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Quarz (in Form alveolengängiger Stäube)
(CAS-N R.: 14808-60-7)

Ausgabe: Oktober 2002
Stand: Mai 2002


Zusammenfassung:

Aufgrund der vorliegenden experimentellen und epidemiologischen Daten wird kristallines Siliciumdioxid in Form von Quarz und Cristobalit (alveolengängiger Staubanteil; aerodynamischer Partikel-Durchmesser < 12 µm) als krebserzeugend Kategorie 1 (C: 1) eingestuft. Tridymit kann wegen der unzureichenden Datenlage nicht eingestuft werden.

Obwohl kristallines Siliciumdioxid eine genotoxische Wirkung in der Lunge zeigt, kommt eine Einstufung als Mutagen nicht in Betracht, da die Keimzellen von Quarzstaub nicht erreicht werden können (M: -).

Ein gesundheitsbasierter Luftgrenzwert für Quarzfeinstaub ist aus den vorliegenden Daten nicht ableitbar.

Das mit einer Expositionskonzentration von 0,05 mg/m3 über 40 Berufsjahre verknüpfte zusätzliche Lungenkrebsrisiko kann mehr als 1,5 % betragen.

Einstufung

1.1 Einleitung

Bei beruflicher inhalativer Exposition gegenüber quarzhaltigen Stäuben stehen Lungenveränderungen an erster Stelle. Nach Langzeit-Exposition werden Silikose und das Auftreten von Lungentumoren beschrieben. Daneben gibt es Hinweise auf ein vermehrtes Auftreten von Tumoren der Speiseröhre, die auf das Abschlucken inhalierter Quarzpartikel zurückgeführt werden (Pan et al., 1999). Hohe Expositionen können das Krankheitsbild der akuten Silikose verursachen.

Prinzipiell ist in Abhängigkeit vom Industriezweig eine unterschiedliche Exposition gegenüber verschiedenen SiO2-Modifikationen zu erwarten. Beispielsweise ist in Steinbrüchen und Bergwerken von einer Exposition gegenüber a-Quarz auszugehen, während an Arbeitsplätzen in der Produktion feuerfester Ziegel oder von bei hohen Temperaturen gebrannten Keramiken eine Mischexposition gegenüber a-Quarz und Cristobalit vorliegt. Zu Tridymit liegen nur wenige, jedoch keine epidemiologischen, Daten vor. Aufgrund damaliger ungenauer Messverfahren bestehen bei einigen Studien Unsicherheiten bezüglich der angegebenen Konzentrationen von alveolengängigem Quarzstaub.

In Abhängigkeit von der Mineral- oder Gesteinsherkunft finden sich in Experimenten in vitro und in vivo Hinweise auf unterschiedliche Wirkungsstärken verschiedener SiO2-Modifikationen und quarzhaltiger Stäube. Daher ist eine unterschiedliche kanzerogene Wirkungsstärke der verschiedenen kristallinen Modifikationen von SiO2 anzunehmen. Diese kann abhängig sein von inhärenten Eigenschaften des kristallinen SiO2 oder von externen Faktoren, die die biologische Aktivität oder Verteilung der SiO2-Modifikationen beeinflussen (z.B. Kristallstruktur, Herkunft, spezifische Oberflächeneigenschaften, mechanische Aufbereitung oder Verunreinigungen). Allerdings reichen die derzeit vorliegenden Erkenntnisse für eine differenzierte Bewertung noch nicht aus.

1.2. Bewertung / Einstufung verschiedener Organisationen

ACGIH: Siliciumdioxid, kristallin (Quarz, Cristobalit, Tridymit) 0,05 mg/m3 (respirable)

Quarz: Kennzeichnung mit A2 (suspected human carcinogen) (1999)

IARC: Siliciumdioxid, kristallin (inhaled in the form of quartz or cristobalite from occupational exposures) Gruppe 1 (Carcinogenic to humans) (1997)

MAK: Siliciumdioxid, kristallin (Quarz-, Cristobalit-, Tridymit-Staub, Alveolengängiger Anteil) Kategorie 1 (Krebserzeugend beim Menschen) (1999)

TRGS 900: Quarz 0,15 mg/m3 (alveolengängige Fraktion).

1.3. Allgemeiner Wirkungscharakter

Die folgenden Daten wurden, soweit nicht anders angegeben, aus der IARCMonographie (1997) und der MAK-Begründung (Greim, 1999) entnommen.

Derzeit ist der Mechanismus für die Entstehung einer Silikose und das Auftreten von Lungentumoren nach inhalativer Exposition gegenüber Quarz bei Menschen und Tieren noch nicht eindeutig geklärt. Diskutiert wird eine direkte Wechselwirkung der Oberfläche von Quarz und anderen kristallinen SiO2-Modifikationen mit Zellmembranen oder anderen Zellkomponenten, wobei die toxischen Eigenschaften von Quarzpartikeln durch Veränderung der Oberflächeneigenschaften modifiziert werden können. Nach inhalativer Aufnahme werden alveoläre Makrophagen und Epithelzellen aktiviert (d.h. Freisetzung von Zytokinen, bioaktiven Lipiden, Wachstumsfaktoren, Proteasen und reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffoxid-Spezies), was zu einer chronischentzündlichen Reaktion führen kann. Oxidativer Stress kann Mutationen in Epithelzellen induzieren und durch reaktive Sauerstoffspezies kann eine Aktivierung nukleärer Transkriptionsfaktoren, eine erhöhte Expression proentzündlicher Gene und Onkogene sowie eine Induktion nukleärer Transkriptionsfaktoren und Mutationen in Tumorsuppressorgenen erfolgen. In in vitro-Untersuchungen induzierte Quarz DNA-Schädigungen in zellfreien Systemen und in Säugerzellkulturen Mikrokerne und Zelltransformationen. Das Ergebnis einer in vivo-Studie (Mikrokerntest an Mäusen) war negativ. Aufgrund der zytotoxischen Wirkung von Quarz gegenüber Makrophagen kann die alveoläre Clearance gestört werden, so dass nur ein minimaler Abtransport bei Exposition gegenüber hohen Quarzstaub-Konzentrationen resultiert. Durch Zigarettenrauch wird die Lungenreinigung zusätzlich beeinträchtigt. Der in tieferen Lungenabschnitten liegende Quarzstaub, der nicht über das Bronchialsystem eliminiert wurde, kann über die Lymphe abtransportiert werden, wobei für Quarz ein ausgeprägter Lymphotropismus besteht. Der Transport erfolgt von den intra- zu den extrapulmonalen Lymphknoten und damit auch in andere Organe (Ferlinz, 1994).

Es ist nicht bekannt, ob Fibrose eine Vorbedingung zur Entstehung von Tumoren ist, da für die Fibrose andere Zellen (Fibroblasten) relevant sind als für Lungentumoren (Epithelzellen). Auch die vorliegenden epidemiologischen Daten gestatten nicht die Beantwortung dieser Fragestellung. Es ist aber davon auszugehen, dass eine chronischentzündliche Reaktion wesentlich zur Entwicklung einer Fibrose als auch zur Entwicklung von Lungentumoren beiträgt. Demnach ist der Wirkungsmechanismus nicht soweit aufgeklärt, als dass eine Entscheidung für eine der nachfolgenden Wirkhypothesen vorgenommen werden könnte:

Entwicklung eines Lungenkarzinoms durch andere Schadstoffe erleichtern.

