BMU- / LAGA Hinweise und Erläuterungen zu Anhang 51 Abwasserverordnung:
Oberirdische Ablagerung von Abfällen
Stand: März 2002
1 Anwendungsbereich
Dieser Anhang gilt für Abwasser, dessen Schadstofffracht im Wesentlichen aus der oberirdischen Ablagerung von Abfällen stammt.
Dieser Anhang gilt nicht für Abwasser aus dem Anwendungsbereich des Anhangs 23 (Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen) [6].
2 Abwasseranfall und Abwasserbehandlung
2.1 Herkunft, Menge und Beschaffenheit des Rohabwassers
Abwasser entsteht im Wesentlichen bei der Passage von Niederschlagswasser durch den Deponiekörper und aus Nebeneinrichtungen des Deponiebetriebes. Der Deponiekörper ist nach den Vorgaben der TA Siedlungsabfall und der TA Abfall mit einer Basisabdichtung und Drainageelementen zur Sammlung und Ableitung des Sickerwassers auszustatten. Der Abwasseranfall richtet sich vor allem nach den in der betreffenden Gegend üblichen Niederschlagsmengen, wobei Verdunstungsmengen gegebenenfalls zu berücksichtigen sind. Außerdem wird die Sickerwassermenge von den deponietechnischen Randbedingungen wie Größe der offenen Einbauflächen und Zutritt von Grund- und Schichtwasser beeinflusst. Der Sickerwasseranfall bei Hausmülldeponien beträgt etwa 20 - 30 % des Niederschlags bzw. 4 - 9 m3/(ha ⋅ d). Bei Schlackedeponien kann der Sickerwasseranfall auf 50 - 80 % des Niederschlags ansteigen.
Die Beschaffenheit von Sickerwasser wird von zahlreichen physikalisch-chemischen und biologischen Prozessen bestimmt. Sie ist überwiegend eine Funktion der Art, der Zusammensetzung und des Alters der abgelagerten Abfälle, der Mikrobiologie und der Wasserbilanz der Deponie. Obwohl zahlreiche Langzeitsimulationen von Abfallablagerungen im Labor durchgeführt wurden, sind zuverlässige Vorhersagen über die Entwicklung von Menge und Beschaffenheit des Sickerwassers kaum möglich.
Bei der Ablagerung von Bauschutt muss mit Beimengungen anderer Abfälle gerechnet werden, die zu einer Belastung des Sickerwassers führen können. Je nach Höhe und Art der Belastung muss das Sickerwasser behandelt werden.
Das Sickerwasser von Deponien bzw. Deponieabschnitten, auf denen nur verbrannter Abfall abgelagert wird, der den Anforderungen der Deponieklasse 1 der TA Siedlungsabfall genügt, zeichnet sich durch geringe organische Belastung aus. Da bisher keine Deponien dieser Art in Betrieb genommen wurden, kann die Sickerwasserzusammensetzung nur abgeschätzt und anhand von Eluatversuchen prognostiziert werden. Die CSB-Konzentration dürfte bei 50-100 mg/l und die AOX-Konzentration unter 0,5 mg/l liegen.
Auf Siedlungsabfalldeponien werden Siedlungsabfälle und Abfälle, die wie Siedlungsabfälle entsorgt werden, abgelagert. Über Haushalte und Gewerbebetriebe werden mit Ausnahme der als Sonderabfälle separierbaren Abfälle alle Industrie- und Gewerbeprodukte nach Gebrauch entsorgt, so dass im Prinzip alle im Handel vorkommenden Substanzen abgelagert werden können. Wegen der Stoffvielfalt sind nicht alle in einer Deponie ablaufenden Reaktionen vorhersehbar. Im Sickerwasser aus Siedlungsabfalldeponien ist daher eine Vielzahl von chemischen Verbindungen enthalten. Im Gegensatz dazu werden Monodeponien und firmeneigene Deponien in der Regel nur mit einer begrenzten Abfallpalette beschickt.
Das Sickerwasser aus Sonderabfalldeponien weist häufig höhere Schwermetallgehalte und eine geringere organische Belastung auf.
Die organische Belastung des Sickerwassers unterliegt sehr starken zeitlichen Veränderungen. Dabei überwiegt in der Anfangsphase bei den ersten Ablagerungsschichten die "Saure Gärung, bei der organische Säuren produziert werden, die eine hohe organische Belastung verursachen. Nach Übergang zur "Methangärung" werden diese Säuren weitgehend zu Methan und Kohlendioxid umgesetzt und nur die biologisch schwerer abbaubaren Restprodukte verbleiben im Sickerwasser. Neben der organischen Belastung sind vor allem die hohen Stickstoffgehalte von Bedeutung. Ferner müssen die organisch gebundenen Halogene (AOX) betrachtet werden, die zum überwiegenden Teil wenig flüchtig sind [1].
Die nachfolgende Tabelle enthält Konzentrationsbereiche bzw. Maximalwerte von Sickerwasserinhaltsstoffen für verschiedene Deponiearten.
