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28. 4,4'-Methylenbis (2-ethylanilin)
(CAS-Nr.: 19900-65-3)

(BArbBl. 11/97 S. 60)


4.4`-Methylenbis (2-ethylanilin) (Diethyl-MDA) wird als Härter in Epoxydharzsystemen eingesetzt.

Genotoxizität:

Es werden 3 positive Teste auf Genotoxizität: Ames-Test. Chromosomenabberrationen. UDS-Test und 2 negative: Genmutationstest und Zelltransformationstest mitgeteilt [1].

Diethyl-MDA zeigt im Ames-Test positive Reaktionen mit Salmonella typhimurium der Stämme TA 98 und TA 100.

Mutagenität von M DA-Derivaten (geprüft mit Salmonella typhimurium in linearen Dosis-Wirkungsbereich, nicht toxischer Bereich, 100-500 mg/Platte):

 

Revertanten/mg Testsubstanz

TA 98

TA 100

PB S-9Ar S-9PB S-9Ar S-9
MDA267115800442
Dimethyl-MDA3635946.9002.100
Diethyl-MDA4004032.0001.100
Diethyl-MDA*10503272.600650
*Probe mit höherer Reinheit
PB S-9 Phenobarbital-induzierte Rattenleber
Ar S-9 Aroclor-induzierte Rattenleber

Die mutagene Aktivität wird durch Alkylierung leicht erhöht [2].

Nach 17 Std. Exposition gegenüber Diethyl-MDA wurde in Abwesenheit von S 9 eine leichte aber statistisch gesicherte Zunahme des Anteils Zellen mit Aberrationen ab 75 mg/ml festgestellt. Die Ergebnisse waren aber nicht reproduzierbar. Eine merkliche Zunahme in Gegenwart von S 9 wurde im Konzentrationsbereich zwischen 75 und 100 mg/ml festgestellt.

An Rattenhepatozyten wurde eine dosisabhängige außerplanmäßige DNA-Synthese (UDS) beobachtet; Details sind nicht angegeben.

Kanzerogenität:

Daten zur Kanzerogenität des Diethyl-MDA liegen nicht vor; jedoch für Dimethyl-MDA sind Daten verfügbar.

Eine epidemidemiologische Studie an 906 Arbeitern im Zeitraum von 1970 bis 1992 in einer Farbstoffabrik in Norditalien liegt vor, wovon 53 Arbeiter gegenüber Dimethyl-MDA, o-Nitrotoluol und o-Toluidin exponiert waren. 5 Personen aus dieser Gruppe starben an Blasenkrebs; der ermittelte Erwartungswert bei der Normalbevölkerung lag bei 0,08. Eine direkte Zuordnung der Blasenkrebsfälle zum Dimethyl-MDA ist wegen vorliegender Mischexposition nicht möglich [3].

Die Inzidenzen von primären Tumoren bei männlichen Ratten, die über 183 Tage, 5 d/w, 50 mg Dimethyl-MDA/kg (in Erdnußöl) durch intragastrale Intubation exponiert waren, sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt [4].

TumorinzidenzenKontrollenDimnethyl-MDA
Dosis050 mg/kg KGW/Tag
Anzahl Ratten je Gruppe2525
Tumortyp
Lunge
- Adenomatose
- Adenokarzinom
-
-
8*
4
Leber
- hepatozelluläres Adenom
- hepatozelluläres Karziom
 

-

-

 

6*

9*

Brustdrüsen
- fibrom
- fibroadenom
-
-
5*

1

Haut
- fibrom/
-fibrosarcom
- lipom
 

-
-

8*
3
Magen
- papillom

-
1
* signifikanter Unterschied zur Kontrolle (p < 0,05)

6 weibliche Beagle-Hunde wurde zunächst für 6 Wochen dreimal wöchentlich eine Gelatinekapsel mit 100 mg Dimethyl-MDA (ca. 30 mg/ kg/w), dann für 5 Wochen fünfmal wöchentlich (ca. 50 mg/kg/w) und dann bis zum Ende der Behandlungszeit nach 7 Jahren fünfmal wöchentlich 50 mg (ca. 25 mg/kg/w) gegeben. Bei den 3 Tieren, die mindestens 5.2 Jahre behandelt wurden, waren Lebertumore und bei 2 der Tiere zusätzlich auch Lungentumore festzustellen. Drei bereits nach 2,7 bis 4 Jahren verstorbene Tiere sowie die Kontrolltiere wiesen keine Tumore auf [5].

Reproduktionstoxizität:

Es liegen keine Daten zur Reproduktionstoxizität von Diethyl-MDA vor.