1.4. Genotoxizität

1.4.1 Erfahrungen beim Menschen

Die einzige vorliegende Studie, eine zytogenetische Untersuchung peripherer Lymphozyten indischer Arbeiter nach Exposition gegenüber Sandstein mit einem Quarzanteil von 50 - 60 %, ergab eine signifikant erhöhte Rate von Chromosomenaberrationen und Schwesterchromatidaustauschen. Allerdings kann diese Studie aufgrund einiger Mängel (fehlende Angaben zur Expositionshöhe, fragliche Eignung der herangezogenen Kontrollgruppe, kleine Anzahl von Personen in einigen Expositionsklassen) nicht zu einer abschließenden Bewertung herangezogen werden. (IARC, 1997)

1.4.2 In vitro-Untersuchungen und tierexperimentelle Befunde

Sowohl in IARC (1997) als auch in der MAK- Begründung (Greim, 1999) sind hierzu zahlreiche Studien enthalten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Quarzstaub in vitro bei Säugerzellen eine zelltransformierende Aktivität besitzt. In in vitro-Untersuchungen induzierte Quarz DNA-Schädigungen in zellfreien Systemen und in Säugerzellkulturen Mikrokerne und Zelltransformationen.

Ein Mikrokerntest an Mäusen nach intraperitonealer Applikation verlief negativ. Bei der Ratte zeigten sich nach intratrachealer Verabreichung vermehrt Genmutationen in Zellen des Alveolarepithels. Dieser Effekt war aber an eine Entzündungsreaktion gekoppelt und wurde daher als eine indirekte gentoxische Wirkung gewertet (Driscoll, 1997).

In einer weiteren Studie an Ratten mit intratrachealer Instillation von kristallinem Siliciumdioxid und Titandioxid wurde nur durch SiO2 eine dosisabhängige signifikante Erhöhung der Mikrokernrate in Lungenmakrophagen in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit (BAL) festgestellt (Leigh et al., 2000).

Auch wurden nach intratrachealer Verabreichung von Quarz DQ 12 vermehrte Gehalte an 8-Oxoguanin und an verändertem Protein des p53-Gens in epithelialen Lungenzellen gefunden. In niedrigen Dosierungen konnten diese Effekte trotz ausgeprägter Entzündungsreaktionen nicht nachgewiesen werden (Bruch et al., 2000; Seiler et al., 2001 a, b).

In einem subchronischen Inhalationsversuch mit Cristobalit und mit amorphem SiO2 wurde bei gleichem Ausmaß der Entzündung in der Lunge (gleicher Anteil von PMN in der BAL) am Ende der 13-wöchigen Expositionszeit nur durch Cristobalit, nicht jedoch durch das amorphe SiO2, eine erhöhte Mutationsfrequenz im HPRT-Locus der Lungenepithelzellen hervorgerufen (Johnston et al., 2000).

Besonders die Daten von Johnston et al., 2000, lassen vermuten, dass kristallines SiO2 nicht nur eine indirekte Genotoxizität aufweist.

1.5. Kanzerogenität

1.5.1 Tierexperimentelle Untersuchungen

1.5.1.1 Inhalative Applikation

In vier Langzeitstudien an Ratten (siehe Tabelle 1) zeigte sich nach inhalativer Exposition gegenüber alveolengängigem Quarzstaub (AQS) bei Konzentrationen von 0,7 - 52 mg AQS/m3 ("nose only" oder Ganzkörper-Exposition) eine signifikante Erhöhung der Zahl der Tiere mit Lungentumoren im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen oder Tieren, die gegenüber Reinluft oder Titandioxid exponiert wurden (Dagle et al., 1986; Holland et al. 1986; Muhle et al. 1989, 1991, 1995; Spiethoff et al., 1992; die Grunddaten dieser Versuche sind in einer Tabelle bei Greim, 1999, detailliert dargestellt).

In einer dieser Studien, die sowohl mit weiblichen als auch männlichen F344-Ratten durchgeführt wurde, reagierten weibliche Tiere deutlich empfindlicher als männliche Tiere. Die Überlebenszeiten in dieser Studie waren zum Teil erheblich verkürzt. (Dagle et al., 1986).

Bei weiblichen Wistar-Ratten führte bereits die 29-tägige Exposition gegenüber 6,1 und 30,6 mg Quarzstaub/m3 ("nose only") zu Tumorinzidenzen von 45 bzw. 52 % (Spiethoff et al., 1992). Die exponierten Tiere zeigten im Vergleich zu den Kontrollen keine Beeinflussung der Lebenszeit (Spiethoff et al., 1992).

Der Versuch mit der niedrigsten Quarzkonzentration und mit Expositionszeiten, die denen am Arbeitsplatz sehr nahe kommen wird in Muhle et al. (1991) beschrieben. Der Versuch wurde unter GLP-Bedingungen durchgeführt und ist gut dokumentiert, die Überlebenszeiten waren nicht reduziert. Die Lungentumorhäufigkeit betrug 19 %, in der Kontrolle 3 %.

In dem Versuch von Holland et al. (1986) mit einer Expositionskonzentration von 8,4 mg AQS/m3 wurde eine Lungentumorhäufigkeit von 30 % gefunden; die Kontrollgruppe (Reinluft- und unbehandelte Kontrolle kombiniert) wies eine Lungentumorrate von ca. 1,4 % auf.

Tabelle 1: Inhalationsversuche mit Quarz an Ratten. Die Tabelle enthält Grunddaten der Versuche von Muhle et al. (1989,1991,1995), Holland et al. (1986), Dagle et al. (1986) und Spiethoff et al. (1992).

1. AutorStammQuarzartMMADExpositionsdauerQuarz-Konz.% Lu.-tu.b
[µm]d/Woh/dWo[mg/m3]
MuhleF344DQ121,3-1,4561040,74 a19
HollandF344Min-U-Sil2,2446838,4 a30
DagleF344Min-U-Sil1,7-2,55617-87 c51,6 a11
F344Min-U-Sil1,7-2,5561751,6 a60 d
SpiethoffWistarDQ121,8566 e6,1 g45 f (10)
WistarDQ121,8566 e30,6 g52 f (16)
a) AQS = Alveolengängiger Quarzstaub
b) Beobachtete Lungentumorhäufigkeit (% Tiere mit Lungentumor); alle Tumorraten signifikant erhöht gegenüber der Kontrolle
c) Je 20 Tiere wurden 4, 8, 12 und 16 Monate exponiert, davon wurden je 10 Tiere sofort nach Expositionsende getötet, die überlebenden Tiere wurden nach 24 Monaten getötet. Eine größere Zahl Tiere (Information widersprüchlich, möglicherweise 44 oder 64) sollte 24 Monate exponiert werden, nach einer Grafik in der Arbeit waren aber vermutlich nach etwa 610 Tagen (87 Wochen) alle diese Tiere tot.
d) 3 Tiere mit Tumor unter den 5 weiblichen Tieren, die nur 4 Monate exponiert waren und daher nach Autorenangaben die größte Oberlebenswahrscheinlichkeit hatten.
e) Nach Wesch und Spiethoff (1990) handelt es sich bei den für den Expositionszeitraum bei Spiethoff et al. (1992) angegebenen 29 Tagen um "Expositionstage", d.h. bei Exposition an 5 Tagen pro Woche muss sich der Expositionszeitraum über 6 Wochen erstreckt haben.
f) Tumorhäufigkeit am Ende der Lebenszeitstudie nach etwa 23/4 Jahren (in Klammern: Tumorhäufigkeit nach 24 Monaten)
g) Vermutlich Gesamtstaub

In der Regel fanden sich in der Nähe der Tumoren fibrotische Knötchen. Die Adenokarzinome wiesen häufig eine ausgeprägte Fibrosierung auf.