Tabelle 1 Typische Sickerwasserinhaltsstoffe für verschiedene Deponiearten 1
Parameter | Bauschuttdeponien | Deponien für Industrieabfälle | Siedlungsabfalldeponien | Sonderabfalldeponien | ||
Säuregärung | Methangärung | |||||
pH- Wert | 7 - 8,5 | 7 - 10 | 4,5 - 7,5 | 7,5 - 9 | 6 - 12 | |
BSB5 | g/l | bis 0,1 | bis 4 | 4 - 40 | 0,02 - 0,6 | bis 15 |
CSB | g/l | 0,1 - 0,25 | 0,02 - 14,2 | 6 - 60 | 0,5 - 4,5 | 0,05 - 35 |
Sulfat | mg/l | bis 450 | 200 - 3600 | 70 - 1750 | 10 - 420 | 20 - 15000 |
Ca | mg/l | bis 350 | bis 100 | 10 - 2500 | 20 - 600 | |
Mg | mg/l | bis 50 | 50 - 1150 | 40 - 350 | ||
Fe | mg/l | 4 - 260 | bis 60 | 20 - 2100 | 3 - 250 | bis 2700 |
Mn | mg/l | bis 0,5 | bis 60 | bis 45 | ||
Zn | mg/l | 0,1 - 0,6 | bis 8 | bis 120 | bis 4 | bis 30 |
Chlorid | mg/l | 100 - 600 | 300 - 12300 | 100 - 5000 | 30 - 130000 | |
Na | mg/l | 100 - 300 | 100 - 1300 | 50 - 4000 | bis 21000 | |
K | mg/l | 100 - 3600 | 10 - 2500 | |||
NH4-N | mg/l | bis 30 | bis 2300 | 30 - 3000 | bis 6000 | |
Norg. | mg/l | 10 - 4250 | ||||
Nges-N | mg/l | 20 - 200 | bis 2500 | 50 - 5000 | ||
NO3-N | mg/l | bis 800 | bis 50 | bis 160 | ||
NO2-N | mg/l | bis 120 | bis 25 | bis 130 | ||
Pges | mg/l | bis 3 | bis 30 | bis 55 | ||
AOX | µ g/l | bis 20 | 200 - 6700 | 320 - 3500 | bis 36500 | |
As | µ g/l | 10 - 40 | bis 1600 | bis 250 | ||
Cd | µ g/l | n.n. | bis 160 | bis 140 | bis 2000 | |
Co | µ g/l | bis 1000 | ||||
Ni | µ g/l | bis 3200 | bis 2000 | bis 30000 | ||
Pb | µ g/l | bis 6 | bis 2600 | bis 1000 | bis 650 | |
Cr | µ g/l | bis 8 | 10 - 120 | 30 - 1600 | bis 35000 | |
Cu | µ g/l | bis 11 | 30 - 300 | bis 1400 | bis 8000 | |
Hg | µ g/l | n.n. | bis 1,8 | bis 50 | bis 50 | |
1) n.n. nicht nachweisbar; bei nur einem wert ist nur der Maximalwert angegeben; bei Angabe nur eines wertes reicht der Konzentrationsbereich von der Nachweisgrenze bis zum angegebenen Maximalwert. |
2.2 Abwasservermeidungsverfahren und Abwasserbehandlungsverfahren
2.2.1 Maßnahmen zur Abwasservermeidung
Möglichkeiten zur Abwasserverminderung bestehen in erster Linie durch Oberflächengestaltung wie Neigung, Abdeckung, Abdichtung und Auswahl des Bewuchses
des Deponiekörpers gegen das Eindringen von Niederschlägen nach Abschluss der Ablagerung entsprechend den abfallrechtlichen Vorschriften. Auch während des Betriebes kann die Sickerwassermenge durch geeignete Betriebswetse minimiert werden. Dazu zählen z.B. die Minimierung der offenen Einbauflächen, die Trennung von Sickerwasser und unverschmutztem Oberflächenwasser bei neuen Verfüllabschnitten und das Aufbringen einer temporären Abdichtung vor den endgültigen Abdichtungs- bzw. Abdeckungsmaßnahmen.
Mit Abdichtungen wird der Niederschlagswasserzutritt weitestgehend und mit Abdeckungen teilweise reduziert. Je nach Gestaltung und Bewuchs wird die
Verdunstung und der Oberflächenabfluss durch Abdichtungen und Abdeckungen erhöht. Außerdem kann durch seitliche Abdichtungsmaßnahmen wie Schlitz- und Dichtwände ein Eindringen von Grundwasser in den Deponiekörper vermindert werden. Abdichtungsmaßnahmen bewirken eine so hohe Reduzierung der Sickerwassermengen, dass nur die während der Ablagerung anfallenden Wassermengen und die Restfeuchte der Abfälle als Sickerwasser austreten und behandelt werden müssen. Eine weitere mögliche Maßnahme zur Abwasservermeidung kann die Rückführung des Sickerwassers auf die Deponie sein.
Das Sickerwasserbelastungspotenzial bleibt auch nach Abschluss der Ablagerung und Abdichtung erhalten, da ohne Wasserzutritt Abbauprozesse nur in geringem Maße stattfinden. Sobald zu einem späteren Zeitpunkt die Abdichtungen defekt werden, setzen die Abbauprozesse wieder ein mit der Folge, dass wieder belastetes Sickerwasser anfällt und behandelt werden muss.
Sickerwasserminimierende Maßnahmen haben erhebliche Auswirkungen auf die Dimensionierung der Sickerwasserbehandlungsanlage bzw. der Pufferbecken und sollten bei der Auslegung der Sickerwasserbehandlung berücksichtigt werden.
2.2.2 Maßnahmen zur Abwasserbehandlung
Die Auswahl des Behandlungsverfahrens setzt eine genaue Kenntnis der Abwasserzusammensetzung voraus. Die Möglichkeiten zur Sickerwasserbehandlung, um die Anforderungen nach dem Stand der Technik zu erfüllen, können grob in zwei Gruppen aufgeteilt werden. Zu den destruktiven Verfahren zählen biologische Verfahren, chemische Oxidation z.B. mittels Ozon, Ozon/UV, Wasserstoffperoxid/UV, Fenton's Reagenz und die Verbrennung. Zu den trennenden Verfahren zählen Membranverfahren, Adsorption, Fällung/Flockung, Eindampfung/Trocknung sowie die Strippung. Häufig ist die Reinigung des Sickerwassers bis zur geforderten Ablaufqualität nur durch Kombination mehrerer Verfahren möglich. Die einzelnen Stufen sollten dabei durch Zwischenspeicher entkoppelt werden. Vorversuche können als Planungsgrundlage dienen.
Für einen sicheren Betrieb der Sickerwasserbehandlungsanlage ist ein ausreichendes Speichervolumen für das Rohsickerwasser bereitzustellen und auf eine geeignete, d.h. ausreichend dimensionierte Anlage zu achten.
Sofern keine länderspezifischen Regelungen gelten, kann von den folgenden Überlegungen ausgegangen werden. Die Behandlungsanlage wird in der Regel auf einen mittleren Sickerwasseranfall, die Kapazität der Sickerwasserspeicher auf Starkregenereignisse ausgelegt [2]. Da die Behandlungsanlage auf Grund von Wartungsarbeiten und Störungen nicht durchgehend funktionsbereit sein kann und außerdem das gespeicherte Sickerwasser nach größeren Niederschlagsereignissen "abgearbeitet" werden muss, ist bei der Berechnung der Anlagenleistung ein Sicherheitsfaktor von ca. 1,2 zu berücksichtigen. Bei der Auswahl der Werkstoffe für die Behandlungsanlage ist auf die Verwendung von beständigen Materialien zu achten, da Sickerwasser ein sehr aggressives Medium ist.
2.2.2.1 Biologische Verfahren
Praktisch ist jedes organisch belastete Sickerwasser biologisch behandelbar. In integrierten Konzepten der Sickerwasserbehandlung stellen biologische Verfahren in Kombination mit chemischen/physikalischen Verfahrensschritten wie chemische Oxidation oder Aktivkohle-Adsorption effiziente Lösungen dar. In der Verfahrenskette werden die biologischen Verfahren in der Regel als erste Stufe eingesetzt. Sie bewirken eine Steigerung der Effektivität der folgenden Behandlungsstufen. In nachgeschalteten Membranverfahren wird das Fouling (biologischer Bewuchs der Membranen) gesenkt.
