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VSK Abbeizverfahren - Anwendung des Abbeizverfahrens für das Entfernen bleihaltiger Beschichtungen auf Holz und die Vorbereitung für die anschließende Neubeschichtung im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen auf Baustellen
Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK)

Berufsgenossenschaft Holz und Metall
Stand 3. Mai 2016



Quelle: http://www.risan.cc/vsk_abbeizverfahren.html

Vom Ausschuss für Gefahrstoffe - AGS als VSK gem. TRGS 420 anerkanntes standardisiertes Arbeitsverfahren.

Beschichtungen auf Bauteilen aus Holz enthielten bis in die 1960er Jahre als Zusatz sehr oft Bleiweiß. Bei der Renovierung und Sanierung im Bereich der Denkmalpflege gilt es daher als oberstes Gebot, Staub zu vermeiden.

Bei den hier beschriebenen VSK "Abbeizverfahren" wird die Staubentstehung dadurch minimiert, dass man über alle Arbeitsschritte hinweg im Nassverfahren arbeitet.

Das vorliegende VSK beschreibt den Stand der Technik, der Arbeitshygiene und der Schutzmaßnahmen beim Entfernen von Altbeschichtungen auf Bauteilen aus Holz mittels eines Abbeizverfahrens und kann vom Unternehmer als Hilfe bei der Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden.

Entwickelt wurde das Verfahren von der "Denkmalpflege Ritt", die messtechnische Begleitung wurde von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) sichergestellt.

Das VSK Abbeizverfahren wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe am 19. und 20. Mai 2014 verabschiedet. Bezüglich der jetzt NEP-freien Rahmenrezeptur des Abbeizers wurden die VSK vom AGS in seiner 58. Sitzung am 02. und 03. Mai 2016 einstimmig und ohne Enthaltung angepasst.

Anwendung eines Abbeizverfahrens für das Entfernen bleihaltiger Beschichtungen auf Holz und die Vorbereitung für die anschließende Neubeschichtung im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen auf Baustellen

1 Allgemeines

Aufgrund seiner guten technischen Eigenschaften wurde Bleiweiß (Handelsbezeichnungen u.a. Kremser Weiß, Schieferweiß und Holländerweiß) bis in die 60er Jahre (ehemalige DDR bis Mitte der 80er) des 20. Jahrhunderts als Zusatz in Lacken verwendet.

Beim herkömmlichen Entfernen von Altbeschichtungen auf Bauteilen aus Holz mittels Schleifen bzw. thermischer Verfahren können bleihaltige Stäube bzw. bleihaltige Rauchgase entstehen, die eine Belastung für Personen und die Umwelt darstellen.

Bei dem hier beschriebenen Verfahren wird über alle Arbeitsschritte hinweg die Staubentstehung dadurch minimiert, dass man im Nass verfahren (hier: kaltes pastöses und staubbindendes Abbeizverfahren) arbeitet.

Diese Expositionsbeschreibung deckt keine Schleifarbeiten ab. Sowohl beim Anschleifen von nicht vollständig entfernten Beschichtungsreste n als auch beim Nachschleifen bereits abgebeizter Oberflächen kann immer noch Blei in der Luft in messbaren Konzentrationen nachgewiesen werden. Deswegen sind für solche Schleifarbeiten eine zusätzliche Gefährdungsbeurteilung und gegebenenfalls weitere, über die hier beschriebenen hinausgehende Schutzmaßnahmen erforderlich.

Die Gefahrstoffverordnung [1] fordert den Arbeitgeber in §§ 7 und 9 auf, zu ermitteln, ob die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten sind. Dies kann durch Arbeitsplatzmessungen oder durch andere gleichwertige Beurteilungsverfahren erfolgen. Falls keine Arbeitsplatzgrenzwerte vorliegen, ist die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen durch geeignete Beurteilungsmethoden nachzuweisen.