Bei Mäusen führte die Exposition gegenüber 1,5 - 2 mg Quarzstaub/m3 über einen Zeitraum von bis zu 570 Tagen nicht zu einer erhöhten Inzidenz von Lungentumoren (Wilson et al., 1986).

1.5.1.2 Intratracheale Applikation

Auch nach einmaliger oder wiederholter intratrachealer Applikation von bis zu 45 mg Quarz DQ 12, Min-U-Sil und F 600 wurde bei Ratten eine signifikant erhöhte Inzidenz von Lungentumoren beobachtet. Die in einem neueren Versuch niedrigste angewandte Dosis betrug 5 x 1 mg DQ 12; sie führte bei 66 % von 35 weiblichen Wistar-Ratten zu meist bösartigen Lungentumoren (Pott et al., 2000).

Dagegen wurden bei Hamstern unter ähnlichen Versuchsbedingungen nur pulmonäre granulomatöse entzündliche Reaktionen und eine leichte Fibrose, aber keine erhöhte Rate von Lungentumoren gefunden (Holland et al. 1983; Renne et al. 1985; Niemeier et al. 1986).

Bei drei verschiedenen Mäusestämmen wurde nach intratrachealer Instillation von Min-U-Sil und Tridymit keine erhöhte Inzidenz an Lungentumoren gefunden, obwohl pulmonäre granulomatöse entzündliche Reaktionen auftraten (McNeill et al.,1990; Saffiotti 1990; Saffiotti 1992; Saffiotti et al., 1996).

1.5.2 Epidemiologie

In IARC (1997) findet sich eine umfangreiche Zusammenstellung epidemiologischer Studien, die einen Zusammenhang zwischen Quarzexposition und Lungenkrebsrisiko untersuchen. In einer großen Zahl dieser Studien wurden erhöhte Lungenkrebsrisiken festgestellt. Häufig lag an den betreffenden Arbeitsplätzen aber eine Mischexposition unter Beteiligung von bekannten oder vermuteten Humankanzerogenen vor. In IARC (1997) werden daher 11 Studien hervorgehoben, die "least confounded examinations of an association between silica exposure and cancer risk" bieten. Auch die MAK-Begründung (Greim, 1999) stützt sich auf diese 11 Studien und einige weitere Untersuchungen, insbesondere in Populationen mit Silikose. Besonders deutlich und konsistent waren die Erhöhungen des Lungenkrebsrisikos in Studien, in denen das Vorliegen einer Silikose als Einflussvariable bzw. als Surrogat für eine Quarzstaubexposition untersucht wurde. Für Quarzstaubexponierte mit Silikose lässt sich ein im Durchschnitt 2- bis 2,5fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko gegenüber Vergleichskollektiven ohne festgestellte Silikose errechnen (in Meta-Analysen von Smith et al. 1995, wurde anhand der Kohortenstudien zur Assoziation zwischen Silikose und Lungenkrebsrisiko ein relatives Risiko von 2,0 festgestellt; anhand der Fall-Kontrollstudien ein relatives Risiko von 2,5). Die Arbeiter mit einer Silikose stammten aus unterschiedlichen Kollektiven, wobei die Silikose auf Expositionen gegenüber Stäuben zurückzuführen ist, die Quarz bzw. Cristobalit in unterschiedlichen Anteilen enthielten. Die erhöhten relativen Risiken in einigen Untergruppen sind nicht durch den erhöhten Zigarettenkonsum von Industriearbeitern im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zu erklären. Finkelstein (2000) errechnete in einer Meta-Analyse nach 30jähriger Exposition gegenüber 0,1 mg Quarzstaub/m3 ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Silikose von ca. 25 % bei einem gleichzeitig mehr als 30 % erhöhtem Risiko für Lungenkrebs.

Bei Ausschluss von Silikosefällen wurde in der Regel keine statistisch signifikante Erhöhung des Lungenkrebsrisikos festgestellt. Damit ist aber die Notwendigkeit der Silikose als Ursache für den Lungentumor nicht nachgewiesen.

In einigen Studien wurden die Lungenkrebsrisiken für mehrere Expositionskategorien ermittelt. Daraus ergeben sich Hinweise, dass mit zunehmender kumulativer Exposition gegenüber alveolengängigem Quarz- bzw. Cristobalitstaub das Lungenkrebsrisiko ansteigt. Die Zusammenstellung bei Greim (1999) enthält mehrere Studien, für die sich das Expositionsmaß in der Einheit mg AQS/m3 x Jahre ausdrücken lässt (gegebenenfalls nach Umrechnung aus einer anderen Maßeinheit der Staubbelastung; AQS = alveolengängiger Quarzstaub bzw. SiO2 im alveolengängigem Staub). Eine statistisch signifikant erhöhte SMR (Standardized Mortality Ratio) von etwa 1,6 (nach Adjustierung für Rauchen) wurde in einer Studie von Winter et al. (1990) für die Expositionskategorie 0,5 - 1,5 mg AQS/m3 x Jahre festgestellt. Für die Expositionskategorie >- 5 mg AQS/m3 x Jahre lag die SMR in der Studie von Checkoway et al. (1999) - nach Ausschluss von Silikosefällen gemäß Röntgenbefund - statistisch signifikant erhöht bei 2,4. Bolm-Audorff et al. (1998) geben für die Expositionskategorie 1 - 5 mg AQS/m3 x Jahre eine statistisch signifikant erhöhte OR (Odds Ratio) von 1,4, für die Expositionskategorie > 5 mg AQS/m3 x Jahre von 1,9 an (adjustiert nach Rauchen und Asbestexposition). Rice et al. (2001) haben außerdem anhand der Originaldaten von Untersuchungen der Arbeitsgruppe von Checkoway unter Beschäftigten der Diatomeenerde-Industrie eine Expositions-Risiko-Beziehung quantifiziert.

Zur Beurteilung des Zusammenhangs zwischen Quarz- bzw. Cristobalitexposition und Lungenkrebsrisiko des Menschen stehen weitere neuere Arbeiten zur Verfügung, wobei zum Teil mechanistische Aspekte angesprochen werden (z.B. Robertson, 1999; Brüske-Hohlfeld et al., 2000; Chan et al., 2000; Checkoway & Franzblau, 2000; Finkelstein, 2000; Müller & Wiethege, 2000; Soutar et al., 2000; Greaves, 2000; Ulm et al., 2000).