Aufgabe der aeroben Stufe ist es, die leicht abbaubaren organischen Kohlenstoffverbindungen unter Sauerstoffverbrauch zu Kohlendioxid und Wasser zu oxidieren sowie in Überschussschlamm umzuwandeln und die reduzierten Stickstoffverbindungen weitgehend mikrobiell durch den Prozess der Nitrifikation zu Nitrat zu oxidieren. Bei der anschließenden Denitrifikation erfolgt die Umwandlung von Nitrat zu Stickstoffgas [1]. Leicht abbaubare Substanzen entstehen insbesondere in der anfänglich "Sauren Phase" des Deponiebetriebes.
In der Praxis werden hauptsächlich Belebungsverfahren eingesetzt. In einigen Fällen kommen auch Biofilmanlagen, wie Tauchkörper-Anlagen und Festbettanlagen zum Einsatz. Das Belebungsverfahren ist bei Sickerwasser sowohl bei hohen als auch bei niedrigen Gehalten an biologisch abbaubaren Stoffen geeignet. Bei Biofilmanlagen kann organisch hoch belastetes Abwasser zu Problemen führen [1]. In der Regel sind biologische Anlagen abzudecken und mit Abluftbehandlungsanlagen auszustatten, da es zur Ausgasung leichtflüchtiger Sickerwasserinhaltsstoffe, z.B. von halogenierten Kohlenwasserstoffen kommen kann. Konventionelle Tropfkörperanlagen erreichen bei geringen Außentemperaturen keine ausreichende Reinigungsleistung. Im Allgemeinen fällt bei der biologischen Reinigung nur eine geringe Menge an Überschussschlamm an. Im Sickerwasser vorhandene Grobstoffe sind durch vorgeschaltete technische Einrichtungen der Anlage fernzuhalten. Hohe Salzgehalte können infolge von Ausfällungen zu Problemen bei der Biomasseabtrennung mittels Membrananlagen führen.
Bei den Belehungsanlagen werden zunehmend leistungsfähige kompakte Bioreaktoren (z.B. SBR Reaktoren oder sogenannte Druckbiologien mit einer verbesserten Sauerstoffausnutzung gegenüber herkömmlichen Biologien) mit nachgeschalteten Membranstufen (Ultrafiltration bzw. Mikrofiltration) zur Abtrennung der Biomasse eingesetzt (s. Abbildung 1). Damit werden sehr hohe Belebtschlammgehalte ermöglicht (bis 25 g TS/l), so dass die Umsatzleistung erhöht und das Bauvolumen wesentlich verringert werden kann.
Abbildung 1: Verfahrensprinzip einer biologischen Reinigung von Sickerwasser
Während Sickerwasser aus der "Sauren Phase" relativ gut abbaubar ist, verringert sich das BSB5/CSB-Verhältnis im Übergang zur Methanphase auf < 0,1. Der durchschnittliche CSB-Eliminationsgrad fällt von über 90 % auf ca. 40 - 60 %; der CSB im Ablauf liegt dann noch zwischen 400 und 1500 mg/l. Ein Abbau des BSB5 auf Werte unterhalb 20 mg/l ist bei entsprechender Auslegung erreichbar. Erfahrungen mit großtechnischen Anlagen (Belebungsanlagen, Tauchkörper-Anlagen) zeigen, dass die Anforderung an Nges sicher eingehalten wird und sich dabei Ammonium-Stickstoff-Ablauf werte von unter 10 mg/l erreichen lassen.
Wegen der hohen Stickstoffgehalte im Sickerwasser kommt der Denitrifikation eine besondere Bedeutung zu. Großtechnische Erfahrungen liegen bisher nur mit der vorgeschalteten Denitrifikation in Belebungsanlagen vor. Grundsätzlich ist auch eine nachgeschaltete Denitrifikation einsetzbar. Für die Denitrifikation müssen jedoch genügend leicht abbaubare organische Substanzen vorhanden sein. Als Maßzahl kann das Verhältnis von abbaubarem CSB zu denitrifizierendem Nitratstickstoff herangezogen werden. Nach bisherigen Untersuchungsergebnissen gilt ein Verhältnis von 4,5 als ausreichend. In der Regel sind nur bei Sickerwasser aus der "Sauren Phase" genügend leicht abbaubare Substanzen vorhanden. Reichen diese nicht aus, muss Kohlenstoff zudosiert werden. Üblicherweise werden Reinsubstrate wie z.B. Essigsäure oder Methanol verwendet, wobei für verschiedene Kohlenstoffquellen unterschiedliche Denitrifikationsraten anzusetzen sind. Bei Zugabe von Methanol kann eine Adaptionszeit notwendig sein. Versuche zeigen, dass eine Denitrifikation auch mit dem Methan des Deponiegases möglich ist. Da die Menge an abbaubarem CSB bei Sickerwasser aus der Methanphase nicht kalkulierbar ist, sollte bei der Auslegung davon ausgegangen werden, dass der CSB-Bedarf vollständig durch Kohlenstoffzugabe gedeckt werden muss. Hinweise zur Bemessung verschiedener Anlagentypen finden sich in [1] und [4].
Des Weiteren sind bei der biologischen Sickerwasserbehandlung u.a. folgende Punkte zu beachten:
2.2.2.2 Chemische Oxidation
Schwer abbaubare organische und toxische Inhaltsstoffe, die sich nach einer biologischen Vorbehandlung meist noch im Sickerwasser befinden, können mit der Chemischen Oxidation eliminiert werden. Dabei können diese Stoffe mit Hilfe starker Oxidationsmittel zerstört werden. Als Oxidationsmittel werden in erster Linie Ozon (Abbildung 2) und Wasserstoffperoxid (Abbildung 3) einzeln oder in Kombination mit UV-Bestrahlung oder einem Katalysator eingesetzt. Bei weitgehender Umsetzung erfolgt eine vollständige Mineralisierung der Inhaltsstoffe oder sie werden in biologisch abbaubare Stoffe überführt, die einer Nachbehandlung bedürfen (in der Regel eine biologische Stufe). Der Vorteil gegenüber anderen, weiteren Behandlungsverfahren ist, dass keine Abfälle entstehen, die entsorgt werden müssen.
Eine wichtige Voraussetzung für eine optimale Wirksamkeit der Anlage ist feststofffreies Sickerwasser. Um verlässliche Planungsgrundlagen zu erhalten und einen optimalen Verfahrensablauf zu gewährleisten, sollten nach Möglichkeit Laborversuche und gegebenenfalls halbtechnische Versuche vor Ort durchgeführt werden. Eine chemische Oxidation von Rohsickerwasser ist in der Regel nicht zweckmäßig.
Ozon
Ozon (O3) ist ein starkes Oxidationsmittel. Das Oxidationspotenzial reicht in vielen Fällen zur direkten Umwandlung der organischen Inhaltsstoffe aus, ggf. ist eine zusätzliche UV-Behandlung hilfreich. Es ist ein nicht lagerbares Gas und muss deshalb am Verbrauchsort aus Luft oder Sauerstoff unter Einsatz elektrischer Energie erzeugt werden. Wegen der Toxizität des Ozons (MAK-Wert = 0,2 mg/m3) sind an die Sicherheitseinrichtungen (z.B. Restozonvernichter und Raumluftüberwachung) besonders hohe Anforderungen zu stellen. Hohe Salzgehalte des Abwassers schränken die Anwendbarkeit wegen des Ozonzerfalles ein.
