1. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission neben dem Richtlinienvorschlag zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (Abschlussprüferrichtlinie) vorgeschlagene Verordnung über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse als einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen und Wiederherstellung des Vertrauens des Marktes in die geprüften Abschlüsse.
(bei Annahme entfallen Ziffern 2,3, 7 und 8)
Im Unterschied zur geltenden EU-Richtlinie zur Abschlussprüfung sieht der Verordnungsvorschlag jedoch keine Erleichterungen für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen von öffentlichem Interesse vor. Damit würden für die Prüfung kleiner, regional tätiger Kreditinstitute dieselben Anforderungen gelten wie für die Prüfung börsennotierter, international tätiger Konzernunternehmen. Dies ist nicht angemessen. Regional tätige Kreditinstitute waren nicht Auslöser der Finanzkrise und erwiesen sich auch während der Krise als stabil. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts ist es daher nicht erforderlich, diese Institute ebenso streng zu regulieren wie Unternehmen, die den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen.
Der Bundesrat lehnt die von der Kommission in dem Richtlinienvorschlag vorgesehene Regelung ab, dass zur Verbesserung der Qualität der Aufsicht über Abschlussprüfer nur eine zuständige Behörde pro Mitgliedstaat für die Wahrnehmung der in der Verordnung beschriebenen Aufgaben und Gewährleistung der Anwendung der Verordnungsbestimmungen benannt werden soll.
Er bittet die Bundesregierung deshalb, sich im weiteren Verfahren für eine Änderung in dem Sinne einzusetzen, dass die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften in den Mitgliedstaaten weiterhin auch bei mehreren öffentlichen Behörden oder Stellen liegen kann, so dass ein Fortbestehen langjährig bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene und damit in Deutschland möglich ist.
Die vorgeschlagene Zentralisierung ist nach Auffassung des Bundesrates ein zu weit gehender Eingriff in das Recht der Mitgliedstaaten zur internen Verwaltungsorganisation. Einer Umsetzung steht die in der föderalen Struktur wurzelnde und damit verfassungsrechtlich verankerte Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bund und den Ländern bei der Aufsicht über Abschlussprüfer entgegen, wonach die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände sowie die genossenschaftlichen Prüfungsverbände der Aufsicht der zuständigen Fachministerien der Länder unterstehen und die Beaufsichtigung der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch die Wirtschaftsprüferkammer erfolgt, die der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie seit dem Jahr 2005 zusätzlich der Fachaufsicht durch die Abschlussprüferaufsichtskommission unterliegt. Mit den von der Kommission vorgeschlagenen Vorgaben wäre das bislang praktizierte und bewährte System der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nicht mehr möglich.
Auch geht die Vorgabe nur einer öffentlichen Aufsichtsbehörde für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften pro Mitgliedstaat weit über das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel hinaus und trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass in Deutschland bereits ein bewährtes System zur Beaufsichtigung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften den gegenwärtig geltenden Vorgaben des Artikels 32 der Abschlussprüferrichtlinie entsprechend praktiziert wird. Durch die vorgeschlagene Zentralisierung der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei einer Behörde ließe sich kein deutlicher Mehrwert zur Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen im Vergleich zur bisherigen Aufsichtsstruktur erzielen. Ein etwaiger Vorteil nur einer nationalen Behörde pro Mitgliedstaat als Ansprechpartnerin für die EU-Ebene oder Behörden anderer Mitgliedstaaten rechtfertigt es nach Auffassung des Bundesrates nicht, nur eine zuständige Behörde für die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaft pro Mitgliedstaat vorzuschreiben, so dass auf mitgliedstaatlicher Ebene bislang praktizierte und bewährte Aufsichtsstrukturen geändert werden müssen. Nach Einschätzung des Bundesrates erscheint eine Harmonisierung der Aufsichtsstruktur aber dann sinnvoll, wenn eine öffentliche Behörde als Ansprechpartnerin in dem zuvor genannten Sinne geschaffen wird - mit der Möglichkeit der Beibehaltung bisher gewachsener und bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene.