Neue Studien an Beschäftigten aus Betrieben der gewerblichen Produktion von Industriesanden verschiedenen Ursprungs, die kristallines Siliziumdioxid aber kein Cristoballit enthalten, bestätigen ein ansteigendes Lungenkrebsrisiko in Abhängigkeit von der zunehmenden kumulativen bzw. durchschnittlichen Exposition gegenüber AQS. Steenland & Sanderson (2001) ermittelten für das Quartil der höchsten kumulativen Exposition von >1,23 [(mg AQS/m3) x Jahre] versus 0-0,18 [(mg AQS/m3) x Jahre] ein OR von 2,0 (Trend: p = 0,08) bzw. für das Quartil der höchsten durchschnittlichen Exposition von >0,065 mg AQS/m3 versus 0-0,023 mg AQS/m3 ein OR von 2,26 (Trend: p = 0,003). Die durchschnittliche Exposition betrug in diesen Betrieben 0,05 mg AQS/m3. Ein analoger Trend fand sich in einer weiteren Kohortenstudie unter nordamerikanischen Industriesandarbeitern (Hughes et al. 2001; McDonald et al. 2001). Für die Kategorie der höchsten kumulativen Exposition von >3,3 [(mg AQS/m3) x Jahre] versus :_0,3 [(mg AQS/m3) x Jahre] ergab sich ein für Rauchen adjustiertes OR von 2,07 (Trend: p = 0,04) bzw. für die Kategorie der höchsten durchschnittlichen Konzentration von >0,26 mg AQS/m3 versus: 90,07 mg AQS/m3 ein OR von 2,48 (Trend: p < 0,02).

Aus einer weiteren (allerdings vorläufigen) Meta-Analyse von epidemiologischen Studien über die Beziehungen zwischen Quarzstaubexposition und Lungenkrebs schlussfolgern Bochmann et al. (2001), dass ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko unter Quarzexponierten auf jene Beschäftigten begrenzt ist, die eine Silikose aufweisen. Diese Bewertung steht einerseits im Widerspruch zu den Ergebnissen der oben zitierten Studie von Checkoway et al. (1999) und würdigt andererseits nicht in adäquater Weise die Tatsache, dass in den meisten epidemiologischen Studien (insbesondere zur Analyse von Dosis-Wirkungs-Beziehungen) eine zuverlässige Kontrolle des Pneumokoniosestatus nicht gewährleistet ist.

1.6 Schlussfolgerungen und Einstufung

In mehreren epidemiologischen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen inhalativer Exposition gegenüber alveolengängigem siliciumdioxidhaltigem Staub (Quarz bzw. Cristobalit) und einem erhöhten Lungenkrebsrisiko festgestellt. Besonders deutlich und konsistent waren die Risikoerhöhungen in Studien, in denen das Vorliegen einer Silikose als Einflussvariable bzw. als Surrogat für eine Quarzexposition untersucht wurde. Für Silikosefälle lässt sich ein im Durchschnitt 2- bis 2,5-fach gegenüber Vergleichskollektiven ohne festgestellte Silikose erhöhtes Lungenkrebsrisiko errechnen. Es gibt Hinweise, dass mit zunehmender kumulativer Exposition gegenüber alveolengängigem Quarz- bzw. Cristobalitstaub das Lungenkrebsrisiko ansteigt. Aufgrund der Datenlage sind hinreichende Anhaltspunkte für einen Kausalzusammenhang zwischen der Exposition eines Menschen gegenüber alveolengängigem siliciumdioxidhaltigem Staub (Quarz bzw. Cristobalit) und der Entstehung von Lungenkrebs gegeben.

In einem Inhalationsversuch mit Ratten induzierte kristallines, nicht jedoch amorphes, SiO2 trotz gleicher Entzündungsreaktion Mutationen am HPRT-Locus von Lungenepithelien. Nach intratrachealer Verabreichung wurden dosisabhängig durch Quarz, nicht jedoch durch Titandioxid, Mikrokerne in Makrophagen induziert.

Kristallines Siliciumdioxid in Form von Quarz und Cristobalit (alveolengängiger Staubanteil) wird als krebserzeugend Kategorie 1 (C: 1) eingestuft.

Obwohl kristallines Siliciumdioxid eine genotoxische Wirkung in der Lunge zeigt, kommt eine Einstufung als Mutagen nicht in Betracht, da die Keimzellen von Quarzstaub nicht erreicht werden können (M: -).

Ein gesundheitsbasierter Luftgrenzwert für Quarzfeinstaub ist aus den vorliegenden Daten nicht ableitbar.

Tridymit kann wegen der unzureichenden Datenlage nicht eingestuft werden.

2. Risikoabschätzung für Lungenkrebs nach Exposition gegenüber Siliciumdioxidhaltigen Stäuben - Vergleich Mensch - Ratte

2.1 Epidemiologische Datenlage

Insbesondere in Mortalitätsstudien zeigt sich, in welch hohem Maße Quarzinduzierte nichtmaligne Krankheiten wie Silikose und Silikotuberkulose den Lungenkrebs als Todesursache übertreffen (Heuchert 1999). Aus dieser Tatsache resultiert ein Bias durch miteinander konkurrierende quarzinduzierte Todesursachen, der zu einer systematischen Unterschätzung des Risikos für einzelne quarzinduzierte Erkrankungen und insbesondere für Lungenkrebs führt.

Ferner muss bei der Bewertung von Studien über quantitative Beziehungen zwischen Quarzfeinstaub-Exposition und Häufigkeit radiologisch diagnostizierter Silikose (ILOKlassifikation 1980) davon ausgegangen werden, dass der Silikosestatus nur unzulänglich kontrollierbar ist (zu geringe Sensitivität der radiologischen Diagnostik, keine oder nur begrenzte Kontrolle des Eintretens einer Silikose im zeitlichen Verlauf und nach Beendigung der Exposition). Aus dieser Unzulänglichkeit resultieren insbesondere in kohorteninternen Analysen von Dosis-Häufigkeits-Beziehungen gravierende unkontrollierbare Missklassifikationen der Personen mit und ohne Silikose, die u.a. auch dazu führen, dass die Beziehungen zwischen kumulativer Quarzexposition und Lungenkrebs inkonsistent sind.

In der autopsiebasierten Studie von Hnizdo et al. (1993) zur Analyse der Beziehungen zwischen kumulativer Quarzfeinstaub-Exposition und Silikoseprävalenz wird eine derartige Missklassifikation des Silikosestatus ausgeschlossen. Außerdem lassen sich aus den Daten dieser Studie Dosis-Zeit-Beziehungen zwischen kumulativer Quarzexposition und der Verursachung von autoptisch gesicherter Silikose extrapolieren. Danach hängt (wie zu erwarten) die Verursachung einer Silikose nicht allein von einem bestimmten Maß der kumulativen Quarzexposition ab, sondern zusätzlich von der Expositionszeit, in der die kumulative Dosis erreicht wird (Abbildung 1). Die dosiszeitabhängige Verursachung der Silikoseprävalenz ist für die Bewertung der Beziehung zwischen Quarzfeinstaubexpositon und Lungenkrebs eine wichtige ergänzende Information. Sie erklärt, dass eine ansteigende kumulative Dosis allein nicht notwendigerweise mit einem zunehmenden Silikose- bzw. Lungenkrebsrisiko korrelieren muss, insbesondere wenn die Expositionsintensität in einem betrachteten Kollektiv stark differiert.

