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BMU- / LAGA Hinweise und Erläuterungen zu Anhang 22
- Chemische Industrie -
der Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer
Stand: November 2021
1 Anwendungsbereich des Anhanges 22
(Teil A)
1.1 Abgrenzung des Anwendungsbereiches
(Teil A, Abs. 1)
Der Anhang 22 zur Abwasserverordnung gilt für Abwasser, das im Wesentlichen bei der Herstellung von Stoffen durch chemische, biochemische oder physikalische Verfahren einschließlich der zugehörigen Vor-, Zwischen- und Nachbehandlung anfällt. Er ist grundsätzlich auf alle Sparten der chemischen und pharmazeutischen Industrie anzuwenden, mit folgenden Ausnahmen:
Der Anhang 22 gilt für chemische Betriebe, bei denen Abwasser aus einer Anlage bzw. der Herstellung eines einzigen Stoffes stammt (sogenannte Mono-Betriebe) und für die gemeinsame Einleitung von Abwasser aus mehreren Anlagen einer Firma oder mehrerer Eigentümer (sogenannte Chemie-Parks). Die an den Erlaubnisinhaber zu stellenden Anforderungen sollen nicht von den Rechtsverhältnissen innerhalb der Chemie-Standorte abhängen.
Der Anhang 22 gilt auch für Abwasser, das aus chemischen Betrieben stammt, die Stoffe durch physikalische Verfahren wie Destillation, Extraktion, Umkristallisation herstellen.
Der Anhang 22 gilt grundsätzlich auch für Abwasser aus Anlagen, in denen Stoffe durch biochemische Verfahren hergestellt werden, an denen Biomoleküle oder Organismen beteiligt sind, wie Zellkulturen, Bakterien oder Viren, gegebenenfalls auch gentechnisch veränderte Organismen. Anforderungen mit dem Ziel der Verminderung der Infektiosität oder des Ausbreitungspotenzials der verwendeten Organismen, z.B. durch eine chemische oder thermische Inaktivierung des Abwassers, fallen dabei nicht in den Geltungsbereich der Abwasserverordnung, sondern unterliegen dem einschlägigen Spezialrecht (z.B. Gentechniksicherheitsverordnung, Biostoffverordnung).
Abwasser aus Betriebseinheiten, die nicht unmittelbar der Herstellung von Stoffen dienen (Nebenbetriebe), wie Formulierbetriebe oder Laboratorien, wird miterfasst. Sofern für Abwasser aus Nebenbetrieben ein anderer Anhang gilt (z.B. Anhang 40 bei mechanischen Werkstätten), sind die nachfolgenden Ausführungen in Nr. 1.2 zu beachten.
Der Anhang 22 gilt nicht für die Einleitung von Abwasser, das ausschließlich oder im Wesentlichen aus Laboratorien stammt.
1.2 Berücksichtigung weiterer Herkunftsbereiche, Mischungsrechnungen
An vielen Standorten fallen neben Abwasserströmen aus den Herstellungsprozessen im Sinne des Anhangs 22 auch Abwasserströme aus anderen Herkunftsbereichen an, für die jeweils eigene Anhänge zur AbwV bestehen (z.B. Anhänge 31, 33, 40, 42). Ggf. werden auch außerhalb des Chemiestandortes anfallende Abwässer mitbehandelt, wie Kommunalabwasser (Anhang 1) oder Deponiesickerwasser (Anhang 51). Bei einer gemeinsamen Behandlung oder Ableitung dieser Abwässer ist folgendes zu beachten:
Beispiel: Berücksichtigung der Anforderungen für Nges
und Pges, wenn an einem Chemiestandort das kommunale Abwasser entsprechend einer Kläranlage der Größenklasse 4 nach Anhang 1 AbwV mitbehandelt wird:
Die Nges-Anforderung für das Kommunalabwasser beträgt 18 mg/l, die für Chemieabwasser 50 mg/l (Teil C Absatz 3). Liegt der Frachtanteil aus dem Anhang 22-Bereich für Nges im Rohabwasser über 90 %, so ist als Anforderung nach Stand der Technik 50 mg/l für den Gesamtablauf der gemeinsamen Kläranlage festzusetzen. Liegt der Frachtanteil aus dem Anhang 22-Bereich jedoch unter 90 %, so ist die Anforderung durch eine Mischungsrechnung zu ermitteln. Beträgt in diesem Fall z.B. die Aufteilung der Abwasservolumenströme 70/30 (Chemie/Kommunal) würde dabei ein Nges-Wert von (50 mg/l x 0,7) + (18 mg/l x 0,3) = 40,4 mg/l als Anforderung nach Stand der Technik für den Gesamtablauf resultieren. Für Pges besteht lediglich für kommunale Kläranlagen der GK 5 eine Anforderung, die vom Anhang 22 abweicht, nämlich 1 mg/l gegenüber 2 mg/l nach Anhang 22 Teil C Absatz 3. Wird, wie im Beispiel, kommunales Abwasser entsprechend maximal GK 4 mitbehandelt, erübrigt sich daher eine Mischungsrechnung für Pges, d. h. die Anforderung beträgt dann 2 mg/l für den Gesamtablauf. |
1.3 Mengenschwelle
(Teil A, Abs. 2)
Für Einleitungen von insgesamt weniger als 10 m3 Abwasser pro Tag aus den Herstellungsprozessen gilt Anhang 22 nicht, sofern die Abwassereinleitung in eine öffentliche Abwasseranlage erfolgt. Für Direkteinleitungen und Einleitungen in die private Sammelkanalisation eines Standorts gilt Anhang 22 immer, auch bei Einleitungen von weniger als 10 m3 Abwasser pro Tag.
1.4 Anforderungen an Formulierer
(Teil A, Abs. 3)
Stammt das Abwasser aus Chemiebetrieben, die Stoffe oder Zubereitungen ausschließlich durch Vorgänge wie Mischen, Lösen, Abfüllen usw. ("Formulieren") herstellen, so sind diese von den parameterbezogenen Anforderungen des Anhanges 22 ausgenommen. Das Abwasser solcher Betriebe unterscheidet sich grundsätzlich in Menge und Beschaffenheit vom Abwasser aus der Herstellung von Stoffen durch chemische Umsetzung oder physikalische Verfahren.
Für reine Formulierbetriebe gelten jedoch die Anforderungen nach Teil B Absatz 1 (prozessintegrierte Maßnahmen, gegebenenfalls erforderliche Abwasservorbehandlung) und Absatz 5 (betriebliches Abwasserkataster). Diese Anforderungen sind auf den Ort des Anfalls bezogen und daher auch im Hinblick auf eine Genehmigungspflicht gemäß § 58 WHG zu beachten (Indirekteinleitergenehmigung).
An komplexen Chemiestandorten werden Abwasserströme aus Formulierbetrieben in der Regel mit Abwasser aus Betrieben zur Herstellung von Stoffen durch chemische Umsetzung oder physikalische Verfahren zusammengeführt und behandelt. Die Abwasserströme aus den Formulierbetrieben unterliegen hier den gleichen Anforderungen wie die übrigen Abwasserströme.
Der Begriff "Zusammenführung" von Abwasserströmen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die betroffenen Abwasserströme dem gleichen Anhang, hier Anhang 22, der Abwasserverordnung zuzuordnen sind. Im Unterschied dazu bezieht sich der Begriff "Vermischung" auf Abwasserströme, die unterschiedlichen Anhängen der Abwasserverordnung unterliegen.
1.5 Direktwirkung der gekennzeichneten Werte
(Teil A, Abs. 4)
Gemäß § 57, Abs. 4, Satz 1, Nr. 2 und Abs. 5 WHG, sowie § 1 Abs. 2 AbwV gelten bestimmte Anforderungen der AbwV (solche, die ein Betreiber selber umsetzen kann - ohne zusätzliche Vorgaben durch die zuständige Wasserbehörde) als im Einleitungsbescheid festgesetzt - soweit nicht weitergehende Anforderungen im Einzelfall festgelegt sind. Diese Anforderungen gelten also direkt gegenüber dem Einleiter. Dies gilt für
In § 58 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 WHG ist klargestellt, dass die entsprechenden Anforderungen auch für Indirekteinleiter direkt gelten. Dies betrifft im Anhang 22 nur die allgemeinen Anforderungen, da sich die direkt wirkenden Anforderungen in den Teilen C und H nur an Direkteinleiter richten.
1.6 Herkunft des Rohabwassers, Herstellungsverfahren
Zum Herkunftsbereich zählen rund 1500 Betriebe in Deutschland. Die überwiegende Zahl (über 90%) der Betriebe leitet in öffentliche Abwasseranlagen ein. An über 100 Standorten wird das Abwasser direkt in Gewässer eingeleitet. Die Mehrzahl der größeren Standorte leitet direkt ein.
Nahezu die Hälfte der Chemieproduktion entfällt auf die Sparte der chemischen Grundstoffe. Hierzu gehören organische Grundstoffe, anorganische Grundstoffe, Farbstoffe und Pigmente, Kunststoffe und Düngemittel. Knapp 30% entfällt auf pharmazeutischen Erzeugnisse, jeweils etwa 7% auf Wasch- und Reinigungsmittel bzw. Anstrichstoffe, 1% auf Chemiefasern.
Die Herstellung von Stoffen in der chemischen Industrie gliedert sich in folgende Stufen (siehe Abbildung 1). Die Herstellung kann durch chemische oder biochemische Verfahren erfolgen.
Abbildung 1: Blockschema der Herstellung von Stoffen in der chemischen Industrie
Je nach Betrieb fallen bestimmte Schritte weg. So werden z.B. bestimmte Naturstoffe durch physikalische Verfahren aufgearbeitet, eine chemische Reaktion wird nicht durchgeführt. Viele Betriebe stellen ausschließlich Stoffe und Zubereitungen durch Vorgänge wie Mischen, Lösen, Abfüllen usw. ("Formulierung") her.
1.6.1 Chemische Reaktionen
Chemische Reaktionen lassen sich qualitativ am umfassendsten durch folgende allgemeine Brutto-Reaktionsgleichung beschreiben:
M, K, H, E | ||
A + B + (V) | ← -------------⮕ | P + KP + NP + (V + V') |
A, B = Einsatzstoffe (Edukte)
V = Verunreinigungen der Einsatzstoffe
M = Reaktionsmedium
K = Katalysator
H = Hilfsstoffe
E = Energie
P = gewünschtes Produkt
KP = Koppelprodukt
NP = Nebenprodukte
V' = Umsetzungsprodukte der Verunreinigungen
Weil chemische Reaktionen praktisch nicht mit 100%iger Ausbeute ablaufen, sind im Reaktionsgemisch nach Ablauf der Synthese neben dem Zielprodukt und den Nebenprodukten nahezu alle Reaktionsteilnehmer enthalten. Deshalb werden in der Regel dem eigentlichen Herstellungsprozess noch Aufbereitungsstufen nachgeschaltet, um das gewünschte Produkt in hinreichend reiner Form zu erhalten.
Die chemischen Synthesen können in eine überschaubare Zahl von chemischen Grundprozessen (unit processes) eingeteilt werden. Folgende besonders abwasserrelevante Prozesse seien genannt:
1.6.2 Aufarbeitung/Isolierung
Die Aufarbeitung der Reaktionsgemische und die Abtrennung der bei chemischen Reaktionen zwangsläufig anfallenden Nebenprodukte erfolgt durch physikalische Verfahren. Die Auswahl des Trennverfahrens (Destillation, Rektifikation, Kristallisation, Filtration, Membrantechnik, Extraktion, Adsorption oder Ionenaustausch) entscheidet wesentlich darüber, ob die Nebenprodukte in die Produktion zurückgeführt, verwertet oder als Abwasser oder Abfall entsorgt werden. Dieselben Verfahren werden auch zur Vorbehandlung von Abwasserteilströmen eingesetzt (vgl. Kap 2.2.2).
1.6.3 Formulierung
Die Herstellung von Stoffen durch chemische, biochemische oder physikalische Verfahren kann zumeist nicht so gelenkt werden, dass das Produkt in der anwendungstechnisch erforderlichen Form anfällt. Deshalb wird das Produkt in solchen Fällen einem Formulierungsprozess unterworfen, bei dem es in eine Form überführt wird, in der es die gewünschten spezifischen anwendungstechnischen Eigenschaften besitzt.
Im einfachsten Fall ist dies ein Zerkleinerungsprozess. Den breitesten Raum nimmt die Herstellung von Zubereitungen ein, also von Gemengen, Gemischen und Lösungen, die aus zwei oder mehreren Stoffen bestehen (z.B. Wasch- und Reinigungsmittel). Hierzu gehört auch die Herstellung von Emulsionen und Dispersionen. Weitere Formulierungsprozesse i. S. d. Anhangs 22 sind z.B. das Tablettieren und Dragieren sowie das Abfüllen.
1.6.4 Verfahrenstechnik
Aus verfahrenstechnischer Sicht gilt es zu unterscheiden zwischen kontinuierlichen und diskontinuierlichen Verfahren.
Diskontinuierliche Verfahren (Chargenbetrieb) werden eingesetzt bei:
Typisches Beispiel eines diskontinuierlichen Produktionsverfahrens ist ein Rührkessel und eine Nutsche als Phasenseparationsschritt aus einer Suspension. Die Zufuhr von Einsatz- und Hilfsstoffen sowie Reaktionspartnern erfolgt hier in der Regel einmalig (Waschmaschinenkonzept). Nach Reaktionsende wird das Produkt auf der Nutsche isoliert und ggf. gewaschen.
Kontinuierliche Verfahren werden eingesetzt
Typisch für kontinuierlich ablaufende Synthesen sind z.B. Rohrreaktor mit Vakuumdrehfilter. Die Zufuhr von Einsatzstoffen, Hilfsstoffen und Reaktionspartnern erfolgt kontinuierlich an bestimmten Stellen des Reaktors, so dass theoretisch immer gleichmäßige Reaktionsbedingungen vorherrschen. Das Waschen eines separierten Produkts zur Qualitätsverbesserung (z.B. mit Wasser) kann hier (im kontinuierlichen Betrieb) sehr wirkungsvoll unter Verwendung von wenig Waschflüssigkeit erfolgen.
1.6.5 Biotechnologische Verfahren
Von zunehmender Bedeutung ist die Herstellung organischer Verbindungen durch biotechnologische Verfahren mittels Enzymen, pflanzlichen und tierischen Zellen und natürlichen oder gentechnisch modifizierten Organismen. Bei diesen Verfahren fallen nicht unbeträchtliche Abwassermengen und -belastungen aus der Zell-/Organismenkultivierung und der Produktabtrennung, ggf. auch aus der Produktaufarbeitung und Inaktivierung/Anlagenreinigung an:
1.7 Abwasseranfall, Menge und Beschaffenheit des Rohabwassers
1.7.1 Abwasseranfall
Wegen allgemein gültiger naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten (chemische und physikalisch-chemische Gleichgewichte) müssen aus der chemischen Produktion, insbesondere der Synthese, laufend unerwünschte Reaktionsprodukte ausgeschleust werden.
Der in qualitativer Hinsicht bedeutsamste Abwasseranfall resultiert zumeist nicht direkt aus der chemischen Synthese. Abwasser kann zwar auch direkt aus der Synthese (z.B. als Kondensationswasser bei der Polykondensation) anfallen, wesentlich bedeutsamer sind jedoch die wässrigen Abgänge aus der physikalisch-chemischen Aufarbeitung der Reaktionsmischungen. Die Produkte bzw. Zwischenprodukte der jeweiligen Synthesen bzw. Synthesestufen werden durch Filtrieren, Zentrifugieren usw. aus wässrigen Reaktionslösungen oder durch extraktive oder destillative Aufarbeitung von Reaktionsmischungen isoliert und gereinigt. Die am höchsten belasteten Abwasserströme einer Synthese(stufe), vor allem die wässrigen ersten Abgänge (Filtrate, Zentrifugate, Destillationsrückstände, wässrige Phase der Extraktion, ggf. auch das erste Waschwasser), werden als "Mutterlaugen" bezeichnet.
Folgende Abwasserströme (vgl. Abbildung 2) fallen in unmittelbarem Zusammenhang mit chemischen Synthesen an (Prozessabwasser), wie
Außerdem kann Abwasser aus der Reinigung von Betriebsgebäuden anfallen.
Abbildung 2: Abwasserströme im unmittelbaren Zusammenhang mit chemischen Synthesen
Ferner können z.B. folgende Abwasserströme aus diversen Herkunftsbereichen zur Gesamtbelastung beitragen:
1.7.2 Menge und Beschaffenheit des Rohabwassers
In der Regel sind die innerhalb eines Betriebes anfallenden Kühlwassermengen um ein Vielfaches höher als die Menge der eigentlichen Produktionsabwässer. Die Trennung zwischen Produktionsabwasser und Kühlwasser bzw. zwischen behandlungsbedürftigem und nicht behandlungsbedürftigem Abwasser ist in den meisten chemischen Betrieben zu über 99 % erreicht. Kühlwasser und nicht verunreinigtes Niederschlagswasser wird in der Regel getrennt abgeleitet, ggf. zusammen mit nicht bzw. nicht weiter behandlungsbedürftigen Abwasserströmen aus der Produktion.
Das Abwasser chemischer Betriebe ist mit nicht umgesetzten Einsatzstoffen, Produktresten und Hilfsstoffen belastet, soweit diese nicht aus den wässrigen Abgängen zurückgewonnen werden. Zusätzlich - wie bereits oben beschrieben - fallen bei chemischen Synthesen aufgrund von unvermeidlichen Nebenreaktionen trotz optimierter Prozessführung unerwünschte Nebenprodukte an, die dann ausgeschleust und, soweit sie nicht verwertet oder als Abfall entsorgt werden, im betrieblichen Abwasser verbleiben.
Werden Synthesen unter Verwendung von Lösemitteln und anderen organischen Hilfsstoffen (z.B. Acetate) durchgeführt, so machen diese in vielen Fällen den größten Teil der der Abwasserbehandlung zugeführten organischen Schadstofffrachten (TOC, CSB) aus. Die biologisch schwer eliminierbaren Anteile der Rohfrachten (TOC, CSB, AOX) werden dagegen in den meisten Fällen durch die o. g. Nebenprodukte und Einsatzstoffe verursacht; in Ausnahmefällen auch durch Produktreste.
Der größte Teil des eigentlichen Produktionsabwassers (70 - 90 %) besteht meistens aus geringer belasteten Teilströmen, insbesondere Spritz- und Spülwasser, Abwasser aus Vakuumerzeugung, Waschwasser aus Abluftwäschen, Abwasser von Pumpen zur Produktförderung etc. Die höher belasteten Abwasserteilströme, insbesondere Mutterlaugen, Ausschleusungen aus Kreislaufwäschen, unter Umständen Brüdenkondensate, machen oft nur 10 - 30 % des Abwassers eines Produktionsbereiches aus.
Umgekehrt sind die Verhältnisse bei den Schadstofffrachten. Die höher konzentrierten Abwasserteilströme (die nur 10 - 30 % des Abwassers ausmachen) enthalten in der Regel bis zu 90 % der zu betrachtenden Schadstofffrachten an TOC, CSB, AOX und ggf. Schwermetallen. Alle bisher aus der Praxis vorliegenden Erkenntnisse zeigen, dass trotz der Vielzahl der Abwasserteilströme stets eine überschaubare Zahl von konzentrierten Abwasserteilströmen - häufig mit TOC (CSB)-Belastungen in der Größenordnung von 3000 mg/l (10.000 mg/l) und mehr - den Hauptanteil der TOC- und CSB-Fracht und damit der Gewässerbelastung ausmachen. Abbildung 3 verdeutlicht diese Verhältnisse.
Abbildung 3: Beispielhafte Aufteilung der Produktionsabwassermengen und der Schadstofffrachten auf die Abwasserteilströme
Die Produktmenge allein sagt noch wenig aus über die von einem bestimmten chemischen Betrieb ausgehende Abwasser- und Gewässerbelastung. Die spezifischen Schadstofffrachten hängen vor allem von der Produktionspalette, dem Veredlungsgrad der Produkte, der Molekülkomplexität der hergestellten Stoffe und den zur Herstellung angewandten Verfahren ab.
Kontinuierlich betriebene Anlagen für Großprodukte wie z.B. Butanole, Formaldehyd, Butyraldehyd, Maleinsäureanhydrid, Phthalsäureanhydrid, arbeiten oft nahezu abwasserfrei. Integrierter Umweltschutz (Optimierung von Prozess- und Verfahrenstechnik und Durchführung additiver Maßnahmen zur verstärkten Rückhaltung oder Rückgewinnung von Stoffen) kommt bei o. g. Anlagen für Großprodukte aus technischen und ökonomischen Gründen bevorzugt zum Zuge. Bei Produkten, die in vergleichsweise geringen Mengen vor allem in Chargen und/ oder Kampagnen hergestellt werden, werden wegen der Größe der Anlagen bzw. dem häufigen Produktwechsel zur Aufarbeitung der Reaktionsmischungen einfachere bzw. weniger (auf die Behandlung eines speziellen Produktes) optimierte Verfahrenstechniken eingesetzt. Nebenprodukte/ Einsatzstoffe werden dort häufig in wesentlich geringerem Umfang zurückgeführt und verbleiben im Abwasser. Die spezifischen Abwassermengen und Schadstofffrachten sind deshalb dort oftmals ungleich höher.
Bei einer solchen systematischen Durchsicht zeigt sich z.B., dass den produktionsmengenmäßig eigentlich weniger bedeutenden chemischen Spezialitäten, insbesondere den aromatischen Zwischen- und Endprodukten (Pflanzenschutzmittel, organische Farbstoffe, Pharmazeutika) im Hinblick auf die eingeleiteten Schadstofffrachten eine besondere Bedeutung zukommt.
1.8 Maßnahmen zur Abwasserbehandlung
1.8.1 Allgemeine Aussagen, Summenparameter
Das aerobe Belebtschlammverfahren erbringt als zentrale biologische Abwasserreinigungstechnologie in Verbindung mit vorgeschalteter Neutralisation/Fällung in der Regel den Hauptbeitrag zur Verminderung der organischen Schadstofffrachten.
