Der federführende Rechtsausschuss (R) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 (§ 2 Abs. 1 BfJG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob in Artikel 1 § 2 Abs. 1 die Wörter ", der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten" gestrichen werden können.
Begründung
Nach § 2 Abs. 1 BfJG-E nimmt das Bundesamt u.a. Aufgaben des Bundes auf den Gebieten des Registerwesens, des internationalen Rechtsverkehrs, der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und der allgemeinen Justizverwaltung wahr, die ihm durch dieses Gesetz oder andere Bundesgesetze oder auf Grund dieser Gesetze zugewiesen werden. Im Bereich der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten wird als einziges Beispiel das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) genannt (vgl. BR-Drs. 258/06 (PDF) , allgemeine Begründung, S. 13 Nr. 8). Der Deutsche Bundestag hat seine Beratungen zu diesem Gesetzentwurf noch nicht abgeschlossen. Der Bundesrat hat am 10. Februar 2006 zu dem Entwurf des EHUG eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen, BR-Drs. 942/05(B) . Die Wörter "der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten" ergeben daher derzeit noch keinen Sinn.
Im Übrigen bilden der Entwurf des EHUG sowie die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, die jedenfalls bisher noch in diesem Gesetzentwurf vorgesehen sind, ein Gesamtpaket, zu dem die parlamentarischen Beratungen noch nicht abgeschlossen sind. Da derzeit noch keine Entscheidung darüber getroffen ist, ob die Einführung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Handelsregisterwesens sachgerecht ist, und zum anderen eine abschließende Beratung in Bundestag und Bundesrat über das Gesamtpaket noch aussteht, sollte geprüft werden, die entsprechende Textpassage zu streichen, wenn sie nicht aus sonstigen Gründen gerechtfertigt werden kann.
2. Zu Artikel 1 (§ 2 Abs. 1 BfJG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Überführung der Aufgaben der derzeit beim Amtsgericht Schöneberg geführten Hauptkartei für Testamente einschließlich der Nichtehelichenkartei in die Verwaltungszuständigkeit des Bundes sowie die Zuweisung dieser Aufgaben an das zu errichtende Bundesamt für Justiz zu prüfen.
Begründung
Die Tätigkeit der Hauptkartei für Testamente im Rahmen des Benachrichtigungswesens in Nachlasssachen ist keine originäre gerichtliche Aufgabe und wird vom Amtsgericht Schöneberg für das gesamte Bundesgebiet ausgeübt. Für die Zuordnung dieser Tätigkeit an das Amtsgericht Schöneberg besteht kein zwingender sachlicher Grund. Es entspräche vielmehr dem Zweck der Errichtung eines Bundesamts für Justiz, Verwaltungstätigkeiten aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz sowie anderer Ressorts zu bündeln, wenn die Aufgaben der Hauptkartei für Testamente vom Bundesamt für Justiz übernommen würden. Dort sollen auch weitere Registertätigkeiten zusammengefasst werden, so dass dort angesiedeltes Fachwissen auch für die Arbeit der Hauptkartei für Testamente genutzt werden könnte. Langfristig könnte die Hauptkartei für Testamente Grundstein für ein zu errichtendes nationales Testamentsregister sein.
3. Zu Artikel 1 (§ 2 Abs. 1 BfJG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob dem Bundesamt für Justiz als weitere Aufgabe die Wahrnehmung der Aufgaben einer Antidiskriminierungsstelle des Bundes gemäß der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien 2000/43/EG, 2002/73/EG und 2004/113/EG übertragen werden kann.
Begründung
Die EU-Gleichbehandlungsrichtlinien 2000/43/EG, 2002/73/EG und 2004/113/EG verpflichten die Mitgliedstaaten zur Einrichtung mindestens einer zentralen Antidiskriminierungsstelle, "... deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung ... zu fördern" (Artikel 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/43/EG, Artikel 1 Nr. 7 der Richtlinie 2002/73/EG und Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/113/EG). Gemäß Artikel 13 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2000/43/EG, Artikel 1 Nr. 7 der Richtlinie 2002/73/EG und Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2004/113/EG können diese Stellen "... Teil von Einrichtungen sein, die auf nationaler Ebene für den Schutz der Menschenrechte oder der Rechte des Einzelnen zuständig sind ...".
Die Bundesregierung hat zwar bislang noch keinen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien vorgestellt, aus dem Bundesministerium der Justiz ist jedoch eine Synopse vom 23. Januar 2006 bekannt, in welcher die Regelungen des Antidiskriminierungsgesetzes (ADG) auf dem Stand des Gesetzesbeschlusses vom 17. Juni 2005 (BR-Drs. 445/05 (PDF) ), der wegen des Endes der Legislaturperiode der Diskontinuität unterfallen ist, möglichen Regelungen eines "Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung" gegenübergestellt werden. Die in den §§ 25 ff. ADG-E vorgesehene Errichtung der oben genannten Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erfolgen.