Diese Expositionsbeschreibung kann entsprechend § 7 Gefahrstoffverordnung als Hilfe zur Gefährdungsbeurteilung bei der Festlegung der Maßnahmen verwendet werden. Darüber hinaus kann bei der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz [2] und § 3 Betriebssicherheitsverordnung [3] diese Expositionsbeschreibung mit herangezogen werden. Die Verpflichtungen zum Einsatz von Stoffen und/oder Verfahren mit geringerem Risiko, zur Beachtung der Rangfolge der Schutzmaßnahmen und zur Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten usw. bleiben bestehen.

2 Anwendungsbereich

Diese Expositionsbeschreibung gilt für das Entferne n bleihaltiger Beschichtungen auf Holz und die Vorbereitung für die anschließende Neubeschichtung im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen auf offenen Baustellen an offen en Fenstern und Türen der Gebäudefassade und stellt ein Beurteilungsverfahren für die verschiedenen Arbeitsschritte beim Entfernen von bleihaltigen Beschichtungen (Abbeizer auftragen, angelöste Farbschichten entfernen) und den Nachbehandlungsverfahren (feucht Nachreinigen, Glätten der Grundierung) nach diesem Verfahren dar. Sämtliche Arbeitsschritte werden im Nassverfahren durchgeführt. Das Auftragen der Maskierung, die gleichzeitig der Grundierung dient, sowie Holzreparaturen sind ebenfalls Gegenstand dieser Expositionsbeschreibung.

Diese Expositionsbeschreibung ist nur für Arbeiten an offenen Baustellen an geöffneten Fenstern und Türen gültig, d.h. für das Abbeizen von Fenstern und Türen der Gebäudefassade.

Es werden Kriterien für die unmittelbare Anwendung von Schutzmaßnahmen bei gleichzeitigem Verzicht auf eine messtechnische Überwachung der beschriebenen Tätigkeiten festgelegt.

3 Arbeitsverfahren

Das Verfahren ist ein Abbeiz- und Beschichtungsverfahren, das eine staubarme Bearbeitung bleibelasteter Anstriche auf Holz unter Einhaltung der Anforderungen der TRGS 505 "Blei" [4] ermöglicht. Alle nachfolgend aufgeführten Einzeltätigkeiten und Messungen beziehen sich auf Arbeiten am Sanierungsobjekt, direkt auf der Baustelle.

Die Expositionsbeschreibung gilt für die Anwendung von Abbeizern mit der folgenden Rahmenrezeptur:

IdentifikationGefährlicher InhaltsstoffKonzentrationsbereich
EG-Nummer: 906-170-0
Reg.Nr.: 1-2119475445-32
Reaktionsmasse aus Dimethyladipat, Dimethylglutarat, Dimethylsuccinat40 - 45 %
CAS: 111 -90-0
EINECS: 203-919-7
Reg.Nr.: 2-2119679655-21
2-(2-Ethoxyethoxy)-ethanol14 - 18 %
CAS : 34590-94-8
EINECS: 252-104-2
Dipropylenglykolmonomethylether, Isomerengemisch8 - 12 %
CAS: 64742-48-9
EINECS: 265-150-3
Naphta (Erdöl), mit Wasserstoff behandelte schwere (Benzol < 0,1 %)3 - 5 %
CAS: 69011-36-5Oxoalkohol C13 ethoxyliert mit 6 - 9 Mol EO1 - < 3 %
CAS: 27323-41-7
EINECS: 248-406-9
Dodecylbenzolsulfonsäure, Verbindung mit 2,2",2"-Nitrilotriethanol< 2,5 %

sowie Stoffe ohne gefährliche Eigenschaften und ohne AGW. 3.1 Arbeitsvorbereitung für die Abbeiztätigkeit

Bei einer Sanierung werden üblicherweise alle beweglichen Teile der zu bearbeitenden Holzbauteile ausgebaut und in der Werkstatt bearbeitet; auf der Baustelle selbst werden somit in der Regel nur die Fensterrahmen und/oder Türzargen saniert.

Für das Abnehmen der angelösten Farbschichten sowie das Nachreinigen ist die nähere Umgebung z.B. am Fenster bzw. einer Tür mit Malervlies und Folien so abzudecken bzw. sind Auffangrinnen so anzubringen, dass die frei werdenden angelösten Farbschichten vollständig aufgenommen werden können.

