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2,3-Epoxypropyltrimethylammoniumchlorid
(CAS-Nr.: 3033-77-0)

Ausgabe: März 2001
Stand: November 2000


Grundlage dieser Einstufung ist die von 1991 vorliegende MAK-Begründung [1] und eine Anschlussrecherche.

2,3-Epoxypropyltrimethylammoniumchlorid (Glycidyltrimethylammoniumchlorid (GTMAC)) ist ein weißliches hygroskopisches Pulver. Es kommt als wässrige Lösung in den Handel und wird überwiegend als alkylierendes Agens zur Stärkemodifizierung in der Papierindustrie verwendet [1]. Geringe Mengen kommen bei der Herstellung von Ionenaustausch-Harzen, in der Textil- und Kosmetikindustrie und in der elektronischen Industrie zum Einsatz [2].

Hautreizende und sensibilisierende Wirkung:

Eine einmalige Applikation von 20 mg GTMAC in den Bindehautsack des Kaninchenauges bewirkte starke Reizung mit mäßiger Konjunktivitis, gefolgt von Iritis nach 24 bis 28 Stunden und Verschattung der Cornea nach 72 Stunden. Noch nach 7 Tagen waren Konjunktivitis, Verschattung der Cornea und Adaptionsverlust der Iris festzustellen [1].

GTMAC in Pulverform einmalig okklusiv auf rasierte (je 2 Tiere pro Geschlecht) bzw. rasierte und abradierte (je 2 Tiere pro Geschlecht) Kaninchenhaut aufgetragen, erwies sich als stark reizend [1].

Beim Meerschweinchen wirkte GTMAC im Patch-Test mäßig sensibilisierend [1, 2].

Beim beruflichen Umgang liegt GTMAC als Pulver oder wässrige Lösung vor und wirkt reizend auf Haut und Schleimhäute. Es gibt eine Reihe von Fallberichten, in denen bei beruflicher Exposition durch GTMAC Hauterkrankungen, wie Dermatitis, und sensibilisierende Wirkungen beschrieben werden [1, 2].

Genotoxizität:

In vitro:

Im Salmonella-Mikrosomen-Test induzierte GTMAC an den Stämmen TA 100 und TA 1535 in An- und Abwesenheit von S9-Mix Punktmutationen im Genom [1].

In einer weiteren Studie wurde GTMAC an den Stämmen TA 98, TA 100, TA 1535, TA 1537 und TA 1538 bis zu Konzentrationen von 6250 µg/Platte getestet. GTMAC induzierte an den Stämmen TA 100, TA 1535 und TA 1537 in An- und Abwesenheit eines Metabolisierungssystems signifikante dosisbezogene Punktmutationen. An den Stämmen TA 98 und TA 1535 wurde keine mutagene Aktivität beobachtet [14].

Eine weitere Studie untersuchte die genotoxische Aktivität von GTMAC an den Stämmen TA 97, TA 98, TA 100, TA 1535, TA 1537 bis zu Konzentrationen von 100 µg/Platte. Bei den Stämmen TA 100 und TA 1535 war in An- und Abwesenheit eines Metabolisierungssystems die Zahl der Revertanten vergrößert. Die anderen Stämme zeigten keine erhöhte Revertantenzahl [1, 14].

Bei Untersuchungen an den Stämmen WP2 und WP uvr2 von Escherichia coli und am Stamm JD 1 von Saccharomyces cerevisiae zeigte sich GTMAC mit und ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems an beiden Testsystemen mutagen. Die höchste getestete Konzentration betrug bei den Escherichia coli-Stämmen 2000 µg/Platte GTMAC und bei dem Hefe-Stamm 10 mg/ml GTMAC [1, 14].

Am diploiden Stamm D7 von Saccharomyces cerevisiae induzierte GMTAC in An- und Abwesenheit von S9-Mix Genkonversion. Es wurden Konzentrationen bis zu 5 mg/ml getestet. In Anwesenheit von S9-Mix verringerte sich die mutagene Aktivität von GTMAC leicht [1,14]. Im Mutationstest am Klebsiella pneumoniae zeigte GTMAC ohne Zusatz von S9-Mix eine positive Wirkung [1].

Im zytogenetischen Test an CHO-Zellen (Konzentrationsbereich: 5-100 µg/ml) und im Test an Rattenhepatozyten (Konzentrationsbereich: 10-80 µg/ml) verursachte GTMAC dosisabhängig strukturelle Chromosomen-Aberrationen. Eine Reduzierung der Überlebensrate und des Mitoseindexes in CHO-Zellen wurde ab 50 µg/ml und die Hemmung des Zellwachstums bei ca. 50 % der Ratten-Hepatozyten-Kulturen ab 80 µg/ml beobachtet [1].