Am Ablauf biologischer Kläranlagen, die dem Stand der Technik entsprechen, werden BSB5-Konzentrationen von z. T. deutlich unter 20 mg/l erreicht, die BSB5-Eliminationsleistungen liegen - bei entsprechenden Ausgangskonzentrationen - in der Regel bei 98 %. Die Möglichkeiten einer biologischen Elimination von organischen Schadstoffen in zentralen Kläranlagen sind damit weitgehend ausgereizt. Manche Stoffe, die (in kommunalen Kläranlagen) als schwer abbaubar gelten, werden in gut adaptierten Kläranlagen der chemischen Industrie besser abgebaut bzw. eliminiert.
Die prozentualen CSB- bzw. TOC-Eliminationsleistungen liegen in der Regel im Bereich von 85 - 95 %. Neben der eingesetzten Kläranlagentechnik und deren Betriebsweise werden sie entscheidend bestimmt
Die Elimination des TOC (und des AOX) in der Kläranlage ist somit auch sehr stark abhängig von der Produktionspalette.
Die Reinigung von Abwässern aus anorganischen Chemiebetrieben erfolgt in der Regel in physikalisch-chemischen Behandlungsanlagen. Auf eine biologische Reinigung kann in vielen Fällen verzichtet werden.
1.8.2 Verfahren der biologischen Behandlung in der chemischen Industrie
Das Abwasser chemischer Betriebe wird im Allgemeinen abschließend zentral behandelt mit den Verfahrensschritten Vorreinigung und biologische Behandlung mit Schlammabtrennung, -aufbereitung und -entsorgung.
Die Vorreinigung kann je nach Gegebenheiten verschiedene physikalisch-chemische Behandlungsstufen umfassen. Häufig ist eine Neutralisation im Zulauf erforderlich, die unter Umständen mit einer Fällung oder Fällung/Flockung von Schwermetallen und abtrennbaren organischen Inhaltsstoffen kombiniert wird.
Als Hilfsstoffe für den Betrieb der zentralen Behandlung (z.B. Säuren bzw. Laugen zur Neutralisation, Kalkmilch, Eisen- und Aluminiumverbindungen zur Fällung/Flockung, anorganische P- und N-Verbindungen als Nährstoffe) können auch Reststoffe aus der Produktion eingesetzt werden. Dabei ist auf mögliche Verunreinigungen zu achten.
Um die Anforderungen nach Stand der Technik bzgl. TOC und CSB einhalten zu können, ist an Standorten mit organisch belastetem Abwasser in aller Regel eine abschließende aerobbiologische Behandlung erforderlich. Sie dient häufig auch der Elimination von (anorganischem) Stickstoff (Nitrifikation, ggfs. Denitrifikation). Phosphat ist an vielen Standorten Mangelsubstrat und muss dort zugegeben werden. Im Falle notwendiger Minderung wird Phosphat in der Regel durch Fällung/ Flockung entfernt. Gezielte biologische Verfahren, wie "Bio P-Verfahren", finden bei Chemiewerken im Allgemeinen keine Anwendung.
Bei mehrstufigen Verfahren kann unter Umständen der anfallende Klärschlamm durch die Regelung des Belebungsverfahrens minimiert werden (Steuergröße Redoxpotential).
Die aerobbiologische Behandlung kann gegebenenfalls durch eine vorgeschaltete anaerobbiologische Stufe ergänzt werden. Diese Lösung kann gegenüber einer ausschließlich aerobbiologischen Behandlung folgende Vorteile aufweisen:
Dem stehen folgende wesentliche Nachteile gegenüber:
Belastungsschwankungen (auch von Salzen, Temperatur und/ oder pH-Wert) sowie hemmenden/ toxischen Abwasserinhaltsstoffen oder Zwischenprodukten auf. Treten Hemmungen oder andere Störungen im anaeroben Abbauprozess ein, so sind umfangreichere Untersuchungen und/ oder langwierige "Erholungsphasen" (wegen geringem Biomasse-Wachstum) erforderlich.
Der anfallende Klärschlamm wird wegen der adsorbierten oder gefällten toxischen Inhaltsstoffe verbrannt. Das Abwasser aus der erforderlichen Entwässerung des Klärschlamms wird werksintern in die biologische Behandlung zurückgeführt (Kreislaufführung). Die TOC-Konzentration des Filtrats ist mit der des Rohabwassers vergleichbar, der Frachtanteil liegt bei wenigen Prozent des Kläranlagenzulaufes.
1.8.3 Abbau-/Eliminierbarkeit einzelner Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen in der zentralen biologischen Kläranlage
Quantitative Voraussagen über die Abbaubarkeit/ Eliminierbarkeit von organischen Schadstoffen in Kläranlagen sind - wenn keine spezifischen Stoffdaten vorliegen - ohne Testung nicht möglich. Dennoch kann - in erster Näherung - unter Berücksichtigung bestimmter Faustregeln die potentielle Abbaubarkeit/ Eliminierbarkeit einzelner Abwasserteilströme mithilfe folgender Informationen beispielhaft abgeschätzt werden:
Treten mehrere o. g. Eigenschaften zusammen auf, so ist zu erwarten, dass die Elimination in aerobbiologischen Kläranlagen deutlich vermindert ist.
1.8.4 Gemeinsame Behandlung mit kommunalem Abwasser
In der Vergangenheit wurde eine Reihe von Kläranlagen gebaut, die der gemeinsamen Behandlung von kommunalem Abwasser und Abwasser aus dem Herkunftsbereich des Anhangs 22 dienen. Damals stützte man sich auf die Annahme, dass diese gemeinsame Behandlung zu einem höheren Wirkungsgrad bei der Elimination organischer Schmutzfrachten führt. Anforderungen an die N-Elimination bestanden damals noch nicht. Bei der gemeinsamen Behandlung wird in wenigen Fällen, wegen der hohen organischen Ausgangsbelastungen und den tendenziell geringeren Abbauleistungen im gemischten, verdünnten Abwasser, das Chemieabwasser zunächst in einer Hochlaststufe und anschließend in einer zweiten biologischen Stufe gemeinsam mit dem kommunalen Abwasser gereinigt.
Darüber hinaus wird in vielen Fällen Abwasser aus Chemiebetrieben als Indirekteinleitung gemeinsam mit kommunalem Abwasser gemäß Anhang 1 der AbwV behandelt.
Bei einer gemeinsamen Behandlung von kommunalem Abwasser mit Abwasser aus der chemischen Industrie kommt es zumeist weder zu positiven noch zu negativen Effekten hinsichtlich der Eliminierbarkeit beider Abwasserströme, d. h. die Restfrachten können sich addieren.
Darüber hinaus ist jedoch in jedem Einzelfall eine sorgfältige Bewertung erforderlich, da die gemeinsame Behandlung grundsätzlich die nach folgenden Vor- und Nachteile haben kann.
Vorteile:
Nachteile:
Aus wasserwirtschaftlichen Gründen und zur Minimierung der bei Störungen der Nitrifikation auftretenden Stickstoffemissionen kann es vielfach zweckmäßig sein, ammoniumbelastete Abwasserteilströme physikalisch-chemisch vorzubehandeln, ggf. verbunden mit Ammoniak-Recycling.
Bei gemeinsamer Abwasserbehandlung ist in jedem Fall sicherzustellen, dass die Stickstoffelimination insgesamt nicht schlechter ist als bei getrennter Abwasserbehandlung.
Als Sonderfall der gemeinsamen Behandlung hat es sich bewährt, geeignete Chemieabwasserströme gezielt in kommunale Abwasserbehandlungsanlagen einzubringen. Beispiele sind das gezielte, dosierte Einbringen konzentrierter gut abbaubarer Teilströme in die Anaerobstufe (Faulturm) oder in die Denitrifikationsstufe.
1.8.5 Möglichkeiten zur Steigerung der Eliminationsleistung der zentralen biologischen Kläranlagen
Der Einsatz von Aktivkohle in der Belebungsstufe hat sich in bestimmten Fällen bewährt, wenn biozid wirkende Schadstoffe (Nitro-Phenole) die Reinigungsleistung der Kläranlage beeinträchtigen. Der Einsatz von Aktivkohle oder Koksstaub kann zur Verbesserung der Schlammeigenschaft, aber auch bei Produktionsstörungen sinnvoll sein. Der darüberhinausgehende Einsatz von Aktivkohle in der Belebungsstufe in ansonsten optimal funktionierenden Kläranlagen hat sich jedoch nicht bewährt, da die entsprechenden Verweilzeiten in den Kläranlagen fast nur Adsorptionseffekte zulassen, eine spezielle Biologie kann sich unter diesen Randbedingungen nicht entwickeln. Es konnte quantitativ nachgewiesen werden, dass gezielte Maßnahmen an Teilströmen bei gleichem Aufwand zu einer effektiveren Elimination insbesondere der trinkwasserrelevanten organischen Schadstoffe führen.
Die CSB-/ TOC-Konzentrationen am Ablauf biologischer Kläranlagen können grundsätzlich durch nachgeschaltete Filtration oder Mikroflotation reduziert werden. Durch die Abtrennung abfiltrierbarer Stoffe kann eine Reduzierung der Rest-CSB-Konzentrationen um ca. 20 mg/l erreicht werden. Wird dies mit einer weitergehenden Reinigung, wie A-Kohle kombiniert, können außerdem Spurenstoffe bzw. refraktärer TOC weiter eliminiert werden.
Verbesserungen können unter Umständen erreicht werden durch
2 Allgemeine Anforderungen
(Teil B)
Die in Teil B Absatz 1 bis 6 des Anhangs 22 genannten Maßnahmen ergänzen die in § 3 Abs. 1 der Abwasserverordnung aufgeführten Maßnahmen. Sie setzen die für die Chemieindustrie spezifischen Maßnahmen um. Diese allgemeinen Anforderungen haben - auch für bestehende Einleitungen - Direktwirkung, d. h. sie gelten ab dem Inkrafttreten des geänderten Anhangs 22 als im Bescheid festgesetzt.
Wie diese Anforderungen umgesetzt werden, hat der Einleiter bzw. der Anlagenbetreiber nachvollziehbar und überprüfbar in Form einer systematischen Bestandsaufnahme im Abwasserkataster zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere für die neu aufgenommenen allgemeinen Anforderungen im Teil B, Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 bis 6.
Die Umsetzung der allgemeinen Anforderungen erfolgt in Eigenverantwortung (Direktwirkung). Soweit bestimmte allgemeine Anforderungen durch den Einleiter noch nicht umgesetzt werden können, muss er dies den zuständigen Behörden darlegen.
Die technischen Möglichkeiten zur Umsetzung der allgemeinen Anforderungen befinden sich in ständiger Entwicklung. Die diesbezüglichen Darstellungen im Abwasserkataster sind deshalb aktuell zu halten. Die Vorlage der aktualisierten Darstellung zur Umsetzung der allgemeinen Anforderungen durch den Einleiter bzw. Anlagenbetreiber und eine Überprüfung durch die zuständigen Behörden ist (spätestens) dann erforderlich, wenn ein Wasserrechtsbescheid neu erteilt oder grundlegend angepasst wird oder anlassbezogen, z.B. anlässlich der Vorlage bzw. Besprechung des Jahresberichtes. Außerdem sind diese Darstellungen erforderlich bei wesentlichen abwasserrelevanten Änderungen - auf die jeweils betroffene Anlage bezogen.
2.1.1 Prozessintegrierte Maßnahmen am Ort des Anfalls
(Teil B, Abs. 1, Nrn. 1 bis 3 Anhang 22 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 AbwV)
In § 3 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 der Abwasserverordnung und Teil B Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 des Anhangs 22 wird die grundsätzliche Forderung erhoben, die Schadstofffracht des Abwassers nach Prüfung der Verhältnisse im Einzelfall durch folgende prozessintegrierte Maßnahmen gering zu halten:
Der Einsatz wassersparender bzw. abwasserarmer Verfahren zielt darauf ab, die Schadstoffemissionen zu vermindern und Abwasserströme zu konzentrieren, um damit die Voraussetzungen für die Wiedergewinnung oder Entfernung von Stoffen zu schaffen oder um den Wirkungsgrad von dezentralen und zentralen Abwasserbehandlungsanlagen zu steigern.
Über den Einsatz abwasserfreier und abwasserarmer Technologien ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Randbedingungen zu entscheiden. Er zielt auf die Rückhaltung von schwer abbaubaren und gefährlichen Stoffen ab. Hinweise zu den Möglichkeiten und Anwendungsgrenzen finden sich im Kapitel 2.1.1. Bei Systemen zur Vakuumerzeugung mit weniger als 50 l Abwasser pro Stunde ist diese Prüfung nicht sinnvoll.
Die Anforderungen zur Verringerung von Schadstofffrachten lassen sich einteilen in
Die stoffbezogenen Anforderungen erfordern die Prüfung des Einsatzes alternativer Stoffe. Diese Prüfung erfolgt zweckmäßigerweise anhand einer Checkliste, nach der denkbare alternative, aus ökotoxikologischer Sicht zu bevorzugende Stoffe im Sinne der Anforderung nach folgenden Prüfkriterien beurteilt werden:
Die verfahrenstechnischen Anforderungen erfordern die Prüfung von Verfahren und Verfahrensänderungen, die eine verstärkte Rückführung, Rückgewinnung oder Rückhaltung von Stoffen erlauben. Diese Prüfung erfolgt zweckmäßigerweise anhand einer Checkliste, nach der die (theoretisch) einsetzbaren Verfahren nach folgenden Prüfkriterien beurteilt werden:
Solche Maßnahmen haben zum Ziel, das eingeleitete Abwasser zu entfrachten. Bei der Umsetzung der Anforderungen des Anhangs 22 ist gemäß § 3 Abs. 2 AbwV zu prüfen, wie potentielle Verlagerungen von Schadstoffen in andere Umweltmedien zu vermeiden sind.
Der "produktionsintegrierte Umweltschutz" nutzt im Vorfeld der Abwasserentstehung alle Möglichkeiten zur Vermeidung, Verminderung und Verwertung von Reststoffen, wie
Die nachfolgend beschriebenen, besonders abwasserrelevanten Maßnahmen aus dem Bereich des produktionsintegrierten Umweltschutzes werden gemäß § 3 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 der AbwV und Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 des Anhanges 22 explizit gefordert.
2.1.2 Verfahrenstechnische Maßnahmen
2.1.2.1 Einsatz wassersparender Verfahren bei Wasch- und Reinigungsvorgängen
Die herkömmlichen Verfahren zur Produktwäsche entsprechen im Prinzip dem Laborverfahren des diskontinuierlichen mehrfachen Ausschüttelns oder Ausrührens der Produktphase mit Wasser, um Salze oder sonstige lösliche Nebenkomponenten zusammen mit der Wasserphase abzutrennen. Das dabei eingesetzte Wasservolumen beträgt in der Regel ein Vielfaches der Menge an dem zu waschenden Produkt. Unvermeidlich treten mit jedem einzelnen diskontinuierlichen Waschschritt auch Produktverluste z.B. infolge Restlöslichkeit in der Wasserphase, Emulsionsbildung, Mulmschichten an der Phasengrenze oder apparativ bedingter Trennprobleme am Phasenübergang auf.
Durch Optimierung des Waschprozesses, Einführung moderner Produktwaschverfahren, insbesondere Gegenstromwäsche, kann eine deutliche Verminderung der Abwassermenge bei gleichzeitiger Aufkonzentrierung erreicht werden. Der Grad der Optimierung hängt von der Höhe und der Regelmäßigkeit der Produktion ab. Deshalb ist z.B. die Gegenstromwäsche vor allem bei Großanlagen wirtschaftlich, da sie dort spezifisch auf ein Produktionsverfahren zugeschnitten werden kann. Bei Kleinmengen, Versuchsproduktionen und seltenen Kampagnenproduktionen kommen diese Verfahren nicht zum Einsatz.
2.1.2.2 Mehrfachnutzung und Kreislaufführung
Bei Maßnahmen zur Wiederverwendung und Rückführung ist zu unterscheiden zwischen Wässern aus der Produktion unmittelbar (z.B. Reaktionswasser, Destillate, Waschphasen und Filtrate) und solchen aus der Reinigung der Apparate (z.B. anlässlich von anstehenden Reparaturvorgängen, Spülungen bei Verstopfungen oder Produkt-Anbackungen, Reinigung von Mehrzweckapparaten bei Kampagnen- bzw. Produktwechsel).
Gezielte Behandlungsschritte zur Beseitigung störender Inhaltsstoffe können die Wiederverwendungsrate bei einer Kreislaufführung erhöhen. So kann z.B. durch Neutralisation, Strippung oder Filtration von Prozesswasserströmen eine Wiederverwendung z.B. als Ansatzwasser möglich werden. Die Wiederverwendung von Prozesswasser
(Ansatzwasser, Mutterlaugen) ist dann möglich, wenn die Inhaltsstoffe (Nebenprodukte, Salzgehalt) für die Qualität der folgenden Produktansätze unschädlich sind. Gerade bei mehrstufigen Produktwäschen lassen sich oft einzelne Waschwasserströme als Ansatzwasser oder für eine vorgelagerte Waschstufe verwenden.
Der Wiedereinsatz von Wässern aus dem Waschen, Spülen und Reinigen von Apparaten oder deren einzelnen Teilen hat - soweit das Wasser in die Produktion selbst zurückgeführt werden kann - neben dem Aspekt der Abwasserfrachtentlastung auch den Vorteil der Produktrückgewinnung und damit der Anhebung der Produktausbeute. Dies setzt in der Regel Auffang-, Stapel- bzw. Lagermöglichkeiten voraus. Insbesondere bei einer mittelfristig nicht zu erwartenden Anschlusskampagne sind die Lagerkapazität und die Lagerstabilität der entsprechenden Wässer begrenzende Faktoren.
2.1.2.3 Indirektkühlung
Die Einspritzung von Wasser wird zur Kühlung bzw. Kondensation von Dampfphasen eingesetzt. Bei dem direkten Kontakt des Wassers mit dem Dampf entsteht Abwasser, das durch die Verunreinigungen des Dampfes belastet ist. Durch den Einsatz von Oberflächenwärmetauschern an Stelle von Einspritzkondensatoren/-kühlern wird dieses Abwasser vermieden. Die in der Gas- oder Dampfphase mitgeführten Stoffe verbleiben aber im Kondensat. Für das Niederschlagen von einer Tonne Dampf einschließlich Abkühlung auf 35° C - diese Temperaturobergrenze ist in der Regel durch die vorhandenen Kanalnetze vorgegeben - werden ca. 27 m3 Wasser benötigt. Diese Zahl verdeutlicht den erreichbaren Einspareffekt.
Die Einsparung wird gemindert, wenn mitgerissene Partikel im Dampfstrom, sublimierende Stoffe bzw. Kristallisate oder Anbackungen die Wärmeaustauschflächen belegen oder sogar die Räume zwischen den Austauschflächen zusetzen und die Austauschflächen deshalb in entsprechenden Zeitabständen gereinigt werden müssen.
Soweit verfahrensbedingt bei bestimmten Prozessschritten Wasser oder Eis zugesetzt wird, um Temperatursprünge oder eine Temperaturstabilisierung auf niedrigem Niveau sicherzustellen, kommt eine Umstellung auf Indirektkühlung nicht in Betracht. So kann es z.B. erforderlich sein, aus kristallisationstechnischen Gründen eine flüssige organische Phase in warmem oder heißem Wasser unter kräftigem Rühren zu verperlen und dann durch Eis- oder Kaltwasserzusatz ("Abschrecken") ein schnelles Unterschreiten der Erstarrungstemperatur zu erreichen. Das Ziel ist dabei eine filtrierfähige Suspension ohne Verklumpungen. Ein weiteres Beispiel ist das Standardverfahren bei der Diazotierung von Aminen. Hier wird die Temperatur durch Eiszusatz auf konstantem niedrigen Niveau gehalten, damit sich die entstehenden Diazoniumverbindungen weder thermisch zersetzen noch an Apparateeinbauten, wie Kühlschlangen, festsetzen und Anbackungen bilden können, die anderenfalls ein erhebliches Explosionsrisiko darstellen würden.
Ebenso kann es bei heißen Gasströmen notwendig sein, durch Eindüsen von Kaltwasser kurzfristig bestimmte Niveauabsenkungen sicherzustellen ("Quenchen"). Der Energiebedarf zur Verdampfung des Wassers senkt dabei die Temperatur so effektiv und schnell, dass chemische Reaktionen von im Gasstrom enthaltenen Komponenten, die im zwischenliegenden Temperaturbereich sonst ablaufen könnten, praktisch nicht stattfinden.
2.1.2.4 Einsatz abwasserfreier Verfahren zur Vakuumerzeugung
Eine abwasserfreie Vakuumerzeugung wird durch den Einsatz von maschinellen Pumpensystemen in geschlossener Kreislauffahrweise oder mit Trockenläuferpumpen erreicht. Im praktischen Betrieb muss allerdings bei den erstgenannten Vakuumsystemen eine geringe Wassermenge (< 5 % gegenüber dem Durchlaufbetrieb) ausgeschleust werden. Unter Umständen kann eine abwasserfreie Vakuumerzeugung auch durch den Einsatz des Produktes als Sperrflüssigkeit in einer maschinellen Vakuumpumpe erreicht werden oder durch unmittelbare Nutzung eines Gas- oder Dampfstromes der Produktion.
Ob eine abwasserfreie Vakuumerzeugung möglich ist und welche Verfahren jeweils einsetzbar sind, bestimmen die Gegebenheiten des Einzelfalls. Bei der Auswahl des Verfahrens sind zu erwartende Probleme insbesondere bezüglich Korrosion, Anbackungsneigung, Explosionsschutz, Anlagen- und Betriebssicherheit zu berücksichtigen.
Bei maschinellen Vakuumpumpen mit geschlossener Kreislaufführung, wie Flüssigkeitsringpumpen, Drehschieberpumpen oder Membranvakuumpumpen, die Wechselwirkung mit dem abzusaugenden Medium haben, ist zu beachten, dass z.B. abzusaugende Dämpfe die Schmierfähigkeit des Öles von Drehschiebervakuumpumpen herabsetzen können.
Trockenläuferpumpen werden vor allem eingesetzt, wenn Lösemittel zurückzugewinnen sind oder ein hohes Endvakuum notwendig ist. Voraussetzung ist, dass eine Kondensation der Gase in der Pumpe vermieden werden kann, z.B. durch eine hohe Gasaustrittstemperatur. Nicht einsetzbar sind solche Pumpen insbesondere, wenn kondensierbare Stoffe (z.B. Wasserdampf) oder staub- oder belagbildende Stoffe in größeren Mengen im Gasstrom enthalten sind.