Abbildung 2: Verfahrensprinzip einer Oxidation mit Ozon
Die Oxidation mit Ozon beinhaltet Reaktionen zwischen Flüssig- und Gasphase. Während die Generator-Auswahl nach dem Ozonbedarf erfolgt, müssen Reaktoren und Eintragsaggregate auf das jeweilige Abwasser abgestimmt werden. Bei geringem spezifischen Ozonbedarf genügt oft eine einfache Blasensäule mit Reaktionszeiten von 5 bis 10 Minuten. Steigt die benötigte Menge, sind intensive Begasungssysteme (Siebbodenkolonnen, Umlauf- oder Druckreaktoren) mit Reaktionszeiten bis zu 20 Stunden erforderlich.
Zur Eliminierung werden zwischen 2,3 und 3 g Ozon/g CSB eliminierte benötigt. In Versuchen wurden die Randbedingungen für durchschnittlich gut oxidierbares Sickerwasser für die Oxidation mit Ozon ermittelt. Es ist eine Reaktionszeit von 5 h/kg CSB eliminierte (entspricht einer Raumumsatzrate von 200 mg/l ⋅ h) und ein pH-Wert im basischen Bereich erforderlich. Stickstoffverbindungen werden bis zum Nitrat oxidiert.
Wasserstoffperoxid 1 UV-Behandlung
Wasserstoffperoxid (H202) ist als wässrige Lösung im Handel erhältlich und wird meist als 30 bis 50 %ige Lösung dem Sickerwasser zudosiert [3]. Für den Abbau der organischen Sickerwasserinhaltsstoffe reicht das Oxidationspotenzial von Wasserstoffperoxid ohne Aktivierung nicht aus. Durch die Zugabe von zweiwertigem Eisen als Katalysator (Fenton's Reagenz) oder den Einsatz von UV-Licht kann die Wirksamkeit durch verstärkte Radikalbildung verbessert werden. Wasserstoffperoxid ist als wässrige, stabilisierte Lösung eine gut lagerbare, mit Sickerwasser problemlos zu mischende Flüssigkeit, so dass der technische Aufwand gering gehalten werden kann.
Üblicherweise erfolgt die Verwendung von Wasserstoffperoxid in Kombination mit UV-Licht. Durch die UV-Bestrahlung werden aus dem Oxidationsmittel hochreaktive Hydroxylradikale (OH-Radikale) gebildet. Zusätzlich absorbieren die Schadstoffe Energie des UV-Lichtes und erfahren so eine Änderung ihrer chemischen Zusammensetzung, wodurch sie reaktionsfreudiger gegenüber chemischen Oxidationsmitteln werden. Als Strahlenquelle werden meist Hg-Niederdrucklampen mit Emissionsmaxima bei 185 nm und 254 nm oder Hg-Hochdrucklampen mit einer höheren Lichtausbeute und einem breiteren Spektrum eingesetzt. Der Einfluss der Strahlungsfrequenz auf die Anregung des Oxidationsmittels oder der zu oxidierenden Substanzen muss im Einzelfall überprüft werden.
Abbildung 3: Verfahrensprinzip einer H2O2 / UV-Oxidation
Die Effektivität der UV-Bestrahlung und damit der Oxidation wird durch Ablagerungen bei trüben bzw. zur Verkrustung neigendem Abwasser beeinträchtigt. Deshalb ist ein Vorschalten von Rückhalteeinrichtungen (Tuch- bzw. Sandfilter vor der Oxidationsstufe) vorzusehen. Ebenso wird die Reaktion durch "Radikalfänger" wie Carbonate/Hydrogencarbonate oder Alkylverbindungen gebremst. Neben hohen Eisen- und Mangangehalten erfordern hohe Nitrat- und Nitritgehalte im Abwasser sehr viel höhere Energieeinträge mittels UV-Strahlung, deshalb sollte der chemischen Oxidation mit UV-Bestrahlung eine Nitratentfernung (z.B. Denitrifikation) vorgeschaltet werden.
Bei der Oxidation mit Wasserstoffperoxid handelt es sich um ein reines Flüssigphasen-Verfahren mit konventionellen Dosierstationen für die benötigten Chemikalien. Die realisierten Anlagen unterscheiden sich nur im Hinblick auf die Verweilzeit und die Anordnung der Strahler bei Kombinationen mit UV-Bestrahlung. Die Oxidation mit Wasserstoffperoxid/UV erfolgt in Reaktoren, bei denen die UV-Lampen entweder in das Abwasser eintauchen (Tauchlampenreaktor) oder das Abwasser berührungsfrei als Film an den vertikal angeordneten UV-Lampen vorbeigeführt wird (Fallfilmreaktor). Bei den Tauchlampenreaktoren ist eine regelmäßige Reinigung notwendig, da das Sickerwasser zur Belagbildung neigt und damit der Strahlungseintrag deutlich reduziert wird. Je nach Sickerwasser sind Wasserstoffperoxidmengen von 2,5 bis 3,0 g H2O2/g CSB eliminierte notwendig. Für die Oxidation mit Wasserstoffperoxid ist in der Regel die Einstellung eines pH-Wertes im sauren Bereich und ein Energieeinsatz von ca. 500 kWh/kg CSB eliminierte bei Verwendung von UV-Hochdruckstrahlern erforderlich. In vielen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass bei Unterschreiten einer CSB-Konzentration von 200 mg/l auch der AOX-Gehalt unter dem Überwachungswert von 0,5 mg/l liegt. Durch die chemische Oxidation kann der nach der biologischen Vorbehandlung verbleibende organisch gebundene Stickstoff (20 - 150 mg Norg/l) im Sickerwasser oxidiert werden.
Bei der chemischen Oxidation sind außerdem folgende Punkte zu beachten:
2.2.2.3 Verbrennung
Die Verbrennung ist ein Verfahren zur Entsorgung von hochbelastetem Sickerwasser durch Zerstörung organischer Wasserinhaltsstoffe und Überführung anorganischer Salzfrachten zur Trockene. Vor der Verbrennung sind zur Einengung des Sickerwassers die Umkehrosmose, Ultrafiltration oder Eindampfung geeignet. In der Regel werden Sickerwasser oder Sickerwasserkonzentrate zusammen mit anderen Abfällen verbrannt. Unterschieden werden das Niedrigtemperaturverfahren, das in der Wirbelschicht stattfindet, und das Hochtemperaturverfahren.
Die Wirbelschichtverbrennung bei Temperaturen um 750 °C verdampft das aufgegebene Wasser durch den intensiven Wärmetausch im Wirbelbereich. Die organischen Inhaltsstoffe werden oxidiert, die anorganischer; Inhaltsstoffe agglomerieren in der Wirbelschicht und werden abgezogen.