Außerdem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich im weiteren Verfahren dafür einzusetzen, dass das gesetzliche Dauerprüfungsmandat der Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände und genossenschaftlichen Prüfungsverbände in Kombination mit der staatlichen Beaufsichtigung dieser Einrichtungen von den vorgeschlagenen Vorgaben zum Wechsel des Abschlussprüfers und zur Ausschreibung des Prüfungsmandats ausgenommen werden, so dass jene bewährten und praktizierten Bestimmungen in Deutschland unverändert fortbestehen können. Nach Ansicht des Bundesrates sind die unter staatlicher Beaufsichtigung stehenden Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände sowie genossenschaftlichen Prüfungsverbände mit Dauermandat weisungsunabhängige und eigenverantwortlich arbeitende Prüfungseinrichtungen, die sich in Deutschland bereits über einen langen Zeitraum hinweg ohne Anzeichen von Defiziten bewährt haben.
Der Verordnungsvorschlag der Kommission sieht zur Schaffung und Stärkung des Binnenmarktes für Prüfungsleistungen umfangreiche Bestimmungen zum Wechsel des Abschlussprüfers und zur Ausschreibung des Prüfungsmandats vor. Die Laufzeit des Prüfungsmandats soll eine Dauer von maximal sechs Jahren grundsätzlich nicht überschreiten dürfen, so dass die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nach dieser Zeit extern rotieren müssen. Der Vergabe des Prüfungsmandats soll ein ordnungsgemäßes und insbesondere transparentes Ausschreibungsverfahren vorausgehen. Nach Auffassung des Bundesrates gehen diese Vorgaben weit über das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel hinaus. Sie berücksichtigen die in Deutschland bestehenden und bewährten Gegebenheiten der Abschlussprüfung im Sparkassen- und Genossenschaftswesen nicht, wonach den Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände und den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden gesetzlich ein dauerhaftes Mandat zur Prüfung ihrer Mitgliederinstitute in Kombination mit einer direkten staatlichen Beaufsichtigung dieser Prüfungseinrichtungen zugewiesen ist. Diese Einrichtungen nehmen ihre Prüfungstätigkeit kraft gesetzlicher Zuweisung und hoheitlich als öffentlichrechtlichen Auftrag wahr. Dabei haben sie nicht nur das Recht zur Prüfung, sondern auch die Pflicht zur Prüfung. Bereits durch diese gesetzlichen Vorgaben wird eine sehr hohe Prüfungsqualität sichergestellt. Außerdem sind sowohl die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände als auch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände bei der Durchführung der Prüfungen unabhängig und eigenverantwortlich. Sie sind weisungsunabhängig in Bezug auf die Art und Weise oder das Ergebnis der Prüfungen. Auf Grund der gesetzlichen Zuweisung eines dauerhaften Prüfungsmandats an diese Einrichtungen, sind - etwa bei einem nachteiligen Prüfungsergebnis - ein Auswechseln des Abschlussprüfers durch die Bestellung eines anderen Abschlussprüfers zur Erzielung des gewünschten Prüfungsergebnisses sowie ein die Prüfung möglicherweise beeinflussendes Wiederbestellungsinteresse des Abschlussprüfers ausgeschlossen. Dem aus dem Dauermandat eventuell entstehenden Risiko von Prüfungsroutine wird wirksam durch einen regelmäßigen Wechsel des Prüfungsteams und des für die Prüfung verantwortlichen Wirtschaftsprüfers entgegengewirkt (interne Rotation). Indem das Dauermandat im Fortgang keine Einarbeitungszeit mehr erfordert und zu einem sehr hohen Wissensstand über die Situation der zu prüfenden Unternehmung führt, fördert es nach Auffassung des Bundesrates die Qualität der Prüfungen.