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Butan-1,4-diol
(CAS-NR.: 110-63-4)
Ausgabe:
Januar 2006
Stand:
Juli 1995
Vorgeschlagener Wert: | 200 mg/m3; 50 ml/m3 |
1. Substanzcharakteristik
Substanzname: | 1,4-Butandiol |
Strukturformel: | OH-CH2-CH2-CH2-CH2-OH |
Summenformel: | C4H10O2 |
CAS-Nr.: | 110-63-4 |
Molare Masse: | 90,0 g/mol |
Schmelzpunkt: | 19,5°C |
Siedepunkt: | 230°C |
Flammpunkt: | 134°C |
Zündtemperatur: | 370°C |
Dampfdruck: | <1 mbar |
spezifisches Gewicht: | 1,01 g/m3 |
Löslichkeit: | Wasser: mischbar |
Aussehen: | fest/flüssig |
Umrechnungsfaktoren: | 1 ml /m3 = 4, 1 mg/m3 |
Gefährliche Reaktionen: |
2 Grenzwerte, Einstufungen, Regelungen
1,4-Butandiol ist weder im Anhang VI der Gefahrstoffverordnung noch im Anhang I der EU-Richtlinie "Gefährliche Stoffe" gelistet.
Gemäß Gefahrstoffverordnung und "EU-Leitfaden zur Einstufung und Kennzeichnung" ist jedoch zu kennzeichnen:
Gefahrensymbol: | Xn |
R-Sätze: | 22 |
S-Sätze: | 16- 29 |
Wassergefährdungsklasse: | 1 |
3 Herstellung, Verwendung, Exposition
Butandiol wird durch Hydrierung von Butindiol hergestellt. Als großtechnisches Zwischenprodukt dient es zur Herstellung von Polyurethanen und von Polybutylenterephthalaten (thermoplastische Polyester).
4 Erfahrungen am Menschen
Bei 7 Patienten, denen rektal 15 - 30 g 1,4-Butandiol (0,21 - 0,42 g/kg Körpergewicht) als Abführmittel verabreicht wurden, kam es zu Vergiftungserscheinungen, von denen zwei tödlich verliefen. 10 - 20Minuten nach Applikation verfielen die Patienten in einen komatösen Zustand, der durch tiefe Bewusstlosigkeit, enge Pupillen und totale Areflexie gekennzeichnet war und 1 - 16 Stunden andauerte. Fünf Patienten erholten.sich spontan oder nach Gabe von Analeptica. Bleibende Schäden wurden hier nicht beobachtet. Bei den zwei verstorbenen Patienten waren Nierenschädigungen nachzuweisen. Die histologischen Präparate zeigten Kernverluste und Trübung an den Epithelien der Harnkanäle in Verbindung mit Eiweißmassen in der Lichtung der Kanälchen (Hinrichs, A.; Kopf, R.; Loeser, A.; "Zur Toxikologie des 1,4-Butandiol", Pharmazie 3, 110 - 112 (1948)).
In Abhängigkeit der Tätigkeiten, der eingesetzten technischen Verfahren und sicherheitstechnischen Einrichtungen werden beim Umgang mit 1,4-Butandiol Konzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz zwischen 0 und 10 ppm gemessen.Bei kurzfristigen Tätigkeiten, wie z.B. Probenahme, Be- und Entfüllvorgängen, werden Konzentrationen als Kurzzeitwerte bis zu 2 Stunden von 1 bis 10 ppm gemessen.
Die Schichtmittelwerte liegen bei Herstellung und Verwendung bei über 50 Messungen typischerweise unter 1 ppm.
5 Toxikologische Daten
Soweit nicht anderweitig gekennzeichnet, sind alle Daten dem EUCLID Stoffdatensatz vom 30.06.1995 entnommen.
1,4-Butandiol zeigt im Tierversuch eine geringe bis mäßige akute Toxizität. Die orale LD50 an der Ratte liegt in mehreren Studien im Bereich von 1.000 - 2.000 mg/kg. Die inhalative Exposition in akuten Versuchen gegenüber Konzentrationen von 5,1 mg/l führte bei Ratten zu klinischen Symptomen (beschleunigte, zum Teil flache Atmung, Nasenausfluss, schwankender Gang), jedoch nicht zu Todesfällen. Die klinische Symptomatik wurde nur in den ersten 24 Stunden nach der Exposition beobachtet.
Den Studien zur Haut- und Schleimhautreizwirkung zufolge besitzt die Substanz weder eine nennenswerte Reizwirkung auf die Haut noch auf die Augen.
Im Patch-Test an mehr als 200 Freiwilligen wurde keine sensibilisierende Wirkung auf die Haut festgestellt.
Die Substanz zeigte weder im Ames-Test noch im "Sexlinked Recessive Lethal"-Test an Drosophila melanogaster eine gentoxische Wirkung.
Langzeituntersuchungen zur routinemäßigen Abklärung eines kanzerogenen Potentials werden laut einer Mitteilung des NTP (08.04.94) zur Zeit durchgeführt. Untersuchungen zur Reproduktionstoxizität sind ebenfalls geplant.