Gefährdungen können für andere Beschäftigte entstehen, die nicht unmittelbar mit den Abbeizarbeiten beschäftigt sind, wie auch für Dritte. In diesen Fällen sind die Arbeitsbereiche durch eine Abschottung abzutrennen. Ebenso kann es notwendig werden, Grundstückbereiche vor der Gebäudefassade vor Kontamination zu schützen.

3.2 Abbeizer auftragen

Das Auftragen des Abbeizers erfolgt je nach Witterung und Temperatur sowie in Abhängigkeit der Schichtdicke und der Art des abzutragenden Lackes in der Regel am Vortag der eigentlichen Farbentfernung. Erfahrungsgemäß dauert die Einwirkung mehrere Stunden. Der Auftrag des pastösen Abbeizmittels erfolgt mit Pinsel, Rolle oder Quast.

Abb. 1: Fensterrahmenbeschichtung nach mehrstündiger Einwirkung des Abbeizers
(Bildnachweis: Denkmalpflege Hans Ritt, Untergriesbach *)

3.3 Angelöste Farbschichten abtragen

Die Abnahme der pastös gebundenen Farbschichten erfolgt von Hand mit Schaber, Profileisen, Ziehklinge usw. Für stark profilierte Teile kann im Einzelfall auf Messingbürsten zurückgegriffen werden. Um Verschleppungen der abgebeizten Farbschichten zu vermeiden sowie zusätzliche Emissionen aus dem Abbeizer zu reduzieren, müssen die anfallenden Reste regelmäßig in verschließbaren Gefäßen gesammelt werden.

Durch das Arbeiten im Nassverfahren und die überwiegend pastöse Struktur kommt es zu keiner Staubentstehung, siehe Kapitel 5.

Abb. 2: Staubarmes Abschaben der angelösten Fensterrahmenbeschichtung
(Bildnachweis: Denkmalpflege Hans Ritt, Untergriesbach *)

3.4 Feucht Nachreinigen der freigelegten Holzoberfläche

Der freigelegte Untergrund ist mit Wasser intensiv nachzureinigen um Abbeizerrückstände restlos zu entfernen. Diese Reinigung erfolg t manuell unter Verwendung von Schwamm und Messingbürste. Das Reinigungswasser ist zu sammeln und fachgerecht zu entsorgen.

Aufgefangen wird das Reinigungswasser in Auffangrinnen (Halbschalen); diese werden manuell in dicht verschließbare Behälter entleert.

3.5 Holzreparaturen

Eventuell notwendige Holzreparaturen dürfen erst nach vollständiger Beschichtungsentfernung durchgeführt werden.

Abb. 3: Holzreparatur nach vollständiger Beschichtungsentfernung
(Bildnachweis: Denkmalpflege Hans Ritt, Untergriesbach)

3.6 Maskierung auftragen

Vor einer weiteren Bearbeitung ist das Holz ausreichend (Holzfeuchte < 15 %) trocknen zu lassen. Unmittelbar danach erfolgt ohne Zwischen schliff ein manueller Auftrag der gefärbten Maskierung. Diese dient der optischen Kontrastgebung gegen Durchschleifen auf eventuell bleihaltigen Restschichten.

Mit dem Verfahrensschritt der Maskierung wird eine Warnwirkung vor dem Durchschleifen auf bleihaltige Schichten erzielt, was ein besonderer Aspekt dieses Verfahrens im Sinne des Arbeitsschutzes ist.

Das Auftragen der Maskierung erfolgt typischerweise auf Basis von Alkydharz, wasser-lösliches Acrylharz bzw. Leinöl und dient damit gleichzeitig der Grundierung.

3.7 Glätten der neu aufgebrachten Maskierung

Nach Erreichen einer ausreichenden Schicht wird die Oberfläche erstmals mit feuchtem Faservlies egalisiert. Das Faservlies muss dabei regelmäßig ausgewrungen und ständig nass gehalten werden. Das Wasser ist zu sammeln und fachgerecht zu entsorgen.

