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103. Luftgrenzwert für Schwefeldioxid
(CAS-Nr.: 7446.09.5)

Ausgabe: März 2003
(BArbBl. Heft 3/2003 S. 79, 91)



Betriebe der Zellstoffproduktion nach dem Bisulfitverfahren (Kocherei, Waschstraße und Chemikalienrückgewinnung) , * chemische und pharmazeutische Industrie, Anlagen zur NE-Metall-Gewinnung
Überprüfung zum 28.02.2006
2,5 mg/m3 E
im Übrigen1,3 mg/m3 E

* bis 28.02.2006 gilt für die Betriebe der Zellstoffindustrie der bisherige Luftgrenzwert von 5 mg/m3 (2 ml/m3)

Spitzenbegrenzung, Überschreitungsfaktor: 1

Bemerkung 35: Hinsichtlich der Spitzenbegrenzung gilt folgende

Regelung:

Kurzzeitwertdauer max. 15 Minuten als Mittelwert, Häufigkeit pro Schicht 4, Zeitabstand mindestens 1 Std.

Für Schwefeldioxid gilt neben dem arbeitsmedizinisch-toxikologisch begründeten Grenzwert von 1,3 mg/m3 E vorläufig ein technikbasierter gesplitteter Luftgrenzwert nach dem TRK- Konzept für bestimmte Bereiche.

1 Anmerkungen zur Arbeitsmedizin und Toxikologie

siehe Schwefeldioxid in [1]

2 Messverfahren

Bei dem Messverfahren wird zur Probenahme Raumluft mit einer geeigneten Probenahmepumpe durch ein Sammelröhrchen gesaugt, das als Absorbens eine mit Kaliumhydroxid beschichtete Aktivkohle enthält. Dem Röhrchen ist ein Quarzfaserfilter zur Abscheidung partikulärer Sulfate vorgeschalter. Die Elution erfolgt mittels alkalischer Wasserstoffperoxidlösung. Schwefeldioxid wird dabei vollständig zum Sulfat oxidiert. Die analytische Bestimmung erfolgt ionenchromatografisch. Die Bestimmungsgrenze beträgt bei einem Probeluftvolumen von 24 L 0,07 mg/m3 (absolut 33 ng) [2].

3 Messergebnisse

3.1 Zellstoffindustrie

Bei der Herstellung von Papier werden zurzeit weltweit 2 unterschiedliche Verfahren eingesetzt, das Sulfatverfahren und das saure Bisulfitverfahren.

In den Betrieben der Sulfitzellstofffabriken wird der derzeit gültige Luftgrenzwert von 2 ml/m3 eingehalten, der beabsichtigte Grenzwert von 0,5 ml/m3 ist nach dem Stand der Technik nicht einhaltbar.

Die Kosten zur Umrüstung der bestehenden Zellstofffabriken liegen aus verfahrenstechnischen und technologischen Gründen in der gleichen Größenordnung wie bei einem Umbau und daher ist eine Umrüstung nicht möglich. Ferner erfordern Zellstofffabriken nach dem Sulfatverfahren logistische und raumplanerische Anforderungen, die an den heutigen Standorten in Deutschland häufig nicht gegeben sind.

Die Ergebnisse von Arbeitsbereichsanalysen in den verschiedenen Betrieben zeigen, dass der aktuelle MAK-Wert im störungsfreien Betrieb eingehalten wird. Bei kurzzeitigen Spitzenbelastungen mit Überschreitung des MAK- Wertes, wird Atemschutz getragen. Mir dem derzeitigen Stand der Technik in den Sulfitzellstofffabriken wird als 75-Perzentil ein Wert von 0,75 ml/m3, als 90-Perzentil ein Wert von 1,9 ml/m3 SO2 erreicht.

In den Sulfitzellsrofffabriken ergeben sich 3 Bereiche, in denen der beabsichtigte Grenzwert nicht eingehalten werden kann:

In den restlichen Arbeitsbereichen liegen die Arbeitsplatzkonzentrationsmessungen unter 0,5 ml/m3.