Die Hochtemperaturverbrennung arbeitet im Bereich zwischen 1000 und 1300 °C. Im Brennermund wird das zu verbrennende Medium zumeist mit Pressluft verdüst und durch die Verbrennung gleichzeitig eingedüster Zusatzbrennstoffe verdampft und dabei vollständig oxidiert. Die Verbrennungsrückstände werden in den dem Feuerraum nachgeschalteten Aggregaten abgeschieden.
Bei der Verbrennung von Abwasser und salzhaltigen Konzentraten sind folgende Punkte zu beachten:
2.2.2.4 Membranverfahren
Membranverfahren wie die Ultrafiltration, Nanofiltration und Umkehrosmose sind rein physikalisch arbeitende Verfahren zur Stofftrennung, bei denen das zu behandelnde Abwasser weitgehend in das Lösungsmittel Wasser (Permeat) und eine aufkonzentrierte Phase (Konzentrat) getrennt wird. Die Triebkraft für die Trennoperationen resultiert dabei aus einer transmembranen Druck- bzw. Konzentrationsdifferenz. Unterschiede zwischen den einzelnen Varianten bestehen in der Porenweite der Membranen. Membranverfahren sind in der Regel für alle Sickerwasserarten insbesondere auch für feststoffreiches Wasser geeignet. Die Beständigkeit der verwendeten Membran hängt von der Art der Inhaltsstoffe und deren Konzentrationen ab. Mit steigender Aufkonzentration wächst der Anteil an kolloidalen und organischen Substanzen in der Lösung, die auf der Membranoberfläche zu einer Verblockung (Fouling) führen können. Ist das Sickerwasser stark mit anorganischen Salzen belastet, können durch die Aufkonzentration die Löslichkeitsgrenzen der Salze (besonders CaCO3, CaSO4, Kieselerde) überschritten werden, die ebenfalls die Membran zusetzen können (Scaling). Zur Gewährleistung gleichmäßiger Ablaufwerte ist daher eine regelmäßige Reinigung nötig. Je nach erforderlicher Trennleistung werden unterschiedliche Membrananlagen wie Umkehrosmose, Nano- oder Ultrafiltration eingesetzt.
Eine Umkehrosmose-Anlage (s. Abbildung 4) besteht im Wesentlichen aus:
Abbildung 4: Verfahrensprinzip einer zweistufigen Umkehrosmose-Anlage
Das Abwasser wird nach einer Grobstoffentfernung der Membrananlage mittels Hochdruckpumpe zugeführt. Zur Abtrennung des NH4-N ist der pH-Wert auf einen Bereich von 6,5 bis 7 einzustellen. Um definierte Strömungs- und Druckzustände zu erhalten, wird das Medium mittels Umwälzpumpen durch die Module gefördert (Rezirkulationssystem). Für unterschiedliches Sickerwasser (besonders Feststoffanteil) wurden verschiedene Modultypen entwickelt, wie z.B. Rohr-, Wickel-, Platten- oder Kissenmodule. Die Module können, je nach Einsatzart, parallel oder in Serie angeordnet werden.
Das Verfahren ist besonders dort geeignet, wo die weiterzubehandelnde Sickerwassermenge (Konzentrat) durch Aufkonzentrierung minimiert werden soll. Erfahrungsgemäß kann ein Aufkonzentrierungsfaktor von 5 erreicht werden. Mit einer Umkehrosmose lassen sich die in Tabelle 2 dargestellten Trennleistungen erreichen.
Tabelle 2: Trennleistung der Umkehrosmose
Parameter/Stoffgruppe | einstufige Anlage | zweistufige Anlage |
CSB | 99% | 95 - 99% |
BSB5 | 90% | > 99% |
NH4-N | 75 % | 99 - 98% (ha pH 6,5) |
AOX | 85 - 95% | 95 - 99% |
Chlorid | 89% | 90 - 99 |
Schwermetalle | 90 - 95 % | > 99 % |
Das größte Optimierungspotenzial bei der Umkehrosmosetechnik besteht in einer Erhöhung des Betriebsdruckes und somit in einer Verringerung der Konzentratmenge. Der Aufkonzentrierungsfaktor ist insbesondere durch den Salzgehalt des Sickerwassers begrenzt. Die Anforderungen des Anhangs können durch eine zweistufige Anlage ohne Nachbehandlung des Permeats sicher erreicht werden. Das Konzentrat kann durch Eindampfung und/oder Verbrennung weiterbehandelt und in einer Untertagedeponie abgelagert bzw. verbrannt werden. In Verfahrenskombinationen kann die Umkehrosmose nach einer biologischen Behandlung oder Ultrafiltration eingesetzt werden (vgl. auch Tabelle 4 in Nummer 2.2.2.9).
Nanofiltration, Ultrafiltration
Bei der Nanofiltration können kleine organische Moleküle sowie einwertige Ionen, z.B. Chlorid (40 - 90 % Rückhalt [1]), die Membran fast vollständig passieren, während größere organische Moleküle sowie zweiwertige Ionen, z.B. Sulfat, zurückgehalten werden (CSB 80 - 90 %, AOX 70 - 90 % Rückhalt [1]). Nano- und Ultrafiltration erlauben im Vergleich zur Umkehrosmose wesentlich geringere Betriebsdrücke und damit verbunden einen geringeren Energieeinsatz. Außerdem sinkt auch die Gefahr einer Verblockung der Membran durch auskristallisierende Salze. Die Nanofiltration wird auf Grund ihres spezifischen Rückhaltevermögens nur nach einer biologischen Behandlung eingesetzt. Die biologisch nur schwer oder nicht abbaubaren Stoffe, die sich nach einer biologischen Vorbehandlung noch im Abwasser befinden, werden durch die Nanofiltermembran in hohem Maße zurückgehalten, da es sich in der Regel um größere Moleküle handelt. Aufgrund der geringeren Trennleistung im Vergleich zur Umkehrosmose werden halogenierte Kohlenwasserstoffe und Schwermetalle in der Regel nur soweit entfernt, wie sie an Schwebstoffen adsorbiert sind oder in ungelöster Form vorliegen.
Ultrafiltrationsanlagen werden meist zur Feststoffabtrennung nach einer biologischen Behandlung eingesetzt. Ziel ist es, den Belebtschlammanteil in der biologischen Stufe und damit die Abbauleistung zu erhöhen.
2.2.2.5 Adsorption
Unter den Adsorptionsverfahren werden alle Möglichkeiten zusammengefasst, bei denen gelöste Sickerwasserinhaltsstoffe an der Oberfläche eines Feststoffes angelagert werden. Als Adsorptionsmittel werden hauptsächlich Aktivkohle, Braun- und Steinkohlekoks eingesetzt. Alle Adsorbentien zeichnen sich durch ihre große innere Oberfläche aus.