Abbildung 1: Beziehungen zwischen kumulativer Feinstaubexposition (CE), Expositionszeit (Jahre) und Silikoseprävalenz (autopsiebasiert) -Dosis-ZeitBeziehung (nach Hnzido et al. 1993)

BILD

In einigen Studien wurden die Lungenkrebsrisiken für mehrere Expositionskategorien ermittelt. Die Zusammenstellung bei Greim (1999) enthält mehrere Studien, für die sich das Expositionsmaß dieser Kategorien in der Einheit mg AQS/m3 x Jahre ausdrücken lässt (gegebenenfalls nach Umrechnung aus einer anderen Maßeinheit der Staubbelastung; AQS = alveolengängiger Quarzstaub bzw. SiO2 im alveolengängigen Staub). Die veröffentlichten Daten dieser Studien erscheinen insgesamt zu unscharf, um einen einzelnen Zahlenwert für einen Risiko/Expositionskoeffizienten beim Menschen abzuleiten, sie erscheinen aber zusammen mit weiteren Expositionsdaten sehr wohl geeignet, einen Vergleich mit den Risiko/Expositionsverhältnissen vorzunehmen, wie sie sich aus Inhalationsversuchen mit Ratten ableiten lassen. Rice et al. (2001) haben außerdem anhand der Originaldaten von Untersuchungen der Arbeitsgruppe von Checkoway unter Beschäftigten der Diatomeenerde-Industrie eine quantitative Risikoabschätzung vorgenommen.

2.2 Inhalationsversuche

Aus mehreren epidemiologischen Studien ergibt sich eine Erhöhung des Lungenfibroserisikos bei einer kumulativen Exposition von 2 mg/m3 x Jahre. Geht man von einer 40jährigen Exposition aus, so ergibt sich ein Jahresmittelwert von 0,05 mg AQS/m3 (AQS = alveolengängiger Quarzstaub bzw. Siliciumdioxid im alveolengängigen Staub).Im folgenden wird daher eine Bezugskonzentration von 0,05 mg/m3 (50 µg/m3) verwendet. Die vier Inhalationsversuche mit Ratten von Muhle et al. (1989,1991,1995), Holland et al. (1986), Dagle et al. (1986) und Spiethoff et al. (1992) unterscheiden sich in mehreren Punkten: Rattenstamm, Quarzprobe, Expositionsdauer und Expositionskonzentration (Tabelle 2). Bei einem Vergleich der aufgetretenen Wirkungen sind diese mehrfachen Unterschiede zu bedenken. Zusätzlich waren in dem Versuch von Dagle et al. (1986) mit Min-U-Sil die Überlebenszeiten zum Teil ganz erheblich verkürzt; auch in dem Versuch von Holland et al. (1986) kann die reduzierte Überlebenszeit zu einer Unterschätzung des Risikos geführt haben.

Die unter den Versuchen niedrigste und am ehesten mit Arbeitsplatzkonzentrationen vergleichbare Staubkonzentration wurde in dem Versuch von Muhle et al. (1991) verwendet. Sie betrug 0,74 mg AQS/m3. Der Versuch wurde unter GLP-Bedingungen durchgeführt und ist gut dokumentiert, die Überlebenszeiten waren nicht reduziert. Die Lungentumorhäufigkeit abzüglich der Spontanrate betrug etwa 16 %. Daraus lässt sich mit linearer Umrechnung ein Risiko von etwa 1 % für eine Konzentration von 0,05 mg/m3 abschätzen. Aus der Expositionskonzentration von 8,4 mg AQS/m3 und der Netto-Lungentumorhäufigkeit von 28 % in dem Versuch von Holland et al. (1986) ergibt sich ein rechnerisches Risiko von 0,17 % für eine Konzentration von 0,05 mg/m3.

Tabelle 2: Dosis-Risikobeziehungen in Inhalationsversuchen mit Quarz an Ratten. Die Tabelle enthält Grunddaten der Versuche von Muhle et al. (1989, 1991, 1995), Holland et al. (1986), Dagle et al. (1986) und Spiethoff et al. (1992) sowie eine einfache lineare Extrapolation ohne Berücksichtigung der Expositionsdauer.

1. AutorStammQuarzartMMADExpositionsdauerQuarz-Konz.% Lu.-tu.b% Lu.-tu.c
[µm]d/Woh/dWo[mg/m3]Pro 50 µg/m3
MuhleF344DQ121,3-1,4561040,74 a161,1
HollandF344Min-U-Sil2,2446838,4 a280,17
DagleF344Min-U-Sil1,7-2,55617-87 d51,6 a11(0,01) e
F344Min-U-Sil1,7-2,5561751,6 a60 f0,06
SpiethoffWistarDQ121,8566 g6,1 k45 h (10)0,37
WistarDQ121,8566 g30,6 k52 h (16)0,08
a) AQS = Alveolengängiger Quarzstaub
b) Beobachtete Lungentumorhäufigkeit abzüglich Spontantumorrate der Kontrollen
c) Beobachtete Lungentumorhäufigkeit ohne Berücksichtigung der Expositionsdauer linear von der experimentellen AQS-Konzentration auf 50 µg/m3 AQS umgerechnet
d) Je 20 Tiere wurden 4, 8, 12 und 16 Monate exponiert, davon wurden je 10 Tiere sofort nach Expositionsende getötet, die überlebenden Tiere wurden nach 24 Monaten getötet. Eine größere Zahl Tiere (Information widersprüchlich, möglicherweise 44 oder 64) sollte 24 Monate exponiert werden, nach einer Grafik in der Arbeit waren aber vermutlich nach etwa 610 Tagen (87 Wochen) alle diese Tiere tot.
e) Erhebliche Reduzierung der Überlebenszeiten
f) 3 Tiere mit Tumor unter den 5 weiblichen Tieren, die nur 4 Monate exponiert waren und daher nach Autorenangaben die größte Überlebenswahrscheinlichkeit hatten.
g) Nach Wesch und Spiethoff (1990) handelt es sich bei den für den Expositionszeitraum bei Spiethoff et al. (1992) angegebenen 29 Tagen um "Expositionstage", d.h. bei Exposition an 5 Tagen pro Woche muß sich der Expositionszeitraum über 6 Wochen erstreckt haben.
h) Tumorhäufigkeit am Ende der Lebenszeitstudie nach etwa 23/4 Jahren (in Klammern: Tumorhäufigkeit nach 24 Monaten)
k) Vermutlich Gesamtstaub

Eine hohe Konzentration über einen kurzen Zeitraum zu Versuchsbeginn (wie bei Spiethoff et al., 1992) führt zu einer Lungenbeladung, die über eine lange verbleibende Zeit biologisch wirksam werden kann. Ähnlich wie nach intratrachealer Instillation ist bei einer solchen Exposition von einem größeren Einfluss auf das Tumorrisiko auszugehen als bei geringeren Konzentrationen, die bis zu zwei Jahre vorherrschen, insbesondere wenn die Tiere dann wenige Wochen nach Expositionsende getötet werden. Die Exposition in dem Versuch von Spiethoff et al. (1992) erfolgte an nur 29 Tagen. Daher ist dieser Versuch für die vorliegende Fragestellung weniger geeignet.