4 Gefahrstoffe

Beim Auftrag des Abbeizers sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung in Bezug auf einer inhalativen Exposition ausschließlich die Inhaltsstoffe aus dem Abbeizer, beim nachträglichen Entfernen der angelösten Farbschicht en sowohl die Inhaltsstoffe aus dem Abbeizer als auch bleihaltige Stäube und beim Glätt en der aufgebrachten Grundierung (Maskierung) ausschließlich bleihaltige Stäube zu berücksichtigen. Beim Auftragen der Maskierung auf Basis von Alkydharzen bzw. Leinöl sind es Lösemittel und bei Holzreparaturarbeiten Holzstaub.

4.1 Komponenten aus dem Abbeizer

Bei diesem Verfahren kommen Dichlormethan-, Aromaten-, N-Methyl-2-pyrrolidon- und N-Ethyl-2-pyrrolidon-freie Abbeizer der unter Nummer 3 aufgeführten Rahmenrezeptur zum Einsatz. Als Stoffe mit Arbeitsplatzgrenzwerten nach TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" [6] bzw. als Beurteilungsmaßstab für die Befundermittlung nach TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" [7] sind zu berücksichtigen:

GefahrstoffBeurteilungsmaßstab zur Befundermittlung gemäß TRGS 402
(alle Werte in mg/m3)
Dimethyladipat8 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2)
Dimethylglutarat8 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2)
Dimethylsuccinat8 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2)
Gemisch aus Dimethyladipat, Dimethylglutarat, Dimethylsuccinat8 AGW (Summengrenzwert), KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2)
2-(2-Ethoxyethoxy)-ethanol (Diethylenglykolmonoethylether)35 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2)
(2-Methoxymethylethoxy)propanol (Isomerengemisch)310 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 1)
Kohlenwasserstoffgemisch600 AGW (RCP-Methode), KZW Kat II (Überschreitungsfaktor 2)

4.2 Bleihaltige Stäube

Für Blei und seine Verbindungen ist momentan kein nationaler Arbeitsplatzgrenzwert festgelegt. Daher ist die Arbeitsplatzkonzentration soweit wie möglich zu minimieren. Bei abrasiven Arbeiten kann durch den Einsatz von staub armen Maschinen eine Arbeitsplatzkonzentration von 0,1 mg/m3 unterschritten werden [12]. In der TRGS 903 "Biologische Grenzwerte" [8] ist für Blei ein Biologischer Grenzwert von 400 μg/l, < Frauen < 45 Jahre 300 μg/l aufgeführt.

5 Befund

Üblicherweise werden die vorgenannten Tätigkeiten nicht über die gesamte Schicht durchgeführt. Bei der Berechnung der Stoff- und Bewertungsindices wurden für das Auftragen des Abbeizers als maximale Expositionsdauer 2 Stunden pro Schicht angesetzt, für alle anderen Tätigkeiten als Worst Case- Betrachtung die gesamte Schicht.

Kurzzeitwertbetrachtung: auf Grund der quasi kontinuierlichen Arbeitsweise beim Auftragen des Abbeizers bzw. beim Entfernen der angelösten Farbschichten kann verfahrensbedingt grundsätzlich von einer gleichmäßigen Belastung der Atemluft ausgegangen werden. Die effektive Tätigkeitsdauer während der Expositionsmessungen lag i.d.R. bei 80 bis 90 % der Messdauer. Realistisch betrachtet sind keine größeren Schwankungen der Konzentration der Stoffe in der Atemluft und somit keine relevanten Abweichungen von den Schichtmittelwerten nach oben zu erwarten.

5.1 Bleibelastung

Beim Abtragen der angelösten Farbschichten liegt der mit Abstand höchste Stoffindex für das Blei bei 0,36, der nächst niedrigere bei 0,19. Alle weiteren Stoffindices liegen unterhalb von 0,10. Bei den parallel durchgeführten ortsfesten Messungen in unmittelbarem Bereich der Bearbeitungsstelle liegt der höchste Stoffindex bei 0,02; alle weiteren Stoffindices liegen unterhalb von 0,01 (analytische Bestimmungsgrenze des Verfahrens).