Wasser- und Dampfstrahlvakuumpumpen sind aufgrund ihres weitgehend störungsfreien Betriebes, geringeren Wartungsaufwandes und günstigen Kosten universell einsetzbar.
2.1.2.5 Einsatz abwasserfreier Verfahren bei der Abluftreinigung
Einsatz und Auswahl der eingesetzten Abluftreinigungsverfahren resultieren vorrangig aus den Anforderungen der Luftreinhaltung.
Etwa ein Drittel der in der chemischen Industrie betriebenen Abluftreinigungsanlagen arbeitet mit Waschverfahren auf Wasserbasis. Dabei werden vor allem anorganische luftfremde Stoffe (z.B. HCl, SO2, NOx) zurückgehalten, aber auch lösliche organische Stoffe. Die Inhaltsstoffe der aus Abluftwäschen zur Kläranlage abgeleiteten Prozessabwässer entsprechen denen der behandelten Abgase.
Abwasserfreie Technologien der Abluftreinigung kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn besonders kritische Stoffe oder in der Kläranlage schwer abbaubare organische Stoffe in das Waschwasser gelangen würden.
Die Abluftverbrennung findet eine breite Anwendung bei energetisch nutzbaren Gasströmen. Diese werden separat gefasst und in Kraftwerken oder bei sonstiger spezieller betrieblicher Energiegewinnung eingesetzt. Darüber hinaus werden fallweise auch
energetisch nicht nutzbare Abluftströme mit geruchsintensiven Stoffen, mit Karzinogenen oder mit hohen Gehalten an halogenorganischen Stoffen einer Verbrennung zugeführt. Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein einer entsprechenden Infrastruktur. Als Alternative findet die katalytische Abgasreinigung zunehmend Anwendung, z.B. bei niedrigem Sauerstoffgehalt.
Massenkraftabscheider und trockene Filter dienen der Abtrennung von Feststoffpartikeln (Staub).
Adsorptionsanlagen (z.B. Aktivkohle) werden bei Abluftströmen eingesetzt, die mit unpolaren organischen Stoffen belastet sind.
Der Einsatz organischer Lösemittel als Waschflüssigkeit in Abluftwäschen kann sinnvoll sein, wenn gezielt organische Stoffe zu entfernen sind.
2.1.3 Stoffbezogene Maßnahmen
2.1.3.1 Prozessintegrierte Rückführung von Stoffen
Durch die Einfügung der prozessintegrierten Rückführung von Stoffen im allgemeinen Teil der Abwasserverordnung wird die innerbetriebliche Rückgewinnung im Sinne einer nachhaltigen Produktion in allen Branchen gefordert.
Im Anwendungsbereich dieses Anhanges bedeutet dies eine (prozessintegrierte) Aufarbeitung von Prozesswasserteilströmen zur Rückführung von Wertstoffen und zur Ausschleusung unerwünschter Stoffe - vgl. Kap. 2.1.2.2.
2.1.3.2 Rückhaltung oder Rückgewinnung von Stoffen durch Aufbereitung von Mutterlaugen und durch optimierte Verfahren
Maßnahmen zur Rückgewinnung von Abwasserinhaltsstoffen können in der Regel mit vertretbarem Aufwand nur bei konzentrierten Strömen durchgeführt werden. Aus diesem Grund wird die Anforderung auf die Abwasserströme mit den höchsten Konzentrationen, die Mutterlaugen, beschränkt. Je nach Synthese handelt es sich dabei in der Regel um wässrige Lösungen nach Produktabtrennung oder um Waschwässer. Die Rückgewinnung kann aus einer Abtrennung von verwertbaren Einzelstoffen bestehen (Edukte, Produkte, Lösemittel, Katalysator usw.) oder aus einer Stoffumwandlung mit anschließender Stoffgewinnung (z.B. Verbrennung mit Rückgewinnung von Chlor in der Form von Salzsäure).
Rückgewinnungsmaßnahmen sind bei Stoffgehalten von mehreren Prozent vertretbar - bei leicht abtrennbaren (flüchtigen, festen, fällbaren oder extrahierbaren) Stoffen auch bei niedrigeren Konzentrationen.
Die Rückhaltung von Stoffen durch optimierte Verfahren umfasst sowohl Änderungen von Verfahrensschritten als auch zusätzliche Maßnahmen. Dies schließt auch die Verbesserung der Aufarbeitung von Mutterlaugen ein.
Diese Maßnahmen können auch im Produktionsverbund verwirklicht werden. Sie beziehen sich auf alle Verfahrensschritte, die Auswirkungen auf den Abwasserpfad haben.
Neben der Vermeidung von Schadstoffen (z.B. Änderung der Rezeptur, Verbesserung der Ausbeute) kann die Rückhaltung durch Stoffabtrennung (z.B. Adsorption, Extraktion) erfolgen oder über Stoffumwandlung (z.B. Oxidation) erreicht werden.
2.1.3.3 Einsatz schadstoffarmer Roh- und Hilfsstoffe
Durch verunreinigte Roh- und Hilfsstoffe können Belastungen eingeschleppt werden. Dies betrifft z.B. bei den Rohstoffen
Die Möglichkeiten, diese Belastungen zu verringern, beinhalten
2.2 Vorbehandlung von Abwasserteilströmen
(Teil B, Abs. 1, Nr. 4)
2.2.1 Erforderlichkeit von Maßnahmen zur Vorbehandlung
Gemäß Teil B Absatz 1 Nr. 4 entspricht es dem Stand der Technik, Abwasserteilströme einer Vorbehandlung zu unterziehen, sofern die abschließende Behandlung allein keine ausreichende Elimination der enthaltenen Schadstoffe gewährleistet. Hinsichtlich der dafür maßgeblichen Eigenschaften der Stoffe, die dafür zu betrachten sind, werden im Anhang 22 die Stoffeigenschaften "biologische Abbaubarkeit" bzw."biologische Eliminierbarkeit" und "Flüchtigkeit" allgemein als Kriterien vorgegeben. Da auch zum Begriff "ausreichende Behandlung" kein konkretes Reinigungsziel festgelegt ist, muss daher im Rahmen einer Einzelfallprüfung ermittelt werden, welche Vorbehandlungsmaßnahmen an einem Standort tatsächlich nach dem Stand der Technik verfügbar und zu fordern sind.
Eine solche Vorbehandlung ist insbesondere zu prüfen bei:
Diese Prüfung der Notwendigkeit einer Vorbehandlung setzt zunächst voraus, dass ausreichende Kenntnisse des Gehalts an relevanten Schadstoffen in den prozessbezogenen Abwasserteilströmen vorliegen. Im nächsten Schritt ist die erforderliche Minderung für die relevanten Schadstoffe festzulegen. Um diese zu erreichen, ist im Rahmen eines integrierten Abwassermanagements eine geeignete Kombination aus prozessintegrierten Maßnahmen, Abwasservorbehandlung und abschließender Behandlung zu bestimmen. Folglich sollen nicht nur Verfahren bzw. Verfahrenskombinationen zur Stoffelimination im Abwasserbereich berücksichtigt werden, sondern auch Stoffrückgewinnung und Wiederverwendung, bis hin zur Umstellung auf weitgehend abwasserfreie Verfahren. Auch die Rückhaltung entsprechender Abwasserteilströme und ihre Entsorgung über den Abfallpfad ist eine mögliche Lösung.
Eine Vorbehandlung von toxischen oder hemmenden Stoffen ist in jedem Falle erforderlich, wenn ansonsten
Beispiele: Elimination von inhibitorischen bzw. toxischen Stoffen, wie Dicyandiamid, Thioharnstoff.
Eine Vorbehandlung von schwer eliminierbaren und nicht eliminierbaren Abwasserinhaltsstoffen ist in jedem Falle erforderlich, wenn ansonsten die Anforderungen bzgl. der Mindesteliminationsleistung für TOC des Teil D, Abs. 4 nicht eingehalten werden könnten.
Eine derartige Vorbehandlung kann außerdem erforderlich sein, wenn durch Maßnahmen im Sinne der allgemeinen Anforderungen nach § 3 AbwV und Teil B, Abs. 1 des Anhangs 22 (wie Rückhaltung und Rückgewinnung solcher Stoffe aus Mutterlaugen) aufgrund der Verhältnisse des Einzelfalls eine ausreichende Frachtverminderung nicht erreichbar ist.
Die Anforderungen von Teil B, Abs. 1 gelten additiv zu bzw. unabhängig von der Anforderung an die TOC-Abbaubarkeit von Abwasserströmen des Teils D, Abs. 4, also auch dann, wenn die TOC-Schwellenwerte der Anforderung in Teil D, Abs. 4 unterschritten werden.
Bezüglich der Notwendigkeit einer Vorbehandlung sind insbesondere solche Abwasserinhaltsstoffe relevant, bei denen neben ihrer Langlebigkeit (Persistenz) auch ihre Mobilität und ihr Wirkungspotenzial (Öko-/Humantoxizität, hormonelle Wirkung) in der Gesamtschau einen grundsätzlichen Anlass zur Besorgnis geben. Neben organischen Verbindungen sind hier auch Schwermetalle zu berücksichtigen, wenn sie einleitungsrelevant sind.
Entsprechende Stoffinformationen sollten aus dem Abwasserkataster nach Teil B Absatz 5 hervorgehen.
Der Einsatz praktikabler Verfahren, die im konkreten Einzelfall geeignet sind, um die einleitungsrelevante Fracht entsprechender Stoffe wesentlich zu verringern, entspricht dem Stand der Technik.
Davon zu unterscheiden sind Anforderungen, die im Einzelfall aufgrund einer Immissionsbetrachtung festzulegen sind und die ggf. auch über den Stand der Technik hinausgehen können (z.B. um die Beeinträchtigung einer konkret betroffenen öffentlichen Wasserversorgung zu vermeiden, um eine Verschlechterung des ökologischen oder chemischen Gewässerzustands zu verhindern).
Eine Vorbehandlung von biologisch abbaubaren Stoffen in hohen Konzentrationen ist in jedem Falle erforderlich, wenn diese die Reinigungseffizienz oder Betriebssicherheit einer abschließenden biologischen Abwasserbehandlung beeinträchtigen können.
Die Notwendigkeit einer Vorbehandlung kann auch aus weiteren Gründen erforderlich sein, insbesondere, wenn dies für die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der zentralen biologischen Kläranlage bzw. für die Vermeidung von Gewässerverunreinigungen erforderlich ist. Beispiele für entsprechende Maßnahmen vor der biologischen Abwasserbehandlung sind:
Die Vorbehandlung von konzentrierten Abwasserströmen kann entsprechend der Zielsetzung von § 3 Abs. 2 a AbwV auch aus energetischer Sicht geboten sein, zur Nutzung des energetischen Potenzials, z.B. durch Verbrennung oder durch Umsetzung zu Klärgas (hauptsächlich Methan) mittels anaerober Behandlung und/ oder Einsparung entsprechender Belüftungsleistung in der biologischen Endbehandlung. Alternativ kann die gezielte Nutzung als C-Quelle in der Denitrifikation sinnvoll sein, ggf. extern. Z. B. wurde die Verwertung eines DMF-haltigen Teilstroms im Faulturm einer kommunalen Kläranlage realisiert.
Eine Vorbehandlung von Stoffen, die in der Abwasserbehandlung in relevanten Konzentrationen ausgasen, ist in jedem Falle erforderlich, wenn insbesondere toxische Stoffe, leichtflüchtige Organohalogenverbindungen oder Aromaten, ohne gezielte Vorbehandlung nachteilige Auswirkungen auf andere Umweltbereiche haben können. Weitere Beispiele sind Chlorwasserstoff oder Ammoniak, deren Emission z.B. durch eine gezielte Strippung vermindert werden kann. Alternativ können auch Maßnahmen des integrierten Abwassermanagements zielführend sein, wie die geschlossene Ausführung von Abwasseranlagen, z.B. durch Druckrohrleitungen und Abdeckung der emissionsrelevanten Teile, Behandlung der belasteten Abluftströme der Abwasserbehandlung und/ oder emissionsmindernde Umstellung der Belüftung von Luft auf Sauerstoff. Bei Indirekteinleitern ist die Ausgasung von flüchtigen Stoffe in öffentlichen Abwasseranlagen zu vermeiden. Insbesondere Stoffe mit hohen Dampfdrücken, wie (chlorierte) Lösemittel oder Thiole können dabei durch eine Strippung vorbehandelt/ zurückgewonnen werden.
2.2.2 Maßnahmen zur Vorbehandlung von Abwasserströmen
Zur Behandlung von Abwasser aus der chemischen Produktion wird neben oder vor der physikalisch-chemischbiologischen Endbehandlung eine Reihe von Verfahren eingesetzt, entweder dezentral am Ort der Synthese, in der entsprechenden Produktionseinheit oder zentral in Spezialanlagen (vgl. Anlage).
Beispiele für bereits praktizierte Verfahren sind:
In der Praxis wird oft eine Kombination der genannten Techniken eingesetzt.
2.3 Abwassertrennung
(Teil B, Abs. 2)
Gemäß Teil B Absatz 2 ist nicht behandlungsbedürftiges Abwasser getrennt von behandlungsbedürftigem Abwasser abzuleiten. Damit soll eine Verdünnung entgegen dem Stand der Technik vermieden werden, die zu einer verminderten Reinigungseffizienz der Abwasserbehandlung führen würde.
Behandlungsbedürftiges Abwasser ist neben dem belasteten Abwasser aus der Produktion auch belastetes Abwasser aus Regenwasserableitungen von speziellen Betriebsbereichen.
Zu Ausnahmeregelungen für Bestandsanlagen siehe Kap. 7.1.
2.4 Rückhaltung von Abwasser bei außerplanmäßigen Betriebszuständen
(Teil B, Abs. 3)
Um bei außerplanmäßigen Betriebszuständen unkontrollierte Emissionen zu verhindern, sind gemäß Anhang 22 Teil B Abs. 3 Rückhaltekapazitäten für Abwasser und Maßnahmen für eine ordnungsgemäße Wiederverwendung, Behandlung oder Entsorgung zurückgehaltenen Abwassers in dem Umfang vorzuhalten, der gemäß einer Risikobewertung angemessen ist.
Mit der Anforderung, bei außerplanmäßigen Betriebszuständen unkontrollierte Emissionen auf dem Abwasserpfad zu verhindern, wird die bisher bestehende Lücke im Anhang 22 zum Störfall- und Baurecht geschlossen. Dabei gibt es keinen Konflikt mit stehenden immissionsschutzrechtlichen Begriffen. Die neu eingeführten Begriffe ("außerplanmäßige Betriebszustände", "Risikobewertung") unterscheiden sich insbesondere von denen des Störfallrechtes ("Störfälle").
Die Anforderung eines ausreichenden Rückhaltevolumens für Abwasser aus außerplanmäßigen Betriebszuständen im Anhang 22 zielt überwiegend auf Störungen in abwassererzeugenden betrieblichen Prozessen ab, wie fehlerhafte Trennoperationen (z.B. Produktfiltration oder -extraktion). Der möglichst kontinuierlichen Überwachung kritischer Anlagenteile und der Funktionstüchtigkeit dezentraler und zentraler Abwasserbehandlungsanlagen (z.B. Prozessleitsysteme) kommt deshalb eine besondere Bedeutung bei.
Der Schwerpunkt der Anforderung liegt auf der gezielten Erfassung von Abwasserströmen, die höher belastet sind als bei normalen Betriebszuständen. Solche Abwasserströme müssen zunächst zurückgehalten und untersucht werden, sofern dies durch die Risikobewertung vorgegeben ist, um dann über die geeignete Verfahrensweise zur Wiederverwendung, Behandlung oder Entsorgung entscheiden zu können.
Bei Rückhalteeinrichtungen, die zentral vorgehalten werden, werden vergleichsweise große Abwasservolumenströme erfasst. Die erforderliche Wiederverwendung, Behandlung oder Entsorgung kann wegen der großen Verdünnung aufwändiger sein. Dezentrale Rückhalteeinrichtungen haben demgegenüber den Vorteil, möglichst kleine Abwasservolumenströme effizient erfassen zu können. In der Praxis werden insbesondere bei Chemiestandorten mit eigener biologischer Behandlung in der Regel sowohl dezentrale als auch zentrale Rückhalteeinrichtungen vorgehalten. Bei Produktionen mit hohem Risikopotenzial, wie Herstellung von Bioziden, ist eine dezentrale Rückhaltung nicht verzichtbar.
Die Anforderung gilt ergänzend zu den Anforderungen der AwSV. Gemäß AwSV sind austretende wassergefährdende Stoffe grundsätzlich in der Produktionsanlage zurückzuhalten. Wenn bei Betriebsstörungen aus betriebstechnischen Gründen aus der Anlage unvermeidbar wassergefährdende Stoffe austreten, können diese gem. § 22 Abs. 2 AwSV auch in einer geeigneten Auffangvorrichtung der betrieblichen Kanalisation zurückgehalten werden.
Sofern eine Rückführung in den Prozess (Wiederverwendung) oder interne oder externe Entsorgung als Abfall nicht möglich ist, ist auf der Grundlage entsprechender analytischer Untersuchungen zu entscheiden, ob
die geeignete Maßnahme darstellt.
Die Risikobewertung betrachtet die Eintrittswahrscheinlichkeit von außerplanmäßigen Betriebszuständen und die potenziellen Auswirkungen. Die differenzierte Betrachtung der Auswirkungen berücksichtigt neben den Wassermengen die anfallenden Schadstofffrachten sowie potenzielle Auswirkungen auf nachgeordnete Behandlungsanlagen und Gewässer.
In der Risikobewertung ist - bezogen auf den Einzelfall - darzustellen bzw. zu prüfen, wie die vorgehaltenen Rückhaltekapazitäten auf die potentiell verursachenden Prozesse einerseits und die vorhandenen Abwasserbehandlungsanlagen andererseits abgestimmt sind. Bei "Mehrfachbelegungen" der Rückhalteeinrichtungen ist darzulegen, dass diese nicht zur Überfrachtung der Rückhaltekapazitäten führen können.
In der Risikobewertung sind außerplanmäßige Betriebszustände im Zusammenhang mit mindestens folgenden Prozessen zu betrachten:
Außerdem ist darzustellen, wie eine möglichst kontinuierliche Überwachung kritischer Anlagenteile und der Funktionstüchtigkeit dezentraler und zentraler Abwasserbehandlungsanlagen (z.B. Prozessleitsysteme) durchgeführt wird.
2.5 Zusammenwirken Verantwortlicher
(Teil B, Abs. 4)
Bei mehreren abwassererzeugenden Betrieben am Standort muss der Erlaubnisinhaber mit den Verantwortlichen der betroffenen Betriebe die organisatorischen Regelungen treffen, deren Einhaltung für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung und - behandlung erforderlich ist. Der Begriff "Betriebe" bezieht sich dabei auf die abwasserliefernden Anlagen eines Standorts, unabhängig davon, ob sie zu unterschiedlichen Betreibern gehören.
Speziell für Tätigkeiten der chemischen Industrie für Anlagen oder Standorte mit mehreren Betreibern wird die Schaffung einer vertraglichen Regelung zu den Rollen und Zuständigkeiten der abwassererzeugenden Betriebe sowie zur Koordinierung der Betriebsabläufe, für die sie jeweils verantwortlich sind, gefordert. Für den Abwasserbereich ist diese Regelung von Bedeutung, da insbesondere das Zusammenspiel zwischen den abwassererzeugenden Betrieben in einem Industriepark und der zentral von einem Dritten geführten Kläranlage, der das Abwasser aus den Anlagen zugeleitet wird, für das Betreiben der Kläranlage und der letztlich emittierten Schadstofffrachten wesentlich ist.
In der Praxis kann diese Regelung nur der Inhaber der wasserrechtlichen Zulassung übernehmen. Dazu gehört unter anderem die Festlegung der Verantwortlichkeiten und Pflichten sowie das Zusammenwirken in Bezug auf den Betrieb der abschließenden Abwasserbehandlung. Damit werden eine ordnungsgemäße Abwasserreinigung und die Einhaltung der wasserrechtlichen Anforderungen sichergestellt.
Dabei können zwei Fälle unterschieden werden. Handelt es sich um eine Firma mit mehreren Betrieben, so erfolgt dies durch firmeninterne Regelung. In solchen Fällen
ist der Inhaber der wasserrechtlichen Zulassung i. d. R. auch Betreiber der abwassererzeugenden Betriebe. Handelt es sich um selbständig geführte Betriebe, so bedarf es einer vertraglichen Regelung (privatrechtlichen Vereinbarung).
Der Inhalt der Regelung sollte mindestens folgende Punkte umfassen:
Zur Aufrechterhaltung einer optimalen Reinigungsleistung der zentralen Kläranlage haben sich folgende organisatorische und technische Maßnahmen bewährt:
2.6 Aufstellung eines Abwasserkatasters
(Teil B, Abs. 5)
Im Abwasserkataster dokumentiert der Betreiber nachvollziehbar und systematisch die aktuelle Abwassersituation am Standort. Folgendes muss durch den Inhalt des Abwasserkatasters überprüfbar sein:
Hinsichtlich der Aktualität des Abwasserkatasters wird auf die Erläuterungen in Kap. 2, 4. Absatz, verwiesen.
2.6.1 Inhalt des Abwasserkatasters
Die Prüfung der oben genannten Anforderungen erfordert die Erhebung der nachfolgenden Grunddaten. Umfang und Inhalt richten sich dabei nach den in § 3 AbwV sowie
in der Anlage 2.1, "Betriebliches Abwasserkataster" der AbwV und im Teil B des Anhangs 22, Absatz 1, genannten Begriffen und den daraus abzuleitenden Prüfkriterien (vgl. Kap. 2.1).
Die Ermittlung der Überwachungswerte an der Einleitstelle muss aus den Grunddaten ebenfalls möglich sein. Daraus ergibt sich, dass die Emissionen von TOC, AOX und den Schwermetallen für die Orte des Entstehens für die einzelnen Synthesen erhoben werden müssen.
Unter Berücksichtigung auch der Anforderungen in Anlage 2 der AbwV umfasst das Abwasserkataster in der Regel folgende Daten und Informationen:
2.6.2 Vereinfachungen des Abwasserkatasters bei der Prüfung der allgemeinen Anforderungen
Bei einer Vielzahl von Abwasserteilströmen ist es ratsam, Vereinfachungen im Abwasserkataster bei der Prüfung der allgemeinen Anforderungen festzulegen.