Grundsätzlich erscheint es angemessen, die Exposition in Langzeit Kanzerogenitätsversuchen anhand der kumulativen Exposition (d.h. dem rechnerischen Produkt aus tatsächlicher Expositionsdauer und Expositionskonzentration) zu vergleichen, die Expositionsmuster in den Versuchen von Muhle et al. (1991) und Spiethoff et al. (1992) unterscheiden sich jedoch so stark, dass diese Expositionen unterschiedlich zu gewichten sein dürften.

Rein rechnerisch - ohne Berücksichtigung der Überlebenszeiten - kann man nach dem Versuch von Dagle et al. (1986) ein um zwei Größenordnungen niedrigeres Risiko von etwa 0,01 % für die Langzeit-Konzentration von 0,05 mg/m3 erhalten. Auch das Experiment von Dagle et al. (1986) ist für die quantitativen Potenz- und Risiko-Betrachtungen jedoch aus mehreren Gründen nicht gut geeignet. Zum einen wurden in dem Versuch mehrere Teilgruppen unterschiedlich lange exponiert, in der veröffentlichten Versuchsbeschreibung werden die exponierten Tiere aber praktisch als eine einzige Versuchsgruppe dargestellt und die Tumorhäufigkeiten werden nur sehr begrenzt nach den Teilgruppen aufgeschlüsselt. Dabei sind offensichtlich auch Satellitengruppen eingeschlossen, die jeweils unmittelbar nach Expositionsende getötet wurden. Zum anderen waren die Überlebenswahrscheinlichkeiten reduziert. Bei der größten Teilgruppe ist entsprechend einer Grafik davon auszugehen, dass von diesen Tieren keines das Ende der geplanten Expositionsdauer von 24 Monaten erlebte. Den Autoren war diese Problematik offenbar bewusst. Sie geben deshalb an, dass von den 5 weiblichen Ratten, die nur 4 Monate exponiert waren und die deshalb die größte Überlebenswahrscheinlichkeit hatten, 3 Tiere mit Lungentumor gefunden wurden. Auffällig an der Studie ist auch, dass in den Lungen offenbar nur ein histologischer Tumortyp, das sogenannte "epidermoid carcinoma", beschrieben wurde. In der Studie von Holland et al. (1986) mit der gleichen Quarzart und dem gleichen Rattenstamm werden dagegen Adenome, Adenokarzinome und Plattenepithelkarzinome beschrieben, wobei die Adenokarzinome den häufigsten Tumortyp darstellen.

2.3 Vergleich der Risikoabschätzung aus tierexperimentellen Inhalationsversuchen mit der Risikoabschätzung von Rice et al.(2001) unter Berücksichtigung zusätzlicher Daten

Die Abbildung 2 zeigt einen Vergleich der aus den Ratten-Inhalationsversuchen abgeleiteten Expositions-Risikobeziehung (Steigung 1 % Risiko pro 0,05 mg/m3) mit einer kürzlich publizierten Risikoabschätzung von Rice et al. (2001) anhand epidemiologischer Daten nach Exposition in der Diatomeenerde-Industrie. Rice et al. (2001) beziehen sich auf eine Expositionsdauer am Arbeitsplatz von 45 Jahren und geben für die Konzentration von 0,05 mg/m3 ein berechnetes zusätzliches Lungenkrebsrisiko von 1,9 % für männliche weiße Arbeiter an. Linear umgerechnet auf eine 40jährige Exposition folgt eine Steigung von 1,7 % Risiko pro 0,05 mg/m3.

Bei den Stäuben an diesen Arbeitsplätzen handelt es sich zwar nicht wie in den Tierversuchen um praktisch reine Quarzstäube, sondern um Mischstäube, die vor allem Cristobalit enthalten. Der Vergleich spricht dennoch gegen eine deutlich höhere Empfindlichkeit der Ratte hinsichtlich der tumorerzeugenden Wirkung alveolengängiger Partikeln aus bzw. mit kristallinem Siliciumdioxid. In einer Untersuchung von Bergbaustäuben mit intratrachealer Instillation bei Ratten war das Lungentumorrisiko nicht vom SiO2-Gehalt abhängig, sondern zeigte gemeinsam mit anderen schwerlöslichen Partikeln eine Abhängigkeit von Materialdichte und Partikeldurchmesser (Roller et al., 1998; Pott et al., 2000; Pott und Roller, 2000). Daraus ergibt sich die Frage, ob die erhöhten Lungenkrebsrisiken, die an einigen Arbeitsplätzen mit hoher Staubbelastung beobachtet wurden, mit durch die allgemeine Staubbeladung der Lungen verursacht wurden und nicht nur durch einen

Effekt, der spezifisch für kristallines Siliciumdioxid ist. Es wird diskutiert, dass Entzündungsvorgänge und indirekte Gentoxizität für die Ratten-Lungentumoren, die sowohl durch Quarz als auch durch wenigtoxische schwerlösliche Partikeln induziert werden, verantwortlich sind.

In der Abbildung 2 sind auch Kurven für das Silikoserisiko des Menschen eingetragen, die den Expositionsbereich an Arbeitsplätzen und damit die Nachweischancen eines erhöhten Lungenkrebsrisikos bei Arbeitern verdeutlichen. Beim Vergleich der Risiken ist zu beachten, dass die Kurven für das Silikoserisiko auf Daten im wesentlichen zur Prävalenz der Erkrankung beruhen, während das Lungenkrebsrisiko beim Menschen die Sterblichkeit betrifft. Aus dem höheren Risiko für das Vorliegen einer Silikoseerkrankung als für den Tod an Lungenkrebs darf nicht geschlossen werden, dass die Silikoseerkrankung die notwendige Voraussetzung für das Entstehen des Lungentumors ist. Vielmehr zeigt die Darstellung, dass wegen des hohen Silikoserisikos die Chancen schlecht sind, signifikante Erhöhungen des Lungenkrebsrisikos in Kollektiven ohne Silikosefälle festzustellen - es sei denn, das Lungentumorrisiko des Menschen wäre deutlich größer als dasjenige der Ratte. Nach der Risikoabschätzung von Rice et al. (2001) ergibt sich für weiße (männliche) Arbeiter bei Exposition gegenüber 0,05 mg/m3 ein Lungenkrebsrisiko größer als 1,5 %, nach dem Inhalationsversuch mit Ratten ein Lungentumorrisiko um 1 %. Präventivmedizinisch ist ein "Excess"-Risiko (= zusätzliches Risiko) von 1 % nicht vernachlässigbar, es entspricht aber bei einem Hintergrund-Lungentumorrisiko von 5 % einem relativen Risiko von 1,2 und liegt damit in der Regel deutlich unterhalb der Nachweisgrenze. Bei Annahme eines Hintergrund-Lungentumorisikos von 7 % (entspricht etwa der gegenwärtigen Lungenkrebs-Mortalität der Männer in Deutschland, die größtenteils durch Tabakrauch verursacht ist) ergibt sich ein relatives Risiko von 1,14. Damit verschlechtert sich die Nachweisbarkeit eines erhöhten Lungenkrebsrisikos. Unter Arbeitsschutzgesichtspunkten ist aber jedes "Excess"-Tumorrisiko zu vermeiden, unabhängig von der Problematik der Nachweisgrenze des Tumortyps.