Beim nachträglichen Glätten der neu aufgebrachten Maskierung liegt der höchste Stoffindex bei 0,06, der nächst niedrigere Stoffindex bei 0,01. Von den 7 Messungen an der Person liegen insgesamt 4 Stoffindices unterhalb von 0,01 (analytische Bestimmungsgrenze des Verfahrens).

Während Instandsetzungsarbeiten (Stemmen, Sägen, Fräsen, Bohren usw.) an den abgebeizten, gereinigten und getrockneten Bauelementen wurden einzelne personen-getragene Messungen der Bleibelastung durchgeführt. Der höchste Stoffindex liegt bei 0,03, die weiteren Indices bewegen sich im Bereich der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens. Die Ergebnisse der parallel durchgeführten ortsfesten Messungen lagen unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens.

5.2 Belastung durch Komponenten aus dem Abbeizer

Beim Auftragen des Abbeizers liegt für das Gemisch der Dibasenester der höchste Bewertungsindex bei 0,23, der nächst niedrigere bei 0,07. Für das Gesamtgemisch der flüchtigen organischen Verbindungen liegt der höchste Bewertungsindex bei 0,28, der nächst niedrigere bei 0,14.

Beim Abtragen der angelösten Farbschichten liegt für das Gemisch der Dibasenester der höchste Bewertungsindex bei 0,54, der nächst niedrigere bei 0,44. Für das Gesamtgemisch der flüchtigen organischen Verbindungen liegt der höchste Bewertungsindex bei 0,66, der nächst niedrigere bei 0,56.

5.3 Belastung durch Komponenten aus der Maskierung

Im Analogieschluss zur Expositionsbeschreibung - Einsatz von Bautenlacken [11], die sich auf das Auftragen von Flächen mit jeweils unverdünnten Bautenlacken wie Alkydharzlackfarben und pigmentierte Grundanstrichstoffe von Hand mittels Rolle oder Pinsel im Baubereich an Fenstern, Fensterrahme n, Türen und Türzargen bezieht, können Expositionsmessungen entfallen.

Dieser Analogieschluss wird begründet durch:

Diese Aussage gilt nur, sofern die eingesetzten Produkte frei von 2-Butanonoxim (MEKO) sind, z.B. wasserlösliches Acrylharz bzw. Leinöl.

Beim Auftragen von Maskierung ist von der Einhaltung der Summengrenzwerte für Stoffgemische (TRGS 402) [7] auszugehen. Expositionsmessungen können entfallen.

5.4 Belastung durch Staub bei Holzreparaturen

Holzreparaturen dürfen erst nach vollständiger Beschichtungsentfernung staubarm gemäß TRGS 553 "Holzstaub" [5] durchgeführt werden.

Unter Beachtung der Schutzmaßnahmen nach [5] ist von der Einhaltung einer Konzentration für Holzstaub in der Luft von 2 mg/m3 oder weniger als Schichtmittelwert auszugehen.

5.5 Gesamtbetrachtung

Die durchgeführten Expositionsmessungen sowie die Betrachtungen zu den Kurzzeitwertbedingungen belegen, dass bei Anwendung dieses Verfahrens die aktuell bestehenden Luftgrenzwerte sowohl für das Blei als auch für die Komponenten aus dem Abbeizer deutlich unterschritten und die Kurzzeitwertkriterien eingehalten werden. Dies gilt auch für Lösemittel aus der Maskierung auf Alkydharzbasis bzw. Leinöl sowie für Holzstaub bei Reparaturarbeiten.

Gemäß TRGS 402, Abschnitt 5 [7], lassen die Messwerte den Befund "Schutzmaßnahmen ausreichend" zu.

6 Schutzmaßnahmen

Der Anwender dieses Verfahrens kann auf die Ergebnisse der vorgenannten Expositionsmessungen zurückgreifen. Im Rahmen der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind keine weiteren Arbeitsplatzmessungen erforderlich.