Aktivkohle
Die Adsorption an Aktivkohle dient hauptsächlich der Abtrennung von organischen Inhaltsstoffen aus dem Abwasser. Aktivkohle besitzt eine poröse Struktur und hat eine innere Oberfläche von 500 bis 1500 m /g. Zwei unterschiedliche Arten der Prozessführung (s. Abbildung 5) zur Adsorption an Aktivkohle kommen derzeit zum Einsatz:
Abbildung 5: Verfahrensprinzip von Aktivkohle-Adsorptions-Anlagen
Es ist sinnvoll, Feststoffe vor der Aktivkohle-Behandlung abzutrennen (z.B. durch Filtrieren), da diese die Oberfläche der Aktivkohle belegen und damit die vorhandenen Porenstrukturen blockieren. Sollen selektiv einzelne Schadstoffe oder Schadstoffgruppen (z.B. AOX) aus dem Abwasser entfernt werden, so ist das Verfahren durch Vorversuche so zu optimieren, dass unter Berücksichtigung der speziellen Eigenschaften dieses Abwassers (Art und Menge der Inhaltsstoffe) das Verfahren an diesen speziellen Einzelfall angepasst wird (z.B. Form und Eigenschaften der Kohle, Adsorptionszeit, Säulengrößen und -anordnungen). Beladungen von 100 - 250 mg CSB pro g Aktivkohle können erreicht werden [1]. Kontrolliert wird in der Praxis meist nur der CSB im Ablauf der Filtereinheiten.
Adsorbersäulen werden als Reinigungsstufe entweder für gering belastetes Sickerwasser oder ggf. nach biologischer Vorreinigung, in Konzentratkreisläufen (z.B. nach chemischer Oxidation) oder zur Qualitätssicherung des gereinigten Sickerwassers eingesetzt.
Die alleinige Anwendung der Adsorption an Aktivkohle führt in der Regel nicht zu den geforderten Ablaufwerten, da polare organische Stoffe unvollständig, Salze, Metall- und Ammonium-Ionen nicht entfernt werden können.
Braun- und Steinkohlekoks
Braun- und Steinkohlekoks besitzen eine wesentlich kleinere Oberfläche als Aktivkohle. Auf Grund der relativ geringen Beschaffungskosten wird eine Regenerierung der beladenen Adsorber nicht durchgeführt. Der Einsatz von Braun- und Steinkohlekoks beschränkt sich daher auf die Zudosierung in die biologische Stufe.
2.2.2.6 Fällung/Flockung
Hauptziel der Anwendung der Fällung/Flockung für Sickerwasser ist die Reduzierung der organischen Inhaltsstoffe (CSB, AOX). Optimale Eliminationsraten in Bezug auf den CSB lassen sich bei Einsatz von Eisen und Aluminiumsalzen bei folgenden Betriebsbedingungen erreichen:
Unter optimalen Betriebsbedingungen lassen sich CSB-Eliminationsraten von größer 50 % erreichen. Insgesamt zeigt sich, dass die Fällung/Flockung um so effektiver ist, je geringer das BSB5/CSB-Verhältnis ist (optimal bei BSB5/CSB < 0,1). Darum ist eine vorgeschaltete Biologie sinnvoll. In ähnlicher Größenordnung wie bei CSB liegt auch die AOX-Eliminationsrate. Für die Einhaltung geringer Eisen- und Aluminiumwerte ist die Einhaltung eines optimalen pH-Wertes von besonderer Bedeutung.
Der bei der Fällung/Flockung entstehende Schlamm zeigt schlechte Absetzeigenschaften, so dass die Sedimentationsräume entsprechend groß ausgelegt werden müssen. Gegebenenfalls ist die Sedimentation durch eine Filtration zu ersetzen. Der anfallende Schlamm muss ordnungsgemäß als Abfall entsorgt werden.
Bei Sickerwasser aus Siedlungsabfalldeponien ist eine spezielle Elimination von Metallen durch Fällung nur in Einzelfällen erforderlich. Sollte eine Metallfällung z.B. bei Sickerwasser aus Sonderabfalldeponien erforderlich sein, müssen auf jeden Fall Vorversuche durchgeführt werden, da in diesen Fällen die Bemessungs- und Dosieranleitungen aus der Industrieabwasserreinigung nicht zutreffen.
Beim Einsatz von Flockungshilfsmitteln ist darauf zu achten, dass Alkylphenolethoxylate (APEO) nicht enthalten sind. Der Verband der Textilhilfsmittel-, Lederhilfsmittel-, Gerbstoff- und Waschmittelrohstoffindustrie (TEGEWA) hat sich verpflichtet, die umweltgefährdenden Alkylphenolethoxilate (APEO) in Polyacrylamid-Emulsionspolymeren, die zur Abwasser- und Klärschlammbehandlung eingesetzt wurden, bis zum 31. Dezember 2001 durch umweltverträgliche Fettalkoholethoxylate zu ersetzen.
2.2.2.7 Eindampfung
Die Eindampfung ist ein Verfahren zur Abtrennung des Wassers von Inhaltsstoffen durch Erhitzen und eine dadurch bedingte Aufkonzentrierung der Lösung bis zum Kristallbrei oder zur Trockene. Das Verfahren ist vor allem dort geeignet, wo aus hochbelastetem Sickerwasser gezielt sämtliche nicht wasserdampfflüchtigen Inhaltstoffe praktisch vollständig eliminiert werden sollen. Mit der Eindampfung kann auch voreingedicktes Sickerwasser (z.B. Konzentrate aus der Umkehrosmose oder Ultrafiltration) weiter konzentriert werden.
In Abbildung 6 ist als Beispiel eine mehrstufige Eindampfanlage dargestellt. Hier wird im ersten Schritt das Sickerwasser nach einer pH-Wert-Regulierung einer Stripperkolonne zugeführt, um nahezu den gesamten Ammoniak sowie leicht- und wasserdampfflüchtige organische Verbindungen abzutrennen. Die erste Eindampfstufe ist ein mit Frischdampf beheizter Zwangsumlaufverdampfer mit Umwälzpumpe. In den folgenden Stufen, die ebenfalls als Zwangsumlaufverdampfer ausgelegt sind, wird mit den Brüden der jeweils vorhergehenden Stufe beheizt. Die Brüden der letzten Verdampfungsstufe werden im nachgeschalteten Kondensator als Destillat niedergeschlagen.
