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2,2'-Bis(pentabromphenyl)ether
(CAS-Nr.: 1163-19-5)

Ausgabe: März 2001
Stand: Mai 2000


Vorbemerkung:

Diese Stellungnahme beruht im wesentlichen auf dem SIDS Initial Assessment Report vom Oktober 1997.

Genotoxizität:

Bis-(pentabromphenyl)ether (DBDPO) zeigt im Maus-Lymphom-Test und im cytogenetischen Test an CHO-Zellen keine gentoxische Aktivität; im Ames-Test wurden neben negativen Resultaten auch positive Ergebnisse in 2 Studien erhalten, die möglicherweise durch Verunreinigungen des Prüfmusters bedingt waren.

Zur Frage der gentoxischen Wirkung in vivo liegt lediglich ein cytogenetischer Test an Knochenmarkzellen der Ratte sowohl von Elterntieren als auch von Jungtieren einer Studie zur Reproduktionstoxizität vor. Darin wurden keine Anzeichen für eine chromosomenschädigende Wirkung der Substanz erhalten (Dosierung: max. 100 mg/kg KGW/Tag, 60 Tage vor der Paarung bis zum Ende der Stillperiode).

Kanzerogenität:

Es liegen Langzeit-Fütterungsstudien an Ratte und Maus vor mit Verabreichung von Futter mit einem Bis-(pentabromphenyl)ether-Gehalt von 25.000 oder 50.000 ppm.

Bei Ratten beiderlei Geschlechts war die Inzidenz neoplastischer Leberknötchen dosisabhängig signifikant erhöht; bei männlichen Mäusen traten nur bei der niedrigen Dosis vermehrt Lebertumoren auf und bei beiden Dosierungen war die Inzidenz an Schilddrüsen-Follikelzell-Tumoren marginal erhöht bei gleichzeitig erhöhter Inzidenz an Follikelzellhyperplasien.

Reproduktionstoxizität/Fertilitätsminderung:

Sowohl in einer 1-Generationen-Studie an der Ratte als auch in Langzeit-Fütterungsstudien an Ratte und Maus (13-Wochen- und 2-Jahres-Studien) ergaben sich keinerlei Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Fertilität oder auf Schädigungen der Reproduktionsorgane durch Bis-(pentabromphenyl)ether.

Reproduktionstoxizität/Entwicklungsschädigung:

Je 20 Ratten erhielten vom 6.-15. Tag der Trächtigkeit täglich 10; 100 bzw. 1000 mg Bis-(pentabromphenyl)ether/kg KGW (suspendiert in Maisöl) mit der Schlundsonde; am 21. Tag der Trächtigkeit wurden die Tiere getötet und die Feten schnittentbunden. Die Kontrollgruppe bestand aus 30 trächtigen Weibchen und erhielt das Vehikel (Maisöl) verabreicht.

Die Muttertiere wiesen keine Anzeichen einer maternalen Toxizität auf; die Körpergewichtsentwicklung, die Futteraufnahme und die terminalen Lebergewichte unterschieden sich nicht von den Kontrolltieren. Der Bromgehalt in der Leber war nur bei den Muttertieren der 1000 mg/kg-Gruppe statistisch signifikant erhöht gegenüber den Kontrollen, nicht jedoch bei den Muttertieren der unteren Dosisgruppen sowie bei den Feten aller Dosisgruppen. Bei der Schnittentbindung waren die Position und die Anzahl der Feten im Uterus, die Zahl der Corpora lutea, das individuelle Körpergewicht, die Scheitel-Steiß-Länge und das Geschlechts-Verhältnis der Jungtiere vergleichbar mit den Kontrollen. Eine signifikant erhöhte Resorptionsrate wurde nur bei den Tieren der 10 und der 100 mg/kg-Gruppe festgestellt; da dieser Effekt bei den Tieren der 1000 mg/kg-Gruppe nicht auftrat, wurde er als Zufallsbefund gewertet, zumal die mittlere Anzahl der lebenden Feten/Wurf praktisch unverändert blieb. Bei den Feten aller Dosisgruppen traten keine äußerlich sichtbaren Mißbildungen auf. Die Untersuchung der fetalen Gewebe und Knochen erbrachte für die 1000 mg/kg-Gruppe eine erhöhte Anzahl an Würfen mit subkutanen Ödemen sowie mit verzögerter Ossifikation von ansonsten normal entwickelten Schädelknochen (siehe Tabelle 1) [1].

