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47. Erläuterungen zu 2,4'-Diaminoanisol

(BArbBl. 1/94 S. 55)


Ein TRK-Wert für 2,4-Diaminoanisol wird nicht festgelegt. Es liegen keine Angaben zum Umgang mit diesem Gefahrstoff vor, da der Stoff zur Zeit keine technische Bedeutung hat.

2,4-Diaminoanisol ist im Verzeichnis der krebserzeugenden Gefahrstoffe bei Massengehalten von ≥ 1 % in Gruppe III (gefährdend) eingeordnet.

Arbeitsmedizinische Erfahrungen

Arbeitsmedizinische Erfahrungen sind bislang nicht publiziert worden [1].

Toxikologische Erfahrungen

2,4-Diaminoanisolsulfat wurde in Langzeit-Fütterungsversuchen (Applikationszeit 78 Wochen) an Ratte und Maus geprüft. Je 50 männliche und 50 weibliche F-344-Ratten erhielten täglich 0,5 oder 0,12 % im Futter. Dieselbe Anzahl weiblicher und männlicher B6C3F1-Mäuse erhielt 0,24 oder 0,12 % nach demselben Fütterungsschema. Zu jeder Gruppe gehörte eine entsprechende Kontrollgruppe. Die Nachbeobachtungszeit betrug bei den Ratten 29 und bei den Mäusen 18-19 Wochen.

In der Rattenstudie konnte neben einer Depression der mittleren Körpergewichte in der hohen Dosisgruppe die Entwicklung von Schilddrüsentumoren bei beiden Geschlechtern und beiden Dosierungen beobachtet werden. Nach Gabe von 0,5 % war bei beiden Geschlechtern die Anzahl von malignen Follikularzelltumoren der Schilddrüse signifikant höher als bei den Kontrollratten. Bei den männlichen Ratten der 0,5 %-Gruppe ergab sich eine signifikante Erhöhung von C-Zelladenomen und Karzinomen der Schilddrüse. Weiterhin war die Zahl der malignen Hauttumoren bei den männlichen Tieren der 0,5 %-Gruppe erhöht. Außerdem traten maligne Tumoren der Haut des äußeren Gehörganges (sog. Zymbaldrüsentumoren) signifikant häufiger bei beiden Geschlechtern und beiden Behandlungsgruppen als den jeweiligen Kontrollen auf. Ebenfalls signifikant erhöht waren Präputialdrüsentumoren männlicher Tiere der 0,5 %-Gruppe (NCI, 1978, Ward et al., 1979). Als Ergebnis der Mäusestudie fanden sich bei den männlichen Tieren der hohen Dosisgruppe signifikant vermehrt Follikelzelladenome und Hyperplasien der Schilddrüse (Evarts u. Brown, 1980). Die krebserzeugende Wirkung von Diaminoanisol und Diaminoanisolsulfat ist aufgrund dieser tierexperimentellen Befunde gesichert und im Zusammenhang mit den positiven Ergebnissen aus den Mutagenitätsprüfungen zusätzlich begründet (IARC, 1982; Arbeitsmed. tox. Begr. von MAK-Werten, 1985). Aus den vorliegenden Befunden zeigt sich aber auch, daß Diaminoanisol eine thyreotrope Substanz ist, die bei Langzeitapplikation über das Futter wachstumsstimulierend auf Follikelepithelzellen der Schilddrüse wirkt. Während Hyperplasien und in verhältnismäßig geringer Zahl Adenome der Schilddrüse bei niedrigen Dosen gefunden wurden, zeigten sich vermehrt gutartige und bösartige Tumoren in hohen Dosen. Diese hohen Dosen haben in einigen Versuchen zu verminderter Gewichtszunahme im Vergleich zu den Kontrollen und niedriger dosierten Tieren geführt und können damit als toxisch oder mindestens nahe dem toxischen Bereich angesehen werden. Da aus der thyreotropen Wirkung und Follikelzellhyperplasie auch sekundär eine abnorme hormonelle Wirkung abgeleitet werden kann, ist die im Verhältnis zu den Schilddrüsentumoren in geringerer Häufigkeit auftretende Zahl der Präputial-, Klitoris- und Zymbaldrüsentumoren in ihrer Entstehung ebenfalls als Folge einer hormonellen Dysregulation denkbar, Mit Berücksichtigung des Zugrundeliegens eines potentiellen, sekundären (hormonell bedingten) Biomechanismus und der Tatsache, daß der Stoff bisher ausschließlich nach oraler Applikation und in Dosen nahe dem toxischen Bereich maligne Tumoren bei Ratten und Mäusen hervorruft, kann die kanzerogene Wirkung von 2,4-Diaminoanisol als schwach angesehen werden [2-6].

Analytik

In der BIA-Arbeitsmappe [7] ist ein Verfahren für aromatische Amine veröffentlicht, der jedoch nicht für alle Stoffe dieser Gruppe validiert ist. Bei eventuellen Messungen ist zu prüfen, ob dieses Verfahren zur Bestimmung von 2,4-Diaminoanisol geeignet ist.

Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen

Dem Ausschuß für Gefahrstoffe sind keine Arbeitsbereiche bekannt geworden, in denen mit diesem Stoff umgegangen wird. Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen liegen daher nicht vor.

Hinweise

Neben der inhalativen Aufnahme kann 2,4-Diaminoanisol auch über die Haut aufgenommen werden. Dem ist auch bei Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten zusätzlich durch geeignete Körperschutzmaßnahmen Rechnung zu tragen (weitere Hinweise: siehe TRGS 150 "Unmittelbarer Hautkontakt mit Gefahrstoffen").

In Arbeitsbereichen, in denen mit diesem Stoff umgegangen werden sollte, ist durch eine Arbeitsbereichsanalyse unverzüglich festzustellen, ob ein Wert von 0,5 mg/m3 eingehalten ist. Dieser Wert orientiert sich insbesondere an den Möglichkeiten der Analytik. Die Ergebnisse der Arbeitsbereichsanalyse sind dem Ausschuß für Gefahrstoffe (AGS) mitzuteilen.

Literatur

[1] Ergebnis einer Recherche in TOXALL

[2] Henschler, D. (Hg.): "Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe", Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten, Arbeitsstoff-Kommission der DFG, Verlag Chemie, Weinheim, 1985.

[3] Evarts, RP, C.A. Brown: J. natl. Cancer Inst.: 65, 197, 1980

[4] IARC Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Vol. 27, 1982

[5] National Cancer Institue (NCI) Bioassay of 2,4-diaminoanisol sulfate for possible carcinogenicity. Tech. Rep. Ser. No 84, DHEW, Publ. No. (NIH) 78-1334, Washington DC US, Government Printing Office, 1978

[6] Ward, J. M., S. F. Stinton, J. F. Hardisty, B. V Cockzell, D. W. Hayden: J. natl. Cancer Inst: 62, 1067, 1979

[7] BIA-Arbeitsmappe "Messung von Gefahrstoffen", Erich Schmidt Verlag, Bielefeld

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