Abbildung 6: Fließschema einer Sickerwassereindampfanlage
Durch Säure- und Laugezugabe kann sauer oder basisch destilliert werden. Wasserdampfflüchtige Stoffe können nicht oder nur durch entsprechende Vor- oder Nachbehandlung aus dem Destillat entfernt werden. Bei der Werkstoffwahl für die Eindampfanlage sind die korrosiven Eigenschaften des Sickerwassers zu berücksichtigen. Verkrustungen müssen vermieden oder entfernt werden. Gegen Schaumbildung muss Vorsorge getroffen werden. Vor dem Eindampfen kann eine Abtrennung von ungelösten Inhaltsstoffen erforderlich sein. Die Kondensate sind in der Regel noch durch flüchtige organische Stoffe belastet. Dies bedingt eine weitere Behandlung der Kondensate z.B. in einem Aktivkohlefilter oder einer biologischen Reinigungsstufe. Die Abluft aus der Eindampfanlage wird behandelt. Die Eindampfung wird in den meisten Fällen zur weiteren Einengung von Konzentraten aus der Umkehrosmose eingesetzt. Das dabei entstehende, noch organisch belastete Kondensat kann in die Umkehrosmose zurückgeführt oder wie oben beschrieben nachbehandelt werden.
Auf Grund des sehr hohen Verbrauches an Frischdampf ist dieses Verfahren auf Standorte begrenzt, die kostengünstig mit Dampf versorgt werden können (z.B. Nutzung von Deponiegas, Frischdampf aus benachbarter Abfallverbrennungsanlage, andere Energieerzeuger in der näheren Umgebung). Die Tabelle 3 zeigt die Zulauf- und Ablaufwerte einer Eindampfanlage für zwei Sickerwasserströme.
Tabelle 3: Beispielhafte Zulauf- und Ablaufwerte einer Sickerwassereindampfanlage
Parameter | Zulauf Deponie A ohne biologische Vorbehandlung | Zulauf Deponie B nach biologischer Vorbehandlung | Ablauf Verdampfungsanlage (Destillat) | |
pH-Wert | 9,0 | 8,2 | 8,7 | |
Leitfähigkeit | mS/cm | 64 | 36 | 2,5 |
Kohlenwasserstoffe | mg/l | 934 | k.A. | 7 |
TOC | mg/l | k.A. | k.A. | 44 |
CSB | mg/l | 8160 | 321 | 153 |
Phenol-Index | mg/I | 28 | 0,4 | 1,2 |
Ammoniom | mg/l | 1180 | 453 | 44 |
Selfat | mg/l | 18300 | 8450 | 20 |
AOX | mg/I | 33 | k.A. | 0,2 |
k.A. = keine Angabe |
2.2.2.8 Strippung
Strippprozesse können im Bereich der eigentlichen Sickerwasseraufbereitung und bei der weitergehenden Behandlung von Konzentraten eingesetzt werden. Durch Verschieben des pH-Wertes können ein wesentlicher Teil der organischen Inhaltsstoffe, insbesondere die meist leichtflüchtigen organisch gebundenen Habgene und Ammoniak abgetrennt werden. Nachteil dieses Verfahrens ist der erhebliche Aufwand an Energie und Chemikalien, die zur pH-Wert-Einstellung erforderlich sind.
Üblicherweise wird in einer Kolonne gestrippt, in der zur besseren Durchmischung der gasförmigen und flüssigen Phase Böden oder Füllkörper eingebaut sind. Ammoniak aus dem Strippgasstrom wird meist durch Absorption in Schwefelsäure eliminiert. Das Ammoniumsulfat muss wegen der Verunreinigungen als Sonderabfall entsorgt werden. Enthält die Abluft leichtflüchtige organisch gebundene Halogene, erfolgt die weitere Reinigung durch Adsorption an Aktivkohle. Abluft mit niedrigen AOX-Gehalten kann z.B. mit Hilfe von Biofiltern gereinigt werden. Schwierigkeiten beim Betrieb einer Strippkolonne treten auf, wenn im Zulauf Feststoffe vorhanden sind oder das Sickerwasser zu Verkrustungen oder Schaumbildung neigt.
2.2.2.9 Verfahrenskombinationen
Die Anforderungen nach dem Stand der Technik werden meist nur durch Kombination verschiedener Behandlungsverfahren erreicht. In Tabelle 4 sind mögliche Verfahrenskombinationen aufgelistet. Die Abbildungen 7 und 8 zeigen Beispiele für mehrstufige Sickerwasserreinigungsanlagen.
Abbildung 7: Mögliche Verfahrenskombination zur Reinigung von Sickerwasser
Tabelle 4: Übersicht über mögliche Verfahrenskombinationen
Verfahrenskombination | Vorteile | Nachteile |
Biologie - Filtration - Membranfiltration (mit Konzentratbehandlung) | hohe Ablaufqualität | aufwendige Verfahrenstechnik |
Biologie - Filtration - Chemische Oxidation | kaum Reststoffe | aufwendige Verfahrenstechnik |
Biologie - Filtration - Aktivkohle - Adsorption | - kostengünstig - einfache Verfahrenstechnik | Aktivkohle nur zur z.T. regenerierbar |
Biologie - Nanofiltration | geringe Auslegung der Oxidation oder Adsorption | aufwendige Verfahrenstechnik |
Konzentratbehandlung durch chemische Oxidation oder Aktivkohle - Adsorption mit Rückführung in die Biologie | ||
Biologie - Fällung/Flockung - Aktivkohle - Adsorption | - kostengünstig - einfache Verfahrenstechnik | u.U. Behandlung des Flockungsschlamms nötig |
Umkehrosmose- - Konzentrataufbereitung (Eindampfung/Trocknung) | hohe Ablaufqualität | - hoher Energieverbrauch - hoher Reststoffanfall - Materialprobleme - aufwändige Verfahrenstechnik |
Nanofiltration - Umkehrosmose | ||
Umkehrosmose - Verbrennung des Konzentrats | ||
Strippung - Eindampfung - Trocknung |
Abbildung 8: Mehrstufige Sickerwasserbehandlungsanlage
2.3 Abfallverwertung und Abfallbeseitigung
Die anfallenden Abfälle sind nach den abfallrechtlichen Vorschriften zu entsorgen.
3 Auswahl der Parameter, für die Anforderungen zu stellen sind
3.1 Hinweise für die Auswahl der Parameter
Der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) ist ein Maß für
die chemisch oxidierbaren Inhaltsstoffe. Der CSB wurde aufgenommen, weil er als Summenparameter die Beurteilung der Abbauleistung der Abwasserbehandlungsanlage ermöglicht. Mit dem CSB werden auch die schwer abbaubaren organischen Stoffe erfasst. Er ist ein für die Abwasserabgabe maßgebender Parameter.
Mit dem biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB9) werden die im Abwasser vorhandenen, biologisch abbaubaren, organischen Inhaltsstoffe erfasst. Der BSB5 wurde aufgenommen, weil er ein geeigneter Summenparameter zur Beurteilung der biologischen Reinigungsleistung ist. Er ist ein Maß für die durch die Einleitung zu erwartende Sauerstoffzehrung im Gewässer.
Stickstoff, gesamt, als Summe von Ammonium-, Nitrit- und Nitratstickstoff, wurde aufgenommen, weil Stickstoffverbindungen als Nährstoffe das Algenwachstum fördern und neben Phosphor limitierender Faktor für die Eutrophierung werden können. Er ist ein für die Abwasserabgabe maßgebender Parameter.