Bei Untersuchungen zur Genotoxizität einer Reihe von Epoxiden erwies sich GTMAC im SOS-Chromotest und im Salmonella-Mikrosomen-Test ohne Metabolisierungssystem als mutagen [3].

In einer weiteren Arbeit wurden die Ergebnisse des SOS-Chromotests (verwendeter Stamm: PQ 37 von Escherichia coli) und die des Ames-Tests (verwendete Stämme: TA 100, TA 1535, TA 98 und TA 1537 mit und ohne Zusatz von S9-Mix) verglichen.

Im SOS-Chromotest bewirkte GTMAC im Konzentrationsbereich von 3,3-100 mmol/l dosisabhängig in Abwesenheit eines Metabolisierungssystems eine Erhöhung von ß-Galactosidase und des Induktionsfaktors. In Anwesenheit eines Metabolisierungssystems war GTMAC nicht mutagen.

Im Ames-Test zeigte GTMAC an den Stämmen TA 98 und TA 1537 keine mutagene Wirkung. Am Stamm TA 100 induzierte GTMAC Punktmutationen. Angaben zu Konzentrationsbereichen fehlen [4, 14].

GTMAC induzierte an V79-Zellen im Konzentrationsbereich von 0,1-1 µmol/ml ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems konzentrationsabhängig vermehrt SCE`s. Im Vergleich zur Lösungsmittelkontrolle war die SCE-Rate um den Faktor 3 erhöht [5, 14].

Zur Untersuchung von Struktur-Aktivitäts-Zusammenhängen wurde die SCE-induzierende Potenz von 58 Epoxiden bestimmt. In 2 unabhängigen Versuchsreihen ohne Metabolisierungssystem im Konzentrationsbereich von 0,125-2 mmol/l bewirkte GTMAC an V79-Zellen des Chinesischen Hamsters einen Anstieg der Austausch-Raten [6].

Zur Klärung quantitativer Struktur-Mutagenitäts-Beziehungen wurde der Salmonella-Mikrosomen-Test, einmal als Plattentest nach Maron und Ames [7] und zum anderen als flüssiger Suspensions-Test nach Djuric et al. [8], herangezogen. Monosubstituierte Propylenoxide wurden an den Stämmen TA 100 und TA 1535 getestet. GTMAC war in beiden Testverfahren und an beiden Stämmen mutagen [9].

Im UDS-Test zeigte GTMAC an primären Rattenhepatozyten im Konzentrationsbereich von 2x1 0-6 - 2x1 0-4 mol/ l H2O positive Ergebnisse [10, 14].

In vivo:

Zur Untersuchung der Genotoxizität von GTMAC in vivo wurde ein Mikrokerntest durchgeführt [11,14].

85,5 mg/kg KG GTMAC (maximal tolerierbare Dosis) wurden im Wasser gelöst und einmalig je 21 männlichen und weiblichen NMRI-Mäusen intraperitoneal injiziert. Es wurden toxische Symptome, wie Krampferscheinungen, gespreizte Gangart, jedoch keine Todesfälle beobachtet.

Die Negativkontrolle (je 18 Mäuse / Geschlecht) erhielt ebenfalls intraperitoneal 10 ml/kg KG einer physiologischen Kochsalzlösung.

Der Positivkontrolle (je 18 Mäuse / Geschlecht) wurde einmalig mit dem Futter 10 ml/kg KG Cyclophosamid, gelöst in 9- %iger Kochsalzlösung verabreicht.

Die Aufarbeitung erfolgte nach 24, 48 und 72 Stunden. Das Knochenmark des Oberschenkelknochens wurde von je 7 Tieren pro Geschlecht und Entnahmezeit der Testgruppe und von je 6 Tieren pro Geschlecht und Entnahmezeit der Negativ- und der Positivkontrolle untersucht. In 1000 polychromatischen Erythrozyten pro Tier wurden die Mikrokerne ausgezählt.

Ergebnisse:

In der Testgruppe wurden

keine statistisch signifikante Erhöhung mikronuklearer polychromatischer Erythrozyten im Vergleich zu Negativkontrolle beobachtet.