Für Kleinmengenproduktionen, kleine Mehrzweck-Anlagen bzw. Produktionen im Technikums-Maßstab sind summarische Betrachtungen zu empfehlen, da es dort wenig zweckmäßig ist Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Einzelsynthesebezogen zu überprüfen. Es eignen sich Zusammenfassungen bzw. Gliederungen wie:
Für Reaktionsklassen, Leitprozesse, ähnliche Synthesen bzw. Prozesse kommen analoge Vermeidungs-/Verminderungsmaßnahmen in Frage. Dadurch ist es möglich, mit Querverweisen zu arbeiten oder die Dokumentation bestimmter Maßnahmen jeweils zusammenzufassen.
Zur Prüfung der Einhaltung der allgemeinen Anforderungen ist das o. g."Ranking" zweckmäßig: Eine Prioritätensetzung bei der Umsetzung der Anforderungen kann sich nach der Höhe der jeweiligen Schadstofffrachten richten.
Auch die Angaben zur biologischen Eliminier-/Abbaubarkeit der Abwasserteilströme und der einzelnen Inhaltsstoffe können zur Priorisierung herangezogen werden. Abwasserteilströme mit geringer TOC-Fracht, guter Abbaubarkeit und unbedenklichen Inhaltsstoffen sind dabei von untergeordneter Bedeutung.
Auf diese Weise ist es vielfach möglich, die Betrachtungen zum notwendigen Nachweis der Einhaltung der Anforderungen zur Vermeidung von Schadstofffrachten auf eine relevante Anzahl von Synthesen bzw. Prozesse eines chemischen Werkes zu konzentrieren, um die für die Erfüllung der Anforderungen notwendigen Dokumentationen auf einen verhältnismäßigen Aufwand zu begrenzen.
Ist die organische Fracht der einzelnen Abwasserteilströme gut eliminierbar und sind im Abwasser keine ökologisch bedenklichen Stoffe enthalten, kann sich die Betrachtung der frachtmindernden Maßnahmen im Allgemeinen auf die Möglichkeit der Lösemittelrückgewinnung bzw. -verwertung konzentrieren.
2.6.3 Angaben zur biologischen Eliminierbarkeit der organischen Schadstoffe
Im Abwasserkataster sind Angaben zur biologischen Eliminierbarkeit der organischen Schadstofffrachten vorzulegen. Dies betrifft zum einen Abwasserteilströme und zum anderen Einzelstoffe, bei denen zu überprüfen ist, ob diese in der abschließenden Abwasserbehandlung ausreichend behandelt werden können.
Für die Einhaltung der Anforderung an den TOC am Ort des Entstehens in Teil D, Abs. 4 ist bei biologischen Behandlungsverfahren die Frachtverringerung grundsätzlich mittels Zahn-Wellens-Test gemäß Nr. 407 der Anlage 1 der AbwV nachzuweisen. Andere
Verfahren als Nr. 407 können mit Zustimmung der Behörde auch genutzt werden, soweit diese Verfahren zu gleichwertigen Ergebnissen führen, z.B. beim manometrischen Respirationstest (OECD 301 F).
Für die Prüfung der Notwendigkeit einer Vorbehandlung gemäß Teil B Abs. 1 Nr. 4 können alle Daten und Erkenntnisse verwendet werden, wenn diese eine ausreichende Elimination der betroffenen Stoffe bei der jeweiligen Abwasserbehandlung hinreichend plausibel erscheinen lassen.
2.7 Vermeidung von Geruchs- und Lärmemissionen
(Teil B, Abs. 6)
Teil B Absatz 6 enthält eine allgemeine Anforderung der Vermeidung von Geruchs- und Lärmemissionen bei Kläranlagen, die nicht im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens, sondern als eigenständig betriebene Abwasserbehandlungsanlagen nur wasserrechtlich nach § 60 Absatz 3 Satz Nummer 2 WHG genehmigt werden. Ggf. erforderliche Maßnahmen sind unter Mitwirkung der immissionsschutzrechtlich zuständigen Behörde in den Genehmigungsbescheid der Kläranlage aufzunehmen.
Je nach Ursache einer Geruchsbelästigung können folgende Maßnahmen im Zusammenhang mit abwassertechnischen Vorgängen ergriffen werden:
Um Lärmemissionen zu vermeiden bzw. verringern, ist vom Betreiber ein Lärmmanagementplan als Teil des Umweltmanagementsystems insbesondere mit den nachfolgend aufgeführten Elementen aufzustellen, sofern eine Lärmbelästigung zu erwarten ist oder nachgewiesen wurde:
Folgende technische Möglichkeiten sind insbesondere zu berücksichtigen:
3 Parameterübergreifende Vorgehensweise der Sollfrachtberechnung
3.1 Grundprinzip
Gemäß Anhang 22, Teil C, Abs. 2 und Teil D, Abs. 3 und 4 sind für die Parameter TOC, AOX und die Schwermetalle Quecksilber, Cadmium, Kupfer, Nickel, Blei, Chrom, gesamt, Zink und Zinn die (einzuhaltende) Gesamtfracht in 0,5 oder 2 Stunden und die (einzuhaltende) Konzentration in der qualifizierten Stichprobe oder in der 2-Stunden-Mischprobe festzulegen. Grundlage für die Festlegungen ist jeweils die Ermittlung einer zulässigen Jahresgesamtfracht (im Nachfolgenden Gesamtsollfracht), die sich aus der Summe der Jahresfrachten der einzelnen Abwasserströme (im Nachfolgenden Einzelsollfrachten) ergibt. Durch die Bilanzierung für die gesamte Einleitung hat der Betreiber die Möglichkeit, die realen Minderungsmaßnahmen zur Erreichung der Gesamtsollfracht weitgehend nach eigenem Ermessen zu gestalten (Kompensationsmodell).
Im Folgenden werden Hinweise für das allgemeine Vorgehen gegeben, das für alle drei betrachteten Parameter/Stoffgruppen (TOC, AOX, Schwermetalle) weitgehend gleich ist. Für die parameterspezifischen Aspekte wird auf die jeweiligen spezifischen Abschnitte (3.2, 4.1, 4.2) verwiesen.
Die Gesamtsollfrachten im Abwasser chemischer Werke werden durch Addition der jahresbezogenen Frachten (Einzelsollfrachten) der einzelnen Abwasserströme entsprechend den Vorgaben des Anhangs 22 berechnet. Die Einzelsollfrachten werden durch Multiplikation einer Bezugsmenge (Volumenstrom, Rohfracht, Produktionsmenge) mit einer Anforderungsgröße (Konzentration, Eliminationsfaktor, spezifische Fracht) erhalten (siehe Tabelle 1). Aus der Gesamtsollfracht wird der Überwachungswert abgeleitet. Bei nicht nur vorübergehenden abwasserrelevanten Änderungen der Produktionsgegebenheiten ist der Überwachungswert anzupassen.
Im Einzelnen umfasst die Ermittlung der Überwachungswerte nach Anhang 22 folgende Schritte:
Zusätzlich zur einzuhaltenden Gesamtfracht ist ein Überwachungskurzzeitwert für die Konzentration festzulegen. Im einfachsten Fall kann dafür - bei entsprechend konstanten betrieblichen Verhältnissen - die Gesamtsollfracht durch die korrespondierende Gesamtabwassermenge dividiert werden.
Als Bezugsmengen dienen der Abwasservolumenstrom am Entstehungsort (bei TOC, AOX, Schwermetallen), die Produktionsmenge (bei AOX) und die Rohfracht am Entstehungsort (bei TOC) - siehe Tabelle 1. Die Sollfrachtermittlung setzt gedanklich die
Erfüllung der allgemeinen Anforderungen gemäß Teil B in Bezug auf den Volumenstrom bzw. die Rohfracht voraus, wenn erkennbar ist, dass dadurch die Sollfracht beeinflusst wird.
Die Bezugsmengen sollen repräsentativ sein; im Allgemeinen sind die Durchschnittsmengen für die jeweiligen Produktionen/Abwasserströme in einem hinreichenden Bezugszeitraum (mindestens ein Jahr) zugrunde zu legen. Damit wird auch eine Plausibilitätsprüfung durch Vergleich der bilanzierten und gemessenen Gesamtfracht ermöglicht.
Tabelle 1: Sollfrachtermittlung für TOC, AOX, Schwermetalle (SM)
Bezugspunkt |
Bezugsmenge |
Anforderungsgröße |
Parameter |
Berechnung der Einzel-Sollfracht S |
Herkunft 2 |
Konzentrationsbereich [mg/l] |
Zielwert |
Produktion |
Produktionsmenge |
Spezifische |
S=PM x SF |
AOX 3 |
H, W |
c > 1 |
20 g/t |
Entstehungsort |
Abwassermenge |
Sollkonzentration |
S=Q x SK |
TOC |
- |
c > 16.000 |
800 mg/l |
AOX3 |
H, W, A |
c > 1 |
1 mg/l | ||||
SM |
H, W, A |
0,1 < c < 1,0 | |||||
Entstehungsort |
Rohfracht |
Sollelimination |
S=F x (1-SE/100) |
TOC |
- |
250 < c < 16.000 |
90 % |
3.2 Berücksichtigung der jeweiligen Produktionsauslastung
Die jährliche Produktmenge aus einer Anlage wird durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung begrenzt. Die tatsächlich hergestellte Produktmenge kann auf Dauer unterhalb der genehmigten Kapazität liegen (z.B. wegen der Marktsituation oder wegen Einschränkungen durch Auflagen außerhalb des Immissionsschutzrechts). In diesem Fall ist für die Ermittlung der Einzelsollfrachten diejenige Produktmenge zu schätzen, die unter diesen Umständen bei einer realistischen Auslastung maximal zu erwarten ist. Dafür kann die höchste Jahresmenge während der zurückliegenden z.B. vier Jahre herangezogen werden, sofern eine Prognose der künftigen Produktmenge nicht anderweitig möglich ist. Diese Produktmenge ist als Bezugsgröße für die Ermittlung der Einzelsollfrachten zu verwenden. Entsprechend sind für die übrigen Bezugsgrößen (Abwassermenge, Frachten) diejenigen Werte einzusetzen, die mit der Herstellung dieser Produktmenge einhergehen.
3.3 Zuordnung der jeweiligen Anforderungsgröße
Art der Anforderungsgröße und der jeweilige Zielwert richten sich nach dem Konzentrationsbereich des jeweiligen Parameters im Abwasser am Entstehungsort und/oder nach der Herkunft des Abwassers (Herstellung, Weiterverarbeitung, Anwendung; spezifische Produktionsbereiche) (siehe Tabelle 1).
3.4 Berechnung der Einzelsollfrachten
Die Einzelsollfrachten berechnen sich durch Multiplikation von Bezugsmenge und dem der Anforderungsgröße zugeordneten Zielwert, beispielsweise Produktionskapazität x 20 g/t (AOX) oder TOC-Rohfracht x 0,1 (Eliminationsfaktor bei Sollelimination 90%).
3.5 Addition der Einzelsollfrachten zur Gesamtsollfracht
Die Einzelsollfrachten sind zur Gesamtsollfracht zu summieren. Die Gesamtsollfracht bezieht sich auf den Überwachungspunkt. Bei zentraler Endbehandlung ist dies in der Regel deren Ablauf.
Verfügt ein Werk über mehrere getrennte Einleitungsstellen, ist, soweit möglich, für jede Einleitungsstelle getrennt die jeweilige Gesamtsollfracht zu ermitteln.
3.6 Umrechnung auf Kurzzeitwerte (2 h; 0,5 h)
Gemäß Anhang 22 ist in der wasserrechtlichen Zulassung die Gesamtfracht je Parameter in 0,5 oder 2 Stunden zu begrenzen. Die Gesamtsollfracht ist entsprechend umzurechnen.
3.7 Berücksichtigung der zeitlichen Überlagerung von Kampagnenproduktionen
Die beschriebene Ermittlung der Gesamt-Soll-Fracht auf der Basis von (Jahres)durchschnittsmengen ist ggf. um eine Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse von Kampagnenproduktionen zu erweitern. Bei diesen wird das Produkt an wenigen Tagen oder über mehrere Wochen oder Monate (typischerweise in Mehrzweckanlagen) hergestellt. Das bedeutet, dass bei Kumulierung von Produktionen, auch bei Vergleichmäßigung des Abwassers, eine größere Fracht pro Tag eingeleitet werden kann, während bei versetzter Fahrweise kleinere Frachten anfallen können. Um diesen Umstand zu berücksichtigen, stehen insbesondere folgende Verfahrensweisen zur Auswahl (wobei mehrere Produktionsjahre betrachtet werden müssen, um die Repräsentativität der Ergebnisse zu gewährleisten):
Dies betrifft Werke, bei denen Kampagnenproduktionen den größeren Anteil an der Gesamtsollfracht haben. Tragen Kampagnenproduktionen in geringerem Maße zur Gesamtsollfracht bei, können sie durch Multiplikation der jeweiligen Einzelfrachten mit dem Perzentil-Faktor berücksichtigt werden.
4 Anforderungen an das Abwasser für die Einleitungsstelle
(Teil C)
4.1 Begrenzung von TOC und CSB im Teil C
(Teil C, Abs. 2, Nrn. 1 bis 3)
4.1.1 Grundlagen
Gemäß Teil C, Abs. 2 ist die TOC-Gesamtfracht in 0,5 oder 2 Stunden sowie die TOC-Konzentration in der qualifizierten Stichprobe oder in der 2-Stunden-Mischprobe zu begrenzen. Das allgemeine Vorgehen für die Ermittlung der zu begrenzenden Gesamtfracht über die Ermittlung von Einzelsollfrachten und Aufsummierung zu einer Gesamtjahressollfracht wird in Kapitel 3 näher erläutert. Nachfolgend werden die Hinweise hinsichtlich TOC konkretisiert.
Grundlage für die Berechnung der Sollfracht sind die Abwassermenge und TOC-Konzentration im Abwasserteilstrom am Entstehungsort. Der Entstehungsort ist der Ort, an dem das Wasser seinen Entstehungs- oder Verwendungsbereich verlässt, um als Abwasser beseitigt zu werden. Dabei können gleichartige Abwässer zusammengefasst werden (z.B. Sperrwasser von parallel betriebenen Vakuumpumpen).
In Abbildung 4 ist vereinfacht dargestellt, wie bei Kenntnis der TOC-Rohkonzentrationen der Teilströme eine Berechnung der Sollfracht und der Sollkonzentration am Ablauf der zentralen Abwasserbehandlungsanlage erfolgen kann.
Abbildung 4: Ermittlung der TOC-Gesamtsollfracht
Die Bestimmung der TOC-Konzentration im Rohabwasser am Entstehungsort kann entweder direkt durch Messung oder u. U. indirekt durch Stoffstrombilanzierung erfolgen. Die Messung soll in repräsentativen Mischproben erfolgen.
Für die Ermittlung der TOC-Einzelsollfrachten ist die Kenntnis der anfallenden TOC-Fracht am Entstehungsort erforderlich. Um den zusätzlichen Messaufwand gering zu halten und möglichst repräsentative Werte zu erhalten, wird empfohlen, die Summe der ermittelten Frachten an den Entstehungsorten mit ggf. genauer bestimmten Jahresfrachten an dezentralen, regelmäßig beprobten Sammelpunkten (z.B. Gebäudeabläufen) abzugleichen.
Für die einzelnen Entstehungsorte ist die Abwassermenge anzugeben. Wenn die Abwassermenge am Entstehungsort nicht gemessen wird, können Wassermengen in der Regel über eine Wasserbilanz ermittelt werden (zugeführte Frischwassermenge, ggf. unter Abzug der Verluste über andere Austragspfade, wie Verdunstung, Produkte, Abfälle). Auch bei Messung der Abwassermenge kann ein Abgleich mit dem Frischwasserbezug - insbesondere bei stark streuenden Werten - zu einer genaueren Bestimmung führen.
Die Stoffstrombilanzierung, wie in Abbildung 5 veranschaulicht, ist insbesondere bei komplexen Produktionsverhältnissen (Batchproduktionen) gut geeignet. Bei der Methode der einzelsynthesebezogenen In- und- Output-Bilanzierung wird für jede Synthese über sämtliche Stoffströme einer Charge bzw. eines Ansatzes bilanziert, und zwar auf der Basis der maßgeblichen Haupt- und Nebenreaktionen unter Berücksichtigung der Ausbeute bzgl. der Edukte, Produkte und Hilfsstoffe.
Abbildung 5: Stoffstrombilanzierung zur Ermittlung der TOC-Einzel-Rohfrachten
Die aus dem System ausgetragenen Einzelstofffrachten werden den verschiedenen Output-Pfaden (Zielprodukte, feste Rückstände, Abluft, Abwasser) zugeordnet. Die so für den Abwasserteilstrom bilanzierte Masse der Einzelstoffe wird jeweils in einen TOC-Wert umgerechnet und zur TOC-Gesamtrohfracht aller Abwasserteilströme aufsummiert. Anhand einer Abwasserbilanz wird dem Abwasserteilstrom sodann ein Abwasservolumen zugeordnet. Tabelle 2 zeigt ein einfaches fiktives Beispiel für diese Vorgehensweise. Mit den auf diese Weise errechneten Wert für die TOC-Rohfracht und dem zugehörigen Abwasseranfall kann der für die Sollfrachtermittlung maßgebliche TOC-Konzentrationswert errechnet werden.
Tabelle 2: Ergebnis der Stoffstrombilanzierung für ein einfaches fiktives Beispiel
Teilstrom | Inhaltsstoffe pro Tag | TOC-Rohfracht pro Tag |
Abwassermenge | ||
pro Tag |
Tage pro Jahr |
Pro Jahr | |||
Mutterlauge Synthese A | 100 kg Methanol | 42 kg | 10 m3 | 300 | 3000 m3 |
10 kg Essigsäure | 38 kg TOC 6 des Methanols und 4 kg TOC 6 der Essigsäure | ||||
Reinigungswasser Synthese A | 15 kg Methanol | 5,6 kg | 100 m3 | 20 | 2000 m3 |
4.1.2 Ermittlung der TOC-Einzel-Sollfrachten
Die Abwasserteilströme werden entsprechend ihrer maßgeblichen TOC-Konzentration am Entstehungsort einem der vier Konzentrationsbereiche ("Kategorien") nach Absatz 2, Satz 4, Nr. 1 bis 4 zugeordnet. Für die Ermittlung der teilstrombezogenen Sollfrachten gelten - jeweils auf das Jahr bezogen - folgende Rechenvorschriften:
Kategorie 1 | Für TOC > 16.000 mg/l | gilt | Volumen des Abwasserstroms multipliziert mit 800 mg/l |
Kategorie 2 | Für 250 < TOC < 16.000 mg/l | gilt | Fracht multipliziert mit 0,1 |
Kategorie 3 | Für 25 < TOC < 250 mg/l | gilt | Volumen des Abwasserstroms multipliziert mit 25 mg/l |
Kategorie 4 | Für TOC < 25 mg/l | gilt | Volumen des Abwasserstroms multipliziert mit Konzentration im Rohabwasser |
Bei Kategorie 2 wird die TOC-Sollfracht direkt aus der TOC-Rohfracht des Abwasserteilstroms ermittelt. Bei den übrigen 3 Kategorien wird sie durch Multiplikation einer definierten Konzentration mit dem Volumen des Abwasserteilstroms ermittelt.
Tabelle 3 zeigt für das in Tabelle 2 dargestellte Beispiel zur Stoffstrombilanzierung die entsprechende Ableitung der zugehörigen Einzelsollfrachten (siehe auch Abbildung 6).
Tabelle 3: Ergebnis der Einzelsollfrachtberechnung für ein fiktives Beispiel
Teilstrom | TOC-Rohkonzentration | Anforderungswert | Einzelsollfracht | ||
pro Tag | Tage pro Jahr | Pro Jahr | |||
Mutterlauge Synthese A | 4.200 mg/l | 90 % Elimination | 4,2 kg/d | 300 | 1260 kg/a |
Reinigungswasser Synthese A | 56 mg/l | 25 mg/l | 2,5 kg/d | 20 | 50 kg/a |
Anrechnung verfahrensintegrierter Maßnahmen gemäß Teil C Absatz 2 Satz 6
Teil C Absatz 2 Satz 2 bis 5 beschreibt das Verfahren für die Ermittlung der zulässigen TOC-Jahresgesamtfracht. Für deren Einhaltung ist im Regelfall eine Verminderung der TOC-Fracht im organisch belasteten Rohabwasser um insgesamt mindestens 90 % erforderlich. Dies kann im Allgemeinen durch zentrale Abwasserbehandlung, ggf. in Kombination mit gezielter Vorbehandlung erreicht werden.
Insbesondere wenn der Einleiter trotz fortschrittlicher Abwasserbehandlung und Erfüllung der allgemeinen Anforderungen nach § 3 AbwV und Teil B Absatz 1 die zulässige TOC-Jahresgesamtfracht nicht einhalten kann, besteht gemäß Teil C Absatz 2 Satz 6 die Möglichkeit, die erforderliche Reduzierung der Fracht im Rohabwasser durch Anwendung weitergehender verfahrensintegrierter Maßnahmen im Produktionsprozess zu erreichen.
Voraussetzung dafür ist eine dokumentierte Zustimmung von behördlicher Seite. Wird die zulässige TOC-Jahresgesamtfracht nach Umsetzung solcher Maßnahmen erneut berechnet, so wird gemäß Teil C Absatz 2 Satz 6 für diejenigen Abwasserströme, deren TOC-Rohfracht durch verfahrensintegrierter Maßnahmen reduziert wurde, von der ursprünglichen Wassermenge und TOC-Konzentration ausgegangen.
4.1.3 Berechnung der TOC-Gesamtsollfracht
Aus den ermittelten Jahressollfrachten der Teilströme ergibt sich die Jahresgesamtsollfracht. Dabei spielt insbesondere die genaue Erfassung der Teilströme über 16.000 mg/l eine wesentliche Rolle. Die Gesamtsollfracht bezieht sich auf die Überwachungsstelle. Bei zentraler Endbehandlung ist dies in der Regel deren Ablauf.