Abbildung 2: Expositions-Wirkungsbeziehungen für Silikose (Vorliegen der Erkrankung beim Lebenden oder Verstorbenen) und Lungentumoren (Mortalität beim Menschen; überwiegend Entdeckung eines Tumors durch Histologie bei einer aus anderen Gründen zu Tode gekommenen Ratte) nach Exposition gegenüber kristallinem Siliciumdioxid (etwas unterschiedliche Definitionen der Silikose: Hnizdo and Sluis-Cremer, 1993: röntgenologisch
> 1/1 ILO; Steenland and Brown, 1995: Todesscheine und Röntgenbilder; Chen et al., 2001: chinesisches Klassifikationssystem ähnlich ILO). Der Steigungskoeffizient für das Risiko bei der Ratte beruht auf der Studie von Muhle et al. (1991), die Studien von Dagle et al. (1986), Holland et al. (1986) sowie Spiethoff et al. (1992) wurden zusätzlich ausgewertet, sie sprechen nicht für die Verwendung einer wesentlich anderen Steigung (siehe Text).

Relatives Risiko (Mortalität an Lungenkrebs; Ratte: Morbidität an Lungentumoren)

BILD

Abbildung 3: Expositions-Risikobeziehungen für Lungentumoren nach SiO2- Staubexposition: Daten der Beobachtungen von Winter et al. (1990) und Checkoway et al. (1997,1999) und Vergleich mit der Risikoabschätzung für weiße Arbeiter nach Rice et al. (2001) sowie einer Extrapolation aus Inhalationsversuchen mit Ratten (s. Tab. 2 und 3; Abb. 2). Die Balken direkt oberhalb der x-Achse markieren die Expositionskategorien der Studien von Winter et al. (1990) und Checkoway et al. (1997). Die Risikowerte der Studien sind hier den Klassenmitten bzw. bei der obersten (offenen) Kategorie einem nach Plausibilität abgeschätzten Expositionswert zugeordnet (unsicherer "Punkt" daher als "breite" Ellipse gezeichnet).

BILD

2.4 Vergleich der Risikoabschätzung aus tierexperimentellen Inhalationsversuchen mit Datenaus Originalveröffentlichungen epidemiologischer Studien

In Abbildung 2 ist der Vergleich der Risiken bei Mensch und Ratte anhand des absoluten zusätzlichen Risikos vorgenommen. In den epidemiologischen Studien werden aber zunächst Maße des relativen Risikos ermittelt. Für einen Vergleich mit den Originalveröffentlichungen der epidemiologischen Studien ist daher das Risiko bei der Ratte umzurechnen. In der Tabelle 3 und der Abbildung 3 ist ein solcher Vergleich vorgenommen. Dabei ist das absolute Lungentumorrisiko der Ratte (und gleichermaßen das absolute Risiko nach Rice et al., 2001) auf ein Basisrisiko von 5 % bezogen (eine Ausnahme wurde nur für die Studie von Ulm et al., 1999, gemacht, da dort das relative Risiko auf die niedrigste Expositionskategorie bezogen ist und für diese Beschäftigten ein höherer Raucheranteil anzunehmen ist). Die Abbildung 3 zeigt sehr deutlich, dass die Expositions-Risikobeziehung, die aus Inhalationsversuchen mit Ratten folgt, gut mit epidemiologischen Daten vereinbar ist und nicht auf eine höhere Empfindlichkeit der Ratte hindeutet. Ferner ist erkennbar, dass die Gerade nach der Risikoabschätzung von Rice et al. (2001), die auf den Daten von Checkoway et al. (1997) basiert, etwas höher liegt als die Gerade nach den Inhalationsversuchen. Auch die Daten von Winter et al. (1990) aus Untersuchungen in der Keramikindustrie lassen sich damit gut vereinbaren.

Für die in Tabelle 3 aufgeführten Untersuchungen von Hnizdo und Sluis-Cremer (1991) sowie von Steenland und Brown (1995) werden erhöhte Radon- und Arsenkonzentrationen in den entsprechenden Bergwerken diskutiert. Eine klare Zuordnung der Risiken in diesen Untersuchungen erscheint nicht möglich. Festzustellen bleibt aber, dass auch in diesen Studien die ermittelten Risikowerte in keinem Widerspruch zu den Expositions-Risikobeziehungen nach den Ratten Inhalationsversuchen mit Quarzstaub stehen.

Von Checkoway et al. (1999) sowie von Ulm et al. (1999) wurden Auswertungen unter Ausschluss von Beschäftigten mit Silikose (bei Ulm et al., 1999: als Berufskrankheit entschädigte Silikose) vorgenommen. Bei Checkoway et al. (1999) wurde gleichwohl ein Risikoanstieg mit der kumulativen Exposition festgestellt. In der Fall-Kontrollstudie von Ulm et al. (1999) wurde ein solcher Risikoanstieg nicht gefunden. Es wird von beiden Autorengruppen darauf hingewiesen, dass damit die Notwendigkeit der Silikose als Ursache des Lungentumors nicht ersichtlich wird. Ein geringeres Lungenkrebsrisiko in einem Kollektiv ohne Silikosefälle erscheint gut erklärbar, wenn man Entzündungsprozesse als Mitverursacher sowohl von Fibrose als auch von Lungentumor annimmt. Eine höhere individuelle Empfindlichkeit hinsichtlich Entzündungsreaktionen kann dann sowohl ein geringeres Risiko von Personen ohne Silikose als auch die Bedeutung von Healthy-Worker-Effekten für das kollektive Lungenkrebsrisiko erklären. Auch auf unterschiedliche Definitionen für das Vorliegen einer Silikoseerkrankung ist hinzuweisen. So wurde z.B. bei Morfeld et al. (1997) das Risiko von Bergleuten mit und ohne "Pneumokoniose" verglichen. Es handelte sich dabei um Kohlebergwerke mit relativ hohem Quarzgehalt im Staub. Pneumokoniose war so definiert, dass sich auf dem letzten Röntgenbild vor Beginn des Followup mindestens Hinweise auf eine eben beginnende Pneumokoniose (> -I, Johannesburg 1930) ergeben haben mussten. Dies traf auf 828 (18,1 %) von 4582 Steinkohlenbergleuten zu.

Schwere Pneumokoniosen mit großen Schatten ("II bis III" oder "III" nach Johannesburg 1930) traten bei 1,1 % der Bergleute auf. Unter den Lungenkrebstodesfällen waren im Röntgenbild - auch nach unabhängiger Nachlesung der Bilder - keine der schweren Grade "II bis III" oder "III" festgestellt worden. Die Lungenkrebsmortalität des Kollektivs
> -I war gleichwohl um das 2,5fache höher als die Lungenkrebsmortalität des Vergleichskollektivs (95%- Vertrauensbereich: 1,5 bis 3,2).