Die Männchen der Testgruppe, deren Aufarbeitung nach 72 Stunden erfolgte, zeigten statistisch signifikante positive Ergebnisse im Vergleich zur Negativkontrolle, aber nicht im Vergleich zur historischen Kontrolle. Die Kombination der Ergebnisse beider Geschlechter dieser Gruppe wies darauf hin, dass eine mutagene Wirkung im Vergleich zur außergewöhnlich niedrigen Inzidenz in der Negativkontrolle bei den Männchen vorliegt.

Bei den Weibchen der Testgruppe, deren Aufarbeitung nach 24 Stunden erfolgte, war die Anzahl der mikronukleihaltigen polychromatischen Erythrozyten signifikant vergrößert. Die Männchen dieser Gruppe zeigten etwa eine doppelt so hohe Anzahl an mikronukleihaltigen polychromatischen Erythrozyten wie die entsprechende Negativkontrolle. Auch hier wurde durch Kombination der Ergebnisse beider Geschlechter ein klares statistisch signifikantes Ergebnis erhalten.

Anhand der dargestellten Ergebnisse stuften die Autoren GTMAC im Mikrokerntest bei intraperitonealer Applikation von 85,5 mg/kg KG an NMRI-Mäusen und einer Aufarbeitungszeit nach 24 Stunden als clastogenes Agens ein.

Kanzerogenität:

Zur Untersuchung der Kanzerogenität liegt eine Hautpinselungsstudie an CF1- Mäusen vor [1, 12, 14].

Bei 50 männlichen und bei 50 weiblichen CF1-Mäusen wurde 2 Jahre 2 x wöchentlich die Rückenhaut mit 0,2 ml einer 0, 1 - %igen, einer 0,3- %igen und einer 1,0- %igen GTMAC-Lösung (gelöst in Ethanol/Nonidet P40) eingepinselt.

Die Negativkontrolle mit 100 männlichen und 100 weiblichen Tieren wurde mit Ethanol/Nonidet P40 behandelt und die Positivkontrolle mit 50 männlichem und 50 weiblichen Tieren mit 1,0- %igem ß-Propiolacton (gelöst in Aceton).

Alle Veränderungen, besonders die der behandelten Haut, wurden täglich registriert. Nach der Nekropsie wurden alle Organe und Gewebe mikroskopisch und ein großer Teil einschließlich der kutan geschädigten Gewebe histologisch untersucht.

Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.

Kanzerogenitätsstudie mit Glycidyltrimethylammoniumchlorid an Mäusen

Hauptpinselungsstudie
Species:je 50 männliche und 50 weibliche CF1-Mäuse
Lösungsmittelkontrolle: je 100 männliche und 100 weibliche Mäuse
Dauer: 2x / Woche, 104 Wochen lang
Konzentration: 0; 0,1 %; 0,3 %; 1,0 % GTMAC
KontrolleMännliche TiereKontrolleWeibliche Tiere
Eingesetzte Tiere100505050100505050
Konzentration00,1 %0,3 %1 %00,1 %0,3 %1 %
Überlebende27 (27 %)17 (34 %)14 (28 %)8 (16 %)31 (31 %)13 (26 %)11 (22 %)1 (2 %)
Nach 104 Wo
Mortalität Tumorbedingt48 (48 %)20 (40 %)19 (38 %)28 (56 %)39 (39 %)22 (44 %)20 (40 %)43 (86 %)
Tiere mit kutanen Tumoren an der Applikationsstelle (vorw. Plattenepithelkarzinome):1 (1 %)0027 (54 %)1 (1 %)02 (4 %)25 (50 %)
- davon Tiere mit multiplen Tumoren00018 (36 %)00016 (32 %)
- davon Tiere mit Metastasen1 (1 %)004 (8 %)0006 (12 %)
Mammatumoren (Adenokarzinome)2 (2 %)01 (2 %)12 (24 %)

Zusammenfassend kann festgestellt werden:

Reproduktionstoxizität:

Zur Reproduktionstoxizität von GTMAC liegen keine Daten vor.

Fazit:

Genotoxizität:

GTMAC zeigte in bakteriellen Testsystemen mit und ohne Zusatz von S9-Mix eine mutagene Wirkung. An CHO-Zellen und Rattenhepatozyten induzierte GTMAC Chromosomen-Aberrationen. In zytogenetischen Tests mit V79-Zellen erhöhte GTMAC ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems die SCE-Austauschrate. Ein UDS-Test mit Rattenhepatozyten verlief positiv.