Verfügt ein Werk über mehrere getrennte Endbehandlungsanlagen mit getrennter Einleitung, ist für jede Einleitungsstelle die jeweilige Gesamtsollfracht getrennt zu ermitteln. Die zulässige (errechnete) Jahresgesamtsollfracht ist anschließend entsprechend in einen 0,5 oder 2 Stunden-Wert umzurechnen.
4.1.4 Einhalte-Fiktion hinsichtlich TOC-Anforderungen im Teil C
Ist davon auszugehen, dass bei Beachtung des Teils B (wassersparende Maßnahmen) im Ablauf der Abwasserendbehandlung eine TOC-Konzentration von 25 mg/l in der qualifizierten Stichprobe oder 2-Stunden Mischprobe sicher eingehalten wird, so kann von der Durchführung einer Sollfrachtberechnung abgesehen werden und ein TOC-Überwachungswert von 25 mg/l festgesetzt werden. Die zuständige Behörde kann im Rahmen der wasserrechtlichen Zulassung diese Einhalte-Fiktion ausschließen und auf der Grundlage einer Sollfrachtberechnung einen niedrigeren Überwachungswert als 25 mg/l festlegen. Dies ist insbesondere dann zu prüfen, wenn die TOC-Fracht im Wesentlichen durch einen in der abschließenden Abwasserbehandlung nicht ausreichend eliminierbaren Einzelstoff verursacht wird. Dies war z.B. der Fall bei der Herstellung von Trifluoressisäure und weiterer flurorganischer Chemikalien. Dort wurde das prozessbedingt anfallende, anorganisch belastete Abwasser zwar innerbetrieblich, aber ohne biologische Stufe gereinigt. Zeitweise wurden deutlich über 10 kg/h Trifluoracetat (TFA) in den Neckar eingeleitet (vgl. LT-DS 16/3456 vom 01.02.2018).
In Abbildung 6 ist für ein einfaches fiktives Beispiel die Aufsummierung der Einzelsollfracht und die Berechnung der Überwachungswerte dargestellt.
Abbildung 6: Ermittlung der TOC-Gesamtsollfracht
4.1.5 Begrenzung von CSB (Teil C, Abs. 2), standortspezifischer Faktor
Die Anforderung, die CSB-Konzentration zusätzlich zur TOC-Festlegung zu begrenzen, resultiert aus § 4 Abs. 1 Satz 2 AbwAG. Der Faktor 1:3 für TOC:CSB ergibt sich formal aus den im BREF CWW aufgeführten BVT-assoziierten Emissionswerten. In Einzelfällen kann ein abweichendes TOC:CSB-Verhältnis gegeben sein (Bandbreite etwa 1:2,5 bis 1:3,5). Wenn das reale Verhältnis unter 1:3 liegt, führt die Umrechnung mit Faktor 3 zu einem Überwachungswert, der über dem einzuhaltenden Wert liegt. Beträgt der reale Faktor mehr als 3, könnte die Umrechnung mit 3 zu einem Wert führen, der nicht einhaltbar ist.
Beispiel 1:
Beispiel 2:
In beiden Beispielen würde die CSB-Festlegung zu einer Festsetzung der Abwasserabgabe führen, die nicht sachgerecht wäre.
Deshalb kann gemäß Teil C, Abs. 2, Nr. 3 der einzuhaltenden CSB-Konzentrations-Wert statt als dreifacher Wert der TOC-Konzentration auch durch Umrechnung des einzuhaltenden TOC-Konzentrationswertes in einen CSB-Konzentrationswert mit einem in der Regel bekannten standortspezifischen Faktor CSB:TOC am Ablauf der letzten Abwasserbehandlungsstufe bestimmt werden.
Falls eine Ermittlung des standortspezifischen Faktors durch Messungen, z.B. bei wesentlichen Änderungen der Abwasserverhältnisse erforderlich ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass dabei
4.2 Begrenzung von Stickstoff, Phosphor, Gx
(Teil C, Abs. 3)
4.2.1 Begrenzung von Stickstoff und Phosphor
Gemäß Teil C Abs. 3 Nr. 1 ist an der Einleitungsstelle in das Gewässer bzw. im Ablauf der letzten Behandlungsstufe für den Parameter Stickstoff, gesamt, als Summe von Ammonium-, Nitrit- und Nitratstickstoff (Nges) ein Konzentrationswert von 50 mg/l im Abwasser einzuhalten. Es handelt sich um einen direkt geltenden Emissionsgrenzwert nach § 1 Absatz 2 Satz 1 der AbwV.
Kann der Wert von 50 mg/l nicht eingehalten werden, kann ein höherer Wert bis zu 75 mg/l festgelegt werden, wenn eine Verminderung der Stickstofffracht um mindesten 75 % erreicht wird. Diese Verminderung kann dezentrale Maßnahmen der Abwasserbehandlung einschließen.
Entsprechend § 6 Absatz 3 a der AbwV gilt dieser Wert auch als eingehalten, wenn der gemessene Wert des gesamten gebundenen Stickstoffs (TNb) den für Nges festgesetzten Wert nicht überschreitet. Die Ermittlung des gesamten gebundenen Stickstoffs (TNb) hat gegenüber der Ermittlung des Parameters Stickstoff, gesamt, den Vorteil, dass zusätzlich der organisch gebundene Stickstoff erfasst wird und sich der Analysenaufwand vereinfacht. Ist der gemessene Wert des TNb größer als der festgelegte Wert des Nges, so muss zum Nachweis der Einhaltung der Anforderung in jedem Fall die Bestimmung des Nges erfolgen.
Gemäß Teil C Absatz 3 Nr. 2 ist an der Einleitungsstelle in das Gewässer für den Parameter Phosphor, gesamt, ein Konzentrationswert von 2 mg/l einzuhalten. Es handelt sich um einen direkt geltenden Emissionsgrenzwert nach § 1 Absatz 2 Satz 1 der AbwV.
4.2.2 Begrenzung der Giftigkeit
Die Anforderungen gemäß Teil C Abs. 3 Nr. 3 gelten für das Gesamtabwasser nach Behandlung. Sie beziehen sich nicht auf das Rohabwasser aus einer Synthese bzw. einer einzelnen Produktionsanlage.
Die Anforderungen an die Fisch-, Daphnien-, Algengiftigkeit und Bakterienleuchthemmung gelten gleichermaßen für neue wie für vorhandene Einleitungen.
Bei der Festlegung dieser Anforderungen wurde die Giftigkeit, die auf Salzgehalte zurückgeht, nicht berücksichtigt. Der Stand der Technik umfasst nicht die Verringerung der Neutralsalzfracht. Aus diesem Grund findet die in § 6 Absatz 4 AbwV angegebene Salzkorrektur Anwendung.
Die Anforderung für das erbgutverändernde Potential (umu-Test) für bestehende Einleitungen (gemäß Teil F Absatz 2) gilt erst ab dem 24. Juni 2024.
Bei den Giftigkeiten handelt es sich um direkt geltende Emissionsgrenzwerte nach § 1 Absatz 2 Satz 1 der AbwV.
4.3 Festlegungen zu Jahresmittelwerten für TOC, abfiltrierbare Stoffe und Stickstoff
(Teil C, Abs. 4)
An der Einleitungsstelle in das Gewässer bzw. im Ablauf der letzten Behandlungsstufe sind bei Überschreiten bestimmter Jahresfrachten für die Parameter TOC, abfiltrierbare Stoffe und Stickstoff gemäß Teil C Absatz 4 Konzentrationswerte im Jahresmittel einzuhalten. Die Einhaltung der Anforderungen ist durch den Einleiter auf der Basis der Ergebnisse der Selbstüberwachung nachzuweisen. Der Mindestumfang der Selbstüberwachung ist in Teil H festgelegt. Die Berechnung der Jahresmittelwerte erfolgt dabei nach den Vorschriften des § 6 Absatz 6 AbwV. Als Jahresfrachten gelten die im Berichtsjahr tatsächlich eingeleiteten Jahresfrachten. Der Nachweis der Einhaltung der Jahresmittelwerte oder der Unterschreitung der Jahresfrachten erfolgt dabei über den Jahresbericht nach Anlage 2 Nr. 3 AbwV.
Ab einer eingeleiteten Jahresfracht von 3,3 Tonnen TOC ist im Gesamtabwasserstrom eine Konzentration von 33,0 mg/l im Jahresmittel einzuhalten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Jahresmittelwert auch bis zu 100 mg/l und mehr betragen. Die Voraussetzungen für diese möglichen Höherstufungen sind im Teil C Absatz 4 abschließend aufgeführt. Bei Inanspruchnahme sind auf der Basis entsprechender Messreihen und Bemessungsdaten im wasserrechtlichen Bescheid, ansonsten spätestens mit dem jeweiligen Jahresbericht, folgende Nachweise vorzulegen bzw. zu aktualisieren:
Falls letzteres nicht möglich ist:
Für den nach derzeitiger Kenntnis unwahrscheinlichen Fall, dass der TOC-Jahresmittelwert 100 mg/l übersteigt, ist zusätzlich anhand entsprechender Messungen nachzuweisen, dass
Für die Herstellung von Methylcellulose gilt der Jahresmittelwert für TOC nicht. Hier ist es zulässig, wenn trotz fachgerechter Dimensionierung der biologischen Abwasserbehandlung der Wert von 100 mg/l überschritten wird, ohne dass die o. g. Voraussetzungen vollständig erfüllt werden.
Der Parameter "abfiltrierbare Stoffe" (AFS) steht ausschließlich als Jahresmittelwert im Anhang 22. Ab einer eingeleiteten jährlichen Fracht von 3,5 Tonnen darf die Konzentration im Jahresmittel 35,0 mg/l nicht überschreiten. Die Begrenzung gilt nicht, wenn die Belastung aus anderen Herkunftsbereichen stammt (z.B. Anhang 31, Wasseraufbereitung).
Für den Parameter Stickstoff ist bei Überschreitung einer Jahresfracht von 2,5 t TNb bzw. 2 t Nges entweder ein Jahresmittelwert für TNb oder Nges festzulegen. Beide Jahresmittelwerte gelten allerdings nur für Abwasserbehandlungsanlagen mit biologischer Behandlungsstufe.
Weist der Einleiter nach, dass die Eliminationsrate der gesamten Abwasserbehandlung mehr als 70 % beträgt, können auch höhere Jahresmittelwerte festgelegt werden:
Die Jahresmittelwerte für TOC, abfiltrierbare Stoffe und Stickstoff sind gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 der AbwV direkt geltende Emissionsgrenzwerte.
4.4 Festlegungen zu Jahresmittelwerten für AOX und ausgewählte Schwermetalle
(Teil C, Abs. 5)
An der Einleitungsstelle in das Gewässer bzw. im Ablauf der letzten Behandlungsstufe sind bei Überschreiten bestimmter Jahresfrachten für die Parameter AOX und ausgewählte Schwermetalle gemäß Teil C Absatz 5 Konzentrationswerte im Jahresmittel einzuhalten. Die Einhaltung der Anforderungen ist durch den Einleiter auf der Basis der Ergebnisse der Selbstüberwachung nachzuweisen. Der Mindestumfang der Selbstüberwachung ist in Teil H festgelegt. Die Berechnung der Jahresmittelwerte erfolgt dabei nach den Vorschriften des § 6 Absatz 6. Als Jahresfrachten gelten die im Berichtsjahr tatsächlich eingeleiteten Frachten. Der Nachweis der Einhaltung der Jahresmittelwerte oder der Unterschreitung der Jahresfrachten erfolgt dabei über den Jahresbericht nach Anlage 2 Nr. 3 AbwV.
Die Jahresmittelwerte für AOX und die Schwermetalle Chrom, gesamt, Kupfer, Nickel und Zink sind gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 der AbwV direkt geltende Emissionsgrenzwerte.
5 Anforderungen an das Abwasser vor Vermischung
(Teil D)
5.1 Begrenzung des AOX
(Teil D, Abs. 2)
Erläuterung der Frachtbilanzierung
Gemäß Teil D, Abs. 2 ist die AOX-Gesamtfracht in 0,5 oder 2 Stunden sowie die AOX-Konzentration in der qualifizierten Stichprobe oder in der 2-Stunden-Mischprobe zu begrenzen. Das allgemeine Vorgehen für die Ermittlung der zu begrenzenden Gesamtfracht über die Ermittlung von Einzelsollfrachten und Aufsummierung zu einer Gesamtjahressollfracht wird in Kapitel 3 erläutert.
Zur Berechnung der Einzelsollfrachten sind zunächst die spezifischen unter Abs. 2 Satz 4, Nrn. 1 bis 7 für bestimmte Herstellungsbereiche aufgeführten AOX-Werte zugrunde zu legen - vgl. Zeilen 1 und 2 der Tabelle 4.
Dabei können die Anforderungen der Nrn. 3 und 4 (Herstellung von organischen Farbstoffen und pharmazeutischen Wirkstoffen) nur für Abwasser aus der Herstellung von AOX-relevanten Stoffen zugrunde gelegt werden, das heißt, soweit dort halogenhaltige Stoffe bei der Synthese bzw. der jeweiligen Synthesestufe umgesetzt oder hergestellt werden oder halogenorganische Nebenprodukte entstehen. Die Anforderung gilt für Prozessabwasser aus AOX-relevante Synthesestufen und für Abwasserströme aus nicht AOX-relevanten Synthesestufen mit AOX-Belastungen über 1 mg/l, die aus vorangegangenen AOX-relevanten Synthesestufen stammen ("Verschleppungen"). Bei Nr. 3 sind die aromatischen Zwischenprodukte unabhängig davon einzubeziehen, ob diese verkauft oder werksintern verarbeitet werden.
Beträgt die AOX-Konzentration am Ort des Entstehens weniger als 1 mg/l, können die Anforderungen nach Nr. 3 und 4 nicht zu Grunde gelegt werden, wenn die Abwasserströme aus
stammen. Es gilt dann Nr. 8.
Der Einsatz von Halogenkohlenwasserstoffen als Löse- oder Extraktionsmittel reicht allein für die Anwendung der Nr. 4 nicht aus. In diesen Fällen gelten für das Abwasser die Anforderungen der Nummern 8 und/oder 9.
Tabelle 4: Berechnung der AOX-Gesamtsollfracht (Beispiel)
Betriebsart, Nr. gemäß Teil D, Abs. 2 Satz 4 | Bemerkungen/ Anforderungen | AOX Ist-Wert | Wassermenge | Produktionskapazität | Einzelsollfracht bei 1 mg/l | Einzelsollfracht bei 20 g/t Produkt | Einzelsollfracht Sonderregelung | Anzurechnende Sollfracht |
mg/l | m3/a | t/a |
kg/a | kg/a | kg/a | kg/a | ||
1 Herstellung Nr. 3 | 8 mg/l |
30 |
200.000 |
5.000 |
- |
- |
1.600 |
1.600 |
2 Herstellung Nr. 5 | 10 g/t |
2 |
6.600 |
50.000 |
- |
- |
500 |
500 |
3 Herstellung Nr. 9 | 1 mg/l oder 20 g/t |
20 |
176.000 |
22.000 |
176 |
440 |
- |
440 |
4 Herstellung Nr. 9 | 1 mg/l oder 20 g/t |
15 |
176.000 |
4.400 |
176 |
88 |
- |
176 |
5 Anwendung Nr. 9 | 1 mg/l |
3 |
110.000 |
- |
110 |
- |
- |
110 |
6 Herstellung Nr. 9 | 1 mg/l oder 20 g/t |
70 |
4.000 |
nicht definierbar |
4 |
- |
- |
4 |
7 Herstellung Nr. 9 | gezielte Maßnahme: 1 mg/l oder 20 g/t |
0,5 |
220.000 |
13.200 |
220 |
264 |
- |
264 |
8 Herstellung Nr. 8 | keine gezielte Maßnahme: 0,3 mg/l |
0,2 |
100.000 |
15.400 |
- |
- |
30 |
30 |
9 Herstellung | Abwasserfrei |
- |
0 |
22.000 |
- |
440 |
- |
- |
Anhang 31 | Kühlwasser 0,15mg/l |
0,12 |
220.000 |
- |
- |
- |
33 |
33 |
Anhang 36 | 0,1 mg/l |
0,2 |
242.000 |
- |
- |
- |
24 |
24 |
S U M M E |
1.454.600 |
3.181 | ||||||
Die zulässige Jahresgesamtfracht beträgt 3.181 kg/a AOX. |
Für Abwasserströme, die unter Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 bis 8 nicht geregelt sind, sind gemäß Nr. 9 die zur Berechnung der Einzelsollfracht zugrunde zu legenden AOX-Werte 1 mg/l oder 20 g AOX/t.
Abs. 2 Satz 4 Nr. 9 stellt die beiden Berechnungsmöglichkeiten (1 mg/l x Wassermenge oder 20 g/t x Produktionskapazität Zielprodukt) gleichberechtigt nebeneinander - vgl. Zeile 3 und 4 der Abbildung. Die Sollfrachtberechnung über die Produktionskapazität führt in der Regel zu einer höheren zulässigen Fracht. Die produktionsspezifische Fracht darf jedoch nur bei Herstellung und Weiterverarbeitung angewendet werden, bei der Anwendung von halogenorganischen Verbindungen, z.B. als Lösemittel, darf sie nicht in Ansatz gebracht werden - vgl. Zeile 5 der Tabelle 4.
Die Anwendung des Konzentrationswertes (1 mg/l) kommt insbesondere dann in Frage, wenn eine eindeutige Zuordnung zu einer Produktion bzw. einem Zielprodukt nicht möglich ist - vgl. Zeile 6 der Tabelle 4.
Nach den Vorgaben der Nr. 9 können Abwasserströme mit AOX-Konzentrationen unterhalb 1 mg/l dann berücksichtigt werden, wenn diese Konzentrationen durch gezielte Maßnahmen erreicht werden - vgl. Zeile 7 der Tabelle 4.
Bei Konzentrationen, die in der Regel den Wert von 1 mg/l unterschreiten, ohne dass diese Konzentration durch gezielte Maßnahmen erreicht wird, ist gemäß Nr. 8 ein Wert von 0,3 mg/l zugrunde zu legen, wenn eine Konzentration von 0,1 mg/l überschritten wird. Dabei ist es unerheblich, ob die AOX-Belastung aus der Herstellung, Weiterverarbeitung oder Anwendung von Stoffen stammt, vgl. Zeile 8 der Tabelle 4.
Durch Aufsummierung der ermittelten Einzelsollfrachten erhält man die zulässige Gesamtsollfracht. Abwasserfreie Produktionen können dabei nicht berücksichtigt werden - vgl. Zeile 9 der Tabelle 4.
Die Ausführungen im Kapitel 3 zur Ermittlung der Einzelsollfrachten und zur Gesamtsollfrachtermittlung sind entsprechend zu beachten.
Gemäß Abs. 2 gelten die Anforderungen an den AOX nicht für jodorganische Stoffe im Abwasser aus der Herstellung und Abfüllung von Röntgenkontrastmitteln. Es sind hierfür also weder die Anforderungen nach Abs. 2 Satz 4 Nr. 9 noch nach Abs. 2 Satz 4 Nr. 4 zugrunde zu legen. Vielmehr müssen die Anforderungen gemäß Stand der Technik im Einzelfall festgestellt werden.
Die einzigen Änderungen im Vergleich zum bisherigen Anhang 22 sind die Streichung der Anforderung für die einstufige Acetaldehyd-Synthese und die Streichung der Ausnahmeregelung für bestehende Einleitungen aus der PVC-Produktion in Teil F.
5.1.1 Anforderungen gemäß Anhang 48 Teil 10
Anhang 48 dient im Wesentlichen der Umsetzung von EG-Richtlinien. Sein Teil 10 setzt Anforderungen für bestimmte halogenorganische Verbindungen um.
Gemäß Abs. 2 von Teil D des Anhangs 22 gelten die Anforderungen des Anhangs 48 Teil 10 als eingehalten, wenn die nach der beschriebenen Verfahrensweise ermittelten Anforderungen an den AOX und die allgemeinen Anforderungen nach Teil B des Anhangs 22 eingehalten werden.
5.2 Begrenzung von Schwermetallen
(Teil D, Abs. 3)
Gemäß Teil D, Abs. 3 ist für bestimmte Schwermetalle die Gesamtfracht in 0,5 oder 2 Stunden sowie die Konzentration in der qualifizierten Stichprobe oder in der 2-Stunden-Mischprobe zu begrenzen. Dies bezieht sich auf den Gesamtgehalt an gebundenem und (praktisch wenig relevant) elementarem Schwermetall in gelöster und fester Form. Begrenzt werden die Schwermetalle Quecksilber, Cadmium, Kupfer, Nickel, Blei, Chrom, Zink und Zinn.
Das allgemeine Vorgehen für die Ermittlung der zu begrenzenden Gesamtfracht über die Ermittlung von Einzelsollfrachten und Aufsummierung zu einer Gesamtjahressollfracht wird in Kapitel 3 erläutert.
Zur Berechnung der Einzelsollfrachten sind die in Teil D, Abs. 3 genannten Konzentrationswerte mit der jeweiligen Abwassermenge zu multiplizieren. Soweit das Abwasser aus der Herstellung, Weiterverarbeitung und Anwendung dieser Schwermetalle resultiert, sind die Werte der Spalte I zugrunde zu legen.
Durch die Spalte mit den Konzentrationswerten II werden Belastungen über der Bestimmungsgrenze berücksichtigt, die nicht aus Herstellung, Weiterverarbeitung und Anwendung stammen und im Allgemeinen einer gezielten Behandlung nicht zugänglich sind. Die belasteten Abwasserströme sind, soweit ihre Belastungen unterhalb des Konzentrationswertes I liegen, mit dem Konzentrationswert II einzurechnen.
Bei der Sollfrachtermittlung ist von einer realistischen Höchstauslastung auszugehen. Zur Festlegung des Überwachungskonzentrationswertes wird die Gesamtsollfracht durch die korrespondierende Gesamtabwassermenge dividiert.
Vereinfachend kann es im Einzelfall genügen, aus dem Kataster die Teilströme mit Konzentrationswerten über denen der Spalte II gesondert zu erfassen und die restlichen, sehr gering belasteten Teilströme nicht in Betracht zu ziehen, wenn diese Ströme nur marginal zur Gesamtfracht beitragen.