Die epidemiologischen Daten zu Expositions-Krebsrisikobeziehungen, wie in Abbildung 3 und in Tabelle 3 dargestellt, geben in ihrer Gesamtheit keine klaren Hinweise auf sublineare Verläufe, sie sind mit linearen Beziehungen vereinbar - gerade im Bereich zwischen 2 und 6 mg/m3 x Jahre entsprechend 0,05 und 0,15 mg/m3 über 40 Jahre. Die Linearitätsannahme ist für eine präventivmedizinisch motivierte Risikobetrachtung auch deshalb gerechtfertigt, weil der Extrapolationsschritt von einem festgestellten Risiko von 16 % im Versuch von Muhle et al. (1991) zu einem Risiko von 1 % bei dem Bezugswert 0,05 mg/m3 relativ klein ist.

Abschließend sei festgehalten, dass in den epidemiologischen Studien über Lungenkrebs/ siliciumdioxidhaltige Stäube mit Angaben zu Expositions Risikobeziehungen gemäß der Zusammenstellung in Greim (1999) bei nahezu allen Expositionskategorien zumindest die obere 95 %-Vertrauensgrenze des relativen Risikos höher liegt als der Wert, der sich aus Inhalationsversuchen mit praktisch reinem Quarzstaub an Ratten errechnen lässt (siehe Tabelle 3).

Tabelle 3: Vergleich epidemiologischer Originaldaten (Angaben in den Originalarbeiten z.T. ergänzt nach Greim, 1999) über Expositions-Risikobeziehungen nach Siliciumdioxid-Staubexposition mit erwarteten Risiken nach Inhalationsversuchen mit Ratten sowie nach einer Risikoabschätzung von Rice et al. (2001) anhand epidemiologischer Daten (Kollektiv untersucht von der Arbeitsgruppe von Checkoway).

Kum. Exposition [mg/m3.J.] aGemittelte Maß für relatives Risikoberechnet b
Kategorie, von - bisKlassenmitteKonz. 40 J
[mg/m3]
festgestellt95%-Vertr.-ber.RatteRice
Winter et al. (1990)SMR
0,00 - 0,150,080,0021,080,35 - 2,541,011,01
0,15 - 0,500,330,0080,990,43 - 1,951,031,05
0,50 - 1,501,000,0251,621,05 - 2,391,101,17
> 1,503 c0,0751,510,93 - 2,311,301,50
Checkoway et al. (1997), ohne Asbestexpos.Rate Ratio
0,00 - 0,500,250,0061,001,031,04
0,50 - 1,100,800,0200,730,26 - 2,011,081,13
1,10 - 2,101,600,0400,730,26 - 2,031,161,27
2,10 - 5,003,000,0751,000,38 - 2,621,361,50
> 5,008 c0,2012,030,93 - 4,451,812,34
Checkoway et al. (1999), Arbeiter ohne SilikoseSMR
0,00 - 0,500,250,0061,050,56 - 1,791,031,04
0,50 - 2,001,250,0310,860,46 - 1,481,131,21
2,00 - 5,003,500,0881,250,60 - 2,291,351,58
> 5,008 c0,1992,401,24 - 4,201,802,32
Steenland und Brown (1995) d SMR
0,00 - 0,320,160,0041,170,84 - 1,551,021,03
0,32 - 1,280,800,0201,010,71 - 1,411,081,13
1,28 - 1,921,600,0400,970,41 - 1,851,161,27
> 1,924 c0,1001,310,87 - 1,891,401,67
Hnizdo und Sluis-Cremer (1991) d Rate Ratio
0,00 - 1,000,500,0131,001,051,08
1,00 - 1,901,450,0361,540,60 - 4,301,151,24
1,90 - 2,502,200,0552,070,70 - 6,001,221,37
> 2,505 c0,1252,921,02 - 8,401,501,83
Ulm et al. (1999), Arbeiter ohne SilikoseOR
0,00 - 1,560,780,0201,001,001,00
1,56 - 2,882,220,0560,950,48 - 1,531,091,14
2,89 - 4,683,790,0950,920,44 - 1,611,181,29
> 4,688 c0,2001,040,53 - 1,891,431,70
McLaughlin et al. (1992)OR
0001,001,001,00
0,10-8,694,400,1101,801,04-2,871,441,73
8,70-26,2917,450,4361,500,99-2,182,753,91
> 26,3030 c0,7502,100,80-4,124,006,00
Bolm-Audorff et al. (1998)OR
0001,001,001,00
0,0-1,00,500,0131,210,92 - 1,601,051,08
1,0-5,03,000,0751,391,05 - 1,841,301,50
>5,08 c0,2001,911,39 - 2,631,802,33
a) Die Arbeiten sind so zu verstehen, dass sich die Angabe der kumulativen Exposition auf die Konzentration an alveolengängigem kristallinem Siliciumdioxid bezieht (abgekürzt z.B. bei Greim, 1999: AQS = alveolengängiger Quarzstaub).
b) Berechnetes relatives Risiko nach Auswertung von Inhalationsversuchen an Ratten (s. Tabelle 1) sowie nach der quantitativen Risikoabschätzung für weiße Arbeiter von Rice et al. (2001). Zunächst wird das gemäß der abgeleiteten Expositions-Risikobeziehung und der jeweiligen Exposition erwartete "excess" Risiko berechnet, also z.B. anhand der Steigung 1 % pro 0,05 mg/m3 über 40 Jahre. Daraus ergibt sich mit dem Basisrisiko das entsprechende "berechnete" relative Risiko. Angenommenes Basisrisik 5 %; Ausnahme: 8 % für die Arbeit von Ulm et al. (1999), bei der nicht auf die Allgemeinbevölkerung, sondern auf die niedrigste Expositionskategorie bezogen wird.
c) Abgeschätzt nach Plausibilität, u.a. entsprechend den Gesetzmäßigkeiten in der Abstufung der Klassenmitten der "geschlossenen" Expositionskategorien
d) Exposition in Bergwerken mit Radonaktivität.

2.5 Schlussfolgerungen

In epidemiologischen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen inhalativer Exposition gegenüber alveolengängigem siliciumdioxidhaltigem Staub (Quarz bzw. Cristobalit) und einem erhöhten Lungenkrebsrisiko festgestellt. Besonders deutlich waren die Risikoerhöhungen in Studien, in denen das Vorliegen einer Silikose als Einflussvariable bzw. als Surrogat für eine Quarzexposition untersucht wurde. Für Silikosefälle lässt sich ein im Durchschnitt 2- bis 2,5fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko gegenüber Vergleichskollektiven ohne festgestellte Silikose errechnen.

Es gibt Hinweise auf Expositions-Häufigkeitsbeziehungen für Lungenkrebs; Expositions-Wirkungsbeziehungen für Silikose sind relativ deutlich. Aus mehreren Studien ergibt sich eine Erhöhung des Lungenfibroserisikos bei einer kumulativen Exposition von 2 mg/m3 x Jahre. Geht man von einer 40jährigen Exposition aus, so ergibt sich ein Jahresmittelwert von 0,05 mg AQS/m3 (AQS = alveolengängiger Quarzstaub bzw. Siliciumdioxid im alveolengängigen Staub). Das damit verknüpfte Risiko für Silikose lässt sich mit ca. 5 - 10 % angeben. Nach einer quantitativen Risikoabschätzung von Rice et al. (2001) kann das zusätzliche Lungenkrebsrisko bei dieser Exposition mehr als 1,5 % betragen.

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