quantitative Risikoabschätzung für krebserzeugende Stoffe am Arbeitsplatz - Der Leitfaden des "Arbeitskreises Risikoableitung".
www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/kalberlah. pdf

Degen, G. H.; Nies, E.
Luftgrenzwerte für krebserzeugende Arbeitsstoffe - aus der Arbeit des "AK CM" im AGS. www.dguv.de/ifa/de/pub/grl/pdf/2008_090.pdf

Keidel, H.; Schröder, B.
Akzeptanzwerte erreichen: Umsetzungskonzepte und Rolle der Aufsicht.
www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/keidel.pdf

Simon, P.; Bochmann, F.; Kleine, H.; Lichtenstein, N.
Risikokommunikation im Betrieb - eine neue Herausforderung.
www.dguv.de/ifa/de/pub/grl/pdf/2008_091.pdf

Müller-Knöß, P.; Weiss, S.; Wriedt, H.
Neue Instrumente, offenen Fragen und Fortführung der Risikodiskussion. www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/muellerknoess.pdf

Fox, G.; Krutz, K.; Kujath, P.
Risikoakzeptanz und arbeitsmedizinische Vorsorge bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen. www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/fox.pdf

Brokamp, H.; Hendrikx, B.
Risikobasiertes Grenzwertkonzept in den Niederlanden - Entwicklungen und Erfahrungen. www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/brokamp.pdf

Konietzka, R.
Bewertung und Begrenzung von Umweltrisiken durch krebserzeugende Stoffe. www.dguv.de/ifa/de/fac/erb/grundlagen/konietzka.pdf

BAuA Projektbericht:
Kalberlah, F.; Bloser, M.; Wachholz, C.
Toleranz- und Akzeptanzschwelle für Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz.
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2005. 174 Seiten, Projektnummer: F 2010, Papier, Pdf-Datei
www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2010.html

N. Rupprich
Wann wird ein Krebsrisiko als Gefahr bewertet? Vortrag anläßlich der 28. Umweltrechtlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht im November 2004 in Leipzig
www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/Risikobewertung/Risikobewertung.html

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