In vivo wurde ein Mikrokerntest an NMRI-Mäusen durchgeführt. Bei einer intraperitonealen Injektion von 85,5 mg/kg KG GTMAC und einer Aufarbeitungszeit nach 24 Stunden induzierte GTMAC eine erhöhte Anzahl von Mikrokernen in polychromatischen Erythrozyten.

Anhand dieser Ergebnisse wird gemäß den EU-Einstufungskriterien eine Einstufung als erbgutverändernd Kategorie 3 (M: 3) vorgeschlagen.

Kanzerogenität:

Zur Untersuchung der kanzerogenen Wirkung von GTMAC liegt eine Hautpinselungsstudie an CF1-Mäusen vor. Danach induziert GTMAC bei den weiblichen Mäusen in der höchsten Dosis (1,0- %ige Lösung) vermehrt Mamma-Tumoren und bei beiden Geschlechtern kutane Tumoren an der Applikationsstelle. Anhand dieser Befunde, der genotoxischen Wirkungen und der Strukturähnlichkeit zu anderen kanzerogen wirkenden Epoxid-Verbindungen wird gemäß EU-Einstufungskriterien für GTMAC eine Einstufung als krebserzeugend Kategorie 2 (C: 2) vorgeschlagen.

Reproduktionstoxizität:

Aufgrund fehlender Untersuchungsergebnisse kann für GTMAC eine Einstufung als reproduktionstoxischer Stoff nicht erfolgen (RF,E: -).

Literatur:

[1] Greim, H. (Hrsg.): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologischarbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten: Glycidyltrimethylammoniumchlorid, VCH Weinheim, 1991

[2] Jolanki, R.: Occupational skin diseases from epoxy compounds. Acta Dermato-Venereologia. Epoxy resins compounds, epoxy acrylates and 2,3-epoxypropyltrimethyl ammonium chloride. Supplementum 159, 1-80 (1991)

[3] Basler, A., von der Hude, W, Seelbach, A.: Genotoxicity of epoxides. I. Investigations with SOS Chromotest and Salmonella/mammalian microsome test. GUM abstracts, page 313, No. 23

[4] Von der Hude, W., Seelbach, A., Basler, A.: Epoxides: comparison of the induction of SOS repair in Escherichia coli PQ37 and the bacterial mutagenicity in the Ames test. Mutation Research 231, 205-218 (1990)

[5] Von der Hude, W., Basler, A., Matebloski, R. Oboe, G.: Genotoxicity of epoxides. II. In vitro investgations with the sisterchromatid exchange (SCE) test and the unscheduled DNA synthesis (UDS) test. Mutagenesis 4, 323-324 (1989); GUM abstracts

[6] Von der Hude, W., Carstensen, S., Oboe, G.: Structureactivity relationships of epoxides: induction of sister-Chromatid exchanges in Chinese hamster V79 cells. Mutation Research 249, 55-70 (1991)

[7] Maron, D. M., Ames, B.N.: Revised methods for the Salmonella mutagenicity test. Mutation Research 113, 173-215 (1983)

[8] Djuric, Z., Hooberman, B.H., Rosman, L., Sinsheimer, J.E.: Reactivity of mutagenic propylene oxides with deoxynucleosides and DNA. Environ. Mutagen. 8, 369-383 (1986)

[9] Hooberman, B.H., Chakraborty, P.K., Sinsheimer, J.E.: Quantitative structureactivity relationship for the mutagenicity of propylene oxides with Salmonella. Mutation Research 299, 85-93 (1993)

[10] Von der Hude, W., Mateblowski, R., Basler, A.: Induction of DNA-repair synthesis in primary rat hepatocytes by epoxides. Mutation Research 245, 145- 150(1990)

[11] DEGUSSA AG - US-IT - NR. 92 0159 DGM; Study No.: 877847: Quab 151. Mouse Micronucleus Test (Single Intraperitoneal Administration) REPORT (vertraulich)

[12] Dow Chemical Company. 8EHQ-0393-0503. Document Processing center (TS-790). Office of Toxic Substances. U.S. Environmental Protection Agency. Report: Glycidyltrimethyl ammonium chloride. Supplement to 8EHQ-1.283-0503

[13] Doak, S.: Group Research Report SBGR.83.283, internal report, Shell Research Ltd., Sittingbourne Research Centre, Sittingbourne, Kent, UK, 183

[14] HUMAN-HEALTH-Teil des DRAFT´s der CEFIC-Risikobewertung für Glycidyltrimetylammoniumchlorid.

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