Die im Anwendungsbereich beschriebenen Tätigkeiten erfordern eine besondere Unterweisung zu den erforderlichen Schutzmaßnahmen in Hinblick auf eine mögliche dermale Belastung. Diese Tätigkeiten dürfen nur unter Verwendung folgender persönlicher Schutzausrüstungen durchgeführt werden:

Ein Kontakt des Abbeizers mit den Augen und der Haut ist zu vermeiden. Nach evtl. Augenkontakt sind die Augen mehrere Minuten bei geöffneter Lidspalte unter fließendem
Wasser zu spülen. Nach evtl. Hautkontakt ist die betroffene Stelle sofort mit Wasser und Seife abzuwaschen und gut nachzuspülen. Getränkte Kleidung muss sofort entfernt werden.

Weiterhin sind entspr. Abschnitt 4 der TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" [9] insbesondere - auch im Hinblick auf eine mögliche orale Aufnahme - folgende Hygienemaßnahmen einzuhalten:

Der Flammpunkt des Abbeizers liegt mit 79 Grad Celcius weit oberhalb der üblichen Temperaturen auf Baustellen. Da darüber hinaus auf Grund des pastösen Zustandes nur mit geringen Freisetzungsmengen an Lösemitteln zu rechnen ist, kann das Risiko der Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre als äußerst gering eingestuft werden.

Bei Tätigkeiten mit lösemittelhaltigen Alkyharzfarben bzw. Leinöl bei dem Verfahrensschritt der Maskierung sind gesonderte Schutzmaßnahmen erforderlich und Anforderungen zur Lagerung zu beachten. Für die Lagerung von lösemittelhaltigen Alkydharzfarben gelten z.B. die Anforderungen der TRGS 510. Leinöl neigt wegen der ungesättigten Fettsäureester zur Autooxidation und in der Folge mit brennbaren Stoffen (z.B. Lappen, kontaminierte Kleidung, Pinselborsten und -haare) zur Selbstentzündung. Deshalb müssen leinölgetränkte Gegenstände (z.B. Pinsel) sorgfältig gereinigt und leinölgetränkte Lappen unter Sauerstoffabschluss (z.B. in feuerfesten Metallbehältern mit selbstschließendem Deckel, verschlossenen Behältern o.ä.) aufbewahrt werden.

In Bezug auf den Brand- und Explosionsschutz sind bei der Handhabung und Lagerung keine besonderen Maßnahmen erforderlich.

7 Wirksamkeitsüberprüfung

Der Anwender dieser Expositionsbeschreibung muss bei Verfahrensänderungen und ansonsten regelmäßig, mindestens aber einmal jährlich, die Gültigkeit der Voraussetzungen überprüfen und das Ergebnis dokumentieren. Hierzu zählt u.a. die Prüfung, ob die Expositionsbeschreibung auf die konkreten Tätigkeiten zutrifft und ob sich die stoffspezifischen Voraussetzungen (Zusammensetzung des Abbeizers) verändert haben.

8 Literatur

[1] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen Gefahrstoffverordnung - GefStoffV) vom 26. November 2010 (BGBl. I S 1643)

[2] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246)

[3] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV), vom 3. Februar 2015 (BGBl. I S. 49)

[4] Technische Regel für Gefahrstoffe: Blei (TRGS 505)

[5] Technische Regel für Gefahrstoffe: Holzstaub (TRGS 553)

[6] Technische Regel für Gefahrstoffe: Arbeitsplatz grenzwerte (TRGS 900)

[7] Technische Regel für Gefahrstoffe: Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition (TRGS 402).