Für die Einrichtung dieser Stelle beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend besteht indes kein Bedürfnis, es handelt sich bei den Aufgaben der Antidiskriminierungsstelle nicht um Fragen der politischen Steuerung, die von einem Ministerium wahrgenommen werden müssen. Vorzugswürdig erscheint es vielmehr, die Aufgaben der Antidiskriminierungsstelle ebenfalls auf das Bundesamt für Justiz zu übertragen. Hierdurch werden die dort ohnehin geschaffenen Verwaltungskapazitäten genutzt und ein zusätzlicher Behördenaufbau vermieden. Die Verlagerung der Aufgaben auf das Bundesamt für Justiz ist damit weit gehend kostenneutral und steht im Einklang mit der Konzeption dieser Behörde, die als zentral zuständige Einrichtung für den Vollzug bestimmter Aufgaben geschaffen wird und Verwaltungstätigkeiten bündeln soll, deren Verbleib in ministerieller Zuständigkeit nicht zwingend geboten ist. Nicht zuletzt führt die Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle beim Bundesamt für Justiz auch zu Erleichterungen für den rechtsuchenden Bürger, der sich bundesweit an eine zentral zuständige Stelle wenden kann. Bei der konkreten Ausgestaltung der Aufgaben der Antidiskriminierungsstelle ist darüber hinaus auf eine strikte 1:1 Umsetzung der zu Grunde liegenden EU-Richtlinien zu achten.
4. Zu Artikel 4 Abs. 8 (Änderung sonstiger Vorschriften)
Artikel 4 Abs. 8 ist wie folgt zu fassen:
(8) Artikel 2 des Gesetzes zum Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnr. 319-10, veröffentlichten bereinigten Fassung, das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. März 1971 (BGBl. 1971 II S. 105) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
"Artikel 2
Die Aufgaben der Empfangs- und Übermittlungsstelle im Sinne des Artikels 2 des Übereinkommens nimmt das Bundesamt für Justiz in eigener Zuständigkeit wahr."
Begründung
Die bisherige Trennung der Aufgabenwahrnehmung nach Artikel 2 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland, nach der für ausländische Gesuche der Bund und für deutsche Gesuche die Länder zuständig sind, ist nicht sachgerecht. Eine Zusammenführung der Aufgaben bei dem Bundesamt für Justiz ist im Interesse eines einheitlichen Vollzugs des Übereinkommens geboten. Dadurch werden nicht nur ein Gleichlauf der Verfahren und Synergieeffekte im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung mit geringeren Personal- und Sachkosten erreicht, sondern insbesondere Aufgaben im europäischen und internationalen Rechtsverkehr gebündelt und somit der europäische und internationale Justizverkehr gestärkt. Es ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb etwa im Anwendungsbereich des Auslandsunterhaltsgesetzes bereits gegenwärtig der Bund sowohl für ein- als auch ausgehende Gesuche zuständig ist (vgl. Artikel 4 Abs. 10 des Gesetzentwurfs), dagegen im Regelungsbereich des UN-Übereinkommens vom 20. Juni 1956 eine Splittung der Zuständigkeiten beibehalten werden sollte.
- 5. Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) dazu genutzt werden kann, zugleich eine kurzfristige Realisierung des Projekts eFührungszeugnis (Privat- und Behördenführungszeugnisse) zu ermöglichen.
Begründung
Es ist unbedingt notwendig, das BZRG zu ändern, wenn das Projekt eFührungszeugnis kurzfristig realisiert werden soll. Dabei müsste geregelt werden, dass die Antragstellung über das Internet bei der Meldebehörde und auch beim Bundeszentralregister zulässig ist, wenn dieses einen Zugang eröffnet; ebenso sollte eine Antragserledigung über das Internet ermöglicht werden. Gleichfalls müsste geregelt werden, dass eine Bezahlkomponente durch die Behörden und die Bürger genutzt werden kann. Das Gleiche gilt für Behördenführungszeugnisse und auch die anderen Antragsformen, wenn die Geschäftsprozesse standardisiert sind. Auch hier müsste das BZRG flexible Prozessstandards und -erledigungen erlauben.
Da im Gesetzentwurf ohnehin auch eine Änderung des BZRG vorgesehen ist, sollte diese Gelegenheit dazu genutzt werden, auch die notwendigen Änderungen des BZRG für das Projekt eFührungszeugnis aufzunehmen, um kurz- bis mittelfristig die angestrebte Elektronisierung des Geschäftsverkehrs mit dem Bundeszentralregister zu erreichen.