Die Substanz wird nach oraler Gabe vom Körper gut aufgenommen und über die Leber eliminiert. Der Abbau von 1,4-Butandiol verläuft oxidativ mit Hilfe der Alkoholdehydrogenase zu r-Hydroxybuttersäure (GABA), die dann weiter zu Succinat und letztendlich zu CO2. metabolisiert wird. Es besteht eine kompetitive Hemmung des Metabolismus durch Ethanol,so dass bei gleichzeitiger Ethanolgabe die entsprechenden Gewebskonzentrationenan 1,4-Butandiol wesentlich höher ausfallen. Die neuropharmakologische Wirkung der Substanz (anästhetisch, ZNS-depressiv) wird vermutlich durch den Metaboliten T-Hydroxybuttersäure bewirkt.
Einige ältere Untersuchungen zur Toxizität bei wiederholter Verabreichung an Ratten nach inhalativer bzw. oraler Zufuhr sind aufgrund von Studiendurchführung und Darstellung nur eingeschränkt bewertbar.Bei wiederholter Applikation intraperitonealer Dosen von 500 und 1.000 mg/kg über 14 Tage wurde eine narkotische Wirkung der Substanz beobachtet.
Bei Applikation über das Trinkwasser zeigte die Substanz bei einer täglichen Dosis von etwa 500 mg/kg Körpergewicht bei Ratten über10 Wochen außer vorübergehendem Gewichtsverlust keine toxischen Symptome. In dieser Untersuchung wurden für 1,4-Butandiol im direkten Vergleich mit 2,5-Hexandion und 2,5-Hexandiol weder neurologische Symptome noch morphologische neurotoxische Wirkungen festgestellt.
Die Sondierung von 100, 300 bzw. 600 mg/kg und Tag an trächtige Ratten vom 6. - 15. Trächtigkeitstag führte in den beiden oberen Dosisgruppen zu ZNS-Depression und verminderter Gewichtszunahme bei den Muttertieren und zu einer leichten Reduktion der Fetalgewichte. Hinweise auf eine selektivfetale Toxizität ergaben sich nicht. 100 mg/kg und Tag blieben ohne Wirkung.
Zur inhalativen Toxizität liegt eine russische 4 Monatsstudie an der Ratte vor (1,5 - 2 mg/l; 2 h/Tag als Aeorosol; 0,3 - 0,5 mg/l; 2 h/Tag als Dampf). Bei der Dampfexposition wurden keine Effekte beobachtet, bei Aerosolexposition unspezifische und für Aerosole typische Effekte an den Atmungsorganen. Die Studie wird aufgrund ihrer wenig detaillierten Darstellung und der lediglich auf 2 Stunden pro Tag beschränkten Expositionszeit nicht zur Ableitung des ARW herangezogen.
In einer weiteren Studie mit inhalativer Exposition über 2 Wochen (6Stunden täglich, 5 Tage/Woche) wurden lediglich in der höchsten- bereits mit Aerosolen einhergehenden -Konzentration (5,2 mg/l = ca. 1.450 ppm) veränderte hämatologische und biochemische Parameter sowie Atrophie der lymphoiden Zellen im Thymus und verringerte Herzgewichte festgestellt. Bei beiden letztgenannten Erscheinungen ist die biologische Relevanz fraglich, zumal in einer 2wöchigen Nachbeobachtungsphase solche Veränderungen nicht mehr zu sehen waren. Als "no adverse effect level" wurden 1,1 mg/l (= ca. 300 ppm als Dampf) angegeben.
In Anlehnung an diese Untersuchung und den dabei ermittelten "no effect level"von 1,1 mg/l wird ein firmeninterner Richtwert von 200 mg/m3 bzw.50 ml/m3 abgeleitet. Für die Ableitung des Richtwertes wurden folgende Überlegungen besonders gewichtet, zumal derzeit für strukturell vergleichbare Dialkohole keine MAK-Werte existieren.
6 Bewertende Zusammenfassung
Beim Menschen beschriebene akute Vergiftungsfälle traten nach medizinischer Anwendung hoher Dosen auf. Für die Exposition am Arbeitsplatz zeigen sie keine Gefährdungen an.
Zur Ableitung des ARW wird im wesentlichen eine 14 Tage-Inhalationsstudie an der Ratte herangezogen. Der "no effect level" betrug hier 1,1 mg/l bzw.ca. 300 ppm. Beim Übergang in den Aerosolbereich (5,2 mg/l; 14 Tage bzw. 1,5 - 2 mg/l; 4 Monate) fanden sich nur unspezifische und im wesentlichen Aerosoltypische Effekte. Insgesamt erscheint die Datenlage als ausreichend,um einen Arbeitsplatzrichtwert von 200 mg/m3 bzw. 50 ml/m3 zu empfehlen.
7 Analysenmethode
Messprinzip: | Mit Hilfe einer Pumpe wird ein definiertes Luftvolumen durch ein Glasröhrchen gesaugt, das mit Aktivkohle gefüllt ist.Anschließend wird das adsorbierte Butandiol mit Dichlormethan/Methanol (9 : 1) desorbiert und gaschromatographisch bestimmt. |
Bestimmungsgrenze: | absolut: 1,87 ng 1,4-Butandiol
relativ: 0,075 mg/m3 1,4-Butandiol bei 25 l Probeluft, 1 ml Desorptionslösung und 1 µl Injektionsvolumen |
Selektivität: | Die Selektivität ist in jedem Einzelfall zu prüfen. |
Vorteile: | Personenbezogene und selektive Messungen möglich. |
Nachteile: | Keine Anzeige von Konzentrationsspitzen. |
Apparativer Aufwand: | Pumpe mit Gasmengenzähler oder Volumenstromanzeiger, Adsorptionsröhrchen, Gaschromatograph mit Flammenionisationsdetektor. |
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