Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zur wirksamen Minderung und Kontrolle gesundheitlicher Lärmbelastung durch Motorradlärm

Der Bundesrat hat in seiner 901. Sitzung am 12. Oktober 2012 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates zur wirksamen Minderung und Kontrolle gesundheitlicher Lärmbelastung durch Motorradlärm

Begründung:

Ein nicht repräsentativer Messzyklus, Krafträder mit "Lärmoptimierung" außerhalb des Messzyklus, unangepasste Fahrweise mit vorschriftsmäßigen Krafträdern, vorsätzliche Bauartveränderungen zur Lärmsteigerung und unzulässige Serien-Abweichungen neuer Krafträder oder Umrüstteile von ihrer Genehmigung führen zu gesundheitsgefährdenden Lärmbelästigungen und Beschwerden vieler Bürgerinnen und Bürger. Im Rahmen der Freizeitgestaltung sind Motorräder oft auch an Ruhetagen (Wochenende, Feiertage) unterwegs, wo sie bei absichtlich erzeugtem Lärm auch als Einzelfahrzeuge extrem belästigen können.

Abhilfe ist primär möglich und notwendig durch Maßnahmen an den Krafträdern selbst, das heißt durch effektive Vorschriften zur Lärmminderung neuer Krafträder und Umrüstteile, deren Einhaltung im Rahmen der (Typ-)Genehmigung überwacht wird. Die Neukonzeption EU-einheitlicher Vorschriften über Lärm-Messverfahren und Grenzwerte muss sicherstellen, dass bei Krafträdern aller Arten eine Bewertung des Geräusches ermöglicht wird, die der möglichen Nutzungspraxis entspricht, um die bisher bestehende Diskrepanz zwischen Lärmemissionen bei der Typ- oder Einzelprüfung und dem Alltagsbetrieb zu minimieren. Ergänzend dazu sind Regelungen erforderlich, die die praxistaugliche Überprüfung und gegebenenfalls Ahndung unerlaubter lärmsteigender Bauartveränderungen bei Verkehrskontrollen sowie die Ahndung lärmintensiver Fahrweise ermöglichen.

Der gemeinsame EU-Markt mit harmonisierten Vorschriften verbietet nationale Alleingänge. Im gemeinsamen EU-Markt gelten verbindliche Vorschriften, die oft von der UN/ECE erstellt und nachfolgend von der EU übernommen werden. Zur Lärmbegrenzung von Krafträdern (und vergleichbaren Fahrzeugen der Klasse L) bestehen derzeit die Vorschriften ECE-R 41, ferner ECE-R 9 und R 63 sowie die EG-Richtlinie 097/24/EG. Die Kommission beabsichtigt, die Vorschriften für Krafträder zu reformieren. Grundlage dafür ist die von der UN/ECE erarbeitete Regelung für die Geräuschentwicklung von Krafträdern ECE-R 41.

Die aktuelle Rechtslage in der EU und die überarbeitete Regel ECE-R 41 reichen nicht aus, um dem Problem des Kraftradlärms wirksam begegnen zu können:

Die beabsichtigte Übernahme der überarbeiteten ECE-R 41 zur Geräuschentwicklung von Krafträdern durch die EU führt daher nicht zu einer Lösung der durch Krafträder verursachten Lärmprobleme oder auch nur zu einer Verbesserung der aktuell unbefriedigenden Situation.

Neue Generationen von Krafträdern sind wieder sehr lange im Verkehr und bestimmen so auch das Lärmszenario auf Deutschlands Straßen. Nur durch zügiges Handeln lässt sich jahrelanger Zeitverlust mit Bürgerbeschwerden, Lärmimmissionen und Gesundheitskosten vermeiden. Deshalb erscheint Eile geboten, um gemäß der Stellungnahme des Bundesrates vom 26. November 2010 (BR-Drucksache 614/10(B) HTML PDF ) die Meinungsbildung in den EU-Gremien noch zielführend beeinflussen zu können. Mangels rechtlicher Vorgaben stagniert die Entwicklung leiserer Krafträder seit Jahren, Hersteller "lärmarmer" Motorräder werden für ihre Mühen nicht belohnt. Fahrerinnen und Fahrer sowie Hersteller von Motorrädern geraten lärmbedingt in der öffentlichen Meinung zunehmend in Misskredit. Gerichtsfeste Ahndungen sind nur auf Basis der jeweiligen Genehmigungsvorschriften für Neufahrzeuge möglich. Derzeit gibt es für Verkehrskontrollen keine effektiven Vorschriften, Ahndungsmöglichkeiten sind unzureichend.

In Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Umweltminister vom 6. Mai und vom 27. Mai 2011 und der Verkehrsminister vom 5. Oktober 2011 zur Minderung des Kfz-Lärms müssen deshalb bereits im Vorfeld des erwarteten Rechtsetzungsverfahrens der EU kurzfristig zielführende Forderungen gestellt werden.