[8] Technische Regel für Gefahrstoffe: Biologische Grenzwerte (TRGS 903)

[9] Technische Regel für Gefahrstoffe: Schutzmaßnah men (TRGS 500)

[10] Rühl, Kluger - Handbuch der Bau-Chemikalien - 31. Erg.Lfg. 6/04, Expositionsbeschreibung, Einsatz von Bautenlacken III - 1.9.8, Stand: März 2004

[11] Expositionsbeschreibung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau): "Anschleifen bleihaltiger Beschichtungen auf Holz" vom 27. Januar 2011 (1. Überarbeitete Auflage);
http://www.bgbau.de/gisbau/fachthemen/expo/doku/expoanblei.pdf

9 Anhang: Grundlagen der Beurteilung

9.1 Messdaten Expositionsmessungen

Die den Auswertungen zugrunde liegenden Messwerte wurden in den Jahren 2008 bis 2011 erhoben. Die Messungen wurden gemäß IFA-Arbeitsmappe "Messung von Gefahrstoffen, Expositionsermittlung bei chemischen und biologischen Einwirkungen" (Erich Schmidt Verlag) unter betriebsüblichen Bedingungen auf Baustellen durchgeführt. Die Probenahme erfolgte mit Personal Air Sampler, grundsätzlich direkt an der Person.

Um zusätzlich Erkenntnisse über eine mögliche Verteilung der bleihaltigen Stäube im direkten Arbeitsumfeld ("Gefährdung Dritter") zu gewinnen, wurden die personen-getragenen Bleimessungen überwiegend durch ortsfeste Messungen ergänzt. Die Probenahmegeräte wurden hierbei i.d.R. in einer maximalen Entfernung von 3 m von der eigentlichen Bearbeitungsstelle und in einer Ansaughöhe von 1,50 m positioniert. Um zuverlässige Aussagen zur Exposition der Beschäftigten machen zu können, wurde grundsätzlich eine Probenahmedauer von 2 Stunden an gestrebt.

9.1.1 Auftrag Abbeizer

Der Auftrag des Abbeizers stellt vergleichsweise de n kürzesten Bearbeitungsschritt dar und liegt realistisch mit maximal 2 Stunden am Tag deutlich unterhalb einer Schichtlänge. Die Stoffindices beziehen sich auf eine Expositionsdauer von zwei Stunden pro Schicht. Aufgrund der geringen Anzahl der Messungen beim Auftragen des Abbeizers werden in der Tabelle lediglich die einzelnen Stoffindices angegeben, es erfolgt keine statistische Auswertung.

Auf 4 Baustellen wurden insgesamt 6 Messungen mit folgendem Ergebnis durchgeführt:

GefahrstoffStoffindices der 6 Messungen
123456
Dimethyladipat< 0,04< 0,010,02< 0,01< 0,01< 0,01
Dimethylglutarat< 0,04< 0,010,130,040 ,030,03
Dimethylsuccinat< 0,04< 0,010,080,020 ,010,02
Gemisch* aus Dimethyladipat, Dimethylglutarat, Dimethylsuccinat< 0,04< 0,010,230,070,050,06
2-(2-Ethoxyethoxy)-ethanol< 0,02< 0,06< 0,01< 0 ,03< 0,02-
(2-Methoxymethylethoxy)propanol (Isomerengemisch)< 0,01< 0,010,010,010,01< 0,01
Kohlenwasserstoffgemisch< 0,01< 0,02< 0,01< 0,01< 0,01< 0,02
*) Ein Analysenverfahren für das Gesamtgemisch der drei dibasischen Ester (DBE) Dimethyladipat, Dimethylglutarat und Dimethylsuccinat existiert z.Z. nicht; der Bewertungsindex für das DBE-Gemisch wurde im vorliegenden Fall gebildet durch Addition der Stoffindices (mit und ohne < Zeichen) der drei Einzelkomponenten. Falls mehr als ein Ester unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens liegt, geht lediglich die Komponente mit der höchsten Bestimmungsgrenze mit ihrem Stoffindex ein.

9.1.2 Abtragen der angelösten Farbschichten

Beim Abtragen der angelösten Farbschichten wurden auf 8 Baustellen insgesamt 12 Messungen zur Bewertung der Bleibelastung (Tabelle mit statistische Verteilung der Stoffindices) durchgeführt. Ergänzend hierzu wurden auf 6 Baustellen 6 Messungen zur Bewertung der Komponenten aus dem Abbeizer (Tabelle mit Stoffindices; Messung 6 ist eine ortsfeste Messung in unmittelbarem Arbeitsbereich) durchgeführt. Für das Abtragen der angelösten Farbschichten kann durchaus eine Expositionsdauer von 8 Stunden angesetzt werden.