Phosphor, gesamt, wurde aufgenommen, weil er als Pflanzennährstoff das Algenwachstum fördert. Phosphor ist in vielen Gewässern limitierender Faktor für die Eutrophierung. Er ist ein für die Abwasserabgabe maßgebender Parameter.
Kohlenwasserstoffe, gesamt, können Inhaltsstoffe von Sickerwasser sein. Sie liegen in gelöster, emulgierter oder in ungelöster Form vor und können die Gewässerbeschaffenheit in verschiedener Hinsicht beeinträchtigen
Stickstoff aus Nitrit (N02-N), wurde aufgenommen, da dieser Parameter im Sickerwasser auftreten kann. Nitrit ist bereits in geringen Konzentrationen gegenüber Wasserorganismen toxisch.
Der AOX ist ein Maß für die Summe an adsorbierbaren organisch gebundenen Halogenen. Ferner ist er ein für die Abwasserabgabe maßgebender Parameter.
Quecksilber, Cadmium, Blei, Kupfer, Nickel, Chrom, Zink und Arsen können je nach abgelagerten Stoffen im Sickerwasser enthalten sein. Mit Ausnahme von Zink und Arsen sind sie auch Parameter des Abwasserabgabengesetzes.
Sulfid und Cyanid, leicht freisetzbar, sind typische Inhaltsstoffe des Sickerwassers und wurden aufgenommen, weil sie toxisch gegenüber Wasserorganismen sind.
Die Fischgiftigkeit (GF) des Abwassers ist ein Maß für die Schädlichkeit. Sie ist ein für die Abwasserabgabe maßgebender Parameter.
Die Daphniengiftigkeit (GD) und die Leuchtbakteriengiftigkeit (Gl) sind ein Maß für die Schädlichkeit des Abwassers und ein Kriterium für die Zulassung zur nachfolgenden gemeinsamen biologischen Behandlung. Sie ergänzen den Fischgiftigkeitstest über die trophischen Ebenen (Produzenten und Konsumenten). Die Salzkorrektur ist nach Nr. 505 der Anlage zu § 4 AbwV geregelt.
3.2 Hinweise für die Auswahl von Parametern, die gegebenenfalls im Einzelfall zusätzlich begrenzt werden sollen
Im Einzelfall kann es erforderlich sein, zusätzlich den pH-Wert, die Temperatur und den Ammoniumgehalt des Abwassers zu begrenzen (vgl. Tabelle 1).
4 Anforderungen an die Abwassereinleitung
4.1 Anforderungen nach § 7a WHG
Siehe Anhang 51 der Abwasserverordnung.
4.2 Weitergehende Anforderungen
keine
4.3 Alternative anlagenbezogene Anforderungen und Überwachungsregelungen
keine
4.4 Berücksichtigung internationaler und supranationaler Regelungen
Die Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24.09.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie) legt integrierte, medienübergreifende Regelungen für die Genehmigungsverfahren für bestimmte industrielle Tätigkeiten und Anlagen fest. Zu den im Anhang 1 der Richtlinie festgelegten Tätigkeiten und Anlagen gehören auch
Die Mitgliedstaaten haben durch diese Richtlinie sicherzustellen, dass die der Richtlinie unterfallenden Anlagen gemäß den besten verfügbaren Techniken (BVT) genehmigt und betrieben werden. Zu den besten verfügbaren Techniken werden von der Kommission Beschreibungen herausgegeben (BAT reference documents -BREF). Die in den vorliegenden Hinweisen und Erläuterungen zum Anhang 51 beschriebenen Techniken sind nach Vorliegen des BREF-Dokuments hinsichtlich der besten verfügbaren Techniken (BVT) zu prüfen.
5 Übergangsregelungen und -fristen (§ 7a Abs. 3 WHG)
Soweit die Anforderungen noch nicht eingehalten sind, scheint für die Errichtung oder Erweiterung von Abwasserbehandlungsanlagen unter Berücksichtigung der Planungs- und Ausführungsfristen ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren angemessen.
6 Hinweise zur Fortschreibung
Der Anhang 51 ist fortzuschreiben, sobald erkennbar ist, dass sich der Stand der Technik geändert hat oder die Überwachungsergebnisse eine Überarbeitung rechtfertigen.
7 Literatur
[1] Arbeitsbericht der ATV-Arbeitsgruppe 7.2.26 "Abwässer aus Abfalldeponien" im ATV-Fachausschuss 7.2 "Industrieabwasser mit organischen Inhaltsstoffen, Deponiesickerwasser-Behandlung", Korrespondenz Abwasser, Heft 3/93.
[2] Merkblatt des Bayer. Landesamtes für Wasserwirtschaft Nr. 3.6-4 "Ableitung und Speicherung von Deponiesickerwasser; Möglichkeiten, Bemessungsansätze, Technische Anforderungen" vom 22.06.1995.
[3] VDMA-Einheitsblatt VDMA 24439 "Anlagen zur Reinigung von Deponiesickerwasser", Oktober 1994.
[4] Chang, L., "Bemessung von einstufigen Belebungsanlagen zur Behandlung von Sickerwasser aus Hausmülldeponien, Korrespondenz Abwasser, Heft 3/1993.
[5] Abwasserrecht, Bundesanzeiger Nr. 164a, 2. September 1999.
[6] Verordnung über die umweltverträgliche Ablagerung von Siedlungabfällen und über biologische Abfallbehandlungsanlagen vom 20. Februar 2001 BGBl. I S. 305.
[7] Baumgarten, G., Härtel, 5., Seyfried, C.F., Rosenwinkel, K.K., Erfahrungen mit Nanofiltrations- und Umkehrosmoseanlagen zur Deponiesickerwasserreinigung; AWT Abwassertechnik, 47, (3), S.22-26, 1996
[8] Dahm, W., Kollbach, J.St., Gebel, J., Sickerwasserreinigung, Stand der Technik 1993/94; EF-Verlag für Energie und Umwelttechnik, Berlin 1994
[9] Flemming, H.-C., Biofouling bei Membranprozessen; Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, 1995
[10] Integrated Pollution and Control (IPPC) Best Available Techniques Reference Document, Europäische Kommission
[11] Arbeitsbericht des ATV-Fachausschusses 3.6 "Deponien" , KA 1997 Nr. 1
[12] Kruse, K., Langfristiges Emissionsgeschehen von Siedlungsabfalldeponien, Institut für Siedlungswasserwirtschaft, TU Braunschweig Bd. 54 (1994)
8 Erarbeitung von Grundlagen
Die Grundlagen dieses Anhangs wurden in einem Gesprächskreis von Behörden- und Industrievertretern unter Leitung von Dr. Lemmer (Staatliches Umweltamt Minden) erarbeitet.