5.3 Begrenzung des TOC gemäß Teil D
(Teil D, Abs. 4)
Ein Abwasserstrom darf bei Überschreiten aller u. g. Schwellenwerte mit einem anderen Abwasserstrom aus dem Anwendungsbereich dieses Anhangs nur zusammengeführt werden oder mit anderem Abwasser vermischt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die für den Ort des Entstehens (Schnittstelle zwischen Produktionsprozess und Abwassersystem) ermittelte TOC-Fracht dieses Abwasserstromes bei der nachfolgenden Behandlung um mindestens 80 % vermindert wird.
Wenn die aus dem betroffenen Abwasserstrom in das Gewässer eingeleitete TOC-Restfracht höchstens 20 kg/d bzw. 300 kg/a oder 1 kg/t der Produktionskapazität beträgt, ist
der Nachweis nicht erforderlich. Damit wird ein Anreiz ausgeübt, durch verfahrensintegrierte Maßnahmen mindestens eine der Auslöseschwellen zu unterschreiten.
Der Nachweis der Frachtverringerung ist für Abwasserbehandlungsanlagen durch die Bestimmung des TOC-Eliminierungsgrades dieser Anlagen und für aerobe biologische Abwasserbehandlungsanlagen durch das Ergebnis einer Untersuchung nach Nummer 407 der Anlage 1 zur Abwasserverordnung zu erbringen.
Die Anzahl der für die Bestimmung des TOC-Eliminierungsgrades und der TOC-Restfrachten erforderlichen Messungen richtet sich nach der erforderlichen Reproduzierbarkeit der Ergebnisse für die Entscheidung, ob die geforderte Eliminationsleistung erreicht wird und die Schwellenwerte überschritten werden
Zur Erreichung der 80 %igen TOC-Verminderung sind die jeweils erreichten Frachtminderungen in physikalisch-chemischen und biologischen Abwasserbehandlungsanlagen additiv zu berücksichtigen - also die Summe aller Abwasserbehandlungsstufen. Hierbei können verfahrensintegrierte Maßnahmen nicht angerechnet werden.
Der geforderte Nachweis bedeutet nicht, dass diese Eliminationsrate durch regelmäßige Überwachung bestätigt werden muss.
Bei Mehrzweckanlagen sind die Nachweise für die verschiedenen Synthesen grundsätzlich separat zu erbringen. Bei Synthesen, die bezüglich der Fracht und Eigenschaften des TOC ähnliches Abwasser erzeugen, können diese Synthesen mit Zustimmung der zuständigen Behörde aggregiert betrachtet werden.
Die Begrenzung des TOC gilt ohne Einschränkung, d. h. nicht begrenzt auf neue Einleitungen. Ausnahmen sind in Teil F Abs. 3 geregelt.
6 Anforderungen an das Abwasser für den Ort des Anfalls
(Teil E)
Nach Teil E Abs. 1 gilt die Anforderung für Chrom VI für den Ort des Anfalls. Damit ist Chrom VI keiner Kompensationsbetrachtung zugänglich.
7 Anforderungen für vorhandene Einleitungen und Anlagen
(Teil F)
7.1 Abwassertrennung
(Teil F, Abs.1)
Gemäß Teil B Absatz 2 ist nicht behandlungsbedürftiges Abwasser getrennt von behandlungsbedürftigem Abwasser abzuleiten (siehe Kapitel 2.3).
Bei vorhandenen Entwässerungssystemen kann die zuständige Behörde gemäß Teil F Absatz 1 zustimmen, dass über die Anlagen zur Ableitung von behandlungsbedürftigem Abwasser auch nicht behandlungsbedürftiges Abwasser abgeleitet werden kann. Dadurch können unverhältnismäßige Kosten, die sich aufgrund bestehender baulicher Gegebenheiten für Entflechtungen von gemeinsamen Ableitungen im Einzelfall ergeben könnten, vermieden werden. Kleinsteinleitungen können vernachlässigt werden, da sie nicht zu einer verminderten Reinigungseffizienz der Abwasserbehandlung führen.
Nicht durch diese Ausnahmeregelung abgedeckt sind vorhandene Einleitungen von behandlungsbedürftigem Abwasser, die ohne adäquate Behandlung über Anlagen zur Ableitung von nicht behandlungsbedürftigem Abwasser erfolgen. Dabei handelt es sich insbesondere um Fehlanschlüsse von Prozessabwasserteilströmen an Regenwasser- oder Kühlwassereinleitungen. Diese sind in jedem Fall zu beseitigen.
7.2 Anforderungen für das erbgutverändernde Potenzial (umu-Test)
(Teil F, Abs. 2)
Die Anforderungen für das erbgutverändernde Potenzial (umu-Test) nach Teil C Absatz 3 Nr. 3 sind bei Einleitungen aus Anlagen, die bereits vor dem 1. Januar 1999 rechtmäßig in Betrieb waren oder mit deren Bau zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig begonnen worden war, spätestens am 24.06.2024 einzuhalten. Bei Einleitungen aus Anlagen, die diese Bedingung nicht erfüllen, gilt die Anforderung ab dem 16.06.2020 (Inkrafttreten dieser Verordnung).
7.3 Ausnahmen von den Anforderungen nach Teil D Abs. 4
Gemäß Teil D Absatz 4 darf ein Abwasserstrom mit einem anderen Abwasserstrom aus dem Anwendungsbereich des Anhangs 22 nur dann zusammengeführt oder mit anderem Abwasser vermischt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die für den Ort des Entstehens ermittelte TOC-Fracht dieses Abwasserstromes bei der nachfolgenden Behandlung um mindestens 80 % vermindert wird (siehe Kapitel 5.3).
Von dieser Anforderung sind Abwasserströme ausgenommen, für die plausibel nachgewiesen wird, dass ihre TOC-Restfracht bei Einleitung in ein Gewässer mindestens einen der folgenden Schwellenwerte nicht überschreitet:
Für Abwasserströme, die alle drei Schwellenwerte überschreiten, gilt die Anforderung nur dann nicht, wenn jede der folgenden drei Voraussetzungen erfüllt wird:
8 Betreiberpflichten (Teil H)
Teil H enthält (als Umsetzung von BVT) Anforderungen an die Selbstüberwachung der Einleitungsstelle bzw. an den Ablauf der Endbehandlung bei Direkteinleitungen. Die Anforderungen gelten unabhängig davon, ob der betreffende Parameter in Teil C begrenzt wird. Sie richten sich gemäß § 1 Abs. 2 AbwV unmittelbar an den Einleiter, d. h., sie gelten als im Bescheid umgesetzt. Dies betrifft die Parameter
Die Messungen sind grundsätzlich in der durchflussproportionalen 24-Stunden-Mischprobe durchzuführen. Dabei wird über 24 Stunden in festen Zeitabständen jeweils eine Teilprobe entnommen, deren Volumen sich proportional zum Volumenstrom zwischen den Probenahme-Zeitpunkten verhält. Diese Teilproben werden zu einer Mischprobe vereinigt. Auf diese Weise erhält man bei schwankenden Abwasserverhältnissen eine repräsentativere Probe für die Bestimmung der mittleren Konzentrationen und Frachten, als bei einer zeitproportionalen Probenahme, bei der für die Teilproben in festen Zeitabständen ein konstantes Volumen entnommen wird.
Von den vorgenannten Anforderungen kann die zuständige Behörde Abweichungen wie folgt zulassen:
Die landesrechtlichen Vorschriften für die Selbstüberwachung sowie ggf. zusätzliche Regelungen in der wasserrechtlichen Erlaubnis, z.B. zur näheren Festlegung der Probenahmetage, bleiben durch die Anforderungen des Teil H unberührt.
Die geforderte Selbstüberwachung dient gemäß Teil H Abs. 2 auch dem Zweck, die Einhaltung der in Teil C festgelegten Jahresmittelwerte nachzuweisen. Der Nachweis erfolgt für das abgelaufene Kalenderjahr, zweckmäßigerweise als Teil des in Teil H Abs. 3 geforderten Jahresberichtes. Bei freiwilligen zusätzlichen Messungen über die geforderte Häufigkeit hinaus sind auch deren Ergebnisse für den Nachweis in der in § 6 Abs. 6 AbwV festgelegten
Weise einzubeziehen. Die zusätzlichen Messungen müssen berücksichtigt werden, sofern sie mit den gleichen Verfahren bzgl. Probenahme und Analytik durchgeführt worden sind.
Im Übrigen beinhaltet der Jahresbericht nach Teil H Abs. 3 gemäß Anlage 2 Nr. 3 AbwV insbesondere Angaben zum Abwasseranfall und Wasserverbrauch, zu besonderen Betriebsbedingungen und zur Umsetzung der allgemeinen Anforderungen.
9 Hinweise zur Fortschreibung
Mit der Neufassung der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) wurden die europäischen Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT-Schlussfolgerungen) in den Rang von Festlegungsausführungen für Genehmigungsauflagen erhoben. Mit dem Durchführungsbeschluss 2016/902 der Kommission wurden BVT-Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken für die Abwasser-/Abgasbehandlung und Abwasser-/Abgasmanagementsysteme in der chemischen Industrie veröffentlicht, die in nationales Recht umzusetzen waren. Dies bedingt eine Neufassung des Anhangs 22 der Abwasserverordnung.
Da es im Bereich der Chemischen Industrie verschiedene sektorale BVT-Merkblätter gibt, die schrittweise als Durchführungsbeschlüsse erarbeitet und veröffentlicht werden, ist mit einer stetigen Anpassung des Anhanges 22 der AbwV zu rechnen, die dann eine weitere Überarbeitung des Hintergrundpapieres erforderlich machen können.
10 Literatur
[1] Bundesrat Drucksache 161/20, Zehnte Verordnung zur Änderung der Abwasserverordnung, 01.04.2020
https://www.bundesrat.de/drs.html?id=161-20
[2] Thomas Brinkmann, Germán Giner Santonja, Hande Yükseler, Serge Roudier, Luis Delgado Sancho; Best Available Techniques (BAT) Reference Document for Common Waste Water and Waste Gas Treatment/Management Systems in the Chemical Sector; EUR 28112 EN; doi:10.2791/37535;
https://eippcb.jrc.ec.europa.eu/sites/default/files/2019-11/CWW Bref 2016 published.pdf
[3] BVT-Schlussfolgerungen CWW; Durchführungsbeschluss (EU) 2016/902 der Kommission vom 30. Mai 2016 zur Festlegung der Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates für eine einheitliche Abwasser-/Abgasbehandlung und einheitliche Abwasser-/Abgasmanagementsysteme in der Chemiebranche;
https://eur-lex.europa.eu/legal-con-tent/DE/TXT/?qid=1579188127132&uri=CELEX%3A32016D0902
[4] Ullmann's Encyclopedia of industrial chemistry, 7. Auflage, VCH-Verlagsgesellschaft mbH, 2011, Weinheim.
[5] Winnacker-Küchler, Chemische Technologie, 5. Auflage, Carl Hanser Verlag München 2006.
[6] Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe IG-2.35 "Abwasser aus biotechnologischen Produktionsverfahren" - Teil 1, Korrespondenz Abwasser, Abfall 2020 (67), Nr. 6, S. 451ff.
[7] Chemiewirtschaft in Zahlen 2020, VCI, August 2020.
[8] Kaltenmeier, D., Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik in chemischen Großbetrieben, Korrespondenz Abwasser (1990), Nr. 5, S. 534 - 541.
[9] Kaltenmeier, D., Umsetzung der Abwasserverwaltungsvorschriften im Bereich der Chemieindustrie, Korrespondenz Abwasser (1991), S. 1192 - 1198.
[10] Führer W., Weikard, J., Schaffner, H., Überlegungen zur Ableitung von Überwachungswerten für den Zwei- bzw. Halbstundenzeitraum aus Abwasserkatastererhebungen auf Jahresdurchschnittsbasis, Korrespondenz Abwasser (1994), Nr. 9, S. 1606 - 1610.
[11] Falcke, H., Berücksichtigung der Produktionsauslastung und Vergleichmäßigung bei der Sollfrachtermittlung bei chemischen Werken, Korrespondenz Abwasser (1996), Nr. 6, S. 1077 - 1088.
[12] Gartiser, S., Bestimmung der Mineralisierung und DOC-Elimination von Abwasserproben im Zahn-Wellens-Test., gwf-Wasser/Abwasser (2009), S. 700 - 710.
[13] Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 16/3456 vom 01.02.2018.
11 Erarbeitung der Grundlagen
Die Grundlagen für den Anhang 22 wurden in der Zeit von April 2013 bis Juli 2018 und daran anschließend die Grundlagen für das vorliegende Hintergrundpapier in einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Herrn Ltd. Technischer Direktor Dr. Dieter Kaltenmeier (Regierungspräsidium Freiburg) erarbeitet. Mitglieder der Arbeitsgruppe waren:
Frau Dr. Kornelia Becker, | Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Neustadt a. d. Weinstraße |
Frau Birgit Brahner, | ehemals Umweltbundesamt, Dessau-Rosslau |
Herr Dr. Heino Falcke, | Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Duisburg |
Herr Dr. Jose Fernandez, | Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Duisburg |
Frau Dr. Angela Kordts, | Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) |
Frau Anna Koska, | Umweltbundesamt, Dessau-Rosslau |
Herr Christoph Kühmichel, | Regierungspräsidium Darmstadt, Umweltabteilung Wiesbaden |
Herr Dr. Kurt Müller, | Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, München |
Frau Dr. Kristin Schaefer, | Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz |
Maßnahmen zur Vorbehandlung von Abwasserteilströmen | Anlage |
Präambel:
Im Folgenden werden beispielhaft Techniken zur Behandlung besonders belasteter Abwasserteilströme vorgestellt - ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Beschrieben werden verfahrensintegrierte und nachgeschaltete Maßnahmen zur Reduzierung von möglichen stofflichen Gewässerbelastungen, die im Bereich der chemischen Industrie eingesetzt wurden bzw. heute noch betrieben werden. Welche Techniken im Einzelfall zu einer verfahrenstechnisch möglichen und verhältnismäßigen Lösung führen, hängt wesentlich von den jeweiligen Rahmenbedingungen, wie Zusammensetzung des individuellen Abwasserstromes, der vorhandenen Infrastruktur am Standort sowie Wechselwirkung mit den installierten Anlagen, ab.
Inhaltsverzeichnis
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1. Biologische Vorbehandlung
Eine aerobe biologische Vorbehandlung von höher konzentrierten gut abbaubaren Teilströmen kann sinnvoller sein als die gemeinsame Behandlung im Mischabwasser. Dies wird z.B. bei pharmazeutischen Betrieben praktiziert.
Die aerobe biologische Vorbehandlung von Abwasserteilströmen mit selektierten Mikroorganismen wird in der Literatur zwar häufig beschrieben, in der Praxis eher selten eingesetzt. Hauptursache dafür ist, dass es sich beim Abwasser aus der chemischen Produktion, auch im Teilstrom am Ort des Anfalls, um komplexe Mischsubstrate handelt, die zu einer Verdrängung der hochspezialisierten Mikroorganismen führen.
Die anaerobe biologische Vorbehandlung hat sich in einigen Spezialfällen als vorteilhaft erwiesen. In anderen Fällen wurde die anaerobe Behandlung in die zentrale biologische Kläranlage integriert - vgl. Kap. 1.8.2 des HGP.
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Verfahren:
Vgl. Kap 1.8.2 des HGP.
2. Fällung, Flockung, Feststoffabtrennung
Die Verfahren der Fällung und Flockung sind mit die ältesten Abwasserbehandlungsmaßnahmen zur Abtrennung vorwiegend anorganischer Stoffe. Insbesondere ist die Kombination von Fällung, Flockung und Abtrennung durch Sedimentation, Flotation oder Filtration eine bewährte Methode zur Elimination von Schwermetallen aus dem Abwasser. Dabei sind Metallrestkonzentrationen von deutlich unter 0,5 mg/l erreichbar.
Diese Verfahrenskombination wird auch eingesetzt um gezielt dezentral organische Stoffe zu entfernen. Mittels Flockung können höhermolekulare Verbindungen, Kolloide, Emulsionen, Farbstoffe oder pathogene Keime aus der wässrigen Phase entfernt werden.
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Fällungs-/Flockungsmittel | Eliminierte Stoffe | Einsatz-pH-Wert |
Aluminiumsulfat
Aluminiumchlorid Polyaluminiumchlorid | Phosphate, Schwermetalle, organische und anorganische Schwebstoffen | 4,5 - 8
5,5 - 8 |
Natriumaluminat | Schwermetalle | 6 - 9 |
Eisen-III-Sulfat
Eisenchlorid Eisenchloridsulfat | Phosphate, Schwermetalle, organische und anorganische Schwestoffe, Sulfid | 6 - 9 |
Eisen-II-Sulfat | Schwermetalle, Phosphate, Cyanid, Sulfid, Farbe | > 10 |
Calciumhydroxid (Kalkmilch) | Phosphate, Sulfat (Gipsfällung), Schwermetalle | 8,3 - 10,5 |
Calciumaluminat | Sulfat (Gips- und Ettringitfällung), Schwermetalle | > 13 |
Polysulfid | Schwermetalle | < 7 |
Verfahren:
Durch die Fällungsreaktion werden gelöste Stoffe in ungelöste übergeführt, gelöste Inhaltsstoffe gemäß dem bei der Reaktion resultierenden Löslichkeitsprodukt abgeschieden. Zum Fällen von Schwermetallen wird das Rohabwasser durch Zugabe von z.B. NaOH alkalisch gestellt.
In einem zweiten Verfahrensschritt werden die Flockungshilfsmittel zugegeben, um die gefällten Verbindungen, z.B. Metallhydroxyde, zu agglomerieren. Bei der Flockung wird zunächst die Oberflächenladung von feindispersen Stoffen destabilisiert. Daran schließt sich die Koagulation an, die über eine Mikro- zur Makroflockenbildung führt.
Bei der Kolloidfällung steigt die Effektivität mit höherer Wertigkeit der zugegebenen Metallkationen, weshalb meist die dreiwertigen Eisen- oder Aluminiumsalze Verwendung finden.
Die Abtrennung kann über Sedimentation, Flotation oder Filtration erfolgen. Die effektive Abtrennung von Mikroflocken ist in gewissen Fällen erforderlich und kann z.B. durch Tuchfilter, Sandfilter oder Kammerfilterpressen erreicht werden. Durch Teilrückführung der Fällungsprodukte kann eine bessere Flockenstruktur und optimale Ausnutzung der Reagenzien (Kontaktschlammverfahren) erzielt werden.
Die entstehenden Schlämme können in der Regel nicht intern aufgearbeitet werden und müssen extern entsorgt werden.
Voraussetzungen:
In der Abwassermatrix vorhandene Komplexbildner stören bzw. verhindern Fällungsreaktionen. Die Voraussetzung für eine wirkungsvolle Flockung ist eine möglichst rasche gleichmäßige Verteilung der zugesetzten Hilfsstoffe (SiO2, Stärke, Alginate, Acrylsäurederivate, Polyacrylamid, Acrylamid-Copolymere).
Zur Sicherstellung der optimalen Fällungs-/ Flockungsbedingungen ist deshalb ggf. eine Leichtstoffabscheidung, Komplexzerstörung bzw. generell eine gezielte Entfernung von Stoffen, welche die Reaktion oder eine anschließende Feststoffabtrennung stören, erforderlich.
3. Chemische Oxidation, Nassoxidation
Um biologisch schwer abbaubare Stoffe im Abwasser der chemischen Industrie rascher und gezielter als in der biologischen Kläranlage zu zerstören, wird die bei der biologischen Reinigung durch Luft und Mikroorganismen bewirkte Oxidation mit chemischen bzw. physikalischen Mitteln ersetzt. Geschieht dies bei Temperaturen unterhalb des Siedepunktes des Wassers, so spricht man von Nassoxidation (Abgrenzung gegenüber Abwasserverbrennung). Im Bereich der Abwasserbehandlung hinreichend bekannt sind die drucklosen chemischen Nassoxidationsverfahren bei Normaltemperatur mit oxidierenden Chemikalien wie Chlor, H2O2 bzw. H2O2/Eisensalzen (Fenton's Reagenz) sowie mit Ozon. Soll (Luft)Sauerstoff als Oxidationsmittel eingesetzt werden, so sind erhöhte Temperaturen und ggf. erhöhter Druck (um den Siedepunkt des Wassers zu erhöhen) erforderlich. Je nach Druckbereich unterscheidet man Nieder- und Hochdrucknassoxidation.
Ein besonders relevantes Problem ist, dass - wegen des Verlaufs der Reaktion zu einem beträchtlichen Teil über hochaktive Radikale - bei hohen Halogenidgehalten neben der Zerstörung unter Umständen auch halogenorganische Verbindungen neu gebildet werden, so dass ggf. nur eine unterproportionale Verminderung des AOX (verglichen mit TOC) stattfindet. Wegen der Bildung gefährlicher persistenter Verbindungen bei sehr hohen Chlorid- oder AOX-Gehalten werden deshalb in der Regel entsprechende Feststoffe abgetrennt und getrennt entsorgt.
3.1 Drucklose Oxidation mit Ozon oder Wasserstoffperoxid (Fenton's Reagenz)
Ziel der Verfahren der drucklosen Oxidation ist in der Regel, bestimmte schwer abbaubare Abwasserinhaltsstoffe, die z.B. für den schwer abbaubaren TOC und/ oder AOX verantwortlich sind, möglichst selektiv zu spalten und dadurch besser abbaubar zu
machen. Diese Teiloxidation der schwer abbaubaren Inhaltsstoffe ist zweckmäßig, da der Abbau besser eliminierbarer C-Verbindungen kostengünstiger in der nachgeschalteten biologischen Reinigungsstufe erfolgt. Ggf. müssen gut biologisch abbaubare Stoffe vor der Durchführung einer chemischen Oxidation durch biologische Vorbehandlung entfernt werden (vgl. Beispiel zu Nr. 1).
Die drucklosen Nassoxidationsverfahren bewirken keine Problemverlagerungen auf den Abfall- oder Abluftpfad, bedeuten daher eine echte Schadstoffsenke. Durch Einstellung des pH-Wertes kann es zu einer Aufsalzung kommen. Der Einsatz von Fenton's Reagenz führt zu zusätzlichem Schlammanfall.
Einsatzbereiche/Beispiele:
Die Verfahren zur drucklosen Nassoxidation werden eingesetzt zur
Der Durchsatz der Behandlungsanlagen reicht von 0,5 m3/h bis 100 m3/h.