Komponenten aus dem Abbeizer

GefahrstoffStoffindices der 6 Messungen
123456
Dimethyladipat< 0,130,01< 0,13< 0,13< 0,01< 0,01
Dimethylglutarat0,250,080,230,310,030,06
Dimethylsuccinat0,160,05< 0,13< 0,130 ,03< 0,01
Gemisch* aus Dimethyladipat, Dimethylglutarat, Dimethylsuccinat0,540,140,350,440,060,08
2-(2-Ethoxyethoxy)-ethanol< 0,06< 0,06< 0,06< 0,06< 0,06< 0,06
(2-Methoxymethylethoxy)propanol (Isomerengemisch)0,01< 0,010,010,010,01< 0,01
Kohlenwasserstoffgemisch< 0,02< 0,02< 0,02< 0,0 2< 0,02< 0,02
*) Ein Analysenverfahren für das Gesamtgemisch der drei dibasischen Ester (DBE) Dimethyladipat, Dimethylglutarat und Dimethylsuccinat existiert z.Z. nicht; der Bewertungsindex für das DBE-Gemisch wurde im vorliegenden Fall gebildet durch Addition der Stoffindices (mit und ohne < Zeichen) der drei Einzelkomponenten. Falls mehr als ein Ester unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens liegt, geht lediglich die Komponente mit der höchsten Bestimmungsgrenze mit ihrem Stoffindex ein.

Bleibelastung

GefahrstoffStatistischeVerteilung der Stoffindices
MinimumMedian95 %Maximum
Blei, Person< 0,010,030,260,36
Blei, Ortsfest< 0,010,010,020,02

Bei der auf 7 Baustellen ortsfest gemessenen Bleibelastung liegen lediglich 2 Messwerte oberhalb der analytischen Bestimmungsgrenze des Messverfahrens: 0,0016 bzw. 0,0021 mg/m3.

9.1.3 Glätten der aufgebrachten Maskierung

Auf 3 Baustellen wurden insgesamt 7 Bleimessungen an der Person sowie parallel 4 Messungen ortsfest durchgeführt:

Stoffindices
Blei, Person
Stoffindices Blei, ortsfest
Messung 10,06< 0,02
Messung 20,03< 0,02
Messung 3< 0,01< 0,01
Messung 4< 0,01< 0,01
Messung 5< 0,01-
Messung 6< 0,01-
Messung 70,05-

9.1.4 Holzreparaturen

Während Instandsetzungsarbeiten (Stemmen, Sägen, Fräsen, Bohren usw.) an den abgebeizten, gereinigten und getrockneten Bauelementen wurden einzelne personengetragene Messungen der Bleibelastung durchgeführt. Die tätigkeitsbezogene Belastung liegt hierbei im Bereich der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens und beträgt:

0,0028 mg/m3 / 0,00007 mg/m3 / 0,00097 mg/m3

Parallel hierzu wurden zusätzlich 2 ortsfeste Messungen durchgeführt, die Messergebnisse lagen beide unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens.

9.2 Biomonitoring

Aus dem Biomonitoring der an den Arbeiten beteiligt en Mitarbeiter liegen Blutbleiwerte von insgesamt 16 Probanden aus 4 Firmen und 5 verschiedenen Baustellen vor. Die Blutbleiwerte wurden vor der Aufnahme und nach Beendigung der Tätigkeit sowie teilweise auch während der Durchführung der Arbeiten bestimmt. Die Blutbleiwerte lagen in allen Fällen sowohl vor Beginn als auch nach Beendigung der Arbeiten unterhalb von 300 µg/l. Im Vorher/Nachher-Vergleich waren keine relevanten Erhöhungen der Blutbleiwerte festzustellen.

*) Denkmalpflege Ritt
Hans Ritt
Garmerstraße 15 94110 Wegscheid
Tel. 08592 1580
Fax 08592 939773
Email info@risan.cc

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