Die Ergebnisse von über 1.000 Arbeitsplatzmessungen von 4 verschiedenen Werken in diesen 3 Arbeitsbereichen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Arbeitsplatzkonzentrationsmessungen der Sulfitzellsrofffabriken (alle Werte in ml/m3)

ArbeitsbereichSchichtmittel mit Spitzenmaximale SpitzeSchichtmittel ohne Spitzen
Kocherei0,01 - 0,741 - 170,01 - 0,29
Waschstraße0,48 - 3,256 - 200,26 - 1,79
Chemikalienrückgewinnung0,33 - 3,617 - 630,21 - 1,33

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass in absehbarer Zeit eine Reduzierung der Expositionsmessungen nur marginal möglich sein wird. Für eine Übergangszeit muss daher der derzeit gültige Luftgrenzwert beibehalten werden.

3.2 Chemische und pharmazeutische Industrie

In der chemischen und pharmazeutischen Industrie liegen von insgesamt 4 Firmen mit 30 Betrieben Arbeitsplatzkonzentrationsmessungen vor.

In 7 Betrieben mit Herstellung von Schwefeldioxid liegen 84 Messwerte im Bereich von 0,1 ml/m3 - 1 ml/m3. Das 95-Perzentil beträgt 0,69 ml/m3.

Bei zahlreichen chemischen Verfahren entsteht Schwefeldioxid, die vorliegenden Arbeitsplatzkonzentrationsmessungen liegen bis zu 2 ml/m3, bei Expositionsspitzen wurden Arbeitsplatzkonzentrationen bis 5 ml/m3 gemessen. Das 95-Perzentil beträgt 1,2 ml/m3.

Aus der pharmazeutischen Industrie liegen 35 Messwerte im Bereich zwischen 0,01 und 4 ml/m3. Das 90-Perzentil beträgt hier 1,3 ml/m3. Tabelle 2 fasst die Arbeitsplatzkonzentrationsmessungen zusammen:

Tabelle 2: Arbeitsplatzkonzentrationsmessungen der chemischen und pharmazeutischen Industrie (alle Werte in ml/m3)

ArbeitsbereichKonz.- BereichAnzahl Messungen50-Perz.90-Perz.95-Perz.
Herstellung0,1 - 1840,250,690,84
Chem. Produktion< 0,1 - 51290,20,781,2
Pharmaz. Produktion0,01 - 4350,21,31,7

3.3 Anlagen zur NE-Metallgewinnung

Bei der Röstung von sulfidischen Erzen entsteht Schwefeldioxid bei den Verarbeitungsprozessen. In allen Arbeitsbereichen der Metallhütte besteht eine 502-Exposition. Es sind dem UA V insgesamt 9 repräsentative Arbeitsplatzmessungen mittels stationärer kontinuierlicher Messgeräte übermittelt worden. Die Messergebnisse liegen zwischen 0,32 und 1,78 ml/m3 und sind in Tabelle 3 zusammengefasst.

Tabelle 3: Arbeitsplatzkonzentrationsmessungen Anlagen zur NE-Metallgewinnung (alle Werte in ml/m3)

ArbeitsbereichKonz.- BereichAnzahl Messungen50-Perz.
Röstung von Erzen0,32 - 1,7891,0

3.4 Sonstige

Bei zahlreichen weiteren Prozessen in anderen Industriebereichen und auch kommunalen Einrichtungen entsteht Schwefeldioxid. Einige Messungen aus industriellen und kommunalen Kläranlagen zeigen, in stark schwankenden Konzentrationen, dass die Beschäftigen gegenüber Schwefeldioxid exponiert werden. In einer industriellen Kläranlage wurden personenbezogene Konzentrationen von der Nachweißgrenze bis 2 ml/m3 ermittelt, Konzentrationsspitzen bis über 5 ml/m3. Ähnliche Expositionsverhältnisse wurden ebenfalls in einem kommunalem Großklärwerk bestimmt.

Auch wenn die gemessenen Arbeitsplätze keine Dauerarbeitsplätze darstellen, ist die Einhaltung der vorgesehenen Expositionsspitzenbegrenzung von 0,5 ml/m3 in vielen Fällen nicht möglich.

4 Literatur

[1] Greim, H. (Hrsg.): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK- Werten. 26. Lfg. 1998 und 30. Lfg. 2000 Weinheim: Wiley-VCH

[2] Greim, H. (Hrsg.): Analytische Methoden zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe - Luftanalysen, Schwefeldioxid, 13. Ergänzungslieferung (im Druck)

Über die oben genannten Messergebnisse hinaus wurden dem UAV keine weiteren Messergebnisse bekannt, die einer Absenkung des Luftgrenzwertes auf den vorgeschlagenen Wert entgegenstehen.

Stand: Oktober 2002

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