Sensibilisierung:

Zur sensibilisierenden Wirkung des Diethyl-MDA liegen keine Daten vor.

Fazit:

Genotoxizität:

Die Daten sind unzureichend, eine Einstufung gemäß den EU-Einstufungskriterien ist nicht möglich (M: -).

Kanzerogenität:

Direkte Daten liegen nicht vor. Jedoch können Daten zur kanzerogenen Aktivität der strukturell ähnlichen aromatischen Amine, MDA und besonders Dimethyl-MDA herangezogen werden. Beide Amine: MDA (CAS-Nr. 101-77-9) und Dimethyl-MDA (CAS-Nr. 838-88-0) sind als krebserzeugend Kat. 2 eingestuft; für beide gilt derzeit eine TRK von 0,1 mg/m3.

Nach Information der Hersteller kann das Endprodukt Diethyl-MDA bis zu 0,1 % MDA und 0,3 % o-Ethylanilin enthalten, was nach der Zubereitungsrichtlinie eine Einstufung nach Carc. 2 und R 45 rechtfertigen würde.

Der Abbaumechanismus des Dimethyl-MDA und des Diethyl-MDA ist sicher dem des MDA ähnlich: Acetylierung an den freien Aminogruppen und Hydroxylierung der Methylengruppe. Im Urin von Menschen [6] wurde N-Acetyl-4,4`-MDA nachgewiesen, im Rattenurin N,N'-Diacetyl-4,4'-MDA [7]. Die Seitenkette im Benzolkern dieser Moleküle spielt offenbar bei der Metabolisierung keine wesentliche Rolle.

Hinzuweisen wäre noch auf die aromatischen Amine, die Ausgangsprodukte für Dimethyl-MDA und Diethyl-MDA sind: o-Toluidin (CAS-Nr. 95-53-4) eingestuft nach Carc. 2 und o-Ethylanilin (CAS-Nr. 578-54-1), für das keine Einstufung vorliegt (unzureichende Datenlage).

Aufgrund fehlender Daten muß auf die Strukturanalogie zu den verwandten Verbindungen MDA und Dimethyl-MDA zurückgegriffen werden und es erfolgt gemäß den EU-Einstufungskriterien eine Einstufung als krebserzeugend Kategorie 3 (K: 3) [1].

Reproduktionstoxizität:

Aufgrund fehlender Daten ist gemäß EU-Einstufungskriterien keine Einstufung möglich (RF.E: -)

Sensibilisierung:

Aufgrund fehlender Daten ist gemäß den EU-Einstufungskriterien keine Einstufung möglich.

Literatur:

[1] EU-Einstufungsdossier zu 4,4`-Methylenbis (2-ethylanilin) (1995)

[2] Rau, T.K.; Dorsey, G.F.; Allen, B.E.; Epler, J.L.: Mutagenicity of 4,4`-methylenedianiline derivatives in Salmonella histidine reversion assay. Arch. Toxikil. 49, 185-190 (1982)

[3] Rubino, G.F.; Seansetti, G, ; Piolatto, G.; Pira, E.: The carcinogenie effect of aromatic amines: An epidemiological study on the role of o-toluidine and 4,4`-methylene bis (2-methylaniline) in inducing bladder cancer in man. Environ. Res. 27, 241-254 (1982)

[4] Stola, E.F.; Shermnan, H.; Zapp, J.A.; Weslay Clayton, J.: Experimental neoplasia in rats from oral administration of 3,3`-dichlor-obenzidine, 4,4`-methylenebis (2-chloroaniline), and 4,4`-methylenebis (2-methylaniline), Toxicol. Appl. Pharmacol. 31, 159-176 (1975)

[5] Stula, E.F.; Barnes, J.R.; Sherman, H.; Reinhardt, C.F.; Zapp, J.A.: Liver and lung tumors in dogs from 4,4`-methylenebis (2-methylaniline), J. Environ. Pathol. Toxicol. 1, 339-356 (1978)

[6] Cocker, J.; Gristwood, W.; Wilson, H.K.: Assessment of occupational exposure to 4,4`-diaminodiphenylmethane (methylene dianiline) by gas chromatography- mass spectrometry analysis of urine, Br. J. Ind. Med. 43, 620-625 (1986)

[7] Tanaka, K.; Ino, T.; Sawanata, T.; Marui, S.; Igaki, H.; Yashima, H.: Mutagenicity of N-acetyl and N.N`-diacetyl derivatives of 3 aromatic amines used as epoxy-resin hardeners, Mutat. Res. 143, 11-15 (1985).

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