Verfahren:
Bei der drucklosen Nassoxidation wird das Rohabwasser mit einem Oxidationsmittel, überwiegend Wasserstoffperoxid oder Ozon, versetzt und ggf. zur Bildung von OH-Radikalen mit UV-Licht bestimmter Wellenlänge bestrahlt. Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem Verfahrensziel.
Folgende Varianten kommen zum Einsatz:
Vorgeschaltet ist eine Einstellung des optimalen pH-Wertes, Leichtstoffabscheidung und Feststoffabtrennung zum Schutz der Oxidationsstufe notwendig.
Nachbehandlungsstufen sind Ozonvernichtung oder Elimination von überschüssigem Wasserstoffperoxid (Aktivkohlefilter). Das in seiner Abbaubarkeit verbesserte Abwasser wird der biologischen Kläranlage zugeführt.
Voraussetzungen:
Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist eine geringe Carbonat-Konzentration (Radikalfänger).
3.2 Niederdrucknassoxidation mittels Sauerstoff
Die Niederdrucknassoxidation mittels Sauerstoff wird zum einen eingesetzt bei der Behandlung stark anorganisch belasteter Abwasserströme. Dabei werden die anorganischen Stoffe abgebaut wie folgt:
Zum anderen können organische Stoffe, insbesondere aromatische Verbindungen zu 60 - 90 % (TOC bzw. AOX) zu den bei der Hochdrucknassoxidation genannten Substanzen mineralisiert werden. Für den Rest-TOC wird gleichzeitig in der Regel eine Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit (Erhöhung des BSB/CSB-Verhältnisses) beobachtet.
Das Verfahren kommt sowohl zur Abwasserbehandlung als auch als verfahrensintegrierte Maßnahme zur Anwendung.
Einsatzbereiche/Beispiele:
Oxidation von anorganischen Stoffen:
Oxidation von organischen, insbesondere aromatischen Stoffen:
Als verfahrensintegrierte Maßnahme:
Verfahren:
In ein- oder mehrstufigen Blasensäulenkolonnen werden mittels Sauerstoff bei Temperaturen von 50 bis 200°C, einem Druckbereich von 4 bis 20 bar und bei Verweilzeiten von 0,5 bis 3 Stunden organische und anorganische Abwasserinhaltsstoffe exotherm oxidiert. Unter Umständen erfolgt eine homogene Katalyse. Als Auskleidung kommen bis ca. 160°C Teflon oder Email in Frage, bei höheren Temperaturen oder höheren Fluoridkonzentrationen Titan oder Titanlegierungen.
Im Vorfeld ist eine Sammlung und Vergleichmäßigung der Abwässer und Abtrennung von Fluorid erforderlich.
Je nach Abwasserzusammensetzung fallen unterschiedliche Mengen an Abgasen an, die als Hauptbestandteil z.B. Kohlenmonoxid (CO) enthalten können. Diese sind in der Regel zu behandeln, z.B. Oxidation von CO.
Entstandenes NH3 wird durch Strippung entfernt und ggf. in die Produktion rückgeführt. Weitere nachgeordnete Abwasserbehandlungsstufen sind unter Umständen Schwermetallfällung oder die Abtrennung von ggf. entstandenen organischen oder anorganischen Feststoffen (z.B. Salze, Hydroxide oder organische Säuren).
Voraussetzungen:
Die CSB-Konzentrationen sollten im Bereich von 5 bis 50 g/l liegen. Ein autothermer Betrieb ist ab ca. 10 g/l möglich. Die Fluoridkonzentration darf 10 mg/l nicht übersteigen.
3.3 Hochdrucknassoxidation
Die Hochdrucknassoxidation findet ihren Einsatz im Bereich mittlerer Schadstoffkonzentrationen, bevorzugt bei biologisch schwer abbaubaren Abwasserinhaltsstoffen. Der Einsatzbereich wird neben den physikalisch-chemischen Randbedingungen für einen autothermen Betrieb im Wesentlichen durch die Wirtschaftlichkeit in Relation zu anderen Verfahren, insbesondere der biologischen Abwasserreinigung und der Abwasserverbrennung bestimmt. Die verarbeitbaren Abwassermengen liegen zwischen 5 m3/h und ca. 10 m3/h. Es handelt sich in der Regel um zentrale bzw. semizentrale Anlagen zur Behandlung von Abwassermischungen, bevorzugt im Bereich der Herstellung organischer Farbstoffe und deren aromatischer Zwischenprodukte.
Die schwer abbaubaren organischen Abwasserinhaltsstoffe werden hauptsächlich zu CO2 und H2O (entsprechend dem TOC-Eliminationsgrad zu 90 - 99 %) abgebaut. Zusätzlich werden die organischen Abwasserinhaltsstoffe zu folgenden Substanzen abgebaut:
Das Abgas des Prozesses ist frei von Staub, nitrosen Gasen und Schwefeldioxid. Das Prozessabgas enthält einige, bei diesen Reaktionsbedingungen stabile Hydrolyse- bzw.
Oxidationsprodukte, wie Kohlenmonoxid, Methanol, Ethanol, Aceton, Pyridin, Formaldehyd, Ameisensäure, wobei die zuerst genannten Produkte dominieren.
Einsatzbereiche/Beispiele:
Die Hochdrucknassoxidation wird angewandt bei Mutterlaugen und Abwasserkonzentraten mit CSB-Gehalten ³ 30 g/l und schwer biologisch abbaubaren Abwasserinhaltsstoffen, z.B. aus der Herstellung von Farbstoffen und aromatischen Zwischenprodukten, insbesondere bei der Herstellung von aromatischer Sulfonsäuren, Derivaten von Phenol oder Naphthol sowie chlorierter aromatischer Kohlenwasserstoffen, "Buchstabensäuren", z.B."H-Säure". Das dem Reaktor zugeführte Abwasser sollte folgende Werte nicht überschreiten:
| 150 g/l |
| 50 g/l |
| 5 mg/l |
| 400 mg/l |
| 2,5 g/l |
| 100 mg/l |
| 1 - 6 |
Falls erforderlich, werden Abwasserteilströme vorbehandelt oder so gemischt, dass diese Bedingungen eingehalten werden.
Verfahren:
Das Abwasser wird durch eine Hochdruckpumpe und Luft über einen Kompressor einem Reaktor zugeführt. Nach Beendigung der Reaktion wird der Reaktorinhalt in einem Separator durch Druckentspannung in Gasphase und Flüssigphase getrennt. Die Reaktion findet in der Flüssigphase unter katalytischer Wirkung von Kupfer statt. Durch Verweilzeit, Temperatur und Druck lassen sich TOC-Eliminationsgrade von 90 bis 99 % einstellen, z.B. 95 % bei 280°C und 120 bar. Die Reaktion erfolgt im pH-Bereich 1 - 4, v. a. wegen der TiO2-Passivschicht der Titan-Plattierung, die nur im Sauren beständig ist.
Nachbehandlungsstufen sind für das Prozessabgas und das nassoxidierte Abwasser notwendig. Insbesondere zur Entfernung von CO und o. g. niedermolekularen Kohlenwasserstoffen erfolgt in der Regel eine katalytische Abgasreinigung. Aus dem nassoxidierten Abwasser müssen einige Abwasserinhaltsstoffe noch gezielt entfernt werden. Dies betrifft die Abtrennung des eingesetzten Katalysators (Kupfer), von
Ammoniak und ggf. Phosphat. Bei hohen Temperaturen, hohen Gehalten von Chlorid und chlorierten Kohlenwasserstoffen ist die Bildung von Dioxinen möglich. Das Abgas und das Abwasser wird dann weiter behandelt um die Dioxingehalte zu reduzieren. Da das Abwasser noch leicht abbaubare Substanzen (hauptsächlich Methanol) enthält, ist eine abschließende biologische Reinigung erforderlich.
Typische Vorbehandlungsoperationen sind:
Voraussetzungen:
Eine dominierende Rolle bei allen Überlegungen zum Betrieb einer Hochdrucknassoxidationsanlage spielt der Wärmehaushalt. Durch Wärmetausch wird deshalb die bei der Oxidation entstehende Wärme genutzt, um das Abwasser aufzuwärmen. Die Aufheizung und insbesondere die Verdampfung bis zur Sättigung der Luft mit Wasser erforderliche Energie muss im Wesentlichen von den Abwasserinhaltsstoffen erbracht werden. Der CSB kann als zuverlässiges Maß für den Energieinhalt des Abwassergemisches benutzt werden (gute Korrelation zwischen CSB und Reaktionswärme). Voraussetzung für einen autothermen Betrieb ist eine untere Grenze von 20 g/l und eine Obergrenze von etwa 150 g/l (das gesamte Wasser verdampft, Reaktor läuft trocken, der Prozess bremst sich selbst; "Austrocknungseffekt"). Die untere Grenze muss für viele Abwasserteilströme durch Vorkonzentration erreicht werden, unter Umständen durch Zugabe bestimmter Reststoffe, z.B. Abfall-Lösemittel (als Hilfsenergiequelle).
Neben den TOC-/ CSB-Gehalten sind weitere Begrenzungen im Einsatzbereich der Nassoxidation durch die Gefahr der Korrosion des eingesetzten Werkstoffes (Titan) bestimmt. Der Chlorid- bzw. Bromidgehalt darf einige Prozent, der Fluorid-Gehalt einige ppm nicht übersteigen (s. o.). Einige Kationen, insbesondere Calcium, Eisen, Aluminium können zu einer Verkrustung der Wärmetauscher führen, und sollten deshalb so gering wie möglich gehalten werden.
3.4 Oxidation mit Chlor/ Hypochlorit
Bekannt ist, dass es als Nebenreaktion der Oxidation von organischen und anorganischen Abwasserinhaltsstoffen mit Chlor oder Hypochlorit zu einer Bildung von chlorierten Verbindungen kommen kann (z.B. Bildung von Chloroform durch Haloformreaktion mit
Ketonen). Umgekehrt können jedoch chlorierte Verbindungen oxidativ bis auf Restgehalte von wenigen mg/l zerstört werden. Weitere Nebenreaktionen sind die Bildung von Chlorat oder die Zersetzung von Hypochlorit zu Chlorid und Sauerstoff.
Einsatzbereiche/Beispiele:
Verfahren:
Zur Oxidation der organischen und anorganischen Abwasserinhaltsstoffe werden Chlor oder Hypochlorit in korrosionsfesten Mischapparaturen (z.B. aus Titan) eingesetzt. Die Reaktion verläuft in alkalischer Lösung (pH 7 - 11) unter günstigen Umständen innerhalb von Minuten über die sauerstoffhaltige hypochlorige Säure (als Oxidationsmittel) zum Chlorid.
Im Vorfeld ist die Einstellung optimaler Reaktionsbedingungen (pH-Wert, Temperatur, Druck) notwendig.
Als nachgeschaltete Maßnahme erfolgt eine Zerstörung von überschüssigem freiem Chlor im Abwasser (z.B. mittels Zugabe von Sulfit) und ggf. im Abgas.
4. Adsorption
Adsorptionsverfahren eignen sich bevorzugt zur weitergehenden Reinigung schwach belasteter Abwasserströme - insbesondere dann, wenn (z.B. für AOX) niedrige Werte angestrebt werden.
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Verfahren:
Im Perkolations-Verfahren wird das Abwasser über eine Filterschicht geleitet, die aus einem Adsorptionsmittel besteht. Dort werden Abwasserinhaltsstoffe bis zur maximalen Beladung an der Oberfläche angereichert. Zur Vermeidung von unerwünschten Durchbrüchen und der Verdrängung von bereits adsorbierten Stoffen können sogenannte Rutschbettfilter eingesetzt oder mehrere Filter in Reihe geschaltet und geeignete Überwachungseinrichtungen installiert werden. Beim Einrühr-Verfahren erfolgt die Zugabe des Adsorbens in Pulverform.
Als Adsorbentien werden insbesondere Aktivkohle, Aluminiumoxid, Zeolithe und Adsorberharze eingesetzt. Letztere haben den Vorteil, dass sie sich häufig, z.B. mit Waschflüssigkeit regenerieren lassen. Falls erforderlich, kann zur Optimierung der Adsorptionsfähigkeit die Arbeitstemperatur abgesenkt werden.
Zum Schutz der Adsorptionsfilter vor Verstopfung sind Fest- und Leichtstoffe vorher abzuscheiden. Eine Einstellung des optimalen pH-Wertes kann notwendig sein.
Das Adsorbat wird zur Stoffrückgewinnung oder Entsorgung desorbiert, z.B. durch Dampfregenerierung. Alternativ wird eine thermische Regeneration des Adsorbens mit anschließender Pyrolyse, d. h. teilweise oder vollständige Verbrennung der beladenen Aktivkohle, durchgeführt.
Bei Adsorberharzen ist eine Lösemittelregeneration (z.B. Methanol, Aceton) möglich. Voraussetzungen:
Neben niedrigen Schadstoffkonzentrationen und niedrigen Arbeitstemperaturen ist eine ausreichende Adsorbierbarkeit (Hydrophobie/ Polarität) der Inhaltsstoffe erforderlich. Gut wasserlösliche polare Inhaltsstoffe werden schlecht adsorbiert. Zur Überprüfung der Eignung werden sogenannte "Durchbruchskurven" im Labor experimentell ermittelt. Diese zeigen, ob günstige Adsorptionseigenschaften und damit hoher Rückhalt sowie ausreichend lange Standzeiten vorliegen [8].
Hochmolekulare Inhaltsstoffe dürfen wegen irreversibler Adsorption nur einen geringen Anteil ausmachen.
5. Destillation, Rektifikation
Die Rektifikation bietet sich zur Aufarbeitung von Prozessabwasserströmen an, die wasserlösliche, niedrig siedende Lösemittel enthalten, wie z.B. Alkohole oder Aceton. Unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich dann, wenn Lösemittel mit Wasser ein Azeotrop bilden, das niedriger siedet als das Lösemittel, lassen sich auch schwer löslichere hoch siedende Lösemittel mittels einfacher Rektifikation aus dem Abwasser trennen. Verfahren der Destillation/Rektifikation werden in der chemischen Industrie eingesetzt bei Stoffkonzentrationen, die zwischen den Einsatzbereichen der Adsorptionsverfahren bzw. Extraktion einerseits und den oxidativen Verfahren wie Nassoxidation bzw. Abwasserverbrennung andererseits liegen. Der Übergang von Abwasserbehandlungsmaßnahme zu verfahrensintegrierter Maßnahme ist fließend.
Der Energieeinsatz bei der Destillation muss in einem sinnvollen Verhältnis zum Rückgewinnungs-/Reinigungseffekt stehen. Ein wichtiges Kriterium hierbei ist die erforderliche Energie für die Destillation als Abwasservorbehandlung im Vergleich zum erforderlichen Energieeinsatz in der biologischen Behandlung, sofern es sich um leicht abbaubare Stoffe handelt.
Einsatzbereiche/Beispiele:
Typisch ist die Anwendung der Destillation bei der Stoffrückgewinnung aus Mutterlaugen, insbesondere Lösemittelrückgewinnung.
Erzielbare Minderungsraten zeigen die Beispiele:
phenolhaltiges Abwasser | von 5,0 % auf 0,2 % |
methanolhaltiges Abwasser | von 8,0 % auf 0,2 % |
epichlorhydrinhaltiges Abwasser | von 0,7 % auf 0,07 % |
anilinhaltiges Abwasser | von 0,4 % auf 0,01 % |
chlorbenzolhaltiges Abwasser | von 0,01 % auf 0,001 % |
Anwendungsfälle sind
Verfahren:
In Destillationskolonnen wird durch Verdampfung und anschließende Kondensation das Stoffgemisch (Abwasser) in eine leichter siedende und eine schwerer siedende Fraktion getrennt. Dabei werden die leichter siedenden Komponenten verdampft (Destillat, Kopfprodukt) und verbleiben im Kondensat. Die schwer siedenden Komponenten werden in der zurückbleibenden Flüssigkeit (Destillationsrückstand, Sumpfprodukt) angereichert. Durch wiederholtes Verdampfen und Kondensieren (Rektifikation) ist eine weitgehende Trennung der Komponenten eines Gemisches möglich, dabei ist auch ein Seitenabzug möglich.
Bei azeotropen Gemischen wird eine weitere Auftrennung durch Zusatzmaßnahmen wie durch den Einsatz von Hilfsstoffen (Schleppmittel) erreicht.
Mit dem Einsatz von Vakuum bei der Destillation wird der Siedepunkt erniedrigt und damit die Abtrennung temperaturempfindlicher Stoffe ermöglicht. Die Wärmezuführung ist direkt und indirekt möglich.
Der Destillation/ Rektifikation können andere physikalische und chemische Trennverfahren vorgeschaltet oder nachgeschaltet sein, die selektiver als die thermische Trennung auf einzelne Stoffe wirken, womit eine insgesamt bessere Stofftrennung möglich wird.
Soweit die Kondensation nicht vollständig verläuft, werden Abluftreinigungsanlagen nachgeschaltet (Biofilter, Gaswäscher, Nachverbrennung).
6. Strippung
Bei der Strippung werden flüchtige bzw. wasserdampfflüchtiger Bestandteile mittels eines Inertgases oder Wasserdampf aus dem Abwasser ausgetrieben, ggf. auch unter Vakuum. Strippung ist in der chemischen Industrie häufig das Verfahren der Wahl zur Abtrennung flüchtiger Stoffe aus dem Abwasser. Vorteilhaft ist, wenn die Rückführung des abgestrippten Stoffes in den Produktionsprozess möglich ist. In vielen Fällen ist eine Rückführung aber nicht möglich. Strippung wird v. a. zur Entfernung von kurzkettigen
Verbindungen bei der Herstellung großvolumiger organischen Grundchemikalien und Polymeren, von Lösemitteln und von flüchtigen anorganischen Verbindungen eingesetzt.
Strippung wird als Abwasserbehandlung auch in Kombination mit Extraktion eingesetzt (z.B. bei einer zentralen Prozessabwasserbehandlungsanlage, wo zunächst in einer Strippkolonne vor der eigentlichen Extraktion leichtflüchtige Komponenten und nochmals in einer nachgeschalteten Strippkolonne dann Reste des Extraktionsmittels entfernt werden [9]).
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Verfahren:
Die Behandlung erfolgt im Gegenstrom in Kolonnen, die zur Vergrößerung der wirksamen Phasengrenzfläche überwiegend mit Füllkörpern oder Packungen versehen sind. Flüchtige Bestandteile werden mittels eines Inertgases oder Wasserdampf aus dem Abwasser ausgetrieben, ggf. auch unter Vakuum.
Durch Anhebung des pH-Wertes auf über pH 8,5 erfolgt die Umwandlung von nicht strippbarem Ammonium in strippbaren Ammoniak. Zur vollständigen Umwandlung muss der pH-Wert größer als 11,5 sein.
Die gestrippten Stoffe werden durch Indirektkühlung kondensiert bzw. z.B. Ammoniak in verdünnter Schwefelsäure unter Bildung von Ammoniumsulfat absorbiert.
Der Einsatz von Wasserdampf bewirkt eine meist erwünschte Temperaturerhöhung des Abwassers und minimiert die zu behandelnden Abluftströme, da für vergleichbare Trenneffekte mit Luft oder Inertgas sehr viel größere Gasmengen erforderlich sind. Im Vorfeld erfolgt in der Regel eine Feststoffabtrennung zum Schutz der Kolonnen vor Verstopfung und ggf. Anhebung der Arbeitstemperatur, z.B. durch Nutzung von Prozessabwärme.
Nachgeschaltet erfolgt eine Verbrennung der organischen Inhaltsstoffe, insbesondere wenn CKWs gestrippt werden, im Allgemeinen in einer thermischen Nachverbrennungsanlage - welche wiederum einen Teil des benötigten Dampfes erzeugt. Alternativ erfolgt Adsorption, z.B. an Aktivkohle oder Zeolithen und Desorption zur Stoffrückgewinnung oder anschließender Verbrennung.
Bei sauren ammoniumhaltigen Abwässern ist zu prüfen, ob durch die erforderliche pH-Wert-Verschiebung eine unzulässige Aufsalzung entsteht. Sofern verfügbar, sind alternative Verfahren zur Ammoniumentfernung einzusetzen.
7. Extraktion (Flüssig/Flüssig-Trennung)
Bei der Extraktion werden aus der wässrigen Phase bzw. dem Abwasser eine oder mehrere Komponenten durch ein selektiv wirkendes Lösemittel (Extraktionsmittel) herausgelöst. Sie wird in der chemischen Industrie eingesetzt bei mittleren Konzentrationen, zwischen den Einsatzbereichen von Adsorptionsverfahren und den thermischen und oxidativen Verfahren wie Destillation, Nassoxidation mit Sauerstoff und Abwasserverbrennung. Die extraktive Entfernung aus Prozessabwässern kommt vorzugsweise dann in Frage, wenn die betreffenden Abwasserinhaltsstoffe Hochsieder sind (z.B. DMF). Bei Niedrigsiedern ist ggf. eine Abtrennung über Strippen oder Destillation günstiger.
Die Extraktion wird sowohl zur Abwasserbehandlung als auch verfahrensintegriert zur Produktabtrennung oder zur Reinigung von Einsatzstoffen oder Produkten eingesetzt.
Häufig werden Lösemittel eingesetzt, die bereits in vorangegangenen Synthesestufen verwandt wurden, z.B. Toluol.
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Konkrete Beispiele für Abwasserbehandlung mittels Extraktion sind:
Darüber hinaus ist die Extraktion als verfahrensintegrierte Maßnahme zur Produktrückgewinnung aus flüssigen Phasen sehr verbreitet.
Verfahren:
Die erforderliche feine gegenseitige Durchmischung von Extraktionsmittel und wässriger Phase und die wiederholte Gleichgewichtseinstellung kann verfahrenstechnisch auf verschiedenen Wegen bewerkstelligt werden:
Die Flüssig/Flüssig-Extraktion basiert auf dem Verteilungsgleichgewicht zwischen zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten. Normalerweise sind mehrere hintereinandergeschaltete Trennstufen für die gewünschte An- bzw. Abreicherung nötig (mehrstufige Gleichgewichtseinstellung).