Tab. 1: Reproduktionstoxikologische Parameter bei Ratten nach Behandlung mit DBDPO [2]

Parameter/Dosis mg/kg/d 0 10 100 1000
Zahl d. Muttertiere 30 20 20 20
Zahl d. Würfe 25 14 14 18
Implantationsstellen/Wurf 11 ± 3 10 ± 4 10 ± 4 11 ± 3
Corpora lutea/Muttertier 14 ± 2 15 ± 3 13 ± 3 15 ± 2
Lebende Feten/Wurf 11 ± 3 9 ± 4 9 ± 4 11 ± 3
Resorptionen/Implantationen 3/288 12/141* 13/135* 9/203*
Würfe mit Resorptionen 3/25 9/14* 9/14* 7/18
Totalresorbierte Würfe 0/25 0/14 0/14 0/18
Resorptionen/Würfe mit Resorpt. 3/3 12/9 13/9 9/9
Geschlechtsverhältnis M:F 149:136 56:73 65:51 97:97
Fetengewicht (g) 5,76 ± 0,26 5,78 ± 0,52 5,66 ± 0,66 5,82 ± 0,23
Scheitel-Steiß-Länge/Feten (mm) 44,0 ± 0,8 44,1 ± 1,6 43,9 ± 2,0 44,2 ± 0,9
Lebergew./KGW Muttertiere (mg/g) 37,7 ± 4,2 37,4 ± 3,1 39,4 ± 3,8 35,8 ± 3,3
Leber-Bromgehalt/Muttertier (ppm) 0,60 0,58 0,62 0,72**
Leber-Bromgehalt/Feten (ppm) 3,5 3,4 3,2 3,1
Subkutane Ödeme (Gesamtinzidenz) 2/141 n.u. n.u. 13/97#
Würfe mit subkutanen Ödemen 2/25 n.u. n.u. 7/18#
Verzögerte Ossifikation/Inzidenz 8/142 n.u. 4/61 15/97#
Würfe mit verzögerter Ossifikation 5/25 n.u. 4/14 9/18#

n.u.: nicht untersucht

*) statistisch signifikant unterschiedlich zur Kontrolle (Fischer"s Exact Probability Test)
**) statistisch signifikant unterschiedlich zur Kontrolle (Dunnett"s Test; P < 0,05)
#) statistisch signifikant unterschiedlich zur Kontrolle

Fazit:

Genotoxizität:

Aufgrund der vorliegenden Daten zur Genotoxizität in vivo erfolgt gemäß den EU-Einstufungskriterien keine Einstufung (M: -).

Kanzerogenität:

Aufgrund der bei Ratten beiderlei Geschlechts und bei männlichen Mäusen beobachteten leicht erhöhten Tumorinzidenzen und der bisher experimentell nicht belegten Genotoxizität erfolgt gemäß den EU-Einstufungskriterien eine Einstufung als krebserzeugend Kategorie 3 (C: 3).

Reprod uktionstoxizität/Fertilitätsminderung:

Da sich in den vorliegenden Studien keine Anhaltspunkte für eine fertilitätsmindernde Wirkung ergaben erfolgt gemäß den EU-Einstufungskriterien keine Einstufung (RF: -).

Reproduktionstoxizität/Entwicklungsschädigung:

Die vorliegende Teratogenitätsstudie weist einige Schwachpunkte auf: Es wurden nicht alle Dosisgruppen umfassend ausgewertet und in den Testgruppen wurden weniger Tiere eingesetzt als in der Kontrolle. Außerdem war die Zahl der Würfe in den mittleren Dosisgruppen verringert.

Die Bedeutung der bei den Feten vermehrt aufgetretenen subkutanen Ödeme ist limitiert, da dieser Effekt nur bei der Kontrolle und bei der höchsten Dosis (1000 mg/kg KGW/Tag) untersucht worden ist und da auch Angaben zur Art der Ausprägung dieses Effektes fehlen (großflächig oder lokal begrenzt). Weiterhin fehlen Angaben zur Inzidenz dieses auch spontan auftretenden Effektes bei den historischen Kontrollen.

Die Inzidenz der verzögerten Ossifikation von Schädelknochen war nur bei der höchsten Dosis (1000 mg/kg KGW/Tag) statistisch signifikant erhöht; bei der nächstniedrigen untersuchten Dosis von 100 mg/kg KGW/Tag lag die Inzidenz im Bereich der Simultankontrollen. Historische Kontrolldaten liegen nicht vor.

Da es sich in beiden Fällen nur um marginale fetale Effekte handelt, die zudem erst bei der Limit-Dosis von 1000 mg/kg KGW/Tag auftreten, erfolgt gemäß den EU-Einstufungskriterien keine Einstufung (RE: -).

Literatur:

[1] Norris, J.M. et al.: Toxicological and environmental factors involved in the selection of decabromodiphenyl oxide as a fire retardant chemical. JFF/Combustion Toxicology 1, 52-77 (1974)

[2] Zusätzliche Daten der Fa. Dow zur Literaturstelle [1].

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