Die zu extrahierende Komponente wird als Extraktstoff bezeichnet, die abgereicherte Trägerflüssigkeit (wässrige Phase bzw. Abwasser) als Raffinat und das mit dem Extraktstoff beladene Lösemittel als Extrakt. Als Abfall fällt im allgemeinen der Destillationssumpf aus der Regeneration des Extraktionsmittels an. Dieser enthält den ausgeschleusten, mit den abgetrennten Stoffen beladenen Teil des Extraktionsmittels sowie unter Umständen mitgeschlepptes Wasser.
Als Vorbehandlung erfolgt unter Umständen die Entfernung von Feststoffen durch Filtration.
Nachgeschaltet ist meistens eine Abtrennung des gelösten Extraktionsmittels aus der wässrigen Phase nach Phasenseparation, z.B. durch Strippen, vor der abschließenden biologischen Behandlung. Das abgetrennte Extraktionsmittel wird durch Destillation/ Rektifikation aufgearbeitet. Aus dem verbleibenden Destillationssumpf können unter Umständen Wertstoffe (Produkte) abgetrennt werden, bevor er - im Allgemeinen durch Verbrennung - entsorgt wird.
Voraussetzungen:
Voraussetzung für das Verfahren ist die Wahl eines geeigneten Extraktionsmittels. Wichtige Kriterien sind: schlechte Löslichkeit in Wasser, günstiges Verteilungsgleichgewicht, hohe Dichtedifferenz zu Wasser, niedrige Verdampfungsenthalpie für die thermische Aufarbeitung, thermische Stabilität.
8. Membranverfahren
Mittels Membranverfahren werden in der chemischen Industrie nicht membrangängige Abwasserinhaltsstoffe aufkonzentriert. Damit können sowohl organische Zielprodukte zurückgewonnen als auch organische Nebenprodukte einer weiteren spezifischen
Behandlung zugeführt werden. TOC-Frachtreduzierungen in einer Größenordnung von bis zu 90% werden erreicht.
Membranverfahren werden in der chemischen Industrie auch als verfahrensintegrierte Maßnahme zur Rückgewinnung von Stoffen eingesetzt, da keine thermische, chemische oder biologische Veränderung der Stoffe erfolgt, weil außer zur evtl. erforderlichen pH-Wert-Einstellung keine zusätzlichen Hilfsstoffe oder Prozesschemikalien nötig sind. Werden Membrananlagen prozessintegriert anstelle der Verfahrenskombination Aussalzen/Filtration eingesetzt, können dadurch die Salz- und TOC-Frachten deutlich verringert und die Abbaubarkeit des verbleibenden Abwassers verbessert werden.
Membranverfahren werden außerdem zur Wasseraufbereitung und bei der biologischen Abwasserbehandlung (MBR-Verfahren) eingesetzt.
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Zwischenprodukten mittels zweistufiger Nanofiltrationsanlage zur getrennten Entsorgung (z.B. Verbrennung).
Verfahren:
Mittels semipermeabler Membranen (permeabel für Wasser, anorganische Salze und kleinere organische Moleküle, wie z.B. Lösemittel) wird ein flüssiges Stoffgemisch in einen aufkonzentrierten Strom (Retentat oder Konzentrat) und einen abgereicherten Strom (Permeat) aufgeteilt.
Die druckbetriebenen Verfahren haben in der chemischen Industrie ein deutliches Übergewicht.
Folgende Verfahren werden unterschieden:
Verfahren | Trenngrenze (µm) | Verfahrensdruck (bar) |
Umkehrosmose | 5 x 10-7 - 10-5 | 10 - 80 |
Nanofiltration | 10-6 - 10-4 | 10 - 40 |
Ultrafiltration | 2 x 10-5 - 10-2 | 2 - 10 |
Mikrofiltration | 2 x 10-4 - 5 x 10-1 | 1 - 4 |
Varianten ergeben sich insbesondere hinsichtlich Membranmaterial, Modulaufbau und Anordnung der Module (Ein- und Mehrstufigkeit).
Als Vorbehandlungsschritte werden zum Schutz der Membranen ggf. Feststoffe abgetrennt und der pH-Wert eingestellt.
Nachgeschaltet kann eine weitere Aufkonzentrierung des Retentates zur Entsorgung, oder evtl. Wiederverwertung mittels z.B. Destillation, Eindampfung sowie eine Nachbehandlung des Permeates erfolgen.
Voraussetzungen:
9. Abwassereindampfung
Ziel der Abwassereindampfung ist die Volumenreduzierung bzw. Einengung und Aufkonzentrierung von wässrigen Strömen zur Erzeugung eines Konzentrates für die thermische Entsorgung oder für eine weitere Aufarbeitung zur Stoffrückgewinnung (z.B. thermische Abfallschwefelsäurespaltanlagen). Sie kann zur Abwasserbehandlung und zur Aufkonzentrierung von wässrigen Abfällen und Prozesswässern eingesetzt werden. Im Falle der Abwasserbehandlung wird Abwasser zur Frachtreduzierung eingedampft und die kondensierten Brüden werden als Abwasser abgeleitet.
Im Allgemeinen kann, in Abhängigkeit vom Anteil wasserdampfflüchtiger Inhaltsstoffe, das Destillat wieder im Prozess eingesetzt werden.
Bei chlorid- und sulfathaltigen Abwässern entstehen relativ große Mengen anorganischer Reststoffe, die organisch verunreinigt sind.
Bei der Aufkonzentrierung können sich Phasen bilden, die eine weitere Stoffabtrennung begünstigen (z.B. Kristallisation).
Einsatzbereiche:
Verfahren:
Kernstück einer Anlage ist der Verdampfungsapparat, dessen Auswahl ausschließlich am Anwendungsfall orientiert ist. Die organischen und anorganischen Inhaltsstoffe werden dabei aufkonzentriert, indem in meist mehrstufigen Verdampfer-Apparaten bei unterschiedlichen Siedetemperaturen die Wasserphase als Brüden abgetrennt und kondensiert wird. Niedrigere Siedetemperaturen bewirken langsamere und damit geringere Stoffumwandlungen, so dass in einigen Fällen die Verwertbarkeit der Konzentrate günstig beeinflusst wird.
Es kommen unterschiedliche Typen zum Einsatz, die meist mit Zwangsumlauf kontinuierlich und diskontinuierlich betrieben werden:
Zur Minimierung der erforderlichen Energiezufuhr werden häufig Vakuumverdampfer bei entsprechender Herabsetzung der Siedetemperatur eingesetzt. Außerdem kann durch den Einsatz mehrerer Stufen die eingesetzte Energie optimal genutzt werden. Zusätzlich kann Prozesswärme bei der Eindampfung oder Abwärme aus dem Verdampfungsprozess zur Brauchwasser- oder Sanitärwasservorwärmung genutzt werden. Insgesamt sollen Verdampfungsverfahren unter Nutzung von Abwärme aus den Herstellprozessen möglichst so ausgelegt werden, dass lediglich elektrische Energie für die Pumpenantriebe einzusetzen ist.
Voraussetzungen:
Wichtige Voraussetzungen sind hohe Konzentrationen der Inhaltsstoffe, die Vermeidung von Inkrustierungen, Schaumbildung, unerwünschten Ausgasungen, Korrosion, Erosion, Verschleiß bei salzhaltigen und organischen Abwässern durch geeignete Maßnahmen und die Vermeidung von Anbacken, Festkochen organischer Bestandteile an den Heizflächen durch geeignete Auswahl des Verfahrens.
10. Abwasserverbrennung/ Gasphasenoxidation
Die Entsorgung von wässrigen Strömen durch Abwasserverbrennung wird in der chemischen Industrie insbesondere vorteilhaft für die Entfernung schwer abbaubarer und toxischer Stoffe - auch bei hohen Salzgehalten - eingesetzt. Es erfolgt eine nahezu vollständige Elimination der organischen Abwasserinhaltsstoffe (TOC-Elimination > 99 %), da organische, unter Umständen auch anorganische Abwasserinhaltsstoffe, unter Verdampfung des Wasseranteils nahezu vollständig zu Kohlendioxid oxidiert werden.
Stark verbreitet ist die Abwasserverbrennung auch im Bereich der Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen, insbesondere bakterientoxischer Substanzen. Ggf. erfolgt die Verbrennung über den Umweg einer extraktiven Abreicherung der Mutterlaugen, d. h., die im Extrakt enthaltenen Nebenprodukte werden der Verbrennung zugeführt.
Das Verfahren wird mit Durchsatzraten von im Allgemeinen 2 - 30 m3/h zur kontinuierlichen Behandlung von Abwässern mit CSB-Gehalten ab 50 - 100 g/l angewandt.
Ein Spezialfall dieses Verfahrens ist die thermische Abfallschwefelsäurespaltung Diese dient einerseits der Entsorgung und Wiederverwertung hoch konzentrierter Schwefelsäure (bzgl. Sulfat werden Eliminationsraten über 97 % erreicht). Gleichzeitig werden aus dem Abwasser bzw. der Abfallsäure organische Verunreinigungen (TOC) zu mehr als 99 % und Ammonium zu mehr als 99 % mit sehr hohen Wirkungsgrad entfernt. Diese Verfahrensvariante kann somit gleichzeitig Abwasserbehandlungsanlage und verfahrensintegrierte Maßnahme zur Rohstoffrückgewinnung sein.
Einsatzbereiche/Beispiele:
Die Abwasserverbrennung kommt für Abwasserteilströme in Frage, deren CSB-Gehalte 50 bis 100 g/l überschreiten und die schwer abbaubare Abwasserinhaltsstoffe enthalten.
Zentrale Abwasserverbrennungsanlagen oder Anlagen zur Mitverbrennung von Abwasser in Drehrohröfen gibt es an mehreren großen Chemiestandorten. Hier werden z.B. behandelt:
Hochbelastete Mutterlaugen aus der Herstellung sulfonierter aromatischer Verbindungen werden in größeren Chemiestandorten vielfach nicht als Abwasser behandelt, sondern der thermischen Abfallschwefelsäurespaltung zugeleitet. Diese Mutterlaugen enthalten neben hohen Konzentrationen von Schwefelsäure auch eine Reihe unerwünschter isomerer sulfonierter aromatischer Verbindungen, die im Allgemeinen biologisch schlecht abbaubar sind. Ähnliches gilt für Mutterlaugen aus der Nitrierung von Aromaten. Nach extraktiver Abreicherung der wässrigen Phase (vgl. Kapitel 7), welche überwiegend aus Schwefelsäure besteht, werden diese aufkonzentriert und anschließend der thermischen Schwefelsäurespaltung zugeführt ("Schwefelsäurefabrik"). Z. B.:
Verfahren:
Die Wahl der Art der Verbrennungsanlage für ein bestimmtes Abwasser bzw. Abwassergemisch hängt hauptsächlich von dessen Menge, Heizwert, Salz- und Feststoffgehalt, überschüssigen Säure- oder Alkalianteilen und der Kombinationsmöglichkeit mit anderen Reinigungs-, Beseitigungs- bzw. Rückgewinnungs- und Dampfgewinnungsprozessen ab. Abwasser mit geringem Brennwert kann - über Lanzen in Drehrohröfen eingedüst - gemeinsam mit Abfällen verbrannt werden.
An die Werkstoffe (keramische Brennkammer, Wärmetauscher zur Abhitzenutzung) und die Prozesssteuerung werden insbesondere bei salz-, säure- oder alkalihaltigem Wasser und insbesondere bei hohen Verbrennungstemperaturen erhöhte Anforderungen gestellt.
Die Verbrennung halogen- oder schwefelorganischer Stoffe und die NOx-Bildung, die mit der Verbrennungstemperatur zunimmt, macht eine entsprechende Rauchgasreinigung erforderlich. Hinzu kommen Feststoffe und Salze, die spezielle Abscheidesysteme für Stäube und Aerosole erforderlich machen (z.B. Elektrofilter, Zyklon, Gewebefilter, Hochdruckventuriwäscher - oft nach Quenchkühlung). Das dabei anfallende Abwasser wird behandelt (Neutralisation und Feststoffabscheidung).
Unter Umständen besteht die Möglichkeit zur Abwärmenutzung oder Prozessdampfgewinnung.
Vorgeschaltet erfolgt eine Neutralisation und Vergleichmäßigung der Abwasserströme.
Zur Reduktion der zu verbrennenden Menge ist häufig eine Eindampfung vorgeschaltet, entweder im Betrieb oder zentral vor der Verbrennungsanlage.
Unverbrennbare unlösliche anorganische Bestandteile, wie z.B. Salze, werden als Abfall entsorgt, falls nicht eine Stoffrückgewinnung möglich ist.
Voraussetzungen:
Die o. g. Konzentrationen organischer Abwasserinhaltsstoffe reichen bei einer Reaktionswärme von ca. 13 kJ/g CSB aus, um den Wasseranteil selbstgängig zu verdampfen und zu überhitzen (erforderlicher Heizwert 6.000 bis 12.000 kJ/kg). Ansonsten ist eine Stützfeuerung, z.B. mit Heizöl, Erdgas oder Altöl erforderlich.
Für niedriger konzentrierte Abwässer kommt die Verbrennung nur nach einer - evtl. mehrstufigen - Konzentrierung durch Voreindampfung in Frage (Aufkonzentrierung durch mehrstufige Entspannungseindampfung unter Nutzung von Abwärme). Durch die Aufkonzentrierung verringert sich oder entfällt die erforderliche Zusatzbrennstoffmenge.
Voraussetzungen für die Abfallschwefelsäurespaltung sind:
Alkali- und Erdalkalimetalle führen zur Zersetzung der Ausmauerung der Spaltöfen und verursachen Korrosion in den Abhitzekesseln und Belegungen an Rohrleitungen und Kesseln.
11. Ionenaustausch
Mit Ionentauschern werden gelöste anorganische oder organische Ionen aus wässrigen Strömen abgetrennt. Ionenaustausch wird in der chemischen Industrie eingesetzt bei niedrigen Ausgangskonzentrationen (da ansonsten häufig Alternativverfahren günstiger sind). Begünstigt wird der Einsatz, wenn entsprechenden Wiederverwertungsmöglichkeiten für die abgetrennten Stoffe vorliegen.
Bei der Metallentfernung können Minderungsraten von > 99 % erreicht werden.
Ionentausch wird sowohl zur Abwasserbehandlung als auch verfahrensintegriert zur Produktabtrennung eingesetzt.
Als Reststoffe fallen im allgemeinen das aufgearbeitete Regenerat und/ oder feste Rückstände aus der Regenerat-Aufarbeitung (z.B. metallhaltige Schlämme) an.
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Verfahren:
Beim Ionenaustauschverfahren werden bestimmte Ionen aus dem Wasser aufgenommen und dafür eine äquivalente Menge anderer gleichsinnig geladener Ionen abgegeben. Bei den Ionenaustauschern handelt es sich in der Regel um Kunstharze, an denen ionenaktive Gruppen verankert sind, die ein entsprechendes austauschbares Gegenion besitzen. Die Ionenaustauscher sind unter Wasseraufnahme quellbar und in der Regel makroporös. Die Ionen gelangen durch Diffusion an die austauschaktiven Stellen im Harzinnern und die ausgetauschten Ionen wieder in die wässrige Phase. Neben dem Ionenaustausch finden auch Adsorptionsvorgänge statt.
Die eingesetzten Verfahren variieren in Bezug auf
Der Verbrauch an Ionentauschermaterial hängt von der praktisch nutzbaren Kapazität (in meq = mmol Ladung pro l Harz) und der Effizienz der Regeneration ab.
Vorgeschaltete Maßnahmen sind ggf. Sedimentation, Filtration, Aktivkohlebehandlung, Oxidation, Reduktion oder Fällung zur Verhinderung von Verstopfungen durch Feststoffe, die Verhinderung von Belagsbildung oder von chemischem Angriff des Ionentauschermaterials oder auch zur Überführung von Abwasserinhaltsstoffen in eine durch Ionentausch separierbare Form.
Als nachgelagerte Maßnahme ist unter Umständen eine Neutralisation erforderlich. Ionentauscher müssen periodisch mit Säuren oder Laugen (meist wässrige Lösungen von HCl, NaOH), aber auch NaCl oder CO2 regeneriert werden. Das Regenerat enthält in konzentrierter Form die abgetrennten Abwasserinhaltsstoffe und bedarf einer weiteren Aufarbeitung z.B. durch Oxidation, Reduktion, Eindampfung oder Fällung/Flockung.
12. Hydrolyse/ Thermolyse
Bestimmte schwer abbaubare organische Verbindungen sind einer sauer oder alkalisch katalysierten Spaltung (Hydrolyse) zugänglich:
H+ | ||
R'OR" + H2O | -----------⮕ | R'OH + R"OH |
OH- | ||
RX + H2O | -----------⮕ | ROH + HX |
und können so in besser abbaubare Verbindungen überführt werden. Insbesondere können bestimmte chlororganische Verbindungen dehalogeniert werden. Dadurch erfolgt zumeist Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit durch Spaltung von Sauerstoffbrücken (R'- O - R") oder Halogen-C-Verbindungen (RX). Reaktionsprodukte sind dementsprechend Alkohole, Ketone, Carbonsäuren oder sonstige Säuren.
Mit der Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit des TOC und des AOX geht oft eine verringerte toxische und hemmende Wirkung der behandelnden Teilströme und damit eine insgesamt optimierte Behandlung der Schadstoffe einher.
Einsatzbereiche/ Beispiele:
Verfahren:
Die Hydrolyse verläuft in Reaktoren bei erhöhten Temperaturen von bis zu 100°C oder knapp darüber. Um die ggf. erforderlichen erhöhten Temperaturen zu erreichen, werden Hydrolyseanlagen mit Überdruck betrieben. Wärmetauscher und Reaktoren müssen aus hochwertigen Edelstahllegierungen bestehen oder mit Teflon ausgekleidet sein.
Bei saurer Hydrolyse ist eine pH-Einstellung (1 - 2) z.B. mittels HCl oder H2SO4 erforderlich. Bei alkalischer Hydrolyse erfolgt pH-Einstellung (10 - 12) z.B. mittels NaOH oder Kalkmilch.
Durch Neutralisation hat der behandelte Abwasserteilstrom erhöhte Salzgehalte, durch hydrolytische Spaltung können relativ hohe Gehalte der Reaktionsprodukte (Alkohole, Ketone usw.) entstehen. Das in seiner Abbaubarkeit verbesserte Abwasser wird der biologischen Kläranlage zugeführt.
Voraussetzungen:
Die entsprechenden Verbindungen müssen hydrolytisch spaltbar sein (Ester, Ketale, Halogenverbindungen).
Wärmetauscher und Reaktoren müssen aus hochwertigen Edelstahllegierungen bestehen oder mit Teflon ausgekleidet sein.
(1) Rosenwinkel et. al.: Taschenbuch der Industrieabwasserreinigung, 2. Auflage, 2019
(2) Thomas Brinkmann, Germán Giner Santonja, Hande Yükseler, Serge Roudier, Luis Delgado Sancho: Best Available Techniques (BAT) Reference Document for Common Waste Water and Waste Gas Treatment/Management Systems in the Chemical Sector; EUR 28112 EN; doi:10.2791/37535; Kapitel 3.3 (Beschreibung der Techniken); https://eippcb.jrc.ec.europa.eu/sites/default/files/2019-11/CWWBref2016published.pdf
(3) Heino Falcke, Simon Holbrook, Iain Clenahan, Alfredo López Carretero, Teoman Sanalan, Thomas Brinkmann, Joze Roth, Benoit Zerger, Serge Roudier, Luis Delgado Sancho; Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Production of Large Volume Organic Chemicals; EUR 28882 EN; Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2017, ISBN 978-92-79-76589-6, doi:10.2760/77304, JRC109279
(4) VDMA: 6. VDMA-Abwassertagung Abwasserbehandlung in der chemischen Industrie am 23. Nov. 2000, Frankfurt/ Main
(5) Verringerung der Stickstoff- und Phosphorableitungen aus dem Bayerwerk Dormagen, R. Hanke, H. G. Meyer, KA 10/94, 1840-1849, (41. Jg)
(6) Abwasserbehandlung in einem großen Chemiewerk. B. Lieberherr, W. Beck, abwassertechnik 4/1988, S.34-35
(7) Reinigung von hochbelasteten Abwässern mit einer Nanofiltrationsanlage, J. Malisz, Aachener Membran-Kolloquium 1993
(8) "Verminderung der Abwasseremission in der chemischen Industrie durch Verfahrensumstellungen und Teilstrombehandlungen", M. Bueb; M. Fitzenhagen, T. Mann, K. Müller, KA 5/90, S. 542-558 (37. Jg).
(9) Schering: Prozessabwasser in Teilströmen aufarbeiten, CIT 3/96, S. 186
(10) Abtrennung von Chlorphenolen und Chlorphenoxysäuren mit Extraktion aus Produktionsabwässern, J. Eckhardt, R. Marr und B. Krüger, gwf Wasser.Abwasser, 9/2000, S. 575-578
(11) H. Uhlich: "Abwasserreinigung unter Einbezug der Naßoxidation" GVC-Tagung "Verfahrenstechnik der mechanischen, thermischen, chemischen und biologischen Abwasserreinigung", Würzburg, 19. Oktober - 21. Oktober 1992
(12) Untersuchungen zum chemischoxidativen AOX-Abbau in bromkohlenwasserstoffhaltigen Abwässern der Mucosolvanherstellung, H. Brüggemann, H. Köser, R. Kretschmer, R. Dach und E. Meyer, KA 9/2001, S. 1255-1264
_____
1) Industriekläranlagen-Zulassungs- und Überwachungsverordnung
2) H, W, A: Herstellung, Weiterverarbeitung, Anwendung (parameterbezogen)
3) abweichende Anforderungswerte für spezifische Produktionsbereiche nicht aufgeführt
4) bei gezielten Maßnahmen
5) siehe Tabelle Anhang 22, Teil D, Absatz 3
6 Die Masse an TOC ergibt sich aus der Masse des Stoffes.
Methanol besitzt eine molare Masse von 32 g/mol bei einem Kohlenstoffanteil von 12 g. Folglich beträgt der Kohlenstoffanteil in 100 kg Methanol ca. 38 kg und damit 38 kg TOC und in 15 kg Methanol ca. 5,6 kg und damit 5,6 kg TOC.
Essigsäure besitzt eine molare Masse von 60 g/mol bei einem Kohlenstoffanteil von 24 g. Folglich beträgt der Kohlenstoffanteil in 10 kg Essigsäure 4 kg und damit 4 kg TOC.
ENDE |